Neue (und alte) Abenteuer von Sharry (Szenen, die es nicht in die Hauptfic geschafft haben) ================================================================================ Kapitel 36: Extrakapitel 33 - Was wäre wenn... ---------------------------------------------- Was wäre wenn…   Nach Kapitel 10 des dritten Teils – Applenine – Zorro verlässt das Schiff   -Sanji- Beinahe wäre er weitergelaufen, doch im letzten Moment sah er noch den kleinen Zipfel eines grünen Umhangs, welcher im Hintereingang irgendeiner schicken Absteige verschwand und Sanji schaltete sofort. Er brauchte keinen zweiten Blick, um zu wissen, dass jene Herberge nicht zu den üblichen Lokalen gehörte, die der Marimo sonst so aufsuchen würde; vermutlich würde man ihn durch den Vordereingang nicht mal reinlassen. Warum also begab sich der Marimo durch den Hintereingang in irgendeinen erstklassigen Nobelschuppen, und dann auch noch ohne seine Schwerter? Die Antwort war offensichtlich: Ein geheimes Treffen, ohne Waffen, um eine Eskalation zu vermeiden. Sanji hatte es doch gewusst! Er hatte doch gewusst, dass Zorro irgendetwas verschwiegen hatte und wahrscheinlich war es genau das hier. Verstohlen folgte er hinein, versteckte sich hinter einer Ladung Brennholz, die im Eingang wohl darauf wartete, von den Angestellten abgeholt zu werden, konnte die schweren Schritte hören, wie sie einen dunklen Gang entlang stapften. Er lugte um die Ecke und sah, wie der Marimo geradewegs das letzte Zimmer im Flur ansteuerte. Was sollte er tun? Sollte er ihm folgen? Je nachdem wäre es absolut gefährlich, wenn Zorros Gesprächspartner dachten, er wäre nicht allein gekommen, Sanji musste also unentdeckt bleiben, ein Herumlungern im Flur kam nicht in Frage. Er könnte sich in ein Nebenzimmer schleichen und durch den Türspion warten, bis Zorro zurückkommen würde. Vielleicht könnte er sogar das Gespräch belauschen. Nein, das war unwahrscheinlich. Für solche Treffen wählte man normalerweise Etablissements aus, die Privatsphäre schätzen; in den Zimmern könnte womöglich eine Waffe abgefeuert werden, ohne dass irgendwer es hören würde. Aber was wäre, wenn es wirklich gefährlich sein würde und Zorro ohne seine Schwerter auf sich allein gestellt wäre? Irgendwie musste Sanji… Oh, er bereute seine Idee bereits jetzt schon. Das hier waren ganz schicke Zimmer eines Hotels, das auf sehr schick machen wollte. Keine Küche eines moderneren Hotels arbeitete noch – hauptsächlich - mit Holzöfen und wenn Sanji sich nicht ganz gewaltig irrte, gab es einen Weg ins Zimmer, ohne wirklich hineinzugelangen, aber wenn er Pech hatte, würde er sich ganz schön die Finger verbrennen. Seufzend eilte er zurück auf die Gasse, sah sich einmal kurz um und dann sprang er hoch. Zwei Schritte Sky Walk waren genug, da war er schon auf dem Dach und die Vielzahl an Schornsteinen bestätigte seine Vermutung. Vor seinem inneren Auge sah er den Flur, durch den der Marimo gegangen war, zählte die Zimmer, zählte die Schornsteine. Er hatte Glück, wenn man es denn so nennen konnte. Das Biest war riesig, selbst Franky würde problemlos reinpassen, vermutlich weil es dem Rauchabzug mehrere Etagen diente. Leise grummelnd nahm Sanji das Gitter ab, zweifelte nochmal daran, ob er wirklich noch bei Verstand war, und dann sprang er hinab. Wie er erwartet hatte, kam er an ein paar Öffnungen vorbei, doch Zorro war im Erdgeschoss gewesen, hieß ganz am Ende. Sanji verlangsamte seinen Sturz, hielt sich mit Händen und Füßen fest, lehnte den Rücken gegen die Wand, und ließ sich langsam hinabgleiten, ignorierte die Vorstellung von all dem Ruß. Dann war er unten. Genau über dem Loch, durch das die heiße Luft und der Qualm eines Feuers entfliehen würde, gerade groß genug für einen schlanken Menschen. Aber mitten am Tag eines schönen Sommers nutzte niemand ein Feuer, also konnte Sanji ganz ungehindert zuhören. Sofern er überhaupt im richtigen Zimmer war und gerade nicht einen absoluten Vollidioten aus sich… „Ich bin hier und ich bin pünktlich. Sonst noch irgendwelche Beschwerden?“ Zorro! Er hatte sich nicht geirrt und so genervt, wie der andere klang, wusste Sanji seine erste Sorge bestätigt. Das hier war gefährlich. Ein leises Lachen ertönte, kaum gedämpft durch die Steine, als würde Sanji nur um die Ecke sitzen, und nicht in fast völliger Dunkelheit in einem Kamin. „Oh, nicht doch. Um ehrlich zu sein, bin ich äußerst erfreut, dass du diesem Treffen zugestimmt hast. Ich hätte nicht erwartet, dass wir einander so schnell wiedersehen würden.“ Fuck! Er erkannte die Stimme, erkannte sie sofort, nach damals, nach der Arroganz. Zorro war im Zimmer mit einem verdammten Samurai der sieben Meere, aber nicht irgendeinem Samurai, nein, ausgerechnet Falkenauge. „Wie war dein Auftrag?“ Zorro klang schroff, fast schon abweisend, doch seine Stimme konnte das leise Klicken nicht übertönen. Offensichtlich hatte jemand abgeschlossen, Zorro eingeschlossen. „Wie zu erwarten, langweilig und absolut unter meiner Würde. Aber darüber möchte ich jetzt nicht weiter nachdenken, nun da du endlich da bist. Sake?“ Falkenauge klang arrogant, bis zum letzten, und Sanji konnte sich sein überhebliches Grinsen regelrecht vorstellen, wie er entspannt seine Machtposition gegenüber Zorro ausnutzte. „Es ist noch nicht mal Mittag“, widersprach dieser dementsprechend kalt, obwohl er doch nie Alkohol ablehnen würde. „Also kein Sake?“ „Tze.“ „Ist das ein Ja?“ Darauf folgte keine – hörbare – Reaktion, nur ein paar Schritte und das Geräusch von Glas und Möbelpolstern. Was zur Hölle ging hier vor? Warum traf Zorro sich mit dem Samurai Falkenauge in einem hochwertigen Hotel auf dieser Insel? Es war offensichtlich ein vereinbartes Treffen, aber warum? Was ging hier…? „Etwas beschäftigt dich?“ Sanji wiederholte sich ja wirklich nicht gerne, aber was zur Hölle ging hier vor?! Hatte er das gerade richtig verstanden? Falkenauge höchstpersönlich erkundigte sich nach Zorros Wohlbefinden und klang fast, als würde er sich Sorgen machen? Nein, vermutlich war das hier nur ein Vorgeplänkel, ehe es ernst werden würde. „Wie kommst du darauf?“, entgegnete Zorro, ehe er nach einer Sekunde schwer seufzte. Das konnte Sanji gut verstehen. Ganz gleich, welche Differenzen Zorro und er derzeit hatten, er wusste genau, dass der Marimo sie nie verraten würde. Die Frage war nur, was Falkenauge dafür von ihm verlangte. „Genau deshalb, ich habe dich selten so schwer seufzen gehört.“ Wieder irritierte diese Aussage ihn. Falkenauge klang nicht wie ein Erpresser, der seine Macht gegenüber seinem Opfer ausspielte – also er klang schon verdammt arrogant, aber Sanji zweifelte nicht daran, dass er immer so klang – sondern fast schon… empathisch? Irgendetwas passte hier nicht zusammen. „Ach, hat nichts zu bedeuten. Lass uns einfach Schach spielen.“ Mit jedem gesprochenen Wort wurde diese ganze Situation absurder. Schach? Seit wann spielte Zorro Schach? Die paar Mal, die er mit Robin Mah-Jongg hatte spielen müssen, war er vernichtend geschlagen… Darum ging es gerade überhaupt nicht! Sanji war sich bis vor wenigen Sekunden noch absolut sicher gewesen, was dies für ein Treffen war. Ein marinetreuer Samurai und Zorro, der von Falkenauge erpresst oder sonst irgendetwas wurde. Aber irgendwie passten die Worte nicht, passten die Tonlagen nicht, passte das verdammte Schachspiel nicht. Sie klangen irgendwie nicht wie misstrauische Feinde und genau das ließ Sanji nur noch misstrauischer werden. „Ach so? Es hat also nichts mit deiner Crew zu tun? Und wo wir schon dabei sind, wie lange hast du Zeit zu bleiben? Ich wäre ja untröstlich, wenn du sie wegen mir warten lassen würdest.“ Ja, sicher. Innerlich schnaubte Sanji auf. Dieser Typ schien einen auf freundlich zu machen, dabei war er wahrscheinlich nur auf Informationen aus. Was war das für eine Maskerade, die der Marimo mistspielen musste? „Ja sicher“, lachte Zorro dann auf, klang genauso sarkastisch, wie Sanji es fühlte, ignorierte komplett die erste Frage des Samurai, als wollte er ihm bewusst keine Informationen geben. „Heute Abend, wir haben also den ganzen Tag… Hey.“ Sofort spannten sich Sanjis Muskeln an. Was passierte gerade? Er hatte sich verdammt nochmal das falsche Versteck ausgesucht, könnte er doch nur etwas sehen. „Wir beide dachten, dass unser nächstes Zusammentreffen erst in einigen Monaten sein würde, nicht wahr? Ich sage nicht, dass mich unser verfrühtes Treffen unglücklich stimmt, aber ich weiß, dass du dir mehr erhofft hast; ich hatte mir mehr erhofft.“ Falkenauge klang nicht wie ein Erpresser oder gar ein Feind, er klang… sanft. „Ich kann dir heute nicht den Kampf bieten, den du dir ersehnst, den ich mir ersehne. Ohne Jiroushins Einschreiten würde ich dich mit Sicherheit töten und das werde ich nicht riskieren. Aber dies ist mein Zeichen, dass ich dich als ernsthaften Gegner anerkenne. Ich ziehe die Samthandschuhe aus.“ Einen Moment war da Stille und Sanji versuchte, zu begreifen, was diese Worte bedeuteten. „Nun gut, dann leg los. Zeig mir, wie man’s richtig macht.“ Der Marimo klang fast gutgelaunt – und Zorro war eigentlich nie gut gelaunt, außer es gab einen Kampf oder Alkohol. Was, wenn… dieses Treffen nicht erzwungen war? Was, wenn… Zorro… freiwillig hier war? Aber was bedeutete das dann? „Mit Vergnügen“, lachte Falkenauge auch noch freudig auf. Bedeutete das dann etwa, dass Sanji… sich…? Nein, das konnte nicht sein, nicht Zorro, nicht die Moosbirne, nicht nach Water Seven, nach Thriller Bark, nach… Aber was wäre, wenn doch? Zorro hatte seine Einstellung auf Water Seven ganz klar gezeigt und wo hatte es ihn hingeführt? Wer wusste schon, was er die letzten zwei Jahre hatte durchmachen müssen. Wer wusste schon, was ihm die letzten zwei Jahre ins Ohr geflüstert worden war, während er unter höllischen Schmerzen genesen war. Es war mit Sicherheit schwierig, aber vielleicht konnte man sogar Lorenor Zorro umdrehen und wenn einer das konnte, dann vielleicht der eine Mensch, den Zorro Zeit seines Lebens verfolgte. Nein, nein, nein! Sanji wollte das nicht glauben. Die letzten Tage waren schwierig gewesen und sein Hirn suchte nach irgendeiner vertrauten Lösung, wie sie es in der Crew schon mit Nami und Robin erlebt hatten, aber Zorro würde nie… er würde doch nie… sie verraten…, oder? „Und du möchtest mir wirklich nicht erzählen, was dich so schwer seufzen lässt?“, fragte Falkenauge und er klang wieder so… ernsthaft interessiert. „Nein, will ich nicht“, murrte Zorro fast schon etwas verdrießlich, viel zu… entspannt, locker, wie er sich einem Feind gegenüber in so einer Situation wohl nicht zeigen würde. „Ich will überhaupt nicht über irgendetwas reden, nicht über meine Crew, nicht über Eizen und erst recht nicht über meinen anderen Körper; ich möchte einfach nur Schach spielen.“ Hä? Falkenauge seufzte. „Dir ist wohl bewusst, dass diese Verdrängung nicht hilfreich ist? Und das ich anhand deiner Aufzählung erahnen kann, was dich beschäftigt?“ „Dann denk dir deinen Teil und halt die Klappe. Hab überhaupt keinen Bock, dass du daraus jetzt irgendeine Sache machst.“ Erneut seufzte der Samurai und Sanji wurde sich immer sicherer, dass dies nicht der Umgang zwischen zwei Fremden oder Feinden war, nein, ganz bestimmt nicht. „Hast du Schwierigkeiten mit deinem Training? In deiner anderen Gestalt? Wir könnten die Probleme gemeinsam während des Spiels eruieren. Oder liegt es daran, dass du dich vor ihnen nicht verwandeln kannst oder willst? Ich habe keine Einwände, wenn du die Zeit hier nutzen möchtest, um…“ Er unterbrach sich, als Zorro laut aufstöhnte. Aber Sanji war mehr als verwirrt, da war es schon wieder. Anderer Körper, andere Gestalt. Wovon zur Hölle redeten die Zwei? Zorro hatte keine Teufelskraft, konnte nicht wie Chopper seine Form verändern. „Nochmal, lass uns einfach Schach spielen, okay? Ich will nichts eruieren, erst recht nicht Lady Loreen, und ich muss mich auch jetzt nicht verwandeln“, knurrte Zorro. „Also leg endlich los und mach den ersten Zug.“ Scheiße! Für einen kurzen Moment hatte er den Halt verloren, aber sich gerade rechtzeitig gefangen. Was ging hier vor? Was verdammt nochmal ging hier vor? Warum warf Zorro jetzt auf einmal die liebliche Lady Loreen ein? Völlig aus dem Zusammen… „Meinetwegen“, gab der Samurai sich geschlagen. „Aber zuvor sollten wir noch eine Kleinigkeit erledigen“, sprach dann Falkenauge und etwas in seiner Stimme hatte sich geändert, Sanjis Nackenhaare stellten sich auf. „Aha, und was?“, entgegnete der Marimo nur milde begeistert, während Schritte durch den Raum hallten, und dann erbebte der Kamin. Sanji verlor beinahe den Halt, als die Steine um ihn herum ächzten und Asche und Ruß auf ihn niederfielen. „Ich habe diesen Kamin schneller zerstört, als du auch nur an Flucht denken kannst, also komm heraus, ehe ich dich zu Staube zermalme.“ „Was?“ Zorro war offensichtlich aufgesprungen. „Da ist jemand im Kamin?“ „Meinst du, ich unterhalte mich mit der Asche? Du hast nicht aufgepasst und wurdest verfolgt.“ „Was? Nein, ich…“ „Komm jetzt da raus, wir haben nicht ewig Zeit. Du meine Güte, was tue ich mir hier an. Ich zähle bis drei. Eins… zwei…“ Ja, Sanji sollte schnell handeln, dieser Mistkerl zählte nicht gerade langsam. „Okay, okay“, sagte er laut, stieß sich ab und glitt durch das schmale Loch gegenüber hindurch, landete auf der Feuerstelle, Asche und Ruß stoben auf, ließen ihn husten. Das plötzliche Licht des Tages blendete ihn, doch blinzelnd sah er auf. „Koch?“ Zorro stand an einem Schachbrett, drei bis vier Meter entfernt, starrte Sanji überrascht an. Vor ihm, mit eiskalter Miene, nur eine Armlänge von Sanji entfernt, stand Mihawk Falkenauge Dulacre. Diese Szene war einfach nur abstrus, am Schachbrett standen ein Glas tiefroter Wein und ein Glas Sake, als wäre es ein gemütliches Treffen zweier… Freunde. Sanjis Herz schlug schnell, aber tatsächlich konnte er sich nicht mal dazu bringen, die offensichtliche Gefahr im Raum anzusehen, er musste Zorro anstarren, der zurückstarrte, erschrocken, einen Schritt bereits Richtung Kamin, doch dann machte er genau diesen Schritt zurück und verschränkte die Arme. Abweisung über sein ganzes Gesicht geschrieben. „Was zur Hölle machst du hier?!“ „Lorenor, wirklich? Ist das nicht offensichtlich? Er hat uns belauscht.“ Alles in Sanji wollte unter diesem herablassenden Blick zusammenschrumpfen. „Nicht das schlechteste Versteck, muss ich zugestehen, man kann gut mithören und der feste Stein hindert, dass man so schnell wahrgenommen wird, aber sobald dein Herz zu laut schlägt, hast du dich verraten, Smutje.“ „Ist mir scheißegal“, murrte der Marimo und trat nun neben Falkenauge, als stünden sie auf einer Seite. „Was zur Hölle machst du hier?!“ „Es sollte dir aber nicht egal sein. Es ist erschreckend, dass dir weder aufgefallen ist, dass du verfolgt wurdest, noch, dass jemand uns belauscht…“ „Könntest du für einen kurzen Moment die Klappe halten? Mir sind deine besserwisserischen Kommentare gerade sowas von egal!“ „Du willst meinen Rat also ignorieren, obwohl ich…“ „Deinen Rat kannst du dir sonst wo…“ „Zorro.“ Beide starrte sie ihn an und Sanji wusste nicht, ob ihm heiß oder eiskalt war. Unglaublich viele Gedanken rasten gerade durch seinen Kopf und irgendwie hatte er ein schlechtes Gewissen, als hätte er etwas getan, was er nicht hätte tun sollen. Aber mehr noch war er verunsichert, verunsichert und misstrauisch, über die Art, wie diese zwei Männer miteinander sprachen und… worüber sie sprachen, und das einer von ihnen sein Crewmitglied war. „Warum… warum triffst du dich mit einem der sieben Samurai zum Schachspielen? Und was… was meintest du mit… anderer Körper?“ Er merkte die stechenden Augen des Samurais auf sich, der leicht den Kopf neigte, jedoch schwieg, aber er selbst sah nur Zorro an, der über diese Frage so geschockt wirkte wie über Sanjis generelle Anwesenheit. So etwas wie Erkenntnis glitt über sein Gesicht, sein unversehrtes Auge weitete sich einen Moment, fast als hätte er Angst, doch dann war dieser Moment vorbei und seine Züge wurden steinhart wie vor wenigen Tagen im Ausguck; das hier war ein Fehler gewesen. Falkenauge entkam ein neugieriger Laut und mit hochgezogenen Augenbrauen begutachtete er den Marimo von der Seite, als wäre das hier irgendeine lustige Sache. „Redest du dieses Mal?“, fragte er zu unschuldig. „Oder soll ich es wieder übernehmen?“ Wieder Was meinte er damit? Einen Moment noch begegnete der Marimo Falkenauges Blick, dann starrte er Sanji nieder. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht“, knurrte er, offensichtlich wütend, während Falkenauge nur leise aufseufzte und mit den Augen rollte. „Verfolgst und belauschst mich? Das ist selbst für deine Verhältnisse beschissen, Koch.“ „Ich mache mir Sorgen, und offensichtlich zurecht“, warf Sanji ein. „Du benimmst dich die ganze Zeit schon echt komisch und jetzt haust du heimlich ab – ohne deine Schwerter – und triffst dich mit einem verdammten Samurai? Zum Schachspielen und besaufen?“ „Tze, den Genuss eines guten Weines kann man wohl kaum mit einem Trinkgelage vergleichen“, warf der Samurai ein, als wäre das gerade wirklich das größte Problem. Dann machte er eine verwerfende Handbewegung und wandte sich ab, schritt zurück und ließ sich auf seinen Sessel fallen. „Lorenor, kläre diese Sache mit deinem Crewmitglied, sonst verschwenden wir hier alle nur unnötig unsere Zeit.“ Sanji hätte dem Samurai gerne vieles an den Kopf geworfen, aber er sah nur Zorro an. „Ja, genau. Erklär mir, was hier los ist. Warum triffst du dich heimlich mit einem Samurai?“ Der Marimo sah ihn immer noch so vernichtend an. „Ich war bei ihm“, knurrte er schließlich und deutete mit den Daumen hinter sich auf den Samurai. „Für die letzten zwei Jahre hat Dulacre mich trainiert und auf die Neue Welt vorbereitet. Was ich auch nie verschwiegen habe. Hättest nur fragen brauchen.“ Oh, das klang tatsächlich ziemlich logisch. Schließlich hatte Falkenauge ihnen damals geholfen, um die Schwerter zu holen, und Zorro war in den letzten zwei Jahren verdammt stark geworden, und wenn er sich von einem Menschen zur Ruhe zwingen und belehren lassen würde, dann vielleicht von dem einen Mann, dem er nachstrebte. „Warum hast du dann nicht gesagt, dass du ihn heute treffen würdest? Bist ohne Schwerter weg? Ich dachte, dass hier wäre irgendein geheimes Treffen von Feinden.“ „Er ist ein Samurai, ich ein gesuchter Pirat. Nicht gerade etwas, was man an die große Glocke hängt.“ „Und warum hast du uns nichts gesagt?“ „Ich wusste nicht, dass ich jetzt schon die Erlaubnis brauche, wenn ich mich mit jemandem treffen will“, entgegnete Zorro unterkühlt. „Oder dass mir nachspioniert wird, wenn ich mir vorher keine hole.“ Sanji schluckte. „Ich dachte, du wärest in Gefahr.“ „Und ich dachte, du wärest nicht ganz so ein Vollidiot, wie du die letzten Tage tust. Scheint, als hätten wir beide unrecht, und da wir uns davon beide ja jetzt überzeugen konnten, verschwinde und geh mir nicht weiter auf die Nerven.“ Vor ein paar Tagen hätte Sanji vielleicht anders reagiert, aber jetzt saß ihm noch ihr letzter Streit in den Knochen und die Anwesenheit eines verdammten Samurai, der sie fast schon gelangweilt beobachtete, machte es nicht besser. „Ich soll dich mit dem da alleine lassen?“, meinte er daher, wusste, dass es ein schwacher Einwand war. Aufschnaubend schüttelte Zorro den Kopf, den Schatten eines sarkastischen Lächelns auf den Lippen. „Seine Anwesenheit stört mich weniger als deine.“ Sanji fühlte sich geschlagen. Seine Wunden waren noch zu frisch, Zorros Ton zu kalt, seine Worte zu hart. Es schien, als hätte seine gutgemeinte Aktion das letzte Fünkchen zerbrochen, was noch Gutes zwischen ihnen gewesen war. Er wandte sich zur Türe. So hatte das nicht laufen sollen, so hatte das doch alles nicht laufen sollen. Nicht nach diesen zwei Jahren, nicht, da Zorro endlich wieder…   Ich war bei ihm. Für die letzten zwei Jahre.   Redest du dieses Mal oder soll ich es wieder übernehmen?   Ich will nichts eruieren, erst recht nicht Lady Loreen.   Wirf dein Leben nicht leichtfertig weg.   Lebe, Sanji.   Zorro lebt.   Die Antwort ist simpel. Ich bin nicht davongekommen, ich bin gestorben.   Er hat die ganze Zeit gelebt und er wird zurückkommen.   Ich habe dir geantwortet, aber du wolltest nicht hören.   Liegt es daran, dass du dich vor ihnen nicht verwandeln kannst oder willst?   Mein anderer Körper.   In deiner anderen Gestalt.   Er starrte die Türe vor sich an, aber sah sie nicht, sah Bilder von vor zwei Jahren vor seinem inneren Auge, erinnerte sich an jenen Moment, damals auf dieser Insel, als Lady Loreen aus dem Nichts aufgetaucht und Ruffy und ihm zur Hilfe gekommen war. Den Soldaten, der Ruffy hatte töten wollen, niedergestreckt hatte und für einen Moment, für einen Moment hatte Sanji das Gefühl gehabt, dass er… Zorros Anwesenheit fühlen würde. Langsam wandte er sich um, starrte den Marimo an. „Wolltest du mir das sagen, oben im Ausguck?“, fragte er, wusste nicht, was er denken sollte. Es war doch unmöglich, aber nach allem, was er gehört hatte. Nach allem, was er selbst während der vergangenen zwei Jahre erlebt hatte. „Das kann nicht sein, oder? Ihr habt von einem anderen Körper gesprochen, deinem anderen Körper. Zorro, du... du bist doch nicht Lady Loreen, oder?“         Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)