Wir sind keine Engel von Lethtendris (Oder doch?) ================================================================================ Kapitel 3: Der Alltag im Haus ----------------------------- Wir sind keine Engel Kapitel 3: Der Alltag im Haus „Yohji!“, hallte ein lauter Schrei über den Flur. Kurz darauf wurde die Zimmertür des Playboys von einem sehr aufgebrachten, braunhaarigen jungen Mann schwungvoll aufgestoßen. „Yohji verdammt, warum liegst du immer noch im Bett?! Ich hab dich mindestens schon einhundert Mal gerufen!“ Ken ging zum Fenster, schob die Vorhänge beiseite und gewährte so dem Sonnenlicht Einlass in Yohjis Zimmer. Dessen Reaktion bestand allerdings nur aus einem mürrischen Brummen, dicht gefolgt von dem Verstecken seines Kopfes unter dem Kissen. „Oh Mann Yohji! Wie kann man nur so viel schlafen?! Steh endlich auf.“ Erbarmungslos riss der ehemalige Torwart dem anderen Mann die Decke weg, woraufhin sich dieser zusammenrollte. Ken ließ seinen Blick über den entblößten Körper schweifen. Als er merkte, dass sein Blick an einer bestimmten Stelle der wohlgeformten Figur hängen blieb, wandte er hastig den Blick ab und spürte, wie die Schamesröte in sein Gesicht schoss. Warum musste dieser Mann aber auch unbedingt nackt schlafen? „Jetzt steh schon auf. Du hast Schicht im Laden und ich sehe überhaupt nicht ein, warum ich die Schicht schon wieder allein übernehmen soll“, ließ Ken den Wortschwall weiter auf ihn niederprasseln. Yohji lugte schließlich doch unter seinem Kopfkissen hervor und sah sein Gegenüber verschlafen an. „Ken ... ich hab Kopfschmerzen. Geht das auch leiser?“, murmelte er schläfrig. Kopfschmerzen waren noch die reinste Untertreibung. Ihm hämmerte der Schädel so sehr, dass er sich wünschte Ken wäre so wütend auf ihn, dass er ihm mit seinen Bugnuks den Schädel spaltete. Dann wäre er wenigstens die Schmerzen nach einem einzigen letzten Schmerz los. Dabei konnte er sich nicht einmal mehr daran erinnern, weshalb eigentlich tausende von kleinen unterschiedlichen Hämmern, wie zum Beispiel Schlosserhämmer, Gummihämmer, Vorschlaghämmer und Presslufthämmer, ein Konzert in seinem Kopf veranstalteten. So etwas nannte man dann wohl einen Filmriss... Der braunhaarige Mann seufzte. „Wenn du aufstehst, bin ich auch leiser. Bei dir muss man schreien, sonst wirst du ja nicht wach. Also raus aus den Federn, die Arbeit macht sich nicht von allein.“ Scheinbar hatte Yohji keine andere Wahl als aufzustehen, eher würde Ken ihn vermutlich sowieso nicht in Ruhe lassen. Träge setzte er sich also auf und gähnte zunächst einmal ausgiebig. Er kratzte sich kurz am Kopf, was sein vom Schlaf zerzaustes Haar nur noch ein wenig mehr verwuschelte. Um es zumindest für den Augenblick zu bändigen, strich er sich die langen Strähnen hinter die Ohren. Dann wanderte sein Blick wieder zu dem ehemaligen Torwart, der immer noch bei ihm im Zimmer stand und ihn anstarrte. Als dieser die Augen des anderen auf sich ruhen spürte, fühlte er, wie ihm das Blut in den Kopf schoss und seine Wangen rot färbte. Unbewusst hatte er sein nacktes Gegenüber weiterhin genau inspiziert. „Was starrst du mich so an? Noch nie einen nackten Mann gesehen? Hast du nicht irgendwie noch was unten im Laden zu tun?“, riss die Stimme des Playboys ihn aus seiner Starre. „Doch, natürlich hab ich das“, stammelte Ken und verließ beinahe fluchtartig das Zimmer. Yohji sah seinem jüngeren Kollegen etwas irritiert hinterher. Irgendwie benahm dieser sich in letzter Zeit merkwürdig, er würde wohl mal dringend mit ihm reden müssen. Dann schüttelte er den Kopf. Das hatte noch etwas Zeit, zuerst einmal brauchte er dringend eine Dusche, um richtig wach zu werden. Er stand von seinem Bett auf und ging zum Kleiderschrank. Als er die Türen öffnete, wurde er beinahe unter der ihm entgegen fallenden Wäsche begraben. Vielleicht sollte er Ayas Rat doch befolgen und endlich mal ausmisten und aufräumen. Ein weiterer Kleiderschrank war natürlich auch eine verlockende Alternative, über die es sich nachzudenken lohnte. Schaden konnte es bestimmt nicht, sich nach einem passenden Möbelstück für sein kleines Reich um zu sehen. Bei der Gelegenheit konnte er ja eigentlich auch gleich noch einige andere Neuanschaffungen machen. Eine Entscheidung war schnell getroffen, der Gedanke an Shopping überwog den ans Ausmisten bei weitem, er konnte sich sowieso nur schwer von irgendetwas trennen. Schließlich zog Yohji einige Kleidungsstücke aus dem durcheinander und stopfte den Rest wieder so gut es ging zurück in den Kleiderschrank. Diesen schloss er dann schnell, damit nicht schon wieder etwas herausfallen konnte. Mit frischen Boxershorts, Socken, Jeans und Pullover bewaffnet ging er zur Zimmertür und wollte diese gerade öffnen, als ihm auffiel das er immer noch nackt war und so vielleicht besser nicht durchs Haus laufen sollte. Also zog er die Shorts kurzerhand an und verließ dann das Zimmer. Mit ein paar Schritten durchquerte der junge Mann den Flur und brachte die Distanz zwischen seinem Zimmer und dem Bad hinter sich. Die Tür stand offen und gewährte bereits vom Flur aus einen Blick auf die noch feuchten Fliesen und den stellenweise durchnässten Duschvorleger. Offensichtlich hatte heute Morgen bereits jemand das Badezimmer überschwemmt. Und sehr offensichtlich konnte das nur eine Person gewesen sein, Ken. Allein der Umstand, dass auf dem Boden noch Shirt und Shorts eines Basketballteams, das Yohji nicht mal kannte, herum lag anstatt in den Wäschekorb geworfen worden zu sein, bestätigte seine Vermutung. Und da behaupteten immer alle, er wäre die größte Schlampe in ihrer Wohngemeinschaft und sollte mehr aufräumen. Das ärgerte den Playboy jetzt wirklich, immerhin brachte nicht einmal er es fertig, das Badezimmer in einem solchen Grad der Verwüstung zu hinterlassen. Oder? Yohji dachte darüber nach, ob er vielleicht doch schlimmer war, während er Kens Sachen wegräumte, um endlich duschen zu können. Ihm fiel nur eine Gelegenheit ein, bei der er ein schlimmeres Desaster angerichtet hatte. Schuld daran war aber nur der Alkohol, rechtfertigte er sich vor sich selbst, nur um sich im nächsten Moment zu fragen, warum er überhaupt über so etwas nachdachte? Es brachte doch sowieso nichts. Yohji schloss die Badezimmertür hinter sich ab, legte seine Kleidung bei Seite, und begnügte sich damit, Ken gleich noch ein bisschen mit dieser Angelegenheit aufzuziehen. Er zog seine Boxershorts aus und stieg in die Duschkabine. Nachdem er den Vorhang zugezogen hatte, drehte er den Warmwasserhahn auf und stellte sich unter den Wasserstrahl. Währenddessen war Ken wieder im Blumenladen. Glücklicherweise war vormittags nicht so viel Kundschaft im Laden. Der große Ansturm von Schulmädchen erfolgte ja erst um die Mittagszeit herum. Also war es prinzipiell nicht so schlimm, wenn Yohji verschlief. Trotzdem fand Ken, dass er etwas mehr Pflichtbewusstsein an den Tag legen und sich ein Beispiel an Omi nehmen konnte, schließlich konnte nicht jeder machen was er wollte. Der ehemalige Torwart begann damit, einige Blumen zu gießen und überlegte, was er noch alles erledigen musste und was er bisher geschafft hatte. Dann hielt er inne. Hatte er das Bad, nachdem er seine morgendliche Dusche nach dem Lauftraining genommen hatte, wieder einigermaßen in seinen ursprünglichen Zustand versetzt? Wahrscheinlich schon, irgendwann bevor er verzweifelt versucht hatte Yohji aus dem Bett zu kriegen. Nächstes Mal sollte er es vielleicht einfach mit einem Eimer kaltem Wasser versuchen. Er stellte die entleerte Gieskanne wieder beiseite, holte den Kehrbesen aus der Ecke und begann damit, den Laden durch zu fegen. Nebenbei schielte er mit einem Auge auf die Uhr. Yohji konnte sich wirklich mal etwas beeilen, er hatte ihn schon vor einer halben Stunde geweckt. Die Faulheit dieses hoffnungslosen Playboys war wirklich unglaublich und wurde wohl nur noch durch seine große Klappe übertroffen. Aber was machte er sich überhaupt Gedanken darüber, ändern würde er sich wahrscheinlich sowieso nie. Vollkommen vergebene Liebesmühe. Die kleine Klingel, die über der Eingangstür angebracht war und das Eintreten eines neuen Kunden ankündigte, riss den jungen Mann aus den Gedanken. Er sah auf und schenkte der jungen Frau ein strahlendes Lächeln. „Guten Morgen, wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte er zuvorkommend und stellte sofort den Besen wieder zurück an seinen Platz, um sich der Kundin zu widmen. „Guten Morgen“, erwiderte sie ebenfalls lächelnd. „Ich hätte gerne einen hübschen Blumenstrauß mit Sonnenblumen, ich brauch ihn als Geburtstagsgeschenk für meine Mutter.“ Ken nickte verstehend und zeigte ihr einen Blumenstrauß in der Auslage, der mit Sonnenblumen, blauen Chrysanthemen, etwas Schleierkraut und grünen Blättern drapiert war. „Gefällt Ihnen der hier? Oder soll ich Ihnen lieber einen neuen binden?“ Die Frau begutachtete den Blumenstrauß eingehend und nickte dann. „Er gefällt mir. Aber wie lange liegt der denn schon hier? Ich hätte gerne frische Blumen, meine Mutter soll ja auch noch ein paar Tage etwas davon haben.“ „Der Strauß ist ganz frisch, ich habe ihn heute Morgen erst gebunden. Wir bekommen einen Teil unserer Blumen jeden morgen frisch vom Großhändler und einige anderen ziehen wir selbst in unserem Gewächshaus“, erklärte der junge Mann freundlich. „Aber wenn Sie möchten, kann ich Ihnen selbstverständlich gerne einen neuen binden. Das ist gar kein Problem.“ „Gut, dann hätte ich lieber einen neuen Strauß, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Er soll dann auch etwas größer sein, vielleicht 2 Sonnenblumen mehr.“ Ken legte den fertigen Blumenstrauß wieder weg, fischte aus einem Behälter ein paar frische Sonnenblumen und zeigte sie der Kundin. „Sind die in Ordnung? Möchten Sie hier auch blaue Chrysanthemen dazu? Oder lieber andere Blumen?“ Die Frau überlegte kurz, während ihr Blick zwischen den Sonnenblumen in Kens Händen und dem fertigen Strauß hin und her wanderten. „Ja die gefallen mir. Und ich hätte den Strauß dann gerne so, wie den anderen, nur größer.“ „Kommt sofort“, sagte der Braunhaarige und suchte sich noch die übrigen Blumen und Blätter zusammen, die er für den Strauß benötigte. Als er alles gefunden hatte, nahm er seinen Platz hinter der Theke ein und fing an, die Blumen liebevoll zusammen zu stecken. Das Ergebnis seiner Arbeit zeigte er dann der Kundin und auf ihr zufriedenes Nicken hing, wickelte er den Strauß in Folie und klebte ein gekräuseltes Geschenkband mit einem Sticker des Blumenladenlogos darauf. „Das macht dann 3.000 Yen, bitte“, erklärte er, woraufhin die Frau das Geld aus ihrer Geldbörse fischte und ihm entgegen hielt. Ken überreichte ihr den Blumenstrauß, nahm das Geld entgegen und legte es in die Kasse. „Einen schönen Tag noch. Beehren Sie uns bald wieder.“ „Auf Wiedersehen“, erwiderte die Kundin und verließ das Geschäft. „Und? Hast du wenigstens ihre Telefonnummer?“, erklang eine leicht ironische Stimme, aus der man das Grinsen geradezu heraushören konnte. Der ehemalige Torwart schrak leicht zusammen und drehte sich zur Tür, in der Yohji lehnte und sich gerade die Sonnenbrille richtig auf die Nase schob. Auf diesen für ihn typischen Spruch, ging er schon gar nicht mehr ein. „Yohji! Was hast du schon wieder so lange gemacht? Du trödelst viel zu viel herum. Wirklich nicht zu glauben, was du für ein arbeitsscheuer Faulpelz bist.“ Der Ältere der beiden zog eine Augenbraue nach oben. „Ich hab nicht getrödelt. Wenn du nicht so eine Schlampe wärst, dann wäre ich viel früher hier gewesen. Aber leider musste ich erst die Überschwemmung im Badezimmer beseitigen, ebenso wie ich deine ganzen Klamotten zusammen suchen musste. Also reg dich bloß ab.“ Damit war für ihn die Sache erledigt. Er steckte sich eine Zigarette in den Mundwinkel, zündete sie an und nahm genussvoll den ersten Zug. Ken hingegen lief tomatenrot an und wandte sich etwas verärgert von dem anderen Mann ab. Er war nicht über die große Klappe des anderen verärgert, ausnahmsweise hatte er schließlich mal Recht. Er hatte vergessen, das Badezimmer wieder in einen einigermaßen benutzbaren Zustand zu versetzen. „Tut mit leid, Yohji“, murmelte er und sah nach, ob es schon Bestellungen für die Auslieferung gab. Yohji winkte ab und wischte die Angelegenheit damit bei Seite. „Räum halt nächstes Mal deine Sachen wenigstens so weg, dass man nicht darüber stolpert.“ Da im Augenblick keine Kundschaft im Laden war, widmeten sich die beiden anderen Aufgaben. Ken verschwand nach einer Weile ins Gewächshaus, um ein paar frische Blumen zu schneiden. Als das Telefon klingelte sah der unverbesserliche Playboy von dem Gesteck auf, das er gerade anfertigte und ließ von seiner Arbeit ab. Nach dem zweiten Klingeln hielt er auch schon den Hörer in der Hand und begrüßte die Person am anderen Ende gutgelaunt. „Koneko sumu le, einen wunderschönen guten Tag. Yohji Kudou am Apparat, was kann ich für Sie tun?“ Der junge Mann griff nach einem Zettel und einem Stift und notierte eifrig die Bestellung, endlich hatte er mal ein klein wenig Abwechslung, wenn auch nur für wenige Minuten. Er kritzelte noch schnell die Adresse dazu, wohin der Strauß ausgeliefert werden sollte und verabschiedete sich dann höflich. „Vielen Dank für Ihre Bestellung, wir liefern sie heute Nachmittag aus. Einen schönen Tag und ein schönes Wochenende wünsche ich noch.“ Dann hing er den Hörer wieder auf die Gabel. Er kehrte zurück an die Theke und vollendete das Gesteck, dann machte er sich daran, den vor einigen Minuten bestellten Strauß zu binden. „Wer macht heute eigentlich Auslieferung?“, fragte Yohji, als sein jüngerer Kollege mit einem Kübel Blumen in den Armen wieder den Verkaufsraum betrat. „Ich weiß nicht genau. Aya glaube ich“, antwortete er und stellte den Kübel zu einigen anderen. „Guck doch auf den Plan, dann weißt du es.“ „Aya ... wo steckt der eigentlich?“ Ken verdrehte die Augen. „Der ist dran mit einkaufen und genau das macht er halt, damit du weiterhin deinen Kaffee trinken kannst. Du kannst dir auch gar nichts merken. Vielleicht solltest du weniger Alkohol trinken, ich hab das Gefühl der weicht langsam deine Birne auf.“ Das war zu viel, dieser Kerl schaffte es doch tatsächlich immer, ihm schon früh morgens die Laune zu verderben und heute hatte er sich sogar noch selbst übertroffen. „Wenn du schlechte Laune hast, dann lass das nicht schon am frühen Morgen an mir aus. Kein Grund direkt beleidigend zu werden“, sagte Yohji etwas gekränkt. Aber was sollte er auch anderes erwarten, Ken würde sich niemals ändern, genauso wenig wie er selbst. Sie würden sich ewig weiter streiten und gegenseitig aufziehen. Ein wenig schuldbewusst sah der ehemalige Torwart auf den Boden. „Du hast ja Recht, tut mir leid.“ Der Ältere seufzte. „Ich meine, wenn du wirklich ein Problem hast, dann solltest du mit uns drüber sprechen und es nicht immer damit rauslassen, dass du mich angiftest. Man kann sich auch ganz normal mit mir unterhalten.“ Er schwieg für einen kurzen Augenblick und fuhr dann fort. „Hat das vielleicht was mit heute morgen, als du mich geweckt hast zu tun? Du hast da irgendwie ... abwesend gewirkt.“ Ken schoss schlagartig wieder das Blut in den Kopf und färbte sein Gesicht so rot wie eine Tomate. „Ich ... nein ... das hat überhaupt nichts damit zu tun.“ Sein halbherziger Versuch, zu einer Erklärung anzusetzen, scheiterte kläglich. „Ken, du weißt ich hab immer ein offenes Ohr, wenn jemand ein Problem hat und ich kann es auch für mich behalten. Erste Regel: Verschwiegenheit“, sagte Yohji mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht. „Das war so und das wird immer so bleiben. Einige Prinzipien hab ich trotzdem noch. Auch wenn man mich für einen hoffnungslosen Playboy und vor allem für einen Kindskopf, der nicht ein einziges mal in seinem Leben ernst sein kann, hält.“ Er zuckte gelassen mit den Schultern. „Aber dumm bin ich nicht und blind genauso wenig. Also was ist los, Ken? Du benimmst dich irgendwie eigenartig. Du träumst vor dich hin, bist manchmal noch geistesabwesender, als noch vor ein paar Monaten, du ... siehst die anderen und mich manchmal seltsam an, irgendwie ... sehnsüchtig. Und glaub mir, davon versteh ich was.“ Das Gesicht des anderen verfärbte sich noch dunkler rot, sofern das überhaupt noch möglich war. „Also, es hat nichts mit euch zu tun, nicht direkt. Ich bin nur ... ich hab nur ...“ Er fing an zusammenhangloses Zeug vor sich hinzustammeln. Es war ihm sichtlich unangenehm, dass ausgerechnet Yohji ihn darauf ansprach. Aber andererseits konnte vielleicht gerade er ihn in seiner jetzigen Situation am besten verstehen, immerhin hatte er viel Erfahrung und hatte noch so lange an Asuka gehangen. Der Ältere der beiden seufzte leise. „Ich weiß, dass du wohl am ehesten mit Omi reden würdest. Aber der ist halt grade nicht hier und ich finde, du solltest doch endlich mal loswerden, was dir auf der Seele liegt. Das kann sich ja kein Mensch mehr mit ansehen. Außerdem ist im Moment sowieso nichts los und wir sind unter uns. Reden hilft manchmal, das kann sehr befreiend sein.“ Ein schabendes Geräusch ertönte, als Ken einen Stuhl von dem Tisch, der im Laden stand, wegzog und sich darauf niederließ. „Wenn ich es dir erzähle ... versprichst du mir dann, wirklich niemandem etwas davon zu sagen?“ Er sah den Mann hinter der Theke eindringlich an. Die Schamesröte war nun wieder weitestgehend aus seinem Gesicht gewichen, um Unsicherheit Platz zu machen. „Ich verspreche es“, Yohji kam hinter der Theke hervor und setzte sich zu seinem Freund. „Und wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch. Aber so schlimm kann es ja wohl nicht sein.“ Sein Gegenüber nickte und atmete einmal tief durch, bevor er mit seiner Erzählung ansetzte. „Also, ob es schlimm ist, liegt denke ich immer jeweils im Auge des Betrachters. Es gibt bestimmt Leute, die so was missbilligen und vielleicht sogar abstoßend finden ... und ehrlich gesagt halte ich dich für jemanden dieser Art Leute, Yohji.“ Ken schwieg einen Augenblick, um zunächst die Reaktion des anderen abzuwarten. Die beschränkte sich jedoch bloß auf Platzieren des Ellenbogens auf der Tischplatte und ein Aufstützen des Kopfes auf seine Hand. Da er scheinbar doch Kritik ertragen konnte, wenn es um etwas Ernstes ging, ohne gleich einen Aufstand wie ein Kleinkind zu veranstalten, fuhr Ken fort. „Ich bin halt mit meinen Gedanken in letzter Zeit manchmal woanders, weil ich sehr oft an jemanden denken muss. Aber wie gesagt, keine Angst, das hat nicht direkt was mit euch zu tun, auch wenn ich euch manchmal blöde anstarre.“ Yohji nickte zustimmend. Kaum zu glauben, dass ihm das sogar mal selbst aufgefallen war. „Ja, das tust du allerdings. Und da macht man sich eben so seine Gedanken, was mit unserem Ken-Ken los sein könnte. Aber erzähl weiter, ich will wissen warum ich jetzt so jemand bin, der Sachen abstoßend findet.“ Vor allem interessierte ihn aber, um was für Sachen es sich handelte. „Wie gesagt, denke ich halt sehr oft an jemanden ... an jemanden, den ich schon einige Zeit weder gesehen, noch etwas von ihm gehört habe. Und darum mach ich mir eben Sorgen, was mit ihm ist. Und ja, du hast richtig gehört: ihm. Wir reden hier von einem Mann. Ein Mann, in den ich mich verliebt habe und das schon vor einigen Monaten“, erklärte Ken und schaute dabei verlegen auf die Tischplatte. Der Mann mit dem honigfarbenen, zusammengebundenen Haar lauschte Aufmerksam den Ausführungen des anderen. Dann zog er eine Augenbraue nach oben und sah ihn fragend an. „Und wann kommt die Stelle mit den abstoßenden Sachen? Ich dachte schon es wäre was Schlimmes.“ Er lächelte aufmunternd. „Du bist verliebt, das ist doch was Schönes. Und das es ein Kerl ist, ist doch ziemlich nebensächlich, finde ich. Hauptsache ist doch, dass man mit demjenigen glücklich wird.“ Nachdem er den letzten Satz gesagt hatte, hielt er einen Augenblick inne und fuhr etwas erschrocken fort. „Oh mein Gott, das ist es. Ihr könnt nicht glücklich werden. Er hat rausbekommen, was du wirklich machst und meldet sich deswegen nicht mehr bei dir. Du willst Weiß verlassen, oder?“ Ken weitete ungläubig die Augen und schüttelte heftig den Kopf. „Nein, nein. Das ganz bestimmt nicht. Darum geht es nicht, Yohji. Es hat glaub ich weniger mit Weiß und mit dem was ich mache zu tun. Ich glaube, ihm ist etwas Schlimmes zugestoßen. Er meldet sich nicht und ich kann ihn nicht erreichen, egal was ich probiere.“ „Hm ... hast du vielleicht mal probiert ein paar Freunde von ihm zu finden und zu fragen? Oder mal bei ihm auf der Arbeit nachgeforscht? Sollen wir dir da vielleicht ein bisschen unter die Arme greifen?“ Yohjis Lippen formten sich zu einem hämischen Grinsen. „Du weißt doch, wenn es um die Liebe geht, bin ich der Letzte, der irgendjemandem Steine in den Weg legt oder Hilfe verweigert.“ „Das ist lieb von dir“, der Braunhaarige lächelte leicht. Auf die ersten Fragen des anderen ging er überhaupt nicht ein, er wusste nicht, was er darauf hätte antworten sollen. „Ich hatte schon Angst du würdest irgendwie ... na ja, komisch reagieren oder so was oder vielleicht nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Jetzt weißt du ja, was los ist und sag es bitte nicht den anderen, denk dran, du hast es versprochen.“ Der andere Mann schüttelte energisch den Kopf, so dass ihm einige gewellte Strähnen schwungvoll ins Gesicht flogen. „Nein, ich habe doch gesagt, dass ich es für mich behalte und daran halt ich mich auch. Was wäre ich für ein Freund, wenn ich das nicht täte? Und das mit dem komisch reagieren wegen dieser ach so schlimmen Sache ... Also manchmal wunder ich mich doch darüber, was ihr immer so von mir denkt. Was hätte ich denn deiner Meinung nach sagen oder machen sollen? Hätte ich wild gestikulierend aufspringen und lautstark verlangen sollen, das man dich exorziert und dir den Teufel austreibt, weil homoerotische Beziehungen Blasphemie sind?“ Er lachte leise und schien sich über diese Vorstellung köstlich zu amüsieren. „Tut mir leid, dass ich dich da enttäuschen muss, Ken, aber da bist du bei mir an der falschen Adresse. Ich finde, das ist mittlerweile genau so normal, wie pseudo-normale Männlein-Weiblein-Beziehungen. Nur weil ich allseits als Playboy bekannt bin, heißt das nicht, dass ich nicht schon einiges ausprobiert hab. Und das ist etwas, was du jetzt für dich behältst, sonst werde ich doch als Womanizer nicht mehr ernst genommen und müsste dir leider den Hals umdrehen“, schloss er grinsend und schob seinen Stuhl zurück, um aufzustehen. Yohji erhob sich und schob den Stuhl wieder an seinen Platz zurück. Er lächelte seinen verdutzten Freund noch einmal an. „Aber zumindest weiß ich jetzt, warum du mich heute morgen so genau inspiziert hast. Sehe ich deinem Geliebten etwa ähnlich?“ Kens Gesichtsausdruck wechselte von verblüfft über Yohjis Redeschwall zu belustigt. „Nein, nicht im geringsten. Aber es ist nicht abzustreiten, dass ihr beide gut gebaut seid“, fügte er leise schüchtern hinzu. „Werde deinem Liebsten aber bloß nicht untreu, obwohl ich weiß, dass so etwas schwer fällt, wenn man jemanden wie mich immerzu um sich herumschwirren hat“, sagte der andere lachend und nahm wieder den Platz hinter der Theke in Anspruch, um den Blumenstrauß für die zuvor aufgenommene Bestellung fertig zu binden. Kopfschüttelnd stand nun auch der ehemalige Torwart auf. „Du bist wirklich unverbesserlich ... und unglaublich von dir eingenommen.“ „Na immerhin verkrieche ich mich nicht in einem Schneckenhaus, so wie du. Also sieh zu, dass du die Sache mit deinem Schneckchen schnell wieder auf die Reihe kriegst, damit solches zurückziehen zu zweit wieder Sinn macht.“ Ein zweideutiges Grinsen umspielte seine Lippen, während Ken wieder das Blut ins Gesicht schoss und dieses vor Scham rot färbte. „Wenn er sich nicht meldet, versuch du ihn zu finden. Wenn es sein muss, rede mit seiner Mutter oder seinem Ex, da kann man schon mal was erfahren. Das Angebot, dir dabei zu helfen, steht übrigens immer noch.“ „Danke Yohji, ich werde darauf zurückkommen. Aber ich hoffe mal, dass sich das erübrigt.“ Und das hoffte er wirklich, die ganze Wahrheit konnte er ihm schließlich doch nicht sagen. Aya fuhr gegen Mittag mit seinem Wagen wieder bei dem Blumenladen Koneko sumu le vor, die Einfahrt hinauf und parkte seinen weißen Porsche dort. Nachdem er den Motor ausgestellt hatte, stieg er aus und schloss zunächst den Hintereingang zum Koneko und ihrer Wohnung auf. Dann widmete er sich dem Kofferraum und öffnete diesen. Bepackt mit unzähligen Einkaufstaschen betrat er die Wohnung und stieß die Tür hinter sich mit dem Fuß ins Schloss. Die Schuhe streifte er ebenfalls mit den Füßen ab, schlüpfte in seine Pantoffeln und hatte Mühe bei der ganzen Aktion das Gleichgewicht zu halten, so vollbeladen wie er war. In der Küche angelangt, stelle er die Taschen auf dem Küchentisch und dem Boden ab, wo gerade Platz war. Dann machte Aya sich daran die Taschen auszupacken und zuerst die verderblichen Lebensmittel in den Kühlschrank einzuräumen, den Rest verstaute er im Vorratsschrank. Duschgel, Shampoo und Toilettenpapier brachte er danach direkt ins Badezimmer, wobei er bemerken musste, dass schon wieder jemand vergessen hatte, nach dem Duschen wenigstens kurz zu lüften. Das konnte ja mal wieder nur entweder Ken oder Yohji gewesen sein, ging es ihm durch den Kopf, als er das Fenster öffnete, um frische Luft in den Raum zu lassen. Wie oft sollte er ihnen eigentlich noch predigen, dass bestimmte Dinge selbstverständlich waren und einfach gemacht werden mussten? Wahrscheinlich mindestens eine Million Mal und es würde doch nichts helfen. Leise seufzend wandte der Rotschopf sich vom Badezimmer ab und ging in sein Zimmer. Er ließ die Tür leise hinter sich ins Schloss fallen, lehnte mit dem Rücken dagegen und schloss für einen Moment die Augen. Er wollte noch einen Augenblick die Ruhe genießen, bevor er wieder nach unten in die Küche ging, um das Mittagessen vorzubereiten. Denn wenn dann die anderen beiden, die jetzt noch im Blumenladen arbeiteten, dazu kamen, dann war es gewiss wieder um die Ruhe geschehen. Irgendjemand wollte dann bestimmt wieder etwas von ihm, Aya dies, Aya das. ... Aya. Der junge Mann merkte, wie seine Gedanken wieder einmal abschweiften und eine Richtung annahmen, in die er sie nicht gerne einschlagen ließ. ... Aya ... Er bat seine Freunde ihn immer noch so zu nennen. Denn Ran war längst tot. Der Junge, der er vor seinem Eintritt bei Weiß, der er vor dem Tod seiner Eltern und dem ‚Unfall’ von Aya-Chan gewesen war, war er schon lange nicht mehr. Er hatte es nicht mehr gewagt, seiner geliebten Schwester, für die er die ganze Zeit über gekämpft hatte, unter die Augen zu treten, konnte es einfach nicht. Er hatte sich zu sehr verändert, zu viel Blut klebte an seinen Händen, zu viele Sünden lasteten schwer auf seinen Schulten. Vor einem knappen halben Jahr, nach der Zerschlagung von Eszett durch Weiß, durch ihre Hand, hatte er Sakura um einen letzten Gefallen gebeten. Sie sollte Aya-Chan sagen, dass ihr Bruder bei dem Versuch sie zu retten gestorben war, ihr aber seine ganzen Ersparnisse hinterließ, damit sie ihren Traum verwirklichen konnte. Danach hatte er es vermieden, die junge Sportlerin wiederzusehen, ebenso wie seine Schwester. Der Rotschopf erinnerte sich daran, wie er am Flughafen stand und dem Flieger nach Österreich noch lange hinterher sah, obwohl dieser bereits nach einigen Minuten außer Sichtweite gelangt war. Wie gerne hätte er seine Schwester einfach in die Arme geschlossen und mit ihr ein normales Leben geführt. Aber die Erkenntnis, dass dies nicht möglich war, hatte ihn schließlich doch eingeholt und überwältigt, trotz seiner Versuche sie die ganze Zeit zu verdrängen. Auch wenn es ihn selbst immer noch schmerzte, für Aya-Chan war es seiner Meinung nach das Beste. So konnte Ran zumindest in ihrer Erinnerung als der Junge weiter existieren, der er vor einigen Jahren gewesen war. Die Realität wollte er seiner Schwester ersparen und dies schien ihm der beste Weg. Es war sein Kreuz, so wie alle von ihnen ihr Kreuz zu tragen hatten, darum waren sie Weiß. Aya schüttelte den Kopf und versuchte seine trübsinnigen Gedanken wieder beiseite zu schieben. Es brachte doch nichts immer wieder darüber nach zu denken. Er hatte das Richtige getan, ganz bestimmt. Zwar hatte er so letztendlich doch noch seine ganze Familie verloren, aber er hatte in Weiß zumindest so etwas Ähnliches wie eine neue gefunden. Das erinnerte ihn nach einem flüchtigen Blick auf die Uhr daran, dass es in weniger als einer halben Stunde ein paar hungrige Mäuler zu stopfen gab. Zeit um sich auszuruhen hatte er also doch keine mehr. Er war viel länger unterwegs zum Einkaufen gewesen, als er gedacht hatte. Irgendwie schienen aber auch immer genau dann alle Leute einkaufen zu wollen, wenn er an der Reihe war. Aya verließ wieder sein Zimmer und ging die Treppe hinunter in die Küche. Dort bemerkte er erst jetzt, dass jemand sein Frühstücksgeschirr nicht abgespült hatte. Als er die Einkäufe verstaut hatte, war es ihm zunächst gar nicht aufgefallen. Funktionierte in diesem Haushalt denn rein gar nichts, wenn er nicht zu Hause war? Er beschloss etwas zu kochen, was schnell ging und nicht so viel Arbeit machte. Nachdem er einen Topf mit Wasser aufgesetzt hatte, legte er sich alle Zutaten, die er für eine Nudelsuppe brauchte, schon einmal bereit. Seufzend machte er sich daran das schmutzige Geschirr abzuspülen, während das Wasser langsam anfing zu kochen. Aya nahm gerade den Topf mit der fertigen Nudelsuppe vom Herd, als Ken und Yohji die Küche betraten. „Endlich Mittagspause", stöhnte der Playboy gequält. „Wurde auch mal Zeit." „Stell dich nicht immer so an, so viel war heute Vormittag auch nicht zu tun", rügte ihn der Mann, der mit ihm die Küche betrat. Der Rotschopf, der gerade den Topf auf einen Untersetzer auf dem Küchentisch abstellte, störte sich nicht an ihren Streitereien. Er war es ja mittlerweile gewöhnt. „Wie wäre es, wenn ihr euch nützlich macht und den Tisch deckt? Wenn ihr schon nichts anderes macht und ich euch noch überall hinterher räumen darf?" „Aye, Aye, mon capitaine", antwortete Yohji mit aufgesetztem, französischem Akzent, stand straff vor seinem Leader und salutierte. Begleitet von Kens unterdrücktem Prusten und einigen skeptischen Blicken Ayas, holte er das Geschirr aus dem Schrank und deckte den Tisch für sie drei. „Was meinst du denn mit hinterher räumen?“, fragte Ken neugierig. Er war sich keiner Schuld bewusst. Leise seufzend setzte Aya sich an seinen Platz und schüttelte leicht den Kopf. „Nur das ihr beide absolut unfähig seid, auch nur die minimalsten und selbstverständlichsten Dinge zu tun. Wie zum Beispiel das Badezimmer aufräumen und zu lüften oder das Frühstücksgeschirr zu spülen.“ „Ich hab nicht gefrühstückt“, warf Yohji sofort abwehrend ein und setzte sich ebenfalls an den Tisch. „Das mach ich nie, wenn man mich so früh aus dem Bett wirft. Ich konnte ja heute Morgen nicht mal einen Kaffee trinken, weil wir keinen mehr da hatten. Hast du eigentlich neuen mitgebracht?“ Ken lächelte jetzt doch etwas schuldbewusst und setzte sich als letzter. „Das mit dem Geschirr war dann, glaub ich, wohl doch ich. Aber das Badezimmer hat Yohji als letzter benutzt.“ „Denkt einfach das nächste Mal daran, es zu machen. Ich hab keine Lust, ewig euren Dreck wegzumachen, ihr seid alt genug das selber zu tun. Kaffee haben wir übrigens auch wieder. Und jetzt guten Appetit.“ Nachdem sie sich alle eine Portion der Suppe genommen hatten, wünschten sie sich gegenseitig einen guten Appetit und begannen zu essen. Während die Weiß-Mitglieder noch beim Mittagessen saßen, betrat Omi die Küche und zog die Blicke dreier fragender Augenpaare auf sich. „Warum bist du schon so früh zu Hause? Hast du nicht eigentlich länger Schule?", fragte Aya und musterte den Jungen. Er sah irgendwie bleicher aus als sonst, scheinbar ging es ihm nicht sehr gut. „Der Lehrer hat mich nach Hause geschickt. Mir war ein bisschen schlecht und ich habe Kopfschmerzen. Außerdem hab ich im Sportunterricht nicht beim Badminton mitspielen können, weil mir irgendwie der Arm wehtat. Ich glaube, ich habe ihn mir verrenkt oder so etwas, jetzt geht’s aber wieder. Er hat mich zuerst ins Krankenzimmer geschickt, aber dann sollte ich doch nach Hause", erklärte ihr Jüngster und kratzte sich ein wenig verlegen am rechten Arm. Yohji sah ihn besorgt an. „Hoffentlich wirst du nicht krank, du siehst etwas blass aus. Deinen Arm solltest du eventuell ein paar Tage schonen. Vielleicht solltest du morgen zu Hause bleiben, ich ruf in der Schule an." Er warf einen schnellen Blick zu ihrem Leader, um festzustellen, ob seine Entscheidung in Ordnung war. Dieser nickte, womit erst einmal beschlossen war, dass Omi nicht in die Schule musste. "Nimm dir einen Teller und iss etwas Suppe mit." „Nein, ich werde schon nicht krank, ich bin vielleicht nur etwas übermüdet, weil ich gestern noch so lange recherchiert habe", antwortete er und nahm sich dann wie geheißen ebenfalls einen Teller und setzte sich zu seinen Freunden an den Tisch, um zu essen. „Das mit dem Arm ist auch schnell wieder okay. Das habe ich manchmal, wenn ich ihn zu überstrapaziere. Und Badminton ist halt ein Sport, der sehr auf die Arme geht.“ Jetzt mischte auch Ken sich ein. Wenn es seinem besten Freund nicht gut ging, machte er sich schließlich ebenfalls Sorgen und musste natürlich auch etwas dazu sagen. „Du solltest vielleicht wirklich mehr schlafen. Bleib morgen zu Hause wie Yohji gesagt hat, für die Hausaufgaben kannst du ja einen Klassenkameraden anrufen und sie dir vorbeibringen lassen. Ich glaube nicht, dass die anderen beiden etwas dagegen haben, wenn du heute Nachmittag nicht im Laden mithilfst." Da die damit gemeinten ihre Zustimmung gaben, nickte auch Omi wortlos und löffelte weiter seine Suppe. Am besten legte er sich gleich direkt ins Bett, um den Schlafmangel zumindest ein bisschen auszugleichen. Allerdings nicht ohne vorher das ganze Haus nach Kopfschmerztabletten und der Salbe für Sportverletzungen, Prellungen und Zerrungen aller Art abzusuchen. „Vielleicht solltest du auch in der Schule beim Sportunterricht nicht mitmachen, solange ihr Badminton spielt, wenn du deine Arme dabei so sehr strapazierst, dass du Schmerzen hast. Falls du dich dabei verletzen solltest, würdest du auch bei Missionen ausfallen“, ergänzte Aya, ohne von seinem Teller aufzusehen. „Ich werde mit Manx darüber sprechen, damit sie dir ein ärztliches Attest besorgt.“ Der blonde Junge sah erstaunt zu seinem Tischnachbarn auf. „Also so schlimm, dass ich in der Schule kein Sport mehr machen kann, ist es ja nun auch nicht. Ich war heute nur nicht ganz bei der Sache, weil ich müde war und hab mich darum falsch bewegt. Ansonsten ist es doch eigentlich eine ganz gute Ergänzung, um im Training zu bleiben. Ich muss schon nicht vom Sport freigestellt werden, Aya.“ Ohne ein Wort zu sagen, sah der Rothaarige auf und direkt in zwei große, blaue Augen. Einige Augenblicke starrten sich die beiden Augenpaare lediglich an. „Du wirst vorerst in der Schule keinen Sport machen, Omi. Wenn du dir wirklich etwas ernsthaft verrenkst oder zerrst, bist du uns keine große Hilfe, wenn du weder deine Dartpfeile oder deine Armbrust festhalten, noch die Arbeit am Computer weiter machen kannst.“ Sein Blick duldete keine Widerrede, wenn es um die Vorbereitung von Missionen und die Sicherheit des Teams ging, gab es für ihn keine Kompromisse. Schwarz scharrten sich um das Foto und betrachteten es eingehend. Die vier jungen Männer die darauf zu sehen waren, kannten sie nur all zu gut: Weiß. Brad atmete tief ein, nur um sich kurz darauf zu fragen, warum er das tat. Er war tot, er brauchte nicht zu atmen. „Weiß also. Und für jeden ist ein Schützling vorgesehen. Wie finden wir heraus wer für wen bestimmt ist?“ Ratloses Schulterzucken war die Antwort. „Wirklich bestimmt ist es ja nicht“, meinte Schuldig dann. „Wenn es das wäre, dann hätte man uns das auch schon direkt gesagt und nicht so eine Wischiwaschibehauptung wie ’Ihr werdet es sehen’ im Raum stehen gelassen.“ „Wie wäre es, wenn wir einfach Streichhölzer ziehen?“, schlug Nagi vor. „Das ist die einfachste und schnellste Lösung. Außerdem hat dabei niemand von uns einen Vorteil, unsere Fähigkeiten haben wir schließlich nicht mehr.“ Farfarello sagte gar nichts dazu, also wurde der Vorschlag des jungen Japaners angenommen. Schuldig sah sich um. „Okay. Und wo kriegen wir jetzt Streichhölzer her?“ Bevor jemand antworten konnte, machte er sich auch schon daran, alles abzusuchen und fand nach einer Weile sogar eine Schachtel. „Wie teilen wir das auf? Ich würde sagen wir brechen drei Streichhölzer unterschiedlich ab. Eins lassen wir ganz, das ist Abyssinian. Bei einem brechen wir den Kopf ab, das ist Balinese. Das dritte wird auch geköpft, aber kürzer gemacht, das ist dann Bombay. Und das letzte behält den Kopf, wird aber am anderen Ende abgebrochen und steht für Siberian. Vorschlag angenommen?“, fragte der Deutsche und erntete zur Antwort stummes Kopfnicken. Also wurden die Streichhölzer wie Beschrieben geköpft und gekürzt. Brad hielt sie dann in seiner Hand, so dass von jedem nur das hintere Stück herausschaut und auf gleicher Höhe mit den anderen lag. Nagi zog als erster seinen Kandidaten, da es seine Idee gewesen war, ließen die anderem ihm großzügig den Vortritt. Als die anderen drei Männer ebenfalls ihre Wahl getroffen hatten, verglichen Sie die Streichhölzer, um festzustellen, wer jetzt welches Weiß-Mitglied als Schützling hatte. „He klasse, ich habe Kudou abbekommen“, stelle der Mann mit dem langen Haar erfreut fest. „Partys, Nachtleben, lange weggehen, noch viel länger schlafen ... besser konnte ich’s glaube ich nicht treffen.“ Nagi schaute dafür etwas missmutig auf sein völlig intaktes Streichholz und seufzte leise. „Na ganz toll. Ich hoffe er hat immer noch keine Hobbys und sitzt am liebsten zu Hause und liest, wenn es keine Mission gibt.“ Brad hatte das kleinste Holzstück, das Omi symbolisierte gezogen, sagte dazu jedoch nichts. Allerdings dachte er sich seinen Teil und war zumindest froh darüber seine Zeit mit dem Weiß-Mitglied zu vergeuden, dass seiner Meinung nach den meisten Grips hatte. Demzufolge war Farfarellos Schützling Ken und er schien keine Meinung dazu zu haben, zumindest keine die den anderen offensichtlich gewesen wäre, denn er schwieg ebenfalls und verzog keine Miene. Er drehte sich einfach um und ging aus dem Wohnzimmer. „Dann gehen mal wir an die Arbeit.“ „Das müssen wir dann wohl“, seufzte Schuldig. „Ist aber bisher ziemlich ruhig hier, vielleicht sind sie gar nicht zu Hause.“ „Hast du schon mal auf die Uhr gesehen?“, fragte Nagi ein wenig stichelnd. „Wahrscheinlich sind sie in ihrem Blumenladen, vermute ich mal. Schließlich versuchen sie ja noch so etwas wie Tarnung aufrecht zu erhalten.“ Brad nickte. „Durchsuchen wir einfach mal das Haus.“ Mit diesen Worten wandte auch er sich ab und verließ, gefolgt von seinen beiden anderen Kollegen, das Wohnzimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)