London Dark von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Part Three --------------------- London Here - Part Three (by Tarou Komori) Anmerkung: Der Auszug des Songtextes im letzten Satz stammt ursprünglich aus der Feder von Peter Spilles, dem Sänger von "Project Pitchfork". Das Lied "Self Knowledge" ist auf dem Album "Corps d' amour" zu finden. Heute Morgen waren sie mir Amok gelaufen, die Bilder, die Bestien in meinem Innern. Nun, am Abend, wo es in meinem kleinen Zimmer dunkel und draußen vor der Fassade in künstlichem Licht hell zu werden beginnt, ziehen sie mich in geordneter Form hinaus, treiben mich voran, wie ein Huskygespann einen Schlitten und lechzen danach, von Musik, fluoreszierendem Licht und Stimmen trinken zu dürfen, jagen mit lautem Kampfesgeheul vor die Tür, die Treppe in den Gasthof herunter, der bereits gefüllt ist mit Menschen und erstarren dann für einen kurzen Augenblick, als ihnen die Nachtluft entgegenschlägt, um dann mit erhobenen Köpfen in die Menge zu preschen. Ich laufe mit flammendem Übermut, fliege so schnell wie die Lichtstreifen, welche die Scheinwerfer der Autos in der Schwärze hinterlassen oder wie die weißglühenden Punkte der Laserlichter am Himmel. Dieser Körper ist schlank und wendig, ich der Boden unter meinen Füßen verschwimmt, und ich gewinne Zuversicht, während die Eindrucke des Tages von mir abfallen, mit jedem Schritt, jedem tiefen Atemzug. Jetzt, endlich, spielt es erneut keine Rolle mehr, was vor Sonnenuntergang geschehen ist, was ich gelernt habe, was zu mir gesagt wurde, weil ich in dem Meer der Namenlosen scheinen würde, heller als der Mond. Mein Leben war zu Wind zu werden, zu der Luft in gefüllten Diskotheken, zu einem stillen Beobachter von am Straßenrand sitzenden Jugendlichen und dem London, den ich retten wollte. Was tagsüber geschah, zählte nicht, zählte nie. Ich wähle meinen Weg mit Bedacht und überquere ohne zu Zaudern die Straßen, laufe durch die Gassen um bald vor einem hohen Gebäude zu stehen, an dessen Seite sich eine silberne Tür befindet, vor der zahlreiche Personen stehen. Es riecht nach Rauch, eine leicht süßliche Note darin spricht davon, dass die Umstehenden nicht nur Tabak rauchen und ich bitte einen Jungen in meinem Alter mit berechnendem Augenaufschlag um einen Zug. Er versteht umgehend und reicht mir die leicht verfeinerte Zigarette. "Was bekomme ich denn dafuer?", fragt er und rückt mit einem Lächeln näher, welches allerdings keineswegs unsympathisch ist, sondern verschmitzt und wissend. Ich reiche ihm die Tüte mit einer eleganten Geste zurück und lasse es zu, dass er meine Hand ergreift und leicht darüber streicht. "So glaube nicht, dass ich deine Einsamkeit vertreiben kann, mein schoener Freund, denn du kannst auch die meine nicht bannen.", sage ich. "Das macht nichts.", erwidert er, ungeachtet der Kommentare seiner Freunde, die hinter seinem Rücken feixen und Grimassen schneiden, sich mit der Faust auf die Handfläche schlagen und pfeifen. Er raucht den Joint auf, ohne mich loszulassen und zieht mich dann in die lichtdurchwobene Dunkelheit des For You. Wir gehen nebeneinander die Treppe hinunter, um von den Klängen von Project Pitchfork eingehüllt zu werden, Elektrizitaet ist um uns herum, ich sehe Schatten, zuckende, geschmeidige Körper, und wittere ein Gemisch aus Parfum; Schweiß, Deodorant und Verlorenheit. Mein Begleiter drängt sich an mich heran, legt seine Stirn gegen meine und auch wir beginnen zu tanzen, außerhalb der Tanzfläche, außerhalb des vorherrschenden Taktes, einfach so, vielleicht im Rhythmus unseres Herzschlages oder des Bebens unserer Lungenflügel. Sein Atem ist geradezu kalt auf meinen Wangen und auf einmal weiß ich, warum ich ihn ausgewählt habe, er hat Augen wie Sterling und ein Hauch der Tiefe, die ich bei Sterling fand, schimmert auch in ihnen. "Ich bin so ausgehungert, hilf mir.", höre ich ihn sagen und ich kann ihn nur ansehen, seine Augen, Eissterne, klares Wasser in dem sich Winterhimmel spiegelt und ich küsse ihn, seine Tränen laufen auch über meine Lippen und ich umfasse seine zitternde Gestalt. "Das kann ich nicht.", flüstere ich und meine Stimme dringt durch den Lärm zu ihm hin und verzweifelt hält er mich fest, immer stärker, während ich meine, dass etwas in mir zerbricht und die Bestien wimmernd nach Blut schreien. "Warum?", fragt er nur und ich beiße ihm leicht in den Hals, hoffend, dass ich eine leichte Spur hinterlasse, weil die Menschen selten sind, die nach anderer Musik tanzen können als der, die aus Lautsprecherboxen schallt und weiche dann vorsichtig zurück. "Du bist nicht er.", sage ich und lasse ihn zurück, verschwinde in der Menge, lasse mich treiben, mit geschlossenen Lidern, es ist so leicht, eine Hoffnung zu zerschlagen, ich sehe Raben vom Himmel fallen und wie das erste Sonnenlicht durch die Stadt flutet und denke daran, dass ich auch den Namen dieses Jungen nicht kenne. Während Spilles erneut die Worte: 'Father, why are the children crying there'? schreit, frage ich mich, wann die Person wieder da sein wird, die meine Trauer trinkt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)