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Alexandre

von

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Sterblich

1. Teil: Sterblich
 

Wie beginne ich. Am besten ich stelle mich mal vor, damit ihr euch ein Bild von mir machen könnt. Ich habe lang schwarze Haare, die ich meistens zusammengebunden trage und leuchtend blaue Augen. Da ich die Sonne nicht vertrage, bin ich ziemlich bleich. Ich bin 1.80 gross und trage mit Vorliebe Anzüge, natürlich schwarze. Ich heisse Alexandre und momentan nenne ich mich Alexandre de Cime. Eigentlich habe ich keinen Nachnamen, das mag heute merkwürdig klingen, war vor ca. 1200 Jahren nichts besonderes. Ich wurde im Jahr 783 geboren. Mit 20 wurde ich zum Vampir und seither bin ich nicht mehr gealtert. Allerdings schätzen mich die Meisten älter. Ob es an meinen markanten Gesichtszügen liegt oder eher an meinem Auftreten weiss ich nicht, wahrscheinlich ist es Beides. Doch nun zu meinem Leben (und zu meinem Tod)
 

Ich erinnere mich an nicht mehr viele Dinge aus meiner Kindheit, es ich höchste Zeit, dass ich das, was ich noch weiss, festhalte. Meine Eltern waren einfache Bauern, wir Kinder, ich hatte noch eine ältere und eine jünger Schwester mussten helfen, wo wir konnten. Viel Zeit blieb neben dem arbeiten kaum, wir standen mit der Sonne auf und legten uns schlafen, sobald es dunkel wurde. Ich weiss noch, wie wir vor dem essen und dem schlafen gehen beteten. In unserem Haus lebte auch noch meine Grossmutter, die Mutter meiner Mutter und der Bruder meines Vaters. Grundsätzlich versorgten wir uns selbst. Die Ernte reichte aus um uns zu ernähren und dank unserer zwei Schafe und der Kuh war auch für Milch und Wolle gesorgt. Vor allem im Winter spannen und strickten die Frauen die Wolle, während die Männer Becher und Löffel schnitzten. Wenn wir mal was brauchten, das wir nicht selber herstellen konnten, gingen wir auf den Markt.

Das war immer besonders aufregend. Auch wenn die nächste Stadt weit weg und sehr klein war, ging ich immer gern mit. Ich mochte das Getümmel und mehr als einmal nutzte ich die Gelegenheit um mich von meinen Eltern zu entfernen und allein herumzustreunen. Da gab es schreiende Händler, Schausteller, feilschende Bauern und ab und zu ein Adliger, der versuchte so unbehelligt wie möglich durch die Menge zu kommen. Einmal hatte ich das Glück (oder das Pech) die Festnahme eines Diebes zu sehen. Der arme Kerl wurde in einen runden Drehkäfig gesteckt und die Leute ringsherum stiessen den Käfig an, beschimpften und bespuckten ihn. Anfangs fand ich es ganz lustig, schliesslich war er selbst Schuld und das stehlen eine Sünde war, wurde schliesslich regelmässig gepredigt. Aber als das Specktakel nicht aufhören wollte und der Dieb zu schreien anfing wurde es mir schon etwas Unwohl. Ich verzog mich und suchte meinen Vater. Natürlich erzählte ich ihm nichts davon, die Angst für mein verschwinden bestraft zu werden war zu gross. Aber auch wenn ich es nur ungern zugab, ich träumte die folgenden Nächten davon und wachte stets schweissgebadet auf. Ich schwor mir, nie zu stehlen und mich auch sonst an Gottes Gebote zu halten und schlief dann wieder ein.

Für mich hatte Gott nie eine grosse Bedeutung. Er war einfach da, seine Gebote sagten und, was man tun und vor allem was man nicht tun sollte, man betete zu ihm und Sonntags gab es in der Klosterkirche eine Messe. Doch das hielt uns, also auch die anderen Leute in der Umgebung nicht davon ab, "heidnische" Sagen und Mythen zu erzählen und auch sie zu gewichten. Mache der alten Bräuche waren beibehalten worden, auch wenn wir offiziell Christen waren. Raphaels Grossmuter galt sogar als Hexe, sie behauptete steif und Fest überall lebten Naturgeister. Auch wenn sie sonst niemand sehen konnte, glaubten wir ihr, oder liessen sie wenigstens glauben, was sie wollte.

Zurück zum Christentum: Ich mochte zwar die Geschichten aus der Bibel, die mir meine Grosmutter oft erzählte aber die Messen und das Kloster mochte ich nicht besonders. Die Mönche forderten immer ihren Zehnten von unserer sowieso schon spärlichen Ernte. Sie arbeiteten nicht (jedenfalls kam es mir als Kind so vor) sondern verbrachten den Tag mit beten. Einmal hatte mich ein schlecht gelaunter Mönch über Gott ausgefragt, nur um mich anschliessend zu tadeln, weil ich ihm nicht auf alles antworten konnte.

Ein anderes Erlebnis hatte ich, als ich mich heimlich aus der Messe geschlichen hatte, diese war noch langweiliger als sonst gewesen, weil sie nicht auf französisch, sondern in lateinisch gehalten wurde. Ich verstand kein Wort. Also stahl ich mich davon, das klappte natürlich nur, weil ich nicht bei meinen Eltern gesessen hatte. Jedenfalls nutzte ich die Gelegenheit um mich im Kloster etwas umzusehen. Es war wie ausgestorben, schliesslich waren alle bei der Messe. Ich hatte zwar etwas Angst, aber ich redete mir ein, dass mir nichts passieren konnte. Zum ersten mal, sah ich die kargen Zellen der Mönche, es kam kaum Licht hinein, kein Wunder, dass sie oft schlecht gelaunt waren.

Plötzlich hörte ich ein Geräusch. Mir stockte das Herz und ich wagte kaum noch zu Atmen. Dann hörte ich es wieder und zu meiner Erleichterung erkannte ich das es ein schnarchen war. Die Neugierde siegte, vorsichtig spähte ich zur Tür der nächsten Zelle herein. Da lag tatsächlich ein Mönch und schnarchte.

Bisher hatte ich die Beweggründe der Mönche zwar nie Verstanden, aber nahm an, dass sie nur Gott dienen wollten, wie es mir gesagt worden war. Diese Entdeckung aber brachte mein Weltbild durcheinander. Heute, wo sogar die Bauern der Umgebung hier herkamen um zu beten, lag dieser Mönch einfach da und schlief. Natürlich war es ein Ausnahmefall, aber für mich waren die Mönche immer unantastbar gewesen, auch wenn ich sie nicht sonderlich mochte, waren sie höher gestellt und über sie zu Urteilen stand mir nicht zu. Aber diese Entdeckung änderte alles, ich redete zwar nicht darüber, aber von da an, betrachtete ich Mönche nur noch als faule Lügner.

Gott mochte grossartig sein, aber die Menschen waren es nicht, jedenfalls nicht die, die vorgaben ihm zu dienen. Gottes Gebote werden öfters gebrochen als eingehalten, deswegen ist mir Glaube und Religion bis heute suspekt geblieben. Auch wenn ich inzwischen Menschen angetroffen habe, die mit ihrem Glauben viel erreichten. Doch mehr dazu später.
 

Die wenigen Dinge, an die ich mich noch lebhaft erinnern kann, stehen meist im Zusammenhang mit der wenigen freien Zeit die ich hatte. Kam das mal vor, lief ich immer zum Nachbarshof.

Dort lebte Raphael. Er war ein Jahr jünger als ich, hatte hellbraune Haare und war von der Sonne meist braungebrannt. Für mich war er wie ein kleiner Bruder. Musste er arbeiten, half ich ihm, meistens, in der Hoffnung, schnell fertig zu sein und spielen gehen zu können. Mit ihm streifte ich durch die Gegend, wir kletterten auf Bäume und fingen Frösche.

Raphael war immer etwas ängstlich, und hatte oft Mühe mit mir mitzuhalten. Ich neckte ihn deswegen, aber wie es sich für einen grossen Bruder gehört half ich ihm, wenn er nicht mehr weiter kam. Trotzdem genoss ich es, schneller, stärker, und älter zu sein. Ich fühlte mich in der Rolle des "Lehrers" wohl. Den Tag, als Raphael zum ersten mal etwas besser konnte werde ich wohl nie vergessen.

Es war im Frühling, die Saat war gerade ausgesät worden und wir wurden wie viele andere Kinder damit beauftragt, das Vieh auf die Weide zu bringen. Ich liebte diese Aufgabe, weil wir nur zwischendurch nachsehen mussten, ob noch alles in Ordnung war. Die meiste Zeit vergnügten wir uns. Oft waren auch noch andere Kinder aus dem Dorf da.

An jenem Tag waren nicht nur Raphael und ich auf der Weide, sondern auch ein Mädchen und ein älterer Junge aus dem Nachbardorf. Er hatte sich eine Flöte geschnitzt und spielte darauf. Fasziniert sahen und hörten wir ihm zu. Nach einiger Zeit machte er eine Pause. Neugierig wie ich war, bat ich ihn, auch mal spielen zu dürfen. Leider brachte ich nicht viel mehr als einen gellenden Pfiff hervor. Er lachte und meinte, er würde mir sogar zeigen wie man diese Flöten schnitzt. Wenn ich eine eigene hätte, könnte ich auch lernen wie man darauf spielt. Ich war begeistert von der Idee so spielen zu können wie er. Ich war überzeugt, dass ich es schnell lernen würde, so schwer sah es nicht aus. Ausserdem würde ich schönere Muster auf meine Flöte schnitzen als die die er hatte. Auch Raphael bekundete Interesse. Er führte und zu einer Weide und suchte einen geeigneten Zweig. Er schnitt ihn und begann uns anzuleiten. Ich hatte mein eigenes Messer dabei, Raphael durfte seins benutzen.

Erst ging es darum, die Rinde vom Mark zu lösen. Das stellte sich zu meiner Enttäuschung als eine langwierige Sache heraus. Geduld war, und ist auch jetzt noch nicht, meine Stärke. Während ich mich also zu langweilen begann und mich ärgerte, dass nichts passierte, klopfte Raphael geduldig weiter. "So lange kann es nicht mehr gehen", dachte ich mir und klopfte noch etwas fester, in der Hoffnung die Zeit zu verkürzen. Doch das war der Grosse Fehler, meine Flöte, beziehungsweise, das Holzstück, dass sie hätte werden sollen, brach auseinander. Der Junge bemerkte es und meinte, dann müsse ich eben noch mal anfangen. Da ich sonst nichts besseres zu tun hatte und Raphael immer noch klopfte begann ich noch mal. Ich hatte gerade von neuem begonnen als ich Raphaels freudige Stimme hörte, er hatte es geschafft.

Jetzt war mein Ehrgeiz erwacht. Diesmal bewahrte ich die Geduld, aber als ich meine Flöte endlich fertig hatte, spielte Raphael schon die ersten Melodien. Ich warf noch einen Sicherheitsblick auf unsere Zeigen, dann gesellte ich mich zu Raphael. Das Mädchen sass auch bei ihn. Sie hatte ihre blonden Haare wie ein Kranz um ihren Kopf geflochten und hörte ihm gedankenversunken zu. Ich setzte mich und blies in die Flöte, das Resultat war ein unsauberer Ton. Raphael brach ab. Ich hob den Kopf und sah direkt in die strahlend blauen Augen des Mädchens. Sie sagte zwar kein Wort, aber ihr Gesichtsausdruck sagte alles. Verlegen legte ich die Flöte weg, ich hatte nicht vorgehabt Raphael zu unterbrechen, eigentlich hatte ich einfach in sein Lied einsteigen wollen. Schlagartig wurde mir bewusst, wie dumm dieser Gedanke war, ich brachte ja kaum einen Ton heraus und selbst wenn, ich hätte nicht gewusst, wie ich die Melodie hätte spielen sollen. Dann fiel mein Blick auf Raphael, er hatte noch nicht wieder zu spielen begonnen stattdessen sah er mich an, als wolle er mir den Vorrang geben. Ich wollte ihn gerade Auffordern weiterzuspielen, als das Mädchen, Amabel war ihr Name, mir zuvorkam.

Auf ihre Bitte errötete er, schaute verlegen auf den Boden und begann zu spielen. Ich beobachtete wie seine Finger auf der Flöte herumtanzten. Sein Gesicht war ruhig und Konzentriert, die Augen hielt er geschlossen. Dann richtete ich meinen Blick auf Amabel. Möglich dass ich sie schon mal an einem Fest gesehen hatte, aber hier auf der Weide hatte ich sie noch nie gesehen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal ihren Namen, geschweige denn wo sie wohnte.

Es wurde Mittag, Raphael hatte zu spielen aufgehört. Ich fragte die Beiden nach ihren Namen und im weiteren Gespräch erfuhr ich, dass sie Cousine und Cousin waren. Sie kamen auf dem Nachbardorf. Schliesslich bat ich Michael, wie der Junge hiess, um einen Tipp was das Flötenspielen betraf. Ich startete einen weiteren Versuch. Nach einer Stunde konnte ich zwar auf der Flöte spielen, musste mir aber Eingestehen, dass Raphael mehr Talent hatte und viel schneller lernte. Irgendwie ärgerte mich die Tatsache, dass er mich geschlagen hatte, natürlich gab es viele andere Dinge in denen ich ihm überlegen war, aber er hatte mich zum ersten Mal in den Schatten gestellt.
 

Es blieb auch dabei. Wir wurden älter, und er blieb mein kleiner Bruder, auch wenn der Altersunterschied nicht mehr so eine grosse Rolle spielte.

Ich heiratete mit 18 ein Mädchen aus dem Dorf. Ein ziemlich durchschnittliches Mädchen, weder besonders hübsch noch besonders hässlich. Sie lebte bei uns auf dem Hof und half meiner Mutter im Haushalt und füllte damit die Lücke, die meine ältere Schwester hinterlies, als sie auszog und heiratete. Wir teilten zwar ein gemeinsames Bett, aber das war's auch schon. Es war eine reine Zweckehe und ich glaube, sie hat mich auch nie vermisst, als ich plötzlich verschwand.

Raphael blieb ledig, jedenfalls bis mit 19 mein Schicksal teilte. Ich wusste auch was, beziehungsweise wer der Grund war, Amabel. Ich glaube seit jener Begegnung auf der Weide war er total in sie verliebt, schaffte es aber nie es ihr zu sagen. In ihrer Gegenwart brachte er kaum ein Wort heraus. Oft zog ich ihn deswegen auf, ich hatte keine Probleme mit Mädchen zu sprechen, flirtete gern und an Festen war ich meisten ein begehrter Tanzpartner. Anderseits verstand ich die Liebe, die er empfand nicht, ich kannte dieses Gefühl nicht. Aber ich respektierte es, Amabel war für mich Tabu, und wenn wir zusammen waren gab ich mir Mühe, Raphael das sprechen zu überlassen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Woelfin
2004-08-07T18:05:40+00:00 07.08.2004 20:05
Cool! *zum Nächsten Kapitel schau und les* XD


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