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Zauberhafte Weihnachten

von

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Liebes(ver-)lust [Bellatrix & Rodolphus Lestrange]


 

In dunkler Nacht, 1975

Bellatrix und Rodolphus Lestrange

 

Triggerwarnung: Mord, Erwähnung von Folter/Verstümmelung, toxische Beziehung

 

Nicht jeder verbringt den Weihnachtsabend in stiller Andacht – manch einer wagt auch einen Tanz am ewigen Abgrund; gibt sich dem unstillbaren Hunger nach mehr hin. So wie Bellatrix und Rodolphus.

 

***

 

Niemand starb so schön wie ein Muggel voller Todesangst, der gerade begriff, dass es eine weit größere Macht in dieser Welt gab, als er je geahnt hatte. Zu dieser Einsicht war Bellatrix bereits früh gelangt und die Jahre des Krieges festigten dieses Bild. Sie genoss es jedes Mal aufs Neue, dabei zuzusehen wie das Licht in ihren Augen erlosch, gleichsam wie der Lebenswille dahinschwand. Am Ende blieb selbst den Trotzigen nur das Flehen, wie es die Gesetze der Natur verlangten. Und niemand brachte sie so schön zum Flehen wie Rodolphus.

Sie konnte ihn anfangs kaum leiden, hasste es gar, dass ihre Eltern ausgerechnet ihn als Ehemann für sie vorgeschlagen hatten. Nicht, dass sie je etwas gesagt hätte. So lief es eben in ihrer Welt, das akzeptierte sie. Er war reinen Blutes, von makellosem Äußeren und genau mit dem rechten Stolz versehen. Nüchtern betrachtet war er der einzige Partner, der ihr, einer gebürtigen Black, würdig war. Obwohl sie ihn nicht liebte, war ihre Verbindung rein aus der Vernunft heraus nützlich.

Was sie und Rodolphus inzwischen wirklich vereinte, war jene stillschweigende Übereinkunft, dass sie nicht einander lieben mussten, um eine funktionierende Ehe zu führen. Ihrer beider Hingabe galt den schwarzen Künsten und solange Rodolphus diese ebenso verehrte wie Bellatrix, brauchte sie seine emotionale Zuneigung nicht.

Letztlich war ihre Ehe nur ein weiteres Opfer für den dunklen Lord; ein Beweis, dass Reinblüter unter sich gehörten. Ob sie einander kitschige Worte ins Ohr flüsterten oder jeden freien Moment in unterschiedlichen Räumen des Hauses verbrachten, das interessierte nicht. Was zählte, war, dass sie funktionierten.

Auch in dieser sternenlosen Dezembernacht liebte Bellatrix nicht Rodolphus Lestrange, sondern den Zorn, der seinen Zauberstab führte, ihm Flüche entlockte, die viel dunkler waren als der nachtschwarze Himmel. Sie küsste ihn nicht aus Verbundenheit, sondern aus Hunger nach mehr von diesem Welten zerstörenden Rachedurst; in einer Sehnsucht, die selbst die Leichen zu ihren Füßen nicht stillen würden. Und wenn Hunderte starben – vom betörenden Rausch der absoluten Macht bekam sie niemals genug.

Während die Glocken zur Mitternachtsmesse schlugen, wollte Bellatrix nur eines – in den Abgrund spähen, einen Tanz mit dem Dämonsfeuer wagen. Dem unschuldigen Weihnachtsabend einen neuen Anstrich verpassen, der deutlich mehr nach ihrem Sinn stand.

Das dunkle Mal brach aus ihrem Zauberstab hervor und befriedigte sie in dem Wissen, dass der Orden sie nicht aufgehalten hatte und irgendjemandes Weihnachtsfest nun deutlich weniger heiter werden würde. Ihr gefiel der Gedanke, dass jemand das heimische Kaminfeuer verlassen musste, um doch nur zu spät zu kommen. Oh, sie würden allesamt fluchen, sich in Vorwürfe ergehen – aber aufhalten, das konnte der Orden sie nicht.

Das Lachen kam von ganz alleine bei dieser Vorstellung. Es barst aus ihrem tiefsten Inneren hervor und zerriss die empfindliche Nacht wie Minuten zuvor die Schreie der nun toten Muggel zu ihren Füßen. Rotes Blut gab dem reinen Schnee eine neue Färbung und in leblosen Augen spiegelte sich der ferne Mond.

Wer waren sie noch gleich gewesen? Irgendeine armselige Angestellte des Muggelparlaments und ihre Familie. So hatte es zumindest in der Anweisung von Rosier geheißen. War auch egal, denn schreien konnten sie alle. Insbesondere die Eltern, wenn ihre Kinder zuerst starben.

Vermutlich hatte Bellatrix genau deshalb so wenig Interesse daran, selber Nachwuchs hervorzubringen. Ganz abgesehen davon, dass sie in einem Krieg lebte, der jede Sekunde ihrer Aufmerksamkeit verschlang. Rodolphus hätte das vielleicht gefallen – sie stellte ihm diese Frage nicht, denn es wäre sicher nicht in seiner Verantwortung, diese Entscheidung für sie zu treffen.

Jedenfalls lagen die Leichen der Muggel nun auf dem Gehweg neben ihrem brennenden Auto, in dem sie auf dem Rückweg von irgendeiner Familienfeier gewesen waren. Der Auftrag war erfüllt, jetzt wartete nunmehr der langweilige Teil des Weihnachtsabends.

Bellatrix sah durch das dichter werdende Schneetreiben zu ihrem Ehemann hinüber. Er stupste eine der toten Muggelgören mit seinem Lackschuh an. Die verfluchten Schuhe, die hatten sie schon immer aufgeregt. Sie waren Todesser, keine Gäste auf einem Märchenball. Trotzdem sah Rodolphus stets aus, als erwarte er, auf einen Empfang bei der verdammten Muggelkönigin eingeladen zu werden. Nur die feinsten Stoffe und über die schweren Silbermasken beschwerte er sich auch immerzu.

Nein, sie liebte nicht Rodolphus, wohl aber das Blut, das auf seinen Umhang gespritzt war – die Schreie waren es immer wert, nicht bloß den Todesfluch zu bemühen, sondern etwas mehr Feingefühl zu beweisen. Das war ihr Weihnachtsgeschenk der anderen Art, was ihr niemand sonst geben konnte – oder wollte.

Ein schmales Lächeln hob Rodolphus‘ Mundwinkel an und er streckte seine Hand nach ihr aus. »Wir müssen gehen.«

Es war eine neutrale Feststellung, mit der er natürlich recht hatte. Der Spaß war vorbei. An seiner Stelle übernahm die Leere wieder Besitz von Bellatrix. Wenn es doch nur etwas länger gedauert hätte – vielleicht war der Diffindo-Zauber zu viel des Guten gewesen. Das nächste Mal würde sie mehr acht geben müssen, dass die Gören ihr nicht verbluteten, bevor es sich wirklich gelohnt hatte.

Mit der schalen Grimasse eines Lächelns auf den Lippen, ergriff sie die Hand ihres Mannes und schenkte den Leichen zu ihren Füßen ein letztes Winken, ehe sie disapparierten.

 

Das Anwesen im Süden Englands war ein Hochzeitsgeschenk von Rodolphus Eltern gewesen. Früher einmal war es wohl ein Sommerhaus irgendeiner Tante von ihm, doch seit diese kinderlos verstorben war, hatte es nur darauf gewartet, dass ein neuer Lestrange-Spross ihm Leben einhauchte. Bellatrix erste Amtshandlung als Ehefrau hatte folglich darin bestanden, die übelkeiterregenden zartrosa Vorhänge gegen tiefgrünen Samt auszutauschen.

Wo einst nutzloser Nippes die Vitrinen in Beschlag genommen hatte, reihten sich nun allerhand mächtige Artefakte aneinander, deren Herkunft selten legal war. Einen guten Teil hatten sie über die Jahre hinweg in der Nokturngasse erstanden – oder auch mal aus einem Zaubererhaushalt entwendet, den sie überfallen hatten.

Nach außen mochten viele in der Gesellschaft ein sauberes Image pflegen, aber im Keller hatte beinahe jeder Leichen. Manche nur sprichwörtlich, andere hingegen im wahrsten Sinne des Wortes. Davon hielt Bellatrix allgemein wenig, doch es hatte sich angeboten, den geräumigen Gewölbekeller voller Weinflaschen in ein Verlies zu verwandeln. Man wusste ja nie, wann es noch einmal nützlich werden würde. Es wäre nicht das erste Mal, dass Ordensmitglieder in ihre Gefangenschaft gerieten. Nur die wenigsten überlebten das.

Zumindest heute waren sie und Rodolphus allerdings alleine. Die Gesellschaft von Hauselfen ertrug Bellatrix allgemein nicht. Beim Anblick der kriecherischen kleinen Gestalten wurde ihr nur übel. Sie beschäftigten eine gewöhnliche Haushälterin, die sich ihnen unvorsichtigerweise mit einem unbrechbaren Schwur verpflichtet hatte – und die das Haus jeden Abend auf ihre Anweisung verließ.

Sowohl Bellatrix als auch Rodolphus schätzten ihre Ruhe und Abgeschiedenheit. Je weniger Augen und Ohren, desto weniger Geheimnisse, die wiederum auf andere, neugierige Ohren stoßen konnten. Etwas, das durchaus mehr Zaubererhaushalte begreifen sollten, wenn Bellatrix an die Horden Hauselfen bei ihren Eltern dachte.

Das Einzige, was sie durch die Geschöpfe gelernt hatte, war ihre Vorliebe für bedacht eingesetzte Zauber, um Fleisch von Knochen zu trennen oder hübsche rote Muster in bleicher Haut zu hinterlassen. Egal wie sehr die kleinen Kriecher auch wimmerten, am Ende verneigten sie sich noch und fiepten davon, was für eine Ehre es sei, der Herrin zu dienen. Sie hasste die Hauselfen von ganzem Herzen. Ein Wesen, das nicht einmal Respekt vor sich selber hatte, würde unmöglich ihr Wohlwollen verdienen.

Ganz wie die Bilderbuchehe pflegten Bellatrix und Rodolphus durchaus andere Traditionen, die für sie zwar nicht von persönlichem Wert waren, aber eben so gehörten. Dazu zählte auch der festlich geschmückte Weihnachtsbaum im großen Salon, den sie jedes Jahr wieder aufstellten, ohne, dass sich einer von ihnen übermäßig an den goldenen Kugeln oder dem Geruch von Tannennadeln erfreute.

Missmutig starrte Bellatrix eben jenen nun an, während sie sich in ihren liebsten Sessel vor dem Kamin fallen ließ, noch immer in den dunklen, blutbespritzten Umhang gehüllt.

Wenigstens den Feiern in den Haushalten ihrer jeweiligen Eltern waren sie und Rodolphus entgangen und doch hätte Bellatrix gerne noch einen Auftrag mehr zu erfüllen, Hauptsache sie konnte etwas tun, was dem dunklen Lord Ehre erbieten würde. Aber nein, in den letzten Tagen des Jahres versteckten selbst die meisten Todesser sich feige daheim vor dem Kamin und spielten mit ihren Familien ein heiles Leben vor – samt Geschenken in den Socken am Weihnachtsmorgen.

Wortlos schmiss Rodolphus seinen besudelten Umhang über einen Beistelltisch und setzte sich in den anderen Sessel in einigen Armlängen Entfernung. Für einen Augenblick war es beinahe gespenstisch still. Der Schnee fiel lautlos vor den Fenstern und nicht einmal im Kamin brannte ein Feuer. Sie saßen einfach nur da, jeder in andere, düstere Gedanken versunken.

»Fröhliche Weihnachten, Liebste«, sagte Rodolphus schließlich in die ohrenbetäubende Stille hinein, der Sarkasmus des unerwünschten Kosenamens offensichtlich.

Bellatrix warf ihm einen langen Blick zu. Sein Gesicht lag halb in den Schatten verborgen, nur in seinen Augen reflektierte sich der blasse Lichtschein von draußen. Objektiv betrachtet sah er gut aus, das war ihr bewusst. Aber wenn sie Rodolphus ansah, dann erkannte sie in ihm nicht den hübschen jungen Mann mit dunklem Haar, stechend grünen Augen und den markant geschnittenen Gesichtszügen, sondern einzig und allein den liebreizenden Abgrund, der sich dahinter verbarg.

»Fröhliche Weihnachten, Liebster

Vielleicht liebte sie ihn nicht, doch manchmal, da hungerte sie nach ihm, diesem Abgrund. Ihm ging es genauso, das sah sie in den Schatten aufglimmen. Näher als das würden sie der wahren Liebe nicht mehr kommen. Für alles andere gab es Wege, sich das Begehren zu erleichtern.

Sie stand auf und trat zu einer der Vitrinen hinüber, in der sich zahlreiche silberne Trinkpokale drängelten. In zwei davon füllte sie nur einen einzigen Schluck aus einer kleinen Phiole, die sie zwischen allerhand Giften und anderen unerfreulichen Tränken verborgen hielt. Das geringe Äußere täuschte über die Macht hinweg, die sie enthielt. Ein Schluck reichte vollkommen aus für die geheime Tradition, die sie und Rodolphus in der Stille ihres Hauses zu besonderen Anlässen pflegten.

Ein kleines Experiment unter Eheleuten, die andernfalls nichts verband außer ihre grimmige Sicht auf die Welt, die so dringend neuer Führung bedurfte. Ein weiteres Spiel mit der Macht, erneut die Sehnsucht nach mehr, nach etwas, das keiner von ihnen greifen konnte. Ein winziger Moment, in dem sie dem Abgrund des anderen wirklich nahekamen, nicht länger nur im Blutrausch vereint. Die Wirkung würde vor dem Morgengrauen verflogen sein, ebenso wie jede Erinnerung an diese fremden Sehnsüchte.

Mit einem erwartungsvollen Ausdruck in den Augen fing Rodolphus das Gefäß aus der Luft, das sie mit einem Schlenker des Zauberstabs zu ihm geschickt hatte.

Bellatrix musste ihm nicht sagen, wonach es sie verlangte. Er lächelte schmallippig und hob den Liebestrank an seine Lippen, während sie dasselbe tat.



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