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Zauberhafte Weihnachten

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Halbzeit bis Weihnachten! Daher gibt es heute ausnahmsweise den ersten Part eines Zweiteilers – die zweite Hälfte folgt am 24. Dezember. Komplett anzeigen

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Überraschungsgeschenk - Part I [Dudley Dursley]


 

Little Whinging, 2013

Dudley Dursley

 

Ausgerechnet kurz vor Weihnachten entdeckt Dudley, dass er die Magie längst nicht so weit hinter sich gelassen hat, wie erhofft, als seine dreijährige Tochter Dinge geschehen lässt, die eigentlich nicht möglich sein sollten.

 

***

 

Dudley Dursley war stolz darauf, ganz und gar normal zu sein. Nicht auf dieselbe erbittert spießbürgerliche Art seiner Eltern, aber doch glücklich über sein bescheidenes und vor allem ruhiges Leben. Manch böse Zunge würden glatt behaupten, es wäre ereignisarm. Langweilig, spießig oder welche Worte einem auch immer einfallen mochten, um den absolut gewöhnlichen, garantiert magiefreien Alltag eines Muggels zu beschreiben.

Er war stolz auf sein Auto, sein Haus und nicht zuletzt seine Familie. Ganz wie es sich gehörte, zumindest seiner Wahrnehmung nach. Hin und wieder erlaubte er sich eine kleine Rebellion, einen Ausbruch aus dem feinsäuberlich organisierten Leben, das seine Eltern ihm stets vorgelebt hatten. Ausländische Speisen, die seine Mutter nur mit gerümpfter Nase betrachtet hätte; Kleidung die sein Vater als geschmacklos bezeichnen würde; eine Tätowierung, die er selber ein wenig bereute. Spätestens in Smeltings hatte Dudley die Freuden der gelegentlichen Grenzüberschreitung kennengelernt – und erfahren, wann es zu viel war.

Ein Sprichwort sagte: Es gibt immer einen größeren Fisch. Oder irgendwie so. Dudley kannte sich da nicht sonderlich gut aus. Jedenfalls stand auch er eines Tages vor einem Herausforderer, dem er nicht gewachsen war. Beim ersten Mal suchte er die Konfrontation und verließ sich alleine auf seine Fäuste. Das bescherte ihm eine Platzwunde neben einem einwöchigen Aufenthalt im Krankenflügel, ebenso wie die Erkenntnis, dass es verdammt wehtat, wenn der Kopf Begegnung mit der Kloschüssel machte. Für ehrliche Reue war es zu früh, aber es sollte ein Anfang sein.

Beim zweiten Mal allerdings sah er sich einem Krieg gegenüber, den er nicht einmal verstand. Egal wie gut er boxen konnte, gegen einen durchgeknallten Zauberer hätte auch er als Kreismeister keine Chance. Zum ersten Mal in seinem Leben bereute er ernsthaft, während seine Familie sich von Versteck zu Versteck durchschlug und Dudley erkannte, was sein Cousin wirklich durchlitt.

In mancher Hinsicht hatte Dudley nie wie seine Eltern sein wollen und war es dann doch geworden (mit zweiundzwanzig hatte er endlich verstanden, warum diese sich über Straßenschuhe im Haus aufgeregt hatten). Aber andererseits gab es genug Gelegenheiten, bei denen er hinter dem Rücken seiner Eltern mit den Augen rollte. Oft schimpfte er zusammen mit seiner Frau Amelie auf dem Rückweg von einem gemeinsamen Abendessen von deren Verhalten (zum Beispiel über die stetigen Reden für einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union).

Der wohl größte Unterschied zu seinen Eltern war jedoch, dass er seinem Cousin schlussendlich die Hand zur Versöhnung gereicht hatte. Von Magie verstand Dudley nichts – und wollte das ohnehin nicht – aber er hatte einsehen müssen, dass Harry ihm nicht nur einst das Leben gerettet hatte, sondern darüber hinaus immer still unter den Taten seiner Familie gelitten hatte. Er, Dudley, hatte ihm über Jahre hinweg Unrecht getan. Die beiden Cousins lebten in unterschiedlichen Welten, aber dafür hasste Dudley ihn nicht länger; nicht so, wie seine Eltern. Letztlich waren das Nichtigkeiten angesichts eines Krieges, der sie alle ihr Leben hätte kosten können.

Er und Harry hatten sich darauf beschieden, einander hin und wieder zu schreiben, auf jeden Fall immer eine Karte zu Weihnachten. Wie man das eben tat, mit entfernten Verwandten, die man nicht allzu häufig sehen mochte, aber auch nicht einfach vergessen konnte. Beide legten ein Bild ihrer jeweiligen Familien bei – Dudley eines, auf dem sie für alle Zeiten festgefroren in die Kamera lächelten, Harry eines, auf dem die Potters winkten (und mitunter ein magisches Knallbonbon explodierte oder die Hauskatze den Weihnachtsbaum umstürzte).

Jedes Jahr versteckte Dudley Karte und Foto vor Amelie. Falls sie nachfragte, bediente er sich einer Ausrede, die sein Vater früher oft bemüht hatte – es sei Werbung, keine Ahnung, woher die seine Adresse hatten; ja, er würde dort mal anrufen, damit es aufhörte.

Es hatte sich schlichtweg nie die Chance ergeben, seiner Frau zu erzählen, was es mit seinem Cousin auf sich hatte. Am Ende war es ja auch gar nicht wichtig, redete er sich ein, wann sollten sich die beiden schließlich je treffen? Wenn sie gar nicht erst von der Zaubererwelt wusste, war es definitiv einfacher für ihr normales, ruhiges Muggelleben, das er so sehr schätzte.

Auch in diesem Jahr kam pünktlich vor dem Weihnachtsfest eine Karte im roten Umschlag, passend frankiert und mit der gewöhnlichen Post. Die Sache mit der Eule hatte Harry zum Glück nur einmal versucht und Dudley damit zu Tode erschreckt. Seitdem war er auf den herkömmlichen Postweg umgestiegen.

Wie jedes Jahr fischte Dudley den auffälligen Brief aus der Menge an Rechnungen, echter Werbung und weiteren Ärgernissen des Erwachsenenlebens, und ließ ihn in seiner Hosentasche verschwinden, bevor er die Küche betrat.

Dort saß Amelie bereits und versuchte, ihre dreijährige Tochter Emma dazu zu überreden, noch etwas von ihrem Porridge zu essen. Den Dickschädel, das warf seine Frau ihm oft genug im Scherz vor, hatte die Kleine von Dudley geerbt. In diesem Moment legte sie äußerst entschieden fest, dass sie auf keinen Fall mehr essen würde. ‚Nein‘ war so ziemlich das erste Wort, das Emma je gesagt hatte.

Manchmal fragte sich Dudley, ob er auch so ein widerspenstiges Kind gewesen war. Hin und wieder hatte er gar das Gefühl, er müsse sich bei seiner Mutter entschuldigen – tat es dann aber doch nie.

»Ich fasse es einfach nicht«, stöhnte Amelie anstelle eines ‚Guten Morgen‘. »Sieh dir das an, Dud!«

»Was’n?«

Er schnappte sich einen Streifen Speck aus der Pfanne neben dem Herd, da fuchtelte Amelie auch schon mit einer Reihe ... was sollte das sein – Besteck? – vor seiner Nase herum.

»Also entweder, deine Eltern haben uns das letzte Ramschbesteck zur Hochzeit geschenkt oder hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu«, schimpfte sie. »Ich sitze hier seit einer halben Stunde und einfach jeder einzelne Löffel, den ich Emma gegeben habe, ist entweder abgebrochen, hat sich verbogen oder«, und bei diesen Worten hob sie etwas in die Höhe, was wohl in einem Puppenhaus richtig aufgehoben wäre, »ist geschrumpft. Geschrumpft!«

Dudley hätte gerne gelacht. Wirklich. Der winzige Löffel, kleiner als ein Zahnstocher, war immerhin putzig. Aber dann dachte er an schrumpfende Pullover, rasant wachsende Haare und verschwundene Glasscheiben und ihm blieb das Lachen im Halse stecken.

»Ähm ...«, murmelte er verwirrt. »Bist du dir sicher?«

Rote Flecken zeichneten sich auf Amelies Wangen ab. »Ob ich mir sicher bin?« Sie kniff ihre Augen zusammen. »Willst du mich auf den Arm nehmen?«

»Natürlich nicht.« Hastig schüttelte er den Kopf und nahm sich ein weiteres Stück Speck, damit er Zeit gewann, um nachzudenken. Für ihn lag die Lösung auf der Hand, nur akzeptieren konnte – und wollte – er sie noch nicht.

»Das ist wie verhext«, schimpfte Amelie und warf das Sammelsurium aus verunstalteten Löffeln auf die Küchentheke.

Er zuckte zusammen und hörte innerlich die Stimme seines Vaters, die sie anherrschte, nicht dieses Wort in den Mund zu nehmen. Schon knabberte er am dritten Stück Speck.

»Was?« Amelie stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn an wie einen der Kleinkriminellen, die sie sonst als Polizistin verfolgte.

»Weißt du was, du solltest dich ausruhen«, erklärte er schließlich. »Lass mich das mit Emma übernehmen und schnapp dir ein Buch, leg die Füße hoch. Vielleicht nimmst du ein schönes heißes Bad. Die Woche war anstrengend genug.«

Seine Frau seufzte noch einmal, aber ihre Schultern sackten ergeben nach unten. »Vermutlich hast du recht.« Sie warf einen langen Blick auf ihre Tochter, die inzwischen seelenruhig mit den Resten des verhassten Porridge ein Bild auf den Tisch malte. »Viel Spaß, Dud.«

An Spaß war natürlich nicht zu denken. Dudley konnte es Emma nicht einmal verdenken, dass sie den unansehnlich Matsch nicht essen wollte. Hätte er auch nicht, weder als Kind noch als Erwachsener. Mit Grauen erinnerte er sich an die Diät, die ihm in Smeltings verordnet worden war. Grapefruits würde er nie wieder herunterbringen. Und trotzdem hatte Amelie recht, dass eine Dreijährige nicht jeden Morgen Schokoladenpudding essen konnte. Das hatte ihm auch nicht gutgetan.

Während seine Frau aus der Küche entschwand, setzte Dudley sich seufzend an den Esstisch und betrachtete seine Tochter, die mit ihren haselnussbraunen Locken aussah wie ein kleiner Engel. Wäre da nicht der Porridge, der an ihren winzigen Kinderhänden klebte.

»Guck Papa, Schneemann«, ließ sie ihn wissen und deutete auf den Matsch, der nicht einmal mit viel Fantasie als Schneemann durchgehen konnte.

»Hmm«, brummte Dudley zur Antwort. »Hör auf, mit deinem Essen zu spielen, Em. Das gehört sich nicht.«

Die Ecke einer Karte bohrte sich im Hinsetzen in sein Hinterteil und erinnerte ihn an den Brief seines Cousins. Gedankenverloren pflückte er den roten Umschlag aus seiner Hosentasche und betrachtete die krakelige Schrift, die ganz eindeutig nicht mit einem praktischen Kugelschreiber, sondern einer antiquierten Feder geschrieben worden war.

Wie immer enthielt Harrys Karte ein Bild seiner Familie, auf dem einfach alles nach Magie schrie. In diesem Jahr schneite es scheinbar aus dem Nichts auf den Weihnachtsbaum herab, wobei sich der Schnee allerdings wie von Geisterhand wieder auflöste. Und überhaupt war der Baum so schief vor lauter Schmuck, dass es nur mit Zauberei zu erklären war, dass er nicht umfiel. Davor lächelten alle fünf Potters in die Kamera, wobei der älteste Sohn seinem Bruder heimlich Hasenohren machte.

Dudley starrte das Chaos an und dann wieder seine Tochter, die sich keiner Schuld bewusst war. Mit kindlicher Freude werkelte sie weiter an ihrem Porridge-Kunstwerk. Ihm war klar, dass Emma sich das nicht ausgesucht hatte. Mit drei Jahren interessierte sie sich schlicht dafür, immer das zu bekommen, was sie wollte und wenn es einen Heulkrampf forderte. Vielleicht war es so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit, dass ausgerechnet seine Tochter nun eventuell eine von denen war. Eine Hexe.

Alleine daran zu denken, fühlte sich verboten an. In seiner ganzen Kindheit waren alle Worte, die mit Zauberei zu tun hatten, tabu gewesen. Selbst heute noch konnte Dudley keine Filme mit Magie sehen, ohne sich ... schuldig zu fühlen. Auch wenn das natürlich albern war.

»Was hältst du davon, wenn Papa mit dir rausgeht und wir einen echten Schneemann bauen, hm?«, fragte er Emma.

Ihre blauen Augen, die sie von Amelie hatte, leuchteten strahlend auf. »Jaaaa«, jubilierte sie.

Keine zwanzig Minuten später standen sie im Garten, der unter einer frischgefallenen Schneedecke dalag. In kindlicher Begeisterung stürzte Emma sich in das kalte Weiß und warf lachend Hände voller Schnee in die Luft. In Dudley keimte eine leise Hoffnung, dass es bei der Löffelsache bleiben würde. Unter Umständen gab es ja doch eine ganz logische Erklärung für all das. Warum auch sollte ausgerechnet seine Tochter magische Fähigkeiten haben? Nur weil seine Tante eine Hexe gewesen war? Er schüttelte den Kopf und besann sich darauf, mit Emma den versprochenen Schneemann zu bauen.

Den Tag über lief alles gut, sodass Dudley am Abend, als er die Kleine ins Bett brachte, gar nicht mehr an den Löffelvorfall dachte. Er steckte ihre Decke fest, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und schlich sich schon zur Tür, da hörte er ein erfreutes Kichern hinter sich. Irritiert drehte er sich um und wurde gerade noch Zeuge davon, wie sie ihren geliebten Stofflöwen durch die Luft fliegen ließ.

Er flog wirklich. Als wäre die Schwerkraft nur ein schlechter Witz. Plötzlich fiel ihm das Schlucken erstaunlich schwer. Emma schien sein schockierter Blick nicht aufzufallen, denn sie lachte nur noch mehr.

»Guck Papa, Löwe fliegt zum Mond!«, gluckste sie.

Dudley dankte sich selber, dass er es war, der Emma heute ins Bett brachte und nicht Amelie. »Das ist ... schön, Schätzchen«, versuchte er es diplomatisch.

Er konnte einfach nicht mit ihr schimpfen, obwohl ihm unweigerlich genug Dinge einfielen, die seine Eltern damals Harry an den Kopf geworfen hatten, sobald mal wieder etwas Unerklärliches geschehen war. Nichts davon hätte er je übers Herz gebracht, wenn er in die strahlenden Augen seiner Tochter sah. Emma wusste schließlich nicht, was sie tat oder? Genauso wenig wie sein Cousin einst.

»Weißt du ... das bleibt besser unser Geheimnis, okay?«

»Warum?«

»Ah ... wir können Mama damit überraschen – später. Wenn du ihr jetzt davon erzählst, gibt es doch keine Überraschung mehr. Also zeig ihr das besser nicht, ja?«

Verschwörerisch zwinkerte er Emma zu und sie kicherte hinter vorgehaltener Hand. »Okay«, flüsterte sie zurück und drückte beide Augen zu.

Draußen im Flur lehnte Dudley sich gegen die Tür und atmete tief durch. Er dachte an Harrys Weihnachtskarte. Das war der einzige Weg, der ihm einfiel. Was sollte er auch sonst tun? Sein Cousin hatte drei Kinder, er würde bestimmt wissen, was man in einer solchen Lage tat, um weitere Vorfälle zu vermeiden. Hoffentlich wäre Harry bereit, ihm zu helfen.



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