Neue (und alte) Abenteuer von Sharry (Szenen, die es nicht in die Hauptfic geschafft haben) ================================================================================ Kapitel 23: Extrakapitel 20 - Hunger ------------------------------------ Hunger   -Mihawk- Als er ankam, waren die Strohhüte am Feiern, wie so oft. Es war reiner Zufall, dass sie hier einander begegneten. Nein wirklich, er hatte zwar seine Ahnung gehabt, in welchen Breitengraden sie unterwegs waren, aber tatsächlich war er aufgrund eines Treffens mit dem roten Shanks unterwegs gewesen, hatte aber bereits in der Ferne diese Schwingungen eines Kampfes wahrgenommen. Nico Robin bemerkte ihn als erstes und winkte ihm kurz zu, ein Glas Wein in der Hand, während Lorenor sich gerade den Lockenkopf vom Leib riss, der sich jammernd an ihn geklammert hatte. Zwischen den Strohhüten waren viele fremde und ein paar bekannte Gesichter, die Dulacre mit großen Augen anstarrten, manche von ihnen sprangen auf, nicht, dass er auch nur einen von ihnen als wahrlich interessant einstufen würde. „Falki!“, grüßte ihn dann der Strohhut viel zu laut und sprang ebenfalls auf, sein kompletter Oberkörper einbandagiert, aber wie immer viel zu freudig gestimmt, was zumindest die Anspannung seiner Mitstreiter etwas brach. „Strohhut“, grüßte Dulacre ihn und trat einen Schritt zur Seite, als der junge Pirat sich auf ihn stürzen wollte, dieser knallte gegen einen Baum zu Dulacres Linken. „Wie ich sehe, wart ihr wieder fleißig und habt viel Unheil angerichtet.“ „Wir hatten einfach nur Pech und waren zur falschen Zeit am falschen Ort“, entgegnete Lorenor und erhob sich. „Nicht unsere Schuld, wenn jeder Vollidiot meint, uns angreifen zu müssen.“ Anders als sein Kapitän zeigte er keine Verletzungen, zumindest keine offensichtlichen, dennoch schien er äußerst unzufrieden, als er auf Dulacre zustapfte und vor ihm stehen blieb. „Ich hab dir doch gesagt, du brauchst nicht kommen“, murrte er ablehnend. „Wie harsch du doch bist“, bemerkte Dulacre nur belächelnd und ließ sich von dieser schlechten Laune nicht beeindrucken, „dabei dachte ich, du wolltest mir von deinem Kampf erzählen.“ „Tze“, schnaubte der andere nur auf. „Oh ja! Es war richtig spannend!“ „Lass mich los, Ruffy!“ Der Strohhut hatte sich erholt und war auf Lorenors Rücken gesprungen, der versuchtem ihn abzuschütteln, aber nicht halb so viel Erfolg hatte, wie zuvor beim Lockenkopf. Ehe Dulacre es verhindern konnte, begann der Strohhut ihm von dessen Kampf zu erzählen – nicht, dass er danach gefragt hätte – und ignorierte dessen Crewmitglied, der versuchte sich aus den gummiartigen Fesseln zu befreien. „Ruffy, jetzt lass ihn doch erstmal ankommen“, kam es dann glücklicherweise und ausgerechnet vom Smutje, der Lorenor samt Kapitän zur Seite schob, um Dulacre ein Tablett mit verschiedenen Getränken anzubieten. „Hast du schon was gegessen, Falkenauge?“ Dann wandte er sich um. „Hast du überhaupt schon was gegessen, Marimo? Ich hab dich nur bei den Bierfässern gesehen!“ „Jetzt nerv nicht“, murrte ebendieser, als er es endlich schaffte, sich aus den Armen seines Kapitäns zu befreien, aber nur weil dieser ein neues Opfer entdeckt hatte und freudestrahlend zur Navigatorin hüpfte. „Bist du mein Kindermädchen, oder was?“ „Manchmal komme ich mir wirklich so vor“, entgegnete der andere nicht minder gereizt, während Dulacre sich für den frisch zubereiteten Tee entschied; er konnte die Knopfaugen Doktors Choppers auf sich fühlen und wollte unnötige Diskussionen vermeiden. Die beiden Streithähne tauschten noch ein-zwei Nettigkeiten aus, ehe der Smutje schließlich davonbrauste, um die weiteren Getränke zu verteilen. „Lebhaft wie eh und je“, kommentierte Dulacre und ertränkte dann sein Lächeln im Tee, als Lorenor ihn säuerlich niederstarrte. Er schien wirklich ganz furchtbar verstimmt zu sein. „Und bei dir? Wie war’s mit Shanks?“ „Ähnlich lebhaft wie hier, würde ich meinen. Glücklicherweise hatte Beckman andere Pläne, sonst hätten sie mich begleitet.“ Gemächlichen Schrittes gingen sie am Rand des Spektakels Richtung Sitzplätze und Buffet. Die meisten Augen waren mittlerweile wieder anderweitig beschäftigt und bereits jetzt missfiel Dulacre der ganze Trubel und das laute Stimmenwirrwarr. „Aber ich werde nur diesen Abend bleiben können. Nicht, dass dich das stören würde, nicht wahr?“ Lorenor erstarrte eine Sekunde, dann sah er misstrauisch zu Dulacre auf. „Wenn du was zu sagen hast, sag es. Du weißt, dass ich deine seltsamen Spielchen nicht verstehe.“ Dann wandte er sich dem Buffet zu und nahm sich viel zu viele Reisbällchen. „Lorenor, sieh mich an.“ Erst reagierte der andere nicht, dann schnaubte er leise auf, ließ den Teller sinken und sah zu Dulacre hinüber. „Was?“ „Das könnte ich dich fragen. Mir ist sehr wohl bewusst, dass du nicht der Typ für überschwängliche Begrüßungen bist – glücklicherweise – aber nachdem wir uns so lange nicht gesehen haben, empfinde ich deinen Empfang doch als etwas… unerwartet.“ Er konnte sehen, wie diese Worte den andere überraschten. Schnell senkte er den Blick und rieb sich mit der freien Hand den Nacken. „Tut mir leid“, murmelte er, „war nicht so gemeint. Ich bin nur müde und mies drauf, das ist alles.“ „Das zumindest ist mehr als offensichtlich“, seufzte Dulacre, wandte sich nun ebenfalls dem Buffet zu, obwohl er nicht wirklich hungrig war, „und umso überraschender. Hattet ihr nicht eine kämpferische Auseinandersetzung, müsstest du nicht mindestens so gut gelaunt sein wie dein Kapitän.“ „Ach, ich hab Mist gebaut“, winkte der andere ab, legte sich noch zwei Reisbällchen mehr auf seinen Berg und zapfte sich dann ein Bier. „Im Endeffekt habe ich nichts Sinnvolles beitragen können und musste von den anderen auch noch befreit werden.“ Oh, das erklärte natürlich so einiges. „Möchtest du drüber reden?“, bot Dulacre an und folgte Lorenor zu einem abgelegenen Tisch, wo sie etwas mehr unter sich waren. Meist mochte Lorenor es, mit ihm die Fehler vergangener Kämpfe aufzuarbeiten. „Nicht wirklich“, schüttelte Lorenor den Kopf und ließ sich mit einem leisen Grunzen auf einen Stuhl fallen. „Aber deshalb hab ich halt schlechte Laune und die brauchst du dir wirklich nicht antun.“ „Ach, da brauchst du dir keine Gedanken machen. Wie du dich vielleicht erinnerst, bin ich nicht nur gewillt, sondern auch sehr geübt darin, dich auch an schlechten Tagen auszuhalten.“ Mit einem Schmunzeln setzte er sich neben den Jüngeren. Zu seiner Überraschung errötete Lorenor, der den Blink senkte und ein kaum hörbares „Danke“ murmelte, ehe er begann seine Reisbällchen zu verschlingen. Äußerst kurios, aber nun, da Dulacre wusste, womit er es zu tun hatte, konnte er die Situation leicht händeln. „Nun gut, wenn du möchtest, unterhalten wir uns über irgendetwas, ich kann auch gerne von meinem äußert anstrengenden Treffen mit Rothaar erzählen oder wir beobachten deine Freunde in geeintem Schweigen.“ Leise schnaubte der andere. „Ich mag es echt nicht, wenn du so drauf bist“, murrte er. „Du warst schon immer ein schlechter Lügner.“ „Du hast einen Umweg von einem ganzen Tag auf dich genommen, um mit mir schweigend herumzusitzen?“ Er sah noch nicht mal von seinem Essen auf. Es schmeckte erwartungsgemäß sehr gut. „Ich habe einen Umweg von fast einem Tag auf mich genommen, um seit langem nochmal etwas Zeit mit dir zu verbringen. Was wir dabei machen oder nicht machen, ist nachrangig. Ich würde dir nur zu gerne einen Kampf anbieten, aber diese dichtbevölkerte Inselgruppe ist dafür wahrlich kein geeigneter Ort und meine Zeit ist zu knapp bemessen.“ „Tatsächlich habe ich heute noch nicht mal mehr Lust auf einen Kampf“, murrte Lorenor, schlechter Lügner, der er nun mal war. Also schwiegen sie und es war angenehm. Irgendwann gesellten sich Jinbei und Nico Robin zu ihnen und Lorenor schien daran nichts auszusetzen zu haben, somit saß er schweigend dabei und aß, während Dulacre sich mit ihnen unterhielt, wichtige Neuigkeiten und Informationen austauschte, wie es üblich zwischen ihnen war. Auch Cutty Fram kam herüber, doch las natürlich nicht zwischen den Zeilen und schlug Lorenor nur kräftig auf den Rücken, woraufhin dieser unwirsch dessen Hand wegschlug, was der Cyborg aber keineswegs übelnahm, sondern sich laut lachend zu ihnen setzte. Tatsächlich fiel Dulacre auf, dass die meisten Strohhüte große und kleine Schrammen, Pflaster und Verbände vorwiesen, nur Lorenor schien vollkommen unversehrt zu sein. Kein Wunder, dass er schlecht gelaunt war. Weniger wohl, weil ihm hatte geholfen werden müssen, sondern eher, weil er nicht hatte helfen können, Verletzungen nicht hatte verhindern können. Aber keiner der anderen schien es ihm übel zu nehmen. Vielleicht merkten sie nicht mal seine negative Stimmung, wobei, gerade die drei, die mit am Tisch saßen, schienen es zu bemerken. Nein, je länger Dulacre die Crew beobachtete, desto sicherer wurde er, dass sie es alle bemerkt hatten, aber sie hatten halt eine andere Art damit umzugehen als Dulacre. Anders als er, sprachen sie solche Dinge nicht direkt an, sondern handelten eher unbewusst intuitiv oder bewusst subtil. Doch bei Lorenor war dies natürlich vertane Liebesmüh. Dieser saß immer noch zwischen ihnen und verdrückte ein Reisbällchen nach dem anderen, er wirkte durchaus erschöpft, deutliche Augenringe zeichneten sich ab und er war auch etwas blass, als ob er die vergangenen Tage selbst für seine Verhältnisse ungewöhnlich wenig geschlafen hätte, aber offensichtlich wollte er anwesend sein, also wechselten die anderen am Tisch darüber vielsagende Blicke und sprachen über anderes. Und tatsächlich sollte es ein angenehmer Abend werden. Cutty Fram wurde zwar manchmal etwas laut und die Feierlaune der anderen war gewohnheitsmäßig nervtötend, aber irgendwie fand Dulacre mittlerweile seinen Gefallen an diesen Abenden – und das überraschte ihn wohl am meisten – und selbst, als der Smutje sich dazugesellte und Wein verteilte, nahm er dies hin. Lorenor hatte schon Recht, sie verband nicht wirklich etwas, aber sie beide schätzten und erkannten Qualität. Auch Doktor Chopper kam irgendwann herüber, hüpfte Lorenor auf den Schoß und erklärte diesem mit leisen Tränchen, von denen Dulacre nicht sicher wusste, ob sie echt waren, dass irgendwer ihn als Notration und Ersatzschnitzel bezeichnet hätte. Dulacre überlegte noch, ob der junge Arzt gerade seinen eigenen Kapitän anklagte, während Lorenor ihn auf den Stuhl neben sich schob und so selten sanft zu ihm sprach, wie er es nur bei dem jüngsten Crewmitglied tat. Allerdings endete er seine versöhnlichen Worte mit der Bemerkung, dass Doktor Choppers Fleisch viel zu zäh für ein gutes Schnitzel wäre, und lachte laut auf, während der junge Arzt sich fassungslos an Nico Robin wandte. Aber Dulacre entging es nicht, dieser kurze Blick, den auch die kluge Archäologin Lorenor zuwarf, dessen Lachen eine Spur zu hart, seine Worte eine Spur zu gemein, ehe er sich seinem Bier zuwandte. Dann lagen ihre Augen auf Dulacre. Wie sie sich anmaßte! Natürlich würde er dies nicht einfach ignorieren, dafür bedurfte er weder ihrer Aufforderung noch ihrer Anfrage. „Lorenor“, wandte er sich also seinem Partner zu, als dieser gerade sein Getränk leerte, „ich hätte noch etwas an Bord, was ich dir vor meiner Abreise gerne geben würde. Möchtest du mich für einen Moment zu meinem Schiff begleiten?“ Kurz sah Lorenor ihn an, dann stöhnte er leise auf: „Wenn’s denn sein muss.“ Schwerfällig erhob er sich. „Aber wehe, dass ist irgendeine blöde Masche, um mich ins Bett zu kriegen! Da hab ich heute echt sowas von keinen Bock drauf.“ Alle am Tisch starrten Dulacre an und er merkte, wie seine Wangen ganz heiß wurden. Nico Robin und der Smutje verbargen ein Schmunzeln hinter ihren Gläsern, während Cutty Fram ihn offen angrinste und einen Daumen hoch zeigte, als würde er ihn mental unterstützen wollen, und Jinbei sich offensichtlich so unwohl fühlte wie Dulacre in diesem Moment. „Ich bitte dich.“ Tief holte Dulacre Luft und wandte sich um. „Als würde ich solch unnötiger Spielchen bedürfen.“ „Dann ist ja gut.“ Also verließen sie den Tisch und die Feier. „Musstest du das vor allen sagen?“, murrte Dulacre, immer noch beschämt. „Hä? Was ist denn jetzt schon wieder dein Problem?“, schnaubte Lorenor und rollte sein Auge. „Man, bist du anstrengend.“ „Du weißt, dass ich gewisse Handlungen und Gesprächsthemen nach Möglichkeit dem Privaten vorbehalte“, entgegnete Dulacre und merkte, wie Lorenors schlechte Laune nun langsam doch seine eigene beeinflusste. Er hatte gehofft, dass der vergangene Abend den anderen etwas entspannen würde, aber da hatte er sich wohl getäuscht. „Dir mag es nichts ausmachen, aber Intimität in der Öffentlichkeit ist mir durchaus unangenehm.“ „Ich sag’s ja, du bist anstrengend“, grummelte Lorenor, während es um sie herum langsam ruhiger wurde. „Auf der einen Seite willst du deinen Titel, eindeutige Taten von mir, und dich in aller Öffentlichkeit küssen dürfen, wenn ich mich richtig erinnere“, fuhr er mit einer schlechten Imitation Dulacres fort. „Auf der anderen Seite kriegst du die Krise, wenn ich dann irgendetwas in die Richtung mache, und beschwerst dich entweder oder versinkst gefühlt im Boden. Ich hab keine Ahnung, was du von mir willst, aber du bist echt anstrengend und es nervt, verstanden?“ Dulacre blieb stehen. „Was denn jetzt schon wieder?“ Wütend wirbelte Lorenor zu ihm herum. Er starrte den Jüngeren an, merkte, wie es ihm unangenehm die Kehle zuschnürte. Aber er musste sachlich bleiben, dies nicht zu sehr an sich heranlassen. Also holte Dulacre tief Luft und dann schritt er geradewegs an dem anderen vorbei, konnte hören, wie dieser laut aufschnaubte. „Und was soll das jetzt?“ „Du bist heute besonders harsch in der Wahl deiner Worte und ich möchte es vermeiden, noch mehr Ablehnung zu provozieren“, erklärte Dulacre und schritt weiter. Glücklicherweise hatten sie die kleine Anlegestelle fast erreicht, je nach Lorenors Reaktion wusste er nicht, wie lange er an seinem Plan noch festhalten konnte. Der andere holte jedoch nur tief Luft, als wollte er etwas sagen, schwieg dann jedoch. Einen großen Schritt später war er an Bord seines Schiffes, konnte hören, dass Lorenor ihm folgte, während er seinen Thron nach hinten trat. Er hatte sich etwas in seiner Kraft verschätzt und kreischend knallte der Thron gegen die Scharniere. Leise atmete er ein, er musste sich beruhigen, aufgebrachte Emotionen würden ihm bei dem, was kommen würde, nur im Weg stehen. Lorenor hinter ihm setzte erneut zum Sprechen an, doch wiederum schieg er, was wohl besser für sie beide war. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, stieg Dulacre hinab, schaltete unten das kleine Licht an und schritt zur Seite, als Lorenor ihm hinab folgte. Er musste sich etwas einfallen lassen, so angespannt, wie die Luft gerade war, konnte sein Plan gar nicht gelingen. „Es tut mir leid.“ Dulacre erstarrte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Lorenor das Wort ergreifen würde und erst recht nicht mit diesen Worten. „Ich habe mich im Ton vergriffen und Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen. Manchmal vergesse ich, wie wichtig dir Worte sind.“ Er hatte dem anderen den Rücken zugewandt. Warum auch immer machte es diese Entschuldigung ihm noch schwerer, nicht emotional zu werden. „Ich muss mich ebenfalls entschuldigen“, sprach er aus, ohne sich umzudrehen. „Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich kein einfacher Mensch bin, Lorenor. Ich versuche, deutlich und direkt mit dir zu kommunizieren, aber dennoch passiert es manchmal, dass ich gewisse Dinge für selbstverständlich halte, die dir unbekannt oder zumindest befremdlich sind. Ich bin mir darüber im Klaren, dass mein… nennen wir es komplexer Charakter in deiner schlichten Weltanschauung nicht immer Sinn ergibt und mein Verhalten dementsprechend für dich unerwartet und möglicherweise sogar recht anstrengend sein muss.“ Einen Moment war es still zwischen ihnen. „Tja, das sind recht viele Worte, um zu sagen, dass ich einfach zu schlicht bin, um deinen komplexen Charakter zu verstehen“, seufzte der andere selbstironisch. „Aber ganz ehrlich, es ist auch echt schwierig. Ich wünschte, du hättest eine verdammte Gebrauchsanleitung.“ Dies brachte Dulacre zum Schmunzeln. „Nicht, dass du sie freiwillig lesen würdest. Aber vielleicht würdest du dir die Bildchen angucken.“ Der andere schnaubte auf, die Stimmung war endlich wieder etwas entspannter. „Also, erklärst du es mir?“, fragte Lorenor dann. „Was dein Problem ist, wenn ich über unsere Beziehung spreche, obwohl du es doch auch andauernd machst?“ Eigentlich war dies nicht Teil seines Plans gewesen, aber nun gut, wenn sie schonmal dabei waren. Außerdem könnte dieses Gespräch gut als Überleitung oder aber Ablenkung dienen. Dulacre wandte sich zum anderen um, der mit verschränkten Armen dastand, seine Wangen leicht gerötet, was schon recht ungewöhnlich war. „Es gibt bestimmt Bereiche innerhalb unserer Beziehung, die für mich nicht in die Öffentlichkeit gehören“, erklärte er daher. „Dies umfasst insbesondere… gewisse Ausdrücke von… Zärtlichkeiten als auch anderweitige…“ Lorenor schüttelte den Kopf. „Du wirst es schon aussprechen müssen. Ich hab keine Ahnung, was du mit Ausdrücke von Zärtlichkeiten meinst.“ Dulacre seufzte und ihm wurde unangenehm warm. „Ich würde mich freuen, wenn du in der Anwesenheit von Fremden darauf verzichten könntest, über unser Sexleben zu sprechen, und entsprechend von physischem Kontakt wie Küssen und ähnlichem absehen könntest. Dies sind Dinge, die meiner Meinung nach zu intim sind, ist dies für dich einleuchtend?“ Lorenor sah ihn undurchdringlich an, ehe er schließlich nickte und gleichzeitig mit den Achseln zuckte. „Einleuchtend würde ich es nicht gerade nennen, aber meinetwegen, ich werde es versuchen.“ „Vielen Dank, ich schätze sehr, dass du auf meinen schwierigen Charakter Rücksicht nehmen möchtest.“ Dulacre trat an den anderen heran und legte wie beiläufig seine Hand auf dessen Schulter, fast schon wie ein Zeichen der Zärtlichkeit, die doch eher selten zwischen ihnen waren. Noch bevor er allerdings Lorenor überhaupt berührt hatte, schlug dieser seine Hand weg und zuckte zurück. „Was soll das denn jetzt?“, murrte Lorenor, direkt wieder so abwehrend. „Hast du gerade nicht noch gesagt, dass du so einen Kram eben nicht magst.“ „Nein, das habe ich nicht und das weißt du auch“, entgegnete Dulacre absolut entspannt und neigte leicht den Kopf; jetzt würden die Spiele beginnen. „Aber nun gut, es ist an der Zeit darüber zu sprechen, warum ich dich hierhin gelockt habe. Denn tatsächlich habe ich dich angelogen, ich habe nichts für dich, ich wollte einfach, dass wir beide für das kommende Gespräch nicht gestört werden.“ „Du hast was?!“, knurrte Lorenor und augenblicklich wurde er noch wütender, wie Dulacre erwartet hatte. „Was zur Hölle glaubst du eigentlich…?“ „Das frage ich dich, Lorenor. Was in Gottes Namen verbirgst du?!“ Der andere machte einen Schritt zurück, offensichtlich überrascht von Dulacres Nachdruck. „Glaubst du wirklich, ich würde es nicht bemerken? Bitte, selbst die stumpfsinnigsten deiner Crewmitglieder haben es bemerkt, aber du glaubst wieder mal, dass du subtil agieren würdest.“ „Wovon zur Hölle redest du?“, blockte Lorenor direkt ab. „Ach, es ist doch offensichtlich, was du machst. Ich kenne dich gut, Lorenor. Also, ich lasse dir die Wahl. Soll ich dir erst in allen Einzelheiten darlegen, woran ich – und nicht nur ich, sondern ebenfalls deine gesamte Crew – festmachen konnte, dass dich etwas belastet, oder können wir direkt zu dem Punkt springen, an dem du es mir sagst?“ Unbeeindruckt hielt er diesem fassungslosen Blick stand. „Wie wir beide wissen, wirst du es über kurz oder lang so oder so tun und auch, wenn du gerade noch verständlicherweise wütend auf mich bist, so wird es dir im Nachhinein besser gehen, also bitte, vergib mir mein eigensinniges Handeln und rede einfach mit mir.“ Es war eine neue Taktik, die er ausprobierte, nicht gerade mit geringem Risiko, aber vermutlich deutlich effizienter. Lorenor starrte ihn beinahe schon ausdruckslos an und dennoch konnte Dulacre ihm ansehen, wie sein Verstand ratterte. Natürlich war er wütend, Dulacre hatte ihn wieder mal manipuliert und angelogen, wollte ihn nun zu etwas drängen, was ihm unangenehm war, und darüber hinaus eine berechtigte Auseinandersetzung überspringen, es war fast schon unverschämt dreist von Dulacre; Lorenors bereits vorherrschende schlechte Stimmung tat ihr übriges. Für mehrere lange Sekunden, fast schon Minuten, herrschte diese Stille an, ehe der andere schließlich aufschnaubend den Blick abwandte, ein Zeichen seiner Kapitulation, auch wenn er dies wohl noch nicht wusste. „Du hast sie echt nicht mehr alle. Es gibt nichts, okay? Und selbst wenn, nach so einer Aktion…“ „Lorenor, sieh mich an.“ Der Jüngere rollte mit dem Auge, folgte seiner Aufforderung jedoch. Dulacre begegnete diesem beißenden Blick ganz ruhig, konnte sehen, wie viele Emotionen gerade hart kontrolliert wurden, so ungewöhnlich für seinen Partner. Wieder schnaubte Lorenor auf und wieder sah er weg, wieder schwieg er. Mit einem sanften Lächeln ließ Dulacre sich auf dem Bettkasten nieder. „Es macht nichts, wenn du noch etwas Zeit brauchst. Ich kann warten.“ „Wolltest du nicht heute noch los?“, murrte der andere unterkühlt und verschränkte die Arme. „Sinnvoller wäre es wohl, aber natürlich kann ich nicht abreisen, solange du dich in einem derartigen Zustand befindest. Dann müsste ich ja darauf vertrauen, dass deine Crew sich deiner Probleme annimmt und wie man sieht, sind ihre Vorgehensweisen wie immer zu subtil und zeitintensiv, was ein viel zu großes Risiko birgt, solltet ihr bald wieder angegriffen werden. Nein, nein, ich will mich nicht darauf verlassen müssen, dass sie sich rechtzeitig um deine Bedürfnisse kümmern.“ „Tze, du bist so nervig. Ich bin doch kein Hund, der noch Gassi geführt werden muss.“ „Nein, natürlich nicht, und dennoch fühle ich mich verantwortlich, wenn du dich vor Koliken windest. Also ist es mir lieber, vorher mit dir nochmal nach draußen zu gehen, selbst wenn es regnet.“ Dafür erhielt er einen wütenden Blick des anderen, dem er nur mit einem Lächeln begegnete. Lange hielt er diesem Blick stand, der sich langsam veränderte, ehe Lorenor nachgab und leicht den Kopf schüttelte. „Ich will nicht drüber reden“, gestand er schließlich ein. „Das ist mir sehr wohl bewusst“, entgegnete Dulacre erheitert, „und dennoch bist du immer noch hier und nicht wütend davon gestürmt.“ Er sprach nicht weiter, wartete ab, ließ die Stille die Überzeugungsarbeit leisten, während er Lorenor beobachtete. Dieser stand immer noch dort, an der Leiter, die Arme verschränkt, doch mit jeder Sekunde senkte sich dieser Blick etwas mehr, ehe Lorenor den Boden anstarrte, nein, nicht den Boden, sondern seine eigenen Hände, die er fast schon in seinen Armbeugen zu verstecken versuchte. Nur sein Atem war zu hören und der sanfte Gruß der Wellen, ansonsten war es furchtbar still, doch wieder mal zeigte sich Lorenors stoisches Wesen, denn er gab nicht nach. Bis Dulacre schon an dem Punkt angekommen war, einen neuen Weg einzuschlagen. „Ich habe Chopper getötet.“ Wie eine ominöse Weissagung waberte diese Worte zwischen ihnen und sie rührten Dulacres kaltes Herz. „Ich verstehe“, antwortete er sanft, „natürlich, solche Albträume müssen…“ „Es war kein Traum.“ Verwundert sah er auf, Lorenor hatte immer noch den Blick gesenkt. „Möchtest du mir das näher erklären? Bei der kleinen Festivität eben wirkte Doktor Chopper durchaus lebendig auf mich, daher…“ Er beendete den Satz nicht, sondern wartete ab. Mehrmals holte Lorenor Luft, ehe sich seine Arme aus der Verschränkung lösten, und er begann sich über Hände und Gelenke zu fahren, als wollte er die Muskeln dazu zwingen, sich zu entspannen. „Es war… keine Ahnung, irgendeine komische Teufelskraft – denke ich, oder so etwas in der Art – hat die Sinne… manipuliert oder so. Robin wurde nach mir auch erwischt, sie hat es wohl durchschaut und diesen Typen irgendwie ausgeschaltet, aber ich…“ Er schüttelte den Kopf. „Es war ein Trugbild?“, fragte Dulacre nach. „Nein, es war echt. Es fühlte sich so echt an. Selbst jetzt noch…“ Lorenor sah zu ihm herüber und Dulacre konnte das Grauen in diesem Auge sehen. „Es war nicht wie eine Illusion oder eine Einbildung. Ich… ich hab mit diesem Kerl gekämpft und es war wie immer, aber plötzlich… er war hinter ihm und ich… ich hab ihn nicht bemerkt und…“ Er machte nur eine schneidende Bewegung mit seiner flachen Hand. „Er war warm, sein Fell so… weich und er hat… gesagt… Ich konnte hören, wie sein… Herz aufhörte zu schlagen.“ Mit bebenden Lippen senkte Lorenor den Blick, verschränkte die Arme und Dulacre verstand. Kein Wunder, dass Lorenor sich so benahm. Er würde es wohl überstehen, sollte er Dulacre eines Tages töten, selbst eines seiner Crewmitglieder, wenn es jemand tun musste, vielleicht könnte Lorenor es mit der Zeit sogar verkraften, seinen eigenen Kapitän zu töten, aber den jungen Doktor Chopper… „Als Robin es auflöste“, sprach Lorenor weiter, seine Stimme hohl vor falscher Rationalität. „Es… es war nicht, wie wenn man plötzlich aufwacht, nicht wie, wenn die Kraft von Peronas Geistern nachlässt, es…“ „Es ist immer noch real“, mutmaßte Dulacre. „Vom Kopf her magst du wissen, dass es nicht passiert ist, dass es Doktor Chopper gutgeht, aber dennoch ist es passiert. Er ist gestorben und du…du versuchst zu funktionieren, obwohl du immer noch unter Schock stehst, obwohl du immer noch trauerst.“ Lorenor schüttelte leicht den Kopf. „Nein, ich… ich weiß, dass es Chopper gutgeht und ich… das ist es nicht.“ Ach so, deshalb sein seltsames Verhalten. Nicht, weil er trauerte, nun ergab es Sinn. „Lorenor, sei so gut und komm zu mir.“ Misstrauisch starrte der andere ihn an, kam aber zu ihm. „Bitte lege deine Hände auf meine Schultern.“ „Warum? Was soll der Mist?“ „Tu mir den Gefallen.“ Er konnte den kleinen Kampf des anderen sehen, ehe er schließlich widerstrebend die Hände auf Dulacres Schultern ablegte, fast ablegte. „Es ist schon in Ordnung, Lorenor, ich kann die Last deiner Hände durchaus tragen.“ Aber die Anspannung blieb, also half Dulacre nach. Bevor Lorenor die Arme zurückziehen konnte, packte er fest beide Handgelenke des anderen und drückte Lorenors Hände auf seine Schultern. „Was tust du da?“, knurrte Lorenor und wehrte sich. „Lass den Scheiß!“ Dulacre ließ Lorenor sich noch etwas wehren, dann drückte er noch fester zu. „Und jetzt sage mir, was du wahrnimmst.“ „Was?! Dulacre, ernsthaft, was soll dieser ganze…?“ „Konzentriere dich und sag mir, was du wahrnimmst. Hörst du meinen Herzschlag, fühlst du deinen Blutfluss, spürst du die Anwesenheit deiner Crew da draußen, wie sie ungehemmt feiern?“ Lorenor starrte ihn an, während Dulacre nicht nachließ, so viel in diesem Gesicht lesen konnte, wie Lorenor eigentlich nie erlaubte. „Und jetzt“, sprach er ruhig, „sag mir, hast du all das auch in jenem Moment gefühlt? Den Herzschlag deines Gegners, deinen eigenen Blutfluss, Doktor Choppers Anwesenheit?“ Weiterhin sagte Lorenor nichts, aber das brauchte er auch gar nicht. „Du brauchst keine Angst vor deiner Kraft zu haben, Lorenor, es war kein Fehlverhalten deinerseits. Es war kein Kontrollverlust. Teufelskräfte mögen vieles vollbringen können, aber sie können nicht Lebensenergie vorgaukeln, wo keine ist. Der Grund, warum dein Angriff ihn getroffen hat, war weil die Teufelskraft dich glauben lassen sollte, dass du ihn triffst. Und der Grund, warum du ihn nicht rechtzeitig bemerkt hast, ist der ganz simple, dass er nicht da war und du ihn deshalb gar nicht bemerken konntest.“ Noch eine Sekunde starrte Lorenor ihn an, dann schloss er sein Auge und senkte den Blick, seine Hände kraftlos von Dulacre an Ort und Stelle gehalten. Fast schon zitternd holte er Luft und es schien, als hätte er die vergangenen Minuten überhaupt nicht geatmet. „Warum ist es mir nicht aufgefallen?“, fragte er leise. „Geh nicht zu streng mit dir ins Gericht. Es ist verständlich, dass du deinen anderen Sinnen vertraut hast, und nachdem du wusstest, dass es nicht die Realität war, hast du natürlich nicht mehr deine Wahrnehmung hinterfragt. Warum auch, es wäre doch vertane Liebesmüh gewesen.“ Und dann sanken die Hände des anderen endlich auf Dulacres Schultern und Lorenor schien sich regelrecht auf ihm abzustützen, während er weiter tief atmete. Dulacre ließ ihn los und beobachtete ihn einfach nur. „Manchmal komme ich mir echt dumm vor“, murrte der andere und ärgerte sich offensichtlich über sich selbst. „Es gibt viele Momente, in denen du nicht gerade mit Intelligenz glänzt, aber dieser gehört nicht dazu“, beruhigte er ihn. „Du bist echt mies in sowas“, kam die trockene Reaktion, ehe Lorenor seufzend die Hände zurückzog und sich dann neben Dulacre fallen ließ. „Woran hast du es bemerkt?“, fragte er dann ruhiger nach und knallte seinen Kopf regelrecht gegen Dulacres Schulter, blieb so an ihn sitzen. „Ist dir nicht bewusst, wie ungewöhnlich du dich verhalten hast?“, entgegnete Dulacre. „Würde ich sonst fragen?“ Lorenor klang müde, unzufrieden, wie er seine Schläfe erneut gegen Dulacres Schulter pochte, aber dennoch auch erleichtert. Einen Moment betrachtete Dulacre seine Hände, suchte nach den passenden Worten, um es Lorenor zu erklären. „Weißt du, was mir seit jeher in deiner Beziehung mit deinen Crewmitgliedern aufgefallen ist? Ich fand es schon immer recht bemerkenswert, wie viel Körperkontakt zwischen euch herrscht.“ „Wenn du mir jetzt wegen irgendeiner beschissenen Eifersucht ans Knie…“ „Es ist nur eine Beobachtung, Lorenor. Ich glaube, dass deine Crewmitglieder sich wohl bei dir fühlen und daher deine Nähe suchen, sei es in schönen Momenten aber auch, wenn ein Bedürfnis an Sicherheit besteht, selbst bei Anspannung oder schlechter Laune, und ich glaube, dass du dies stets geschehen lässt, ist ein Zeichen deiner Zuneigung ihnen gegenüber. Du kannst dich nicht so leicht anderen öffnen und zeigst Zuneigung eher subtil, forderst sie noch subtiler, wenn überhaupt. Viele deiner Crewmitglieder sind da anders, es fällt ihnen viel leichter, Zuneigung zu zeigen als auch einzufordern. Und aus diesem Grund funktioniert diese seltsame Symbiose, stimmst du mir da zu?“ Lorenor schnaubte leise auf: „Keine Ahnung, kann schon sein. Glaube, darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.“ „Natürlich nicht, aber deshalb war offensichtlich, dass etwas nicht stimmt, denn heute war euer Verhalten anders. Du hast jeden Körperkontakt gescheut, ganz gleich von wem. Ich war mir nicht sicher, aber jetzt weiß ich, dass es nicht daran lag, dass du sie und mich zurückweisen wolltest, nein, du hast dich zurückgezogen, nicht in der Lage, die Zuneigung anderer zu ertragen, habe ich Recht? Vielleicht hattest du sogar Angst davor, jemanden aus Versehen zu verletzten, weil du dir nicht mehr selbst getraut hast, schließlich hattest du noch vor Augen, was du getan hast.“ Lorenor schwieg. „Aber dein Verhalten war kontraproduktiv. Je mehr du dich zurückgezogen hast, desto mehr haben sie sich nach deiner Körpernähe gestreckt, sei es dein Kapitän, Doktor Chopper oder selbst Cutty Fram. Aber du konntest damit nicht umgehen. Möglicherweise wolltest du sogar ihre Nähe, brauchtest du sie sogar, aber du konntest sie nicht erfragen, annehmen, musstest sie ablehnen, dich abgrenzen, weil du etwas erlebt hattest, was sie nicht nachvollziehen konnten und selbst, wenn du es ihnen gesagt hättest, so wissen sie nicht, wie es sich anfühlt. Du hättest es ihnen nicht sagen können, und deshalb musste ich dich nun wieder aufbrechen, anstatt dir Zeit zu geben, wie sie es anscheinend oft tun, weil ich wusste, dass du es mir würdest sagen können.“ Jetzt saß er da, Lorenor immer noch an ihn gelehnt, schweigend. Hatte er zu viel gesagt? Sich zu viel herausgenommen? War zu intim geworden in der Analyse von Lorenors Verhalten und Gefühlen gegenüber dessen Crew? Ganz gleich, weshalb Lorenor schwieg, Dulacre wusste, dass er Recht hatte. „Zusammengefasst, verhältst du dich immer noch genauso wie früher, wenn dich etwas belastet. Du gehst auf Abstand und versuchst, es mit dir selbst auszumachen. Dabei wäre es so viel einfacher, wenn du dich an jemanden wenden würdest.“ „Tja, dafür habe ich dann wohl dich“, kam es tonlos von Lorenor, ohne dass dieser sich rührte, ehe er lauft aufseufzte und wieder etwas schroffer klang. „Du machst dich echt um viele Dinge einen Kopf. Ich glaube nicht, dass ich so kompliziert gestrickt bin.“ Das brachte Dulacre zum Schmunzeln. „Na, wenn nicht, dann sag mir doch einfach, was ich tun kann, damit es dir besser geht?“ Stille. „Bleib einfach so“, kam dann die Antwort, die so vieles bedeuten konnte, „bleib einfach genauso hier sitzen.“ Lächelnd nahm Dulacre dies an. „Mit Vergnügen, wenn es nur das ist.“ Also saß er da und überschlug die Beine, schloss seine Augen und genoss das Gewicht an seiner Schulter. „Habe ich dich also doch noch ins Bett gekriegt“, schmunzelte er. „Penner“, murrte der andere, aber Dulacre konnte ihm das Grinsen anhören. „Musst du nicht aufbrechen?“ „Ach, du weißt doch, wie sehr ich es liebe, andere auf mich warten zu lassen. Ein eindrucksvoller Auftritt verlangt es nun mal, dass man zu spät kommt. Ich habe also keine Eile.“ Er erhielt keine Antwort, aber das überraschte ihn auch nicht. Er brauchte nicht mal einen Seitenblick, um zu wissen, dass Lorenor eingeschlafen war. Er hatte sich also nicht geirrt, sein armer, kleiner Wildfang war ganz ausgehungert gewesen, aber weder Kampf, Alkohol noch Nahrung hätten diesen Hunger stillen können. Doch jetzt, da er gesättigt war, konnte er endlich schlafen. „Du machst es dir manchmal auch nicht leicht, mein lieber Lorenor“, flüsterte er, ehe er seinen Kopf auf Lorenors sinken ließ und die Augen schloss. Auch er war hungrig gewesen, ohne es vorher gewusst zu haben. Tja, vielleicht sollte er die Nacht bleiben und seine Batterien noch einmal ganz auftanken.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)