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Anariël

Cuivië Y gwaith - Erwachen der Schatten
von

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Far Farlindon

Disclaimer und Vorwort:

Für die Richtigkeit der elbischen Dialoge übernehme ich keine Gewähr. Tolkiens Universum gehört leider nicht mir, seine Figuren sind nur geliehen.

Lediglich meine eigenen Charaktere gehören mir. Dies ist meine erste HDR- FF und ich hoffe das sie Dir gefällt! Die gesamte Geschichte ist auf 14 Kapitel verteilt und bezieht sich hauptsächlich auf das Leben von Ardar: Vor, Während und Nach dem Ringkrieg. Inhalte sind aus Buch und Film übernommen!
 

Hîr i·Chorvath

Nêl Cyrf 'nin Eledherain nui·menel,

Odog 'nin hîr Nogothrim vi ethrynn dîn,

Neder 'nin Edain Fírib beraid nan gûr,

Mîn 'nin Hîr Vorn bo Mahal Vorn

Vi Mordor innas i·Nguruthos.

Mîn Corf an·orthored hain phain, Mîn Corf hain an·nired,

Mîn Corf an·nolthad hain phain ar ned môr hain an·noded

Vi Mordor innas i·Nguruthos.
 


 

0 ~ Far Farlindon [Fernes Farlindon] - Prolog
 

Tautropfen glitzerten auf den hohen Gräsern, die Sonne hatte sich soeben über die alten Bäume erhoben und tauchte die weitläufige Steppe in ein goldrotes Licht. Die ersten Vögel erwachten und ließen ihr fröhliches zwitschern über die Ebene hallen.
 

Unweit von dieser Steppe entfernt, fielen nur vereinzelte goldene Sonnenstrahlen durch das dichte Geäst des Düsterwaldes, der am Rande des Nebelgebirges lag. Unter den hohen Bäumen ritten zwei junge Fürstensöhne fast lautlos auf ihren Pferden und sprachen nicht ein Wort. Ihre Augen blickten stets nach einer Gefahr suchend um sich.

In den letzten Jahrhunderten war eine bedrohliche Stille in den Wald gezogen, niemand wagte je seine Gedanken oder Vermutungen zu äußern, aus Angst davor schwarzseherischen Glaubens bezichtigt zu werden.
 

Einer der beiden Reiter war Prinz Legolas, König Thranduils Sohn. Er begleitete seinen besten Freund Aryon zu seiner Heimatstadt Farlond, wo der Düsterwaldelb selbst noch nie gewesen war. Der Weg dorthin war weit und voller Gefahren. Sie würden mehrere Wochen für die Reise benötigen.
 

Legolas, von schlanker und anmutiger Gestalt, trug sein blondes, langes Haar offen über den Rücken fallend. Über seinen spitzen Ohren war das Haar kunstvoll, nach düsterwäldischem Brauch, geflochten. Seine Reitkleidung war die der Waldläufer sehr ähnlich, Rock und Hose waren in dunklen Grün- und Brauntönen gehalten. Bogen und Köcher trug er auf dem Rücken, sein kurzes Schwert steckte in seinem Gürtelhalfter. Seine hellblauen Augen suchten im dichten Geäst nach versteckten, feindlichen Spähern.
 

Sein Begleiter lenkte derweil sein Pferd neben ihn. Aryon von Farlond war ein Fürstensohn aus dem hohen Nordwesten, genaugesagt war er in Farlindon geboren.

Aryon war hochgewachsen und muskulös. Seine hellblonden Haare und die dunkelblauen Augen, verdankte er seiner vanyarischen Abstammung väterlicherseits.
 

Seine Mutter war eine Noldor und Cousine von Galadriel, weshalb ihn König Thranduil auch kühler behandelt hatte, als andere reisende Elben. Zuletzt hatte dieser jedoch seine Meinung zumindest gegen ihn geändert und als Freund der Familie anerkannt.
 

Die beiden jungen Herren, wie sie von einem Botschafter genannt worden waren und sich nun fortan spaßig damit betitelten, waren bereist seit einigen Jahre auf Wanderschaft. Schon lang waren sie nicht zu Hause gewesen und auch jetzt nach einem Jahr Aufenthalt imn Legolas Heimatstadt, Düsterwald, hatte das Fernweh Legolas und Aryon weitergezogen. Aryon war am Meer aufgewachsen und seine Sehnsucht nach der salzigen Luft und dem Strand war in den letzten Tagen stärker geworden, so waren sie kurzentschlossen nach Farlindon aufgebrochen.
 

Die hellen Haare fielen ihm leicht ins Gesicht. In den vielen Städten und Orten die sie besucht hatte, waren sie auch auf viele Elbenmädchen gestoßen. Viele dieser Mädchen hatten ihn für unnahbar gehalten. Aryon verschwendete keinen einzigen Gedanken daran sich eine Gefährtin zu suchen und in den heimischen Gefilden Sesshaft zu werden.
 

Das arge Drängen von König Thranduil zu seinem Sohn endlich zu heiraten und König zu werden, hatte ihm wieder einmal vor Augen geführt, wie sehr er seine Freiheit liebte.
 

Sie ritten fast drei ganze Wochen, bevor sich hinter den blauen Bergen, ihnen der imposante Ausblick auf das Meer und das Schloß Anarsil gegeben war.
 

Die Sonne stand hoch am Himmel und eine bedrückende Schwüle lag in der Luft.

Die letzte Rast war Stunden her und das letzte Lembas aufgebraucht. Schweigsam ritten sie hintereinander und Aryon voran. Legolas war regelrecht in einen kurzen Wachschlaf gefallen und lauschte in den Wald. Nach weniger Zeit hörte er eine Stimme, einen Gesang, der ihn anzog. Er blickte sich in Trance um und sah eine große, schlanke Frau mit dunklem, wehendem Haar zwischen den Bäumen stehen. Ihre Kleidung war strahlend weiß und silberne Schmuck spiegelte das Sonnenlicht grell wieder. Es wurde so hell, dass man die Hand vor die Augen nehmen musste. Plötzlich verschwand sie und Legolas erwachte mit einem schmerzenden Herzklopfen.
 

Ruckartig hielt Legolas sein Pferd an und Aryon zog reflexartig an den Zügeln.
 

"Man garo ech , Legolas? (Was hast du, Legolas?)", frage Aryon.

"Dato! Anno nin îdh! (Halt! sei still!!)", flüsterte dieser zurück und lauschte angestrengt in die Stille des Waldes. Doch die merkwürdige Singstimme der Frau, die er vernommen hatte, war verschwunden.

Als nichts geschah, gab er seinem Pferd einen leichten Tritt in die Flanken. Sofort setze es sich in Bewegung und Aryons Pferd folgte sogleich.
 

Sie verließen den Wald der blauen Berge und preschten auf eine grüne Lichtung, welche vor der Sonne hell beschienen wurde. Aryon holte Legolas nur schwer ein.

"Man garo ech , Legolas? (Was hast du, Legolas?)"
 

"Law. Hwîn (Nein, nur ein Schwindelgefühl)", antwortete dieser.
 

Daraufhin überquerten sie rasch die blauen Berge. Nur wenige Stunden später hielten Sie auf einem begrünten Felsvorsprung. Sofort wurde Aryons Blick sehnsüchtig. Zu seinen Füßen lag seine Heimat, Farlindon.
 

*** Fortsetzung folgt ***

Harbinger of the storm

Disclaimer und Vorwort

Für die Richtigkeit der elbischen Dialoge übernehme ich keine Gewähr.

Tolkiens Universum gehört leider nicht mir, seine Figuren sind nur geliehen.

Lediglich meine eigenen Charaktere gehören mir.

Dies ist meine erste HDR- FF und ich hoffe das sie Dir gefällt! Die gesamte Geschichte ist auf 14 Kapitel verteilt und bezieht sich hauptsächlich auf das Leben von Ardar: Vor, Während und Nach dem Ringkrieg.

Inhalte sind aus Buch und Film übernommen!
 


 

Kapitel 1 - Harbinger of the storm Des Sturms Vorboten
 

Die Sonne stand hoch am Himmel und ein leichter Wind zog von den felsigen Küsten des Farlond -Flusses über die saftigen, grünen Wiesen hinein in den angrenzenden Wald. Das rhythmische Läuten vieler Glockenspiele schwang in den Höhen der großen, alten Bäume. Vergnügte Kinderstimmen ertönten aus ihren Wipfeln und einzelne der großen Mallornbaumblätter fielen hinab Sie wehten in der klaren Sommerluft umher und landeten sanft auf dem warmen, weichen Waldboden.
 

Weit oben, im dichten Geäst, hatten Kinder ein einfaches Fleet gebaut und gaben sich ihrem Spiel hin. Zwei lachende, blonde Mädchen hielten Ihren Bruder fest an einem Baum gedrückt und waren dabei ihn zu fesseln. Anaryondo, war mit 12 Jahren, der jüngste Sohn des Fürsten von Farlond, mit seiner zierlichen Gestalt und blassem Äußeren war er das Sorgenkind der Familie. Seine Schwestern machten sich stets eine Freunde daraus ihn zu ärgern. Anarórë war der sturen Meinung das ihr Bruder dadurch Abhärtung erhielt und stärker werden würde. Anaryeldë, Anaryondos Zwillingsschwester, war ihrer großen Schwester hörig.
 

"Leithio nin! Anariël! Anarórë!(Lass mich!)", fuhr er seine Schwestern an.
 

Diese beachteten ihn nicht weiter und packten den mitgebrachten Korb aus. Anarórë, mit ihren 16 Jahren, war die ältere der Schwestern und lächelte ihrem gefesselten Bruder listig zu.
 

Sie hatte langes, glattes Haar, dass zart über ihre Schulter fiel und von zwei Schmetterlingsspangen am hinteren Oberkopf zusammengehalten wurde. Ihr sommerliches Kleid war mit Grasflecken übersäht.
 

Anaryeldë gerufen, war erst 12 Jahre alt und aß, amüsiert über ihren Bruder, von den mitgebrachten Proviant. Ihr Haar war zu zwei dicken Zöpfen geflochten und kräuselte sich an den Haarspitzen. Nuschelnd ergriff sie ihren Becher und hielt ihn ihrer Schwester entgegen.
 

"Annach nin i haw?" (Gibst du mir von dem Saft?)
 

Tadelnd hob Anarórë den Finger.
 

"Ech geliath Westron, Anariël!" (Du sollst Westron lernen!), stur und kindisch schüttelte das junge Mädchen ihren hübschen Kopf.
 

"Váquet nin!" (Ich weigere mich), gab sie schnippisch auf Quenya zurück und wandte sich wieder ihrem Keks zu.
 

"Laß sie doch in Ruhe, Anarórë!", die Gemahnte wandte ihren Kopf zu ihrem Bruder.

"Halte du dich da raus! Du beherrschst die Sprache der Menschen doch auch endlich!", antwortete sie, "Eines Tages werdet ihr mir dafür danken!"
 

"Nin Leithia! (Lasst mich frei!)", zischte er, aber zu oft hatte er gemerkt, dass seine ältere Schwester Westron, die Sprache der Menschen, schöner fand, als ihre eigene und ihn somit igonierte.
 

Plötzlich vernahmen sie elbische Rufe. Anarórë blickte über den Rand des Fleets und bekam große Augen.
 

"Aryon?", flüsterte sie fragend mehr zu sich, als zu ihren Geschwistern. Anaryondo verstand die Aussage nicht. Sein älterer Bruder war seit seiner Volljährigkeit auf Streifzug durch Mittelerde. Er war nur wenige Jahre unterwegs und konnte unmöglich schon zurück sein.
 

"Aryon sin? (Ist das Aryon?)"", fragte er vorsichtig. Seine Schwester nickte und stand auf. Sie griff nach Anaryeldë und zog sie mit zur Treppe.
 

"Si dartho!(Bleibt hier)" rief Anaryondo ihnen hinterher und seine Stimme überschlug sich.
 

***
 

Unten angekommen, sah Anarórë, das ihr Bruder nicht allein war. Zwischen zwei Pferden stand ein fremder Elb. Er mochte ungefähr Aryons Alter haben, irgendwo hatte sie ihn schon mal gesehen. Ungezwungen fiel Sie ihren Bruder um den Hals, der sie mit offenen Armen lächelnd empfing. Tränen traten ihr in die Augen, wie sehr hatte sie ihn in den letzen Jahren vermisst.
 

Aryon lächelte, "Suilad! Vea bada, min anarel?" (Schön dich zu sehen! Wie geht es Dir, meine Prinzessin?)
 

Anarórë war glücklich: "Nin bado maer! A vea bada?" (Mir geht es gut! Aber wie geht es Dir?)
 

Aryon schloss seine Schwester nochmals fest in die Arme, "Hanna, maer!" (Danke, gut)

Anarórë löste sie wieder aus der Umarmung, "Man sin, Aryon! Ian-Melon? (Wer ist das Aryon? Ein Freund?)

Sie deutete mit einem Kopfnicken auf den blonden Elben der die Pferde hielt.
 

Aryon wandte sich zu seinem Freund.
 

"Si, tolo Legolas! Ech geliag mîn muinthil, Anarórë a Anaryeldë!" (Komm, Legolas! Du lernst meine Schwestern kennen, Anarórë und Anaryeldë!)
 

Legolas kam näher und begrüßte die Älteste auf die übliche Art, "Mae govannen, Anarórë o Farlond! Bein gova! Im Legolas, Thranduilionn. (Seid gegrüßt, Herrin Anarórë von Farlond! Ich bin Legolas, Sohn des Thranduil )
 

Anarórë war von seinem gutem Benehmen begeistert und erkannte erst jetzt an den hellen Augen wer vor ihr stand.
 

"Mae govannen, Legolas, Prinz des Düsterwaldes. Es muss eine Ewigkeit her sein, dass wir uns gesehen haben. Wir begrüßen euch herzlich in unserem Land. Ich hoffe, dass ihr eine angenehme Reise hattet.", erwiderte sie charmant seinen Gruß.
 

Anaryeldë lief währenddessen zu ihrem Bruder und umarmte ihn.
 

Aryon nahm sie herzlich in den Arm und küsste sie kurz auf die Stirn, mit einem kurzen Blick auf Anarórë, lächelte er sie an. "Wie geht es Dir? Hast du mich auch vermisst?"
 

Legolas schaute leicht irritiert, dass sie untereinander die Sprache der Menschen verwendeten und das sie sich kaum an ihn erinnern konnten. Anarórë war sichtlich glücklich, dass ihr geliebter Bruder Westron sprach.
 

Anariël nickte. "Schön, dass du wieder da bist.". Sie wurde wieder zu Boden gelassen.
 

Dann wandte sie sich zu Legolas: "Legolas Thranduliionn? Gwennin in enninath. (Viele Jahre sind vergangen.)"
 

Legolas überlegte. Auf welcher Sprache er ihr antworten sollte und entschied sich für die Sprache der Menschen, "Damals wart ihr noch ein kleines Elbenmädchen, die Zeit ist rasch vergangen!"
 

Aryon, bemerkte Legolas Miene und fasste seinen Freund an der Schulter,

"Anarórë bringt Anaryeldë die Sprache der Menschen bei. Wir finden es sehr wichtig für die zukünftige Gemeinschaft, die es zwischen Menschen und Elben geben wird."
 

Ein lauter Ruf ereilte Anarórë und sie wand sich um. Ihr fuhr ein kalter Schauer über den Rücken. Anaryondo befand sich immer noch oben am Baum angebunden. Sie hatte ihn einfach vergessen. Schnell eilte sie die Treppen hinauf. Wenig später stieg sie diese gefolgt von ihrem Bruder, der sie mit elbischen Flüchen beschimpfte, hinab.
 

Gemeinsam gingen die Geschwister mit Legolas in Richtung Schloss. Die Sonne spiegelte sich an den weißgetünchten Wänden des großen Hauses, dessen Barocke Bauweise die der Festung von Imladris glich. Der fremde Prinz war sichtlich begeistert.
 

Das Fürstentum Farlond war eines der schönsten Elbensiedlungen die es in Mittelerde gab. Überwiegend Vanyar - Elben bewohnten Farlond. Sie galten als die mutigsten und edelsten unter den Elbenvölkern. Sie, die das Licht gesehen hatten, verzierten sämtliche Stoffe und Nutzgegenstände mit den Bäumen Telperion und Laurelin. Auch kostbarer Mithrilschmuck wurde mit dem Abbild der heiligen Bäumen verschönert.
 

Als sich die kleine Gruppe den imposanten Schlosstor näherte, schwangen die gewaltigen Türen auseinander und ließen sie hindurch. Legolas folgte Aryon und dessen Geschwistern.
 

Er musste an seinen eigenen Bruder denken, der zur Zeit gegen den Willen seines Vaters bei ihrem entfernten Großonkel in Lorien lebte. Er entwich erst aus seinen Gedanken, als sie die Treppen zum Palast hochstiegen und sie die Pferde bei einem Stallburschen abgaben.
 

Aryon und Legolas fielen etwas zurück, da Aryons Geschwister ein plötzliches Wettlaufen veranstalteten. Ihre Unbeschwertheit ließ die Beiden schwermütig lächeln.
 

"Sie sind noch so jung, ich hätte sie fast nicht wiedererkannt!", bemerkte Legolas .
 

"Sie sind wesentlich älter, als das letzte Mal, wo du sie gesehen hast.", sprach Aryon zu seine Freund, "Anarórë ist bereits eine junge Elbenfrau geworden und wird jeden Tag schöner."
 

"Das ist wahr. Anarórë ist wirklich vernünftig und Anaryeldë scheint ihr auf den rechten Weg zu folgen!", erwiderte der Düsterwaldelb.
 

"Anaryeldë. Ich wünschte ich hätte ihr in den letzten Jahren beim aufwachsen beiwohnen können.", fügte er mit betrübter Stimme hinzu.
 

Legolas schwieg. Er wusste, dass Aryon seine jüngste Schwester in den letzten Jahren besonders vermisst hatte.
 

***
 

Der Thronsaal des Schlosses war in weiß und gold gehalten. Die weiten Bögen waren mit dünnen, weißen Vorhängen verhangen und das Sonnenlicht flutete den Raum.

An den Wänden hingen Spiegel und vergoldete Messingkerzenhalter.
 

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in Aryons Magengegend aus, als er den Thronen seiner Eltern entgegen schritt. Seine Mutter blickte ihn freundlich an. In ihren Augen spiegelte sich die wahre Freude.
 

Seine Geschwister hatten sich vor dem Thronsaal verabschiedet und ihn mit klopfenden Herzen zurückgelassen. Sein Blick suchte den seines Vaters; dieser sah ihm stumpf entgegen.
 

"Also hatte er es doch nicht vergessen.", dachte sich Aryon. Bei seiner Volljährigkeitsfeier hatte er zusammen mit den anderen Söhnen stolzer Väter sich furchtbar betrunken und zum bitteren Ende hatten sie an der Küste nackt gebadet und somit die Ruhe der Nacht gestört. Eigentlich ein Vergehen, aber trotzig hatte sich Aryon mitten in der Nacht aufgemacht, um durch die Lande zu streichen. Unterwegs hatte er Legolas getroffen, zusammen hatten sie einige ihrer Jahre in Imladris verlebt um dort zu studieren.
 

Mutig schritt er ihm jetzt entgegen. Vor den Thronen stoppte er und führte seine rechte Hand über die linke Brust und verneigte sich kurz. Legolas war an der Tür stehen geblieben und wartete auf ein Zeichen.
 

"Mae govannen, Adar a Naneth! Schön euch zu sehen!", sprach er mit sanfter Stimme.
 

Seine Mutter, die Fürstin, nickte ihm freundlich zu und erhob sich. Isylia von Farlindon war eine große und schlanke Frau. Ihr langes, silberblondes, leicht gewelltes Haar hing leicht an ihrem Rücken hinab. Ihre hellblauen Augen suchten den Blockkontakt mit ihrem Erstgeborenen, "Hana ben bein, nîn ionn!" (Schön dich zu sehen, mein Sohn!")
 

Sie schritt die zwei Stufen hinab und nahm die Hand ihres Sohnes in ihre.
 

Ein Räuspern störte die kurzweilige nahe Begegnung zwischen Mutter und Sohn.
 

Anarthôr, der Hohefürst von Farlond verschaffte sich gehör. Er raffte sein lindgrünes Gewand und erhob sich.
 

Er schritt auf seinen Sohn zu und umarmte ihn. Aryon war perplex, ein so derart Rassen untypisches Verhalten und noch von seinem Vater hatte er nicht erwartet. Aber es war schön zu spüren, dass er zu Hause willkommen war.
 

Anarthôr lies seinen Sohn aus den Armen, "Du darfst nie wieder einfach fort gehen, deine Mutter hat mir Tag für Tag in den Ohren gelegen, dass Dir etwas passieren könnte."
 

Aryon lächelte, "Aber Vater, was sollte mir denn passieren? Es ist doch nichts Böses hier und die paar Orks, die verstecken sich eher, als das sie jemanden angreifen."
 

Isylia, sich gerade auf den Thron setzend, verharrte kurz in der Bewegung. Ein kurze Hitzewelle breitete sich in ihrem Körper aus. Die bösen Visionen in ihren Träumen.

Sie hoffte, dass sich die Dunkelheit bald verziehen möge, jetzt wo Aryon wieder nach Hause zurückgekehrt war.
 

Anarthôr bemerkte nun, wie eine ihm fremde Person in der Nähe einer Wache wartete.
 

"Aryon. Wen hast du mitgebracht?", fragte er.
 

Aryon wandte sich um, Legolas, ihn hatte er fast vergessen. Er winkte ihn mit einem kurzen Nicken zu sich.
 

"Adar a Naneth, darf ich euch vorstellen, das ist Prinz Legolas, aus dem entfernten Düsterwald. Ich traf ihn in Imladris. Wir haben früher schon dort zusammen bei Herrn Elrond gelernt.", stellte Aryon seinen Freund vor.
 

"Im suilan milui din noss!" (Ich grüße freundlich Ihre Familie!)", sprach er und verneigte sich galant vor dem Fürstenpaar.
 

"Welch eine Freude euch kennen zu lernen, ich habe schon viel von euch gehört, Prinz Legolas. Ihr seid herzlich in meinem Haus willkommen!", entgegnete Anarthôr mit einem Lächeln auf den Lippen.
 

"Ihr seid weit bis hierher gereist, ihr seid bestimmt müde. Ich werde euch sofort ein Zimmer herrichten lassen.", fügte Isylia hinzu und mit einem Fingerzeig wies sie eine Bedienstete an sich zu entfernen und ein Zimmer herzurichten.
 

"Heute Abend wird ein Fest zu Ehren der Mütter abgehalten. Ihr seid herzlich dazu eingeladen, mein verehrter Prinz!", fuhr der Fürst fort.
 

"Habt dank für eure großartige Gastfreundschaft, Fürst Anarthôr. Selbstverständlich nehme ich die Einladung an!" antwortet der Königsssohn höflich.
 

Aryon war zufrieden. Mit einer kurzen Verbeugung verließen sie den Thronsaal.
 

Draußen empfing sie Anarórë.
 

"Toron, manen ech? (Bruder wie geht's?)", fragte sie unsicher, wie ihr Vater auf Aryons Rückkehr reagiert hatte.
 

***
 

Am frühen Abend erwachte ein herzliches Fest für jedermann. Überall wurde gelacht und getanzt. Fünf junge Elben hatten jedoch das Fest heimlich verlassen und genossen vom Garten aus die Aussicht auf den Sternenhimmel.
 

Anarórë saß elegant auf einer steinernen Bank. Unweit entfernt lagen Aryon, Anaryondo, Legolas und Anaryeldë im Gras und genossen die Sterne aus einer anderen Perspektive.
 

"Anaryeldë, das schickt sich nicht!", meckerte die ältere Schwester über das lasche Benehmen.
 

"Elen síla lúmenn' omentielvo." (Ein Stern scheint über der Stunde unseres Treffens), versuchte Aryon seine Schwester abzulenken. Stumm bestaunten sie die ewigen Sterne.
 

Leise begann Anaróre ein Lied auf der vergessenen Sprache der hohen Elben zu singen und ihre Geschwister fielen nacheinander mit ein. Legolas lauschte dem Gesang, in der ihm fremden Sprache. Nur Bruchstückhaft konnte er den Sinn des Liedes deuten.
 

Doch seine Melodie lies in träumen und seinen Blick über den Himmel gleiten.
 

Es verging mehr als eine Stunde bis sie zum Festplatz zurückkehrten. Die Festtafel stand unter den Sternen und nur ein leiser Wind zog sie über die Schlosstürme.
 

An der Stirnseite der langen Tafel erhob sich Anarthôr, "Verehrte Gäste, es freut uns dass ihr alle den Weg nach Farlond auf euch genommen habt um mit uns das Fest der Nanetharad (Muttertag)zu feiern.", er verharrte und warf dem Prinzen des Düsterwaldes einen kurzen Blick zu, "Des weitern darf Ich einen Gast aus dem weit entfernten Düsterwald begr...."
 

Weiter kam Anarthôr nicht. Sein Gesicht formte sich zu einer schmerzverzerrten Grimasse. In der Brust steckte plötzlich ein langer Pfeil dessen Endstück mit schwarzen Federn umschlungen war. Auch vier umgebene Leibwächter waren getroffen und fiel bewusstlos in sich zusammen. Eine Panik brach unter den Gästen aus, als Aryon hektisch rief.
 

"Ein Orkpfeil, die Orks greifen an! Zu den Waffen! Auf die Posten"
 

Aryon zog seine Schwestern hektisch an den Armen zu sich. "Anarórë versteckt euch gut! Hier wird es gleich sehr gefährlich werden!", Neben ihnen schlug ein weiterer Pfeil ein.
 

Verstört zitterten Anaryelde und Anaróre. Was ist im Chor fragten sie verängstigt: "Am man theled? (Mit was für einer Absicht greifen sie uns an?)
 

Aryon schüttelte den Kopf: "Yro! Ortheritham hain! (Lauft! Wir werden sie besiegen!)"
 

Isylia sah ihren Töchtern nach, wie sie in den Garten liefen. Sie waren im Schlossinneren sicher. "Frauen und Kinder in die Gärten, folgt mir!", rief sie mit lauter Stimme.
 

Draußen postierten sich neue zahlreichere Wachen, Hörner erklangen und riefen die Farlondschen Truppen zum Schloss zurück, die die Gegend erkundschafteten.
 

Aryon und Legolas standen währenddessen auf der Brücke über der Schlucht und sahen, wie sich die Orks unbeobachtet Zugang zum Schloss verschafft hatten. Aryon schlich sich näher an einen Pfeiler und winkte dann seinem Freund.
 

"Legolas, tolo sí!" (Legolas, komm her!), Er tat wie ihm geheißen. Leise murmelten sie ihren Schlachtplan.
 

Aryon zog sein Schwert, Legolas spannte seinen Bogen mit Pfeil. Soldaten mit Bögen bewaffnet erschienen nun auch hinter ihnen und machten sich bereit.
 

"Hain dago!!! (Tötet sie!!!)", schrie Aryon und zeigte in die Richtung, wo die Orks eingefallen waren und nun ihren zentralen Angriffspunkt bildeten.
 

An den Hängen postierten sich immer zahlreichere Soldaten und bekämpften lautstark die Orks. Aryon warf Legolas einen kurzen Blick zu. Sie nickten einander zu und rannten mit erhobenen Schwertern die steinernen Hügel hinab.
 

"Gurth a chyth-in-edhil! (Sterbt zu den Füßen der Elben!)", hallte es in die tiefdunkle Nacht.
 

***
 

Es war bereits nach Mitternacht und die Luft roch nach verbranntem Fleisch.

Die Garde hatte die Orkkadaver aus der Stadt gebracht und zu einem Haufen zusammengetragen, dieser wurde unter Wache entzündet, bis die Flammen hoch und hell am Himmel standen. Der ekelerregende Geruch wurde vom Wind weit zur Küste getrieben.
 

Anarórë sah nachdenklich aus dem Fenster von hier aus konnte sie die Spitze des Feuers erkennen. Seit Stunden half sie im Sanitätsflügel aus und spürte wie die Müdigkeit ihre Knochen ergriff. Sie rieb sich gähnend die schmerzenden Handgelenke.
 

Sie trug immer noch ihr Abendkleid, welches nun verschwitzt, schmutzig und mit Blut verschmiert an ihr klebte. Anaryeldë fand sie und löste ihre müde Schwester von der Nachtwache ab. Seit Stunden war sie auf den Beinen gewesen und hatte die Wunden der vielen Opfer versorgt.
 

"Geh schlafen. Du siehst sehr mitgenommen aus!", sanft schob sie ihre Schwester zur Tür hinaus. Diese nickte erleichtert und verließ das Krankenzimmer.
 

Die dienstälteste Heilerin trat zu Anaryeldë und reichte ihr eine Schale mit einer grünlichen Flüssigkeit. Ihr Name war Elestirne und sie war eine Sindar Elbin. Eine wahre Meisterin der Heilkunst.
 

Anaryeldës Familie hatten die Elbe, mit dem leuchtenden Sterndiadem aus feinstem Mithril, in Imladris kennengelernt, wo sie mit Ihren Eltern und Geschwistern einige der kühlen Wintermonate verbracht hatte. Elestirne war anschließend mit Ihnen nach Farlond gereist und hatte in Anaryeldë eine fähige Nachwuchsheilerin gefunden.
 

Anaryeldës Name stammte aus der Sprache Quenya, der Sprache der Hochelben. Ihr Vater war einer aus der Rasse der Hochelben und hatte ihr und seinen anderen Kindern Quenya Namen als Andecken an Valinor gegeben.
 

Bei den Elben, die in Mittelerde geblieben waren, war Sindarin die übliche und verallgemeinerte Sprache. Und so nannte Elestirne Anaryeldë stets Anariël und ihren Zwillingsbruder Anaryondo nur noch Anarion, wenn sie allein waren.
 

Sie war eine sehr gütige Elbe und die junge Fürstentochter vergötterte sie.
 

"Anariël, bitte wechsle die Verbände bei deinem Bruder und seinem Gast, wie ich es dir gelehrt habe! Ich komme nach, sobald ich hier fertig bin." Anaryeldë nickte und verließ den Krankenflügel mit mehreren Gefäßen und Verbänden.
 

Die Krankenzimmer ihres Bruders und Legolas lagen ein wenig weiter vom Krankenflügel entfernt. Sie durchlief zwei Korridore und klopfte leise bei Aryon an.
 

Er schlief tief und fest, die Heilerin hatte ihm ein starkes Schmerzmittel verabreicht. Sie besah sich die Verbände und wechselte diese, vorher säuberte sie die Wunden an Arm, Bein und Kopf mit der Tinktur. Immer wieder wanderte ihr Blick in das schlafende Gesicht ihres Bruders.
 

Leise summte sie ein Lied, welches ihnen ihre Mutter immer zum Schlafen vorgesungen hatte.
 

Welche Qualen hatte er erleiden müssen, verletzt in den Wäldern harrend, bis er endlich von den Suchtrupps bewusstlos aufgefunden wurde. Als sie fertig war, räumte sie die alten Verbände in ihren Beutel, entzündete eine neue Kerze und schloss leise die Tür hinter sich.
 

Zwei Türen weiter schlief der Prinz aus dem entfernten Land.

Die Kerze flackerte, als sie dieses Zimmer betrat. Vorsichtig schritt sie an das Bett und betrachtete sich zuerst die Beinwunde, dunkles Blut war durch den Verband durchgesickert. Sie müsste den Verband wechseln. Ein Knacken des Türgriffes lies sie umschauen.
 

"Ah, Elestirne, ihr seid es. Ich dachte einer dieser Orks habe es in die Burg geschafft! Ich habe mir gerade die Beinwunde angeschaut.", erleichtert strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
 

Die Heilerin schritt schweigend näher und besah sich die Wunde am Bein und wandte sich dann dem verbundenen Kopf zu. Schweigend betrachtete sie den Verband der über das rechte Augen des jungen Elben lag.
 

"Glaubt ihr, er wird je wieder richtig auf seinem verletzten Auge sehen können?", flüsterte die junge Elbin.
 

"Das wird die Zeit zeigen, er hat großes Glück gehabt. Bitte reinige und verbinde schon mal die Beinwunde ich hole noch schnell ein wenig von einer anderen Salbe.", sprach die Sindarelbin, traurig darüber, dass jemand aus ihrem Volk so schwer verletzt worden war.
 

Anaryeldë löste den Verband und wusch die Wunde aus. Sie war nicht sonderlich tief, aber es würde eine Narbe zurückbleiben.
 

"Das ziept bestimmt!", dachte sie sich und erschrak dafür umso mehr, als plötzlich eine ruhige und dünne Stimme ertönte.
 

"Lle na curucuar! (Das macht ihr geschickt!)", brachte der Verletzte leise hervor.
 

Anaryeldë wandte sich erschrocken um. "Ihr seid wach? Habe ich euch geweckt?"
 

Vorsichtig und von dem Schmerzmittel benommen versuchte Legolas sich aufzurichten. Er konnte nicht richtig klar sehen, seine Hand wanderte zum Störkörper und erfühlte den Kopfverband.
 

"Nein, bleibt bitte liegen, die Heilerin holt gerade Arznei für euer verletztes Auge! Ihr müsst ruhig liegen bleiben!", sie drückte ihn an den Schultern zurück in die Kissen.
 

"Mas sí..?" (Wo bin ich?), fragte er, als er nichts erkennen konnte. Er sah nur einen goldflimmernden Schatten der sich über ihn beugte.
 

"Lle tyava quel?" (Wie fühlt ihr euch?), sprach die junge Elbin in einem ruhigen Tonfall zu ihm.
 

"Im ring!" (Mir ist kalt!), kam es zurück. Schnell holte sie noch ein paar Decken und legte einige wärmende Steine aus dem Kamin zu seinen Füßen, "Tolthathon 'elstirne!" (Ich werde Elestirne herbeirufen!)
 

"Law, si darto (Nein, bleibt hier!), kam es zur Antwort, doch Anaryeldë hatte den Raum bereits verlassen. Elestirne kam ihr auf dem Flur gerade entgegen.
 

"Er ist aufgewacht und will aufstehen!", brachte sie hektisch hervor und gemeinsam kehrten sie in das Krankenzimmer zurück.
 

"Verehrter Prinz, ich bitte euch, legt euch wieder nieder, die Wunden müssen ruhen!", bat Elestirne den jungen Elben, der sich mühsam aus dem Bett hatte befreien können.
 

"Besonders euer Auge möchte ich mir anschauen.", fügte sie noch hinzu und zu Anaryeldë gewandt erwiderte sie: "Du kannst jetzt gehen! Den Rest schaffe ich auch alleine. Gute Nacht!"
 

Diese nickte und sah zu, wie sich der Prinz wieder aufs Bett gleiten ließ. Sie hatte Angst um sein Augenlicht, er hatte Aryon mit seinem Leben beschützt, wie ein anderer Soldat erzählte und nun wurde er dafür vom Schicksal bestraft.
 

"Losto mae!!" (Schlaft gut), sprach sie leise und verließ den Raum.
 

***
 

Der Sommer war dem Herbst gewichen.

Anaryeldës 15. Geburtstag war schon vergangen. Sie war jetzt offiziell in die Lehre von Elestirne gestellt.
 

Seit zwei Monaten übte sie das Zubereiten der richtigen Arzneien. Aryon hatte sich bestens erholt und sein bester Freund, dank Elestirnes Arzneien und viel Ruhe, hatte sein Augenlicht nicht verloren. Nur eine winzige Narbe an seinem Augenlied, würde ihn an diesen dunklen Tag in seinem Leben erinnern.
 

Nun wollten sie fortreiten. Anaryeldë war seit Tagen nur noch schlecht gelaunt. Sie wollte ihren großen Bruder nicht schon wieder für so lange Zeit gehen lassen und an den fremden Elben aus dem Düsterwald hatte sie sich auch gewöhnt.
 

Anarórë dagegen litt mehr unter dem baldigen Abschied, die letzten Monate hatte sie viel mit ihrem Bruder und seinem Freund verbracht. Ihr fiel es schwerer Legolas gehen zu lassen, als ihren eigenen Bruder. Beschämt über ihre Gedanken und Gefühle, verschloss sie sich die letzten Tage mehr denn je.
 

Doch der Tag der Abreise nahte und an einem der letzten, sonnigen Herbstmorgen war er gekommen.
 

Anaryeldë saß nachdenklich auf ihrem Fleet und grübelte über Zutaten für eine Verbesserung einer Salbe nach. Es war wohl der letzte Tag, den sie im freien Lernen konnte, das Wetter wurde immer unbeständiger. Plötzlich spürte sie eine fremde Anwesenheit. Sie lächelte, sie ahnte wer zu ihr aufs Fleet gestiegen kam.
 

"Oh, Legolas, ihr seid es. Ich dachte ihr und mein Bruder seid schon im frühen Morgen abgereist?", bemerkte Anaryeldë
 

Vorsichtig setzte sich der Elbenprinz auf den Rand des Fleets und stellte ihr eine kleine Pflanze zu Füssen. Sie besah sich die Pflanze genau.
 

"Aryon möchte sich von allen verabschieden, erklärte er.

"Das ist die Athelas Pflanze aus meinen heimischen Gefilden, sie ist ein sehr gutes Heilkraut! Ein Geschenk!", fügte er noch hinzu.
 

"Asea aranion oder Königskraut, um es auf der Sprache der Menschen zu erklären! Ich danke euch für das kostbare Geschenk!", erzählte sie in vollster Bewunderung um das kleine Pflänzchen.
 

Der laute Schrei einer Möwe ließ sie abrupt zum Himmel schauen.
 

"Was war das?", fragte der blonde Elb. Anaryeldë schaute verblüfft.
 

"Habt ihr noch nie eine Möwe gehört oder gesehen?", fragte sie. Er schüttelte stumm den Kopf, "Maew. (Nein)"
 

"Nun, Möwen das sind große Vögel mit weiten weißen Schwingen, die..", sie wurde unterbrochen.
 

"...von den Küsten der Meere stammen! Aber hüte dich Legolas. Das Meer ist nicht für die Augen eines Waldelben bestimmt.", endete Aryon den Satz seiner Schwester. Er war in einen dicken Reiseumhang gehüllt und schwer war sein lederner Brustschurz, "Legolas. Lässt du mich eben mit meiner Schwester alleine?"
 

Dieser nickte. "Navaer! (Wiedersehen!), Anaryeldë!" Sie nickte lächelnd, "Quel fara, Legolas Thranduilionn! Atenio, le tiriél. Namarië."

[Gute Reise, Legolas! Habt Acht auf eurem Weg. Auf Wiedersehen.), und er war aus ihrem Blickfeld verschwunden.
 

"Anaryeldë, ich möchte, dass du dieses Medaillon von mir bekommst." Er streifte eine silberne Kette ab und legte ihr diese in die Hand und bevor sie etwas erwidern konnte, sprach er, "Sie ist sehr wertvoll für mich. Eine sehr mächtige Frau hat sie mir damals zur Geburt zum Geschenk gemacht und ich würde mich freuen, wenn du sie solange wie ich weg bin für mich verwahrst."
 

Sie nickte und spürte wie die Tränen in ihr hochstiegen, und fiel ihrem Bruder um den Hals. "Namarië, Aryon, Namarië!
 

- Fortsetzung folgt -

Arousing Shadows

Viele Jahrzehnte später
 

Helles Glockenspiel lag in der Luft und spielte eine freie Melodie. Verträumt betrachtete die junge Elbin, auf einem geräumigen Fleet sitzend, wie sich die Wipfel der Bäum im Wind wiegten. Sie trug ein leichtes, gelbes Kleid mit aufwändiger Kordelverzierung. Ihre hellen Haare waren zu einem losen Zopf verflochten. In ihrem Schoss lag aufgeschlagen ein in roten Samt gebundenes Buch. Es erzählte von der großen Schlacht gegen Morgoth, den Sieg über den verstoßenen Valar.
 

Um ihren Hals lag eine lange, silberne Kette, dessen teilbarer Anhänger, sie gedankenverloren in ihren Händen hielt. Eine Stimme rief sie aus ihren Tagträumen.
 

"Anaryeldë, bist du da oben?", die Gerufene blickte über den Fleetrand. Sie erblickte ihre Schwester.
 

"Ja, ich bin hier! Was gibt es denn?", rief sie gelangweilt zurück.
 

Anarórë stemmte genervt ihre Arme in die Hüften, als ihre Schwester sich nicht auf den Weg nach unten machte. Sie hasste es unter einem Baum zu stehen und ihr die Neuigkeiten nach oben zu schreien.
 

"Das Fürstenpaar von Harlindon mit ihrem Sohn Aearon sind eben angekommen. Vater und Mutter wünschen, dass Du beim Dinner anwesend bist."
 

Genervt verdrehte Anaryeldë die Augen und versuchte sich an Aearon zu erinnern.

Aearon von Harlindon zählte zu den besten Partien in ganz Lindon. Er sah blendend aus, mit seinem dunklem Haar und den ungewöhnlich, hellen Augen. Allerdings glich eine Unterhaltung mit ihm einer Qual; er war ein hoffnungsloser Langweiler.
 

Zu gern wollten ihre Eltern Anaryeldë und Aearon als Ehepaar sehen, damit die beiden Küstenstädte wieder vereint würden.

Sie klappte das Buch zusammen, erhob sich und stieg die Treppe in Zeitlupe hinunter. Unten wartete bereits ihre Schwester.
 

"Soeben kam Kunde aus Imladris, dass Aryon und Anaryondo abgereist sind. Wäre es nicht schön, wenn sie bereits heute Abend eintreffen würden?", fragte Anarórë freudig.
 

Anaryeldë nickte, "Ja, da das wäre wirklich schön. Aber der Weg ist weit und allzu große Hoffnung sollten wir uns nicht machen."
 

***
 

Seit ihrer Volljährigkeitsfeier war schon wieder mehr als ein Jahr vergangen. Lange hatte sie ihre Brüder nicht mehr gesehen. Anaryeldës Ausbildung zur Heilerin hatte sie zwischenzeitlich erfolgreich beendet.
 

***
 

Die ersten Sterne schimmerten bereits am Himmelszelt, als das Dinner im Schloss eröffnet wurde. Prächtige Speisen und der beste Hauswein in geschwungenen Glaskaraffen wurden aufgetragen. Viele Bedienste eilten um die großen, festlich gedeckten Tische. Gerade erreichten Anaryeldë und Anarórë, in Begleitung ihrer Mutter, die Festtafel. Ihr Vater saß Vorkopf und zu seiner linken, der hohe Fürst von Harlindon mit seiner Gattin. Sie verstanden sich scheinbar blendend.
 

Als Anarthôr seine Frau erblickte, erhob er sich. Isylia, von großer, jedoch zierlicher Gestalt mit silberblondem Haar und hellblauen Augen, wandte sich kurz zu ihren Töchtern, insbesondere galt ihr strenger Blick ihrer Jüngsten.
 

"Anaryeldë, bitte benimm dich! Das Dinner ist für deinen Vater mehr als wichtig.", sprach sie mit beschwörender Stimme.
 

Anaryeldë nickte, "Natürlich, ich werde Euch nicht enttäuschen Mutter."
 

Isylia nahm neben ihrem Mann Platz, nachdem sie ihre Gäste begrüßt hatte. Ihre Töchter folgten ihrem Beispiel. Als Anaryeldë sich Aearon näherte und begrüßte, wagte er es jedoch ihre Hand zu ergreifen. Schnell zog sie ihre Hand fort. Anarórë lächelte und ging gemeinsam mit ihrer Schwester zu ihren Plätzen.
 

"Na, hat er deine Hand gesäubert?", grinste Anarórë ihr ins Gesicht.
 

Knurrend bekam sie eine Antwort, "Vater und Mutter, können auf eine Vermählung warten bis sie schwarz werden."
 

Während des ganzen Dinners unterhielten sich die Schwestern über ein Geschenk, welches sie für Aryons nächsten Geburtstag vorbereiten wollten. Ihre Unterhaltung wurde jedoch durch ein plötzliches Räuspern neben ihr gestört. Sie wandte sich immer noch mit den Händen gestikulierend um. Aearon, leicht vorgebeugt, hielt ihr seinen Arm entgegen.
 

"Verehrte Herrin Anaryeldë, würdet Ihr mich durch Euer prächtiges Heim führen?". flötete er mit einem übertriebenen Lächeln.
 

Sie war irritiert und blickte kurz zu ihrer Mutter, die ihr ein treibendes und mahnendes Nicken zuwarf. Sie lächelte Aearon höflich an und erhob sich. "Natürlich, ich führe Euch gern herum."
 

Sie verließen das Fest.
 

***
 

Unweit des Schlosses, am anderen Ende es Waldes trieben drei Gestalten ihre Pferde an. Auf einer Lichtung verlangsamte der Kopfreiter sein Tempo und hielt an. Seine Gefährten kamen ebenfalls zum stillstand.
 

Ein kurzer Fingerzeig des mittleren Reiters Richtung Schloss und sie trieben ihre Pferde wieder an.
 

***
 

Aearon hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört und die hübsche Fürstin bei ihrem Vortrag beobachtet. Er war gänzlich hingerissen, von ihrer Schönheit, Eleganz und ihrer Art sich zu präsentieren. Sein Verlangen ihre zarte Haut, die im Licht der vielen Kerzen zerbrechlich schimmerte, zu berühren, wuchs mit jeder ihrer Worte heran. Ihre welliges Haar fiel schwingend auf ihren Rücken und das Kleid raschelte, es kam ihm vor , als träumte in einem unendlich, schönen Traum-
 

Doch für Anaryeldë war alles ganz anders. Sie zog gelangweilt von Raum zu Raum, von Saal zu Saal und gelangte zum Schluss zum angelegten Garten.

Gekonnt plapperte sie einen Monolog über den Bau des Hauses und sonstigen unwichtigen Kram und führte ihn in den Garten. Hier war es herrlich still und nur das plätschern eines Baches war zu hören.
 

"Und hat euch die Führung gefallen?", beendete sie ihren Vortrag.
 

"Durchaus, es ist ein sehr schöner Palast.", antwortete er, "Aber sagt, habt ihr nicht Lust das Schloss von Harlond zu besichtigen? Es würde euch sicherlich gefallen. Ich würde es euch zeigen, jeden Winkel seiner starken Mauern!"
 

Bevor sie ihm darauf antworten konnte, hörten sie das Klirren von gefallenen Metall und kurz darauf einen unverständlichen flüsternden Fluch unweit der entfernten Mauer. Als Tochter des Hauses drehte sich schlagartig in diese Richtung um.
 

Vorsichtig ging sie ein paar Schritte in Richtung des Geräusches. Ein leichtes Zittern durchzog ihren Körper, Erinnerung an den letzten Überfall vor vielen Jahren schossen ihr fieberhafte durch den Kopf, "Bei, Eru, Bitte lass es keine Orks sein!"
 

Erstaunt wandte sie sich den drei Gestalten, die im Dunkel der hohen Bäume an der Mauer erschienen, zu.
 

Aearon stand direkt neben ihr. Er zitterte und sie verdrehte leicht die Augen.

"Und so jemanden soll ich heiraten", dachte sie sich im stillen.
 

Die Gestalten waren ihr zwar ebenfalls nicht geheuer, aber mutig zog sie Aearons Schwert aus seinem Gurthalter. Er zuckte bei ihrer plötzlichen, jedoch berührlosen, Nähe zusammen. Sie hielt das Schwert, so wie ihr jüngerer Brüder heimlich beigebracht hatte, fest in der Hand und stellte sich den Eindringlingen entgegen.
 

"Man ech???(Wer seid ihr?!)", fuhr sie diese mit klarer Stimme an.
 

Aus dem Schatten trat nun ein junger Mann dessen langes, blondes Haar im Wind wehte. Aearons Schwert fiel augenblicklich scheppernd zu Boden, als Anaryeldë den Mann erkannte. Sie lachte, lief auf ihn los und lies sich in seine Arme fallen.
 

"Aryon, was habe ich dich vermisst! Wie schön.", sprach sie zwischen den zahllosen Freudentränen ihres Wiedersehens.
 

Die zwei weiteren Gestalten traten ebenfalls aus dem dunkel hervor und Anaryeldë löste sich aus der geschwisterlichen Umarmung. Ihr anderer Bruder Anaryondo trat neben Aryon und strich mit einem Finger durch ihr Haar.
 

"Wahrlich ein mutige Gegenüberstellung, Schwesterchen! Lass das bloß nicht Mutter oder Anarórë sehen.", grinste er seine Zwillingsschwester an.
 

Auch er umarmte nun herzlich seine Schwester. Sie schaute sich ihre Brüder genauer an und lächelte, "Ihr schaut furchtbar aus! Wenn Mutter euch so sähe."
 

Nun bemerkte sie den dritten Schatten und ihr Herz machte einen überraschenden Aussetzer. Sie spürte wie es heftiger zu schlagen begann.
 

Legolas, der Prinz aus dem Düsterwald stand unmittelbar neben ihr. Er verneigte sich höflich, "Hana ben bein, Anaryeldë ! (Euch wieder zu sehen ist schön, Anaryeldë)"
 

Sie lächelte und fing sich schnell, "Es freut mich auch euch wiederzusehen, Prinz Legolas."
 

Sie verharrte nur kurz und sprach schnell weiter.
 

"Kommt mit, ihr müsst euch umkleiden, dann könnt ihr auch am Bankett teilnehmen. Ich muss langsam zurück und werde Vater und Mutter informieren, dass ihr da seid." Sie wandte sich um und erblickte Aearon. Sie lächelte ihm kurz zu und lief schnell davon.
 

Hinter der nächsten Säule verlangsamte sich ihr Schritt ein wenig.

"Was war das nur gewesen?", fragte sich die junge Elbin und lief zum Fest zurück.
 

Dort wurde viel gelacht und getanzt. Aearon kam kurz nach Anaryeldë. Als Isylia das gerötete Gesicht ihrer jüngsten Tochter erblickte und das Erscheinen von Aearon wenig später, dache sie, dass zwei Herzen sich gefunden hatten.
 

Um so enttäuschter war sie, als sie ihr mitteilte, dass Aryon, Anaryondo und Prinz Legolas aus dem Düsterwald heimgekehrt waren. Doch die Freude ihre Söhne nach langer Zeit wieder zu sehen und nicht in ihrem Zauberspiegel erfreute ihr Herz. Der Abend wurde noch wunderschön, die komplette Familie war wider vereint und genoss dieses schöne Fest.
 

***
 

Ein Flüstern und ein unterdrücktes Kichern riefen den jungen Thronfolger aus seinem leichten Schlaf. Er schmunzelte in Gedanken, seine Schwestern schlichen mehr schlecht als recht um sein Bett herum, wahrscheinlich um ihn zu erschrecken, aber den Spaß wollte er ihnen nicht gönnen. Nur wenige Sekunden vor ihrem Zugreifen, reagierte Aryon blitzschnell.
 

Er ergriff mit je einer Hand nach einer Schwester und zog sie auf sein Bett. Er erwischte lediglich nur Anaryeldë, Anarórë hatte es geschafft sich rechzeitig wegzudrehen und freute sich daran. Ein herzliches Lachen aller erfüllte den Raum.
 

"Edinor veren toron! (Happy Birthday Bruder)", riefen sie und gerade rechtzeitig betrat auch Anaryondo den Raum.
 

***
 

Am späten Nachmittag begann dann auch das Geburtstagsfest zu Ehren Aryons. Eilig hatte die Küche die ganze Nacht gearbeitet, um ein prunkvolleres Fest, als das gestrige auszurichten.
 

Überall herrschte bereits eine fröhlich heitere Stimmung auf den Straßen und umliegenden Wiesen.
 

Junge Elbinnen mit kunstvoll frisierten Haaren spazierten lächelnd durch ihre Stadt, um ihren Liebsten Wein und Speisen zu bereiten, denn heute war nicht nur der Geburtstag des Fürstensohns. Die ganze Stadt feierte den Tag.
 

Vor vielen Jahren, als Aryon geboren wurde, war der Hohefürst Anarthôr so glücklich über seine Geburt, dass er einen Festtag schuf, einen Tag, an dem die Frauen ihren Liebsten beschenken konnten.
 

Die jungen Mädchen brachten ihren häufig Auserwählten Wein und Speisen oder schenkten ihnen sogleich ihr Herz.
 

***
 

Lächelnd betrachtet Anarórë das Treiben von ihrem Balkon, welcher eine Sicht bis zu Festwiese bot und es machte ihr Spaß bei den Vorbereitungen zuzusehen.
 

Sie selbst wurde gerade angekleidet. Viele Gäste hatte ihr Vater eingeladen und ihr stand ein anstrengender Abend bevor.
 

"Herrin, wir sind fertig. Möchtet ihr euch noch ein wenig zurückziehen?", fragte eine der beiden Zofe.
 

"Ja, geht ruhig schon vor und habt einen schönen Tag!", lächelte Anarórë ihre Zofen an.
 

Diese lächelten, verneigten sich und eilten hinaus.
 

Sie blieb noch eine Weile auf ihrem Zimmer. Es klopfte an ihre Tür und ihre Mutter trat ein.
 

"Du bist ja schon fertig?! Sehr reizend. Unsere Gäste werden entzückt sein!", warf die Fürstin erfreut ein.
 

Anarórë missfiel der unterschwellige Ton in der Stimme ihrer Mutter, "Weshalb so fröhlich Mutter? Schon wieder Gäste? Kommt jemand besonderes?"
 

Isylia lächelte und legte die Hände auf die Schulter ihrer Tochter, "Dein Vater und ich haben dir einen möglichen Ehemann ausgesucht, wir hoffen nur, dass er es rechtzeitig zum Fest schafft! Er ist Botschafter in Imladris."
 

Als hätte ihr jemand eine schallende Ohrfeige verpasst, fühlte sich Anarórë gegen den Kopf gestoßen und erhob sich blitzschnell. Ihre Sinne waren wie betäubt und in ihren spitzen Ohren hörte sie ihr eigenes Blut rauschen. Ihr Herz pochte wild.
 

"Was habt Ihr? Ihr könnt mich doch nicht einfach verheiraten!", Anarórës Wangen verfärbten sich blutrot, "Mutter ich bitte euch, warum muss ich denn jemanden heiraten, den ich gar nicht kenne."
 

Isylia griff nach der Hand ihrer Tochter, diese entzog ihr diese aber sofort.
 

"Das ist die Tradition der Familie Anarórë und keine meiner Töchter wird sie brechen! Wir sehen uns gleich unten!", Isylia verließ das Zimmer ihrer ältesten Tochter und begab sich auf den Weg zum Garten. Sie wusste wie es Anarórë ging, aber es würde das Beste für sie sein, da war sie sich sicher.
 

Anarórë spürte wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen und lehnte ihre Schläge an die kühle Wand. Sie musste sich beruhigen, ihr Herz klopfte wild in ihrer Brust und nur zu sehr wäre sie weggelaufen und hätte geschrieen. Aber sie wahrte ihr Gesicht und schritt auf ihren Balkon heraus.
 

Der Wind strich angenehm durch ihr Gesicht und beruhigte ihr Herz.
 

Ihr Blick wanderte erst ziellos über die Stände, bis sie ihren ältern Bruder mit seinem Freund und ihrer Schwester dort stehen sah. Diese spürte wohl das sie beobachtet wurde und blickte direkt in ihre Richtung und hob die Hand zum Gruß. Anarórë winkte zurück.
 

***
 

Absichtlich erschien Anarórë später zum Fest. Sie verharrte hinter einer Mauer und versuchte sich an der großen Gesellschaft unbemerkt vorbeizuschleichen, um in die Stadt zu gelangen.
 

Es gelang ihr auch fast, vor dem letzten Stützpfeiler stieß sie unsanft mit jemanden zusammen. Erschrocken wandte sie sich um.
 

"Gen díheno Ich vergebe dir! - kann aber auch als Ich bitte um Vergebung gedeutet werden, brachte sie errötend hervor.
 

"Es war mein Fehler!" , kam ihr auf einer vertrauten Sprache gesagt. Erstaunt blickte Anaröré ihren Rempler an. Es war ein hochgewachsener, dunkelhaariger Elb, dessen Reisekleidung mitgenommen schien und er schwächlich auf den Beinen schwankte.
 

"Ihr seht müde aus! Kommt ich von weit her?", fragte Anaröré neugierig.
 

"Ja, der ritt war sehr weit, aber sagt, kennt ihr ein Gasthaus mit Unterkunft für mich?", fuhr er benommen fort.
 

Sie nickte und zog ihn mit in die Stadt herunter, bis zu einer Taverne, wo sie Platz nahmen.
 

Es war weit nach Mitternacht, als Anaröré sich ins Schloss zurückschlich. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen schlief sie ein
 

***
 

Erst in den frühen Morgenstunden, als der Himmel sich bereits rot zu färben drohte, war das Fest verstummt. Fröhlich war Anaryeldë zu Bett gegangen und eingeschlafen.
 

Draußen hatte das Wetter umgeschlagen und dunkle Regenwolken wurden von der Küste herangetrieben. Donner und prasselnder Regen begleiteten das unruhig schlafende Mädchen. Die Vorhänge hatte eine Zofe vorsorglich zugezogen.
 

Anaryeldë begann zu träumen.
 

"Vogelgezwitscher hallte über eine weite Talhöhe. Sie selbst stand auf einer hohen Klippe am Meer, in einem reinweißen Kleid gekleidet, vom Wind umweht mit fliegendem Haar. In ihren Händen hielt sie einen verzierten Dolch und presste ihn an ihren Körper. Dunkle Wolken zogen über den Osten zu ihr und Nebel versperrte ihr den Weg zum Schloss. Zu ihren Füßen lag nur noch der Abgrund. Zeitweise lichtete sich der Nebel und ein zerstörter Wald lag vor ihr. Tiere, Menschen, Elben und Orks lagen über hektargroße Flächen maroder und brennender Landschaft. die sie von allen Seiten einschloss..."
 

Mit pochenden Herzen setzte sich die junge Elbin zitternd in ihrem Bett auf. Sie fasste sich an ihre kalte Stirn und befühlte ihr Gewand, normalerweise schwitzen Elben nicht, aber sie spürte eine leichte Nässe.
 

Die Tür wurde aufgestoßen und ihre Brüder und Legolas kamen mit gezückten Schwertern bzw. Bogen hereingestürzt, Anaryeldë erschrak gleich noch mal und zog ihr Bettzeug vor der Brust zusammen.
 

"Wer ist da, wer hat wagt es unsere Schwester anzugreifen???", polterte Aryon im Zimmer umher.
 

"Was macht ihr hier, könnte ich euch fragen!", antwortete Anaryeldë perplex.
 

Augenblicklich ließen die drei ihre Waffen sinken. Aryon ging zu seiner Schwester.
 

"Wir haben dich schreien gehört!", fuhr Anaryondo fort.
 

Anaryeldë fasste sich an den Kopf, "Ich hatte einen schrecklichen Albtraum. Mein Kopf schmerzt furchtbar."
 

"Legolas, Anaryondo, holt Elestirne, damit sie sich Anaryeldë ansieht.", befahl ihr älterer Bruder.
 

Liebevoll strich er seiner Schwester über den Kopf und nahm sie fest in den Arm. Erst als Elestirne kam, verließ er den Raum.
 

Die Untersuchung dauerte nicht lange.
 

"Du kannst aufstehen, soweit ich sagen kann fehlt dir körperlich nichts.", sprach die Meisterin der Heilkunst
 

Anaryeldë erhob sich langsam und schritt mit offenen Haaren ans Fenster. Die Sonne stand schon auf fast Mittagshöhe und schickte ihr Strahlen zur Erde
 

"Elestirne, ich habe etwas in meinen Träumen gesehen, was so real war, dass es selbst bei dem Gedanken daran mein Herz beben lässt.", erklärte die junge Elbin und umklammerte ihren Brustkorb, "Etwas furchtbares wird passieren, dass weiß ich genau. Der Schatten zieht vom Osten her!"
 

***
 

"Ah, Aryon. Schon so früh auf den Beinen?", entgegnete Fürst Anarthôr seinem ältesten Sohn, der auf dem Weg mit seinem Bruder und seinem Freund Legolas unterwegs in die Gärten war.
 

"Guten Morgen Vater!" , tönte es von den beiden Söhnen.
 

"Guten Morgen, Fürst Anarthôr", von Legolas
 

"Geht schon mal vor! Ich komme gleich nach!", entgegnete Aryon seinen Freunden und sah ihnen nach wie sie sich immer weiter von ihnen entfernten.
 

"Was kann ich für euch tun, Vater?", fuhr Aryon fort.
 

"Ich möchte mich ein wenig mit dir unterhalten. Lass uns dazu in den Garten gehen!", antworte Anarthôr.
 

Sie schritten schweigsam nebeneinander her. Vogelzwitschern begleite ihren Weg. Viele Bedienstete waren schon auf den Beinen um die Reste des Festes zu beseitigen. Unterwegs kam ihnen auch Anaröré entgegen. Freundlich nickte sie ihnen zu.
 

"Anaröré scheint sich für deinen Freund begeistert zu haben.", warf der Fürst ein.
 

Aryon schaute verwundert, dass war ihm gar nicht aufgefallen, "Seid ihr euch sicher, Vater?"
 

Sein Vater lächelte, "Es gibt nicht viel, was ich an unseren Frauen verstehe, aber eines weiß ich genau, wann sich meine älteste Töchter sich zu sehr für Fremde interessiert. Anaröré soll demnächst mit dem Fürsten von Harlindon verlobt werden, ich wünsche das dein Freund uns somit verlässt."
 

Währenddessen waren sie im Thronsaal angekommen und traten ein, während Anarthôr die Tür wieder Schloss, damit sie allein waren hatte er die Wächter weggeschickt.
 

"Darum geht es dir? Das Legolas fortgeht?", fragte Aryon.
 

"Unter anderen, denn deine Mutter und ich haben auch eine durchaus passable Partie für dich gefunden. Meneliel von Harlindon wäre für unser Haus ein wirkliche Bereicherung ", berichtete Anarthôr erwartungsvoll.
 

"Vater, was verlangt ihr da von mir?", Aryon machte einen bestürzten Gesichtsausdruck, "Eine Frau für mich? Verheiraten? Ich bin viel zu jung! Genauso wie Anaröré noch zu jung ist!"
 

"Das interessiert mich nicht, diese Streifzüge durch Mittelerde haben wir toleriert, aber nun wird es Zeit für dich deine Pflichten in deinem Haus zu erfüllen.", ermahnte der Fürst seinen Ältesten.
 

"Diese Pflicht, euren Wunsch kann ich nicht erfüllen, Adar!", brachte Aryon mühsam hervor, sein ganzer Körper bebte.
 

Anarthôr erhob sich von seinem Thron und zitterte vor Wut auf die Antwort seines Sohnes, "Wenn du dich weigerst, die durch deine Geburt in dieser Familie auferlegten Pflichten nicht zu erfüllen, soll somit dein Stand in diese Familie verwirkt sein!"
 

Die letzten Worte halten laut durch den Thronsaal, den soeben die anderen Mitglieder der fürstlichen Familie betreten hatten. Anaröré und Anaryeldë wechselten betroffene Blicke.
 

Ihre Mutter war schockiert, verharrte jedoch inmitten der Anrede, "Anarthor,...!".
 

Aryon spannte jeden Muskel in seinem Körper an und Anaryeldë spürte, wie sehr ihr Bruder nun lit und die Wort ihm nicht leicht fielen, "Wenn dies euer Wunsch ist Hohefürst von Farlindon, werde ich dem nach kommen!"
 

Er verneigt sich kurz und blieb kurz vor dem Ausgang stehen und rief laut, "Nad dithen. Radathon nîn (Nur noch eins! Ich werde meinen Weg finden) und verließ ohne einen letzten Blick den Thronsaal.
 

***
 

Anaryeldë saß benommen auf der Bank in ihrem kleinen Garten. Tränen liefen ihr über die Wangen hinab. Noch nie hatte sie ihren Vater und Aryon so wütend aufeinander gesehen. Aryon war verbannt und durfte nie wieder nach Hause zurückkommen.
 

Sie war so in Gedanken und erschreckte kurz, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte.
 

"Im pedin dev le? (Kann ich mit dir sprechen)", fragte der Elbenprinz leise und reichte ihr ein besticktes Taschentuch.
 

Dankbar nahm sie es an. "Hannad! (Danke!)"
 

"Lle anta amin tu? (Brauchst du Hilfe?)[/í] sprach er mit aufrichtiger Miene und fasste ihr tröstend an die Schulter und setze sich zu ihr.
 

"Law!", sie wehrte ab, "Nein, danke, aber ich bin furchtbar aufgewühlt darüber, was heute geschehen ist!"
 

"Wir werden nach Imladris und später in den Düsterwald zurückkehren, bis sich alles wieder gelegt hat!", fuhr Legolas fort.
 

Anaryeldë sah kurz auf, "Aryon, wird sobald nicht zurückkehren können. Viel Zeit wird vergehen wenn nicht sogar für immer. Unser Vater ist sehr streng! Ich wünschte, ich könnte Vater irgendwie überrreden."
 

Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. Behutsam kniete sich Legolas vor ihr hin.
 

"Die jetzigen Herren über die verschiedenen Elbenvölker wahren ihre Traditionen.", versucht er ihr zu erkären, "No i brestanneth anírach tírad vi amar. (Sei die Veränderung die du wünscht in der Welt)
 

"Veränderung?", fragte Anaryeldë, "Welch kühnes Wort in unseren Gestaden. Nichts fürchtet mein Vater mehr, als die Veränderung von Mittelerde."
 

"Mit der Zeit wirst du erkennen, dass du deinem Bruder sehr ähnlich bist und das sich euer beider Schicksal noch kreuzen wird.", sprach Legolas weiter.
 

"Wohin wirst du jetzt gehen?", bemühte sich die junge Elbin ihre Tränen.
 

"Aryon und ich werden gemeinsam nach Imladris und anschließend nach Düsterwald zurückkehren!", antwortete er und erhob sich wieder.
 

"Ich würde auch gern durch Mittelerde streifen, aber Vater würd mich nie gehen lassen.", träumte sie.
 

"Caro lín hwîn na lín tur - hiro lín galu, reno lín iest a caro ha tîr cuil na lín daer ôl.(Mach Deine Schwäche zu Deiner Stärke - Finde Dein Glück, erinnere Dich an

Deinen Wunsch und mach das wahre Leben zu Deinem großen Traum!), sprach der Elbenprinz und nun erhob sich auch Anaryeldë zu seinen Worten.
 

"Ach Legolas das sind nur Träumerein, sie werden vergehen und ich auf ewig hier gefangen sein!", gab Anaryeldë in einem süßbitteren Tonfall zurück.
 

"Estelio nin (Vertrau mir), höre auf dein Herz, es wird dich leiten! Folge nicht dem Pfad zurück nach Valinor, von dem Aryon befürchtet, dass euer Vater ihn nehmen wird. Und liebe wen dein Herz für dich bestimmt!", erwiderte er.
 

Sie dachte kurz über die Worte nach, als er ihr ein Versprechen abnahm. "Lle vesta? (Versprichst du es?)
 

Es war ein besonderer Tag, an den sie noch oft in den anstehenden, dunklen Tagen Mittelerdes denken sollte.
 

***
 

Der neue Frühling hatte Einzug gehalten und bunte Fahnen wehten hoch in den blassblauen Himmel. Ein dreiviertel Jahr war seit Aryons Verbannung ins Land gegangen und nun standen Anaröré und Anaryeldë wieder einem Abschied nah.
 

In der Ferne konnten sie gerade noch den Schweif von Anaryondos Pferd erkennen.
 

"Und nun sind wir ganz allein!", sprach Anaröré im gedämpften Tonfall.
 

"Nein, wir werden Aryon und Anarion sicher bald wiedersehen!", gab Anaryeldë zurück.
 

"Wieso nennst du ihn Anarion?", fragte ihre Schwester verwundert.
 

"Er sagte mir, dass nun sein wahres Leben da draußen beginnen würde und sein Name auf Sindarin ist Anarion! Er wird nie wieder Anaryondo sein!"
 

***
 

Währenddessen laufen im Auenland die Vorbereitungen für Bilbos 111. Geburtstag. Ein kleiner dunkelgelockter Junge sitzt unter einem Busch und liest in einem Buch.
 

~ Fortsetzung folgt ~

Elennas Interlude Teil 1

Dieses Interlude beinhaltet eine Erklärung des Charakters "Elenna", welche in meiner Fiction nun ein größere Rolle bekommt. Charadesigner und Autor dieses Interludes ist Ihu_laSeraphita.
 


 

<Die Gesänge von Imladris
 

Die Fassaden der prachtvollen Häuser in Bruchtal erhoben sich und schimmerten im Antlitz der kühlen Wintersonne. Der Elbenzauber, der die Stadt umgab, wirkte angenehm auf die Elbe, die allein auf einem weißen Pferd der Rohirrim in das Tal geritten kam.
 

Langsam überquerte Angalos, wie sie ihr Pferd nannte, die Brücken Imladris’, während die Elbe die hohen Flüsse betrachtete, die wie glitzernde Schutzwälle unter der Sonne lagen und allzeit bereit schienen, die Hochelben von Bruchtal zu verteidigen.

Die Elbe auf dem großen weißen Pferd trug ein Anthrazitfarbenes Gewand und hatte ihre Hüftlangen hellblond schimmernde Haare nach Elbenart zurück gesteckt. Ihre Stirn schmückte ein goldenes Diadem, dessen Metallstränge kunstvoll verflochten waren.

Langsam schritt Angalos die Straßen von Imladris entlang, bis er zu einer Parkanlage kam.
 

Dort saß die Elbe ab, band das schwer beladene Pferd aber nicht fest, sondern befreite es lediglich von seiner Last.

Dann flüsterte sie in der Zunge ihrer Heimat dem Pferd etwas ins Ohr und Angalos wieherte dankbar, bevor er davon trottete.

Die Elbe setzte einen Fuß auf eine flache, breite Treppe, die am Ende von zwei Statuen gesäumt wurde. Sie stieg hinauf, während neben ihr sich große, nahezu immergrüne Bäume dem Himmel entgegenstreckten.

Sie erreichte das Ende der Treppe und stand in einem Wintergarten aus beigefarbenem Marmor. Ein Brunnen stand in der Mitte des Wintergartens und kristallklares Wasser sprudelte mit einem fröhlichen Gluckern daraus und umspülte die blanken, weißen Steine im Becken des Brunnens.

Die Elbe setzte sich auf den Rand des Brunnens und begutachtete die Skulptur, die den Mittelpunkt des Kunstwerks ausmachte. Ihre Finger glitten durch das Wasser.

„Ihr seid endlich hier“, sagte eine Stimme.

Die Elbe erhob sich und sah im Eingang des Wintergartens – der unweigerlich zu einem Haus gehörte – einen hoch gewachsenen, streng wirkenden Elb stehen. Sie verneigte sich.

„Meister Elrond“, sagte sie mit schöner Stimme, „Es ist mir die höchste Ehre, dem Herrn von Imladris wieder zu begegnen.“

Elrond lächelte, „Mir ist es ebenfalls eine Ehre, Elenna ò Tírion“, auch er verbeugte sich leicht, „Es erfüllt mich mit Freude zu sehen, dass Ihr Eure Reise unbeschadet überstanden habt. Kommt, lasst uns hineingehen!“

Sie folgte dem Herrn von Bruchtal ohne einen Widerspruch. Er führte sie durch einen offenen Säulengang, an dem sich exotische Pflanzen und Efeu hinauf rankten.

Elrond brachte sie in eines der geräumigen Empfangszimmer und reichte ihr ein Glas mit durchsichtigem Wein.

„Nun, Elenna ich erwartete Eure Ankunft mir einer gewissen Aufregung muss ich zu geben. Galadriel hatte mir Nachricht von Eurer Entscheidung geschickt.“

Sie nahm das Glas entgegen und wartete einen Moment ab, bis auch er sich ein Glas genommen und daran zu nippen begonnen hatte.

„Eine lange Reise habe ich überstanden, ich gedachte, hier ausruhen zu können, Meister Elrond“, erwiderte sie und ließ einen kleinen Tropfen des Weines in ihren Mund rinnen. Er schmeckt klar, recht süßlich und ohne scharfen Nachgeschmack - wie jeder Elbenwein.

Während Elrond da stand, den Wein in seinem Glas umherschwenkte und sie betrachtete, fuhr Elenna mit den Fingern ihrer rechten Hand über den Rand ihres eigenen Glases und erwiderte den kundschaftenden Blick Elronds.

„Ein lange Reise“, sagte Elrond schließlich, „Ja, so kann man das auch nennen.“ Langsam schritt der Herr von Bruchtal zu einem kleinen Arbeitstisch hinüber und hob einige Blätter auf.

„Ich hatte eigentlich schon viel früher auf Eurer Eintreffen gehofft, Elenna“, meinte er, „Es hatte mir viel Kummer bereitet zu hören, was mit Eurer lieben Schwester geschehen ist. Aber wie ich sehe, haben die Galadhrim Euch ein wenig heilen können!

Dennoch freut es mich, dass ihr nach Imladris gekommen seid. Ich habe in der Zeit zuvor schon ein kleines Haus für Euch herrichten lassen. Es liegt nahebei und auch die Bibliotheken von Imladris sollen Euch zur Verfügung stehen.“

Er reichte ihr ein Blatt, auf dem er in Sindarin-Buchstaben alles für sie wissenswerte aufgeschrieben hatte.

Sie nahm noch einen Schluck von dem Wein und begutachtete die Schrift.

In der Zwischenzeit leerte Elrond sein Glas bereits und öffnete eine Steinerne Tür zum Innenhof seines Heims. „Kommt, Elenna“, forderte er sie auf und reichte ihr seine Hand, „Lasst uns nicht viel Zeit verschwenden. Ich bringe Euch hin.“

Durch die Straßen von Imladris wandernd, unterhielt sich Elenna mit dem jüngeren Elben über ihren Aufenthalt in Lothlorien, im Reich der gütigen Galadriel, die Elenna schon gekannt hatte, lange bevor die Noldor nach Mittelerde heimkehrten.

Sie war eine der Großen Gelehrten, wie man sie nannte, eine Elbengesandte vom Geschlecht der Noldor aus den Unsterblichen Landen.

Mit dem Wissen von fast 13.000 Jahren, zählte sie durchaus zu den ältesten Geschöpfen Mittelerdes.

„Wir haben natürlich auch dafür gesorgt, dass man nachts die Sterne von diesem Dach aus beobachten kann"“ erklärte Elrond, als er sie in ein kleines, verschwiegenes Häuschen brachte, das fortan Elennas Heim war, „Ihr sagtet einmal, dass ihr auch Karten herstellt, von Sternen, als auch von den Ländern des Westens und Ostens.“

„Und von den Ländern des Nordens und des Südens“ fügte sie lächelnd hinzu. Elrond sah sieh durchdringend an, „Ja, richtig.“

Als Elenna in die Wohnecke des kleinen Hauses gelangte sah sie, dass man ihre Sachen, die sie mit ihrem treuen Angalos hergebracht hatte, bereits verstaut hatte.

„Von heute an, Elenna von Aman, geboren im Licht des Calacirya, seid Ihr in Bruchtal stets willkommen und ich mache Euch zur Bürgerin dieser Stadt. Ich lade Euch außerdem zum Bankett am nächsten Vollmond in meinem Hause ein. Meine Frau, die hohe Celebrían, meine Tochter Arwen, meine Söhne und ich wären sehr froh, wenn Ihr der Einladung nachkommen würdet.

„Ihr seid sehr großzügig, Meister Elrond“, sagte sie schließlich. Er hatte ihr sämtliche Freiheiten gewährt, die man in Bruchtal nur haben konnte, „Ja, ich werde dort sein. Die mächtigen Valar mögen Euch schützen!“

Damit verbeugten sie sich beide voreinander und Elrond ging ohne ein weiteres Wort zu sagen hinaus.
 

~*~*~
 

Die winterlichen Nächte waren kühl, mehr als kühl. Doch perfekt um Sterne zu beobachten.

Tiefer, dunkelblauer Himmel lag über Bruchtal und die weißen, roten und blauen Lichter der Sterne warfen ihrem warmen Schein auf die Welt.

Elenna trug einen warmen Mantel über ihrem schlichten Gewand und glitt Barfuss auf das flache Dach ihrer Unterkunft, die Sterne mit ihren scharfen Elbenaugen immer im Visier.

Langsam und leicht schritt sie zu der breiten und steinernen Brüstung des Daches und setzte sich darauf. Der Stein fühlte sich kälter an als die Luft ringsum und Elenna musste frösteln. Sie mochte die Kälte nicht, sie hatte sie noch nie gemocht.

Sie hatte fast die gesamte Woche gebraucht, um ihre Sachen in der weitläufigen Wohnung zu verstauen. Ihre Unterkunft besaß nur ein Erdgeschoß und einem Aufgang, außerhalb des Hauses auf das flache Dach.

Ihr hellblondes, reines Haar tanzte im sanften Nachtwind, der über die Baumwipfel und durch die Täler der Welt strich und sie sog die klare Luft ein, bis sie sie tief in ihrer Brust spürte. Dann hob sie erneut den Blick und sah die Sterne über sich leuchten und das Licht das sie ausstrahlten, erfüllte sie mit Wärme, die die Kälte des Windes, der Nacht und des Winters zu bekämpfen vermochte. Für einen Moment dachte sie darüber nach, ob sich gerade in diesem Augenblick irgendwo auf Arda jemand genauso zu den Sternen von Varda hinauf sah wie sie es tat.

Zuerst bemerkte sie die andere Elbe gar nicht, die auf dem Dach erschienen war. Doch diese stand wiederum nur da, und betrachtete Elenna.

Es war Celebrían, die Tochter der Hohen Frau Galadriel und des Herrn Celeborn, den Herrschern von Lothlorien, dem Goldenen Wald der Träume.

„Menelvagor* ist heute wieder deutlicher zu sehen, meint Ihr nicht auch, Elenna?“ sagte Celebrían und blickte die Gelehrte an.

Leicht verwundert wandte sie den Blick von den Sternen und konnte Celebrían dort stehen sehen, am Aufgang auf das Dach in einem Gewandt, dass sie anmutig machte ohne prüde zu wirken.

„Ja“, antwortete sie, „Ja, Menelvagor zeigt sich heute wieder, besonders der Nebel ist in diesem Sternbild heute wieder sehr gut zu sehen.“

Dann lächelte sie, ließ sich von ihrem Sitz hinunter gleiten und kam mit schnellen Schritten auf Celebrían zu. Sie freute sich sehr, ihre alte Freundin wieder zu sehen!

„Elen sìla lumenn omentievlo [Ein Stern scheine über der Stunde unserer Begegnung!]“ rief Celebrían aus und umarmt Elenna herzlich, „Nae saian luume' [Es ist lange her], seit ich dich das letzte Mal in Lorien sah!“

„Verzeiht, aber seit ich und meine Gefolge von den Yrch angegriffen wurden, hat meine Gesundheit stark nachgelassen und damit kann ich auch kaum noch reisen,“ erwiderte Celebrían in freundlichem Tonfall, doch Elenna entging nicht der Hauch von Traurigkeit, der in ihrer Stimme mitschwang, „Als Kind habe Euren Erzählungen gerne gelauscht, doch nun bin ich kaum mehr dazu fähig.“

Elenna sah die andere Elbe durchdringend an. Sie kannte Celebrían schon seit langer Zeit, seit sehr langer Zeit. Viele Hunderte Jahre war Elenna in Lorien gewesen und ebenso viele Jahre hatte sie mit Celebrían verbracht. Sie würde es sogar wagen, sie als ihre Vertraute zu bezeichnen.

„Ich habe Erfahrung mit den Yrch“, sagte Elenna beinahe traurig, „ich wünschte, ich könnte etwas für Euch tun, aber ich glaube, Meister Elrond ist bei weitem der bessere Heiler.“

Celebrían gelang ein Lächeln, „Nun, egal, wie schlecht es um einen steht, ich bin froh Euch wieder zu sehen. Ich hörte, Ihr wart lange Zeit im nördlichen Düsterwald.“

Elenna nickte und kam zu Celebrían herüber, „Ja, das war ich. Und ich habe weitere Bücher zusammen getragen, eine meine Großen Stärken.“

Sie führte Celebrían vom Dach hinunter in eines der gewärmten Zimmer. Im Wohnbereich prasselte ein kleines, gelbliches Feuer im Kamin und warf seinen Schein in alle Ecken.

Auf einer kleinen Anrichte, direkt neben einem Sekretär, stand eine Karaffe, gefüllt mit Elbenwein aus Arnor. Sie goss sich selbst als auch ihrem Gast ein Glas ein. Celebrían setzte sich in einen der weichen Sessel die nahe beim Kamin standen und nippte an ihrem Getränk. Einige Minuten schwiegen sie und Elenna beobachtete, wie ihre alte Freundin in die Flammen starrte, die im Karmin prasselten. Und dann sah sie es: Der Ausdruck tiefer Sorge, vermischt mit Trauer und Verwirrung.

Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis Celebrían den forschenden Blick bemerkte und zu ihr aufsah.

„Sagt es mir, Celebrían“, verlangte Elenna nun in freundlich-strengem Tonfall und kniete sich vor ihrer alten Bekannten nieder, „Was ist es, was euch so bedrückt?“

„Ich benötige Euren Rat, Elenna“, erwiderte Celebrían nach vielen Minuten des Schweigens, „Man sagt, Ihr gehört zu den weisesten Geschöpfen, die jemals aus den Reihen der Elben hervor gingen. Und ich glaube daran.“

„Ich glaube, Ihr verwechselt da etwas, Celebrían. Ich besitze Wissen, aber keine Weisheit!“ sagte Elenna mit einem seltsamen Ausdruck auf dem Gesicht, „Also behandelt mich bitte nicht wie eine weise Fürstin!“

„Doch eine Fürstin seit ihr!“ sagte Celebrían ohne verärgert zu klingen, „Ihr seid die Tochter Feanors! Und in eurem Leben habt ihr mehr gesehen als viele andere und ihr habt viel Leid durchstanden. Auch das ist eine Form der Weisheit!“

„Die Tochter eines Mannes, der keine Ehre mehr besaß, als er Valinor verließ!“ fügte Elenna hinzu und machte dann eine wegwerfende Geste. Sie würde Celebrían sicher nicht davon überzeugen können, dass sie all der Ehre nicht wert war. Auch wenn es sie berührte und ihr schmeichelte, dass die Sindar soviel Aufhebens von ihrer Gegenwart machten, so konnte sie nicht vergessen, wer sie einst gewesen war.

„Nun, was ist es, was euch bedrückt?“ fragte Elenna noch einmal.

„Oh, bitte sagt mir, Elenna, wäre es klug, in Eure Heimat zu gehen?“

Die Frage traf sie unerwartet und Elenna runzelte verwundert die Stirn.

„Valinor, die Unsterblichen Lande, dort wollt Ihr hin?“ fragte sie, „Celebrían...“ sie brach für einige Augenblicke ab, „Es ist immer weise, sich bei den Grauen Anfuhrten einzuschiffen und in die Unsterblichen Lande zu ziehen, besonders, wenn man in Eurem Zustand ist, aber... ich denke ihr wisst, was mich von diesem Ort fernhält. Werde niemals dorthin zurückgehen! Ich bin vermutlich die einzige Elbe in ganz Mittelerde, die nicht wünscht, Eldamar zu sehen. Also weiß ich nicht, ob ich die richtige Referenz für diese Frage bin.“

Celebrían blieb still und studierte Elennas strenge Gesichtszüge.

„Ich bin nicht unfehlbar“, erklärte Elenna weiter, „Ich würde Euch raten, dort hin zu gehen, denn ich weiß, man wird Euch dort heilen können, doch ihr müsstet Eure Familie hier zurück lassen.“

„Elrond wird nicht lange hier bleiben, wenn ich gehe“, sagte Celebrían, „Er würde selbst liebend gern nach Aman ziehen, doch irgend etwas hält ihn noch hier. Und um Arwen und meine Söhne brauche ich mir keine Gedanken zu machen.“

Sie lächelte müde, „Sie werden ihren Weg finden.“

Elenna stand langsam auf. Ihr war nicht wohl. Genauer gesagt verstörte es sie, dass alle Welt davon beseelt war, ihren Vorfahren nach zu kommen und nach Aman zu ziehen, dem Paradies, dem Kontinent der Valar und Maiar. Denn sie kam von dort und hatte nicht vor zurück zu gehen.

Doch sie würde noch die Ewigkeit Zeit haben, um darüber nach zu denken.

Celebrían erhob sich schnell.

„Nun, Elenna“, sagte sie in höflichem Ton, „Ich werde Euch nun verlassen, die Tageszeit gebietet es, dass ich wieder in mein Heim zurückkehre. Ich erwarte Euch dann morgen auf dem Bankett.“

„Ja...“ sagte Elenna bloß und geleitete die andere Frau zur Tür.
 

~*~*~
 

Die Feste in Bruchtal waren beinahe sagenumwoben.

Der Gesang und die Musik waren unübertroffen in ganz Mittelerde und Meister Elrond ließ es seinen Gästen nie an etwas fehlen.

Elenna trat durch den Torbogen, der den Eingang zum Hause Elronds markierte, gekleidet, in ein kunstvolles Kleid der Calaquendi. Violetter Stoff, die weiten Ärmel mit einem goldenen Faden zu einem kunstvollen Muster bestickt und mit einem Lavendelfarbenen Überwurf stand sie da und sah Elrond, wie er die eintreffenden Gäste begrüßte.

Elenna ging einige Schritte, wobei sie jedoch mehr über den Boden zu schweben schien, als zu gehen.

Den Raum betrachtete sie eingehend. Das Kopfende eines Langen Tisches war hergerichtet worden und zwei große, Goldene Throne standen dort und an einem saß Celebrían in einem aufwendigen, weißen Kleid. Neben ihr saß, unter einem weißen Baldachin, ihre wunderschöne junge Tochter Arwen Undomiel. Mit ihr sollte die schöne Luthien von Doriath wieder in die Welt gekommen sein. Ihre dunklen Augen übersahen alles mit einer Stärke, einer Jugend und einer Weisheit, wie Elenna sie nur von Elrond kannte. Das braune Haar war geflochten und hochgesteckt und brachte ihr hübsch geschnittenes Gesicht zur Geltung.

Jetzt wo Elenna sie sah, glaubte an sie an die Geschichten.

„Mae Govannen (Willkommen!)[/iu]“, hörte sie plötzlich Elrond ausrufen, „Willkommen in meinem Heim!“

Elenna zwang sich, den Blick von Arwen abzuwenden, die sich nun mit einem hoch gewachsenem, kräftig gebautem jungen Elben unterhielt, der zweifellos einer ihrer beiden Brüder sein musste, und sah Elrond mit einem Lächeln an. Er schüttelte ihre Hand kräftig und übergab sie dann einer Dienerin in schlichtem Gewand, die sie zu einem Platz an der Seite Elronds führte.

Nahezu Dreißig Leute nahmen schließlich am Tisch Platz und Elrond stand vor seinem Thron und erklärte das Bankett für eröffnet.

Es wurde Essen aufgetragen – soviel, dass es schon an ein Gelage erinnerte und Elenna konnte sich kaum daran erinnern, je besser gespeist zu haben. Der Wein war köstlich und schien den Geschmack des Essens nur noch zu unterstreichen.

Es war angenehm, mit Elrond und Celebrían zu reden, über Bücher, ihre Reisen, über Wein und andere Dinge, die mal mehr, mal weniger von Bedeutung waren. Auch Arwen beteiligte sich hier und da am Gespräch, denn der Wein hatte auch ihre Zunge gelockert.

Zwei Stunden vergingen so, während draußen der Vollmond aufzog und die Sterne am Firmament glitzerten.

Erst dann beendeten alle ihr Mahl und Elrond rief sie alle eine große Halle nahe bei. Er nahm die Hand seiner Tochter Arwen und führte sie zusammen durch einen breiten Gang in die Kaminhalle.

Hier gab es keine Tische, nur einen einzigen Kamin, der zwischen zwei reich verzierten Säulen stand. Heute Abend würde man in Elronds Haus wieder viel Gesang und Gedichte hören.

Es gab nur einen Stuhl am Kamin, der Elrond vorbehalten war und einige Musikanten zupften an den Saiten ihrer Harfen und Lauten, als sie Gesellschaft dort wieder zusammen kam.

Etwa Zehn Minuten spielten sie eine liebliche Melodie, bis Elrond das Wort ergriff.

„Heute Abend habe ich einen ganz besonderen Gast hier“, begann er seine Rede, „eine Elbe, die meine Frau Celebrían, als auch ich, als unsere Freundin bezeichnen dürfen. Und ich wäre geehrt, wenn Ihr uns heute Nacht mit Eurem Gesang erfreuen würdet, Elenna.“

Sein Blick senkte sich auf Elenna hinab und ein Lächeln umspielte seine Lippen.

Ein Leuchten trat in ihre Augen und sie schritt zu Elrond hinüber.

Er legte eine Hand auf ihre Schulter, ließ sie dort eine Weile ruhen und sagte dann: „Dies ist Elenna von Tirion, eine Noldor aus der alten Zeit.“

Stumme Ehrfurcht bereitete sich in der Halle aus – nicht viele genossen solches Ansehen und andere fühlten sich geehrt, dass jemand von ihrer Art mit ihnen feierte.

Elrond ergriff ihre Hand und hab sie seinem Gesicht entgegen. Ein flüchtiger Handkuss streifte Elennas Finger.

„Elenna“, rief der Elb, mit dem Arwen sich zuvor schon unterhalten hatte. Jetzt erkannte sie, dass es Elohir war, der ältere von Elronds Söhnen. Sein dunkles Haar reichte ihm beinahe bis zur Brust und er besaß ebenso strahlende braune Augen. Seine stolze Haltung verriet seine gute Erziehung und die edle Herkunft.

„Verzeiht“, sagte Elohir, „Ich bitte Euch, könnet Ihr vielleicht ein Lied aus Eurer Heimat singen. Das wäre eine hohe Ehre für mich und wahrlich auch alle anderen Anwesenden hier.“

Elenna konnte nicht anders ihn anzulächeln.

„Nun, wenn Ihr mich so darum bittet, dann werde ich die Geschichte von Earendil, unserem Geliebten Stern singen.“
 

‚Earendil hieß ein Schiffer kühn,

Der weilte in Avenien,

schlug Holz und baute sich ein Schiff,

Vom Nimbrethil auf Fahrt zu gehen.

Durch Immernacht trug’s ihn zurück

Auf tosend aufgetürmter See

Hin über lang versunkenes Land,

Von schwarzen Fluten überrollt,

Bis endlich er Musik vernahm

Und an der Erde Grenzen kam,

Wo ewig sanfter Wellenschlag

Gold an die Perlenküste spült.

Er sah dem Berg in Dämmergrau

Aufragend zwischen Valinor

Und Eldamar, im Lichte noch

Verblauen hinter ferner See.

Ein Wanderer, der Nacht entflohn,

Lief er endlich in den Hafen ein

Im Elbenlande weiß und grün;

Die Luft war mild, durchsichtig-blass,

Dem Hügel nah von Ilmarin,

Da spiegelte die Schattensee

Das Licht der Türme Tirions.

Hier ruhte er von Irrfahrt aus,

Hier lehrte man in Lied und Sang,

Und alle Märchen werden laut

Bei Harfenklang und goldnem Schall.
 

[…]
 

[Habe das Lieb mal bis auf die wichtigsten Passagen gekürzt… denke kaum, dass sich sonst jemand ein 3 Seiten langes Gedicht aus dem „Herrn der Ringe“ durchliest, oder? *g* Das gesamte Gedicht findet ihr im ersten Band, bei Elronds Rat. ]
 

In stummer Begeisterung standen die Elben und die anderen Gäste Elronds da und hatten Elenna Lied gelauscht, von Wohlbehagen erfüllt und Dankbar für dieses Geschenk der Sängerin. Schließlich begannen sie zu klatschen und Elenna verbeugte sich knapp, wie es die Form gebot.

Celebrían legte ihre Hand auf Elennas Oberarm, als Elronds Musikanten erneut mit einer lieblichen Melodie anfingen.

„Das war wundervoll“, lobte sie, „So wie Ihr Aman besingt, wird Eldamar wirklich die perfekte Welt sein. Ich freue mich darauf, sie irgendwann zu sehen.“

Der Abend wurde schön.

Elenna hörte alte, fast vergessene Lieder und Geschichten. Am Ende konnte sie sich kaum noch wach halten und doch fühlte sie sich glücklich und zufrieden.

Sie selbst erzählte, wie ihr Vater Feanor die Silmaril schuf, besang die großen Taten von Beren und Luthien und das Klagelied der Tinúviel in den Hallen Mandos.

Sie berichtete vom Garten Loriens, den Weiden Yavannas und dem Palast der Sternengöttin Varda.

Und während der Horizont sich gelblichrot verfärbte, drängte man sie erneut, mit ihnen zu singen.
 

‚A Elbereth Gilthoniel,

silivren penna míriel

o menel aglar elenath!

Na-chaered palan-dóriel

O galadhremmin ennorath,

Fanuilos, le linnathon

Nef aear, sí nef aearon!‘
 


 

Anmerkungen:

* Menelvagor ist der Elbische Name für das Sternbild „Orion“!
 

*** FORTSETZUNG FOLGT ***

Elennas Interlude Teil 2

Dieses Interlude beinhaltet eine Erklärung des Charakters "Elenna", welche in meiner Fiction nun ein größere Rolle bekommt. Charadesigner und Autor dieses Interludes ist Ihu_laSeraphita.
 

Auf der Straße nach Bree
 

Elenna erlebte noch viele solcher Festlichkeiten, bei denen die Elben Bruchtals zusammen kamen und sich immer wieder von neuem an den Geschichten der Ahnen ergötzten und beim Klang einer Harfe und einer reinen Stimme den Frieden dieser Welt erfuhren.

Auf den Winter folgte der Sommer und auf diesen ein weiterer Winter.

Celebríans Gesundheit ließ immer mehr nach, bis sie schließlich eines Tages doch zu den Grauen Anfuhrten loszog.

„Ich werde mir nun Eure Welt ansehen, Elenna“, hatte sie zum Abschied gesagt, „Denn Ihr kennt die meine. Möget Ihr Glück, Frieden und Liebe in dieser Welt finden!“

Reisende kamen und gingen in Imladris und in einer Zeit von drei Jahren, verfasste Elenna Bücher als Dokumentation über die Wege der alten Noldor. Ein sehr erträgliches Geschäft, wie sie bald feststellen durfte, denn sie kopierte und verkaufte die Schriften an viele Interessenten von überall her.

Schon bald fand sie Freude daran, die Jüngsten Bruchtals zu unterrichten und die Kinder lauschten ihr aufgeregt, wenn sie in ihr Heim kamen, um zu lernen. Sie selbst hatte keine Kinder und war das jüngste von Feanors Kindern gewesen. Nie hatte sie Zeit gehabt, ein Kind zu sein, so schnell musste sie erwachsen werden. Daher genoss sie das Zusammensein mit diesen Elbenjünglingen, die noch so viel zu lernen hatten und wissbegierig in die Welt hinausgingen.

Manchmal, wenn die Kinder daheim blieben und Stille sich über Imladris senkte, saß Elenna am Fenster und ließ die sanfte Brise durch ihr Haar und über ihr Gesicht streichen und dachte an all die Freunde und die Familie, die sie verloren hatte. Manchmal drohte auch die Trauer sie ihrer zu wieder bemächtigen, doch sie drängte sie zurück zu einem Ort, an der sie ihr nichts mehr anhaben konnte.

An solchen Tagen der Einsamkeit nahm sie Pergament, Tinte und Federkiel und schrieb und dichtete über all das, was sie mit ihren sturmgrauen Augen schon gesehen hatte.

In ihrem Haus wuchs ihre private Bibliothek ständig und das Archiv in Bruchtal wurde beinahe zu ihrem Zweiten Zuhause.

Die Zeit flog so schnell vorüber, dass Elenna nicht mal die Möglichkeit hatte wahrzunehmen, was sich in der Welt abspielte.
 

~*~*~
 

Das Zischen der Klingen erfüllte die Luft über dem Übungsplatz am Rande von Bruchtal, als die Elben sich im Herbst einander im Bogenschießen und manche im Schwertkampf übten.

Elrond und Maikaturiel, eine junge Elbe, die seit kurzem in Elennas Diensten stand, standen mit ihr bei Glorfindel in einer Baracke in der Nähe und betrachteten das Schauspiel.

Glorfindel war erst vor einer Woche von einer langen Reise zu den Grauen Anfuhrten wieder gekehrt und war in letzter Zeit damit beschäftigt gewesen, diese jungen Elbenschüler und die Pferde von Bruchtal zu versorgen, gerade so, als würde die Welt aufhören sich zu drehen, wenn er nichts tat.

Er hatte sie mit einem warmen Kräutertee an diesem kühlen Herbstnachmittag in Empfang genommen und hatte sie zu einer Fensterfront geführt, die ihnen einen vorzüglichen Blick auf den Übungsplatz darbot.

Während der Elb mit dem Herrn von Bruchtal über seine Reise redete und von einer weiteren Elbe namens Morsoniel einige Kleinigkeiten zu Essen herrichten ließ, besah sich Elenna die Kämpfer auf dem Platz.

Die Schwertkämpfer waren eine Minderheit, aber das waren sie schon immer gewesen, zumindest unter den Elben.

Doch einer von ihnen war besonders talentiert, was das anging.

Er hatte dunkelbraune Haare, die hinten zu einem Zopf zusammen geschnürt waren und wie eine dünne Schnür über seinen breiten Rücken hinabfielen.

Das Haar glänzte vor Schweiß in der niedrigen und kalten Sonne, die nur hier und da durch den grauen Schleier am Himmel drang. Seiner Kleidung – einem recht dicken Kampfanzug – hatte er sich teilweise entledigt um seine Waffen besser führen zu können.

Er bewegte die Klinge seines Schwertes sehr geschmeidig und bewegte sich im Kampf elegant, als wäre er Orome der Schmied selbst.

„Wer ist das?“ fragte sie, als Elrond und Glorfindel beide ihre Blicke auf sie heftet, wie sie da stand und diesen einen Kämpfer beobachtete.

Glorfindel räusperte sich ausgiebig.

„Sein Name ist Avathar“, antwortete der Elb knapp, „Er ist noch sehr jung und idealistisch, ist auf dem besten Wege Schmied zu werden. Es geht kaum ein Tag vorüber, an dem er nicht hier trainiert.“

Elenna nickte abwesend.

Avathar hatte ein fein geschnittenes Kinn, hohe Wangenknochen und eine gerade, jedoch ein wenig zu große Nase. Er war recht attraktiv, aber noch sehr jung und seine Jugend sprach ihm aus den Zügen.

„Aber ihr seid nicht hergekommen, um euch meine Schützlinge anzusehen, nicht wahr?“, fuhr Glorfindel, nun an Elrond gewandt fort.

Elrond schüttelte belustigt den Kopf.

„Nein, wahrhaftig nicht. Aber wenn man es genau nimmt, sind wir bloß hier, um einen Freund zu besuchen. Du hast sicher viel zu berichten, von deiner langen Reise, mein lieber Glorfindel!“

„Gewiss, gewiss“, meinte dieser mit einem milden Lächeln auf den Lippen und wandte sich mit Elrond gemeinsam ab, um ihn eines der Empfangszimmer zu bringen.

Maikarturiel verharrte in einigen Metern Abstand im Raum und sah Elenna prüfend an, als wolle sie herausfinden, warum ihre Herrin den anderen nicht folgte.

Diese wiederum war in Gedanken. Irgendetwas war mit Avathar. Und etwas sagte ihr, daß sie noch mit ihm zu tun haben würde, in welcher Weise auch immer. Die Frage war nur, zum Guten oder zum Schlechten.

Auf dem Trainingsplatz schlug Avathar seinen Gegner, einen größeren, blonden, aber sehr drahtigen Elben, indem er ihm die Spitze seiner Schwertklinge ans Kinn hielt.

Er hatte die Zuschauerin bemerkt. Und er wusste auch, wer sie war. Aber ihre Gedankenverlorene Art am Fenster zu stehen und den Ereignissen teilnahmslos zu zusehen, amüsierte ihn.

Er sah, wie Elenna sich abwandte. Es war möglich, dass dies das einzige Treffen mit ihr bleiben würde. Aber wer wusste schon, was die Zukunft brachte. Er würde es sehen...
 

~*~*~
 

Elrond hatte sie in sein Haus gebeten.

Die Kirschbäume in seinem Garten blühten und die ersten Blätter rieselten im sanften, warmen Frühlingswind zu Boden, als Elenna an jenem Brunnen saß, an dem sie sich vier Jahre zuvor niedergelassen hatte, um von Elrond empfangen zu werden.

Und so stand heute auch wieder der Herr von Imladris in seinem Wintergarten, mit einem Kelch aus Elbenglas in seinen Händen und in ein matt-violettes Gewand gekleidet.

Doch diesmal war er nicht allein. Aragorn stand bei ihm und verbeugte sich tief vor der Elbe, als sie zu ihr an den Brunnen traten.

„Elen síla lumenn‘ omentielvo, Frau Elenna“, begrüßte er sie höflich.

Elenna lächelte ihn an und verbeugte sich ebenfalls leicht vor dem Dúnedan.

„Alae, Elessar!“

Elessar – das war Aragorn Name bei den Elben, was der „Elbenstein“ bedeutete. Und so wie sie mit Elenna angeredet wurde, tat sie es ihm gleich.

„Was macht Eure Arbeit, Elenna?“ frage Elrond ohne Einleitung. In den letzten Jahren hatte sich bewiesen, dass Elrond ihre Arbeit bewunderte und hatte ihr sämtliche Hilfe angeboten, die der Herr von Bruchtal anzubieten hatte. Er hatte so gar eine Marmorplatte von den Eisenhügeln herschaffen lassen, damit Elenna ihm – im Tausch gegen ein kleines Vermögen – eine Karte von Aman in den Stein meißelte. Dabei hatte er es ihr wiederum nicht an Ansporn fehlen lassen und manchmal hatte er des Abends Aragorn und seine Tochter Arwen herbei gerufen, um mit ihm und Elenna zusammen ein wenig zu plaudern.

In diesen Zeiten hatte sich Elenna beinahe wie ein Teil dieser Familie gefühlt – denn dies war die einzige Familie, zur der sie solch engen Kontakt pflegte, seit sie ihre Heimat verlassen hatte.

„Ich bin gerade damit beschäftigt, die Etappen meiner langen Reise nieder zu schreiben. Leider bin ich erst bis zu meiner Ankunft auf Númenor vorgedrungen“, erklärte sie und kam noch einige Schritte auf Aragorn und Elrond zu.

„Nun“, begann Aragorn wieder, „Vielleicht, Frau Elenna, hättet Ihr Interesse an einem weiteren Kapitel.“

Sie runzelte die Stirn und sah den Mann eingehend an.

„Was meint Ihr damit, Elessar?“

Elrond derweil schritt in würdevoller Haltung zu einem Tisch im Freien hinüber und goss sich und auch seiner Besucherin ein Glas Elbenwein ein. Es war offenkundig, dass er mit Aragorns Plan vertraut war, denn sonst würde er Einspruch erheben oder zumindest dafür sorgen, dass man seinen Rat einholte.

„Ich dachte mir, da Ihr ja eine belesene und weit gereiste Frau seid, dass ich Euch vielleicht auch einmal das Land Eriador zeigen könnte.“. erklärte Aragorn höflich und bemühte sich sichtlich, der weisen Elbe Respekt zu zollen.

Elrond kam nun wieder zu ihnen hinüber und reichte den anderen beiden jeweils ein Glas, bevor er begann genüsslich sein eigenes Getränk zu verzehren.

„Ich habe bereits mir Herrn Elrond darüber gesprochen“, sprach Aragorn weiter und machte eine wage Handbewegung in Elronds Richtung „Und die Dúnedain wären geehrt, Euch zu treffen.“

Elenna unterdrückte krampfhaft, dass ihr die Röte auf die Wangen trat und sie hoffte inständig, dass ihr Gesicht nicht so heiß wirkte, wie es sich plötzlich anfühlte.

„Ich danke Euch, Aragorn“, nannte sie ihn nun beim richtigen Namen, „Und vielleicht ist es keine so schlechte Idee, wieder einmal die Welt zu betrachten.“
 

~*~*~
 

Sie trug einen Brauen Anzug und einen schwarzen Gürtel mit einem langen, wallenden, tarnfarbenen Mantel zu schwarzen, hochgeschlossenen Stiefeln.

Das hellblonde Elbenhaar war zu einem dicken Zopf im Nacken geflochten und fiel ihr über den Rücken als ein gebündelter Strang.

Aragorn war ähnlich gewandet und stand mit ihrem treuen Ross Angalos und seinem eigenen Pferd nahe bei der Treppe vor Elronds Haus. Ihr weißes Pferd schillerte im Licht, da seines von braunschwarzer Farbe war, doch ebenso stolz und noch um einiges größer.

„Ich denke, die beiden werde sich vertragen“, erklärte Aragorn, als Elenna zu ihm trat und still beobachtete, wie der Dúnadan mit den Pferden umging.

Elenna trat die letzten Stufen hinunter und nahm Angalos Zügel, der sie wiederum sanft mit seinen Nüstern im Gesicht berührte und leise und glücklich wieherte.

Sie flüsterte Angalos in der Elbenzunge in eines seiner weißen Ohren und strich seine sorgfältig gepflegte Mähne beiseite, so dass sie in der Sonne glänzte und silbernes Licht zurück warf.

Aragorn überließ ihr das Pferd und nahm die Zügel seines Hengstes zur Hand.

Mit einer eleganten und fließenden Bewegung erhob sie sich auf den Rücken von Angalos und lächelt auf Aragorn hinab, der stumm ihren Blick erwiderte und dabei ganz vergaß die Hand zu senken.

„Folgt mir bitte, Frau Elenna“, gestand er und bestieg sein eigenes Ross.

Er nahm die Zügel fest ihn die Hand und wandte das Pferd auf der Straße nach Westen.

Ohne jegliches Wort zu wechseln ritten sie los und durchquerten still noch einmal die Straßen im Westen von Imladris. Langsam zogen die Häuser der Hochelben von Bruchtal an ihnen vorbei und schienen zu zeitlos zu sein, wie die Welt der Valar.

Erst, als sie die Furt hinter sich gelassen und den Bruinen, in der Sprache der Menschen die Lautwasser, erblickt hatten, gaben sie beide ihren Pferden die Sporen und gingen in einen gemächlichen Galopp über.

Bald ließen sie zu ihrer Rechten, im Norden der Großen Oststraße die Trollhöhen hinter sich und setzten langsam auf die Wetterberge zu.

Einige Meilen vor der Letzten Brücke verlangsamten sie ihr Tempo wieder und die Pferde schienen nach einem solch langem und anstrengend Ritt dankbar dafür.

Elenna – die wie jeder Elb ohne Geschirr ritt – saß ab und ging einige Schritte über den Kiesboden, der mit Morast und den brauen Blättern des vergangenen Herbstes bedeckt war.

„Ich denke“, begann Aragorn, „weiter sollten wir heute nicht mehr reiten. Vor Trollen werden wir uns hier nicht mehr fürchten müssen und ich glaube, wir haben uns beide eine Pause verdient.“

„Und diese beiden hier erst recht“, stimmte Elenna zu und strich über Angalos Schnauze.

Sie und Aragorn hatten während des Rittes nicht viel geredet, aber wenn, dann recht herzlich. Er hatte ihr von der hübschen Frau Arwen erzählt und von ihrer Vermählung in Lothlorien. Sie wiederum hatte von ihren Arbeiten erzählt und von ihrem Lebensabschnitt im versunkenen Númenor.

Sie ließen die Pferde auf einer nahen Grasfläche weiden, während Elenna das Lager aufschlug und Aragorn umherwanderte, Spuren las und schließlich mit etwas Feuerholz zu ihrem Rastplatz unter einer alten Buche zurückkehrte.

„Keine Trollspuren in dieser Gegend“, berichtete er, „Ich schätze wir werden und keine Sorgen machen müssen, diese Nacht.“

Er legte das Holz in eine Freie Stelle inmitten ihres Lagers und entzündete langsam eine klein-flimmernde Glut.

„Ich bin dafür, dass wir gleich morgen weiter ziehen“, meinte Elenna, „Derjenige, der als erstes erwacht, weckt den anderen. Ich werde sehen, ob ich etwas Frühstück zubereiten kann.“

„Gestattet mir die Frage, aber Kochen ist nicht eine Eurer Stärken, oder, Elenna?“ fragte er und setzte dabei ein fast schelmisches Lächeln auf, das Elenna bestätigte, weshalb sie ihn sehr gut leiden konnte.

Als Antwort erhielt er ein fast resignierendes Seufzen.

„Es scheint bei weitem so, aber Kochbücher sind in meiner Bibliothek wahrlich nicht oft zu finden“, erklärte sie und sah nach Westen, wo langsam die Sonne hinter dem Rand der Welt verschwand und nun ihre Heimat in der Westernis mit Licht erfüllte.

Aragorn setzte sich zu seinem Gepäck und legte sein Schwert nahebei unter ein Tuch, um es immer griffbereit zu halten. Dann zog ein Bündel hervor und wickelte e aus.

„Lembas“, sagte Elenna, als sie es sah, „Eine Wegzehrung aus Lorien!“

Er nickte und reichte ihr ein Stück.

„Ich kann Euch versprechen, dass, sobald wir in Bree sind, ihr wahrlich besser speisen werdet!“ gelobte Aragorn und nahm einen Bissen von dem Brot, dass einem Kraft für eine ganze Woche gab und eine angenehme Frische durch sämtliche Glieder schickte.

Auch Elenna reichte er ein Brot und sie riss eine kleine Ecke davon ab und legte sie sich auf die Zunge.

Beide tranken sie einige Schlucke und beobachteten schweigend das Firmament über ihnen und das stille und dunkle Land ringsum. In keiner der Himmelsrichtungen ließ sich etwas ausmachen und auch kein Geräusch dran zu ihnen hinüber. Eine fast vollkommene Nacht war herein gebrochen.

Schließlich legte Aragorn seinen Becher bei Seite und legte sich hin, während ihr kleines Feuer langsam verging.

„Morgen werden wir an den Wetterbergen vorbeikommen“, erklärte er und seine Stimme wurde von einem Fell, das er als Decke gebrauchte, gedämpft, „Ruht Euch aus, denn wenn wir uns beeilen, können wir in einigen Tagen in Bree sein.
 

~*~*~
 

Es geschah auch so, wie Aragorn es vorher sagte.

Am zweiten Tag, gelangten sie zu Ross in Sichtweite der Wetterberge und sahen den Amon Sûl, wie er sich majestätisch n die Höhe ragte.

Am östlichen Fuße der Wetterberge lagerten sie bei Anbruch der Nacht erneut.

Der Abend unterschied sich kaum vom vorherigen und auch diesmal schlief Aragorn vor der Elbe, die ihn begleitete.

Selbst die dritte Nacht war ruhig, die sie auf der anderen Seite der Wetterberge verbrachten.

Und schließlich, nach fast einer Woche Reise, als ihre Lembas Vorräte und auch das Wasser langsam zur Neige gingen, gelangten sie, vorbei an den Mückenwassermooren im Norden, ins Land um Bree.

Im Schatten der Bäume des Chetwaldes saßen beide ab und nahmen ihre Pferde an den Zügeln.

Langsam und würdevoll verließen sie den Wald und erreichten das Osttor der Stadt Bree.

Als sie ihre Füße auf die grob gepflasterte Straße vor dem Tor setzten nieselte es ein wenig und von ihren grünbraunen Mänteln perlten kleine Tropfen ab und glitten zu Boden. Elenna spürte Aragorns Zügel in ihrer Hand, als er sie ihr übergab, zum Tor hinüber schritt und mit erhobener Faust dagegen klopfte.

Die Stadtmauer war etwa drei bis vier Meter hoch und bestand aus massivem Holz. Die Tür war eindeutig etwas kleiner und besaß zwei kleinere Fenster. Eines davon auf Augenhöhe von Aragorn und Elenna und ein weiteres auf halber Höhe, etwa 3 Fuß über dem Boden.

Und noch während Elenna das zweite Fenster betrachtete, öffnete sich das obere von beiden und ein alter, griesgrämig wirkender Mann schaute durch einen schwarzen Kapuzenmantel auf die Straße.
 

~*~*~
 

Aragorn hielt ihr die Tür weit auf und sie betrat das Gasthaus, das von Außen ganz freundlich wirkte.

Im Inneren war eine Schar Männer um die Theke versammelt und tranken aus großen Krügen, lachten, mal freundlich, mal amüsiert, mal anzüglich und mal hämisch.

Viele Redeten auf dem Wirt ein, der jedes Mal in einem Redeschwall antwortete, der selbst den Gesprächigsten den Nerv töten konnte.

„Das ist Gerstenmann Butterblüm“ erklärte Aragorn von hinten leise, während einige Halblinge um sie herum schlichen und nach draußen verschwanden.

Butterblüm musste sie anscheinend durch die Menge hin gesehen haben, denn er warf ihr einen anzüglichen und Aragorn einen finsteren Blick zu.

„Er scheint Euch nicht zu mögen“, flüsterte Elenna.

„Er mag mich nicht, weil ich ein Waldläufer bin, wie sie es hier im Breeland nennen“, erklärte Aragorn und führte sie zu einer Nische im Hinteren Teil des Gasthauses.

Aragorn nahm ihren Mantel und faltete ihn sauber zusammen, legte ihn auf einen Stuhl und faltete seinen daneben zusammen.

Sie nahm Platz und sah, wie Butterblüm ihnen entgegen kam.

„Was darf ich den Herrschaften bringen?“ fragte er mit einer rauen und tiefen Stimme, die aus einem Mund kam, den Elenna unter seinem buschigen Bart nicht ausmachen konnte.

„Zwei Met“, erklärte Aragorn kurz und sachlich, doch unter seinem Anzug hatte eine Hand an den Schaft seines Schwertes gelegt.

Als Butterblüm sich entfernte, sah Elenna ihren Begleiter mit einem Seitenblick an und fragte mir gespielt-koketter Stimme, „Weshalb die Feindseligkeiten, Estel?“

Aragorns Blick traf ihren, doch er erwiderte nicht. Seine Haltung sagte ihr, dass er keinen konkreten Grund außer eigenem Selbstschutz vor diesen Wesen hatte.

„Ihr solltet etwas Vertrauen in diese Wesen haben, Ihr werdet überrascht sein“, meinte Elenna mit weisem Tonfall.

„Es ist nicht so, dass ich ihm Feindseligkeit entgegen bringe“, sagte Aragorn ruhig, „Aber diese Zeiten sind gefährlicher als Euch klar ist, Frau Elenna, und ich möchte ihn schützen. Aber hütet Euch, er redet sehr viel, wenn man ihn einmal dazu ermutigt hat!“

Sein Blick löste sich von ihrem Gesicht, als Butterblüm erneut heran eilte, mit zwei großen Bierkrügen auf einem Holztablett.

Ihr entgingen nicht die neugierigen Blicke, die Butterblüm ihr zuwarf, anscheinend interessierte es ihn sehr, wenn ein neuer und fremder Gast sein Gasthaus betrat. Doch Elenna zog es vor, sich seinen Reden zu entziehen und nahm ihr Getränk lediglich dankend in Empfang.

Wieder entfernte sich der Wirt und die Elbe und ihr menschlicher Begleiter tranken schweigend einige Schlücke. Das Bier war sehr herb und sie schmeckte den Hopfen deutlich heraus. Aber schlecht war es gewiss nicht.

Die Tür des „Tänzelnden Ponys“ ging erneut auf und ein alter Mann mit einem Spitzhut trat ins Gasthaus.

Elenna bemerkte ihn zunächst nicht, nur die Anwesenheit eines vertrauen Geistes machte sie auf das Geschehen im Lokal aufmerksam.

Sie hörte wie Butterblüm laut lachte und dann zu ihrem Tisch hinüber eilte.

„Ich gratuliere“, sagte er, „Ihr habt sehr... überzeugende Freunde!“

Mit einer Handbewegung in Richtung des neuen Gastest verließ er sie wieder.

Elenna sah den alten Mann mit dem langen Grauen Bart und Haar und einem Stock der Istari einige Sekunden an.

„Olòrin!“ rief sie dann, stand auf und kam auf dem Zauberer zu.

„Nae saian luume' (Es ist zu lange her), Elenna, meine alte Freundin. Schön zu wissen, dass es auch noch andere Geschöpfe auf Arda gibt, die mich noch aus meiner Jugend kennen“, erwiderte der Mann und legte einen Arm um ihre Schulter zur Begrüßung.

Auch Aragorn hatte sich erhoben und war an sie heran getreten.

„Alae, Gandalf!“ begrüßte er den Zauberer.

„Ja, ich sehe, ihr kennt euch bereits“, meinte er und sah mit einem freundschaftlichen Lächeln von Aragorn zu Elenna.

Der alte graue Zauberer war ihnen beiden sehr vertraut. Elenna hatte in ihrer Kindheit in den Unsterblichenlanden sehr oft mit dem mächtigen Istari zu tun gehabt und hatte ihn beinahe so sehr ins Herz geschlossen wie ihre Schwester. Er war stets ihr Freund gewesen und er würde es immer sein.

Aragorn hingegen hatte den Istari erst hier in Mittelerde getroffen und pflegte eine ebenso tiefe Freundschaft zu Gandalf wie Elenna. Doch er war ein Mann und sie eine Elbenfrau. Elennas Beziehung zu Gandalf würde immer tiefer und inniger sein als die eines anderen.

Der Zauberer setzte sich zu ihnen an den Tisch.

Er schien erfreut, seine alte Freundin wieder zu sehen, denn sie hatten sich seit fast 7000 Jahren nicht mehr in die Augen blicken können.

Das Gespräch war zunächst recht heiter und entspannt. Gandalf und Aragorn machten sich einen Spaß daraus, ihr von den Halblingen, den Hobbits, und ihren außergewöhnlichen Bräuchen, wie zum Beispiel dem Pfeifenkraut zu erzählen.

Elenna für ihren Teil hörte aufmerksam zu, denn zu diesem Zweck war sie schließlich mit dem Dunedain–Fürsten nach Eriador gekommen.

Doch irgendwann wurde Gandalf sehr merkwürdig, als würde ihn etwas bedrücken. Elenna hatte es immer gespürt, wenn der Zauberer Sorgen hatte.

Sie sah ihn mit ihren nebelgrauen Augen forschend an und hörte auf, an einer Strähne ihres malzfarbenen Haares zu spielen.

Gandalf runzelte die Stirn, denn er konnte ihren eindringlichen Blick deutlich spüren.

Auch Aragorn wurde still, als seine Gefährten nicht mehr sprach und sah zu erst die Elbe und dann den alten Mann an.

„Die Lage ist ernster als ihr denkt. Oder zumindest als du denkst, Elenna“, begann Gandalf, „Du warst immer sehr zuversichtlich und gutgläubig.“

„Worauf willst du hinaus, Olòrin?“ drängte Elenna nun.

Wie als Antwort zog Gandalf einen Brief mit seinem Siegel, einer Elbenrune, aus seinem weiten, grauen Mantel, in den er sich zu hüllen pflegte.

„Der hier ist geht zu den Truchsessen von Gondor. Noch habe ich nicht alle Teile dieses Puzzles zusammen gesetzte, doch ich glaube, dass etwas Schlimmes im Gang ist, von dem die Welt noch keine Ahnung hat.“

Elenna starrte Gandalf für eine Sekunde an.

„Wie meinst du das nur, Olòrin?“

Aragorn sah Elenna für einen Moment prüfend an.

„Ich kann dir nicht alles sagen“, flüsterte Gandalf, „ Das tut mir leid, aber es ist zu deinem Schutz. Es wird sicher Krieg geben!“

Er warf den Gestalten in der Kneipe einige Blicke zu als befürchtete er, man könnte ihn belauschen.

„Es war schön dich wieder zu sehen, aber ich würde es vorziehen, wenn du wieder weg gehst von hier. Meinetwegen nach Aman, aber bleibe nicht hier, Elenna!“ erklärte Gandalf leise und hastig, was für ihn recht untypisch war.

Elenna verstand nicht recht. Er wusste, dass sie in der Lage war, sich selbst zu schützen, doch andererseits erinnerte sie sich wie grausam und blutig die Schlacht in Mordor damals gewesen war, wo die Asche wie schwarzgrauer Schnee vom Himmel fiel.

Als die Elbe lange Zeit stumm blieb ergriff auch Aragorn erneut das Wort.

„Hört und tut war es Sagt, Frau Elenna!“ sagte er, „Ich wusste nicht, dass es Grund für solche Vermutungen gibt, ansonsten hätte ich Euch bei Meister Elrond in Imladris gelassen, wo Ihr sicher seid.“

Immer noch schwieg Elenna und betrachtete Aragorn genau. Sein kantiges Kinn, seine langen Haare, sein brauner Bart.

Schließlich seufzte sie resignierend uns ließ ihre Schulter vornüber sinken.

„Vielleicht habt ihr beide Recht. Aber ich könnte helfen bei diesem Krieg!“

„Du bist Gelehrte und keine Kriegerin wie deine Schwester, Elenna“, sagte Gandalf, als er ihr eine Hand auf die Schulter legte du sie unterbrach, „Dein Wissen ist so etwas wie ein lebendes Archiv. Wenn du sterben würdest wäre vieles verloren, das einst war. Rette dich!“

Traurig sah Elenna auf den Bierkrug vor ihr. Ihre Gedanken jagten sich, bis Gandalf ihr die Entscheidung abnahm und aufstand.

„Komm schon, Elenna, du weißt, dass ich Recht habe!“

Sie nickte schweigend und erhob sich, „Ja, in der Tat, das weiß ich. Lasst uns gehen. Ich muss Angalos noch reisefertig machen.“
 

~*~*~
 

Draußen war es nun stock finster, doch noch immer irrten im Nieselregen einige Wesen durch die Strassen.

Elenna zog ihren Mantel enger um sich, als sie vor dem Osttor der Stadt auf ihr Pferd stieg.

„Ich wünsche Euch alles Gute“, sagte Aragorn, der neben ihr stand und noch die Zügel von Angalos hielt, „ Es war eine Ehre Euch zu treffen und ich wäre erfreut, wieder die Ehre Eurer Gegenwart in Anspruch zu nehmen!“

Er verbeugte sich und Elenna, die auf ihrem Pferd saß, neigte den Kopf vor dem Fürsten.

„Es war mir ebenfalls eine Ehre, Aragorn, Arathorns Sohn!“ sagte sie und wandte sich an Gandalf, der nun hinzu trat. Sie nahm seine Hand und drückte sie kurz, „Ich hoffe, dass war nicht das letzte Mal, dass wir uns gesehen haben in so vielen Jahren!“

„Nein, sicherlich nicht, Elenna. Ich kann es spüren! Alles Gute!“

Sie erwiderte den Gruß mit einem warmen Lächeln, nahm die Zügel und ritt durch das Osttor davon: „Aa' menealle nauva calen ar' malta (Mögen deine Wege immer grün und golden sein)“

“Lissenen ar' maska'lalaith tenna' lye omentuva, Elenna (Süßes Wasser und helles Lachen für dich, bis wir uns wieder sehen, Elenna!)”
 

~*~*~
 

Die Bäume schienen ihr nachts dichter als am Tage.

Und der Regen milderte diesen Eindruck nicht sonderlich.

Nachdem sie Bree hinter sich gelassen hatte, war sie nicht wie mit Aragorn durch den Chetwald direkt zurückgekehrt, sonder ritt eine Weile Richtung Süden, um dem Wald zu entkommen.

Doch selbst vom Waldrand aus, ragten die Bäume gewaltig und Furcht einflößend in die Höhe, wo sie einem dunklen, grauschwarz und blauem Himmel entgegen wuchsen.

Angalos ritt schnell und der Regen peitschte Elenna unter ihrer Mantelkapuze hart ins Gesicht, so dass dann und wann ihre Sicht verschwamm und sie den Weg nicht richtig erkennen konnte.

Angalos machte in dieser Zeit seinen Weg selbst und ritt manchmal recht mutwillig über den einfachsten Weg ohne zu wissen, ob dieser Weg sie nicht in größere Schwierigkeiten bringen könnte.

Elenna fragte sich, was Olòrin so sehr dazu bewegt hatte sie noch heute und bei diesem unglaublichen Unwetter los reiten zu lassen.

Nach einiger Zeit blieb Angalos stehen und wieherte.

Es war offensichtlich, dass er etwas wahrnahm, dass ihn Angst einjagte und verunsichert blickte Elenna in die dunkle Gegend.

Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie in ihrer Eile die rettende Oststraße bereist hinter sich gelassen hatte und zu weit in den Süden gekommen war.

Durch das laute Prasseln des Regens, der klatschen in dem weichen und schlammigen Boden versickerte, lauschte sie und konnte selbst ein tiefes Brummen hören, das sich mit einem keuchenden Atem vermischte.

Starr vor Schreck saß sie auf Angalos, der ebenfalls sich kaum rührte und in dieselbe Richtung wie seine Herrin sah.

Dann zeichnete sich ein großer Schatten einige hundert Meter vor ihnen auf dem Pfad ab, den sie genommen hatten. Er war größer und dunkler als das Gebüsch umher und wesentlich Furcht einflößender.

Elenna nahm die Zügel fest und gab Angalos die Sporen. Ihr Pferd sprang ängstlich hervor, hinunter von dem Pfad und hinein ins Dickicht.

Elenna spürte, wie ihr Ross panisch den dich bewachsenen Abhang hinunter pretschte.

Ihr schlugen Äste gewaltsam ins Gesicht und sie hielt schützend ihren linken Arm vor ihr Gesicht.

Dann erreichte Angalos einen weiteren Pfad, der kleines, schlammiger und unbenutzter war, als der vorherige.

Doch Angalos hielt sich nicht dort, sondern ritt Richtung Westen weiter, bis ein Scharren von Füßen auf dem Pfad zu hören und zu spüren war.

Dann riss Elenna treuer Freund erneut nach links in Gestrüpp aus.

Unbeherrscht wurde das verschreckte Pferd noch schneller, doch der neue Abhang war noch steiler als der ersten und das Geäst war weitaus dichter.

Überrascht wurde Elenna von einem Ast, an dem ihr Mantel hängen blieb.

Als Angalos den Widerstand spürte, warf er seine Herrin kurz entschlossen ab. Mit einem Aufschrei prallte Elenna auf den Waldboden, als der Mantel riss und stürzte schmerzhaft den Abhang hinunter.
 

~*~*~
 

Das nächste was sie spürte waren warme Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Der Sturz war vorüber und sie lang am Rande eines Kiesweges auf alten, braunen Blättern, die die Bäume in den vergangenen Jahren im Herbst verloren hatten.

Sie war – was einem Wunder gleichkam – beinahe unversehrt, bis auf eine lange Schramme an ihrem rechten Arm, als ein Ast dort die Haut aufgerissen hatte un einigen Schürfwunden an den Wangen.

Sie fragte sich, wie lange sie schon dort liegen mochte. Von Angalos war keine Spur zu sehen und auch war ihr der bedrohliche Schatten nicht gefolgt. Sie musste geschlafen haben, denn sie fühlte sich ausgeruht, auch wenn sie unbequem gelegen hatte.

Sie stützte sich auf ihre Arme und spürte in ihnen den Schmerz, wie bei einem leichten Muskelkater. Auch ihr Magen meldete sich.

Vorsichtig stand sie auf und belastete beide Füße. Dann suchte sie nach ihrer Umhängetasche. Wenige Meter lag sie, ebenfalls unversehrt und noch mit ihrem kompletten Inhalt.

Daraus entnahm sie das Lembas, das sie mitgenommen hatte. Es war nicht mehr viel da, nicht einmal genug, um ihren Hunger zu stillen.

Still aß sie den Bissen und sammelte sich.

Sie blickte die Straße auf und ab und entdeckte an einem Ast ihren Silberbogen und den Köcher, den sie mitgenommen hatte. Sie kletterte behände den Abhang hinauf und pflückte die Sachen von den Ästen hinunter. Allerdings musste sie feststellen, dass einige der Pfeile fehlten. Sie hatte nur noch drei übrig, drei Schuss, um einen Feind zu töten, wenn er sie angriff. Pfeifend heulte der Wind umher und sie wusste, sie durfte nicht lange verweilen und musste so schnell wie möglich nach Imladris zurückkehren.

Den zerschlissenen Mantel legte sie ab und machte sich auf den Weg nach Osten die Straße hinunter.

In den Pfützen, die sich nach dem großen Regen gebildet hatten, betrachtete sie dann und wann ihr Gesicht. Sie sah verhärmt und ein wenig erschöpft aus, doch sie missachtete die Zeichen des Schmerzes, die ihr ihr Körper sandte, während sie weiter gen Osten ging. Sie knotete ihr Haar im Lauf neu, damit es ihr nicht immerzu in die Stirn fiel.

Sie ging sicherlich schon zwei oder drei Stunden auf der unbekannten Strasse entlang, sich nicht sicher, ob es auch die richtige Richtung war oder ob sie weit von ihrem Pfad abgekommen war. Immer wieder sandte sie Stoßgebete zu Varda, damit sie ihr beistehe und ihr die Sterne in dieser Nacht den Weg weisen würden.

Lange Zeit passierte nichts, doch dann ereignete sich etwas Seltsames.

Eine Brücke kam in Sichtweite und Elenna beschleunigte Ihre Schritte ein wenig.

Sie eilte hinüber und blickte in das klare Wasser unter sich. Ihr kam dieser Fluss mehr als bekannt war, der von Norden sich gen Süden hinfort schlängelte. Die Weißquell.

Mit einem Lächeln füllte sie ihre Trinkflasche und zog weiter, als sich langsam die Sonne dem Abend entgegen senkte.

Obwohl sie nun wusste, dass sie den rechten Weg eingeschlagen hatte, bereiteten ihr die heraufziehenden Schatten neues Unbehagen. Was war, wenn man sie wieder angriff? Mit drei Schüssen würde sie keinen Troll niederschmettern können. Und schon gar nicht mehrere.

Sie trank aus der Feldflasche und beschleunigte ihre Schritte erneut, in der Hoffnung, bald den dichten Bäumen umher zu entkommen. Dann hörte sie es. Zunächst nur ein Rascheln im Gebüsch, dann deutliche Schritte und sie blieb wie erstarrt stehen und spähte mit scharfen Elbenaugen ins Zwielicht. Es klang wie die Laute ihres unbekannten Angreifers der vorherigen Nacht.

Ohne hinzusehen nestelte sie am Verschluss des Gurtes, mit dem sie den Langbogen umgeschnallt hatte und griff nach einem, der verbleibenden Pfeile.

Elenna hörte ihren eigenen Atem, wie sie ihn zuvor nur in der Schlacht gegen Mordor gehört hatte und das Blut rauschte ihr in den Ohren, während ihr Herz immer schneller gegen ihre Brust trommelte.

Sie schlich leichtfüßig vorwärts, dicht entlang der Bäume. Das Fußgetrappel kam jetzt näher. Es klang nach Tieren, die durch die Nacht galoppierten. Ein Zirpen, dann das ferne Wiehern eines Pferdes. Äste knarrten und brachen unter dem Gewicht von vorbeiziehenden und Elenna hoffte, sie würde unentdeckt bleiben.

Doch dann sah sie die Schatten vor sich. Einige huschten über die Straße, schneller, als sie es sehen konnte. Das Trommeln von Hufen wurde lauter und ein dunkler Reiter erschien auf der Lichtung, ein Schwert in der Hand.

Elenna zögerte nicht lange. Sie hatte nicht vor auf diese Art zu sterben.

Ihr Pfeil ging los und schoss mit der Schnelligkeit eines Blitzes auf den Reiter zu. Doch er war noch schneller als sie, denn der Pfeil wurde pariert von einem lässigen Streich seines Schwertes.

Er wendete sein Pferd und trapte auf Elenna zu, sein Gesicht unter einer Kapuze verborgen. Doch aus seiner Haltung konnte sie erkennen, dass auch er in die Dunkelheit spähte und nach ihr Ausschau hielt.

Elenna zog den zweiten Pfeil hervor, legte ihn an die straff gespannte Sehne und zielte diesmal auf seinen Kopf.

„Kommt nicht näher!“ rief sie in der Sprache der Menschen.

Erstaunt blieb der Reiter stehen und blickte in ihre Richtung. Er musste sie im Halbdunkel des abendlichen Waldes wohl endlich ausgemacht haben.

Dann lachte er laut und röhrend auf, als würde er sich köstlich amüsieren.

Verärgert spannte Elenna den Bogen nach weiter, bereit jede Sekunde erneut zuzuschlagen.

„Elen sila lumenn omentielvo! (ein Stern scheint über die Stunde unserer Begegnung)“, erwiderte der Reiter in exzellentem Sindarin, „Endlich können wir persönlich miteinander sprechen, Elenna Calaciryan!“

Er griff mit großen und behandschuhten Händen hinauf und strich seine Kapuze zurück, damit sie sein Gesicht sehen konnte. Und Elenna erstarrte erneut, diesmal aus freudiger Überraschung.

Sie blickte in ein jungenhaftes Gesicht eines heran reifenden Elb mit einer großen Nase und dunkelbraunem Haar. Derselbe junge Elb, den sie vor kurzem erst bei Glorfindel gesehen hatte.

„Avathar, richtig?“ sagte sie, ihn nicht aus den Augen lassend.

„Ja, sehr richtig. Aber ich fände es überaus liebenswürdig von Euch, wenn ihr den Bogen senken könntet!“ sagte er und ritt nun näher heran.

Elenna entspannte die Sehne und verstaute Pfeil und Bogen wieder auf ihrem Rücken.

„Was tut Ihr hier?“ fragte sie ihn.

„Nun, eigentlich war ich mit einem Trupp aus Imladris unterwegs. Einige Trolle treiben sich in der letzten Zeit herum und werden immer dreister. Ich habe nicht damit gerechnet euch hier zu sehen und offenkundig werdet ihr in Imladris nicht zurück erwartet!“

Elenna überlegte einen Augenblick, wie viel sie Avathar von ihrem Gespräch mit Gandalf und Aragorn preisgeben sollte. Am besten war, sie würde es für sich behalten.

„Ich musste meine Reise leider früher beenden als geplant. Angalos, mein Pferd, ist mir durchgegangen, als wir durch den Wald kamen.“

„Ja, das liegt sicher auch an den Trollen! Kommt, steigt hinter mir auf! Ich werde euch nach Imladris bringen. Meister Elrond wäre sicher sehr ungehalten, wenn ich ihm die hohe Frau Elenna nicht wiederbringe!“

Er lächelte und sie bekam den Eindruck, er würde sich über sie lustig machen und gleichzeitig verehren.

„Kommt schon“, sagte er noch einmal, als sie stumm blieb und ihn anstarrte, „Das sollte keine Beleidigung sein. Mir ist durchaus bekannt, dass die Intellektuellen Euch sehr schätzen. Und nun springt auf!“

Mit einer Mischung aus Widerwillen und Freude umklammerte Elenna also das Zaumzeug des Pferdes und schwank sich hinter Avathar auf den Rücken des Pferdes, da wendete er auch schon wieder und ließ sein Ross langsam vorwärts traben.

Es war eine merkwürdige Begegnung gewesen und Elenna konnte sich nicht erinnern, jemals einem ungestümeren Jungspund wie ihm begegnet zu sein. Doch letztendlich war sie dankbar, dass er sie gefunden hatte.

Und obwohl er sie noch dann und wann mit unreifen Sprüchen nervte und zur Weißglut trieb… als sie in Imladris ankamen und Elenna in ihr altes Leben zurückkehrte, wurde er langsam und allmählich zu einem guten Freund.
 

*** FORTSETZUNG FOLGT ***



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Kommentare zu dieser Fanfic (14)
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Von: abgemeldet
2006-06-17T11:06:51+00:00 17.06.2006 13:06
Schreib weeeeiiiter! Ich flehe dich an, schreib weiter!!! T.T
Ich bin so gespannt wie die Story ausgeht!!!
Aber da gibt es eine witzige Tatsache in deinen Chara-Beschreibungen: Das Bild für Anarore ist genau das gleiche, wie ich in meinem Steckbrief habe. Und in diversen Chats ist mein Nickname "Anarore". Ich dachte echt, mein Hamster (mein imaginärer ^^) jodelt, als ich das Bild und den Namen las...=)
Naja, echt geniale Story bisher, gefällt mir super. Auch dein Schreibstil! Beeil dich bitte, bitte, bitte mit dem nächsten Kapitel!
Von:  mitsuki11
2006-06-12T08:31:25+00:00 12.06.2006 10:31
Super Kapitel!!!!!
Man du kannst so toll schreien!
Bin gespannt wie es weiter geht und welche Gefahr es gibt!

Freue mich schon auf das nächste Kapitel! Hoffe es ist bald online!!

PS. Würde mich über eine ENS freuen wenn das neue Kapitel online ist!

LG
Mitsuki11
Von:  mitsuki11
2006-06-12T08:15:34+00:00 12.06.2006 10:15
Sehr schönes Kapitel!!!!
Freue mich das du weiter schreibst!!!

Liebe deine FF!

LG
Mitsuki11
Von:  mitsuki11
2006-02-09T10:59:51+00:00 09.02.2006 11:59
Super! Das ist ein klasse Kapitel!!
Ich bin froh das du wieder ein kapitel geschrieben hast!!!

Klasse!!!

Ich hoffe wir dürfen schon bald das nächste Kapitel lesen!!

Knuddel
Mitsuki
Von: abgemeldet
2006-01-20T04:31:36+00:00 20.01.2006 05:31
*schnauf*
Ich muss gestehen, diesmal fiel es mir ziemlich schwer dem Ganzen zu folgen...die Namen haben mich ganz schoen oft raus gebracht und so habe ich recht viel doppelt gelesen^^
Allerdings gab es da eine Stelle, aus der ich einfach nicht schlau geworden bin: Der Fuerst (sorry.. brauche noch etwas, bis mir die Namen wieder so gelaeufig werden) spricht mit dem aeltesten Sohn, dass er wuesncht, dass Legolas weggeschickt wird, da er seine Tochter (und jetzt meine Verwirrung) Anarore ( NICHT Anaryelde) an den Prinzen von Harlindon verheiraten moecht??????
Ansonstn bin ich voellig sprachlos... was fuer ein Meisterwerk!!!! Ich bin wirklich voellig hin und weg, wie gut du dich ausdrueckst und wie natuerlich die elbischen Dialoge eingeflochten sind!!!!
Bei Eru! Du bist wirklich unglaublich!!!!
Hoffe du schreibst bald weiter... Danke, dass du mir bescheid gesagt hast: jede Minute des Lesens hat sich gelohnt!!!

*knuddel*
Lady_of_Valinor
Von:  EdenBaker
2006-01-19T14:00:03+00:00 19.01.2006 15:00
Schönes Kapitel!!! Mach weiter so.
Von: abgemeldet
2005-03-18T20:10:42+00:00 18.03.2005 21:10
echt super geschrieben und vor allem möchte ich wissen wie's weiter geht, also schreib bitte schnell weiter!!!
Von: abgemeldet
2005-02-12T20:42:32+00:00 12.02.2005 21:42
Wow, das ist aber mal ein Kapitel!!!!
Wirklich seeeehr großes Lob!
Das war unglaublich beeindruckend und interesse-weckend geschrieben!!!!
Und so lang *freu*... ich hab das in einer Geschwindigkeit untergelesen, dass war echt unglaublich... es hat mir also verdammt gut gefallen....
Auch der Aufbau war wirklich gut; vorallem, wie du die Charaktere vorgestellt hast...
Dadurch, dass der Bruder so lange weg war und somit seinen Geschwistern fremd geworden ist, konnte man sich gut in sie hineinversetzen, da er für einen selbst ja auch total neu ist...
Den Angriff hast du auch sehr detailliert beschrieben; überhaupt finde ich deinen Stil sehr "angenehm" zu lesen und es macht wirklich Spaß zu sehen, wie du alles so genau beschreibst... dadurch hat man das Gefühl man wäre direkt vor Ort!!!!

Jetzt bin ich total gespannt, wie es weitergeht... mich wprde auch total interessieren, was mit dem bruder und legolas geschieht!

Also schreib bitte bitte so schnell du kannst weiter!!!!!!!


*knuddel*
Lady_of_Valinor
Von:  mitsuki11
2005-01-29T09:55:27+00:00 29.01.2005 10:55
Wieder ein fantastisches Kapitel!!

Bin gespannt wie es weiter geht!! Und vorallem welche Paarungen es gibt!!!

Hoffe das nächste Kapitel ist bald online!
Danke das du mir eine ENS geschickt hast! Würde mich freuen wenn du mir wieder eine schickst wenn das neue Kapitel on ist!

Mitsuki
Von:  EdenBaker
2005-01-11T16:27:06+00:00 11.01.2005 17:27
voll geilo ein fach super geiles chap bitte schrieb shcnell weiter.


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