Santa's Little Helpers von Cowardly_Lion (Die Majestics feiern Weihnachten) ================================================================================ Kapitel 1: We wish you a merry christmas... ------------------------------------------- Santa's Little Helpers Diese Geschichte nimmt in einem kleinem Schloss in den Karpaten ihren Anfang. Es ist der Abend des 24. Dezembers, und wie jedes Jahr soll die Weihnachtsfeier der Majestics in Roberts Heim stattfinden. Fehlen nur noch die Gäste... ~~~ : ~~~ Unruhig starrte der Violetthaarige die Kuckucksuhr über seinem Kamin an. Wo blieben die anderen bloß? Es war bereits nach 19 Uhr, seine Teamkollegen hätten also seit über vier Stunden hier sein müssen. Sie wussten immerhin ganz genau, wie wichtig ihm Traditionen waren, und in der Familie Jürgens war es nun mal ein ungeschriebenes Gesetz, das Weihnachtsdinner um Punkt acht Uhr abends beginnen zu lassen. Andererseits konnte er aber auch schlecht ganz alleine anfangen, denn seine Erziehung sah außer der Einhaltung und Bewahrung von Traditionen auch ein Höchstmaß an Höflichkeit seinen Gästen gegenüber vor. Ausnahmen galten da nur bei irgendwelchen ungehobelten Bladern, welche die Regel "Noblesse Oblige" seiner Meinung nach schlichtweg nicht verdient hatten. Ein Klopfen an der massiven Eichenpforte veranlasste Robert schließlich dazu, sein ständiges Herumwandern in der Eingangshalle zu unterbrechen und stattdessen lieber zur Tür zu eilen. Mit einem unterdrückten Fluchen machte er sich dann daran, das schwere Ding aufzuziehen. Warum hatte er seinem Butler für den heutigen Abend auch freigeben müssen? Der Umstand, dass mitten im Schnee des Hofes tatsächlich Johnny, Enrico und Oliver herumstanden, minderte seine schlechte Laune zumindest etwas; bedeutete das immerhin, dass er die Feiertage dieses Jahr doch nicht ganz allein verbringen würde. Trotzdem konnte er seinen Freunden ihre Verspätung nicht einfach so verzeihen: "Ihr kommt zu spät. Mein Ur-Ur-Urgroßvater hat immer gesagt, dass Pünktlichkeit eine Tugend ist, die jedem wahren Ritter geziemt." Johnny konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: "War das nicht der, der auch gesagt hat, solche Sachen wie eine Demokratische Regierung werden sich nie durchsetzen?" Robert verzog eine Augenbraue: "Ja, und? Hatte doch recht damit! Schau dir bloß mal die USA an... Ihr solltet also besser ne verdammt gute Erklärung haben, warum ihr erst jetzt hier aufkreuzt." "Ache Roberto, jetzte seie doch nichte so nachtragend; wegene dem vielen Schnee ine Paris konnte meine Privatjet erste mit dreieinhalbe Stunden Verspätung abheben.", meinte Enrico schulterzuckend. "Ja, und die Zeit habe ich dann genutzt, um noch schnell ein paar Plätzchen für die Feier zu backen", mit einem strahlenden Grinsen hielt Oliver dem Deutschen eine Schüssel voller mit rosa Lebensmittelfarbe angepinselten Keksen vor die Nase, "Probier doch mal einen!" Nachdem Robert die Plätzchen zu den restlichen Vertretern ihrer Art auf den Tisch gestellt hatte, machten er und die anderen Jungs es sich erst mal im Salon bequem. Nur Oliver verzog sich lieber in die Küche, um einen Truthahn fürs Dinner vorzubereiten. Während aus diesem Raum nun ein ziemlich hoch geträllertes "The Last Unicorn" sowie gelegentliches Klirren tönte, chillten die restlichen Majestics vorm Kamin und besprachen, wer nachher was tun würde. Robert bestand darauf, das ihm als Gastgeber die Ehre zustehe, den Tannenbaum zu schmücken, schließlich habe er ihn ja auch am vergangenen Morgen geschlagen. Enrico wollte unterdessen die ausreichende Versorgung mit Feuerholz sicherstellen. So blieb Johnny nur noch eine Aufgabe: Er würde die Strümpfe der Vier am Kamin aufhängen, in die sie dann später in der Nacht die Geschenke für die jeweils anderen stecken konnten. Theoretisch nicht weiter schwierig, doch in der Realität hatte der Schotte ein kleines Problem: "Äh, Jungs, könnt ihr mal kommen?!" Brav kamen seine Teamkollegen angetrottet: "Was ist denn nun schon wieder?" "Ach, eigentlich nichts, aber könntet ihr mir mal sagen, welcher Scherzkeks ne Feinstrumpfhose mitgebracht hat?", leicht angesäuert hielt der Rotschopf Beweisstück A hoch. Sofort reagierte Robert: "Ich nicht." "Ich auch nicht", verneinte Oliver ebenfalls. Die strafenden Blicke aller Anwesenden richteten sich auf den etwas abseits stehenden Enrico. Sofort ging der blonde Italiener in Abwehrstellung: "Icke hatte nun mal nichtse anderes zuhause herumliegen!" "Dann nimm doch beim nächsten Mal gleich die Stützstrümpfe deiner Großmutter." "Das war unhöflich, Johnny." "Ja, aber er hatte recht, Robert." "Ache kommte, jetzte seid doche nichte so zickig. Lasste unse lieber etwas essen." Tatsächlich gelang es den Majestics, sich (wenn auch nur höchst widerwillig) auf diesen Vorschlag zu einigen. Im Gegensatz zu dem, was die Farbauswahl bei seinem Backwerk vermuten ließ, schmeckten die von Oliver zubereiteten Speisen wirklich gut, so dass sich langsam doch noch eine ausgelassene Weihnachtsstimmung breit machte; andererseits konnte das natürlich auch einfach nur am Bordeauxwein liegen, den der Franzose mitgebracht hatte. Nach dem Abendessen machten sie sich gemeinsam ans Abräumen, schließlich hatten sie auch gemeinsam gegessen. Der Abend wäre wahrscheinlich auch weiterhin so friedlich abgelaufen, wäre nicht zwischen Johnny und Robert eine heftige Diskussion zum Thema "Auspacken der Geschenke" entbrannt. Während Johnny darauf bestand, dass sämtliche Geschenke erst am Weihnachtsmorgen aufgemacht werden durften, argumentierte Robert, "sein Ur-Urgroßvater hätte immer alle Geschenke schon am 24ten geöffnet". Die Sache stand kurz davor in Gewalt auszuarten, als Oliver und Enrico verschlugen, einfach heute Abend in ein Päckchen hineinzuschauen und den Rest dann morgen auszupacken. Damit konnten beide Fraktionen leben, so dass die Vier sich unter den Weihnachtsbaum setzten und sich daran machten, einen großen Haufen Geschenkpapier zu hinterlassen. Mit einem Freudenschrei hielt Oliver sein erhaltenes Präsent in die Luft: "Oh super, Barbies Reiterhof + Pferd! Das hab ich mir schon seit Jahren gewünscht." Die Reaktionen der anderen drei auf ihre Geschenke fiel recht unterschiedlich aus; während Robert so überhaupt nicht von seinem neuen, schottischkarierten Kilt begeistert zu sein schien und Johnny so gar nichts mit einem katholischen Gebetsbuch anfangen konnte, ließ Enrico hoffnungsvoll seine Blicke zwischen Oliver und einem Päckchen essbarer Unterwäsche schweifen. Der Franzose kriegte das im durchs Spielzeug erlittenen Freudentaumel jedoch nicht mit; zu beschäftigt war er damit, den dunkelbraunen Plastikgaul mit einem winzigen Striegel zu bearbeiten. Etwa 1 ½ Stunden später hatten sich alle in einer Art weihnachtlichen Gefühlsrausch irgendwie darauf geeinigt, Lieder wie "Stille Nacht, heilige Nacht" und "Alle Jahre wieder" zu singen. Ob sie alle zu oft am Tannenbaum geschnüffelt hatten soll dahingestellt bleiben, auf jeden Fall saßen alle Vier gerade vorm Kamin und stimmten mehr oder minder begeistert ein schiefes "Morgen kommt der Weihnachtsmann" an. Im selben Moment ertönte von oben ein Geräusch. Es hörte sich beinahe so an, als wäre etwas aus großer Höhe auf eine Mauer geknallt. Misstrauisch beäugte Johnny die steinerne Decke des Raumes: "Was war das, Robert?" "Ach, da ist bestimmt nur mal wieder ein blinder Passagier aus dem Fahrgetriebe einer dieser Billigairlines gefallen. Kommt hier ab und zu vor." Über ihnen erklang ein gedämpftes Stöhnen. "Sollten wire nichte trotzdem mal nachschauen gehen?" "Macht euch nicht ins Hemd. Der Typ ist sicher gleich verreckt und wir können dann in Ruhe weitersingen." Sprachlos starrten Roberts Freunde ihn an. Schließlich raffte sich Oliver auf, doch noch etwas zu sagen: "Das ist doch jetzt nicht dein Ernst, oder?" "Doch, sicher. Mach ich immer so." Noch ehe einer etwas entgegnen konnte, ertönte vor ihnen ein lauter Knall und im Kaminfeuer lag eine schmutzverkrustete Gestalt. Missbilligend besah sich Robert die Rußflecken auf seinem Teppich: "Jetzt seht euch mal an, was für nen Dreck der Kerl gemacht hat! Das ist doch unhöflich!" Ein leises Röcheln von sich gebend, bedeutete der Fremde dem Teamchef der Majestics, sich zu ihm hinunterzubücken. Dieser gehorchte widerstrebend. Zum Dank verpasste ihm der am Boden liegende eine Ohrfeige. Geschockt taumelte Robert zurück. Noch nie hatte jemand die Frechheit besessen, ihm körperliche Gewalt anzutun. Wie konnte der Typ es bloß wagen!? Doch der scherte sich nicht weiter um die Todesblicke, die ihm der Kapitän der Majestics zuwarf. Stattdessen war er mittlerweile aufgestanden und hatte sich den übrigen Anwesenden zugewandt: "Kann mir einer von euch Waschlappen bitte mal was zum Trinken holen? Ich bin eben aus einem zwei Kilometer überm Erdboden fliegenden Rentierschlitten gefallen, da dürfte das wohl nicht zuviel verlangt sein. Ein Glas Sherry wäre wunderbar." Johnny klappte der Unterkiefer herunter: "Aus was für einer Anstalt sind Sie denn entflohen? Wollen Sie etwa behaupten, Sie wären der Weihnachtsmann?!" "Ganz recht, Jungchen." "Sie spinnen." "Dase sehe icke genauso." "Es ist unhöflich, so etwas zu behaupten." "Was? Dass er spinnt?" "Nein, dass er der Weihnachtsmann ist. Das ist einfach nur unhöflich." Einzig Oliver schien die Meinung seiner Teamkollegen nicht zu vertreten. Sobald er gehört hatte, wer da angeblich vor ihm stand, hatte er sich ihm ans Bein geworfen und heulte dem "unfreiwilligen Fallobst" die Ohren voll: "Warum hast du mir vor zehn Jahren nicht meinen Wunsch erfüllt? Buuuääääh!" Genervt streichelte ihm der noch immer total mit Ruß bedeckte Mann über den Kopf: "Weil es nahezu unmöglich war Sean Connery dazu zu überreden, ein sechsjähriges Höllenblag zu heiraten!?" Wütend fuhr Enrico ihn an: "He, reden sie nichte soe über Oliver!" Mit zusammengekniffenen Lippen und Mörderblick schaltete sich jetzt auch Johnny ein: "He, wer redet hier von Oliver? Das war mein Wunsch!!!" "Uuups, da hab ich wohl was durcheinander gebracht... Aber wenn du dir das nicht gewünscht hast, was dann? Mal überlegen... Ah, ich hab's: das einzige verfügbare Exemplar des von dir gewünschten Bildes war bereits anderweitig vergriffen." "Wase denne füre ein Bild?" Schlagartig verfärbten sich Olivers Wangen leicht rosa: "Ach, nichts besonderes..." Nun reichte es Robert endgültig; nicht nur, dass dieser Geisteskranke in seine Heimstätte eindrang und alles verwüstete, nein, jetzt hatte er sogar schon die anderen Majestics soweit, dass sie diesem Spinner zumindest teilweise glauben schenkten! Aber diesem Kerl würde er es zeigen, so wahr er ein Jürgens war! "So, "Herr Weihnachtsmann", wo habt Ihr den eigentlich eure Elfen gelassen?", mit einem gehässigen Grinsen beobachtete der Violetthaarige, wie der Angesprochene bei dieser Frage zusammenzuckte. "Na ja, wisst ihr... Meine Elfen sind wegen zu geringem Lohn in Streik getreten und haben dann beschlossen, lieber bei so nem Film namens "Herr der Ringe" mitzuspielen." "Und weiter?" "Ich dachte mir, ich suche einfach ein paar Menschen, die mir helfen. Herzlichen Glückwunsch, ihr habt gewonnen!" Plötzlich herrschte Stille im Raum und vier Augenpaare starrten ihn an. "Äh...Hab ich was falsches gesagt?" Nun kam langsam wieder Leben in die Jungen. Während Enrico und Oliver ganz begeistert herumsprangen und "Wir helfen dem Weihnachtsmann, Geschenke zu verteilen" riefen, musterte Johnny Robert unsicher: "Kommst du mit, Robert?" "Klar, ich will mir doch nicht entgehen lassen, wie der sich als Betrüger entpuppt." Zu fünft gingen sie raus auf den Burghof. Der Vollmond schien heute besonders hell, verlieh dem herumliegenden Schnee ein geheimnisvolles Glitzern. Als der Alte begann, laut solche Namen wie "Rudolf" und "Komet" zu rufen, entrang sich Robert nur ein schwaches Glucksen. Der glaubte doch nicht wirklich, dass...?! Oh doch, er tat es. Und zu aller Erstaunen erklang von oben ein leises Klingeln, wie von kleinen Silberglöckchen verursacht. Mit leerem Blick schielte Robert hoch. Seine Augen weiteten sich auf Untertellergröße als er registrierte, dass da gerade ein Schlitten auf ihn zugeflogen kam. Johnny konnte seinen Teamchef gerade noch zur Seite schieben, sonst hätten ihn die Rentierhufe am Kopf getroffen. Als er sich wieder vom Boden aufgerappelt hatte, sah ihn der Weihnachtsmann triumphierend an: "Na, glaubst du mir jetzt?" Widerstrebend nickte der Violetthaarige. Unterdessen hatte Oliver nichts besseres zutun, als sich dem Bartträger an den Hals zu werfen: "Du, Onkel Nikolaus, darf ich den Schlitten lenken?" "Klar doch, Kleiner. Und nenn mich einfach St. Nick, dass hört sich cooler an.", erfreut lachte "St. Nick" auf. Das hatte ein kollektives Sweatdropen bei Johnny, Robert und Enrico zufolge. Die vielen Lichter am Tokio Tower verliehen der Stadt etwas festliches. "Woe sollen wire als erstes hin?" Robert klappte die Liste auf: "Die Weihnachtsfeier der White Tigers und der Demolition Boys." Allgemeines Erstaunen: "Die feiern zusammen? Ich dachte, nach den Moscow Championships könnten die sich nicht ausstehen." "Hier steht, sie feiern gemeinsam eine "Kommunistische Weihnachtsparty", was immer das auch sein mag. Im übrigen bin ich dafür, dass Enrico und Oliver das erledigen." "Iste gute, aber dafüre macht ihre die nächsten beiden." "Einverstande", bereitwillig schüttelte Robert Enricos Hand. Kurz darauf landete der Schlitten auf dem Dach eines Hotels. Franzose und Italiener stiegen aus und machten sich auf den Weg zur drei Stockwerke tiefer gelegenen, extra für die Feier gemieteten Suite. Zurück blieben Johnny, Robert und der Weihnachtsmann. Während letzterer sich daran machte, seinen Rentieren Futtersäcke umzuhängen, nutzten erstere die wenige freie Zeit für ein kurzes Gespräch. "Du, Robert?" "Was ist?" "Deine Familie kommt doch aus Deutschland, oder?" "Ja, wieso?" "Warum besuchen wir dich dann immer in diesem muffigen alten Schloss in den Karpaten? Ist das auch eine eurer Traditionen?" "Nein, das hat was mit nem Job zu tun, den ich vor einigen Jahren mal aus Spaß angenommen hatte." "Was denn für ein Job?" "Ich hab mich als Synchronsprecher für Animes versucht. Hab nen Typen meine Stimme geliehen, der ständig in nem schwarzen Smoking + Maske so ner blonden Heulsuse hinterher rennt. Seitdem ist so ein Haufen kreischender Jugendlicher hinter mir her, vor denen ich mich verstecken muss." "..." Vorsichtig tapsten Enrico und Oliver im dunklen Hotelzimmer umher. Wie sie hier hineingekommen waren, wussten sie selbst nicht so recht; gerade eben hatten sie noch auf der Treppe gestanden und im nächsten Moment waren sie auch schon in diesem Raum. Zögerlich befühlte Oliver den in der Finsternis vor ihm verborgenen, länglichen Gegenstand: "Hast du ne Ahnung, was das ist?" "Dase iste ein Ständer." Unwillkürlich lief der zierliche Franzose dunkelrot an: "Du bist so was von notgeil, Enrico!" "Icke rede doch vone einem Kleiderständer!" "Ach so, sag das doch gleiii...", "gleich" hatte der Grünhaarige eigentlich sagen wollen, stolperte jedoch just in diesem Moment über die auf dem Boden liegende Mariah. Gerade noch so konnte er verhindern, auf ihr zu landen. "Du gehste aber ran!" "Red nicht so nen Quatsch, hilf mir lieber hoch!" Erst jetzt bemerkten die Beiden, dass überall auf dem Boden die schlafenden White Tigers/ Demolition Boys lagen. Nur zwei fehlten: Ian und Kevin. Die saßen, je einen bunten Joghurtbecher und einen Löffel in der Hand, vorm Minikühlschrank und futterten munter in sich rein. "Denen werden wir es zeigen, Ian!" "Genau, Kevin! Keiner wird uns mehr hänseln, dass wir zu klein für unser Alter sind. Eines Tages werden wir ihnen alles heimzahlen!" "Ja, und dafür müssen wir einfach nur weiterhin munter Fruchtzwerge futtern!" Oliver und Enrico sahen sich an. Der Blonde wedelte mit der Hand vor seiner Stirn herum und sein Freund nickte lächelnd. Die schienen nicht wirklich ne Gefahr darzustellen. So machten die beiden zu groß geratenen Weihnachtselfen sich daran, überall Geschenke zu verteilen. Dabei fanden sie auch heraus, was eine "Kommunistische Weihnachtsparty" war: An dem die Tannenspitze schmückenden Engel hing ein mit "Jahresendzeitfigur" beschrifteter Zettel, ansonsten blieb alles beim alten. Nächster Halt war bei einer ebenfalls in Tokio gelegenen Villa. Johnny bekam gerade noch ein gigantisches Päckchen in die Hand gedrückt, ehe er wegen Zeitmangels mit einem kräftigen Tritt aus dem fliegenden Schlitten befördert wurde. Schweigend beobachteten die übrigen Majestics Johnnys - von ihm selbst mit einem langgezogenen "Aaaaaaaaaaaaaaaaaah!" - kommentierten Flug. Erst als der Schotte aufs Dach der Villa aufprallte gelang es ihnen, sich langsam aus ihrer Faszination zu lösen. "Du, Enrico?" "Wase iste?" "Warum waren eigentlich Luftlöcher im Päckchen?" "Icke habe nichte die geringste Ahnung. Wase meinste du, Robert? Robert?!", irritiert blickte der Blonde sich um. Trotz der geringen Größe des Schlittens dauerte es eine Weile, bis er seinen Freund entdeckt hatte. Der kauerte gerade hinter einem Sack voller Geschenke und starrte fassungslos die von ihm verwalteten Lieferpapiere an. Dabei formten seine Lippen die lautlosen Worte "Oh. Mein. Gott." "Gibte es eine Problem?" "Jungs, ihr werdet nicht glauben, wer der Empfänger des Päckchens ist..." Stöhnend und mit brummendem Schädel rappelte Johnny sich auf. Den Schmerzen die er am ganzen Körper verspürte nach zu urteilen, waren seine Knochen wohl so zerbrochen wie die um ihn herum liegenden Dachziegel. Na toll; hatte er also bei seinem Glück auch noch ne Schadensersatzklage am Hals. Zumindest war das Päckchen unversehrt geblieben, wie der Schotte feststellen durfte. Blieb ihm dadurch wenigstens die Hinrichtung durch Robert erspart. Obwohl... Die Hände des Violetthaarigen auf seinem Körper zu spüren war vielleicht sogar den eigenen Tod wert. "Verdammt, wie komme ich jetzt eigentlich auf so 'ne Schnapsidee?", kopfschüttelnd machte der Rothaarige sich daran, das Geschenk wieder einzusammeln, um dann durch eine offene Balkontür ins Haus zu gelangen. Schon komisch; der Besitzer einer solchen Villa musste wahnsinnig viel Geld haben und trotzdem sah Johnny hier nirgendwo eine Alarmanlage. Eine Balkontür aufzulassen war da garantiert nicht clever. Andererseits ließ die Inneneinrichtung nicht vermuten, dass es hier viel zu holen gab. Graue Fliesen, graue Wände und ein einzelner, ebenfalls grauer Socken am Kamin versprühten jedenfalls keine Weihnachtsstimmung. Hier gab es keinen Tannenbaum, keinen Festtagsschmuck, kein gar nichts. Der gesamte Raum war einfach nur leer, kalt und traurig. Johnny war gerade am überlegen wohin er das Päckchen stellen sollte, als hinter ihm eine eisige Stimme erklang: "Keine Bewegung, Karottenkopf. Was willst du hier?" Verdammt, er kannte diesen Tonfall. Er kannte ihn sogar nur zu gut. Er begegnete ihm immer wieder in seinen Träumen, vorwiegend in denen, die ihn dazu veranlassten, mitten in der Nacht schreiend aufzuwachen. "Wird's bald? Jetzt dreh dich endlich zu mir um und sag, warum du hier bist!" Widerwillig gehorchte der Rotschopf. Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Das silberblaue Haar, die rotbraunen Augen - keine Frage, vor ihm stand tatsächlich Kai Hiwatari. Jener Kai Hiwatari, der ihn seit seiner Niederlage gegen den Schotten in Roberts Schloss umbringen wollte. Und schon kam der erwartete Satz über dessen Lippen: "Ich werde dich umbringen, Johnny!" Mit einem irren Kichern schnappte Kai sich einen neben dem Kamin befindlichen Schürhaken und holte mit selbigem weit aus. Es gelang Johnny gerade noch, sich unter dem Hieb wegzuducken, da setzte sein Angreifer auch schon zum nächsten Schlag an. Im Angesicht mit dieser Gefahr entschied sich der Geschenkbote das zu tun, was seiner Meinung nach in dieser Situation das einzig ehrenwerte war: Er ergriff die Flucht. "Ob es richtig war, Johnny da allein hinunter zu schicken?", unruhig musterte Robert das Haus unter ihnen. Seitdem er wusste, wer da unten wohnte, fühlte er sich überhaupt mehr gut. Nach der Niederlage gegen Johnny war Kai unberechenbar geworden, was diesen anbelangte. Nein, unberechenbar traf es nicht ganz; Kais Reaktion auf die bloße Anwesenheit des Schottens war mehr als leicht vorherzusehen. Eigentlich endete das ganze immer so, dass er mit irgendeinem spitzen Gegenstand bewaffnet und einem wahnsinnigen Funkeln im Blick meinte, den anderen töten zu müssen. Das Scheitern dieser Pläne resultierte nur aus einigen (für Kai) unglücklichen Zufällen. Auch Enrico und Oliver wussten von den Mordgedanken des Blauhaarigen, wollten ihren Teamchef jedoch nicht beunruhigen. So beschlossen sie, ihm erst mal Mut zu machen. "Ache komm schon, so schlimme iste das schone nicht." "Ja genau, Kai würde Johnny doch nie vor Zeugen umbringen, oder Nick?" "Da gebe ich dir absolut Recht. Der Junge würde nie jemanden töten, wenn Boris oder sein Großvater dabei sind und die Polizei rufen könnten..." "Siehst du, was habe ich gesagt? Alles wird gut!", strahlend lächelte Oliver Robert an. Dieser war schon fast wieder beruhigt, als die folgenden Worte des Weihnachtsmannes die friedliche Stille zerschnitten: "Aber die beiden sind zusammen zur Kur nach Russland gefahren." Unwillkürlich erstarrte das Grinsen des Grünhaarigen, machte einer beständig nach unter sinkenden Kinnlade Platz. Ein unterdrücktes Stöhnen entrang sich Enricos Kehle: "Er iste verloren." Suchend blickte Kai sich um. Noch immer machte sich dieser komplett durchgeknallte Ausdruck auf seinem Gesicht breit. "Komm raus und ich verspreche dir, dass du nur halb so viele Qualen erleiden wirst. Damit hättest du dann nur noch das Fegefeuer zu verbüßen..." Keuchend und zitternd kauerte sich der Rothaarige hinter einem Sofa nieder. Dieser Verrückte verfolgte ihn jetzt schon seit einer geschlagenen ¾ Stunde; hatten die anderen denn noch nicht bemerkt, dass ihr Teamkollege auffallend lange weggeblieben war. "Vermaledeiter Enrico; wahrscheinlich hat der grade so ne dämliche Tussi entdeckt und meint jetzt, mit dem fliegenden Schlitten angeben zu müssen...", dachte Johnny bitter, während er vom Sofa aus zu einem nahegelegenen Beistelltisch kroch. Vielleicht konnte er sich ja unter dessen Tischdecke verstecken. "Wo bist du, Johnny?", tönte Kais Stimme aus Richtung des Kamins. Unwillkürlich griff sich Angesprochener an die Stirn: "Denkt der wirklich, ich würde laut "HIER!!!" brüllen, wenn er lang genug nachhakt? Aber eigentlich hat er ja recht; lebend komme ich hier sowieso nie wieder raus. Was soll ich nur tun?" Schmerzlich bohrte sich ihm irgendetwas spitzes, kaltes in die Brust. Nur schwer konnte Johnny sich einen Schrei verkneifen, als er das Gebetsbuch aus seiner Westentasche zog. Na toll; er hatte vollkommen verdrängt es eingesteckt zu haben. Zumindest war der Rotschopf jetzt für die letzten Sekunden seines Lebens gewappnet. "Lieber Gott, ich weiß, dass ich kein guter Katholik bin. Genaugenommen bin ich Protestant. Aber wenn du es schaffst mich hier lebendig herauszubringen, heirate ich den ersten Menschen der mir in die Arme läuft. Ich schwöre, dass alle Kinder aus dieser Beziehung katholisch erzogen werden...", inbrünstig betend kniff Johnny die Augen zu. Im selben Augenblick erklang ein manisches Lachen und Kai zog die Tischdecke weg: "Hab dich!" "Aaaaaaaaaaaaaaah!!!", schlagartig riss der Schotte die Augen auf und beschleunigte beim Anblick seines Konkurrenten, versuchte auf allen vieren wegzurobben. Problematisch daran war nur, dass Kai ihn an den Shorts festhielt. Dann fiel der Blick des Russen auf das ihm zugedachte Geschenk, das merkwürdigerweise ebenfalls unterm Tisch stand: "Was ist das?" Verzweifelt ruderte Johnny mit den Armen. Kai hörte sich so erschreckend normal an... Das konnte nichts gutes verheißen. "He, ich hab dir ne Frage gestellt!", ungeduldig piekte der Teamchef der Blade Breakers ihm mit dem Schürhaken in die Seite. Johnny entschied sich, dass tot stellen und abwarten in diesem Falle wohl nichts bringen würden. Angeekelt verzog er sein Gesicht zur Leidensmiene: "Ich hätte wahrscheinlich auch schon längst geantwortet, würde nicht ständig so ein Wahnsinniger mit irgendwelchen spitzen Gegenständen in mir herumstochern. Das. Tut. Weh." "Erwarte ja keine Entschuldigung. Und jetzt endlich raus mit der Sprache, was du eigentlich hier willst!" "Ich soll dir dieses Geschenk überbringen; auch wenn es mich stark wundert, dass dir überhaupt einer etwas schenkt.", kaum hatte Johnny diese Worte von sich gegeben, da hatte er auch schon Kais Schuhe im Blickfeld. "Halt einfach die Klappe, okay? Das, was ich mir am meisten wünsche, kriege ich ja eh nicht." Ein gehässiges Grinsen stahl sich auf das Gesicht des Schotten: "Wieso, verweigert dir dein Großvater einen neuen Kühlschrank, in dem du dein Herz verstauen kannst?" "Ha ha ha, sehr lustig! Du bist ein Durak, ein Dummkopf, Johnny. Ist dir eigentlich schon je in den Sinn gekommen, dass ich dieses graue Gefängnis um mich herum hassen könnte? Dass ich mir nichts sehnlicher wünsche, als von hier wegzukommen und so etwas wie menschliche Nähe zu erfahren? Nein Johnny, daran hast du natürlich nicht gedacht; du denkst ja bekanntermaßen überhaupt nicht. Es heißt ja immer, ihr Schotten wärt geizig, aber das einzig sparsame an dir sind wohl die Blicke, die dir die anderen Leute zuwerfen." Okay, jetzt war Kai wieder ganz normal psychotisch; damit konnte Johnny schon wesentlich besser umgehen. "Würdest du bitte von diesem Trip runterkommen und mir endlich erzählen, was jetzt eigentlich dein Wunsch war?" "Schön, aber erfüllen kannst du Penner ihn ja eh nicht. Normalerweise hätte Ray dieses Jahr mit mir Weihnachten gefeiert; doch dann musste er unbedingt zu der "Kommunistischen Weihnachtsparty" der White Tigers und der Demolition Boys. Ich hatte keinen Bock auf Tala und Co. und bin deshalb zuhause geblieben. Also wünsche ich mir, dass der wohl süßeste Junge dieser Erde, mein Raymond Kon, hier auftaucht und mit mir feiert." Johnny überlegte laut: "Ray ist auf der Weihnachtsfeier der White Tigers und der Demolition Boys? Enrico und Oliver haben gar nicht erzählt, ihn dort gesehen zu haben..." Kais Unterkiefer klappte herunter: "Ray war nicht auf der Party? Aber das würde ja heißen, dass er... dass er... dass er einen Geliebten hat!?" Geschockt musste Johnny feststellen, dass ein den Tränen naher Kai noch viel unheimlicher war als ein Kai, der ihn mal ausnahmsweise nicht umbringen wollte. Unbemerkt von den Beiden war das Paket immer näher an sie herangerückt. Als der Russe nun kurz davor stand loszuheulen, hob sich der Deckel des Geschenks an und Ray sprang heraus: "Ob ich einen Geliebten habe?! Ja, klar: Dich, Baka!" Sofort erstarrte Kai, kein Ton war mehr von ihm zu vernehmen. Alles, was er tun konnte, war, seinen Freund perplex anzustarren. Schließlich konnte er sich aber doch noch aufraffen, einen Kommentar von sich zu geben: "Aber warum bist du...?!" "Warum ich dir erzählt habe, dass ich mit meinem ehemaligen Team feiere? Na, ganz einfach: Ich wollte dich überraschen. Und wie's aussieht ist mir das auch gelungen. Sag mal Kai, warum läufst du jetzt eigentlich gerade blau an?" "Du......", der Russe stapfte einige Schritte vorwärts, was dazu führte, dass Ray einige Schritte rückwärts machte, "Du..." Es folgten wieder ein paar Schritte nach vorne, wodurch der Chinese immer dichter an die Wand gedrängt wurde. "Du unheimlich niedlicher Kerl!", Ray bekam beinahe einen Herzinfarkt, als Kai ihm mit diesen Worten um den Hals fiel. Aber eben nur beinahe. Johnny musste nun zu seinem Schrecken beobachten, wie die anderen beiden anfingen wild rumzuknutschen. Während Kai dann anfing fahrig mit der rechten Hand über Rays Hintern zu streichen, entschied der Schotte dass er endgültig genug hatte. Ein sexbesessener Kai war noch schlimmer als seine verheulte und seine "geistig gesunde" Variante zusammen. (Natürlich nur aus Johnnys Sicht - ich persönlich hätte nichts dagegen Kai in welcher Variation auch immer zu begegnen ^^) Die gesamte Verhaltensweise des Russen - mal abgesehen von seinem Mordversuch - war am heutigen Abend vollkommen Out Of Character. Vielleicht lag es ja daran, dass Weihnachten war. Oder das Kais Großvater nicht da war und den Jungen folglich auch nicht misshandeln konnte. Eventuell lag es auch einfach daran, dass die Verfasserin dieser Geschichte während sie das hier schrieb gerade von einer Tüte Gummibärchen high war. Auf jeden Fall hatte Johnny jetzt keine Lust mehr auf die Gesellschaft des Liebespaares, weshalb er sich entschloss zum Verschwinden. Auf dem Hausdach warteten schon die übrigen Majestics samt Weihnachtsmann auf den erschöpften Rotschopf. "Wir haben uns ja solche Sorgen um dich gemacht! Ich verspreche dir, dich nie wieder mit Kai allein zu lassen.", erleichtert fiel Robert seinem Freund um den Hals und merkte dabei gar nicht wie dessen Wangen sich vor Aufregung leicht röteten. Johnny musste gerade an sein vorhin gegebenes Versprechen denken. Nun, es dürfte wohl ein wenig schwer werden es zu erfüllen; erstens fiel der Nachwuchs zwischen ihm und Robert schon allein aus biologischen Gründen flach und zweitens glaubte der Schotte auch nicht wirklich daran, dass sein Teamchef mehr als pure Freundschaft für ihn empfand. Diese Gedanke bewog ihn schließlich auch dazu, sich von Robert zu lösen: "Ja, das glaub ich dir gerne. Aber mich würde jetzt brennend interessieren, wem du ein Geschenk zu überbringen hast!" Statt Robert antwortete Oliver: "Tyson, Max und Kenny." "Also noch ein Auftrag in Tokio." Enrico konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: "Nein, nichte ganz." Dick eingemummelt in einen Pelzmantel und mehrere Lagen Kleidung stapfte der Teamchef der Majestics der Verzweiflung nahe durch den kniehoch vor ihm aufragenden Schnee. Warum hatte es ausgerechnet ihn an den Nordpol verschlagen müssen? Die Antwort war denkbar einfach: Vor lauter Frust darüber, das Fest der Liebe nicht mit Ray verbringen zu können, hatte Kai den Rest der Blade Breakers zum Trainieren dorthin geschickt. Er hatte ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen können, dass sein Liebling doch noch bei ihm auftauchen würde. Deshalb durfte Robert jetzt bereits seit über 1 ½ Stunden durch die Gegend rennen und nach Tyson und Co. Ausschau halten, während sein Team im vollbeheizten Rentierschlitten durch den Himmel schipperte. Das einzige, was ihn zumindest etwas Wärme spendete, war der Gedanke an ein gewisses rothaariges Teammitglied. Es war einfach zu herrlich gewesen, Johnny zumindest dieses eine Mal in die Arme schließen zu dürfen. Etwas, was Robert sich nie wieder erlauben konnte. Die Traditionen der Familie Jürgens beinhalteten nun mal keine homosexuellen Neigungen und außerdem war ein schwuler deutscher Graf wohl doch etwas zu klischeehaft. Andererseits passte es ziemlich gut zu der Art und Weise, wie er und Johnny sich kennengelernt hatten. Ihre Familien waren schon seit Jahrzehnten befreundet und hatten kurz vor ihrer beider Geburt beschlossen, sie miteinander zu verloben. Natürlich war man da noch davon ausgegangen, dass Johnny eigentlich ein Mädchen wäre. Der Irrtum hatte sich erst Jahre später bei einem Besuch in Schottland herausgestellt. Allerdings erst, als es bereits zu spät gewesen war; kaum hatte Kleinrobert ein rothaariges Mädchen mit karierten Rock entdeckt, das einen zwei Köpfe größeren Jungen verprügelte, war es um ihn geschehen gewesen. Dass dieses Mädchen eigentlich ein Junge war der keinen Rock, sondern einen Kilt trug hatte auch nichts an dieser Tatsache ändern können. Bei dieser Erinnerung musste Robert lächeln. Doch das verging ihm ganz schnell, als er Max, Tyson und Kenny auf einer Eisscholle sitzen und ihm zuwinken sah. Was für eine Art Training sollte das denn sein? "Ich finde es toll von dir, dass du uns retten willst!", Max grinste mal wieder von einem Ohr zum anderen. Er und Kenny waren so nahe an den Rand des Eises gerückt wie es ihnen möglich war. Nur Tyson musste aus statischen Gründen auf der gegenüberliegenden Seite der schwimmenden Gefängnisses sitzen bleiben. "Wer hat was davon gesagt, dass ich gekommen bin um euch zu retten? Meine Aufgabe ist lediglich, euch eure Weihnachtsgeschenke zu geben; der Weihnachtsmann hat sich dabei allerdings auf einen Wunsch beschränkt.", ungeduldig lief Robert am sie trennenden Wassergraben auf und ab. Wo war wohl die beste Stelle um...? Ah ja, hier. Ruckartig blieb er stehen, holte vorsichtig ein Paket hervor, das er dann mit aller Kraft zu den Gestrandeten herüberpfefferte. Das Päckchen prallte auf und schlitterte noch einige Schritte weiter, ehe es gefährlich nahe an der Kante direkt neben Tyson zum Liegen kam. "Hoffe, ihr könnt mit dem Essen was anfangen. Kai wird euch wohl so Anfang nächsten Jahres hier abholen.", mit diesen Worten wandte der Violetthaarige sich zum Gehen. "Wir sitzen hier auf einer Eisscholle fest und alles, was du tust ist uns was zum Essen zu geben und dann wieder abzuhauen!?", entsetzt starrte Kenny der immer kleiner werdenden Gestalt Roberts hinterher. "Ja genau, meine Akkus sind bald leer!", wetterte Dizzy. Max versuchte die Lage zu entspannen: "Ach Leute, jetzt kommt schon; so schlimm ist das nicht! Immerhin haben wir jetzt eine funktionierende Nahrungsmittelversorgung." Tysons schmatzte aus dem Hintergrund: "Was für Nahrungsmittel?" "So, Auftrag erledigt!", gutgelaunt traf Robert am vereinbarten Treffpunkt ein. "Oh, schön. Dann können wir ja jetzt die übrigen 30 Millionen Geschenke verteilen gehen.", freute sich der Weihnachtsmann. "WAS!?", geschockt starrten ihn die Majestics an. "Na ja, da hab ich natürlich sämtliche Leute abgezogen, die dieses Jahr nicht brav waren." Enrico räusperte sich: "Höre mal Nick, es gibte etwa fünf Milliarden Menschen auf dieser Erde." "Ja, und?" "Findeste du nicht, dass du da eine wenig unter deme Durchschnitt ansetzt?" "Nö, es gibt verdammt wenige Unschuldige wenn man all die Verbrecher und Politiker abzieht. Beim derzeitigen Präsidenten der USA geht das soweit, dass er mir noch Geschenke schuldet." Daraufhin wollte der blonde Italiener noch etwas fragen, doch seine Teamkollegen bedeuteten ihm still zu sein. Stattdessen ergriff Johnny das Wort: "Ich will ja keineswegs sagen, dass ich dein Verteilungssystem nicht interessant finde Santa, aber bist du sicher, dass wir uns da nicht ein klein wenig übernehmen? Selbst wenn es "nur" 30 Millionen Geschenke sind; wie sollen wir die alle in einer einzigen Nacht verteilen?" Gleichgültig zuckte der Weihnachtsmann mit den Schultern: "Ist doch nicht mein Problem. Macht einfach Überstunden, schließlich muss ich euch ja kein Geld zahlen oder so." Verwirrt meldete sich Robert: "Wie meinst du denn bitte "du musst uns kein Geld zahlen"?" "Na, so wie ich das gesagt habe. Ich zahl euch keinen Lohn, da wir keinen Arbeitsvertrag haben; ihr habt ganz freiwillig beim Geschenke verteilen mitgewirkt." Vor Wut lief Johnny rot an: "Soll das heißen, ich habe mein Leben ganz umsonst riskiert, nur um Kai dieses dämliche Geschenk zu überbringen und jetzt rein gar nichts zu erhalten?!" "Ich würde nicht von "rein gar nichts" reden. Immerhin hast du das gute Gefühl, einem Mann in Not geholfen zu haben." "Wem jetzt? Dir oder Kai?" "Na Kai natürlich!" "Dem will ich nicht helfen; der versucht nur immer, mich umzubringen." "Ja gut, dann eben mir..." "Ne, dir will ich nicht helfen; du bist ein alter Geizkragen." Ein kollektives Seufzen lief durch die Reihe der übrigen Anwesenden. Merkten diese beiden Streithammel eigentlich gar nicht, wie lächerlich das ganze eigentlich war? Erneut beschloss Robert einzugreifen: "Ich möchte ja nicht nerven, aber mein Ur - ur - ur - urgroßvater hat immer gesagt "Wenn's am schönsten ist soll man scheiden" "Ja genau, der Mann muss es wissen; er war ja immerhin auch insgesamt zwölf mal verheiratet.", warf Johnny mit hochgezogener Augenbraue ein. "Könnten wir das nachher bei mir zuhause besprechen?" "Meinetwegen..." Schweren Herzens schaffte Nick die vier nachhause. Er hatte ja auch nicht wirklich ne andere Wahl, da sie - wie er selbst festgestellt hatte - keinen Arbeitsvertrag mit ihm hatten. Auf dem Schlosshof angekommen stiegen alle aus dem Schlitten aus und wollten ins Innere der Behausung verschwinden, doch ihr ehemaliger Arbeitgeber hinderte sie daran: "Ich kann euch zwar keinen Lohn auszahlen, aber nehmt das stattdessen." Ohne ein weiteres Wort zu verlieren drückte er jedem ein kleines Päckchen in die Hand und flog dann mit seinen Rentieren davon. Irritiert musterten Oliver, Enrico, Johnny und Robert die soeben erhaltenen Geschenke. Was sollte das jetzt? Zuerst machte der Typ einen auf Geizkragen, nur um ihnen dann doch was zu geben!? Wegen der Kälte beschlossen sie, das Rätsel lieber in der Halle zu klären. Zeitgleich öffneten sie ihre Päckchen, nur um wenige Augenblicke später zu erstarren. Nach einer halben Ewigkeit ergriff Robert - mit kalkweiß angelaufenem Gesicht - das Wort: "Äh... Es wäre wohl besser, wenn wir alle auf unsere Zimmer gehen." "Sehe ich genauso." "Ist gut." "Bueno." So machten sich Oliver und Enrico in den Ostflügel auf, während Johnny sich auf den Weg in den Westflügel machte und Robert es sich im Salon bequem machte. "Sage mal Oliver, wase war eigentlich in deine Geschenk ?", fragend schielte Enrico zu seinem Freund hinüber. Der verfärbte sich leicht rosa, lief aber weiter stur geradeaus: "Ach nichts, ist nur das Bild, was ich mir vor Jahren mal gewünscht habe." "Wirklich? Darf icke mal sehen?" Oliver lief (sofern das überhaupt möglich war) noch röter an als in den vergangenen Sekunden: "Du... Nicht so gerne..." "Komm schone, wire sind doch Freunde!" "Nein, ich will es dir aber nicht zeigen!" Die Situation drohte schon zu einem Streit zu eskalieren, da stolperte Oliver über eine Teppichfalte und fiel zu Boden. Dabei landete das Photo auf dem Flur, gerade außer Reichweite des Franzosen. Mit einem Satz war Enrico beim Bild, hob es auf und lugte neugierig darauf. Dann lief er ebenso rot an wie der mittlerweile wieder aufgestandene Oliver: "Aber... Dase ist ja..." "So, jetzt weißt du es also.", beschämt starrte der Kleinere zu Boden, "Ja, das ist ein Bild von uns beiden. Um genau zu sein wurde es an meinem sechsten Geburtstag aufgenommen, als wir alle zusammen auf dem Jahrmarkt waren. Du weißt schon, der Geburtstag, als meiner Mutter die Kamera samt vollen Filmen geklaut worden ist." Oh ja, der Italiener wusste es nur zu gut. Die Hauptattraktion dort war eines von diesen uralten Karussells gewesen, bei denen man auf lackierten Holzpferden saß. Sie hatten sich damals eines geteilt, weil das Geburtstagskind unbedingt mit ihm zusammen hatte fahren wollen. Dabei war dann auch dieses Photo entstanden, das einen rotangelaufenen, etwa sechs Jahre alten Enrico mit einer genauso alten, fröhlich grinsenden Chibiausgabe von Oliver auf dem Schoß zeigte. Die Stimme eben jenes Franzosen riss Enrico nun aus seinen Gedanken: "Ich weiß, dass es kindisch ist, aber ich wollte dieses Bild immer unbedingt haben. Du kannst jetzt gerne lachen oder so." Stumm griff der Blonde in seine Gesäßtasche, zog sein Portemonnaie hervor, klappte es auf und präsentierte seinem vollkommen fassungslosen Freund etwas, womit er überhaupt nicht gerechnet hätte. "Enrico... Du schleppst wirklich...?!" " Si, ich habe es immer dabei." "Äh... Warum hältst du mir das Präservativ vor die Nase?" "Ein Kondom!?", stirnrunzelnd drehte der Blonde seine Geldbörse so, dass er selbst einen Blick hineinwerfen konnte, "... ... ... Oh, icke sehe was du meinst; falsches Portemonnaie. Warte, es iste wohl in meiner Börse für die Kreditkarten... So, da iste es." Zufrieden grinsend hielt er Oliver eben jenes Bild vor die Nase, das der andere heute geschenkt bekommen hatte: "Jetzte weißte du zumindest, wer es dir vor dere Nase weggeschnappt hat." "Aber wieso?" "Nenne es Sentimentalität, aber icke erinnere micke immer wieder gerne an diesen Moment zurück. Es ware einfach zu schön, dicke so nahe an meine Leistengegend zu haben." Nun wieder ritzeratzerot angelaufen richtete Oliver seine geballte Faust nach oben und schmetterte sie Enrico ins Gesicht: "Hör auf so einen Mist zu reden, du Hentai! Du rennst ständig mit deinen beiden Tussis herum, da wirst du auch gerade schwul sein!" "Binne icke ja gar nicht!" "Ha, hab ich's doch gewusst!" "Icke binne bi!" "Du bist WAS?!", fassungslos starrte der Grünhaarige seinen Freund an. "Icke binne bi. Und icke binne in dicke verliebt." So, jetzt war es raus. Das, was Enrico all die Jahre auf dem Herzen gelegen hatte, war gesagt worden. Angespannt wartete er darauf, dass Oliver ihn beschimpfen, schlagen oder treten würde, doch alles was sein Gegenüber tat war perplex dreinzuschauen: "Das ist ein Scherz, oder?" "Äh... Nein!?" "Oh. Mein. Gott." waren Olivers letzte Worte, ehe er in Ohnmacht fiel. Als er wieder erwachte, kniete ein besorgter Italiener über ihm: "Iste alles in Ordnung?" "Ja, ich war nur ein wenig geschockt. Nach all den Jahren, in denen ich scharf auf dich war, hatte ich einfach nicht damit gerechnet, das jetzt von dir zu hören." Enricos Unterkiefer sackte etwa zwei Meter nach unten; mit solch einer Reaktion hatte er ganz sicher nicht gerechnet. Nicht, dass es ihn irgendwie gestört hätte... "Icke schlage vor, wir gehen auf meine Zimmer..." "Gut, soll mir recht sein. Sag mal, was hast du eigentlich vom Weihnachtsmann gekriegt?" "Etwas, wase wir sehr gut gebrauchen werden können...", mit einem breiten Grinsen holte der Blonde eine Hunderterpackung Kondome hervor. Unruhig rutschte Robert in seinem Sessel hin und her. Noch immer wusste er nicht so recht, was er von seinem Geschenk, den angeblichen Memoiren seines Ur- ur - ur -ur - urgroßvaters, halten sollte. Offenbarte der darin doch ein beträchtliches Interesse an seinem besten Freund, Johnnys Ur- ur - ur - ur - urgroßvater. Und das nicht nur auf rein freundschaftlicher Basis. Nein, wie man den Einträgen entnehmen konnte war der Kerl schwul wie... schwul wie... schwul wie ein schwuler deutscher Graf gewesen. Blöder Vergleich, aber was besseres fiel Robert jetzt auch nicht ein. Das gesamte Buch über ließ sich sein Ahnherr darüber aus, wie unglücklich er doch über die Zwangsheirat mit seiner jetzigen Ehefrau sei. Der Mann war also nicht nur schwul, sondern auch ne gottverdammte Heulsuse gewesen. Aber immerhin brachte das Robert zu einer Erkenntnis: Klischees können zwar ermüdend, doch auf ihre eigene seltsame Art gleichzeitig auch wahnsinnig erheiternd sein. Und in gewisser Weise stellte das sogar eine halbwegs glaubwürdige Rechtfertigung für eine angehende Affäre mit Johnny dar: Die Familie Jürgens hielt sich an Tradition, und eine von ihnen schien Homosexualität zu beinhalten. Die anfallende Ehefrau würde er einfach unter den Tisch fallen lassen; Ausnahmen bestätigten ja schließlich die Regeln. Das Objekt Roberts Begierden saß derweilen auf seinem Bett und war dabei, sein Päckchen auszupacken. Bis jetzt war es so gewesen, das auf jede entpackte Schicht eine neue gefolgt war. So hatte er bereits eine halbe Stunde mit Geschenköffnen verbracht, als die Papierschlacht schlussendlich doch noch ein Ende fand. Oder es besser gesagt beinahe tat. Im letzten Karton befand sich ein ungeheuer klein zusammengefalteter Zettel, auf dem anscheinend irgendetwas stand. Neugierig entfaltete Johnny das Blatt und las, was darauf stand: "Hallo Karotte, erst mal ein großes Sorry: Sean Connery war leider nicht lieferbar. Habe daher auf die Nr. 2 deiner favorisierten Heiratskandidaten zurückgegriffen. MFG - St. Nick" Im selben Augenblick ging die Zimmertür auf und ein recht atemloser Robert sprang auf den Schotten zu: "Johnny-Schätzchen, ich liebe dich!!!" Unwillkürlich musste Johnny grinsen; na das war ja mal ne prompte Lieferung! Unter dem Klirren von unzähligen Glöckchen landete der Schlitten auf einem nahegelegenen Hochhausdach. Der rotgekleidete alte Mann stieg aus und begann, sich an dem Rentiergespann zuschaffen zu machen. Wenige Augenblicke darauf erstarben die Bewegungen der Tiere. Nur ein einziges bewegte sich unbeeindruckt weiter, zog sich den pelzigen Kopf von den Schultern. Zuvor kam das Gesicht eines violetthaarigen Mannes jenseits der 40: "Warum müssen wir eigentlich diese erniedrigenden Kostüme tragen, Gospodin? Hätten wir nicht einfach einige weitere Roboter wie die Rentiere einbauen können?" "Sei nicht albern Boris. Nach dem Einbau des Düsenantriebes für den Schlitten war einfach nicht mehr genug Geld übrig, um weitere Maschinen zu finanzieren. Und außerdem erkennt uns so wenigstens keiner." "Iswinitje, Entschuldigen Sie, Voltaire-sama! Es tut mir aufrichtig leid, Sie in diese Situation gebracht zu haben. Alles, was ich wollte, war einen Rentierbraten zu schießen; stattdessen treffe ich den Weihnachtsmann." "Schon gut, ist immerhin noch besser als die dämliche Kur, die mir mein Arzt aufgebrummt hat." Eine Weile saßen die beiden schweigend auf dem Dach. "Voltaire-sama?" "Was ist?" "Warum haben sie eigentlich diese Typen von den Majestics verkuppelt?" "Nur so; jetzt, wo mein Enkel bald alt genug zum Ausziehen ist brauche ich doch jemand anderen, dem ich durch die Demolition Boys das Leben zur Hölle machen kann. Wer wäre da besser geeignet als eine europäische Schwuchtel-WG?" "Oh Gospodin, ihr seid ja so klug!" "Ich weiß.", glücklich legte Kais Großvater einen Arm um Boris und gemeinsam genossen sie den über ihnen aufragenden Sternenhimmel. ~~~ : ~~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)