The Decisions of Tomorrow von Refaye (the first duty of love is to listen) ================================================================================ Kapitel 30: Hearing ------------------- Kapitel 30: Hearing     Starrend fixierte Harry den dünnen Sekundenzeiger der großen Standuhr im Untergeschoss des Gerichtsgebäudes, der tickend verkündete, dass es noch zwölf Minuten waren, bis seine Aussage beginnen würde. Der Gang war leer, und die staubtrockene Luft erschwerte ihm das Atmen.   Eigentlich hätte er froh sein können, dass es ihm erspart blieb, von der Presse belagert zu werden. Kingsley hatte wieder einmal bewiesen, wie gerne er am liebsten diese Sache unter den Tisch fallen lassen würde, ohne dass die Öffentlichkeit etwas bemerkte. Ob dies nun eine schnelle Verurteilung zur Folge hatte, war vermutlich für den Minister gar nicht so relevant. Hauptsache die Reporter erfuhren nichts davon. Es hatte lange gedauert, bis Harry den abgelegenen Anhörungssaal gefunden hatte, in der ihre Aussage stattfand. Nur ob das etwas Gutes war?   Er war nervös, presste die Lippen zusammen, und ließ sich von einem Seufzen begleitet auf eine Bank fallen. Es wird funktionieren, redete er sich ein und wippte nervös mit dem rechten Fuß. Wenn sie Glück hatten, und sie sich nicht unnötig verplappern würden, war es gut möglich, dass sie mit einem blauen Auge nochmal davon kamen. Ich muss ruhig bleiben, erinnerte er sich. Genau das hatte Hermine gesagt, doch Harry fiel es schwer, die unangenehm pochende Aufregung zu unterdrücken. Nachdem sie die halbe Nacht an dem Plan gesessen hatten, war er alleine in der Früh ins Ministerium appariert. Nachdenklich ließ er seine Finger durch seine Haare gleiten, seufzte unter der Berührung auf.   Würde alles so klappen, wie er es sich es vorgestellt hatte? Nun, da er es nicht mehr ändern konnte, erschien ihm ihr Vorhaben mehr als nur gewagt. Es könnte ihr komplettes Leben verändern, sollte auch nur irgendetwas schief gehen. Er vertraute Hermine, und sie mit der Aufgabe zu betrauen, den Antrag unter Einfluss des Vielsafttrankes heimlich unter die Unterlagen zu schmuggeln, war eine gute Idee, so würde kein Verdacht auf irgendeine Manipulation ihrerseits fallen. Allerdings hatte er erneut eine weitere Person in sein Dilemma mithineingezogen und obwohl er ihr vollstes Vertrauen schenkte, kam Harry immer wieder der Gedanke, was genau passieren würde, wenn sie scheiterte. Und selbst wenn nicht, konnten sie Draco immer noch einfach so nach Askaban schicken.   Unruhig stand er auf, ging zweimal im Korridor auf und ab, bis er erneut vor der großen Standuhr zum stehen kam.   Noch elf Minuten.   Genervt verzog er die Augenbrauen, und ein bitteres Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er die Tür zum Anhörungssaal betrachtete, aus der gedämpfte Stimmen zu hören waren. Harry konnte sich noch gut erinnern. An seine eigene Aussage hier in diesem Gerichtsgebäude. Als er selbst als Angeklagter auf diesem Stuhl saß und sich gegenüber dem kompletten Zaubergamot verantworten musste. Dumbledore hatte damals recht gehabt, es war übertrieben gewesen, angedacht der damaligen Situation, dass er lediglich einen Patronus vor Dudley gewirkt hatte, und dennoch ...   Harry kannte das Gefühl, dort zu sitzen, und Dracos Abweisung beim Frühstück, als er ihn zum Ministerium begleiten wollte, hatte ihm erneut die Grenze aufgezeigt, die er ihm nur allzu deutlich damals im Badezimmer in ihrem Gespräch gesetzt hatte. Dass er bei seiner Aussage nicht dabei sein konnte, da er ja als Zeuge unvoreingenommen sein musste, war ihm bewusst. Doch all das wäre ihm egal gewesen, wenn er wenigstens mit ihm zusammen auf den Verhandlungsbeginn hätte warten können. Der Umfang ihrer Übereinkunft und was es für ihre Beziehung, oder was das eigentlich zwischen ihnen war, bedeutete, nahm ihn komplett ein und zerstreute jeden klaren Gedanken, den er versuchte zu fassen. Es war eine klare Bedingung gewesen, auf die sich Harry bereitwillig in seiner Euphorie eingelassen hatte.   Er würde nie das Recht haben, als unterstützender Partner in solchen Momenten bei ihm sein zu dürfen. Dabei war Harry doch herzlich egal, was die Presse von ihm dachte, und doch würde Draco, so stolz wie er war, es nie in Kauf nehmen, wenn sein Ruf unter einer solchen Beziehung leiden müsste. In seiner Kehle sammelte sich ein säuerlicher Geschmack, den er versuchte zusammen mit dem Kloß in seinem Hals herunter zu schlucken, als er hinter sich Schritte wahrnahm.   „Du bist tatsächlich hier“, sagte eine ruhige Stimme direkt neben ihm.   Abrupt drehte Harry sich um und sah in den zweifelnden Gesichtsausdruck von Blaise Zabini. Er balancierte einen Kaffeebecher in seiner Hand und das braune Getränk schwappte bedrohlich.   „Zabini“, begrüßte Harry ihn und zwang sich zu einem Lächeln.   Insgeheim hatte Harry gehofft, sich vorhin getäuscht zu haben, doch als er den Slytherin beim Vorbeigehen in der Cafeteria gesehen hatte, war es ihm eigentlich klar gewesen, wieso Zabini heute hier war. Auch wenn Harry es sich bisher verboten hatte, genauer darüber nachzudenken. Doch da er nicht würde aussagen müssen, gab es nur einen schlüssigen Grund für seine Anwesenheit. Prüfend betrachtete er den Mann vor ihm.   Auch wenn sich Harrys Sympathie gegenüber dem Größeren in Grenzen hielt, konnte er nicht verkennen, wie attraktiv sein Gegenüber eigentlich war. Blaise trug einen schwarzen Anzug, der sich an den wohlgeformten Körper schmiegte und seine komplette Gestalt hatte etwas Geschäftliches an sich, was äußerst professionell und unnahbar wirkte. Harry hatte in seinem ganzen Leben nie viel Geld für Kleidung ausgegeben und er fühlte sich mit seinem mehrfach geflickten Mantel, den er schon einige Jahre besaß, irgendwie auf eine merkwürdige Weise unwohl neben Zabini.   Sie schwiegen wenige Sekunden, in denen einzig das laute Ticken der Uhr an den hohen Wänden widerhallte. Die Bank knarrte schließlich, als Zabini sich setzte, seinen Blick jedoch nicht von Harry abwandte, der immer noch erstarrt einfach nur dastand.   „Eigentlich hätte ich es mir denken können, als Draco meinte, er würde momentan bei einem Bekannten unterkommen, dass eigentlich du damit gemeint warst“, sagte Blaise und seufzte tief. „Die Anhörung ist nicht öffentlich, also warte ich hier bis sie fertig sind. Dray war ziemlich nervös vorhin, so habe ich ihn noch nie erlebt. Er wird mir einiges erklären müssen, wenn-“   „Er hat dir nichts gesagt?“, unterbrach ihn Harry und in seiner Stimme schwang eine verräterische Erleichterung, die ihn schlucken ließ. Für wenige Herzschläge betrachtete Zabini ihn, bis er ihm schließlich antwortete.   „Astorias Vater hat mir von der Aussage erzählt. Ich war sowieso besorgt um ihn und bin heute früh mit einem Portschlüssel her gereist. Er hatte keine Ahnung, dass ich überhaupt im Land bin, war jedoch froh, dass er nicht ganz alleine warten musste.“   Unsanft biss Harry sich auf seine Unterlippe und sah zur Seite. Alles in ihm schrie, dass er dieses Gespräch beenden wollte. Doch am liebsten würde er gerade dem Impuls nachgeben, und Zabini hier an Ort und Stelle ins Gesicht schlagen. Sein Gegenüber beobachtete ihn nachdenklich, schien den Umschwung seiner Stimmung nicht wirklich nachvollziehen zu können.   „Hör mal, Potter ...“, sagte Blaise schließlich und kam einen Schritt auf ihn zu.   „Du hast dein Wort gehalten und na ja, ich schätze ich schulde dir was. Also, danke, dass du auf ihn aufgepasst hast.“   Harry, der sowieso nicht wirklich wusste, was er ihm entgegnen sollte, blieb ihm seine Antwort schuldig, als er eine Stimme links von sich wahrnahm.   „Mr. Potter?“, rief eine junge Hexe durch den Gang, die den Kopf aus einem der Nebenräume streckte. „Ah, da sind Sie ja. Folgen Sie mir bitte, es wird Zeit, dass sie das Serum zu sich nehmen.“ Sie nickte ihm aufmunternd zu.   „Ich muss gehen“, murmelte Harry und versuchte angestrengt, seinem Blick auszuweichen.   Sein Puls pochte und er wusste genau, dass Zabini seine Reaktion bemerkt hatte, doch es war ihm egal. Er durfte sich die Schwäche nicht erlauben, die mit dem Gedanken und der Eifersucht einhergingen, die er dem Slytherin gerne ins Gesicht spucken würde. Harry hatte Dracos Bedingungen doch akzeptiert, warum störte es ihn also jetzt so sehr, dass er es nicht sein durfte, der Draco den Halt gab, den er doch so dringend benötigte. Genauso wenig, wie es ihm erlaubt war, hier und jetzt die Fassung zu verlieren.   Ergeben folgte er der Hexe, ohne sich noch einmal zu dem Anderen umzudrehen. Sie führte ihn in einen kleinen Raum, der hauptsächlich zur Lagerung von diversen Dokumenten zu dienen schien. In der Mitte waren zwei Sitzgelegenheiten wahllos aufgestellt worden und auf dem kleinen Tisch standen zwei Phiolen, wobei eine leer und die andere eine durchsichtige, leicht silbern schimmernde Flüssigkeit enthielt.   „Sie sind bestimmt nervös, oder?“, fragte die Frau mit piepsender Stimme und Harry, der den Blick gehoben hatte, bemerkte eine leichte Röte auf ihren Wangen.   Resignierend seufzte er und nahm den Trank aus der Halterung, führte ihn an seine Lippen.   „Mr. Potter, warten Sie -!“   Harry schloss die Augen. In einem Zug trank er das Serum, war das Bedürfnis endlich anzufangen viel zu einnehmend, als dass er noch eine weitere Minute verschwenden wollte.   „Sollte man nicht auch nervös sein, wenn man dazu gezwungen wird, seine Geheimnisse auszuplaudern?“, fragte er spöttisch und schnalzte seine Zunge unter dem bitteren Geschmack, der in seinem Mundraum lag. Die Hexe schaute verzweifelt zu ihm und ließ ihre Schultern sinken.   „Eigentlich wollte ich ihnen erst eine Einweisung geben … Es war vermutlich mein Fehler, dass ich ich sie nicht aufgehalten hab.“ Sie strich sich eine dunkle Haarsträhne hinter ihr Ohr.   „Alles gut“, versuchte er sie zu beruhigen und lächelte in dem Versuch, gute Mine zum bösen Spiel zu machen. Die junge Ministeriumsmitarbeiterin konnte nichts dafür und Harry musste sich dringend zusammenreißen. „Es ist doch nicht schlimm, ich werde Sie nicht verklagen. Na los, weisen Sie mich ein“, sagte er schließlich und versuchte, dabei möglichst freundlich zu klingen. Dankbar lächelnd, setzte sich die Frau etwas gerader hin und richtete ihre karierte Weste, so dass der Saum ihres weißen Hemdes etwas mehr darunter hervor rutschte.   „Die Dosis, die Sie erhalten haben, wirkt eine halbe Stunde. Nach ihrer Aussage können sie sich im Ruheraum am Ende des Flures aufhalten, bis der Effekt abgeklungen ist. Sie haben normalerweise das Recht, Ihre Aussage zu verweigern, wenn Sie sich damit selber belasten würden. Da dies unter Veritaserum nur eingeschränkt möglich ist, muss ich Sie darauf hinweisen, dass Sie bei einer solchen Aussage von diesem Recht kein Gebrauch machen können“, sagte sie professionell in einem klaren Ton, auch wenn ein erleichtertes Seufzen ihre letzten Worte begleitete.   „Haben Sie alles verstanden?“   „Ja, ich habe alles verstanden“, sagte er und schluckte augenblicklich. Harry hatte ihr geantwortet, ohne dass er drüber nachgedacht hatte. Die Worte entkamen einfach so seinen Lippen, ohne dass er es aufhalten konnte, und in dem Moment bemerkte er, dass das Veritaserum zu wirken schien. Die junge Frau wies ihn an ihr zu folgen, doch bevor sie die Tür öffnete, sah sie erneut zu ihm zurück.   „Meine Tochter hatte recht Mr. Potter. Sie haben ein gutes Herz“, sagte sie und lächelte sanft. Harry konnte nichts tun, außer sie überrascht anzublicken, als sie bereits die Tür öffnete und das blendende Licht des Anhörungssaals den Raum erhellte.   „Treten Sie ein Mr. Potter. Danke, Madeleine, Sie können gehen“ sagte Kingsley gebieterisch. Die Hexe verbeugte sich kurz und verschwand erneut hinter der Tür, durch die Harry eben gegangen war.   Der Saal war kleiner, als bei seiner Anhörung und außer dem Minister konnte er vier weitere Zauberer und Hexen auf dem höher gelegten Podest sitzen sehen. Weitere standen im Schatten der hellen Deckenlampen. Doch Harry schenkte den vielen unbekannten Gesichtern nur wenig Beachtung. Sein Blick huschte zur Mitte des Raumes, wo ein einzelner Stuhl stand.   Wenn man es mit dem Tag verglich, als er Draco das erste mal wieder gesehen hatte, sah er jetzt deutlich gesünder aus. Als er damals aus der Untersuchungshaft gekommen war, bestand Draco nur aus Haut und Knochen und man konnte deutlich sehen, dass ihm die wenigen Wochen unter Harrys Kochkunst gutgetan haben. Dennoch existierte dieses winzige Detail in dem Anblick des Mannes, dem er viel zu viele verwirrende Gefühle zu verdanken hatte. Es war die pure Angst in den matt wirkenden Augen Dracos, die genau wie damals den Funken zu verschlucken drohte, der angesichts seines Erscheinens aufzulodern schien.   „Wenn Mr. Potter uns dann die Ehre erweist sich hinzusetzen, können wir auch fortfahren und uns gleich unsere wohl verdiente Pause gönnen“ sagte Kingsley nachdrücklich, was Harry den Blickkontakt zu Draco unterbrechen ließ. Er folgte der Aufforderung und setzte sich auf einen Stuhl, der seitlich separat aufgestellt worden war. Er war etwas höher gelegen als Dracos, und dennoch musste Harry den Kopf recken, um zu Kingsley aufblicken zu können, der eine Augenbraue in die Höhe gezogen hatte.   „Gut. Dann können wir weiter machen.“ Eine kurze Pause entstannt, wo Kingsley seinen Umhang richtete. Er nickte einem großgewachsenen, aber noch etwas jüngeren Zauberer mit kurzem schwarzen Haar neben ihm zu, der sogleich zu sprechen begann.   „Im Fall des Draco Malfoy, bezüglich der Missachtung geltender Bewährungsauflagen, unter vollem Bewusstsein der Illegalität der eigenen Handlung, in Verbund mit dem Versuch und schlussendlichen erfolgreichen Durchführung eines Unverzeihlichen Fluches, haben Sie sich als Zeuge der Verteidigung gemeldet, Mr. Potter. Sie sind derzeit Schüler in der Abschlussklasse in Hogwarts und bei Mr. Malfoy handelt es sich um Ihren Mitschüler. Ist das soweit korrekt?“ Die Stimme des Mannes klang kalt und es lag keine Emotion darin. Seine dunklen Augen fixierten ihn auffordernd, und strahlten eine gänzliche Autorität aus, so dass es Harry kalt den Rücken runter lief.   „Das ist korrekt, Sir“, antwortete er und versuchte, seine Stimme möglich ruhig klingen zu lassen.   „In Ordnung soweit“, kommentierte sein Verhörer und richtete die Brille auf seiner Nase. „Aber dieser Abend ist ihnen bestimmt noch gut im Gedächtnis geblieben, schließlich sind gerade Sie auch verletzt worden, richtig? Wie lief der Angriff denn genau ab?“   „Greyback hat uns überrascht und ist auf Draco losgegangen. Ich wollte ihn beschützen, also habe ich versucht mit ihm auszuweichen. Dabei bin ich auch verletzt worden ... zum Glück hatte ich das Armband dabei, wären wir nicht gewarnt worden, hätte ich niemals rechtzeitig reagieren können“, erklärte Harry, ohne dass er seinen eigenen Mund irgendwie davon abhalten hätte können.   „Das Armband?“, meldete sich Draco schließlich das erste mal zu Wort und als Harry seine Stimme im Saal widerhallen hörte, spannte sich augenblicklich alles in ihm an.   „Mr. Malfoy, ich darf Sie doch darauf hinweisen, dass Sie die Zeugenaussage nicht zu unterbrechen haben“, wies ihn der Mann zurecht, worauf Dracos Mund zuklappte und er nun noch angespannter Harrys Blick versuchte aufzufangen. Dieser hatte jedoch alle Mühe damit, sein geradezu bebendes Herz zu beruhigen. „Ach seien Sie nicht so, Morgan. Es würde mich auch interessieren, was für ein Armband?“, fragte schließlich Kingsley und sah neugierig zwischen ihnen hin und her, bis er schließlich Harry auffordernd anblickte.   Dieser schluckte, es war ihm unangenehm keine Kontrolle über seine Worte zu haben und er wusste absolut nicht, wie er Draco das alles erklären sollte. Der eigentlichen Wahl entraubt, sprach er jedoch unbesonnen weiter.   „Es sollte ihn vor Gefahren beschützen, ein Weihnachtsgeschenk. Der Stein des Armbandes leuchtet, sobald sich das Gegenstück in Gefahr befindet. Auf diesem Weg, habe ich Greyback früh genug bemerken können“, erläuterte Harry und erwiderte endlich den starrenden Blick, der ihn aus der Mitte des Saales fixiert hatte. Das war ein Detail, welches er eigentlich lieber vor ihm verschwiegen hätte.   „Hach, was ein schönes Geschenk, was es nicht alles gibt“, sagte eine Hexe neben Kingsley und seufzte hingerissen, während sie einen Finger um ihr rostfarbenes Haar drehte.   „Das mag alles stimmen, aber eine Sache würde mich doch interessieren Mr. Potter. Wie kommen Sie denn zu der Annahme, dass Sie ein solches Objekt benötigen würden, um Mr. Malfoy zu schützen?“, fragte der Mann, den Kingsley Morgan genannt hatte streng und funkelte ihn auffordernd an, als wäre er sich sehr sicher, etwas auf der Spur zu sein.   Harry biss sich auf die Innenseite seiner Wangen, um dem Impuls zu widerstehen weiter zu sprechen und dennoch brachte es nichts den Atem anzuhalten, um einen Moment zu erhaschen, in dem er nachdenken konnte.   „Ich wurde von einem Mitschüler gewarnt, da er und Draco bereits kurz vor Schulbeginn angegriffen wurden. Ich weiß nicht, inwiefern Greyback in das ganze verstrickt ist, oder warum wir an diesem Abend angegriffen wurden“, sagte Harry.   „Einem Mitschüler?“, fragte die Hexe.   „Ja, Blaise Zabini. Er geht in das Haus Slytherin“, antwortete ihr Harry.   Ein einzelner Schweißtropfen perlte deutlich spürbar von seiner Stirn und tropfte auf seine Wange. Alles in ihm schien zu glühen und die Zeit kam ihm unglaublich langsam vor. Wie lange hielt das Serum nochmal? Eine halbe Stunde? Wie lange saß er jetzt schon auf diesem unbequemen Stuhl?   „Man sollte den Jungen verhören, wenn er einen weiteren Angriff miterlebt hat. Durchaus lässt sich diese Tat mit den Serienmorden in Verbindung bringen, die eine Bande Todesser kürzlich begangen hat. Sie jagen gezielt ehemalige Todesser, wobei es sich bei Mr. Malfoy hier ja zweifelsfrei um einen zu handeln scheint“ sagte Morgan und warf einen abfälligen Blick auf Dracos Unterarm. Mit einer Handbewegung zog dieser augenblicklich den Ärmel etwas tiefer, so dass das Mal nicht mehr zu sehen war. Harry konnte sehen, wie auch die anderen Hexen und Zauberer neugierig ihre Hälse reckten.   „Warum sollten sie hinter mir her sein? Das ist doch absurd! Mein Vater ist tot, meine Mutter in Askaban, und ich hatte nie freiwillig etwas mit den Todessern zu tun!“, unterbrach Draco die starrenden Blicke und erhob sich minimal in seinem Stuhl.   „Das ist eine gute Frage. Aber woher sollen wir wissen, dass Sie das Opfer sind? Ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass Sie sich dort mit Fenrir Greyback getroffen haben, dort auf dieser Parklichtung?“ Morgans Blick wurde finsterer, als er sich erneut zu Harry umdrehte.   „Vielleicht war es nur ein Treffen von Verbündeten, das schließlich unerwartet eskaliert ist? Warum waren Sie zwei dort auf dieser Lichtung, Mr. Potter? Sie haben ja bestimmt keinen Mitternachtsspaziergang zu zweit unternommen“, spottete er.   „Tu es nicht“, hauchte Draco, so dass Harry es nur entfernt wahrnahm.   „Wir waren dort, um den Trank zu vollenden, damit wir Animagi werden können. Einer der letzten Schritte hatte auf einer mondlichtüberfluteten Lichtung stattzufinden. Ich wusste nicht, dass Greyback uns dort angreifen würde und wir haben uns auch nicht mit ihm getroffen.“ Harrys Stimme kratzte unangenehm und er schluckte, doch es half nicht. Nachdrücklich schnürte sich sein Hals zu.   Wenige Momente sagte niemand etwas, bis Kingsley sich schließlich räusperte. „Harry, ich nehme an, dass wenn ich jetzt meine Sekretärin rufe, sie mir doch sicher bestätigt, dass du das alles angemeldet hast und der Antrag auf meinem Schreibtisch liegt, liege ich da richtig?“, fragte er deutlich vorsichtiger.   Nun war es vorbei. Es war genau das passiert, was sie nicht riskieren wollten, und jetzt konnte er nur hoffen, dass er nichts Falsches sagte. Seine Fingerspitzen verkrampften sich, so dass es schmerzte. Was hatte Draco nochmal gesagt? Du musst deinen Verstand leeren, denke nur in Grundzügen. Solange sie eine Antwort erhalten, ist der Umfang das Entscheidende, erinnerte er sich. Draco schien erstarrt und schaute mit undeutbarem Blick auf Harry.   Er bohrte seine Zähne in seine Unterlippe, unterdrückte das Bedürfnis zu sprechen. Der Antrag, Hermine wird ihn bereits dort hinterlegt haben. Es befindet sich also in der Theorie auf seinem Schreibtisch. Er vertraute Hermine und er würde sein Leben dafür verwetten. Ohne jeden Zweifel.   Das ist keine Lüge.   „Der Antrag sollte längst auf ihrem Schreibtisch liegen, Herr Minister“, antwortete Harry mit zitternder Stimme. Ein kaum merkliches leichtes Lächeln, legte sich auf Dracos Lippen und für einen Moment strömte eine Welle der Euphorie durch Harry, die nichts anderes zuließ, als dass er das Lächeln erwiderte.   Skeptisch beäugte Kingsley Harry und beugte sich schließlich zu einer jungen Frau hinunter, die etwas abseits gestanden hatte, und flüsterte ihr etwas zu. Sie nickte eifrig und verschwand sogleich mit schnellen Schritten aus dem Saal.   „Zwei Jungs, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren, scheint es mir“, sagte die rothaarige Frau neben Kingsley.   „Nicht irgendwelche Jungen, Ines. Ein ehemaliger Todesser und der Retter der Zauberwelt? Ein reichlicher Zufall, meinst du nicht auch?“, fragte Morgan skeptisch und wandte sich erneut zu Harry. „Vergessen wir nicht, wieso wir eigentlich hier sind. Mr. Malfoy hier hat unbestreitbar einen Todesfluch um kurz nach Mitternacht ausgeführt. Dies stellt eine deutliche Grundlage für eine lebenslange Haftstrafe in Askaban dar“, sagte er kühl und Harry konnte deutlich sehen, wie Draco bei diesen Worten sich verkrampfte. „Es ist ja nicht so, als hätte der Junge keine Vorgeschichte. Seine Eltern sitzen beide-“   „Er hat mich gerettet, verdammt nochmal!“, unterbrach ihn Harry. „Verstehen Sie das? Ihr nennt mich ganz erhaben den Retter der Zauberwelt, und dennoch wäre ich jetzt verflucht tot, wenn Draco Greyback nicht den Gar aus gemacht hätte! Es ist Notwehr gewesen!“ Sein Atem beschleunigte sich. Er hatte nicht wirklich nachgedacht, bevor er gesprochen hatte, doch es entsprach schlussendlich der Wahrheit.   Draco war sich komplett bewusst gewesen, dass er auf diese Weise gegen seine Auflagen verstoßen würde, und trotzdem hatte er ihn gerettet. Seinen ehemaligen Feind, mit dem er auf verwunderliche Weise momentan das Bett teilte. Harry sah zu Draco und fand die sturmgrauen Augen, die ihn undefinierbar betrachteten. Vermutlich wühlte es ihn genauso auf, immerhin war es sein Leben, was hier am seidenen Faden hing. Vielleicht fragte er sich auch, wieso Harry soweit für ihn ging. Doch er würde Draco beweisen, dass er bereit dafür war, hier und jetzt für ihn einzustehen.   „Der Fall scheint klar zu sein. Es sieht so aus, als würden sie doch bald ihre Pause kriegen, Herr Minister“, sagte die rothaarige Hexe verschmitzt und Morgan warf ihr einen bösen Blick zu.   Kingsley ließ seinen Blick kurz über alle Anwesenden schweifen, wobei er auf Harry besonders lange hängen blieb. „Falls wir ihn für schuldig befinden, würde Mr. Malfoy erneut nach Askaban geschickt werden, die Bewährung würde unweigerlich aufgehoben und es müsste eine neue Verhandlung vor dem kompletten Gamot einberufen werden, um das Strafmaß festzulegen, was er für die Ermordung Fenrir Greybacks zu verantworten hat. Wenn ich mir das so überlege, eine ganze Menge Papierkram, meinen Sie nicht auch? Wer stimmt denn für eine Verurteilung in allen Anklagepunkten?“, forderte Kingsley die anderen unter einem Lächeln auf, ihre Stimme abzugeben.   Harrys Herz stockte, als Morgan und ein weiterer Zauberer mit längerem Bart, der noch kein Wort gesprochen hatte, seine Hand erhoben. Hoffnungsvoll blickte er zu Kingsley, der Harry nachdenklich betrachtete. Draco schien ebenfalls mit seiner Fassung zu ringen und hartnäckig zu versuchen, seine Maske aufrecht zu erhalten.   „Wer stimmt dafür, alle Anklagepunkte gegen den Angeklagten fallen zu lassen?“, echote Kingsleys Stimme und zerriss die angespannte Stille.   Die Hand der Rothaarigen schoss in die Höhe und auch ein weiterer Zauberer schien sich ihr anzuschließen. Verzweifelt hob Harry den Kopf, um gegen das blendende Licht Kingsley auszumachen, und sah, wie dieser leicht lächelnd eine Hand in die Höhe hob. Sogleich donnerte das Geräusch eines kleinen Hammers und Kingsleys Worte vertieben Harrys Zurückhaltung schlussendlich.   „In allen Punkten freigesprochen.“   Euphorisch legte sich ein breites Lächeln auf Harrys Züge, und er war schon bereit aufzuspringen, als Draco jedoch seine Intention bemerkte und schnell den Kopf schüttelte, abwehrend die Arme erhob. Augenblicklich stoppte Harry in seiner Bewegung und bohrte seine Fingernägel unangenehm in das Holz der Armlehne seines Stuhls. Die Menschen um ihn herum standen langsam auf, richteten ihre Roben und verschwanden in einer Schwade aus Gemurmel und Stühlerücken, so dass sich der Raum langsam leerte. Auch Draco stand auf, folgte dem Strom, bis Harry ihn aus den Augen verlor.   Sie hatten gewonnen. Doch irgendwie ... fühlte sich dieser Sieg nicht gut an. Harry stand auf und er bemerkte, dass seine Beine zitterten. Diese Aussage hatte an seinen Nerven gezerrt und er würde nichts lieber tun, als nun schnell nach Hause zu apparieren, und dieses ganze Drama zu vergessen. Doch wo war Draco hingegangen? Harry spürte, dass das Serum immer noch wenige Minuten wirken würde. Sollte er in den Ruheraum gehen, von dem die Frau gesprochen hatte?   Er verließ den Saal und versuchte Draco ausfindig zu machen, doch selbst nachdem Harry einige Gänge abgegangen war, fand er ihn nicht. Der allgemeine Trubel im Ministerium war jedoch allgegenwärtig und Harry hatte das Gefühl, dass er ihn vermutlich niemals zwischen dem Wirrwarr aus Gängen und Stockwerken finden würde. Vielleicht war Draco auch schon längst zum Grimmauldplatz appariert und würde sich über ihn lustig machen, dass er hier herumgeirrt ist.   Harry versuchte in der Menge von Menschen einen Fluchtweg zu erhaschen, sah durch die wenigen Lücken zwischen Gliedmaßen und Schweiß hindurch, als er schließlich jemanden neben dem Zeitungsstand erspähte. Dort stand Draco. Doch er war nicht alleine. Ein großgewachsener Mann mit Rundbart und Schleife sah gebieterisch auf Draco herab. Neben ihm Zabini, der einen Arm um ihn geschlungen hatte. Sie schienen zu diskutieren, doch Harry konnte auf die Entfernung kein Wort verstehen. Harry versuchte sich unbemerkt zu nähern, was gar nicht so einfach war. Er schubste mindestens drei Leute auf dem Weg.   „Ich hoffe du weißt, dass du nicht davon laufen kannst, Bursche. Dein Vater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, dass sein Sohn ein elender Dieb ist.“, grunzte der Mann spöttisch.   „Lass gut sein, er hat es verstanden“, unterbrach ihn Zabini.   „Nein er hat es nicht verstanden. Ich will sie haben und ich weiß genau, dass die Made sie gestohlen hat. Deine Mutter hat der Hochzeit bereits zugestimmt, also hör auf vor deinem Schicksal wegzurennen.“, drohte er.   „Du hast mit Mutter gesprochen?“, hauchte Draco so leise, dass er ihn beinahe zwischen den vielen Stimmen nicht hatte hören können.   Harry war drauf und dran aus seiner Deckung hervor zu kommen, als er plötzlich das Klicken einer Kamera vernahm. Aufgeschreckt drehte er sich um, so dass auch die drei Männer ihn bemerkten. Doch es war zu spät. Eine Traube von Menschen schien ihn entdeckt zu haben und näherte sich im immer schneller werdenden Tempo. Harry hatte die ungnädige Vermutung, dass Kingsleys Bemühungen, die Presse außen vor zu lassen, vielleicht doch hoffnungslos waren.   „Harry Potter!“   Harry wich einem Arm aus, der ihn versuchte am Umhang zu packen, duckte den Kopf und tauchte in der Menge unter. Er versuchte, noch einen Blick auf Draco zu erhaschen, der ihn bestimmt bemerkt hatte, doch er hatte keine Chance.   „Da ist er, Harry Potter! Bitte geben Sie ein Statement“ rief ein Mann in den 40ern und wedelte mit seinem Schreibblock, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.   „In welcher Beziehung stehen sie zu den Todessern?“ schrie eine Frau in der Ferne und Harrys Instinkt sagte ihm, dass er unbedingt von hier weg musste. Schließlich wusste er nicht, ob das Serum eventuell sogar noch wirkte. Gerade als er hilflos versuchte, eine etwas molligere Frau von sich zu schieben, die ihm immer wieder die Kamera ins Gesicht hielt, spürte er eine große Hand an seiner Schulter.   „Harry! Meine Herren, lassen Sie den armen Jungen doch in Ruhe“, sagte Kingsley hinter ihm und tatsächlich begannen die Menschen mehr Abstand zu nehmen. „D-danke“, keuchte Harry, immernoch außer Atem.   „Nichts zu danken. Allerdings komm doch mit in mein Büro, ich denke wir haben einige Dinge zu besprechen.“ Kingsleys Blick wirkte autoritär und irgendwie hatte Harry das Gefühl, dass der Minister kein Nein auf diese Frage zulassen würde.   Schluckend nickte Harry und ging zurück zu den Aufzügen, versuchte einen letzten Blick auf Draco zu erhaschen, doch die drei Männer waren bereits verschwunden.         ~~~*~~~   Einen wunderschönen guten Abend. Es freut mich, dass ihr hierher zurückgefunden habt, und ich mag mich an dieser Stelle für eure Geduld bedanken. Neben Prüfungen und einer defekten Grafikkarte habe ich endlich dieses Kapitel fertigstellen können und bin sehr froh, euch erzählen zu können, wie es mit unseren beiden Lieblingshelden weitergeht. Ein doch recht spannendes Kapitel, was mir sehr viele Nerven geraubt hat. Ich freu mich schon auf eure Gedanken! Eure Refaye Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)