New Family von writer ================================================================================ Kapitel 26: Mut --------------- Sakura saß lange einfach nur auf ihrer Bettkante. Irgendwann stand sie schließlich auf, ging zu ihrer Tasche und nahm ihr Smartphone heraus. Es war schon zwei Uhr Nachts. Sie musste also mindestens zwei Stunden so dagesessen haben. Was hatte sie in dieser Zeit eigentlich getan? Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass sie besonders viel nachgedacht hatte. Hatte sie einfach nur auf den Teppich gestarrt? Sie erinnerte sich daran, dass sie gehört hatte wie Itachi und Sasuke ins Bad gegangen waren. Ihre Mutter und Fugaku benutzten das Bad unten, sie waren es bestimmt nicht gewesen. Waren Itachi und Sasuke ins Bett gegangen? Hatten sie noch viel miteinander gesprochen? Über sie? Ob Sasuke wohl heute Nacht würde schlafen können? Oder lag er gerade nebenan wach? Er liebte sie. Trotz alledem, was Itachi ihr vorhin erzählt hatte, kam ihr das immer noch total irreal vor. Als wäre das ein merkwürdiger Scherz, den sie alle gemeinsam mit ihr machten. Aber das war natürlich Quatsch. Es lag irgendwie an ihr und ihrem komischen Kopf, dass sie das nicht so richtig als Realität akzeptieren konnte. Sie blickte wieder auf ihr Smartphone Display. Hinata hatte sie angerufen. Aber Hinata schlief nun wahrscheinlich. Und sie wollte das erste Mal in ihrem Leben ohnehin nicht mit Hinata sprechen. Hauptsächlich, weil sie unmöglich wiederholen konnte, was sie mitbekommen hatte und was ihr erzählt worden war. Was sollte sie nun tun? Was wollte sie tun? Sie dachte darüber nach, dass sie keine Ahnung hatte, was sie tun wollte. Zu diesem Teil ihrer Gefühle hatte sie offenbar keinen Zugang. Für sich konnte sie also scheinbar weder richtig noch falsch handeln, weil sie scheinbar gar nicht in der Lage war zu definieren was in diesem Fall für sie richtig oder falsch wäre. Was war mit Sasuke? Konnte sie dann vielleicht wenigstens das Richtige für ihn tun? Was war das Richtige für ihn? Er hatte klar gesagt, was er wollte. Itachi hatte auch klar gesagt, was er wollte. Und Hinata und vermutlich auch Naruto und Neji würden wahrscheinlich auch von ihr erwarten, dass sie das versuchte. Wenn sie das alle für das Richtige hielten, war es dann vielleicht einfach das Richtige? Zumindest für Sasuke? Eigentlich ja. Er wollte eine Chance. Verdient hatte er die auf jeden Fall, nach allem, was sie über ihn erfahren hatte. Sie konnte das alles immer noch nicht ganz glauben. Was hielt sie davon ab ihm diese Chance zu geben? Die Antwort darauf war einfach. Sie hatte Angst vor seiner Enttäuschung. Sie hatte Angst davor, dass er sich total für sie bemühen würde und dass es dennoch nicht funktionieren würde. Und dass sie dann würde mit ansehen müssen, dass es ihm immer mehr zusetzte. Und sie hatte auch Angst davor, dass er wegen der Kraft und Zeit, die er vielleicht umsonst in sie investieren würde, anfangen würde sie zu hassen. Aber dann würde er wenigstens über sie hinweg kommen können. Ihm zuliebe musste sie ihm die Gelegenheit geben es versuchen zu können. Eine andere Möglichkeit gab es einfach nicht. Nicht, wenn er sie wirklich schon seit so vielen Jahren liebte. Dann würde es ihm wirklich nicht helfen, wenn sie sich nun zurück zog. Sie legte ihr Smartphone wieder auf ihrer Tasche ab und drehte sich zur Tür. So stand sie einen Moment da und dann legte sie ihre Hand auf die Türklinke. Sie öffnete ganz leise die Tür und spähte auf den Flur. Es war ganz still im Haus. Unter Sasukes Tür schien kein Licht heraus. Und auch bei Itachis Tür ein Zimmer weiter war alles dunkel. Sie entschied sich erstmal ihre Zähne zu putzen, zu duschen, um sich etwas zu entspannen und ihre Schlafsachen anzuziehen. Wenn ihr diese Entscheidung danach immer noch richtig vorkommen sollte, dann würde sie es tun. Eine Viertelstunde später hatte sich an ihren Gedanken dazu nichts geändert. Also stand sie nun vor Sasukes Zimmertür im dunklen Flur. Obwohl sie sich eigentlich entschieden hatte, stand sie da eine ganze Weile. Dreimal hob sie die Hand, um an seine Tür zu klopfen. Dreimal tat sie es dann doch nicht. Sie bemerkte, dass sie anfing zu zittern. Ihr war kalt in ihren dünnen kurzen Sachen. Im Flur war es immer kälter als in den Zimmern. Wenn sie klopfen würde, dann würde sie vielleicht hineingehen können. Dann würde ihr vielleicht warm werden. Sie hob zum vierten Mal ihre Hand und dieses Mal klopfte sie. Leise. Konnte er das gehört haben? Falls er schlief sicher nicht. Aber Sasuke schien nicht geschlafen zu haben. Denn er öffnete nach ein paar Sekunden. "Hallo", flüsterte Sakura und sah ihn vorsichtig an. Er wirkte müde, aber nicht so, als ob er schon geschlafen hätte. Er trug wie immer zum Schlafen eine seiner dunklen Jogginghosen und auch ein dunkles Shirt. Er sah so unglaublich gut aus. Und er war so unglaublich treu und liebevoll und einfühlsam. Womit hatte sie seine Zuneigung bloß verdient? "Hallo", erwiderte er ruhig. Er sah sie abwartend an, also musste sie wohl nun sagen, warum sie hier war. "Kann ich vielleicht reinkommen?", fragte sie unsicher. "Klar." Er trat zur Seite und hielt ihr die Tür auf. Sakura trat ein paar Schritte in den Raum und drehte sich dann zu ihm um. Er schloss die Tür und blickte sie aufmerksam an. "Ich möchte mich bei dir bedanken", sagte sie und gab sich Mühe ihm fest in die Augen zu sehen. "Für alles. Du bist unglaublich. Und ich wünschte ich könnte alles, was du für mich tust, auf eine Art würdigen, die dem angemessen ist. Aber das kann ich wohl nicht." Er schwieg und sah sie nur weiter an, also fuhr sie fort. "Dir ist klar, dass mein Problem nicht einfach so verschwinden würde, oder?", fragte sie vorsichtig. "Es würde schwierig für dich werden, weil ich dir nicht garantieren könnte, dass es irgendwas bei mir verändern würde." "Ja", sagte Sasuke ruhig. "Du hast in Bezug auf enge Bindungen negative Erfahrungen gemacht und Enttäuschungen und Verletzungen erlebt. Es ist schwierig das Unterbewusstsein dazu zu bekommen daraus erlerntes Verhalten wieder zu verlernen. Mir ist vollkommen klar, dass alles umsonst sein könnte. Und auch, dass du den Zugang zu deinen Gefühlen nicht einfach so bewusst kontrollieren kannst. Aber es gibt eine Chance und ich will, dass wir es versuchen. Zu Hinata konntest du schließlich auch eine enge Bindung aufbauen. Ich weiß, eine Beziehung ist nochmal etwas anderes als eine Freundschaft. Aber ich kann einiges aushalten, das habe ich doch schon bewiesen, oder?" Sakura atmete einmal tief ein und wieder aus. "Okay", sagte sie. "Dann versuchen wir es." Sasuke nickte. "Gut." Er musterte sie einen Moment, dann fragte er: "Warum willst du es versuchen? Dir zuliebe oder mir zuliebe?" Sakura zögerte, aber nur kurz. Sie musste ehrlich sein, wenn das auch nur den Hauch einer Chance haben sollte. "Dir zuliebe", sagte sie leise und senkte den Blick. "Und natürlich auch weil ich gerne versuchen möchte mich zu ändern. Aber hauptsächlich dir zuliebe. Ich weiß nicht, was ich will. Ob ich Gefühle für dich habe oder welche das sind. Wenn ich darüber nachdenke, ist da einfach nur Leere." "Okay", sagte Sasuke sachlich. "Danke für deine Ehrlichkeit." Sakura musterte ihn. Er ließ sich nichts anmerken, aber bestimmt hatten ihre Worte ihn dennoch ein bisschen verletzt. Obwohl er wahrscheinlich mit dieser Antwort gerechnet hatte. Aber sie hatte sich entschieden. Und er offenbar auch. Sie würde ihn nun wahrscheinlich öfter verletzen. Und sie beide mussten versuchen es zu ertragen. Konnte er das wirklich aushalten? Sie fand immer noch, dass sie kein Recht hatte, das irgendjemandem anzutun. Das war genau das, was im Internet beschrieben worden war. Dass der Partner eines Menschen mit Bindungsangst eine Menge zu ertragen hatte. Das war das, was sie nie jemandem hatte zumuten wollen. Aber er hatte sich offenbar selbst gründlich mit dem Thema beschäftigt und er wollte das trotzdem. Also würde sie sich diesem Wunsch unterordnen und das wundervolle Geschenk, das er ihr damit machte, annehmen, obwohl es ihr falsch vorkam. Und im Gegenzug würde sie alles tun, um an sich zu arbeiten. Sie würde alles versuchen, damit er das nicht umsonst ertrug. Sie warf ihm einen kurzen vorsichtigen Blick zu und dann ging sie langsam zu seinem Bett hinüber. Wenn er sie liebte, dann hieß das doch, dass er sie bei sich haben wollte, oder? Dann würde er doch wollen, dass sie in seiner Nähe war? Sie sah nochmal unsicher zu ihm. Er stand still da und beobachtete sie. Sie hob vorsichtig seine Bettdecke an und kroch darunter. Wollte er das? Zumindest schien er nichts dagegen zu haben, denn er drehte sich entschieden zur Tür und schloss sie ab. Dann ging er zu seiner Bettseite hinüber. Einen Moment blieb er dort stehen und sah sie an, wie sie dort unter seiner Decke lag und verunsichert zu ihm sah. Ein ganz leichtes Lächeln huschte kurz über sein Gesicht. Zumindest glaubte sie das in der Dunkelheit erkannt zu haben. Dann hob er die Decke an und legte sich ebenfalls hin. Beide lagen sie da, auf dem Rücken und blickten nach oben an die dunkle Decke. 'Du hast es schonmal geschafft mehr Nähe zuzulassen', dachte sie sich. 'Du kannst es wieder schaffen.' Also nahm sie ihren Mut zusammen und rutschte zu ihm hinüber. Er bleibt ganz still liegen, als hätte er Angst sie zu verschrecken. Wie sie es schon einmal im Schlaf getan hatte, drehte sie sich auf die Seite, griff vorsichtig mit ihren Händen an seinen Oberarm und legte ihre Stirn an seine Schulter. Sie spürte, wie er einmal tief einatmete, als ob er eben die Luft angehalten hätte. War das okay für ihn? Falls nicht würde er das sagen, oder? "Wirst du schlafen können?", fragte er leise. "Ja, ich glaube schon", antwortete sie. "Ich bin total erschöpft. Und du?" "Ja", sagte er. "Aber ich bleibe noch etwas wach und genieße das hier." Er klang glücklich. Und das machte auch sie ein wenig glücklich. Sie strich mit einer ihrer Hände seinen Arm hinab und schob ihre Hand unter seine. Er schloss sofort seine Finger um ihre. "Das mit mir...war das wirklich auch dein Erstes Mal?", fragte sie irgendwann in die Stille. Sie konnte das immer noch nicht glauben und wollte es aus seinem Mund hören. "Ja. Wieso fragst du?" "Du warst so beherrscht und hast so selbstsicher gewirkt. Und so als wüsstest du ganz genau was du tust." Er lachte leise. "Ich hatte ja auch genug Zeit mich darauf vorzubereiten, oder? Man kann sich mit Vielem schließlich auch rein theoretisch beschäftigen. Es gibt das Internet. Und außerdem hat es auch Vorteile, wenn man nicht gleich der Erste ist. Man kann Fehler vermeiden, von denen einem Freunde oder Brüder erzählen." "Es ist jedenfalls wirklich toll mit dir", sagte sie leise und sie war froh, dass es dunkel war, weil es dann egal war, falls sie schon wieder ein wenig rot werden würde. "Mit dir auch", sagte er. "Viel besser, als ich es mir vorgestellt hatte. Und ich habe es mir ziemlich oft vorgestellt." Sie strich mit ihrer Hand sanft über seinen Arm. "Ich verstehe nicht, womit ich das verdient habe", sagte sie schließlich. "Dass du mich so sehr magst, ergibt für mich überhaupt keinen Sinn." "Du siehst dich nicht so wie andere dich sehen", sagte er, nachdem er kurz geschwiegen hatte. "Ich bin nicht der Einzige, der an dir interessiert ist. Du bist wunderschön. Deine Bewegungen sind so zart und wunderschön. Alles, was du berührst, fasst du so sanft und zärtlich an, dass man sich beim Zusehen sofort wünscht, dass du einen so anfasst. Die Art wie du Blüten und Bäume und Wolken und Enten beobachtest macht einen nur vom Zusehen genauso glücklich, wie es dich offenbar glücklich macht. Die sanfte und respektvolle Art, wie du Buchseiten umblätterst ist wunderschön. Und du bist so unglaublich scheu, dass es einem wie eine riesige Errungenschaft vorkommt, wenn du einen mit diesen grünen Augen einmal direkt ansiehst. Man wünscht sich, dass man dich berühren kann, ohne dass du davon läufst, weil das so unmöglich erscheint. Die Art wie du deine Haare zurückstreichst ist wunderschön. Unglaublich anziehend und trotzdem so unschuldig. Deine Stimme ist so sanft und liebevoll. Manchmal wenn du glaubst, dass du alleine bist, oder dass dich niemand hört, dann summst du vor dich hin und alles wird so ruhig und friedlich. Du hast es wahrscheinlich nicht bemerkt, aber immer wenn Hinata dich in der Schule zum Lachen gebracht hat, dann haben fast alle zu dir gesehen. Wenn du lachst, dann möchte man mit lachen. Es macht glücklich, wenn man es selbst schafft, dich zum Lachen zu bringen. Ich könnte ewig so weiter machen. Und wie gesagt, das geht nicht nur mir so. Ich hatte ne Menge Arbeit, als ich die letzten Jahre dafür gesorgt habe, dass man dich und Hinata in Ruhe lässt. Ohne Itachi, Naruto und Neji hätte ich das nie geschafft. Aber ich wollte es schaffen. Nicht nur für mich selbst. Wenn du mit Hinata zusammen warst, dann sahst du glücklich aus. Und zwar nur dann. Sobald sie nicht bei dir war oder jemand eure Zweisamkeit gestört hat, sahst du so verloren und verängstigt aus, dass es einem fast das Herz brach. Du glaubst es vielleicht selbst nicht. Aber du bist unglaublich liebenswert. Ich liebe dich." Sie schwieg einen Moment. Ihre Augen brannten und sie musste sich darauf konzentrieren nicht zu weinen. "Danke", flüsterte sie. Und sie meinte es auch so, von ganzem Herzen. Sie konnte diese Worte nicht erwidern, aber sie war von unendlicher Dankbarkeit erfüllt. "Schlaf", sagte er ruhig. "Ich bleibe wach, bist du eingeschlafen bist." Eine Weile lag sie noch mit klopfendem Herzen da. Sie konnte es nicht fassen, wie toll er war. Und dass ihr so etwas Wunderbares passierte. Sie war ihm so unendlich dankbar. Sie merkte, wie sie ganz plötzlich müde wurde. Wahrscheinlich ließ das Adrenalin nach. Ihre Augen wurden furchtbar schwer. Und während sie einschlief, nahm sie seinen Geruch wahr und die Wärme, die von ihm aus ging und das war ein wundervolles Gefühl. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)