Es begann im Regen von AliceFeder ================================================================================ Kapitel 1: Spiegelung ---------------------  1. Spiegelung   »Kaito, so langsam frage ich mich, was du nachts über immer treibst. Du bist ständig müde; das ist eigentlich ein Dauerzustand mittlerweile bei dir«, sagte Aoko vorwurfsvoll, die gemächlichen Schrittes neben ihm her ging und verständnislos mit dem Kopf schüttelte, da sie dieses unverantwortliche Verhalten von ihrem besten Freund in keinster Weise nachvollziehen konnte. Aber Hauptsache wie ein erwachsener behandelt werden wollen. Leise kicherte sie und hielt sich unauffällig ihre Hand vor dem Mund, indem sie ihren Kopf von ihm weg etwas zur Seite drehte, als ihr ein lustiger Gedanke kam. Ein Schnuller und eine Rassel würden definitiv besser zu ihm passen, so kindisch wie er sich manchmal benimmt. Ihre Schultern bebten und nur mit Mühe und Not konnte sie einen Lachanfall unterdrücken, das Bild, welches in ihrer Fantasie viel zu deutlich vorhanden war, war einfach zum Schreien. Ein großer schmollender Kaito mit Schnuller und Rassel in der Hand. »Jetzt haben wir Ferien. Da kann ich so viel schlafen wie ich möchte, also mach dir keine Sorgen«, erwiderte er und grinste sie breit an. Von ihrem unterdrückten Lachanfall bekam er nichts mit, vielmehr ließ er seine Augen über die Umgebung schweifen und beobachtete mal hier und mal dort eine Person und dessen Verhalten. Ein kleines Hobby von ihm, um die Menschen besser einschätzen zu können. Wüsste er es nicht besser, hätte man behaupten können, er sei Detektiv und analysierte seine Mitmenschen um sich herum, um seinen Verstand weiter zu schärfen. »Du solltest dich mehr auf die Schule konzentrieren und in den Ferien lernen«, ermahnte ihn sogleich seine braunhaarige Kindheitsfreundin und war so pflichtbewusst wie eh und je. Gespielt entrüstet schützte er seine feingeschwungenen Lippen. »Aber natürlich, Mama«, neckte er sie bewusst und streckte ihr dabei verspielt die Zunge entgegen, was sie augenblicklich auf die Palme brachte und ihn sichtlich zu amüsieren schien. Ganz zu seiner Freude war seine beste Freundin sehr leicht in Rage zu bringen. Man musste nur leicht an der Oberfläche kratzen und schon platze der Luftballon mit einem ohrenbetäubenden Knall und wahrscheinlich war das genau einer der Gründe, warum er sie tagtäglich aufzog und mit banalen Sachen ärgerte. Es machte ihm schlichtweg Spaß! »Das ist nicht lustig. Immerhin geht es um deine Zukunft«, zickte sie zurück und zeigte drohend mit dem Finger auf ihn. Ihre Augen funkelten gefährlich. »Ganz die Kommissars Tochter. Nimm nicht alles so ernst«. »Und nimm du nicht alles auf die leichte Schulter. Nach den Ferien beginnen die Abschlussprüfungen«, pampte sie Kaito weiter von der Seite aus an, was ihn dazu brachte laut los zu lachen. Er hatte seine beste Freundin wirklich gerne, aber manchmal nervte sie ihn ungemein mit ihrem Pflichtbewusstsein, das sie von ihrem Vater vererbt bekommen hatte. Ihr Vater war nämlich Kommissar bei der Tokioter Polizei dessen einzige Lebensaufgabe darin bestand, den berühmten Meisterdieb 1412 festzunehmen und hinter Gitter zu bringen:   Kaito KID!   Würdest du überhaupt noch mit mir reden, wenn du wüsstest, wer ich in Wirklichkeit bin?, fragte er sich und wurde rechtzeitig aus seinen negativen Gedanken gerissen, die von seinem Verstand besitzt ergreifen wollten. Ihr Handy klingelte. Überrascht zog er seine Braue in die Höhe, als er den Ton erkannte, den sie als Klingelton eingestellt hatte. Ein wissendes und spöttisches Grinsen legte sich auf seine Gesichtszüge, was sie lediglich mit rollenden Augen kommentierte und ihm dem Rücken zuwandte. Soll der Idiot doch von mir denken, was er will. »Das Kamen Yaiba Intro, ernsthaft, Aoko?«, kicherte er ihr belustigt in das andere Ohr bevor er sich von ihr wegdrehte, damit sie in Ruhe telefonieren konnte, und sich lachend den Bauch hielt. »Die Serie schauen sich Grundschüler an!« Seine beste Freundin war wirklich ein Highlight für sich. Insgeheim wette er darauf, dass selbst der berühmte Oberschülerdetektiv Shinichi Kudo nicht aus ihren wirren und unlogischen Gedanken schlau werden würde. Haltet mir Vorträge, dass ich nicht mehr so kindisch sein soll mit meinem gelegentlichen Schabernack, aber Hauptsache sie hat das Yaiba Intro als Klingelton. Das Intro einer Kinderserie!   »Ja, Paps?«, fragte sie erwartungsvoll in den Hörer hinein und blieb auf den Gehweg stehen. Ihre kichernde Begleitung hinter ihrem Rücken, die sich offensichtlich sehr über sie zu amüsieren schien, blendete sie völlig aus. Diesen peinlichen Moment würde Kaito ihr nach dem Telefonat noch ausführlich für den Rest ihres Nachhauseweges unter die Nase reiben und sie damit aufziehen. Zunächst verlief das Gespräch sehr einseitig und sie hörte ihrem Vater am anderen Ende der Leitung aufmerksam zu, aber allzu lange währte dieser Zustand nicht, denn in Windeseile schwang die Stimmung von freundlich auf aggressiv um. Während sie hitzig mit ihrem Vater zu diskutieren schien, schaute sich Kaito interessiert in der Einkaufsstraße um und ließ seinen Blick durch die angrenzenden Schaufenster schweifen. Kurz darauf stockte er und legte seine Handflächen auf die kühle Scheibe eines kleinen Modegeschäftes. Für Außenstehende mag es den Anschein haben, dass er in der Schaufensterauslage einen Gegenstand entdeckt hatte, den er unbedingt sein Eigen nennen wollte. Das neuste paar Sneakers vielleicht? Tatsache war, dass er den Klamotten und Dekorationen, die sich hinter der Glasscheibe befanden, keinerlei Beachtung schenkte, einzig und allein, dass, was die Scheibe widerspiegelte, galt seinem ganzen Interesse. In der Spiegelung der Fensterscheibe des Modegeschäftes sah er ihn, seinen größten Rivalen in Begleitung einer braunhaarigen Frau, die er als Ran Mori identifizierte. Mit neugierigem Blick folgte er ihren Spiegelungen in der Schaufensterscheibe und sah wie die beiden in das von ihm gegenüberliegenden Café, das den Namen Café et Gateau trug, hineingingen. Ein kleines aber gemütliches französisches Café, in welchem man neben den französischen Köstlichkeiten auch ganz normal die gängigen Kaffeesorten bekam. Besonders bei Paaren war der Laden sehr beliebt; auch bei den Jugendlichen war das Café sehr angesagt, was sie meistens für ihr erstes Date auswählten. Ein breites, hämisches Lächeln zierte seine Lippen und seine ozeanblauen Augen leuchteten hell auf vor Freude. Dann gönn ich mir mal ein bisschen Spaß mit meinem Lieblingsdetektiv.   »Aoko?«, versuchte er seine Kindheitsfreundin anzusprechen und tippte ihr vorsichtig auf die Schulter. Mit einer fahrigen Handbewegung gab sie ihm zu verstehen, dass sie ihm keine Aufmerksamkeit schenken konnte und er sich gedulden sollte, als sie plötzlich das Handy vom Ohr nahm, sich dieses vor ihrem Mund hielt und lauthals in ihr Kommunikationsgerät hineinschrie. Erschrocken zuckte er zusammen und riss für einen Augenblick entsetzt die Augen auf. Die hat vielleicht ein lautes Organ. Naja, wie der Vater so die Tochter, dachte er sich und verzog seine Mundwinkel zu einem Schmunzeln. Unweigerlich musste an seinen letzten Coup zurückdenken, bei welchem Herr Kommissar Ginzo Nakamori, der Leiter der extra für ihn gegründeten Soko KID Einheit war, seine Männer mit einem noch lauterem Organ Befehle hinterher gebrüllt hatte, welches auch ohne Megafon kraftvoll und einschüchternd über den Vorplatz des Suzuki Anwesens gefegt war. Wenn Aokos Vater wüsste, dass der meistgesuchte Dieb Japans, den er mit voller Hingabe seit Jahren hinterher jagte und sogar in seiner puren Versessenheit den Geburtstag seines geliebten Kindes vergaß, sein direkter Nachbar war und seit Kindertagen im Haus des Kommissars Ein- und Ausging und seine Tochter als kleines I-Tüpfelchen jeden Abend eine Portion für ihn mit kochte, damit er bei seinen durchaus miserablen Kochkünsten nicht den Hungertod starb, würde er wohl in der Psychiatrie landen und mit sofortiger Wirkung seinem Beruf an den Nagel hängen. »Beschwer dich aber nachher nicht bei mir«, nuschelte er schulterzuckend in seinen nichtvorhandenen Bart, da er wusste wie sie es hasste, wenn er auf einmal verschwand und sie alleine irgendwo im Regen stehen ließ, wie sie es stets so schön ausdrückte. Kaito rannte hinüber zum Café et Gateau durch dessen Eingangstür er trat, an welches ein Glöckchen eintretende Kunden ankündigte.   ≈ * ≈   Seine Augen huschten über die Besucher im Inneren des gemütlichen Ladens, in welchem ihm sogleich ein wohliger Kaffeegeruch in die Nase stieg. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde bis er den Gesuchten in der Menge ausfindig machen konnte. Lässig steckte er seine rechte Hand in die Hosentasche und ging so unauffällig wie nur möglich an den Tisch vorbei, an den die beiden Platz genommen hatten. Für eine winzige Sekunde musterten seine scharfen Augen im Vorbeigehen neugierig die Gesichtszüge des Detektivs, der ihn und seiner Umgebung keinerlei Beachtung zukommen ließ. Wäre Kaito über diese Situation nicht erleichtert gewesen, hätte er massiv enttäuscht sein können, denn er kannte Shinichi Kudo definitiv anders. Das ist ungewöhnlich. Es muss ihm was auf der Seele liegen, dass er so abweisend wirkt. Die Fälle löste der besagte Oberschülerdetektiv mit einem messerscharfen Verstand und dessen Kombinationsfähigkeit und logischen Schlussfolgerungen waren eine Klasse für sich. Nicht das kleinste Detail entging Kudo und ihm war klar, dass er auch im Privatleben sein Umfeld mit wachsamen Argusaugen betrachtete. Nicht umsonst war Shinichi sein größter Rivale, von welchem er bereits des Öfteren in die Enge gedrängt worden war und welchen er als einzigen Mann hier in Tokio Respekt zollte. Umso mehr wunderte es ihn, dass der junge Meisterdetektiv mit nichtsehenden Augen verträumt aus dem Fenster starrte und seinen verworrenen Gedanken nachhing. Über was denkst du nach? Ich würde es zu gerne wissen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)