Neue (und alte) Abenteuer von Sharry (Szenen, die es nicht in die Hauptfic geschafft haben) ================================================================================ Kapitel 13: Extrakapitel 10 - Das erste Mal - Zorro --------------------------------------------------- Das erste Mal   -Zorro- Tief atmete er aus und öffnete dann sein Auge. Noch einen Moment blieb er in seiner Meditationshaltung, genoss den Atem, der durch seinen Körper glitt, genoss die Ruhe in Geist und Gliedern. Dann erhob er sich, immer noch bewusst mit diesem gleichmäßigen Atem. Er war ruhig, entspannt, völlig im Gleichgewicht mit sich und der Welt, so wie immer und dennoch war er auch angespannt, aufgeregt, erwartungsvoll. Es war eine seltsame Mischung an Gefühlen, die ihm nicht unbekannt war, aber so hatte er es wohl noch nie gefühlt. In fast schon langsamen Bewegungen zog er sich an, nahm seine Schwerter, immer noch diese unglaubliche Ruhe in sich, immer noch diese unglaubliche Erregung in sich. Dann verließ er den Ausguck. Unten warteten die anderen, sie alle starrten ihn mit unterschiedlichsten Gesichtsausdrücken an, doch wirklich wahrnehmen tat er es nicht, diese unglaubliche Ruhe, diese unglaubliche Konzentration und diese unglaubliche Spannung schienen alles andere zu überdecken. Keiner von ihnen sagte etwas, aber das war auch nicht notwendig, Worte bedeutetem ihm nicht viel und er war sich nicht mal sicher, ob es überhaupt richtige Worte für diesen Moment gab. Neben der Strickleiter stand Ruffy, er lachte nicht, grinste noch nicht mal, sah ihn einfach nur mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an. Kurz nickte Zorro ihm zu, trat neben ihn und packte die Reling. „Zorro.“ Er erbebte, als sein Name mit der Kapitänsstimme ausgesprochen wurde und Ruffy seine Schulter griff. Einen Moment betrachtete er die Hand auf seiner Schulter, dann sah er seinen Kapitän an. „Hab Spaß, hörst du?“ Dann grinste er so breit, wie Zorro es vertraut war und seine Augen funkelten im Licht der strahlenden Sonne. „Und gewinne!“ Vielleicht gab es ja doch die richtigen Worte. „Aye, Käpt’n.“ Zorro grinste nicht, sein Körper fühlte sich irgendwie seltsam an, beinahe wie in Trance. Alles war weit weg und beinahe taub, dennoch konnte er jede einzelne Körperzelle fühlen, die Wimpern an Ruffys Lidern zählen. Unten angekommen merkte er zum ersten Mal, wie laut sein Herz schlug, endlich war es soweit. Er schritt auf Dulacre zu, der gegen einen großen Stein gelehnt ihn erwartete, sein Gesicht so ausdruckslos, wie Zorro es selten gesehen hatte. Wenn er drüber nachdenken würde, wäre er vielleicht überrascht, aber Zorro dachte nicht darüber nach, wahrscheinlich dachte er gerade gar nicht nach, er wusste es nicht. „Da bist du ja endlich, Lorenor.“ Er klang ruhig, aber so ruhig, dass sich Zorros Nackenhaare aufstellten. „Hab ich dich etwa lange warten lassen?“, entgegnete er mit einem bösen Grinsen und ließ seinen Kopf von links nach rechts rollen, bis die Knochen knackten. Im Hintergrund konnte er die Wellen des Meeres hören, wusste, dass die Sunny sich auf einen sicheren Abstand hin entfernte. „Viel zu lange“, antwortete Dulacre in einem atemlosen Flüstern, „über 20 Jahre habe ich auf diesen Tag hier gewartet.“ „Na, so lange hab ich jetzt aber auch nicht gebraucht, um mich fertig zu machen.“ Einen Moment sahen sie einander nur ruhig an, dann stieß Dulacre sich von seinem Stein ab und neigte leicht den Kopf. „Ich würde es bevorzugen, wenn wir direkt zur Tat schreiten und das spielerische Geplänkel einfach überspringen“, sprach er aus, nun allerdings so aalglatt, als wäre das hier nichts weiter als eine ihrer üblichen Trainingseinheiten. „Du sprichst mir aus der Seele, lass uns direkt ernst machen!“ Ihm war das gleich, zu sehr freute er sich auf das, was kommen würde. Und auch, wenn Dulacre mit der Gelassenheit eines alten Geschäftsmannes sprach, sein Blick verriet sofort, dass der andere alles andere als gelassen war. Zorro riss seinen Mantel herunter und warf ihn achtlos zu Boden. Dulacre auf der anderen Seite nahm sich die Zeit, Mantel, Hemd und Hut ordentlich gefaltet auf den Stein zu legen, als würde er davon ausgehen, dass dieser am Ende des Tages noch stehen würde. „Dulacre?“ „Ja?“ „Du weißt, was du mir versprochen hast?“, erinnerte Zorro ihn, während er sich sein Tuch um den Kopf band, nahm die Bewegung jedes einzelnen Fingers wahr. „Kein Zurückhalten, kein Verstellen, keine Maske.“ „Wie du wünschst.“ Wie auf Kommando glitt ein Beben durch Zorros Körper und augenblicklich lag eine Elektrizität in der Luft, die er fast schon sehnlich erwartet hatte. Tief atmete Zorro ein und schritt auf den anderen zu, der immer noch seine Sachen ordnete. Mit nur wenigen Metern zwischen ihnen blieb Zorro stehen, begutachtete den besten Schwertkämpfer der Welt, sah wie sich jeder Muskel unter der bleichen, unbefleckten Haut bewegte, mit einer Eleganz und einer Stärke, die Zorro nicht mal versuchte, in Worte zu fassen. Und dann sah Dulacre ihn an. Der Unterschied war unübersehbar. Das hier war nicht der Dulacre, dem er damals im East Blue begegnet war, nicht derjenige, der als Abschiedsgeschenk auf Kuraigana gegen ihn gekämpft hatte, noch nicht mal der, den Zorro auf Mary Joa versucht hatte aufzuhalten. Etwas an ihm war anders oder nein, anders beschrieb es nicht mal ansatzweise. Dulacre sah ihn an, seine grellen, gelben Augen leuchteten im Licht der Sonne, seine blasse Haut blendete beinahe, wie ein weißes Blatt Papier und doch konnte Zorro nicht anders, als ihn anzustarren. Die Energie, die er ausstrahlte, war eine ganz andere, sie war nicht so schwer wie sonst, so einengend und kontrolliert. Alles an ihm wirkte stark und mächtig, doch gleichzeitig ging eine Freiheit und Vorfreude von ihm aus, die ansteckend war. Die Gier in Zorro wuchs. Aber es war eine Form der Gier, die er bisher nicht kannte. Denn alles, was er gerade spürte, war Freude, war Glück, Spaß und Zorro wollte am liebsten laut auflachen. „Gefällt dir, was du siehst?“, fragte sein Gegner fast schon zurückhaltend. Und wie könnte er es leugnen? Diese unbeugsame Kraft, dieser unbeugsame Wille, noch nie zuvor war Zorros Gier so groß gewesen und noch nie zuvor hatte er so eine Freude in sich gespürt, eine Art der Freude, die nur der Schwertkampf in ihm wecken konnte. Zorro zog seine Schwerter und ging in Position. Dulacre tat es ihm gleich und obwohl Zorro sie kannte, obwohl er schon so oft gesehen hatte, wie Dulacre eine Ferse hinter die andere stellte, beide Arme weit öffnete, Yoru zu Boden richtete, ohne es den Boden berühren zu lassen, so erkannte er es nun zum allerersten Mal. Früher hatte Zorro diese Ausgangsposition nicht verstanden. Sie hatte tatsächlich immer absolut überlegen auf ihn gewirkt, nein eher arrogant. Als würde Dulacre seinem Herausforderer zeigen, dass er nicht mal auf seine Defensive achten brauchte, dass er so viel Angriffsfläche bieten konnte, wie er wollte und dennoch nicht verlieren würde. Aber jetzt, jetzt verstand Zorro. Es war keine Arroganz, kein Vernachlässigen der eigenen Defensive, kein bewusstes Darbieten von Angriffsfläche; es gab schlicht keine Angriffsfläche! Dulacre stand vor ihm, in absoluter Perfektion. Nichts an seiner Haltung offenbarte auch nur die leiseste Schwäche, es gab keine einzige Lücke, obwohl er sein Schwert zu Boden gerichtet und seinen Oberkörper völlig ungedeckt ließ. Es war, als würde Zorro das erste Mal in seinem Leben einen Schwertkämpfer sehen, einen echten Schwertkämpfer. Dieser neigte nun leicht den Kopf und schenkte ihm ein so breites Grinsen, das beinahe Ruffy Konkurrenz machen konnte, wäre es da nicht für diese Gier im Blick. Nein, es war nicht so, als ob Zorro zum ersten Mal in seinem Leben einen echten Schwertkämpfer sehen würde. Das, was er sah, was er zum allerersten Mal in seinem Leben sah, war Dulacre. Vor ihm stand Dulacre, der Dulacre, den Zorro immer schon erahnt, aber nie wirklich gesehen hatte. Endlich sah er ihn, endlich erlaubte Dulacre ihm, ihn wirklich zu sehen, sein ganzes Sein, ohne irgendeine Maske. Endlich! „Was ist denn, Lorenor? Willst du mich nicht angreifen? Oder wartest du wirklich darauf, dass ich den ersten Schritt mache?“ Selbst seine Stimme klang anders, offener, wärmer, befreiter. Zorro sah ihn einfach nur an und versuchte, all das, was er gerade wahrnahm, zu begreifen, und dann verstand er, was Dulacre ihm damals gesagt hatte. „Dulacre.“ „Ja?“, lachte dieser beinahe mit hochgezogener Augenbraue auf. „Ich liebe dich.“ … Das breite Grinsen schwand, wich einem Gesichtsausdruck, den Zorro nicht einordnen konnte, als Dulacre einen Moment die Augen schloss und die Lippen aufeinanderpresste. Doch dann sah er Zorro wieder an, zeigte dieses noch unbekannte, aber dennoch so vertraute Grinsen, aber seine Augen schimmerten auf eine Art, wie Zorro es noch nie gesehen hatte. Noch einen Moment begegnete Dulacre ihm mit diesem Blick, der Zorro eine Gänsehaut bescherte und er merkte, dass er noch so viel öfter so von Dulacre angesehen werden wollte, diesen Blick noch so viel öfters provozieren wollte, diesen Dulacre noch so viel öfters sehen, erleben wollte. Alles von diesem Dulacre sehen wollte. Im nächsten Atemzug nickte sein Gegner ganz sachte. Und Zorro griff an.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)