Unmei no Akai Ito von Amalia-chan ================================================================================ Kapitel 7: Drachenblut: Das Mondfest ------------------------------------ Liebe ist die stärkste Macht der Welt, und doch ist sie die demütigste, die man sich vorstellen kann. (Mahatma Gandhi) Zischend brach sich die See an den kantigen Felsen und verschlang jeden weiteren Laut, als sie sich sachte gen Erdboden aufgesetzt fühlte. Weich wie Kaschmir schützte sie sein Mokomoko vor dem Wind. Ihre Hände ruhten auf seiner Brust und erspürten die vertraute Wärme. Ein Ruck ging durch die gespannten Muskeln und kündete davon, dass er bereits begann, seinen Arm um sie zu lockern. Widerwillig schlug sie daraufhin ihre Augen auf und traf umgehend auf sein im Dunkel der Nacht funkelndes Raubtiergold. Ihr zartes Lächeln mutete fast eine Entschuldigung an. Immerhin hatte er sich um einen ruhigen Flug bemüht und sie nicht einfach hinfortteleportiert. Es funktionierte wohl nur mit einer Person. Dennoch hatte die Göttin die Augen nach Kurzem bereits schließen müssen. Es war ihr zu hoch gewesen. Und so war sie wenig überrascht, noch einen Blick auf das abklingende Zucken seiner Mundwinkel zu erhaschen. „Kennen alle Götter die Furcht?“ „Darüber vermag ich unmöglich einem Yôkai Auskunft zu geben, Sesshômaru-sama. Dass ich nicht ganz schwindelfrei bin, sollte dir jedoch bereits aufgefallen sein.“ Und da er keinen Brustharnisch trug, ließ sie sich dazu verleiten, gegen seine stählerne Brust zu boxen. Natürlich konnte sie ihn damit nicht beeindrucken. Es half nicht einmal ihrem angekratzten Stolz, als es einzig seine Augenbraue gefährlich verführerisch in die Höhe zwang. Er hielt ihr Meeresblau eisern mit seinem Dämonengold gefangen. Genüsslich verfolgte er so jede Regung in der zarten Göttin vor sich. Einen Moment länger verharrte ihr zierlicher Körper da eng an den Dämon geschmiegt. Ihre Hand genoss die Geschmeidigkeit der Seide, welche die Wärme seines Körpers längst angenommen hatte. Ihr Blick wurde weich. Keine Empörung spiegelte sich mehr darin, als nur das Rauschen der See in seinem Rücken über den leisen Klang ihrer Atmung hinwegfegte. Der Wind riss an seinem silbernen Haar und spielte mit den pechschwarzen Strähnen ihrer Frisur. Seine Klaue fing gerade einige Wenige ein auf ihrem Weg an ihre Wange, als das leise Geräusch von der weitaus weniger sanften Landung ihrer Begleiterin zu ihrer Linken kündete. Winselnd lenkte Ai die beiden unterschiedlichen Augenpaare auf sich, als sie sich in ihrer Wolfsgestalt zu schütteln begann, sobald ihre Pfoten auf dem Erdenboden wieder aufgesetzt hatten. Die letzten Wolkenreste wehrten sich gegen die feste Umklammerung und zuckten unter ihren Pfoten aufgeregt, ehe die Nefrilin sie artig entließ. Sofort stoben sie gen Horizont davon. Er hatte nicht gewusst, dass die Gottesdienerin einfach so über Wolken wandeln konnte. Dennoch war es ihm nicht entgangen, dass er schneller war. Ishizu löste sich bereits wieder von ihm, als sein Fell sanft von ihr abließ. Eindeutiger Tadel lag in ihrem Meeresblau, sobald sein Raubtiergold von ihrer Begleiterin abgelassen hatte und ihr auf seinem Weg begegnete. Sein Gedankengang war unmöglich falsch zu verstehen. Er ignorierte es, als er stattdessen den Weg vor sie antrat. „Du willst mir immer noch nicht sagen, wo wir mitten in der Nacht hinwollen“, verdiente seiner Ansicht nach wohl keiner Antwort. Zumindest blieb diese aus, sodass sich Ishizu aufseufzend daran machen musste, hinter seinen langen Schritten herzukommen. Immerhin trug sie nicht so viele Lagen an Stoff, wie gewöhnlich. Tatsächlich bot das dreiteilige Gewand eine gewisse Beinfreiheit, die sie gerade jetzt, da sie dem Dämonenprinzen nachkommen musste, sehr zu schätzen wusste. War sie ehrlich, so war es tatsächlich bequem, auch wenn ihr die Last der vielen Stoffe längst vertraut geworden war. Es war ihr ein einziges Rätsel. Nicht einmal Yoko hatte sie informieren dürfen. Dass man sie aber entsprechend angekleidet hatte, so ganz anders als sie das aus seiner Heimat bis dato kannte, hatte sie in der Annahme nur noch bestätigt, dass ihr Ausflug mit Sesshômarus Vater abgesprochen war. Es hatte sie sehr verwundert, als der sie noch am Nachmittag gefragt hatte, ob sie ihre Erscheinung verschleiern konnte. Natürlich konnte sie wie ein Mensch aussehen, so, wie sie es jetzt auch tat. Aber schlau war sie aus dem Verhalten der beiden Hundedämonen bis jetzt noch nicht geworden. Sie hatten das Meer gerade überwunden; somit die heimatliche Insel unverkennbar hinter sich gelassen. Alles hier war anders. Jeder Schritt über diesen Boden trug es ihren naturgegebenen Sinnen zu. Selbst der Wind raschelte befremdlich durch das Blätterwerk. Warum machte er so ein Geheimnis daraus? Ihm schien es zu gefallen, beschloss sie gerade bei sich, ehe sie den Ast zur Seite bog und reichlich erschrak, da sie gerade noch verhindern konnte, einfach in ihn hineinzulaufen. Also kam sie neugierig an seine Seite, nur um sich einer Fremden, offenkundig einer Yôkai, gegenüberzusehen. Sie kannte den abschätzenden Blick bereits zu Genüge, mit welchem die leicht bekleidete Dunkelhaarige sie maß. Ihr Kimono bedeckte ihre langen Beine wenn dann nur notdürftig. Wo hatte er sie nur hingebracht? Nicht, dass sie ihm misstraute, aber die nähere Umgebung brannte lichterloh von der Fülle an unterschiedlichsten Yôkii – und dennoch standen sie hier offenkundig allein mit der Dämonin auf der vom Vollmond taghell erleuchteten Lichtung. Keinen einzigen Menschen konnten ihre Sinne ausmachen. Da die Yôkii direkt vor ihr brannten, sie aber nur eine Einzige derzeit vor sich sah, nahm sie zu Recht an, dass sich im Rücken der Fremden ein Bannkreis befand, den sie bewachte. Da hielt ihr die Dunkelhaarige auch bereits eine Trinkschale hin. Sie war leer. „Euer Mondopfer“, verstand die Göttin als die Aufforderung, die es offenkundig auch war. Und noch etwas erkannte sie; die fremde Sprache. Das Rascheln seiner Seide lenkte ihren Blick umgehend zu ihm. Verwundert verfolgte sie seine krallenbesetzte Hand, wie sie seinen Kimonoärmel am anderen Arm umschlug und dabei seinen Unterarm freigab, welcher im Licht seines vollen Himmelskörpers unmenschlich blass erschien. Ihre menschlichen Schützlinge feierten dieser Tage das Mondfest. Sie opferten dem Erntemond, weil er aufgrund seiner Konstellation zur Erde heller erschien als üblich im Jahr. Es erlaubte ihnen so eine Ernte bei Nacht. Doch im Grunde war der Mond ihr Himmelskörper, einer der beiden Söhne ihres Schöpfers. Konnte es sein und Dämonen maßen dieser ersten Nacht ebenfalls eine besondere Bedeutung zu? Fasziniert beobachtete sie ihn dabei, wie er seine messerscharfe Kralle über seine makellose Haut führte, sie so in einem sauberen Schnitt eröffnete, sodass sein Blut in die Schale tropfte. Der Einschnitt begann bereits wieder am einen Ende zu heilen, noch ehe er am anderen abgesetzt hatte. Als die Schale zu ihr gewandert war, traf ihr Meeresblau bewegt sein festes Dämonengold. Sie konnte keinem Sohn der Dunkelheit opfern. Sie war eine Tochter der Sonne. Das Lächeln, welches über seine ansehnlichen Züge huschte, bestätigte ihr, dass er begriff. Umso mehr überraschte er sie, als er nichtsdestotrotz ihr zierliches Handgelenk zart umfasste. Seine Züge erschienen ihr ganz von seiner dämonischen Freude getragen, ehe er seine Stimme rauer beanspruchte als gewöhnlich. Ob der fremden Sprache oder des Inhalts wegen vermochte sie nicht zu sagen. „Was obsiegt, die Verpflichtung oder die Neugierde?“, war Herausforderung und Versuchung zugleich. Unmöglich auszuschlagen für die Göttertochter. Also reckte sie ihr Kinn unmerklich, fast trotzig. Er erkannte dennoch die stumme Zustimmung. Seine Krallen begannen sich umgehend von ihrer Hand aus unter den ungewöhnlich ausladenden Kimonoärmel zu schieben. Ihre Augen weiteten sich kaum merklich unter seiner intensiven Musterung. So offen die Fremde ihre Beine präsentierte, so wenig Haut offenbarten doch ihre langen Ärmel. Also nahm Ishizu nicht zu Unrecht an, dass auch in dieser Kultur das Handgelenk einer Frau keinem öffentlichen Blick zugedacht war. Mochte seine Berührung auch im Privaten noch so vertraut sein, so kribbelte doch das Bewusstsein um ihre Offenlegung durch ihre Venen und sammelte sich alsbald brennend auf ihren Wangen. Aufmerksam sah sie ihm dabei zu, wie er so Stück für Stück ihre alabasterfarbene Haut freilegte. Noch darunter keimte in ihr die Erkenntnis, dass er sich bewusst dagegen entschieden hatte, den Stoff einfach umzuschlagen. Er genoss es nicht weniger als sie. Sorgfältig verfolgte er dabei jede noch so winzige Regung von ihr. Es raubte ihr fast automatisch ihr verzücktes Lächeln, während sich bereits wieder die altvertraute Horde Schmetterlinge in ihrem Bauch zu sammeln schien. Und so kostete sie sein aufreizendes Spiel in vollen Zügen aus, formierte sich doch längst in ihr eine Idee, warum sie seine Heimat verlassen hatten. Unbewusst hielt sie den Atem an, sobald eine seiner Krallen ihre dünne Haut durchstieß. Sie verbat sich den Reflex, ihm ihre Hand zu entziehen und konzentrierte sich einzig auf ihn. Nur wenige Tropfen ihres hellen Bluts vermischten sich mit dem Seinen in der Schale. Sie beachtete sie gar nicht. Stattdessen vermeinte sie die Dämonen müssten ihr Herz laut gegen ihre zarte Brust hämmern vernehmen, als er ihren Arm nur kurz darauf an seine Lippen führte- ihren Blick weiterhin haltend. Sie fühlte seine Zunge mehr die winzige Wunde verschließen, denn dass sie es beobachten konnte. Ihr wurde heiß und kalt. Das lebendige Funkeln in seinem Raubtiergold spiegelte ihr eigenes Begehr wider. Er hatte sie ausgelassen und bereits wieder zu seiner Ausdruckslosigkeit zurückgefunden, noch während sie ihre Miene unter einem weiteren Atemzug ordnete. Da bot er ihr bereits den Arm. Nur am Rande registrierte sie, dass Ai davon ausgenommen schien, als sie ihren Arm ziemlich über seinen legte und ihm folgte. Kaum hatten sie die Yôkai hinter sich gelassen, fiel die Illusion wie ein Vorhang von ihnen ab. In wild bewegtem Rotgold breitete sich vor ihnen die Farbenpracht der prasselnden Feuer aus. Die Stille zersprang urplötzlich unter der Fülle an Lauten. Das Stimmenwirrwarr der unzähligen Dämonen brach unter dem Prasseln der Flammen augenblicklich auf sie ein. Es verschlug der Göttin den Atem, in welcher Mannigfaltigkeit es sich um die vereinzelten Feuerherde am Ufer des Meeres tummelte. Es erschien bei Weitem ungesitteter als ihre letzten offiziellen Auftritte und erinnerte an so manche Festivitäten ihrer Verwandten mit ihren Schöpfungen. Ihr entglitt ein Schmunzeln an seiner Seite. Wenn sie sich hier so umsah, musste sie feststellen, dass die Dämonin am Eingang keine Ausnahme darstellte. Keine der Dämomendamen schien mehr am Leib zu tragen, als unbedingt notwendig; sodass sie sich schon ihrer Kleidung wegen deplatziert vorkam. Dennoch gefiel es ihr. Nur wie hatte er seinen ehrenwerten Vater davon überzeugen können, sie hierher mitzunehmen? Es überraschte sie nun auch nicht mehr, dass er weder den Harnisch noch eine Waffe bei sich hatte. Keiner der Dämonen war bewaffnet. Natürlich vermied er das herrschaftliche Rot oder gar das Weiß ihrer Trauer. Blau kleidete ihn gut. Mochte es auch noch so ungewohnt sein für sie, die sie jene Farben längst eng mit ihm verknüpfte. Plötzlich wusste sie auch den Drachen zu deuten, der sein Gewand zierte. Ebenso wie das Vogelwesen auf ihrem bunt gemusterten Mantel, welcher ihr nur bis zu den Knien ging. Der fliederne Rock verdeckte ihre Beine bis über die Knöchel, was hier scheinbar nicht einmal angebracht war. Es erklärte auch warum ihr Obi vorne offen verschnürt war anstatt kompliziert auf ihrem Rücken gebunden. Sie erkannte das traditionelle Gewand, das auch ihre Schützlinge kannten. „Du sprichst Chinesisch fließend.“ Sie wagte nicht, es als Frage zu formulieren, wollte sie ihn doch nicht kränken. Das leise Zucken um seine Mundwinkel galt ihr zur Bestätigung, dass er auch das wohlwollend zur Kenntnis genommen hatte. „Ein ähnlich mühsames Unterfangen wie unsere Umgangsformen für dich“, lenkte ihr nachsichtiges Lächeln auf seine Züge, auf welchen sich das Spiel der Flammen wild tanzend abzeichnete. Es war unmöglich zu überhören, wie wenig dem jungen Dämonenprinzen derlei Unterricht zugesagt haben musste. Trotzdem ergab es Sinn. Allein der Nähe wegen. Sie dagegen konnte unmöglich abschätzen, welche Mühen mit dem Erwerb einer fremden Sprache verbunden sein mussten. Waren Götter doch von Beginn an mit allen Sprachen ihrer Schützlinge vertraut, ob längst vergangen oder noch zukünftig. Doch anders als vieler ihrer Geschwister waren ihr die kulturellen Unterschiede nicht eingegeben. Sie waren einer Entwicklung und steten Veränderung unterworfen innerhalb ihrer Gesellschaften, weshalb auch sie von ihr erlernt werden mussten. Also dankte sie ihm den Vergleich, schließlich ermöglichte er ihr eine Ahnung. „Hier kennt dich niemand“, bestätigte er ihr mit seinem charakteristisch dezenten Nicken. Es zauberte ihr ihr entzücktes Lächeln auf ihre Züge. Er erkannte die Dankbarkeit darin. Hier waren sie Fremde, für den Moment der Last ihrer Verpflichtungen entledigt. Durch ihre Anonymität reihten sie sich ein in die Masse an Dämonen, welche ihrem Himmelskörper huldigten. „Aber ich bin keine Dämonin.“ Mochte sie ihre Erscheinung auch nicht als Göttin ausweisen, die Yôki fehlte trotzdem. Abermals zerrte sie hart an seiner Fassade, konnte sie doch seine Mundwinkel für den Moment wanken sehen. „Wenn du dich nicht wieder verrätst, werden deine Magie und meine Herkunft genügen“, mutete echtes Amüsement an. Es zeigte sich einzig auf ihren Zügen offen, ehe sie gespielt empört ihre Lippen schürzte und ihren Blick abwandte. Natürlich hatte er es sich nicht verkneifen können, sie mit ihrem Patzer beim Turnier aufzuziehen. Sie glaubte dennoch zu verstehen. Einem magiekundigen Wesen hatte der Bannkreis den Zutritt gewährt – trotz ihres Bluts. Sie war erstaunt, dass er sie scheinbar als seine Begleiterin akzeptierte, wollte sich jedoch nicht weiter mit der Seltsamkeit aufhalten. Stattdessen ließ sie sich an den fremdartigen Dämonen von ihm vorbei eine Anhöhe hinaufführen um sich dort anstandslos neben ihm niederzulassen. Automatisch begann sie Ais Kopf auf ihrem Schoß zu streicheln, noch während sie neugierig die neuen Eindrücke aufnahm. Er hatte einen guten Platz gewählt. Sie saßen etwas erhöht und entfernt von dem bunten Treiben. Es bot einen guten Blick nicht nur auf das Geschehen unter ihnen, sondern vor allem auf den vollen Mond weit über dem tiefschwarzen Meer. Sie genoss die vom flackernden Licht der prasselnden Flammen ins Rotorange getauchte Szenerie der Verschiedenartigkeiten. Die unterschiedlichsten Merkmale und Gesichtszüge, von fischartig bis hundeartig, begegneten ihr friedlich nebeneinander stehend anscheinend in das ein oder andere Gespräch vertieft. Manche Wesen vollführten so manch rhythmische Bewegungsabläufe um die Feuerstellen, während wieder andere auf fremdartigen Instrumenten umso unvertrautere Laute erzeugten. Es erinnerte sie zuweilen an Abfolgen so mancher Kampftechniken. Sie wagte kein Urteil, als sie einem braunbeschuppten Wesen bei seiner Umrundung der Flammen mit einem Schmunzeln auf den Lippen folgte. Sein Haar war in geflochtenen Strähnen gebändigt, welche wild um seinen Kopf tanzten, während er seinen Holzstab schwang. Mit einem leisen Schütteln ihres Kopfes tat sie es schmunzelnd ab, ehe sie den Blick weiter schweifen ließ. Manches deckte sich erstaunlich gut mit dem Bild, welches ihre Familie von den ungeliebten Schöpfungen ihrer Verwandtschaft doch hatte. Niemand schien auf Konflikt aus zu sein. Diesmal konnte sie keine Waffen ausmachen, die Stimmung wirkte gelöster. Vielleicht weil sie glaubte, nur vereinzelt den ein oder anderen mächtigeren Dämon ausmachen zu können. Einem Vergleich zu den Yôki beim Turnier hielt keine heute Abend stand. Erst recht nicht verglichen mit der ihres Begleiters, veranlasste sie dazu zur Seite zu lugen. Er beobachtete ungerührt die Szene und so lenkte sie ihren Blick mit einem hauchzarten Lächeln wieder vor sich. Es erschien ihr als spielten Herkunft und Status heute Abend keine Rolle. Fast, als wären die Grenzen ihrer gesellschaftlichen Ordnung außer Kraft gesetzt. Ob die Fürsten unter den Dämonen die Nacht anders begingen? Sesshômaru schien jedenfalls mit den Gepflogenheiten bestens vertraut. „Fallen wir auf?“, bedeutete ihm, wie aufmerksam sie nicht nur ihr Umfeld studiert hatte. Es war ihr nicht entgangen, wie stark er seine Aura unterdrückte. Er guotierte es mit seinem leisen Lächeln. „Es ist nicht unüblich für junge Dämonensöhne.“ „Sich unters Fußvolk zu mischen?“, veranlasste ihn dazu, seine Augenbraue zu bemühen. „Ein menschlicher Ausdruck, um den niederen Stand zu verdeutlichen.“ Er nickte zögerlicher als sonst. Sie nahm an ob der befremdlichen Ausdrucksweise. Mit einem Kopfschütteln tat sie es ab, sodass die weiten Bögen, in welchen manche ihrer Haarsträhnen zu ihren Seiten gebunden waren, für den Augenblick nachschwangen. „Wie nennt ihr sie?“ „Schwach“, kam so ungerührt, dass es ihr ein leises Auflachen raubte. Sie erhob die Hand vor ihre Lippen. Insgeheim diente es ihr zur Bestätigung, dass Dämonen wohl in ihrem Pragmatismus keinerlei Verwendung für eine beschönigende Sprache hatten. Ihre Belustigung noch deutlich auf ihren Zügen, fand sie sich immer noch in seinem Fokus, als ihr Atem sich langsam wieder beruhigte und ihre Hand zurück in ihren Schoß fand. Seine Faszination erschloss sich ihr nicht, als er sie für sie regungslos betrachtete. „Also befinde ich mich auf einem Fest für die „Schwachen“ unter den Dämonen, um dem Mond zu huldigen, dem mancher Dämonenfürst in seiner Jugend inkognito beiwohnte, dem du jedoch längst entwachsen bist?“ Er bedurfte eines Moments, in welchem er ungerührt verharrte, ehe er eine Erwiderung bemühte. Nie wäre es ihr auch nur in den Sinn gekommen, dass er sich die Bedeutung aus wenigen ihrer Worte zusammenreimen musste – zu sehr erschreckte ihn die Erkenntnis, wie gefährlich ihr Auflachen seine Konzentration bereits ins Wanken brachte. „Wir verwenden den Begriff, den auch deine Menschen wählen, Ishizu.“ „Also Mondfest.“ Er bestätigte es nickend, ehe er seinen Blick wieder vor sie richtete. „Würde dein ehrenwerter Vater seiner Tochter das hier gestatten?“ Sie wusste, dass sie oft außerhalb der Norm Freiheiten genoss. Umso unwahrscheinlicher erschien es ihr da, dass einer Dämonin von Stand ausgerechnet diese Freiheit hier zustand. Diesmal belohnte er sie mit seinem schmalen Lächeln. „Du bist hier, um zu lernen. Es nahm hier seinen Anfang und ist Teil unserer Kultur“, war ein Nein. „War es das, womit du ihn überzeugt hast?“ Für sie stand es außer Frage, dass diese Idee von ihm stammte. „Du unterschätzt seine Bereitschaft, Risiken einzugehen.“ Hatte er sie doch bei sich aufgenommen und sie sogar zum Ritual geschickt. War das am Ende eine Art Belohnung für sie beide? Diesmal trafen sich ihre Blicke offen. „Wann erwartet er uns zurück?“ „Morgen.“ Es war ihre grenzenlose Verwunderung, die ihr Näschen kräuselte. Yoko musste sich mit äußerstem Widerwillen dem Befehl gebeugt haben. Schließlich hatte sie sie nicht begleiten können. Ob sie auch nur im Ansatz unterrichtet worden war, wohin der Dämonenprinz sie da mitnahm? Kein Wunder, dass sie sich in aller Dunkelheit mehr oder minder aus dem Schloß gestohlen hatten. Einzig die Erkenntnis darüber, wie unerschütterlich das Zutrauen des Vaters in seinen Sohn sein musste, hielt sie dennoch davon ab, befreit aufzulachen. Schuldbewusst suchte ihr Meeresblau sein ungerührtes Dämonengold. Und sie wusste, dass seine Hochstimmung von demselben Verrat gedämpft wurde. „Warum begleitet mich keine meiner Dämoninnen?“ „Möchtest du das denn?“, bewegte diesmal ihre Lippen verräterisch. „Es entspräche dem Anstand“, gab sie zu bedenken. „Und fiele auf.“ Überrascht verharrte ihr Meeresblau da auf seinem ungerührten Raubtiergold. Konnte es sein und sie führten am Ende ein und dieselbe Diskussion? Wenn sie es genau besah, so hatte er scheinbar tatsächlich die eine Möglichkeit gefunden, um gemeinsam eine Nacht in der Öffentlichkeit zu verbringen –losgelöst von allem, was sie trennte. In ihr rangen das Schuldbewusstsein über ihren Verrat und die Glückseligkeit ob ihrer genehmigten gemeinsamen Nacht wechselseitig um die Oberhand. „Ishizu“, war ein Seufzen. Die Scham überkam sie und senkte ihren Blick umgehend. Er hatte ihr eine Freude machen wollen – ihnen beiden; und sie dankte es ihm mit ihrem schlechten Gewissen, das ihn nicht minder quälte. „Du hättest mit mir reden können.“ „Dann säßen wir nicht hier.“ Sie gab ihm insgeheim recht; sie hätte es ihm ausgeredet. Nichtsdestotrotz musste sie sich längst eingestehen, wie dankbar sie ihm doch war für die gemeinsame Flucht aus dem engen Korsett ihrer hohen Geburt. Und so zierte ihre Lippen wieder ihr hauchzartes Lächeln, ehe sie ihren Blick erhob. Es traf zielsicher sein Raubtiergold. Wieder funkelte es auf diese einzigartig verlockende Art und Weise im vollen Licht seines Himmelskörpers, welche wohl nur Dämonen vorbehalten war. Und wieder wurde mit einem Schlag alles um sie herum bedeutungslos. Erneut erfasste sie diese befremdliche Unruhe. Sie sammelte sich in ihrer Körpermitte und drohte sie alsbald mit ihrer Wärme zu überfluten. Ihre Atmung wurde flach, als sie instinktiv die Augenlider zu senken begann. Protestierend brach das Winseln ihrer Begleiterin wie ein Donnerwetter über beide herein. Diesmal traf sie der eisige Blick des Dämonenprinzen unverhohlen, während Ishizu ihre Hand an ihre Lippen führte und ein verlegenes Lächeln verbarg. Er war ihr so nahe gekommen, dass sie sich nur nach vorne lehnen müsste, um ihre Stirn gegen seine betten zu können; seine Lippen mit ihren vereinen zu können. Ai hatte recht. Ihre Position war immer noch zu exponiert. Also fing sie seine Aufmerksamkeit mit ihrem menschlichen Meeresblau ein. Sein Blick verlor sofort an Härte. Es war seinen ausgeprägten Dämonensinnen zu verdanken, dass er nicht nur beobachten konnte, wie ihre zartrosanen Lippen ein „danke“ formten, sondern auch hörte, wie es sie wie ein Flüstern im Wind verließ. Als in diesem Moment die Wasseroberfläche unter ihnen laut rauschend gebrochen wurde, durchfuhr ihn die Erkenntnis wie ein Blitz, dass er nur dadurch vor einem erneuten Bruch seiner Fassade bewahrt worden war. Umgehend wich er auf die vorherige Distanz zurück und lenkte sein Augenmerk auf die aufsprudelnden Wasserfluten. Ishizu bedurfte eines weiteren Augenblicks um ihren Atem zu beruhigen, ehe sie seinem Beispiel folgte, froh um die Ablenkung. Abermals schlängelte sich die vertraute Drachengestalt aus den Tiefen der See. Diesmal regte sich das Unwohlsein deutlich in der Göttertochter, als sich der schlangenähnliche Rumpf auf den Platz vor ihnen senkte. Er war so lang, dass die kurzen Hinterläufe über seinem Wasser schwebten, während seine Gestalt den Rhythmus der Musik an Land aufnahm. Irritiert blinzelte Ishizu, hatte sie sich den ehrwürdigen Drachen doch nicht wirklich beim Tanzen vorzustellen vermocht. Erst recht nicht im Einklang mit eben dieser Art, die noch vor Kurzem einen seiner Söhne an der Verwandlung gehindert hatte. Vor ihren Augen. Instinktiv senkte sie den Blick und lenkte so sein Augenmerk treffsicher auf sich. „Du hattest nichts von einem Drachentanz erwähnt.“ Er bemühte seine Braue. Spielte das denn eine Rolle? Es war längst zu spät, spürte sie doch bereits, wie seine Präsenz sich nach der Ihren streckte. Mit einem Mal bemerkte er die Unruhe in ihr. „Ich werde ihn begrüßen müssen“, verwarf alle Anonymität und erklärte sich ihm nicht recht. Also lag all seine Aufmerksamkeit allein auf ihr. „Er hat meine Magie längst erkannt, Sesshômaru“, verstand er dagegen problemlos. So wie die Götter über den Himmel herrschten und sein Schöpfer über die Unterwelt, so herrschten die Drachen über die Magie. Wenn dieser sie also kannte, so käme es einem Affront gleich, wenn sie ihn nun ignorierte. Hatten sie sie in eine missliche Lage gebracht, allein weil sie dem Ritual beigewohnt hatte - ohne es zu wissen? Er erinnerte den Moment, als Akito den Drachenpanzer durchdrungen hatte und ihre Hand sich in seinen Ärmel gekrallt hatte. Als die Musik langsam verklang und die wellenartigen Bewegungen des langgezogenen Rumpfes allmählich abzuebben begannen, erhob er sich und reichte ihr seine krallenbesetzte Klaue. Sie fühlte sich angenehm auf die Beine gehievt und dankte es ihm mit ihrem zarten Lächeln. Es wirkte weniger unbekümmert als sonst. Irgendetwas beschwerte ihr den Gang. Kurz glitt ihr menschliches Meeresblau seine Züge ab. Er erkannte, dass sie abwog. Und so zögerte auch er, als sie den Schritt vor ihn tat. Kurz verengten sich seine Augen - ein Automatismus, dann erkannte er den Gang der Herrschertochter. Und er wusste, warum sie gezögert hatte. Letztlich bekräftigte es ihre Tarnung als Hexe, waren diese doch als Einzige in seiner Welt annähernd als autonom anerkannt - und mit den Drachenwesen im Bunde. Also folgte er ihr in einigem Abstand den Weg hinab bis vor den Wasserdrachen, welcher am Ufer bereits auf sie zu warten schien, während alles sich bereits wieder auf die verstreuten Flammenherde verteilte. Ishizu war erstaunt, dass er sich fügte. Es war ihr nicht möglich, vor ihm als sein Gast aufzutreten. Keines seiner Wesen akzeptierte eine Farce. Dennoch kannte sie seinen Stolz. Und dieses eine Mal hatte sie sich um eben diesen gesorgt. Sie wollte ihn nicht kränken. Nicht mehr. Nicht so. Ein Schmunzeln entkam ihr, während sie vor den Wasserdrachen kam, den ihre Schützlinge hier längst wie eine Gottheit verehrten. Es nistete sich noch darunter auf ihren Zügen ein. Wie sich die Dinge doch heimlich still und leise zu verändern vermochten. Ein einziges Mal war Sesshômaru Zeuge dieser Art von Verbeugung geworden, welche Ishizu dann vor dem Drachen vollführte. Er erinnerte sich gut daran, so sehr hatte sich deren Andersartigkeit in sein noch so junges Gedächtnis gebrannt. Und er ging völlig richtig in der Annahme, dass die ersten Worte in Gedanken gesprochen wurden. Interessiert beobachtete er ihre zarte Gestalt, welche vor dem mächtigen Magiewesen zerbrechlicher denn je wirkte. Seine Sinne waren auf das Äußerste gespannt. Er war wachsam, bereit jederzeit einzugreifen. Sicher war sicher. Ishizu betrat das Wasser, sein Reich, mit ihren nackten Füßen, ehe sie ihm begegnete, wie es ihr beigebracht worden war. Das tiefe Nicken akzeptierte die Stellung unter seinem Herrn, ehe Ishizu das Wort an ihn richtete. Sei gegrüßt Watatsumi, Herr der Wasserdrachen. Wir sind erfreut, Zeugin der so versöhnlichen Geste vor dem Volk geworden zu sein, das deinem Sohn die Wandlung verwehrte. Seid auch Ihr gegrüßt und versichert, wir kennen Eure einzigartigen Umstände, Prinzessin der Götter , legte sich beruhigend über ihre angespannten Züge. Automatisch senkte sie ihren Blick, ehe ein Lächeln ihre Lippen zart spannte. Mein Herr und Meister wird erfreut sein zu erfahren, dass seine Magie es auch hierbei vermag, Euch zum Nutzen zu gereichen. Er wird ebenso zu wissen wünschen, wie es Euch ergeht, Göttertochter? Da erhob sie ihren Blick und lenkte sein Augenmerk mit ihrem bezaubernden Lächeln zu ihrem Begleiter in ihrem Rücken. „Richte ihm aus, wir haben uns in der Variante getroffen, in welcher es mir gut geht, Watatsumi.“ Sesshômaru ließ sich nicht anmerken, wie sehr sie ihn überrumpelt hatte. Sah er sich doch urplötzlich im Fokus des Wasserdrachens, an dessen Namen selbst er sich noch erinnern konnte. Das Nicken, das dieser in seine Richtung andeutete, erwiderte er, wie er es bei seinem Vater erlebt hatte gegenüber dem Herrn dieser Rasse. Auch hier ließ er die Vorsicht walten. Der Frieden war brüchig. „Und wieder beweist Euer ehrenwerter Herr Vater seinen Spürsinn für vorteilhafte Bündnisse“, begegnete er mit seinem dezenten Nicken. Wenn ihn seine mangelhafte Erinnerung nicht trog, hatte eben dieses Bündnis neben mehrerer Anläufe und etlicher Mühen nicht zuletzt des Eingreifens des Drachenherrschers selbst bedurft, um Zustande zu kommen. So konnte Ishizu, als sie an seine Seite kam, gerade noch bemerken, wie die Anspannung von Sesshômaru abfiel, sobald der Drache zurück in seine Fluten geglitten war. Automatisch trafen sich ihre Augenbrauen in Skepsis über ihrem zarten Näschen. Er verbat sich jegliche Regung und wandte sich sogleich den Feierlichkeiten zu. Ishizu folgte sittsam, sobald sie in ihr Schuhwerk gefunden hatte. Ai kehrte umgehend an ihre Seite zurück. Als sie zu ihm aufgeschlossen hatte und an seine Seite kam, reichte er ihr bereits eine Trinkschale. Eine Weitere in seiner anderen Hand. Sie hatte nicht einmal mitbekommen, dass sie ihm gereicht worden waren. Scheinbar wollte er jedoch partout nicht darüber reden. Sie ließ ihm seinen Willen, für den Moment. Neugierig beäugte sie stattdessen die klare Flüssigkeit, die selbst in ihrer Nase brannte. Sie standen so nah an einem der Feuer, dass dessen warme Strahlen nach ihrer Haut langten. Als sein Blick sie maß, begegnete sie ihm leise lächelnd. „Was ist das?“ „Drachenblut“, nahm sie anerkennend hin. Immerhin hatte er ihr genau dieses Getränk noch beim Ritual verwehrt. Selbst der Wolfsyôkai hatte es ihr nicht recht zugestehen wollen. „Das Getränk, das meiner zarten Kehle nicht zu schmeicheln vermag?“, zitierte sie daher. Es zwang seine Augenbraue unter seinen Pony. Diesmal war sein Blick eisig, welcher sie von der Seite ereilte. Da war sie wieder, diese Abneigung gegen den Wolfdämon. „Wenn dir derlei Plumpheiten zusagen“, richtete er seine Aufmerksamkeit betont ungerührt zurück auf den Tanz der Flammen vor ihnen. Ihr englitt ein Schmunzeln. „Es ist nicht plump, einer Frau zu sagen, dass sie gut aussieht“, bemühte sie eine Verteidigung. Nicht des Wolfsdaiyôkai wegen, sondern als Erziehungsmaßnahme. Es zeigte keine zufriedenstellende Wirkung, als sie stattdessen erneut seine zweiflerisch gezückte Augenbraue erwartete. „So unsicher, Ishizu?“ Als ob sie das nötig hätte. „Es hat nichts mit Unsicherheit zu tun, Sesshômaru. Es ist höflich, einer Frau ein Kompliment zu machen.“ Damit hatte sie es in seinen Augen also doch nötig. Diesmal bedachte er sie mit seinem schmalen Lächeln. „Höflicher als eine Frau einfach nur anzustarren“, konnte sie dann doch nicht verhindern. Es wischte ihm seinen überlegenen Ausdruck immer noch nicht von seinen so ansehnlichen Gesichtszügen. Ganz im Gegenteil übernahm der Hochmut. Er starrte nicht. Sie lenkte ein, jedoch nicht ohne einen Stoßseufzer gen Himmel zu senden, welcher ihre zarte Brust gegen die bunt bemusterte Seide merklich drückte und den sich darüber kreuzenden Kragen ein wenig aufspannte. Ihre zarten Lippen trafen sich auf eine Art und Weise, auf welche ihm nur selten begegnet wurde. Sie schmollte offenkundig. Abermals lenkte er sein Augenmerk von ihr ab und zog es vor, zurück ins Schweigen zu verfallen. „Es ist nicht blau“, ließ seine Mundwinkel erneut gefährlich zucken. Hatte sie wirklich erwartet, dass sie das Blut eines Drachen tranken? Erneut traf sie sein Raubtiergold, diesmal nur zu offenkundig tadelnd ob ihres Irrtums. Dann führte er die Schale kommentarlos an seine Lippen. Fasziniert beobachtete sie ihn einen Augenblick lang dabei. Sie sah ihn selten etwas zu sich nehmen. Also folgte sie seinem Beispiel etwas verzögert, immerhin hatte sie es ja wissen wollen. Noch im darauffolgenden Moment dankte sie sich selbst dafür, dass sie stets Vorsicht walten ließ. Denn kaum war die Flüssigkeit mit ihrer Schleimhaut in Kontakt gekommen, ergoss sie sich auch schon brennend über ihr Sinne. Automatisch hustete sie und setzte die Schale ab. Das war kein Sake. Nicht einmal im Ansatz. Es war wesentlich hochprozentiger. Erst jetzt erschloss sich ihr seine interessierte Musterung. Er sah sich bestätigt. „Warum nennt ihr es nicht gleich Drachenfeuer?“, kam sie ihrem Ehrgefühl nach. „Du speihst kein Feuer, Ishizu“, war nüchtern, wenn auch Tadel ob ihrer maßlosen Übertreibung. Den Blick, mit dem sie ihn daraufhin zu erdolchen gedachte, ignorierte er geflissentlich, während er ihr die Schale bedachtsam aus der Hand löste. Sie ließ ihn gewähren und beobachtete ihn lediglich dabei, wie er beide Schalen achtlos auf einem der moosbewachsenen Felsen um sie herum absetzte, ehe er ihr den Arm anbot. Sie wagte es tatsächlich zu zögern, sodass er sich genötigt sah, seine Augenbraue zu bemühen. Es zauberte ihr ein versöhnliches Schmunzeln auf ihre Lippen. Unverbesserlich in seinem Selbstbewusstsein. Daraufhin lag sein Dämonengold auf ihrer weißen Wölfin, welche sich längst ergeben zur ihrer Seite erhoben hatte. Als Ais Augenpaar zu ihrem Schützling aufsah, begegnete ihr Ishizu längst nachsichtig lächelnd. Es entließ sie für den Abend. Also trat die Nefrilin den Weg zurück auf die Anhöhe an, welche ihr ein wenig Ruhe geboten hatte, während Ishizu mit einem leisen Kribbeln im Bauch dem Flammenschein an seiner Seite den Rücken kehrte. Alsbald hatten sie das Rotorange der tanzenden Feuer hinter sich gelassen. Einzig das milchige Licht seines Himmelskörpers brach noch durch das immer dichter werdende Blätterwerk über ihren Köpfen. Die Musik war längst selbst in ihren Ohren zu einem leisen Hauch abgeklungen. Sie spürte ihr Herz aufgeregt in ihrer Brust hüpfen. Vernahm ihren Atem unruhig erfolgen. Unmöglich, dass ihm ihre Aufregung entging. Sie wollte den Blick verlegen senken, als er endlich stehen blieb und sich zu ihr umwandte. Da ging ihr der Seine durch Mark und Bein. Augenblicklich stand sie in Flammen. Und er erkannte es. Automatisch entwich ihr ein leises Aufkeuchen, als sich die Rinde des Baumes überraschend in ihren Rücken drückte. Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass sie zurückgewichen war. Elektrisierend brach sich der abrupte Körperkontakt durch ihren zierlichen Körper. Er kam ihr ganz nahe. Seine Wärme bemächtigte sich ihrer. Automatisch fanden ihre Hände den Weg an seine Brust, fuhren knisternd an der weichen Seide hinauf, seinen Hals entlang um schlussendlich auf seinen Wangen zu ruhen, als seine Nase sich sachte auf ihre senkte. Tief verankerte sie sein funkelndes Raubtiergold, als sein Atem heiß gegen ihre Lippen prallte. Ihr Herz musste ein lautes Dröhnen in seinen feinen Ohren verursachen, so heftig schlug es ihr bis zum Hals. Automatisch öffnete sie ihre Beine, sodass er geschmeidig dazwischen kam. Es war nicht ruckartig, nicht grob, als er sie an ihren Schenkeln umfasste und bedachtsam auf seine Hüfte lud. Sie war überrascht ob der Zartheit seiner Bewegung. Grenzenlose Zärtlichkeit spannte ihre Lippen nahe den Seinen, während ihre Fingerkuppen wie Wassertropfen im leichten Sommerregen seine dämonischen Streifen auf seinen Wangenknochen liebkosten. Gefühlvoll senkte sich ihr bewegtes Meeresblau da auf sein so ansehnliches Gesicht hinab, während beide, Dämonensohn wie Göttertochter, die kribbelnde Nähe zueinander in vollen Zügen auskosteten. Sie genoss den Blick in sein atemberaubend weiches Raubtiergold. Die Hitze, die es in ihr hervorrief. „Du hattest das von Anfang an im Sinn“, flüsterte sie rau auf ihn hinab. Ihr Schmunzeln war angriffslustig. Das Seine schmal, als sie glaubte, sein dämonisches Gold gefährlich aufblitzen zu sehen. „Missfällt es dir, Megami?“ Sie wich zurück, als er sich nach ihren Lippen streckte – ein diebisches Grinsen auf den Ihren. „Unsicher, Yôkaisohn?“, war Revanche. Sein schmales Lächeln wuchs. Es war unverkennbar, dass er ihr Spiel genoss. Instinktiv gab sie dem Drang nach, sein Haar zurückzustreichen. Es senkte seine Augenlider und zauberte ihr ein verliebtes Lächeln auf die Lippen. „Sesshômaru“, war weit mehr als nur von ihrer Sehnsucht getragen. Und an seinem Blick erkannte sie, dass er es längst wusste. Sein dämonisches Gold begegnete ihr in selten gekannter Sanftheit, als er begann die Umarmung behutsam zu lockern. Wie in Zeitlupe ließ er sie damit an sich hinabgleiten, sodass sie immer mehr zurück auf Augenhöhe mit ihm sank. Erst als ihre Lippen vor den Seinen waren, hielt er inne. Jetzt gewährte sie ihm die gefühlvolle Begegnung. Ihr leises Aufseufzen war dabei Musik in seinen Ohren. Instinktiv schmiegte sich ihr zierlicher Körper eng um den Seinen. Sehnsuchtsvoll seufzte sie auf, als er sie neckend in die Oberlippe biss, ehe er ihre gefühlvolle Zärtlichkeit intensivierte. Instinktiv krallten sich ihre Finger in sein seidiges Haar. Ihr Körper eng an den Seinen. Es gab keine Worte um das Ausmaß ihrer Glückseligkeit auch nur im Ansatz zu beschreiben, als sie darunter leise, kaum wahrnehmbar, seine Stimmbänder vibrieren vernahm. Einem Seufzen gleich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)