Pet von Maginisha ================================================================================ Kapitel 9: ----------- „Hier.“ Die Flasche noch in der Hand schob Makoto Aki ein Glas mit Wasser über den Tresen. Die Augen des Jungen wurden ein wenig größer. Unbewusst leckte er sich über die Lippen, während er mit beiden Händen nach dem Glas griff und den Inhalt hinunterstürzte. Schluckgeräusche füllten den Raum, dann war das Wasser leer. Makoto furchte die Brauen. „Mehr?“, fragte er und Aki nickte. Noch einmal füllte Makoto das Trinkgefäß bis zum Rand. Der Junge zog es heran, dieses Mal langsamer, um nichts zu verschütten. Sein Blick glitt kurz zu Makoto, der ihn genau beobachtete, doch dann konzentrierte er sich wieder auf das lebenswichtige Nass. Er trank, bis auch dieses Glas halbleer war. Danach setzte er es vorsichtig auf dem Tresen ab. Wieder sah er zu Makoto hinüber.   „Vielen Dank für das Getränk“, sagte er und neigte den Kopf. Makoto knurrte unwillig. „Wenn du nicht so ein sturer Esel wärst, hättest du längst etwas bekommen. Das sollte dir klar sein.“   Mit diesen Worten verschloss Makoto die Flasche wieder und stellte sie auf den Tresen gleich neben eine große, leere Schale. Makoto nahm an, dass sie für Obst oder ähnliches gedacht war. Nun, er hatte kein Obst gekauft. Nur Bonbons.   Es wird reichen, dachte er bei sich und bückte sich, um zwei der weißen Plastikbecher aus der Tüte zu fischen. Er stellte sie auf die Arbeitsfläche und griff dann nach dem Kessel, um Wasser aufzusetzen. Während er das tat, fühlte er wieder die stechenden Blicke auf sich. Er versuchte, sie zu ignorieren.   „Möchtest du Miso oder Sojasoße?“, fragte er stattdessen, während das Wasser, das er in den Kessel gefüllt hatte, leise zu simmern begann. „Ich habe auch noch Curry, 5 Gewürze und Ente.“ Das Summen des Wasser wurde lauter. Makoto griff nach dem ersten Becher, drehte sich zum Tresen herum und wurde mit zwei bernsteingelben Augen konfrontiert, die ihn unbeirrt anstarrten. Makotos Griff wurde fester. „Also, was willst du?“   Aki rührte sich nicht. Das Glas zwischen seinen Fingern war inzwischen leer. Trotzdem hatte er es nicht losgelassen. Er hielt es fest wie einen Anker. Oder eine Waffe.   Hinter Makoto blubberte es. Das Wasser im Kessel kochte. Weißer Dampf stieg in die Höhe. Es wurde Zeit, den Herd abzudrehen, aber Makoto konnte den Blick nicht abwenden von diesen gelben Augen und den Finger, die auf dem Glas lagen. Schließlich blinzelte er.   „Dann nehme ich eben Miso“, erklärte er grummelnd. Mit einem Ruck, fast schon mit Gewalt, drehte er sich wieder herum. Mehr Dampf war aufgestiegen und Makoto schaltete schnell das Gas ab, bevor nicht mehr genug Wasser im Kessel war für die Nudeln. Er öffnete die Becher, goss das Wasser hinein, und verschloss sie wieder. Dann, als wäre nichts gewesen, drehte er sich erneut zu Aki um. „So. Dauert noch einen Moment.“   Der Junge, der immer noch kein Wort gesagt hatte, saß immer noch mit dem Glas in der Hand da. Er hielt es fest, doch im Gegensatz zu gerade wirkte er nicht im Geringsten gefährlich. Eher schüchtern. Und andächtig.   Dein Gehirn spielt dir Streiche.   Makoto widerstand dem Drang, seinen Kopf zu schütteln, und griff stattdessen noch einmal nach unten. Als er sich wieder erhob, hielt er eine Bierdose in der Hand. Es knackte und zischte, als er die Verschlusslasche nach oben zog. Kleine Tropfen trafen seine Haut, die sie gierig aufzulecken schien. Es wurde wirklich Zeit für einen kräftigen Schluck.   Ah, das tut gut.   Besser, als er es erwartet hätte – wenngleich auch wärmer, als ihm angenehm gewesen wäre – rann das Bier seine Kehle hinab. Makoto trank und schluckte, als wäre ihm selbst gerade erst aufgefallen, wie durstig er war. Als er die Dose absetzte, war sie bereits mehr halb leer.   Wie bei ihm, dachte Makoto und sah unbewusst in die Richtung seine Gefangenen. Wieder trafen sich ihre Blicke. Dieses Mal jedoch sah Aki interessiert aus. Makoto grinste. „Was? Willst du auch eins?“ Sein Grinsen wurde breiter.   „Bist du dafür denn überhaupt schon alt genug?“   Akis Mundwinkel zuckte ein wenig. Makoto bemerkte es trotzdem. „Ich bin 21“, sagte er und Makoto glaubte fast, sich verhört zu haben. So alt? Er hätte ihn deutlich jünger geschätzt. Andererseits hatte er nicht viel Umgang mit jungen Leuten. Was wusste er schon?   Mit gleichgültigem Gesicht wandte er sich ab. Die Dose in seiner Hand gab ihm Halt. Er nahm noch einen Schluck, bevor er sie zerdrückte und in den Abfall warf. „Lass uns essen.“     Die Nudeln waren heiß, würzig und gut. Makoto hatte das Gesicht tief über den Becher gesenkt, während er Portion um Portion in sich hinein schlürfte. Neben sich hörte er Aki das Gleiche tun. In der Küche hatten keine Stühle gestanden, als hatte Makoto kurzerhand an seiner Seite Platz genommen. Eine Tatsache, die ihm bewusster war, als sie sein sollte. Die ganze Lage war eigenartig. Er hatte keine Ahnung, was er jetzt tun sollte.   Normalerweise müsste ich ihn wohl einsperren. Er ist immerhin ein Gefangener. Aber ich kann ihn nicht ins Bad sperren und ansonten verfügt keiner der Räume über einen Schlüssel. Bleibt nur noch, ihn für die Nacht anzuketten. Vielleicht am Bett. Oder an der Couch? Aber wenn jemand vorbeikommt und ihn sieht, wird er die Polizei rufen. Also doch lieber im Schlafzimmer. Der Gedanke, so logisch er war, brachte Makoto zu der Frage zurück, wo er schlafen würde. Offenbar auf der Couch, denn ein zweites Bett gab es nicht. Das würde sicher hart werden.   „Makoto?“ Akis Stimme riss Makoto aus seinen Überlegungen.   „Was?“, fuhr er auf. Die ganze Aktion und der wenige Schlaf hatten auch an ihm Spuren hinterlassen. Er sehnte sich nach einem heißen Bad.   Aber ich kann nicht baden. Ich muss auf den Jungen aufpassen.   Wütend über sich und über dieses Tatsache entfuhr ihm ein Knurren. „Was willst du?“   Akis Augen wurden noch größer als ohnehin schon. Er zog die Schultern hoch und den Kopf dazwischen zurück.   „Ich … ich wollte fragen, ob ich noch etwas zu trinken bekommen kann. Die Misosuppe ist ziemlich salzig.“   Makoto blinzelte. Und blinzelte gleich noch einmal, als ihm klar wurde, dass er dem Jungen die falsche Suppe gegeben hatte. Er hatte es nicht mal gemerkt.   Verdammter Bengel, grollte er innerlich und war drauf und dran, ihn anzufauchen, dass er sich gefälligst selbst nehmen sollte, als ihm auffiel, dass er das nicht konnte. Die Flasche stand außerhalb seiner Reichweite.   Makoto knirschte mit den Zähnen.   Verdammter Shisu. Wenn er zurück war, würde er mit dem Kerl definitiv ein Hühnchen rupfen. Es war eine Sache, wenn er von Makoto niedere Arbeiten verlangte, ihn die ganze Nacht warten ließ oder gar verlangte, dass er jemanden umbrachte. Aber ihm diesen Jungen ans Bein zu binden vollkommen ohne irgendwelche Anweisungen, das war … zu viel. Es war einfach zu viel.   Und während er all das dachte, wartete Aki immer noch geduldig ab, dass Makoto ihm Wasser nachschenkte.   Makoto knurrte.   „Iss auf“, sagte er, während Aki sich bemühte, noch die letzten Nudeln zu erhaschen. Makoto selbst hätte zu diesem Zeitpunkt die Reste einfach nur noch heruntergeschüttet, aber Aki fischte jede einzelne Nudel aus seinem Becher, als würde sie ihm sonst verloren gehen. Auf Makotos Aufforderung hin, legte er jedoch schnell die Stäbchen beiseite und trank die restliche Brühe mit einem Schluck. Makoto sah ihm dabei zu, wie er sich beeilte. Das versprochene Wasser vollkommen vergessen. Makoto knurrte erneut. „Wenn du fertig bist, kannst du ins Bad gehen. Danach werde ich dich ins Schlafzimmer bringen.“   Mit diesen Worten erhob er sich, nahm die beiden Becher und brachte sie zum Mülleimer. Der Drang, auf etwas einzuschlagen, wurde mit jedme Moment größer, aber Makoto beherrschte sich. Er schloss die Tür des Küchenschranks leise und vorsichtig, bevor er sich aufrichtete und wieder mit diesen verdammten, gelben Augen konfrontiert wurde. Sie beobachteten jeden seiner Schritte, jede Bewegung, jeden Handschlag. Ein Grollen formte sich in Makotos Kehle, aber er hielt es zurück. Der Junge konnte ja nichts dafür, dass er hier war.   „Hör auf, mich anzustarren“, blaffte er trotzdem, während er sich daran machte, die Fußfesseln zu lösen. Sofort verspannte sich der Fuß in seiner Hand, wurde steif und unbeweglich. Makoto schnaubte und riss nur noch grober an den Schnallen.   „Los“, schnappte er, als er die Fesseln endlich gelöst hatte. Ins Bad. Aber pass mit den Scherben auf.“   Aki gehorchte. Mit gesenktem Kopf und kleinen, Schnellen schritten, die fast sein Humpeln verbargen, machte er sich auf in Richtung Flur. Der Boden war immer noch ein Minenfeld und voller Blutflecken. Makoto konnte hören, wie es unter Akis Füßen knirschte und knackte.   Dummer Junge.   Den Kopf voller dunkler Gedanken und wenig schmeichelhaften Bezeichnungen sowohl für Aki wie auch für Shisu, machte Makoto sich daran, die Bescherung zusammenzukehren. Der dreieckige Besen wirkte dabei in seinen Händen wie ein Spielzeug. Viel hätte nicht gefehlt, und Makoto hätte ihn in zwei Hälften zerbrochen.   Gerade, als er sich nach Handfeger und Schaufel bücken wollte, öffnete sich die Badtür. Aki trat heraus. Als er sah, was Makoto tat, fiel er förmlich zu dessen Füßen.   „Lass mich das machen.“   Schweigend sah Makoto zu, wie der Junge auslas, was er mehr schlecht als recht zusammengekehrt hatte. Der junge Rücken gebeugt, gekrümmt, willig zu dienen. Makoto wusste nicht so recht, was er davon halten sollte.   Er hat es verursacht. Es ist nur gerecht, dass er putzt, meinte die eine Seite in seinem Kopf.   Aber er ist krank. Verletzt. Er muss Schmerzen haben, wand die andere ein.   Unfähig, sich für eine zu entscheiden, sah Makoto weiter nur zu, wie Aki, nachdem er die Scherben aufgelesen hatte, humpelnd in Richtung Küche verschwand. Makoto hörte, wie er den Mülleimer öffnete und die Scherben entsorgte. Anschließend kam er zurück, den Kopf gesenkt, mit kleinen, vorsichtigen Schritten. Die Schuhe passten wie angegossen. „Es tut mir leid“, sagte er noch einmal, ohne aufzusehen. Makoto merkte, wie der Ärger, der gerade noch in ihm gebrodelt hatte, von ihm abfiel. Er würde immer noch wischen müssen, aber der größte Schaden war beseitigt. Makoto räusperte sich. „Schon gut“, meinte er noch wesentlich gelassener, als er sich eigentlich fühlte. „Den Rest erledige ich morgen. Jetzt gehen wir ins Schlafzimmer.“   Er trat auf Aki zu, der plötzlich stocksteif wurde. Makoto, der eigentlich die Hand nach ihm hatte ausstrecken wollen, gefror ebenfalls in der Bewegung.   Was? Was ist los? Was ist passiert?   „Was ist los?“, fragte er und sprach damit aus, was ihm durch den Kopf ging. Aki schüttelte sich und wandte den Kopf ab. „Nichts“, sagte er leise. „Es ist nichts. Ich habe mich nur gefragt, ob …“   Er sprach nicht aus, woran er gedacht hatte. Und Makoto hatte keine Lust auf Ratespiele. „Gut, dann frag dich das im Schlafzimmer weiter“, grollte er, griff nach Akis Arm und schob den Jungen in Richtung der halb geöffneten Schiebetür. „Dort wirst du jede Menge Gelegenheit dazu haben.“   Wieder im Schlafzimmer räumte er zunächst die Tasche vom Bett auf die Kommode. Danach nahm er den Inhalt in Augenschein.   Verdammt. Es ist nichts darin, mit dem ich ihn sicher anbinden kann. Nur das Seil, aber was, wenn er die Knoten löst? Ist das sicher genug?   Während er zwischen den Utensilien herumkramte, hörte er hinter sich ein Rascheln. Er beachtete es zunächst nicht, doch als noch ein klirrendes Geräusch dazu kam, drehte er sich doch um. Vor ihm saß Aki auf dem Bett. Er hatte sich, soweit es ihm möglich war, von der Yukata befreit. Das Gewand bildete eine seidige Kulisse für seine Hüfte und bedeckte noch seine Unterarme, wo er aufgrund der Handschellen nicht weitergekommen war. Der Rest von ihm war vollkommen nackt, wenn man mal von den bestrumpften Beinen absah. Makoto riss die Augen auf. „Was zum … was tust du da?“   Sag mir jetzt nicht, dass du so schlafen willst, du Perverser!   Akis Kopf hob sich ein Stück, sein Blick traf Makoto von unten heraus.   „Ist es nicht das, was du willst?“, fragte er leise. Makotos linke Augenbraue begann zu zucken. „Was ich … will? Kami, nein! Wie kommst du darauf? Ich will dich nur anbinden, damit du mir nicht abhaust.“   Akis seltsame Augen musterten ihn. Er schien abzuwägen, ob Makoto die Wahrheit sagte. Makotos Herz pochte in seiner Brust. „Glaub mir, ich … will dir nichts tun. Ich mache mir nichts aus Männern.“   Makoto wusste nicht, warum er das sagte. Vielleicht um Aki zu beruhigen. Obwohl es die Wahrheit war. Nur, weil er bemerkte, dass manche von ihnen besser aussahen als andere, hieß das ja nicht …   Aki krauste die Nase. „Versprichst du es?“   Die Frag verwirrte Makoto, aber schon im nächsten Moment nickte er. „Ja. Ich verspreche es. Ich werde mich nicht an dir vergreifen.“   Einen Moment lang starrte Aki ihn noch an. Makoto hatte keine Ahnung, worüber er nachdachte, aber am Ende seiner Überlegungen senkte er den Kopf. „Gut“, sagte er und Makoto sah, dass er die Beine enger zusammenzog. „Dann entschuldige ich mich für meine unangemessene Annahme.“   Makoto atmete aus. Seine Brust fühlte sich an, als habe jemand einen Stein davon heruntergerollt. Er versuchte ein Lächeln. „Nicht schlimm“, sagte er und griff nach dem Seil. „Wollen wir dich dann für die Nacht fertig machen?“   Aki hob den Blick. Für einen Moment blitzte wieder etwas darin auf, das Makoto nicht zu deuten wusste, aber ebenso schnell wie es gekommen war, war es auch schon wieder verschwunden. „Gerne“, sagte er und hielt Makoto seine ausgestreckten Hände hin. „Ich bin ganz dein.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)