Mondblüte von HalcyTheWolf ================================================================================ Kapitel 2: 2. Blüte ------------------- Atemlos blieb ich vor dem Hotel stehen, um Cai davor abzufangen. Ich hatte es nicht mehr geschafft, ihn am Set zu erwischen. Cai und Seua hielten inne, als sie mich sahen. »P’Seua, kann ich mir Cai kurz ausleihen?« Ich kam nicht umhin, ein kurzes Aufblitzen in Seuas Blick zu sehen: »Ja, aber nur kurz.« Scheinbar würde es verdächtig werden, wenn ich zu oft mit ihm allein sprechen wollte. Cai ließ Seuas Hand los. In jeder freien Minute, dachte ich lächelnd. Seua wartete am Hoteleingang, ich lief mit Cai bis um die Ecke. »Ich..ich habe sie zum Essen eingeladen!« Er zeigte mir einen Daumen nach oben: »Das ist super, Moon. Wann denn?« Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht, die mir wirsch vom Kopf fielen. »Morgen. Danke, Cai. Wenn du mich nicht zu ihr gebracht hättest, wäre das niemals passiert!«, brachte ich aufgeregt hervor. Cai lehnte sich vor, legte mir beide Hände auf die Schultern, seine grünen Augen glitzerten mich an: »Auf mich ist eben Verlass!« Schnell löste ich mich von ihm, hatte das Gefühl, den Tiger im Nacken zu haben. Natürlich hätte ich Cai auch einfach schreiben können, aber ich musste mich persönlich bedanken. Ich trat von einem Fuß auf den anderen: »Ich hoffe nur, ich sage morgen nichts Komisches.« Ich konnte es mir nicht erklären, aber es tat gut, dass es wenigstens eine Person gab, mit der ich darüber reden konnte. Cai winkte ab: »Und selbst wenn. Ich glaube nicht, dass sie es dir übelnehmen würde. Moon, du bist so cool, du machst das schon.« Seine Worte verfehlten ihre beruhigende Wirkung nicht und halfen mir, zumindest ein bisschen an mich zu glauben. »Danke. Aber jetzt geh‘ lieber. Sonst zerfleischt mich der Tiger noch«, sagte ich und deutete nach rechts, wo Seua in einigem Abstand mit verschränkten Armen stand. Am nächsten Morgen wachte ich mit Kopfschmerzen auf. Ich hatte kaum geschlafen, bin stattdessen im Kopf immer wieder alles durchgegangen, was ich sagen könnte, was passieren könnte. Ich entschloss mich zunächst zum Set zu gehen, weil ich jemanden um einen Gefallen bitten wollte. P’Sawa war gerade in der Maske, baute seine Stationen auf. Es war noch sehr früh, daher war ich aus dem Cast die Einzige. Um ihn nicht zu erschrecken, klopfte ich an den Türrahmen. P’Sawa sah von seiner Arbeit auf: »Su…Moon, richtig?« Ich nickte. »Was machst du denn schon hier? Soweit ich weiß, seid ihr doch erst am Nachmittag dran«, wunderte er sich. Ich ging ein paar Schritte in den Raum, spielte mit irgendwelchen Utensilien, sah mich um. »Ja, ich weiß. Aber ich hätte eine Bitte, die nichts mit dem Set zu tun hat«, begann ich vorsichtig. Bei P’Sawa war es ähnlich wie bei Cai, es war leicht mit ihm zu reden, trotzdem wollte ich niemanden von der Arbeit abhalten. Er legte die Kämme, die er in der Hand hatte, beiseite, sah mich überrascht an: »Das höre ich selten, jetzt hast du mich. Wenn ich helfen kann, jederzeit.« P’Sawa deutete auf einen der Stühle: »Ich nehme an, es hat mit Styling zu tun?« »Ja.« Ich nahm Platz, konnte mein Gesicht im Spiegel kaum ertragen. Dieses Nacht sah man mir mehr als deutlich an. Daher sah ich lieber auf meine Hände. »Könntest du mich stylen, als würde ich auf ein Date gehen?« »Du hast ein Date?«, fragte er. »Vielleicht«, gab ich leise zurück. »Alles klar. Wenn wir mit dem Make-Up fertig sind, mache ich dir eine schöne Hochsteckfrisur, okay?« »Ja, gerne. Das ist lieb von dir.« Alle paar Sekunden sah ich auf die Uhr. 11:56. Noch ein paar Minuten, dann würde sie kommen. Wie versprochen hatte P’Sawa mein Make-Up gemacht und eine elegante Hochsteckfrisur, von der zwei Strähnen mein Gesicht einrahmten. Es war schon praktisch, an einem Set zu arbeiten und talentierte Leute um sich zu haben. Ich selbst würde meine Haare niemals so schön hinbekommen. Diesmal trug ich auch meine Mondohrringe. Es hatte mich zwar gefreut, dass sie mich auch so erkannte, aber so konnte ich keine komischen Situationen mit meiner Zwillingsschwester entschuldigen. Weil ich nicht overdressed sein wollte, hatte ich mich für eine weiße Bluse und einen mintgrünen Rock mit weißen Turnschuhen entschieden. Fest drückte ich meine Handtasche an mich, stand vor dem Restaurant. Ich hatte das Gefühl die Zeiger meiner Uhr synchronisierten sich mit meinem Herzschlag. Dann sah ich sie auf mich zukommen. Ihr Outfit hatte sich im Vergleich zu gestern nicht wirklich geändert, nur ihre Haare trug sie diesmal offen. Sie fielen ihr gewellt über die Schultern. Eine Weile musterte sie mich und ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. »Du siehst toll aus, Moon. Tut mir leid, dass ich in diesen Klamotten rumlaufe. Aber ich muss später arbeiten, da will ich nicht, dass irgendetwas dreckig wird«, entschuldigte sie sich. Ihr spontan eingeworfenes Kompliment ließ mich für einen Moment erstarren. Innerlich dankte ich P’Sawa für seine Arbeit. Nach einer Weile fand ich jedoch meine Sprache wieder: »Danke. Ach, das passt schon.« Wir gingen ins Restaurant, ich ließ ihr den Vortritt. Ich war glücklich darüber, dass sie mir erspart hatte, das Restaurant auszusuchen. Sie hatte sich für japanisch entschieden. Vom Kellner wurden wir zu einem ruhigen Tisch in einer Ecke geführt, wo wir uns setzten. Auch die Bestellung war schnell gemacht, da wir uns einfach für das Mittagsmenü entschieden. »Also, du möchtest mehr über meine Arbeit wissen?«, eine Weile verlor ich mich in diesen braunen Augen, die mich begeistert ansahen. Ich löste mich davon und sagte: »Ja. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie ihr das macht. Ich glaube, es ist schwer, einen Raum einzurichten, dass er bewohnt aussieht.« Das interessierte mich tatsächlich. Denn wenn man irgendwo wohnte, kamen die Gegenstände nach und nach in den Raum. Sowas nachzustellen, stellte ich mir schwierig vor. Der Kellner brachte uns Wasser, Flower trank einen Schluck. Dann lächelte sie: »Es ist auch nicht einfach. Wichtig ist in erster Linie, dass man sich überlegt, wie der Charakter es einrichten würde oder was zur Szene passt.« Gebannt sah ich sie an, rührte mein Wasser nicht an. Ich hatte das Gefühl, ich würde sonst nicht mehr die Chance bekommen, ausführlich mit ihr zu reden. »Nehmen wir mal Wolfs Zimmer. Dann überlegt man sich, okay, er ist Austauschstudent. Da er Thailand mag wird er nach und nach Souvenirs und Bilder von Ausflügen ansammeln. Außerdem lernt er gerade Thai, da dürfen entsprechende Bücher natürlich nicht fehlen«, erklärte sie. »Das ist richtig cool, Flower!«, ich konnte den schwärmerischen Tonfall nicht unterdrücken. »Aber ihr könnt das nicht allein entscheiden, oder?«, stellte ich schnell die nächste Frage, um nicht aufzufallen. Auch das Essen kam, aber auch das ging an mir vorbei. Flower begann zu essen. »Uns wird mitgeteilt, welche Sets Dekoration benötigen und wir fertigen Skizzen an. Besprechen die grobe Richtung mit dem Team und wenn das abgesegnet wird, setzen wir uns dran. Es kann trotzdem immer sein, dass nachträglich was geändert wird.« Gespannt lauschte ich ihr. »Und woher nimmst du deine Ideen?« Flower deutete auf mein Essen: »Willst du nicht auch erst mal essen, Moon? Bevor es kalt wird?« Hastig nahm ich einen Bissen, hatte aber nicht wirklich Hunger. Dafür war ich ohnehin viel zu nervös. »Meistens braucht man sich nur umzuschauen. Egal wo ich bin, ich beobachte viel, versuche mir so viele Gegenstände und Details wie möglich einzuprägen. Daher kommt auch die Inspiration.« Wie aufs Stichwort sah ich mich tatsächlich um und mir fiel auf, dass im Restaurant Blumentöpfe von der Decke hingen. Die hatte ich gar nicht bemerkt. Ich beschloss in Zukunft aufmerksamer zu sein. Wusste sie deshalb auch, dass ich Moon war? »Dann wundert es mich nicht, dass unsere Sets immer so schön aussehen. Ich bewundere diese Kreativität«, sagte ich und aß, um sie nicht ansehen zu müssen. »Freut mich, dass dir Sets gefallen. Aber irgendwann bekommt man ein Gefühl dafür. Moon, ich möchte nicht die ganze Zeit über mich reden. Magst du mir nicht auch was über dich erzählen? Ich finde den Schauspielerberuf auch sehr spannend.« Ich sah kurz auf, fühlte mich geschmeichelt, dass es sie interessierte. Daher erzählte ich vom Casting und, dass es schon immer mein Traum war, an einem Set zu arbeiten. »Wow. Ich glaube, dann leben wir wohl beide unseren Traum.« Wir unterhielten uns noch eine Weile, langsam taute ich ein bisschen auf und es begann Spaß zu machen. Gefühlt hörten wir gar nicht mehr auf. Als jedoch eine kurze Stille entstand, nutzte ich die Chance. »Darf ich fragen, warum du wusstest, dass ich Moon bin?« Sie brauchte einen Moment, um zu antworten: »Wenn man euch beobachtet, fällt schnell auf, wie unterschiedlich ihr seid. Finde ich.« Sie hatte uns beobachtet? Bei dem Gedanken lief mir ein warmer Schauer über den Rücken. Immer wieder musste ich meine Hände an meinem Rock abwischen. »Normalerweise können die Leute uns nicht auseinanderhalten«, gab ich leise zu. Aber vermutlich hing es einfach mit ihrer Beobachtungsgabe zusammen. Sie lehnte sich vor, sah mich besorgt durch ihre Brille an: »Ist es komisch, dass ich das kann?« Ich schüttelte den Kopf, wollte gerade antworten, da klingelte ihr Handy. Seufzend zog sie es aus der Tasche. »Sorry, da muss ich drangehen.« Flower entfernte sich vom Tisch und ich lehnte mich enttäuscht zurück. Ich wünschte mir, ich könnte noch ewig mit ihr reden. Ihre Abwesenheit nutzte ich dafür, um die Rechnung zu begleichen. Nach ein paar Minuten kam sie zurück, hatte einen entschuldigenden Ausdruck aufgesetzt. »Es tut mir leid, aber ich muss ans Set. Es kamen noch ein paar Änderungen rein, die wir sonst bis zum Nachmittag nicht schaffen«, erklärte sie. Wir nahmen uns ein Taxi zurück zum Set, denn alleine wollte ich auch nicht dort bleiben. Meinen nächsten Plan hatte ich schon im Visier. Trotz ihrer Proteste bezahlte ich auch das Taxi. Am Set schien sie überhaupt nicht zu bemerken, dass ich ihr folgte. Erst als sie an ihrer Baustelle angekommen war, sah sie mich fragend an. »Ich möchte helfen«, sagte ich, krempelte symbolisch die Ärmel hoch. Das Gespräch mit ihr hatte mich mutiger werden lassen. Flower bekam Unterlagen in die Hand gedrückt, sah mich unsicher an. »Das ist nett, Moon. Aber ich weiß nicht, ob das geht. Nicht, dass ich mich nicht freuen würde, aber ich kann doch niemanden vom Cast beanspruchen. Was wäre denn, wenn du dich verletzt?«, brachte sie Zweifel an. Vielleicht hatte sie wirklich recht und ich wollte zu viel. Gerade als ich enttäuscht den Rückweg antreten wollte, sagte sie: »Ich spreche mit P’Star, okay?« Der Gedanke, dass ich doch noch helfen könnte, ließ Vorfreude in mir aufsteigen. Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)