Wintersonne von QueenLuna ================================================================================ Kapitel 1: 1 ------------ Wintersonne - Hatsuhinode - Mühsam öffnete ich die Augen und blinzelte orientierungslos. Wo war ich? Um mich herum war es dunkel, nur ein gelblicher Lichtschein drang durch das schmale Fenster und zeichnete schwache Schatten an die Zimmerdecke. Nur sehr langsam kehrte Leben in mein übernächtigtes Hirn ein. Immer wieder musste ich kurz die Augen schließen, um das Jucken der Lider in den Griff zu bekommen. Mir war warm. Unsagbar warm. Ich versuchte die schwere Decke von mir zu strampeln. Doch alles, was es brachte, war, dass es zwar um meine Beine herum leichter wurde, aber das Gewicht und die Hitze auf meinem Oberkörper blieb. Was -? Mit spitzen Fingern tastete ich danach. Das war… das war definitiv keine Decke, die mir gerade die Luft abschnürte. Ein unwilliger Laut entkam mir, als ich mich an dem Arm entlang zu dem Übeltäter vortastete, der mich in Bedrängnis brachte. Inzwischen war ich halbwegs wach und etwas klarer im Kopf. Jedenfalls soweit ich das beurteilen konnte, denn jener dröhnte ziemlich laut. Ich drehte mich vorsichtig zu dem Heizofen neben mir um. Wobei – ich hätte es lassen sollen, doch im Nachhinein ist man immer schlauer. Selbst Kaorus altes Sofa, auf dem ich lag, gab ein lautes Knarren von sich, als wollte es mich warnen. Was zur - Egal, wie oft ich blinzelte und hoffte, dass mir das dämmrige Licht einen Streich spielte, es änderte sich nichts. Mist. Ich ignorierte mein ins Stolpern geratene Herz, stieß stattdessen langsam die Luft, die ich vor Schreck angehalten hatte, durch die Nase aus und fragte mich, wie zur Hölle ich in einer derart prekären Situation hatte landen können. Gut, prekär war vielleicht übertrieben, aber trotzdem. Wieso lag ausgerechnet Toshiya gerade mal eine Nasenlänge von mir entfernt, sodass ich schielen musste, um ihn deutlich zu sehen? Und ich seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren konnte? Ich unterdrückte das automatische Zurückzucken, das sowieso zu nichts geführt hätte, da sich im Moment die harte Sofalehne in meinen Rücken presste und unheilvolle Geräusche von sich gab. Ich war gefangen und fragte mich zum wiederholten Male, wieso. Hatte ich irgendetwas Dummes angestellt? Wundern würde es mich nicht und so wie mein Kopf sich beschwerte, bestätigte er nur allzu gern meinen Verdacht, dass die letzten zwei Bier heute Nacht wohl zu viel gewesen waren. Aber man durfte sie ja nicht verkommen lassen. Da lag ich nun – bewegungslos und noch nicht wach genug, um die Situation wirklich zu begreifen. Nach und nach kamen Erinnerungsfetzen an die letzten Stunden zurück und soweit ich das beurteilen konnte, hatte ich mich mal nicht zum Volltrottel gemacht. Gut, der Alkohol war reichlich geflossen – schließlich hatten wir zusammen ins neue Jahr gefeiert – weshalb ich mir der Heimweg wohl auch als unbezwingbar erschienen war und ich kurzerhand Kaorus Sofa bezogen hatte. War ich so schnell eingeschlafen, dass ich nicht mehr gemerkt hatte, wie Toshiya sich zu mir gesellt hatte? Statt Anstalten zu machen, unseren Bassisten etwas auf Abstand zu schieben – denn so schmal war das Sofa wirklich nicht – starrte ich ihn lieber treudoof an. Ich konnte zwar keine Details erkennen, aber ich kannte ihn schließlich, da reichte auch das Dämmerlicht aus. Und gerade diese Schatten, die sein Gesicht zeichneten, übten augenblicklich eine ungeheure Anziehung auf mich aus, was mein Herz etwas aus dem Tritt brachte. Ich konnte nichts dagegen tun, so sehr ich diese Reaktion meines Körpers auch verfluchte. Ich schloss für einige Sekunden die Augen, atmete bewusst tief ein und aus, ehe ich wieder aufsah. Das Ganze überforderte mich gerade maßlos. In meinem Kopf dröhnte und rauschte es, was wohl am Restalkohol lag. So konnte ich gar nicht anders, als meinen Bandkollegen still und heimlich, aber ungeniert anzustarren. Der Mund war leicht geöffnet, einige der kurzen Strähnen hingen ihm wirr ins Gesicht. Ich war versucht, sie zur Seite zu streichen, ließ es aber, obwohl es mir in den Fingerspitzen kribbelte. Ich durfte nicht. Basta! Anstarren war okay, sich für einen Moment Tagträumen hingeben auch, aber mehr nicht. Wie hatte es so weit kommen können? Die Frage war eher pro forma, denn ich hatte sie mir schon unzählige Male gestellt und war immer wieder zum gleichen Endergebnis gekommen. Ändern konnte ich es dennoch nicht. Wieso hatte Toshiya mich auch an jenem verhängnisvollen Tag im August unbedingt zu seinem Komplizen machen müssen, als er es in einem geistig umnachteten Moment für eine super Idee gehalten hatte, in eine Grundschule einzubrechen, nur um dort schwimmen zu gehen? Gut, er hatte mich nicht dazu angestiftet – ich war ihm in Sorge einfach gefolgt. Nicht, dass er noch ertrank. Doch anscheinend hatte mein Körper diesen adrenalinreichen Ausflug als denkwürdig genug empfunden, um seither sämtliche Hormone Amok laufen zu lassen. Mit Ende Zwanzig war ich doch eigentlich aus dem Alter für solchen Gefühlskram raus, oder nicht? Blöderweise nein. Egal, was ich dagegen tat, meine veränderte Sicht auf Toshiya blieb erhalten – inklusive ungesund schwankendem Blutdruck und gelegentlicher Denkaussetzer. Um es zusammenzufassen: Es war scheiße. Ich wollte das Ganze nicht, hatte es nie gewollt und trotzdem war es da. Einfach so. Seither hatte ich die meiste Zeit damit verbracht, das Chaos in mir irgendwie zu ignorieren und mich so normal wie möglich zu benehmen. Heißt, ich stand fast ständig unter Strom und versuchte Toshiya mit etwas Abstand zu begegnen, immer in der Hoffnung, dass sich diese Gefühle von alleine in Luft auflösten und alles zu seiner alten Ordnung zurückkehrte. Dass ich mir etwas vormachte, wusste ich selbst… Wie paralysiert starrte ich ihn an. Wann war ich ihm das letzte Mal so nah gewesen? Langsam atmete ich ein, roch ihn, spürte seine Präsenz mit einem Mal noch stärker. Das war doch alles Mist. Dennoch schlich sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen, während ich ihn, hier auf Kaorus unbequemem Sofa liegend, beobachtete, über die leisen Laute, die er beim Schlafen machte, grinste und mein Hirn auf Urlaub schickte. Es war sogar recht entspannend, ihn anzustarren. Selbst das Dröhnen hinter meinen Schläfen nahm langsam ab. Wie spät es wohl war? Da der Himmel draußen höchstens als hellgrau bezeichnet werden konnte, wie mir ein flüchtiger Blick an Toshiya vorbei verriet, vermutlich noch sehr früh. Also hatte ich wohl höchstens vier Stunden geschlafen. So fühlte ich mich auch. Irgendwo in der Wohnung tickte leise eine Uhr, doch ich konnte mich beim besten Willen nicht dazu überreden aufzustehen. Ich wollte hier einfach liegen und Toshiya ansehen. Erst ein lautes, grunzendes Schnarchen riss mich aus meinem Dämmerzustand und ließ mich erschrocken zusammenzucken. Ich hatte schon immer gewusst, dass Kaoru nicht der leiseste Schläfer war, aber musste es so ein plötzlicher Ausbruch sein? Doch anscheinend war ich der Einzige, dem die Attacke einen halben Herzinfarkt beschert hatte, denn Toshiya hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt und schlief seelenruhig weiter. Frechheit. Wobei, nein, doch nicht. Nicht, dass er mich noch beim Starren erwischte. Im Nachbarraum war wieder Ruhe eingekehrt, vom leisen, gleichmäßigen Schnarchen unseres Leaders mal abgesehen. Nur war ich jetzt vollends wach. Irritiert blickte ich erneut zum Fenster, hinter dem der Himmel mittlerweile bedeutend heller geworden war und schon eine dezent rötliche Färbung angenommen hatte. Wie viel Zeit hatte ich denn mit sinnlosem Rumliegen verbracht? Vorsichtig, um meinen Sofagenossen nicht zu wecken, setzte ich mich auf. Ein kurzer Stich hinter meiner Stirn ließ mich gequält die Augen zusammenkneifen. Das Bier war bestimmt schlecht gewesen! Ich hatte sonst selten Probleme mit alkoholischen Nachwehen. Solange ich mich nicht bewegte, war alles gut. Ich holte tief Luft, ehe ich die Augen ein weiteres Mal öffnete. Das Erste, das mir auffiel, war das Chaos auf dem Tisch und der schmalen Küchenzeile, die unmittelbar ans Wohnzimmer grenzte. Überall standen Schüsseln und leere Bierflaschen herum, dazwischen lagen allerlei Verpackungen quer über den Boden verteilt. Oh Mann, Kaoru würde uns nachher sowas von zum Aufräumen verdonnern. Wo waren eigentlich Shinya und Kyo und – wie hieß er noch? Ach ja, Komi. Das Gute an Kaorus Junggesellenbude war, dass sie überschaubar war. Es gab keine weiteren, angrenzenden Zimmer außer dem Bad und Kaorus Höhle, die theoretisch ein Schlaf- Schrägstrich Arbeitszimmer darstellte. Wenn man dem Leader glaubte. Es gab keine Möglichkeiten, die anderen irgendwo zu verstecken, also war außer Toshiya und mir und den lieblichen Schnarchgesängen aus besagter Höhle niemand hier. Ich konnte mich nicht erinnern, wann sie gegangen waren. Die Nacht war definitiv zu kurz gewesen. So wie es sich gehörte für die erste Nacht des Jahres. Da wir letztes Jahr nicht zusammen gefeiert hatten, hatten wir uns dieses Mal zusammengerauft, gemeinsam mit einigen Crewmitgliedern und Freunden. Angefangen hatten wir in einer der kleineren Szenebars. Wie viel Liter dort schon geflossen waren, konnte ich nicht sagen, aber lustig war's allemal gewesen. Je weiter es auf Mitternacht zuging, desto weniger wurden wir, bis nur noch der harte Kern, sprich die Band und eben Kaorus Kumpel Komi, übrigblieb. Was aber auch ganz gut war, denn mit fast zwanzig Mann bei einem der Schreine aufzutauchen, um das neue Jahr zu begrüßen, wäre vermutlich nicht ganz so prickelnd gewesen. Apropos prickelnd. Was machte der Arm um meine Mitte? Ehe ich mich versah, wurde ich zurück in die Waagerechte gezogen und an den warmen Körper neben mich gedrückt. Mein Herz geriet ins Stocken – das konnte auf Dauer nicht gesund sein – während mein Hirn, trotz heftigen Pochens, auf Durchzug schaltete. Widerstandslos ließ ich es geschehen, auch als sich Toshiya im Schlaf nun wirklich an mich kuschelte. Sein langer Arm lag über meinem Oberkörper, der Kopf an meiner Schulter. Eine Gänsehaut ließ mich erschauern. Stocksteif lag ich da und blickte nichts sehend an die Decke. Wie lange ich so dalag, das Gefühl an meiner Seite genoss und vor mich hinstarrte, wusste ich nicht. Irgendwann schaltete mein Körper einfach auf Leerlauf und wurde ruhiger, sodass die Lage, in der ich mich befand, sogar richtig angenehm wurde. Warum sollte ich mich auch wehren? Als ich schließlich wieder zu mir fand, war es merklich heller im Raum geworden. Ein Blick zum Fenster verriet, dass der Sonnenaufgang nicht mehr allzu fern war. Mit klopfendem Herzen starrte ich auf den Himmel, als mir bewusst wurde, was das hieß: der erste Sonnenaufgang des Jahres. Mit einem Mal wurde ich aufgeregt. Das hatte ich eigentlich schon seit Jahren erleben wollen. Nur leider hatte meist entweder das Wetter oder meine ausgeprägte Tiefschlafphase dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber heute… heute war ich wach und die Chancen standen perfekt. Das musste etwas bedeuten. Behutsam – und mit einem kleinen Anflug von Bedauern – machte ich mich von Toshiya los. Kurz überlegte ich, ob ich ihn wecken sollte, damit wir zusammen den Sonnenaufgang betrachten konnten, entschied mich dann vorerst dagegen. Noch war die Sonne nicht da und ich brauchte nach diesem Erwachen ein paar Minuten für mich. Später konnte ich ihn allemal noch wecken. Ich kletterte etwas ungelenk über die Lehne, während ich stoisch meinen Kopf zu ignorieren versuchte, der über die überraschend sportlichen Aktivitäten alles andere als glücklich war. Ich musste Kaoru nachher nach Tabletten fragen, wobei ich wiederum auf dessen überlegenes Grinsen nach dem Motto ›Ich hab's dir doch gesagt‹ nicht sonderlich scharf war. Ja, ich weiß, dass zu viel Alkohol schädlich ist, aber hey, wozu feiern wir sonst ins neue Jahr? Es dauerte eine Weile, bis ich in dem Chaos hinter dem Sofa meinen dicken Pullover, Socken und Hose gefunden hatte. Auf Zehenspitzen schlich ich langsam Richtung Balkontür, immer darauf bedacht nicht irgendwo hineinzutreten. Ähnlich wie das Sofa war auch der Balkon nicht mehr auf dem neuesten Stand. Eigentlich verdiente er die Bezeichnung Balkon nicht einmal. Es war mehr ein erweitertes Fensterbrett mit Geländer, auf das gerade mal eine Person passte. Vielleicht noch eine zweite, wenn man etwas zusammenrückte, aber ob dann die Schiebetür noch zuging, war fraglich. Ich hoffte, die anderen Beiden waren weiterhin mit einem gesunden Schlaf gesegnet und überhörten gnädiger Weise das vorwurfsvolle Quietschen, mit dem diese einrastete. Tief durchatmend lehnte ich mich gegen die Wand und schloss für einen Moment die Augen, ehe ich nach den immer bereitstehenden Schlappen Ausschau hielt. Ein kühler Wind wehte mir um die Nase, automatisch zog ich die Schultern höher. So unangenehm das Lüftchen auch war, es weckte meine Lebensgeister. Ein breites Lächeln stahl sich mein Gesicht, während ich mich auf meinen Allerwertesten setzte und die Beine gegen die schmalen Streben des Holzgeländers lehnte. Es protestierte hörbar. Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser Bretterhaufen in sich zusammenkrachte, aber am besten nicht heute und noch besser, wenn Kaoru endlich eine neue Wohnung gefunden hatte. Schließlich wollten wir unseren Leader-Sama noch eine Weile froh und munter erleben – oder wie man seine Launen sonst für gewöhnlich bezeichnete. Mein Grinsen vertiefte sich, als ich mir eine seiner Zigaretten aus der Packung neben der Tür stibitze. Würde schon keinem auffallen. Zufrieden den Rauch inhalierend sah ich mich um. Das einzig Gute an Kaorus Bude war die Lage. Weit weg von dem Lärm der Großstadt war es momentan verdächtig still. Ganz anders als in meiner Wohnung. Die Leute, die hier in der Gegend wohnten, waren allesamt älteren Semesters. Ich konnte mich noch an die pikierten Blicke der Nachbarn erinnern, als wir hier das erste Mal zu fünft aufgekreuzt waren. Inzwischen hatten sich alle an uns gewöhnt. Ich beugte mich ein Stückchen weiter vor, um besser durch die Streben blicken zu können. Die schmale Anliegerstraße wirkte ausgestorben. Einige hundert Meter entfernt konnte ich das steinerne Torii des Schreins erkennen, den wir vor wenigen Stunden besucht hatten, ehe wir hier eingefallen waren. Der Andrang war überschaubar gewesen, es war fast so etwas wie familiäre Idylle aufgekommen. Suchend sah ich mich nach dem Aschenbecher um, bevor ich mir eine weitere Zigarette anzündete. Ich hatte das neue Jahr schon lang nicht mehr direkt in einem Schrein begrüßt, meist erst am nächsten Tag. Diesmal hatte uns Toshiya dazu gedrängt, sonst wäre es wieder nichts geworden. Und wer konnte den bettelnden Augen unseres Bassisten schon widerstehen? Da wurde selbst ein grummelnder Kyo weich, der mit Neujahrstraditionen sonst so gar nichts am Hut hatte. Grinsend erinnerte ich mich, wie Toshiya unseren Sänger in eine übermütige Umarmung gezogen hatte, als wir durch das Schreintor getreten waren. Dessen tödlicher Blick wurde gekonnt ignoriert, er war sowieso nicht von langer Dauer gewesen. Wie gesagt, wer konnte sich unserem Bassisten schon entziehen, wenn der einen so anstrahlte und mit seinem Übermut ansteckte? Ausgelassen hatten wir auf das Läuten um Mitternacht gewartet, hatten über die Pläne für das kommende Jahr diskutiert und den ein oder anderen nicht ganz ernstgemeinten Neujahrsvorsatz geäußert. Später konnte man immer noch behaupten, sich an nichts mehr zu erinnern. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt mein ab und zu auftauchendes Gefühlschaos bezüglich unseres Bassisten recht gut beiseite geschoben, doch ich hätte ahnen müssen, dass das nicht lange halten konnte. Statt weiter über irgendwelche Träume und Vorsätze zu reden, fragte er irgendwann nach Vergangenem in die Runde – ob wir noch etwas loswerden wollten, um ohne Ballast ins neue Jahr zu starten. Dass er mich in diesem Augenblick besonders intensiv angeschaut hatte, war sicher Einbildung gewesen. Ich fuhr mir unwirsch durch meine roten Strähnen und versuchte die Aufgekratztheit zurückzudrängen, die mich erneut ergriff, als ich an diesen Moment dachte. Mir war kurz das Herz stehen geblieben. Klar, es war eine einfache Frage, die zu diesem Tag dazugehörte. Doch da war dieses Gefühl, dass er sie nur mir gestellt hatte. Ahnte er was? Was die anderen geantwortet hatten, bekam ich nicht mit. Mein Hirn hatte mal wieder auf Durchzug geschaltet, während ich Toshiya hoffentlich nicht derart verschreckt angestarrt hatte, wie ich mich fühlte. Schlussendlich hatte ich vermutlich irgendeine nichtssagende Antwort von mir gegeben. Keiner war darauf eingegangen. Und so wie die Fragerunde an mir vorbeigezogen war, hatte ich auch von der eigentlichen Begrüßung des neuen Jahres und dem Gebet nicht viel mitbekommen. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander, weil ich mich nicht recht entscheiden konnte, ob die Gefühle, die ich über die letzten Monate für meinen Kollegen entwickelt hatte, wirklich ein Ballast waren oder nicht. Ich hatte das Ganze über die letzten Monate immer wieder erfolgreich verdrängt. Warum hatte mich Toshiya dann ausgerechnet gestern wieder darauf stoßen müssen? Das war unfair. Aber hätte ich was sagen sollen? Wohl kaum und sicher nicht vor den Anderen, denn deren Blicke konnte ich mir genau vorstellen. Nein, bloß nicht. Solange ich nicht selbst wusste, was ich wollte und was es für mich bedeutete, würde ich nichts sagen. Ich hoffte nur, dass mein Schweigen nicht einer Lüge gleichgesetzt wurde. Das wäre sicher kein gutes Omen. Seufzend drückte ich den Zigarettenstummel aus und langte nach der nächsten. Wenn ich so weitermachte, musste ich Kaoru eine neue Packung kaufen, denn allmählich fiel es doch auf. Ich war aber gerade einfach zu faul, hineinzugehen und meine eigenen zu holen. Er würde es mir hoffentlich verzeihen. Geistesabwesend beobachtete ich durch das Geländer ein älteres Paar, das langsam unter dem Balkon vorbei Richtung Schrein schlurfte. Die kleine Frau verschwand fast völlig in ihrem dick gefütterten Mantel, nur die weißen Haare wippten bei jedem Schritt vor sich hin. Langsam ging sie neben ihrem Begleiter die einsame Straße entlang, fest unter seinem Arm eingehakt. Hatten Toshiya und ich auch so ausgesehen, als wir den Schrein verließen? Da war mit einem Mal Toshiyas Arm um meinen gewesen. Ehe ich überhaupt hatte reagieren können, hatte er mich dicht an sich gezogen, während die anderen schon vorausgegangen waren. Auf meinen ziemlich irritierten Blick hatte er nur gegrinst und „Es ist kalt.“ in seinen Schal gemurmelt. Bei so viel Aufregung innerhalb kurzer Zeit konnte es mir da wohl keiner verübeln, dass ich aktuell dezent neben mir stand. Leise ächzend erhob ich mich von dem unbequemen Untergrund. Allmählich wurde es doch etwas kalt. Immerhin war Januar und mein Pullover definitiv nicht für lange Sitzeinlagen im Freien gedacht. Kaoru würde mich köpfen, wenn ich deshalb krank werden würde. Die Sonne stand mittlerweile hoch genug, um ihre ersten, goldenen Sonnenstrahlen in den Fenstern der gegenüberliegenden Häuser spiegeln zu lassen. Nicht mehr lange. Vielleicht sollte ich doch mal nach den anderen sehen. Nicht, dass sie mir böse waren, wenn ich sie schlafen ließ. Keine Ahnung, wie Kaoru zu dieser Neujahrstradition stand, aber Toshiya wäre sicher enttäuscht, so wie ich ihn einschätzte. Schließlich hatte er uns auch zum traditionellen Soba-Essen gedrängt, abgesehen vom späteren Schreinbesuch. Er mochte sowas. Noch bevor ich zur Tat schreiten konnte, quietschte es laut hinter mir und die Schiebetüre wurde geöffnet. Bei meinem erschrockenen Schritt zur Seite stieß ich mir schmerzhaft die Hüfte, noch bevor ich mich zu dem neuen Balkongast umdrehen konnte. Toshiya. Wer sonst. Fest in eine Decke eingemummelt, stand er im Türrahmen und blinzelte zerzaust und aus kleinen Augen in die morgendliche Helligkeit. Der Anblick war so überraschend und auf seine Art und Weise niedlich, dass ich vermutlich ziemlich grenzdebil grinste, während in meinem Magen ein kleiner Schwarm Schmetterlinge zum Leben erwachte. Das leise „Guten Morgen“, das meine Lippen verließ, klang etwas heiserer als beabsichtigt, aber wen interessierte das schon? Toshiya schenkte mir ein müdes Lächeln, dann zwängte er sich zu mir auf den Balkon, der, wie ich es mir schon gedacht hatte, eindeutig zu eng für zwei erwachsene Männer und eine dicke Decke war. Das sah Toshiya wohl anders, denn anstatt etwas zu sagen oder wieder hineinzugehen, drängte er sich dichter an mich und schob die Tür hinter uns zu. „Guten Morgen, Die.“ Er musterte mich mit einem Schmunzeln auf den Lippen, was mich in innere Unruhe versetzte. Nur mit Mühe schaffte ich es, nicht wegzusehen. „Sag mal, wolltest du dir den Sonnenaufgang alleine anschauen?“ Sein Mund verzog sich zu einem leichten Schmollen, während er mich keine Sekunde aus den Augen ließ. „Nein, nein, ich wollte dich eben wecken gehen.“ „Na okay, ich glaube dir.“ Und da war es wieder, dieses Schmunzeln. „Wie lange stehst du schon hier?“ „Weiß nicht. Wie spät ist es?“ „Kurz nach sieben. Eigentlich müsste gleich die Sonne zu sehen sein.“ Endlich entließen mich die dunklen Augen, als er in die Ferne sah und ich konnte versuchen, mich zu beruhigen und ihn nicht wie ein Kaninchen die Schlange anzustarren. Unauffällig räusperte ich mich, ehe ich seinem Blick folgte und tatsächlich – die ersten Strahlen lugten direkt hinter den Dächern hervor. Das Lächeln erschien ganz von alleine auf meinen Lippen. Beinahe hätte ich sogar den Atem angehalten. Blinzelnd betrachtete ich das Geschehen. Die Gedanken, die mich vorher noch in Aufregung versetzt hatten, schwiegen, während wir dabei zusahen, wie sich die Sonne Stück für Stück empor schob. Es war atemberaubend schön. Nicht, dass ich nie einen schöneren Sonnenaufgang gesehen hatte. Es war vielmehr die Bedeutung dahinter. Der erste Sonnenaufgang des Jahres. Alles begann von vorne, alles schien möglich sein. Natürlich war das übertrieben, aber gegen dieses Gefühl des Neubeginns konnte ich mich nicht wehren. Nur am Rande spürte ich, wie Toshiya einen Arm um meine Mitte schlang und mich mit seiner Decke in einen wohltuend kribbelnden Kokon aus Wärme hüllte. „Es ist kalt.“ Die Worte so dicht an meinem Ohr ließen mich erschauern, während ich mich bewusst weiter auf die Sonne und meine Atmung konzentrierte. Hatte er das gestern Abend nicht ebenso behauptet? Jetzt, da ich von diesem warmen Kokon umgeben war, spürte ich erst, wie kalt mir tatsächlich gewesen war. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl von innen heraus zu glühen. „Ich bin froh, dass wir uns das zusammen anschauen können.“ In diesem Moment entschied ich mich, das Chaos in mir endgültig ruhen zu lassen und endlich anzufangen, den Moment zu genießen. Hier standen wir, dicht an dicht, auf Kaorus baufälligem Balkon, beobachteten, wie die Sonne das neue Jahr gebührend begrüßte. Da war kein Platz, alles zu zerdenken und sich selbst aus der Bahn zu werfen. Lächelnd legte ich einen Arm um Toshiyas Schulter. Was er murmelte, verstand ich nicht, aber es war auch egal, denn ich war gerade einfach nur glücklich. Eine ganze Weile standen wir so da, in traute Stille gehüllt und hingen jeder seinen Gedanken nach. Es war Toshiya, der sich schließlich von mir löste. Etwas umständlich sah er sich um. „Was suchst du?“ „Waren hier nicht mal Zigaretten? Könnte gerade eine vertragen.“ Grinsend hielt ich ihm Kaorus halbleere Packung hin, ehe ich mir selbst noch eine daraus stibitzte. Ich würde ihm jetzt wirklich eine neue kaufen, aber das war es wert. Solch eine entspannte Zweisamkeit würde ich mit Toshiya vermutlich nicht mehr so schnell erleben – dafür mussten eben ein paar Zigaretten geopfert werden. Und ich würde ohne Zögern gleich mehrere Packungen dafür opfern. „Übrigens dachte ich, du wärst gegangen“, nuschelte ich in den ersten Atemzug. Etwas Besseres fiel mir nicht ein. Fragend sah mich Toshiya an, so ergänzte ich: „Heute Morgen. Ich dachte, du wolltest auch nach Hause gehen. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie du ...ähm… mit aufs Sofa gekommen bist.“ Ein verschmitztes Grinsen erschien auf Toshiyas Gesicht. „Ach so. Ja, das wollte ich auch, aber du hast mich nicht gelassen.“ Nun war ich es, der fragend aus der Wäsche schaute, wobei mir schon Übles schwante. Wurde das Grinsen etwa noch breiter? „Sagen wir so: Du warst dezent betrunken und hast dich, bevor du ganz eingeschlafen bist, an meinen Arm geklammert und gemeint, du willst nicht alleine schlafen. Wie hätte ich da nein sagen sollen, wenn ich so lieb gefragt werde?“ Er lachte leise, während ich spürte, wie meine Wangen warm wurden. „Ich musste dich sogar aus deinen Klamotten befreien, weil du nichts mehr mitbekommen hast.“ Beschämt starrte ich auf das glühende Ende meiner Zigarette. „Sorry, ich war -“ Ich brach ab, wusste nicht, was ich sagen sollte. „Ach, alles gut. Jeder von uns war doch schon einmal nicht mehr allzu nüchtern, oder nicht?“ Er zwinkerte vielsagend und ich konnte nur stumm nicken. Es stimmte, nur war meist Toshiya derjenige mit dem höheren Pegel. „Außerdem fand ich die Nacht ganz schön... so auf Kaorus hundert Jahre altem Sofa. Mit dir.“ Wollte er das mein Kopf zu einer Tomate mutierte? Verunsichert sah ich ihn an. Ich wagte es nicht, in die Worte irgendwelche Hoffnungen zu setzen. Am Ende zog er mich bloß auf, weil ich mehr getrunken hatte als er und es diesmal anscheinend nicht so gut weggesteckt hatte. Doch Toshiya sah mich nur lächelnd an, der Blick so sanft, dass ich schlucken musste. „Die, denk nicht immer so viel. Ich meine es so, wie ich es sage.“ Aus Mangel an einer sinnvollen Entgegnung nickte ich stumm und zog an der Zigarette. In meinem Hirn herrschte Leere und obwohl ich mich fühlte wie der letzte Trottel, war keine Spur von Unwohlsein aufgrund von der ungewohnten Nähe in mir. Ich wusste einfach nur nichts mit mir und der Situation anzufangen. „Hast du heute noch was vor?“ Die Worte waren so leise, dass ich nicht sicher war, ob ich sie mir eingebildet hatte. So sah ich fragend auf, doch Toshiya blickte an mir vorbei in die Ferne. Schwache Rauchschwaden verließen seinen Mund. Als ich nicht antwortete, suchte sein Blick meinen. „Die?“ „Entschuldige. War mir nicht sicher, ob ich mich verhört hatte.“ Grinsend schüttelte er den Kopf und steckte mich unwillkürlich damit an. „Nein. Also?“ „Du meinst, nachdem uns Kaoru zum Aufräumen verdonnert hat? Vermutlich nach Hause gehen und noch eine Runde schlafen. Die Nacht war definitiv zu kurz“, ergänzte ich wahrheitsgemäß. „Mhmm…“ Mehr sagte er nicht. Stattdessen biss er sich auf die Unterlippe und blickte schweigend auf das glimmende Ende seiner Zigarette, weshalb ich mich dazu hinreißen ließ, nachzuhaken. „Und du? Wieso fragst du?“ Erst hatte ich die Befürchtung, dass die Zigarette weiterhin interessanter blieb als ich, doch dann sah er auf. „Nur so. Eigentlich…“ Er seufzte kurz. „Eigentlich will ich noch nicht nach Hause.“ Wieder lachte er, nur wirkte es diesmal auf eine seltsame Weise unsicher. Mit den Fingern strich er sich ein paar verirrte Haarsträhnen aus der Stirn. „Es fühlt sich so falsch an, wenn ich daran denke, nachher in meine Wohnung zu gehen, nachdem wir gestern so einen tollen Abend hatten und auch jetzt... ich finde das gerade echt schön. Zu Hause wartet niemand auf mich, dort ist es so still.“ Vielleicht war es das Herzklopfen, das seine Worte auslösten, vielleicht auch die allgemeine Unzurechnungsfähigkeit aufgrund seiner Nähe und dem Restalkohol – jedenfalls war mein Mund schneller als mein Kopf. „Möchtest du mit zu mir?“ Bevor ich überhaupt dazukam, über mein zu schnelles Mundwerk zu fluchen, strahlte Toshiya mich an. „Oh, darf ich?“ „Ähm…“ Eine Antwort wurde mir erspart. Stattdessen fand ich mich in einer Umarmung wieder, die mir kurzzeitig die Luft abschnürte und mein Herz endgültig ins Stolpern brachte. „Ich gestehe, ich hatte insgeheim darauf gehofft.“ Die weiche, leise Stimme an meinem Ohr schickte mir einen Schauer über den Rücken, während ich vorsichtig die Umarmung erwiderte. „Weißt du, Die. So wie du, wollte ich heute Nacht auch nicht alleine sein. Deshalb war ich sehr froh, dass du mich aufgehalten hast.“ Er löste sich ein kleines Stück, die dunklen Augen zogen mich abermals in ihren Bann. „Ich möchte einfach den ersten Tag des Jahres mit Menschen verbringen, die mir wichtig sind und mir etwas bedeuten. Dem Menschen...“ Ich spürte Toshiyas Stimme mehr auf meiner Haut, als dass ich sie wirklich hörte. „Mit dir...“ Zum ersten Mal fragte ich mich nicht, ob ich wirklich hoffen durfte. Ende? Kapitel 2: 2 ------------ Winterluft Ich spürte seine dunklen Augen auf mir ruhen. Als würden sie jedes Detail in sich aufsaugen wollen. Obwohl warmes Wasser über meinen Körper floss, konnte ich nicht verhindern, dass eine dicke Gänsehaut meinen Rücken hinauf krabbelte und ein wohlbekanntes Prickeln hinterließ. Ich schloss die Augen, versuchte einen Moment lang zu vergessen, dass ich beobachtet wurde, doch es funktionierte nicht. Seine Präsenz war einfach zu einnehmend und diese Blicke… Langsam drehte ich mich um. Heißer Dampf waberte durch das kleine Badezimmer, zeichnete alle Konturen weich. Das Wasser perlte an den transparenten Glasscheiben der Duschkabine ab. Und da stand er. Lässig im Türrahmen lehnend, ein Lächeln auf den vollen Lippen, während er mich fest ansah und damit meinen Puls in die Höhe trieb. So wie er dort stand… Ich wollte nicht mehr warten. Einen Tag zuvor „Kannst du jetzt mal damit aufhören?“ „Hm?“ Irritiert riss ich den Blick von der vorbeirasenden Landschaft los und sah zu Kyo, der mich mit verkniffener Miene und verschränkten Armen anstarrte. Der Gameboy, mit dem er sich in der letzten halben Stunde beschäftigt hatte, lag ausgeschaltet auf seinem Schoß. „Wenn du so weitermachst, setze ich mich zu Kaoru rüber.“ Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie der helle Haarschopf unseres Leaders auf der anderen Seite des schmalen Durchgangs nach oben zuckte. Ich ignorierte ihn, blickte dafür Kyo stirnrunzelnd an. „Ich mach‘ doch gar nichts.“ Machte ich wirklich nicht. Schließlich hatte ich, seitdem der Zug vor einer Stunde von Osaka aus Richtung Yokohama losgefahren war, größtenteils schweigend auf meinem Platz gesessen und versucht die immer stärker werdende Nervosität in mir durch gedankenloses Aus-dem-Fenster-Starren in den Griff zu bekommen. „Dein Rumgezappel nervt. Da kann sich ja kein Mensch konzentrieren. Ständig knackst du mit den Fingern oder schlägst alle 30 Sekunden die Beine neu übereinander. Kannst du dich mal entscheiden, wie du sitzen willst?“ Ein leises, wohlbekanntes Lachen drang an mein Ohr. Unwillkürlich wurden meine Wangen warm. Kurz schielte ich zu dem Vierer-Platz neben uns, den sich Toshiya und Kaoru großzügig teilten, während Shinya, Kyo und ich uns mit weniger Beinfreiheit begnügen mussten. Die Sitzreihen vor und hinter uns waren von Crewmitgliedern besetzt, glücklicherweise hatten wir einen Großteil des Waggons für uns alleine. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass jeder Kyos Gemecker lauschte und ich damit unfreiwillig ins Rampenlicht gezogen wurde. Und um das Ganze noch etwas unangenehmer zu gestalten, fing ich Toshiyas vielsagendes Grinsen auf, das mich mal wieder völlig aus dem Konzept brachte und Kyos Worte in den Hintergrund rücken ließ. Da war es: dieses unverkennbare Kribbeln in meinem Magen, das sich wie ein Schwarm Bienen in meinem Körper ausbreitete. Nicht, dass ich dieses Gefühl für gewöhnlich nicht genoss, nur führte es dazu, dass ich in der Gegenwart unseres Bassisten jedes Mal unruhig wurde. Es war zum Verrücktwerden. Seit Tagen benahm ich mich wie ein unreifer Teenager. Um genauer zu sein, seit dem Neujahrsmorgen, an dem Toshiya mir zu verstehen gegeben hatte, dass die Gefühle, die ich bereits monatelang mit mir herumtrug, durchaus auf Gegenseitigkeit beruhten. Und nun stand ich seit zwei Wochen völlig unter Strom. Wenig überraschend, wenn ich bedachte, dass die Träume und Wünsche, die mich seit letzten August immerzu begleitet und die ich bisher einigermaßen gut verdrängt hatte, jetzt in den Bereich des Möglichen gerutscht waren. Etwas, das mich in frohe Erwartung versetzte und gleichzeitig auch in absolute Nervosität. Was, wenn wir es irgendwie versauten, unsere Gefühle nicht über eine gewisse Anziehung hinaus reichten oder wir generell eine grundlegend andere Vorstellung davon hatten, wie unsere Beziehung zueinander geartet war? Wir waren Bandkollegen und im Zweifelsfall musste es ja auch „danach“ irgendwie weitergehen. Unauffällig holte ich tief Luft, um die unnötigen Gedanken loszuwerden. Unnötig, weil mir Toshiya in den letzten Tagen immer wieder zu verstehen gegeben hatte, dass ich nicht alles zerdenken und es einfach auf mich zukommen lassen sollte. Einfacher gesagt als getan, mein Hirn hatte stets ein Eigenleben. Toshiyas Blick brannte regelrecht auf meiner Haut, sodass ich mich dem nicht entziehen konnte. Aus den Augenwinkeln schielte ich wenig unauffällig in seine Richtung, was sein Grinsen noch eine Spur breiter werden ließ. Oh Mann, dieser Kerl machte mich fertig. Besonders, wenn er die Augenbraue so nach oben zog, wie er es jetzt gerade tat. Der ahnte doch, was in mir vorging. Aber was erwartete er auch, wenn er mir vorhin am Bahnhof in einem unbeobachteten Moment leise, aber unmissverständlich ins Ohr raunte, dass es in Yokohama Doppelzimmer gab und er uns direkt eins beim Manager reserviert hatte. Wie sollte ich denn da bitte nicht nervös werden? Und verdammt, wir hatten heute ein Konzert zu spielen. Das konnte ja was werden. Ich spürte noch immer seinen warmen Atem auf meiner Haut. Es war eindeutig, worauf diese Nacht hinauslief, schließlich war aufgrund all der Proben und Meetings für das heutige Abschlusskonzert weder Zeit noch Energie für anderes als flüchtige Berührungen und verstohlene Küsse geblieben. Doch mit jedem weiteren verstrichenen Tag stieg die Sehnsucht nach mehr. Ich wollte nicht mehr warten! Ich wollte Toshiya. Ganz und gar. Und so wie ich seinen Blick deutete, wollte er mich ebenso. Ein schiefes Grinsen schlich sich auf meine Lippen, als ich ihm einen vielsagenden Blick zuwarf, ehe ich mich wieder dem Fenster zuwandte und mit wippendem Fuß unserer Ankunft entgegenfieberte. * Ich keuchte überrascht auf, als ich mich gegen die harte Wand gedrückt wiederfand, noch ehe die Zimmertür hinter uns vollends ins Schloss gefallen war. Im Nachhinein konnte ich gar nicht mehr genau sagen, wie wir es unbeschadet bis zum Hotelzimmer geschafft hatten. Das Adrenalin des Konzerts und die erwartungsvolle Freude auf das Kommende rauschte durch meine Adern und ließ alles andere ineinander verschwimmen. Toshiyas Hände, die bereits im Fahrstuhl auf Wanderschaft gegangen waren, waren das Einzige, was ich wahrgenommen hatte, und sein Grinsen, das so viel versprach und mein Herz aufgeregt stolpern ließ. Die Gedanken, die mich in den letzten Stunden und Tagen immer wieder kurzzeitig hatten zweifeln lassen, waren verstummt und ließen nur eine angenehme Leere zurück. Schneller als ich denken konnte, war ich meine Jacke los. Sie landete irgendwo neben uns auf dem Boden. Fest pressten sich volle Lippen auf meine, sein Körper drängte sich an mich und nahm mir die Bewegungsfreiheit. Seine vorwitzigen Hände fanden zielstrebig den Weg unter mein Shirt und den Hosenbund und ließen mich scharf die Luft einziehen. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, während ich mit fahrigen Fingern über seine schmalen Schultern strich, im Versuch, irgendwo Halt zu finden und ihn gleichzeitig ebenfalls von seiner Jacke zu befreien. Toshiya war wie eine Naturgewalt, die über mich hereinbrach, ich konnte ihm nichts entgegensetzen. Schon den ganzen Abend über war er um mich herumgeschlichen, hatte mich wie zufällig berührt und damit schon so sehr angeheizt, dass ich nicht anders konnte, als dem Ende des Konzertes entgegenzufiebern. Die anderen hatten wir einfach stehen lassen, glücklicherweise hatten wir ein Hotel unmittelbar an der Halle. Es war mir egal, was sie dachten, jetzt wollte ich nur noch ihn. Schwer atmend, löste sich Toshiya von mir. Seine Mundwinkel zuckten, während er den Blick langsam über mein Gesicht streichen ließ und schlussendlich an meinen Lippen hängen blieb. „Was ich noch sagen wollte: endlich.“ Meine Augenbraue zuckte fragend nach oben, da raubte er mir bereits einen weiteren Kuss. „Ausnahmsweise muss ich gestehen, dass mir das Konzert echt zu lang war“, grinste er mich schelmisch an, die Lippen herrlich rot. „Dass es dir nicht schnell genug ging, habe ich gemerkt“, neckte ich ihn. Er lachte und zuckte lässig mit den Schultern. „Ich finde, das hier hat generell schon viel zu lange gedauert.“ Ehe ich ihm zustimmen konnte, spürte ich seine Lippen ein weiteres Mal auf meinen, während seine Hände unter dem Shirt aufreizend über meine Seiten strich. Sie wanderten dabei immer tiefer, bis sie am Bund meiner Shorts stoppten, die jetzt schon tiefer saß, als sie es eigentlich sollte. Wenigstens war ich nicht der Einzige, der es nicht erwarten konnte. Dennoch löste ich mich kurz darauf von ihm, wenn auch ungern, und versuchte ihn sogar etwas auf Abstand zu schieben. Was mir allerdings mehr schlecht als recht gelang. „Toshiya, wollen wir nicht erstmal duschen gehen?“ Das Shirt vom Konzert klebte mir immer noch unangenehm am Rücken. Wie auch alles andere. „Bin völlig verschwitzt.“ „Hm, mich stört es nicht.“ Seine Lippen tasteten sanft über meinen Hals, kratzten leicht über den Kehlkopf und lösten weitere Schauer aus. Nur mit Mühe unterdrückte ich ein Stöhnen. Er machte es mir aber auch verdammt schwer, nicht von meinem Plan abzukommen. „Toshiya… bitte. Mich stört es aber.“ Anscheinend hatte ich es irgendwie geschafft, genug Nachdruck in meiner Stimme zu legen, dass er schließlich widerwillig von mir abließ und einen Schritt zurücktrat. Die plötzliche Kälte ließ mich erschauern. „Na gut. Wenn du mich unbedingt noch wohlduftender haben möchtest, dann meinetwegen gern“, grinste er frech und nahm mir damit die Befürchtung, den Augenblick versaut zu haben. Er klaute sich einen letzten Kuss, ehe er weiterhin grinsend auf die Badezimmertür zusteuerte und mich mit weichen Knien zurückließ. Oh Mann… Ein leises Klacken ertönte, als Toshiya gleich darauf seufzend wieder aus dem Bad kam und mich unschlüssig ansah. „Ich fürchte, Die, wir müssen getrennt duschen. Mehr als einer passt nicht in die Duschkabine. Möchtest du zuerst oder soll ich?“ „Geh du zuerst.“ So hatte ich wenigstens Zeit, etwas abzukühlen. Während Toshiya unter die Dusche verschwand, ließ ich mich tief durchatmend auf das breite Bett, das den Raum fast komplett einnahm, fallen. Shit, passierte das hier gerade wirklich? Ich musste aufpassen, dass das grenzdebiles Grinsen nicht in meinem Gesicht festwuchs. Für einen Moment schloss ich die Augen und legte einen Arm darüber. Das Wasser im Nachbarraum rauschte. Sollten wir wirklich? Vermutlich würde Toshiya sagen: „Ja, verdammt! Zerdenke nicht alles.“ Je länger ich hier lag, desto mehr spürte ich die Aufregung und Unsicherheit zurückkommen, während gleichzeitig das Verlangen nach ihm immer größer wurde. Allein die Vorstellung, wie er gerade unter der Dusche stand, das Wasser über seinen Körper perlte… Mir wurde warm. Mehr als warm. So merkte ich nicht, wie das Rauschen wenige Minuten später verebbte und hörte auch nicht, wie bloße Füße über den weichen Teppichboden liefen, um schlussendlich unmittelbar vor dem Bett stehenzubleiben. Erst eine kühle Hand, die sich unter mein dünnes Shirt schlich, ließ mich auffahren. Mein Mund wurde trocken. Deutlich vernehmbar sog ich die Luft zwischen den Zähnen ein. Oh. Wie er halb über mir auf dem Bett kniete... Nackt. Sein Blick lag vielsagend auf mir, während seine Mundwinkel unübersehbar zuckten. Ich konnte nicht anders als ihn anzustarren. Abgetrocknet hatte er sich nur nachlässig, einige Wassertropfen rannen über seine Brust und ich war kurz versucht, ihnen mit den Fingern zu folgen. „So wie du mich gerade anschaust, hab ich das Gefühl, du willst die Dusche sausen lassen und sofort über mich herfallen.“ Grinsend ließ er seine Hand tiefer streichen und berührte dabei wie zufällig meinen Schritt. Ich zuckte merklich zusammen. Wem wollte ich was vormachen? Natürlich machte mich Toshiyas Anblick an. Wie oft hatte ich mir in den letzten Monaten ausgemalt, ihn genau so vor mir zu haben, nur um gleich darauf den Gedanken wieder verschämt in den hintersten Teil meines Hirns zu verstecken und mich selbst einen Narren zu schimpfen? Konnte ja keiner ahnen, dass Toshiya selbst dem Ganzen nicht abgeneigt war. Schweren Herzens und mit deutlicher Spannung in der Hose richtete ich mich auf, doch statt zuzulassen, dass Toshiya mir Platz machte, schob ich eine Hand in seinen Nacken, zog ihn zu mir, um noch ein wenig diese verführerischen Lippen zu kosten. * Irgendwie und mit so einigen Unterbrechungen hatte ich es dann doch noch unter die Dusche geschafft. Und nun stand ich hier, spürte überdeutlich Toshiyas Blicke im Rücken, die nicht wirklich dabei halfen, dass das wohlbekannte Ziehen in meinen Lenden weniger wurde. Im Gegenteil. Nur ein paar Minuten des Alleinseins hatte er mir gegönnt. Langsam drehte ich mich um. Ich wusste, dass er jede meiner Bewegungen verfolgte. Noch einmal tief durchatmend, trat ich aus der Duschkabine. Die Suche nach einem Handtuch konnte ich mir sparen, das hielt Toshiya bereits lässig in der Hand. So blieb ich mitten im Raum stehen und wartete darauf, dass er den nächsten Schritt machte, der nicht lange auf sich warten ließ. Lächelnd trat er auf mich zu, sein Blick glitt geradezu andächtig über mich, verweilte dabei deutlich länger auf meiner Mitte, was diese freudig zuckend zur Kenntnis nahm. Seine allerdings ebenso, wie ich schmunzelnd feststellte. „Darf ich?“ Milde überrascht sah ich auf. Das Handtuch schwebte fragend zwischen uns, ich nickte einfachheitshalber. Hauchzart strich der weiche Baumwollstoff über meinen Oberkörper, nahm die Tropfen mit sich und hinterließ dafür eine nicht zu übersehbare Gänsehaut. Meine Haare wurden nur flüchtig abgetrocknet, dann wanderte das Tuch bereits tiefer und ließ mich scharf die Luft einziehen. „Ich mag es, dass du nicht schamhaft bist“, raunte es mir von unten zu. Nur mit Mühe öffnete ich meine Augen wieder, die ich reflexartig geschlossen hatte. Hätte ich es mal lieber gelassen, denn der Anblick, wie Toshiya unmittelbar vor mir hockte und geradezu andächtig mit dem Handtuch über die Innenseiten meiner Schenkel fuhr, ließ mich aufstöhnen. „Ja… es hätte bei dir eh nicht viel gebracht.“ Der warme Hauch eines Lachens streifte die Haut meiner Hüfte und entlockte mir ein Keuchen. Ich war noch nie so intensiv abgetrocknet worden. Als er schließlich fertig war, stand ich, nach Luft ringend, mitten im Raum, vollständig erregt und fragte mich entsetzt, wie ich diese Nacht überleben sollte, wenn das so weiterging. Langsam und breit grinsend erhob sich Toshiya aus der Hocke und blieb dicht an mich gelehnt stehen. Diese Nähe und die Wärme seiner Haut machten mich wahnsinnig. Sanft streiften seine Lippen meinen Mund. „Die…“ „Hm.“ „Du weißt, worauf das hinausläuft, ja?“ Irritiert blinzelte ich ihn an. „Ja, sicher.“ „Gut, ich wollte es nur noch einmal klar sagen, nicht, dass es Missverständnisse gibt.“ Was denn für Missverständnisse? Wir standen hier beide im viel zu kleinen Badezimmer eines Hotelzimmers, er hatte mich bereits dort berührt, wo ich bis vor kurzem kaum gewagt hatte zu träumen, ihn dort jemals zu spüren und waren offensichtlich ziemlich geil aufeinander. Und da sollten noch Missverständnisse aufkommen? „Die, ich will dich. Mit allem, was dazugehört, okay? Und wenn du -“ Weiter kam er nicht, denn ich schnitt ihm kurzerhand das Wort ab, indem ich seinen Mund nun meinerseits eroberte, allerdings weniger sanft als er zuvor. Gott, ich wollte diesen Kerl. Ich keuchte in den Kuss, als sich seine Arme um meinen Hals schlangen und er sich noch fester gegen mich drückte. Erst als die Luft knapp wurde, lösten wir uns. „Gut“, grinste er gegen meine Lippen. „Ich sehe, wir verstehen uns.“ Ich lachte auf. „Hattest du etwa noch Zweifel?“ „Nein, ich nicht.“ Lächelnd strich er mir einige Haare aus dem Gesicht, ehe er mich kurz intensiv musterte. Ungeduldig wartete ich auf den nächsten Schritt, ließ unterdessen meine Hände fahrig über seine Hüfte wandern. Plötzlich bekam sein Lächeln etwas Schelmisches. „Übrigens...“ „Hm?“ Fragend sah ich ihn an, als er nicht weitersprach, doch da drängte er mich bereits an den Waschtisch, der neben der Dusche und damit gegenüber der Tür stand. „Hast du gemerkt, dass hinter der Tür ein großer Spiegel angebracht ist?“ Mein Puls machte einen Satz, während Toshiya sich umdrehte und die Tür ins Schloss zog. „Ähm, nein?“ Die Temperatur im Raum schien schlagartig zu steigen, als er bedächtig auf mich zukam und ich im Spiegel gleichzeitig seine hübsche, unverdeckte Kehrseite bewundern konnte. „Und noch etwas.“ Das fragende „Ja“, das meine Lippen verließ, klang eindeutig heiser, aber wie sollte es auch anders sein, wenn sich dieser verführerische Kerl unmittelbar vor mir befand und seine Finger nicht von mir lassen konnte. „Bist du safe?“ „Ja.“ „Gut, ich auch.“ Konnte sein Grinsen noch breiter werden? „Denn ich würde dir unheimlich gern einen blasen.“ Mehr als ein sprachloses Nicken bedurfte es nicht, damit sich Toshiya vor mir auf die Knie sinken ließ. Himmel, er wollte wirklich –? Instinktiv stellte ich die Beine weiter auseinander, um einen besseren Halt zu finden, während sich die glatte Steinkante des Waschtisches in meine Arschbacken presste. Mit klopfenden Herzen beobachtete ich ihn dabei, wie er mit seinen schlanken Fingern bedächtig von unten über die Innenseiten meiner Oberschenkel fuhr, dem Ziel immer näher kam. Nur um dann wieder nach unten zu wandern. Diese Prozedur wiederholte sich einige Male, setzte mein Denken beinahe völlig außer Kraft. Als ich schon dachte, ich würde vor Ungeduld vergehen, war er plötzlich dort, wo ich ihn so sehr ersehnte. Ungehalten stöhnte ich auf, als sich die vollen Lippen um meinen Schwanz stülpten. So warm und feucht. Ein Zittern erfasste meinen Körper. Beinahe quälend langsam wanderten sie immer wieder meinen Schaft entlang, nahmen ihn mal fast vollständig in sich auf, mal nur die Spitze. Auch seine Zunge machte mich wahnsinnig, besonders wenn sie provokant in die kleine Öffnung stippte. Mühsam krallte ich mich an der Kante fest, um nicht in seine Haare zu greifen und unkontrolliert in ihn zu stoßen. Schließlich wollte ich es länger genießen. Seine Zunge strich über meinen Schwanz, fuhr die Adern entlang, während eine Hand meine Eier massierte. Die ersten Tropfen, die an der Spitze hervortraten, wurden sofort weggeleckt. Es war geil. Und noch geiler war der Anblick, den er im Spiegel bot. Wie er vor mir kniete. Wie seine Rückenmuskulatur arbeitete, während er mich immer wieder tief in sich aufnahm und ich dennoch keine Details erkennen konnte, außer seinen gezielten Bewegungen. Dafür reichte das Gefühl um meinen Schwanz, um mich beinahe fliegen zu lassen. Kurz bevor ich kam, löste er sich von mir und sah mich von unten spitzbübisch grinsend an. „Wenn du mir verspricht, sofort wieder einsatzbereit zu sein, lasse ich dich kommen.“ Ein frustriertes, wie auch belustigtes Stöhnen entkam mir, als ich mich heftig atmend gegen den Waschtisch lehnte. Ernsthaft? „Ich…“ Erneut suchte ich nach Atem. „Ich bin mir zwar sicher, schnell wieder einsatzbereit zu sein, aber wir können das gerne auch auf später verschieben.“ Woher ich die Gehirnkapazität und Kraft für so eine Aussage nahm, war mir schleierhaft, aber Toshiya belohnte sie mit einem langen Kuss, ehe er mich grinsend aus dem Bad führte und mich vor dem Bett stehen ließ. In wenigen Schritten war er beim Lichtschalter neben dem Kopfende und wechselte von der grellen Deckenbeleuchtung, die einen meistens in den Hotelzimmern automatisch begrüßte, zu leicht gedimmter. Doch hatte ich gedacht, er wäre sofort zurück bei mir, so hatte ich mich getäuscht. Mit einem Ruck zog er die schweren Vorhänge vor dem Fenster zur Seite. Jetzt war es das erste Mal, seit wir dieses Zimmer betreten hatten, wo ich das Bedürfnis hatte, meine Blöße zu bedecken. Nur gut, dass wir in einem der obersten Stockwerke waren und sich gegenüber kein weiteres, hohes Gebäude befand. Meine Gedanken mussten mir deutlich ins Gesicht geschrieben sein, denn Toshiya grinste mich nur vielsagend über die Schulter hinweg an, ehe er das Fenster kippte und die kühle Nachtluft hineinströmen ließ. „Ich mag frische Luft.“ Dicht vor mir blieb er stehen, augenblicklich gingen seine Hände erneut auf Wanderung. Er beugte sich zu meinem Ohr, hauchzart strichen seine Lippen über die empfindliche Haut darunter. „Ich mag es, wenn der Wind sanft über mich streicht, wie eine Feder, die heiße und verschwitzte Haut kühlt, während wir uns aneinanderpressen und ich gleichzeitig weiß, dass andere mir bei meinem Tun zuhören könnten. Das hat einen besonderen Reiz, findest du nicht auch?“ Wie sollte ich da „Nein“ sagen, wenn er mich auf diese Weise ansah, mit halb geschlossenen Augen und diesem verführerischen Schmunzeln auf den Lippen? Seine Worte geisterten durch mein Hirn, malten Bilder, die so lebendig waren, dass ich sie am liebsten sofort in der Realität umgesetzt hätte. „Ah ja, so einer bist du also.“ „Ja, so einer bin ich.“ „Das heißt, wir müssen leise sein?“ „Nicht unbedingt.“ Ich zog ihn enger an mich, musterte ihn einige Sekunden kalkulierend, ehe ich gegen seine Lippen raunte: „Na ja. Soweit ich weiß, hat Kaoru das Zimmer neben uns und der schläft gerne mit offenem Fenster, egal zu welcher Jahreszeit. Und wie ungenießbar er ist, wenn er unausgeschlafen ist, wissen wir beide.“ Toshiyas Lachen perlte gegen meine Lippen. „Na, dann sollten wir wohl besser leise sein.“ * Dass wir es nicht sein würden, war mir auch vorher klar gewesen, besonders da ich mir nicht vorstellen konnte, dass Toshiya überhaupt versuchte, leise zu sein. Er provozierte eindeutig zu gern. Keuchend bog er sich mir entgegen, während meine Lippen über seinen Körper wanderten und keinen Zentimeter ausließen. Er genoss es – und wie er es genoss. Fester packte ich seine Hüfte, um ihn zurück auf die weiche Matratze zu drücken. Seine Augen waren geschlossen, sein Atem ging stoßweise. Er war so schön. Selten hatte ich mit jemandem die Nacht verbracht, der sich so völlig frei und ungefiltert in meine Berührungen fallen ließ wie Toshiya. Dass es meinem Selbstbewusstsein keinen Aufschwung versetzte, wäre glatt gelogen. Ich liebte es, wie er die Luft durch die Nase ausstieß, wenn ich über seine Nippel leckte oder stöhnte, wenn ich wie zufällig unsere Körpermitten aneinander reiben ließ. Anfangs hatte ich versucht, die Geräusche mit meinen Lippen zu ersticken, doch ich hatte schnell gemerkt, dass ich es selbst viel geiler fand, ihn so zu hören. Scheiß auf die anderen oder Kaoru. Sollte er doch einfach mal das Ohropax benutzen, dass er schon seit Ewigkeiten in seinem Koffer spazieren trug. „Die“, keuchte Toshiya und krallte sich in meine Haare, als ich bedächtig tiefer wanderte. „Mach endlich.“ Obwohl der Griff in meinen Haaren stärker wurde und auf meiner Kopfhaut ziepte, konnte ich ein Grinsen nicht unterdrücken und wurde sogar noch langsamer auf meinem Weg nach unten. „Immer mit der Ruhe.“ Sagte der, dessen Schwanz hart, fast schon schmerzhaft über das Bettlaken rieb. Toshiya sah das wohl ähnlich, denn mit einem Ruck zog er mich zu sich nach oben und sah mich aus funkelnden und leicht zusammengekniffenen Augen vielsagend an. Meine Knie wurden noch eine Spur weicher, auch wenn ich versuchte, mir nichts anmerken zulassen und sogar ein schelmisches Grinsen auf mein Gesicht zauberte. „Du sollst mich nicht ärgern.“ „Auf den Gedanken würde ich niemals kommen.“ Stürmisch zog er mich zu einem Kuss heran, der mein Hirn bereits nach wenigen Sekunden auf Durchzug schaltete. Raue Finger kraulten über meinen Rücken, kratzten leicht darüber und ließen mich erschaudern, während ich seine Erregung deutlich an meiner reiben spürte. Schließlich war es Toshiya, der den Kuss brach und mich nachdrücklich daran erinnerte, was ich eigentlich hatte tun wollen. Schmunzelnd gab ich ihm nach, drückte mich schwerfällig nach oben auf die Knie, doch nicht ohne mir einen letzten Kuss zu stehlen. Himmel, ich konnte einfach nicht genug von diesen Lippen bekommen. Einmal gekostet und schon war ich süchtig. Schwer atmend und mit diesem angenehmen Kribbeln in meinem Körper kniete ich vor Toshiya auf dem Bett und konnte nicht anders, als erst einmal dieses Bild, das er bot, in mich aufzunehmen. Wie er da völlig entspannt und gleichzeitig so erregt vor mir lag, mit lässig gespreizten Beinen und sich bereitwillig präsentierte. Er hatte einen echt schönen Schwanz, wie ich ohne Neid feststellen musste. Es zog gewaltig in meinen Hoden. Unbewusst leckte ich mir über die trockenen Lippen. Und dieser Mann gehörte mir. War das – Ein sanftes „Die“ riss mich aus meinem Starren, sofort zuckte mein Blick nach oben und traf Toshiyas, der mich verschmitzt anlächelte. „Alles okay?“ „Ja. Ich wollte nur erstmal deinen heißen Anblick genießen.“ Huschte da tatsächlich eine dezente Röte über seine Wangen? Langsam beugte ich mich tiefer, strich noch einmal aufreizend über die hellen Innenseiten der Oberschenkel, ehe meine Lippen ihr eigentliches Ziel fanden. Belohnt wurden sie von einem genießerischen Stöhnen, das mir augenblicklich ein verheißungsvolles Ziehen durch die Lenden schickte. Ich leckte über die komplette Länge, kostete von den ersten Tropfen, die bald an der Spitze hervortraten, bevor ich sie tiefer in mich aufnahm und genüsslich begann zu saugen. Immer wieder drang Toshiyas Stöhnen an mein Ohr, heizte mir weiter ein und nun verstand ich auch den Reiz eines geöffneten Fensters und eventueller Lauscher. „Hngh, Die.“ Ich konnte nicht genug von den herrlichen Lauten bekommen, die Toshiyas Mund verließen. Allein das Wissen, das ich dafür verantwortlich war, spornte mich weiter an und intensivierte meine Bemühungen. Erst als das Zucken seines Unterleibs deutlich stärker wurde, ließ ich von ihm ab. Aus halb geschlossenen Augenlidern blinzelte Toshiya mich lustverhangen an, sein Brustkorb hob und senkte sich schnell. Schmunzelnd küsste ich mir einen Weg nach oben, liebkoste seinen Hals, was ihn abermals so wunderbar erzittern ließ. „Toshiya?“ „Hm?“ Zwischen seinen Augenbrauen saß eine kleine Falte, die sich verstärkte, als ich leicht in sein Ohrläppchen biss. Am liebsten hätte ich sie mit den Fingern glatt gestrichen. „Du meintest, du willst mich mit allem drum und dran. Also so richtig?“ Eine Hand krallte sich in meinen Nacken und zwang mich dazu, mich von dem hübschen Ohr zu lösen. Ich schluckte schwer, als ich Toshiyas dunklem Blick begegnete. Langsam fuhr seine Zunge über die Oberlippe, seine Mundwinkel zuckten. „Ja, natürlich will ich das.“ „Aber ich hab noch nie einen anderen in –“ „Ach, das macht nichts“, unterbrach er mich grinsend. „Ich dafür schon.“ Schon waren seine Lippen erneut auf meinen, während seine Beine meine Hüfte umschlangen, sodass ich mich nicht rühren konnte. Nicht, dass ich das vorhatte. Erregt keuchend, drückte ich mich sogar noch enger an ihn. Unsere Schwänze rieben heiß aneinander. „Die, so habe ich es mir vorgestellt. Ich will dich spüren.“ Und ich ihn erst. Ich konnte das Gefühl gar nicht beschreiben, das seine Worte in mir auslösten, aber es machte mich unheimlich glücklich. Erst als Toshiya sein Becken immer stärker gegen meines kreisen ließ, löste ich unseren Kuss. „Du hast nicht zufällig Gleitgel mit?“, fragte ich ihn zugegebenermaßen leicht verlegen. Vor Reiseantritt hatte ich irgendwie gar nicht so weit gedacht. „Und Kondome?“ Toshiyas Grinsen wurde breiter. Zwinkernd löste er die Umklammerung seiner Beine um mich und langte unter eins der Kissen am Kopfende, um kurz darauf eine schmale Schachtel mit eindeutigem Aufdruck und eine bunte Tube darunter hervorzuzaubern. Milde überrascht nahm ich beides entgegen. „Wann hast du das denn dort versteckt?“ „Vielleicht, während du duschen warst?“ Lachend drückte ich Toshiya einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, bevor ich mich daran machte, meine Finger mit ausreichend Gel zu befeuchten. Wieder lag er so wunderschön präsentiert vor mir und beobachtete mich aus erwartungsvoll funkelnden Augen. Ich konnte nicht anders, als abermals dem Drang nachzugeben und meinen Mund auf seinen Schwanz zu drücken und ihm ein Stöhnen zu entlocken. Derweil massierte ich seinen Eingang, der bereits überraschend weich und geschmeidig war, sodass ich ohne Probleme mit zwei Fingern eindringen konnte. Da hatte sich wohl jemand gut unter der Dusche vorbereitet. Dennoch ließ ich mir Zeit, genoss einfach, wie er sich unter mir wand, sich mir entgegen bewegte, um mehr zu bekommen, was ich ihm jedes Mal sofort versagte. Es war ein erregendes Spiel, das ich am liebsten noch etwas mehr ausgereizt hätte, doch zum einen konnte ich noch nicht genau einschätzen, wo Toshiyas Grenzen lagen und zum anderen stand ich selbst mittlerweile ziemlich nahe an der Schwelle. Mit einem fast schon obszönen Geräusch entzog ich ihm schließlich meine Finger, quittiert von einem ergebenen Seufzen. Während ich mir hastig das Kondom überstreifte, beobachtete Toshiya mich aus halb geschlossenen Lidern. Seine Haare klebten ihm verschwitzt an der Stirn, dennoch umspielte ein kleines Lächeln seine Mundwinkel. Himmel, war er heiß. Plötzlich war die leichte Aufregung zurück, die mich in den letzten Tagen und Wochen immer überfallen hatte, wenn er in meiner Nähe auftauchte. Tief einatmend rutschte ich zu ihm heran, drückte auffordernd seine Beine näher an ihn, ehe ich – nach einem letzten mich vergewissernden Blick – langsam in ihn eindrang. Das Gefühl, das über mich hinweg rollte, war überwältigend. Diese Hitze, diese Enge. Toshiyas angespannter Körper unter mir und dabei das Wissen, dass ich in ihm war. Das war so viel mehr, als ich mir jemals erträumt hatte. Ich brauchte einige Sekunden, um meine Emotionen wieder in den Griff zu bekommen. Erst eine warme Hand, die sachte über meine Wange streichelte und dieses Lächeln, das jedes Mal ein Kribbeln durch mich hindurchschickte, löste mich aus meiner Starre. Behutsam fing ich an in ihn zu stoßen, doch recht schnell verschwand sich die Zurückhaltung und ich verlor mich der Bewegung. Das Geräusch aufeinanderprallender Körper erfüllte den Raum, nur untermalt von unserem Stöhnen und dem rhythmischen Knarren des Bettes. „Die… warte!“ Es dauerte etwas, bis die Worte zu mir durchdrangen und ich wirklich innehielt. Fragend blickte ich auf ihn hinab. Hatte ich etwas falsch gemacht? War ich zu – Weiche Lippen unterbrachen meine Gedanken und ließen sie überflüssig werden. „Ich will dich anders.“ Er bedeutete mir, mich aus ihm zurückzuziehen, um mich gleich darauf Richtung Kopfende zu dirigieren. Schnaufend sank ich mich dagegen und schloss für einen Moment die Augen, während die plötzliche Kälte, die mich ohne Toshiyas Nähe ergriff, erschaudern ließ. Mein Schwanz pochte inzwischen schmerzhaft und sehnte sich nach Erlösung. Raue Finger strichen sanft über meinen Oberkörper, umkreisten und verwöhnten meine Nippel, was das Pochen zwischen meinen Beinen noch mehr verstärkte. Da kniete er vor mir – mit einem eindeutigen Grinsen im Gesicht und beobachtete mit schelmisch glitzernden Augen, wie eine Gänsehaut seinem Tun folgte und mich zum Zucken brachte. Ich liebte diesen Anblick. Eine Weile ließ ich ihn gewähren, bis das Ziehen in meinen Lenden beinahe unerträglich wurde. „Toshiya.“ Mit einer schnellen Bewegung zog ich ihn zu mir, um ihn an meinen Zustand zu erinnern. „Mach endlich!“ Sein Grinsen wurde breiter und ich fürchtete, er würde mich weiter zappeln lassen. Doch anscheinend war mein Blick flehend genug gewesen, dass er sich nur einen kleinen Kuss stahl, ehe er nach hinten zu meinem harten Schwanz griff und sich vorsichtig auf ihn sinken ließ, ohne dabei unseren Blickkontakt zu unterbrechen. Ungehalten keuchte ich auf. So war es sogar noch heißer. Wie er auf meinem Schoß saß, anfing sich langsam und dann immer schneller zu bewegen. Sein feuchter Schwanz rieb über meine Bauchdecke und hinterließ glänzende Spuren. Fest umschloss ich ihn mit einer Hand, begann ihn entgegen seines Rhythmus‘ zu massieren. Meine andere Hand krallte sich derweil in seinen Rücken, um ihn nah bei mir zu halten. Ich konnte nicht genug Nähe von ihm bekommen. Seine Haut schmeckte salzig, als meine Lippen verloren über seinen Hals und seine Schultern wanderten. Immer wieder biss ich die glatte Haut, hinterließ rote Male, während er sich immer ungehaltener bewegte und mich einfach mit sich zog. Die Hitze in meinen Lenden wurde unerträglich und als er sich schließlich laut stöhnend um mich verkrampfte, war es um mich geschehen. Mein Denken setzte aus. Erschöpft saßen wir aneinander gelehnt am Kopfende und genossen die Nachwehen der letzten Minuten. Ich spürte Toshiyas starken Herzschlag unter meiner Wange, mein Atem normalisierte sich nur langsam. „Oh Mann, das war heiß gewesen.“ Leise lachend drückte ich meine Lippen auf seine Brust, bevor ich ihn von unten leicht entrückt angrinste. „Ja, war es.“ Wieder war da dieses Funkeln in seinen Augen, als er mir eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn strich. Schließlich erhob er sich etwas umständlich und mit leicht verzogenem Gesichtsausdruck von meinem Schoß. Schnell entledigte ich mich des benutzten Kondoms. Neben dem Bett auf dem Nachttisch lag eine Packung Taschentücher, die ich dazu nutzte, die Spuren unseres Treibens von unseren Bäuchen zu entfernen. Ein bisschen Wohlfühlprogramm sozusagen, was Toshiya mit einem zufriedenen, wenn auch müden Lächeln kommentierte. Nur mit Mühe unterdrückte er ein Gähnen, als er eins der Kissen zu sich heranzog und sein Gesicht halb darin vergrub. Eine leichte Gänsehaut breitete sich über seinen Körper aus und ließen ihn kurz erzittern. Für einen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, das Fenster zu schließen, denn mittlerweile war es merklich kälter im Zimmer geworden, doch die Trägheit siegte. Leise seufzend machte ich es mir neben Toshiya bequem und breitete eine der Decken über uns aus. „Ich hatte irgendwie damit gerechnet, dass es zwischendrin an der Wand klopft und wir Kaorus meckernde Stimme hören“, murmelte es neben mir. Sein warmer Atem streifte meine Halsbeuge. „Vielleicht hat er das ja und wir haben es nur nicht mitbekommen.“ „Auch möglich“, lachte Toshiya leise. „Als hätte es mich in diesem Moment ehrlich interessiert.“ „So wie ich vermute, interessiert dich so etwas eh nie.“ „Gut erkannt, mein Lieber. Du hast ja jetzt die Möglichkeit, herauszufinden, was mich noch so interessiert und was nicht.“ „Ein verlockender Gedanke.“ Schmunzelnd schlang ich die Arme fest um ihn und suchte seine Lippen. Das versprach spannend zu werden. Eine sanfte, kühle Brise strich über uns, als wir eng aneinander gekuschelt einschliefen. Ende Nachwort Ähm joar... da bin ich wieder, mit einem zweiten Smut One Short *lach* Irgendwie hatte ich immer vor zu dieser Storyline nochmal etwas zu schreiben und jetzt nach fast einem Jahr und einigen Schreibblockaden ist es vollbracht. Ich hoffe, es hat gefallen ^^ Wie immer freue ich mich über Feedback, Lob und Kritik. Liebe Grüße Luna Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)