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Zauberhafte Weihnachten

von

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Glatteis [Lily & James Potter]


 

Godrics Hollow, 1980

Lily und James Potter

 

Triggerwarnung: Tod, Verbrennung

 

Der Krieg hört auch an Weihnachten nicht auf und so befinden Lily und James sich – wieder einmal – auf der Flucht.

 

***

 

Die rutschige Straße erwies sich als ihr Lebensretter. Kaum, dass der erste Todesser in die Gasse hinter ihnen stürzte, riss die dünne Eisschicht Lily von den Beinen und sein grün leuchtender Todesfluch schoss wirkungslos über sie hinweg.

James war wenige Schritte vor ihr, doch er drehte sich sofort um, einen Schildzauber auf den Lippen. Wertvolle Sekunden, die ihr beider Leben retten. Schon wieder. In letzter Zeit war es viel zu oft derart knapp.

Lily bekam keine Gelegenheit, erleichtert zu sein oder ihren Dank zu äußern, denn sofort rasten die nächsten Flüche auf sie zu. Noch vom Boden aus warf sie ihren Verfolgern einen Schockzauber entgegen, der einen von ihnen an der Schulter erwischte.

Betäubt sackte der Kerl zusammen, aber sie nahm sich keine Zeit, darauf zu warten, dass er auf dem Boden aufschlug, sondern sie ergriff James‘ ausgestreckte Hand und folgte ihm um die nächste Ecke.

Ihr Atem ging stoßweise und die kalte Winterluft stach wie Nadeln in ihre Lunge. Sie rannten durch eine dunkle Straße gesäumt von ganz normalen Muggelhäusern, vorbei an hellerleuchteten Fenster und bunten Lichterketten. Es war bald Weihnachten und Lily wollte nur eines – daheim sein bei ihrem Sohn. Aber natürlich hielt der Krieg auch so kurz vor dem Fest nicht seinen eisigen Atem an.

Wie zur Bestätigung ihrer Gedanken jagte ein weiterer todbringender Fluch knapp an ihnen vorbei. Scharfkantige Eissplitter regneten auf sie und James herab, als das grüne Licht mit voller Wucht auf eine Straßenlaterne traf.

James zog sie unerbittlich weiter, seine Hand fest mit ihrer verbunden. Über die Schulter hinweg schleuderte Lily einen neuerlichen Gegenfluch auf die zwei übrigen Todesser in ihren dunklen Kutten. Der Zauber verfehlte und schlug stattdessen in einen Busch mit bunt blinkender Lichterkette ein. Die Glühlämpchen flackerten, ehe sie den Geist aufgaben.

Schon kam sie auf dem glatten Pflaster wieder ins Rutschen, aber James fing sie ab, bevor sie endgültig den Halt verlor.

»Nicht mehr weit«, keuchte er atemlos, »gleich sind wir in Sicherheit.«

Sie nickte nur. Ihre Lungen gaben keine Luft für Worte her. Zum Glück konnte sie einen ungesagten Schildzauber heraufbeschwören, sonst sähe es schlecht aus für sie.

Schlitternd bogen sie um eine weitere Ecke. Endlich lag der Rand des kleinen Dorfes vor ihnen und damit ein Ausweg aus dem Schutzbann, der jegliches Disapparieren verhinderte. Der Auftrag war eine Falle gewesen. Eine verdammt Gute – und war es immer noch. Lily hoffte nur, dass dort unten nicht mehr Todesser warteten.

Sie rannte, wie nie zuvor in ihrem Leben. Vor ihrem inneren Auge sah sie ihren kleinen Sohn, der nicht einmal ein Jahr alt war, und beschwor ihre letzten Kraftreserven herauf. Sie musste nach Hause zurückkehren!

Hinter ihr wurden Flüche gebrüllt. Lichter, rot und grün, schlugen um sie herum auf die glatte Straße. Feine Eissplitter explodierten wie Glitzer im Schein der vereinzelten Straßenlampen zu ihren Füßen.

James war weiterhin vor ihr; zog sie mit sich. Ihre Finger waren taub von der Kälte, doch sie spürte seinen sanften Druck auf ihnen. Inzwischen rutschte sie mehr, als dass sie rannte. Aber sie konnte nicht darauf vertrauen, dass sie ein zweites Mal von einem Sturz auf dem Glatteis gerettet werden würde.

Und dann traten auf einmal zwei weitere Gestalten in schwarzen Umhängen vor ihnen auf die Straße. Ihre Masken schimmerten bedrohlich unter ihren Kapuzen. Todesser.

»Vorsicht, James!«, schrie sie, da riss dieser bereits seinen Zauberstab hoch.

Keine Sekunde später erlosch sein Schildzauber flackernd unter der Wucht der Einschläge. Fluchend warf er sich zu Boden, Lily mit sich reißend. Die nächsten Flüche trafen funkenschlagend über ihren Köpfen zusammen. Einer ihrer Verfolger allerdings sackte getroffen vornüber. Die Todesser kannten keine Gnade – nicht einmal voreinander.

Ein Schockzauber von James widmete sich ihrem letzten Jäger, während Lily die Angreifer von vorne in eine Wolke aus Wasserdampf hüllte. Zumindest hatte sie das vor, als sie den Incendio-Zauber auf eine Schneewehe neben den Männern richtete. Womit sie nicht gerechnet hatte, war das Glatteis. Nur, dass es diesmal nicht sie zu Boden riss, sondern den Todesser.

Er war mit erhobenem Zauberstab vorwärtsgestürmt, bereit ihnen einen weiteren tödlichen Fluch entgegenzuschleudern. Schon sah Lily ihn fallen, im gleichen Augenblick, da der kalte Winterwind ihr die letzte Silbe des Zaubers von den Lippen riss. Die magischen Flammen waren nicht aufzuhalten. Anstelle der Schneewehe traf der glühende Feuerball den Angreifer in die Brust. Ein Schrei gellte durch die Nacht, dass auch der letzte Muggel in diesem verdammten Dorf aufwachen musste.

Lily hatte das Gefühl, dass gleich mehrere Schockzauber sie mitten ins Herz getroffen hatten. Voller Entsetzen starrte sie auf den brennenden Todesser – den Mann, Mensch. War das ihr eigener Schrei, der von den Hauswänden widerhallte?

Jemand zerrte an ihrem Arm. Schrie sie an ... flehte sie an? Weitere Lichter schossen in verschiedene Richtungen davon. Inmitten all der Dinge, die viel zu schnell durch ihren Verstand rasten, klammerte Lily sich an die eine Sache, die ihr mehr bedeutete als alles andere auf der Welt. Harry. Sie musste zu ihrem Sohn zurück!

Stolpernd kam sie hinter James auf die Beine. Sie warf keinen zweiten Blick auf die zusammengesackten Schemen der Männer, die ihren Tod gewollt hatten, sondern rannte einfach weiter, den Zauberstab fest umklammert.

James erreichte als Erstes die Dorfgrenze, keine Sekunde später folgte sie. Das altbekannte Schwindelgefühl des Apparierens setzte ein und dann verschwamm ihre Umgebung, ebenso wie die Schreie des Todessers.

Nach Atem ringend nahmen Lily und James hunderte Meilen entfernt in Godrics Hollow wieder Gestalt an. Hier drückte nur Stille auf ihre Ohren. Den Zauberstab erhoben, sahen sie sich in alle Richtungen um, ob weitere böse Überraschungen lauerten. Lily murmelte einen leisen Geheimnisaufspürzauber, aber die Gegend blieb ruhig. Niemand außer ihnen war auf dem kleinen Dorfplatz. Nur in der Kirche brannte Licht.

Ihre Zauberstabhand sackte nach unten, mit einem Mal all ihrer Kraft beraubt. Das Adrenalin hämmerte noch immer durch ihre Adern, aber mit jeder weiteren Sekunde setzte sich die Wirklichkeit in ihren Gedanken zu einem erschreckenden Bild zusammen, das sie nicht länger ignorieren konnte.

Sacht zog James sie in seine Arme, bevor sie überhaupt ein Wort sagen konnte. Seine Brust hob und senkte sich immer noch hektisch, doch er strich ihr beruhigend über den Rücken. »Wir sind in Sicherheit«, keuchte er leise. »Wir sind in Sicherheit, Lil. Alles gut.«

Ein trockener Schluchzer entrang sich ihrer Kehle. »James ... oh Merlin ...«, wimmerte sie leise. »Ich hab ihn umgebracht! Ich hab jemandem umgebracht!«

»Shhh. Was redest du da? Lil, du hast niemandem umgebracht.« James‘ Worte klangen so rau, als hätte er einen besonders üblen Schnupfen. »Alles ist gut«, beschwor er und streichelte ihr über den Rücken. »Wir gehen jetzt nach Hause und alles ist gut

Sie hörte die Lüge in der Art, wie er seine Stimme senkte, damit sie sich fester anhörte. Wie seine Hände an ihrem Rücken sich langsam zu Fäusten ballten, weil er sonst womöglich ebenfalls in Tränen ausgebrochen wäre. Wenn sie diese Lüge doch nur hätte glauben können. Es gab nichts, was ihr das Geschehene erleichtern konnte.

»Er hat gebrannt, James«, stieß sie heiser hervor.

»Er war ein Todesser. Er hätte auch kein Mitleid mit uns gehabt.«

»Aber ... oh Gott, ich weiß nicht einmal, wer er war! Vielleicht hat er Familie, bestimmt vermisst ihn jemand ... oh nein ...«

»Lil.« James legte die Hände auf ihre Schultern und sah ihr fest in die Augen. »Es war ein Unfall! Hörst du mich? Ein Unfall! Bitte ...«

Dröhnend hallte das Schlagen der Kirchenglocke über den verschlafenen kleinen Marktplatz von Godrics Hollow und verschlang damit James‘ nächste Woche.

»Wir sollten gehen«, brachte Lily zitternd hervor und schob den Zauberstab in ihre Manteltasche, bevor ein argloser Muggel aus der Kirche kam und sie so sah.

Wortlos ergriff James wieder Lilys Hand und gemeinsam kehrten sie zu ihrem kleinen Haus zurück, das so friedlich dalag wie bei ihrem Aufbruch. Die Lichter brannten noch und im Flur begrüßte sie der Duft von Tannenzweigen, Keksen und dem Wunderschnee, den Lily tags zuvor gekauft hatte. Spuren eines vermeintlich normalen Lebens, das genauso sehr eine Lüge war wie James‘ beruhigende Worte wenige Minuten vorher.

Im Wohnzimmer fanden sie einen völlig erschöpften Sirius auf dem Sofa vor, in dessen langen Haaren sich eine beträchtliche Menge magischer Schneeflocken tummelte, genauso wie überall sonst. Das Zimmer sah aus, als wäre eine Schneebombe eingeschlagen. Ihr unfreiwilliger Babysitter murmelte irgendeine müde, halbherzige Entschuldigung, aber Lily hörte ihm gar nicht zu.

Sie hatte nur Augen für einen. Inmitten all des Chaos saß ein glücklich glucksender Harry und pflückte auch noch die letzten Reste verzauberten Wunderschnees mit seinen winzigen Babyhänden aus dem Paket, das beinahe so groß wie er selber war.

Unter anderen Umständen hätte Lily ihre Hände in die Hüften gestemmt, wie es auch Professor McGonagall nicht besser konnte, um Sirius eine Predigt zu halten, die bis zum Morgen andauern würde. Doch vor ihren Augen tanzten immer noch die Flammen; in ihren Ohren überschlugen sich die Schreie eines Fremden.

Ohne überhaupt die Schuhe auszuziehen, schlug sie eine Schneise in den Kunstschnee, sackte vor ihrem Sohn auf den Teppich und zog ihn in ihre Arme, als wolle sie ihn nie wieder loslassen. Und zumindest für die nächste Stunde würde nicht einmal Lord Voldemort höchstpersönlich sie davon überzeugen können.

James seinerseits kniete sich neben sie und zog sie beide zusammen in seine Arme. Er hielt noch seinen Zauberstab festumklammert, nach dem Harry nun lachend die Hände ausstreckte, sich der Angst seiner Eltern gar nicht bewusst.

»Nächstes Weihnachten nehmen wir keinen Auftrag vom Orden an, so viel ist sicher«, murmelte James leise, doch von dem Zittern in seiner Stimme konnte er nicht ablenken. »Das Wohnzimmer ist ja eine echte Katastrophe und dabei haben wir Tatze nur ein paar Stunden alleine gelassen.«

Lily versuchte es mit einem tapferen Lachen, aber stattdessen kamen die Tränen. Ihr Sohn sah mit kullerrunden Augen zu ihr hinauf. Schluchzend presste sie ihr Gesicht in sein wohlriechendes Babyhaar, das in Unordentlichkeit dem von James in nichts nachstand.

Sie wusste genauso gut wie James, dass sie beide jederzeit wieder losziehen würden, wenn der Phönixorden sie brauchte. Das waren sie Harry schuldig, damit er in einer Welt ohne Krieg groß werden konnte. Allein er war es wert, Flüche, Flammen und Schreie auf sich zu nehmen, in der Hoffnung, dass es ein besseres Morgen geben würde.



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