Xenophiles Xylophon von Varlet ================================================================================ Kapitel 1: Xenophiles Xylophon ------------------------------ Jodie streckte sich. Sie war froh über den Feierabend und darüber sich bald entspannen zu können. Ein warmes Bad würde den Abschluss des Tages bringen, doch vorher traf sie sich noch mit Shuichi. Er hatte bereits mehrfach angedeutet, dass sie einen Trinken gehen würden. Und Jodie wusste, was das bedeutete. Es gab irgendwo eine Person, die möglicherweise mit der Organisation in Verbindung stand und die er unauffällig beobachten wollte. Je nachdem wer es war und wohin er musste, war es von Vorteil zu zweit zu agieren. Als Jodie hörte, dass es in ein Restaurant ging, war sie überrascht. Aber sie freute sich auch. Da Shuichi großen Wert auf ihre Pünktlichkeit legte, hatte sie sich unverzüglich auf den Weg gemacht und wartete vor der Eingangstür. Einen Augenblick später stand Akai neben ihr. „Hey, da bist du ja“, begrüßte sie ihn. Er nickte. „Die Person, die ich im Auge behalten will, hat heute einen Auftritt mit seiner Band.“ „Ich verstehe“, murmelte Jodie. „Glaubst du, sie haben noch einen Tisch für uns?“ „Hab reserviert“, antwortete Akai und ging rein. Als der Kellner auf sie zukam, nannte er seinen Namen und wurde an einen Tisch gebracht. Er reichte den Beiden die Karte und ging wieder. „Du kannst mir nicht zufällig etwas empfehlen?“ „Bin hier auch das erste Mal“, gab der Agent von sich und blickte in die Karte. „Lass uns mit einer Flasche Wasser anfangen.“ „Da bin ich dabei“, entgegnete sie und sah sich um. Die Mitglieder der Band standen bereits auf der Bühne und waren damit beschäftigt, alles aufzubauen. „Mhm…?“ „Was hast du?“ Shuichi folgte ihrem Blick. „Die bauen…ein ein…ein…“, murmelte Jodie. „Xylophon“, sprach der Agent. „Hast du noch nie eines gesehen?“ „Doch, natürlich hab ich schon mal eines gesehen. Aber das war…anders. Es waren mehrere Stäbe, die beim Draufschlagen einen Ton von sich gaben. Ich hab es bisher nur im Musikunterricht in meiner Schule gesehen.“ Shuichi nickte verstehend. „Xylophone bestehen aus einer Reihe von Klangstäben aus Hartholz oder Bambus, durch deren unterschiedliche Länge die Tonhöhe festgelegt wird. Die Stäbe sind im Bereich ihrer Schwingungsknoten auf Gummiwalzen in einem Holzrahmen oder auf einem Metallgestell mit Resonanzröhren unter jedem Stab gelagert. Der Ton ist abhängig von der Länge, Dicke und Festigkeit des Stabes. Bei einem langen und dünnen Stab ist der Ton tiefer, bei einem kurzen und dicken Stab hingegen viel höher.“, erklärte er. Jodie wirkte irritiert. „Du weißt ja viel“, murmelte sie. „Ich hab mich vorher belesen“, kam es von ihm. „Es gibt noch viel mehr verschiedene Bauarten. Allerdings nehmen Xylophone nur in wenigen Ländern einen hohen Stellenwert ein. Gerade in Afrika sind sie weit verbreitet, allerdings gibt es auch immer wieder kleinere Bands in anderen Ländern.“ „Es gibt also auch richtige Bands“, entgegnete Jodie. Sie blickte auf den Bandnamen „Xenophile Xylophone? Wie kommt man auf so einen Namen?“ „Bands sind sehr selten. Und in Japan eigentlich noch seltener. Das Instrument hat viel an Bekanntheit verloren und wird daher sehr häufig nur noch im Musikunterricht verwendet.“ Er lächelte. „Damit hast du schon einmal deinen Einstieg gefunden, wenn du mit der Person sprichst. Xenophilie bezeichnet eine Vorliebe für fremde, unbekannte Dinge oder Menschen. Vermutlich haben sie das als zusätzliche Anspielung auf ihr Musikinstrument genommen.“ „Mhm…möglich“, murmelte Jodie. Das Spiel der Band begann und Jodie lauschte der Melodie. „Es klingt wirklich nicht schlecht.“ Shuichi nickte. „Und genau das hat die Zielperson in ihren Fokus gerückt.“ Der Kellner kam. „Haben Sie sich bereits entschieden?“ „Eine Flasche Wasser und zwei Gläser. Für mich Menü 12.“ Er sah zu Jodie. „Und du?“ „Äh…ich nehm die 18.“ „Bring ich Ihnen“, sagte der Kellner und ging wieder. Jodie blickte wieder zu ihrem Kollegen. „Und wer von ihnen ist es?“ Shuichi sah wieder zur Band. „Siehst du den Mann rechts außen?“ Es handelte sich um einen Mann mittleren Alters, der eine schwarze Sonnenbrille trug. „Ja.“ „Diesen Mann müssen wir im Auge behalten.“ „Okay“, kam es von Jodie. „Was wissen wir von ihm?“ „Nicht wirklich viel.“ Shuichi seufzte. „Ich habe meine Hausaufgaben gemacht und konnte nichts über ihn herausfinden. Das macht ihn noch verdächtiger. Deswegen gehe ich davon aus, dass er entweder bereits für sie arbeitet und sie dafür gesorgt haben, das man nichts findet oder er ist selbst auf der Flucht und hat sich daher eine andere Identität angelegt.“ „Verstehe. Aber nur weil es nichts über ihn gibt, heißt es nicht, dass er mit ihnen unter einer Decke steht oder Dreck am Stecken hat. Ich bin in den sozialen Medien auch nicht gerade viel unterwegs.“ „Das mag sein“, begann Akai. „Aber von einer Band erwarte ich schon, dass eine gewisse Onlinepräsenz vorhanden ist.“ „Mhm…von dem Aspekt hast du natürlich recht. Vielleicht kann ich nachher etwas in Erfahrung bringen“, sagte sie. „Als Frau könnte ich ein wenig mit ihm flirten.“ Shuichi schmunzelte. „Ich hab gehofft, dass du das sagen würdest.“ „Wirklich? Deswegen sollte ich also herkommen?“, entgegnete sie gespielt überrascht. „Nur ein kleiner Scherz. Ich hab mir eh so etwas Ähnliches gedacht. Aber…“ „Aber?“ Er beobachtete sie. „Wie lange spielt die Band denn heute Abend? Ich kann ja nach dem Essen nicht einfach so verschwinden. Oder machen sie auch Pause und ich kann dann kurz rüber gehen?“ „Die Band spielt bis 22 Uhr“, antwortete Shuichi. „Bis dahin sollten wir auch mit dem Essen fertig sein. Eine Pause ist für 20 Uhr vorgesehen. Die Zeit nutzt die Band um zu Essen. Aber ich bin mir sicher, dass sie nichts dagegen haben werden, wenn ein paar Fans zu ihnen stoßen. Und bei hübschen Frauen machen sie erst Recht eine Ausnahme.“ „Jetzt ahne ich, warum du mir so viel Hintergrundwissen zum Xylophon gabst.“ Akai schmunzelte. „Natürlich. Du sollst vor ihnen ja auch so tun, als hättest du nicht erst heute Abend das Instrument das erste Mal gehört.“ „Aber das könnte mir behilflich sein. Wenn sie mir erst alles erklären müssen, komm ich viel einfacher ins Gespräch.“ „Mhm…mag sein. Mir als Musiker hingegen würde es jedes Mal auf die Nerven gehen, wenn ich immer wieder die gleichen Geschichten zum Instrument erzählen müsste. Schau einfach, was sich aus der Situation entwickelt. Wenn du denkst, es ist einfacher, dass dir die Zielperson alles erklärt, dann geh diesen Weg. Du schaffst das schon.“ „Aye aye“, kicherte sie. „Aber zuerst wird gegessen. Ich nehme an, die Rechnung geht auf dich?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)