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Zauberhafte Weihnachten

von

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Weihnachtszauber [Tom Riddle]


 

Hogwarts, 1938

Tom Riddle

 

Wenn Leute vom Weihnachtszauber sprechen, kann Tom Riddle nur den Kopf schütteln. Schon mit elf Jahren macht er sich nicht viel aus diesem Fest, das alle anderen in seinen Bann zieht. Doch Weihnachten in Hogwarts ist besonders ...

 

***

 

Weihnachten war ein schreckliches Fest. Zu dieser Feststellung gelangte Tom früh in seinem jungen Leben und wie in so vielen Belangen war er der Überzeugung, dass diese Ansicht sich nie ändern würde. Die Fröhlichkeit, die so vielfach in Weihnachtsliedern besungen wurde, hatte sich ihm, bei aller rationaler Betrachtung, nie erschlossen. Viel mehr kam es ihm wie ein innerer Zwang der Menschen um ihn vor. Je stärker die selige Atmosphäre des Fests bekräftigt wurde, desto eher würde sie sich bewahrheiten, so schien der Glaube.

Von diesem angeblichen Zauber – welch herabwürdigende Nutzung des Wortes Zauber, wie er sich später ärgerte – des Weihnachtsfests spürte man im Waisenhaus nichts. Unter halbherzig aufgehängter Weihnachtsdekoration, von der sich die Farbe schälte wie die schimmelige Tapete in manch feuchtem Schlafsaal von der Wand, mussten die Kinder gezwungenermaßen fröhliche Lieder singen und Kekse backen, die schmeckten wie Zement und Kleister. Er war sieben, als er herausfand, dass sich die steinharten Dinger höchstens eigneten, um Ratten zu bestechen, die Sachen anderer Waisenkinder anzunagen.

Wenn überhaupt, dann erweckte Weihnachten die bittere Erinnerung daran, dass jedes einzelne Kind an diesem kargen Ort alleine und verlassen war. Die eisigen Winde, die durch undichte Fenster in das Gebäude zogen, schienen Tom stets gehässig zuzuflüstern, dass es hier keine Liebe für ihn gab. Anders als die meisten Waisen weinte er deswegen nicht des Nachts heimlich in sein Kissen. Seine Tränen wären verschwendet an diese Welt, das stand fest. Was bedeutete schon Liebe, wenn er viel mehr erreichen konnte. Verehrung und Furchtsamkeit – darin lag größerer Reiz. Besonders, seit er endlich Hogwarts besuchte.

Am ersten Dezembertag allerdings tauchten unvermittelt zwölf Weihnachtsbäume in der großen Halle des Schlosses auf. Bei dem Anblick der reichlich geschmückten Tannen verzog sich Toms Gesicht widerwillig zu einer Grimasse. Entgegen aller Hoffnung hatte er dieses elende Fest also doch nicht hinter sich gelassen. Er fürchtete jetzt schon, was ihn in den Ferien erwarten würde, die er sicherlich als Einziger aus seinem Jahrgang in der Schule verbringen würde.

So gerne manche seiner Mitschüler sich auch als seine ‚Freunde‘ bezeichneten, sie allesamt hatten Familie, zu der sie heimkehren würden, ohne ihn zu vermissen. Aus ihren kindlichen Mienen konnte er nichts als weihnachtliche Begeisterung lesen und doch drängten sich ihm unangenehme Parallelen zum Weihnachtsfest im Waisenhaus auf. Zumindest die Lehrerschaft schien genauso erpicht darauf, vorweihnachtliche Stimmung zu verbreiten, wie die Bediensteten des Kinderheims.

In einer sehr langwierigen Stunde Zauberkunst musste Tom sich zu seinem Missfallen damit beschäftigen, Schnee heraufzubeschwören, der schrecklich nutzlos auf die Klasse hinabrieselte, nur um sich kurze Zeit später wieder in magischen Wohlgefallen aufzulösen. Das hatte wenig mit den machtvollen Zaubereien zu tun, die zu lernen er hoffte – mal abgesehen davon, dass ein unfähiger Junge aus Ravenclaw es bereits in der ersten Woche des Schuljahres geschafft hatte, es unabsichtlich im Verwandlungsunterricht schneien zu lassen.

Gideon Rosier allerdings fand Gefallen an dem Zauber. Er ließ es in ihrem Gemeinschaftsraum so lange weiße Flocken herabrieseln, bis Tom ihn mit schneidender Stimme fragte, ob er fünf Jahre alt sei oder warum ihm diese Albernheiten derart viel Spaß bereiteten. Daraufhin senkte er endlich den Zauberstab und ersparte es ihnen, auszusehen als würden sie an besonders heftigem Schuppenbefall leiden.

Damit hatte Tom das Schlimmste freilich noch vor sich. Zunächst verschwor sich die Natur gegen ihn. London war zwar eine kalte Stadt, doch der Schnee hatte sich stets im Handumdrehen in unansehnlichen grauen Matsch verwandelt, der nur mit reichlich Fantasie als das weiße Winterwunderland durchging, das man in Liedern verkaufen wollte. Eines Morgens jedoch erschienen Eisblumen an den Fenstern des Slytherin-Gemeinschaftsraums und sobald Tom den Kerker verließ, stellte er fest, dass sich die Ländereien rund um Hogwarts in eben jenen unwirklichen Kitsch verwandelt hatten, an den er nicht glauben wollte.

Die Jungen aus seinem Schlafsaal vergaßen all ihre guten Manieren und stürzten sich hinaus in den frischen Schnee, wie eine Horde Bowtruckle auf saftige Blattläuse. Binnen Sekunden entfesselten die Slytherins eine Schneeballschlacht, die ihresgleichen suchte. Tom versuchte, seine Würde zu wahren, stand teilnahmslos am Rand und betrachte das Geschehen mit einigem Unverständnis – bis ihn ein Schneeball mitten ins Gesicht traf.

Die anderen gaben sich zumindest den Anschein, schuldbewusst dreinzusehen, als er sie zornig anfunkelte. Mal wieder war Gideon Rosier der Übeltäter. Offenbar hatte er seinen Zauberstab selten unter Kontrolle.

»’Tschuldigung, Tom«, rief er. Seine Stimmlage legte nahe, dass er es nicht wirklich meinte. »Warum machst du nicht einfach mit? Komm schon!«

Tom hatte nicht übel Lust, Gideon einen Schneeball auf den Hals zu hetzen, allerdings weniger aus Vergnügen an dieser Kinderei. Andererseits ... er lächelte listig.

»Na schön«, entgegnete er und zückte seinen Zauberstab.

Vielleicht konnte er seinem Ärger ja Luft verschaffen und die Slytherins würden es nicht einmal merken, weil sie dachten, er hätte Spaß. Und tatsächlich, stellte Tom fest, hatte es seinen ganz eigenen Reiz, das glitzernde Wunderweiß zu verhexen und jemand anderem mit Schmackes gegen den Hinterkopf sausen zu lassen.

Am Ende mussten die restlichen Slytherins sich seinem frisch erweckten Ehrgeiz geschlagen geben, aber sie taten es mit einem Lachen auf den geröteten Gesichtern. Ausnahmsweise befand Tom, dass der Winter vielleicht doch nicht ganz so übel war, wie er angenommen hatte.

Aber nachdem er mit dem Schneeparadies seinen vorübergehenden Frieden geschlossen hatte, verschwor sich als Nächstes das Schloss gegen ihn. Allerlei geschmacklose Weihnachtsdekorationen tauchten überall auf, wie ein Geschwür, das sich von alleine bis in den hintersten Winkel von Hogwarts ausbreitete. Zwar waren Girlanden, Mistelzweige und dererlei Tand bedeutend besserer Qualität als der Plunder im Waisenhaus, aber lästig war es trotzdem.

Ganz zu schweigen von den Ritterrüstungen, die plötzlich anfingen, schrecklich schiefe Weihnachtslieder zu trällern, und ihm damit gehörig auf den Geist gingen. An Tag drei dieser Scharade hielt Tom es nicht länger aus und legte sich einen Schlachtplan zurecht, der es vorsah, einen Zauber zu finden, der die Rüstungen verstummen ließ.

Er weihte seine Mitschüler nicht ein, denn aus ihren lachenden Gesichtern konnte er schließen, dass sie alle sich über diese Einlagen freuten. Spätestens jetzt war überdeutlich, dass seine sogenannten Freunde in einer anderen Welt lebten. Also saß Tom alleine in der Bibliothek auf der Suche nach einem Buch, das ihm den rechten Zauber anbieten würde.

Sein anfangs so kleiner Stapel wuchs und wuchs und zu seinem Unmut stellte er fest, dass es eine Menge ziemlich unnützer Zaubersprüche gab. Er fand gar ein ganzes Buch, das sich nur mit weihnachtlichen Zaubern beschäftigte. In einem verstohlenen Moment entführte er es aus der Bibliothek und fütterte den Kamin im Gemeinschaftsraum damit.

Aber auf einen Zauber, der seinem Plan angemessen war, konnte er sich nicht so recht festlegen. Nicht einmal ein nächtlicher Ausflug in die verbotene Abteilung verschaffte ihm die Befriedigung, die er sich erhofft hatte. Zumindest las er eine Menge interessanter anderer Sachen über mächtige Zauber, die er sich für später merkte. Schlussendlich kam er zu dem Schluss, dass ein simpler Schluckaufzauber für den Anfang reichen musste.

Mit einiger Genugtuung beobachtete Tom am nächsten Tag, wie Gideon Rosier auf dem Weg zur Zauberkunststunde recht enttäuscht die Rüstungen ansah, die alle nun mehr nur noch ein Hicksen von sich gaben.

Je unglücklicher sein Hauskamerad in den kommenden Tagen dreinsah, angesichts der welkenden Mistelzweige und schwarz angelaufenen Baumkugeln, desto zufriedener fühlte Tom sich. Auch wenn er das seinem angeblichen Freund gegenüber freilich nicht zugab.

Nachdem Tom mit seiner Rache an der Weihnachtsdeko vorerst befriedigt war, verschwor sich allerdings der Schlimmste von allen gegen ihn – Albus Dumbledore. Den meisten Lehrern war es herzlich egal, dass Tom die kleinen Weihnachtsspielchen nur zähneknirschend über sich ergehen ließ. Aber der Verwandlungslehrer richtete eines Morgens am Frühstückstisch seine Augen quer durch die große Halle hinweg auf Tom und schien persönlich beschlossen zu haben, ihm diese Verbrechen gegen die Weihnachtsstimmung nicht länger durchgehen zu lassen.

Tom mochte den Lehrer nicht, was insbesondere mit ihrem ersten Kennenlernen zusammenhing. Und wenn er sich nicht recht täuschte, dann waren all die vorgeschobenen Freundlichkeiten von Albus Dumbledore ebenso unecht. Trotzdem lächelte der Verwandlungslehrer mit einer Engelsgeduld zu seinem Schüler hinab, als dieser nach dem Unterricht seine Sachen zurück in die Tasche stopfte.

»Mr. Riddle?«

»Ja, Sir?«, entgegnete Tom unbekümmert.

»Ich habe gesehen, dass Sie über die Weihnachtsferien in der Schule bleiben werden. Da in diesem Jahr ein paar mehr Schüler die Ferien hier verbringen werden, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir am 25. Dezember ein Festessen in der großen Halle abhalten werden – und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Ihre Abneigung gegenüber allem Weihnachtlichen nicht mehr ganz so destruktiv äußern, Mr. Riddle. Auch wenn Sie es nicht glauben mögen, einige Ihrer Mitschüler freuen sich auf dieses Fest. Ich möchte Sie nicht erneut daran erinnern müssen, dass wir anderen diese Freude nicht nehmen.«

Natürlich musste der verschrobene Alte mal wieder diese Leier spielen. Offenbar war ihm noch nicht aufgefallen, dass auch ein paar der übrigen Slytherinschüler ihren Spaß an dem ein oder anderen Fluch hatten. Aber Tom gab sich weiterhin unberührt.

»Natürlich, Sir. Allerdings würde ich es vorziehen, die freien Tage für ein wenig Recherche nutzen zu dürfen. Es gibt noch vieles, das ich über Verwandlungen beispielsweise nicht weiß – ich denke, ein Studium in der Bibliothek wäre mir nützlicher als ein Festessen.«

»Mein lieber Mr. Riddle, angesichts all Ihres bemerkenswerten Ehrgeizes sollten gerade Sie sich eine Pause gönnen. Die Bibliothek wird Ihnen schon nicht davonlaufen. Abgesehen davon wird sie geschlossen sein.« Dumbledores strahlend blaue Augen hefteten sich warnend auf Tom. »Ich erwarte, Sie beim Festessen zu sehen«, setzte er mit dieser vorgeblich so sanften Stimme hinzu, die doch genauso durchdringend war wie sein Blick.

Keine Fehltritte, schien er wirklich zu meinen. Tom beschied sich auf ein höfliches Nicken, ehe er das Weite suchte.

Die ganzen kommenden Tage ärgerte er sich darüber, dass alte Narr Dumbledore ihm die Aussicht auf zwei Wochen in der Abgeschiedenheit der Bibliothek raubte. Er hatte sich bereits vorgestellt, wie er sich endlich mal so richtig ungestört der verbotenen Abteilung widmen konnte, und nun sollte er schon wieder Teil von einem lächerlichen Weihnachtsfest werden.

Toms Laune erreichte ihren – vorübergehenden – Tiefpunkt, als eines Morgens Gideon Rosier einen langen Brief seiner Eltern erhielt, an dessen Ende angelangt der Junge mit einem Seufzen verkündete, dass er Weihnachten jetzt ebenfalls in der Schule verbringen müsse. Offenbar hatte seine Familie angesichts des Muggelkrieges ihr Stadthaus in London zeitweise verlassen und wähnten ihren Sohn in den Mauern von Hogwarts sicherer aufgehoben, als auf ihrem Landsitz.

Das nahm Gideon wiederum zum Anlass, Tom in jeder Einzelheit zu schildern, was er jetzt an dem heimischen Weihnachtsfest vermissen würde. Er erzählte von geschmückten Bäumen in allen Zimmern, von den Hauselfen, die reichlich Kekse backten und allerhand anderem Plunder, unter dem Tom sich zugegeben nicht viel vorstellen konnte. Außerdem ließ er es wieder schneien – als würde draußen nicht bereits genug Schnee fallen.

Die Aussicht darauf, ganze zwei Wochen alleine mit Gideon Rosier im Slytherin-Gemeinschaftsraum zu verbringen, stimmte Tom nicht besonders fröhlich. Daher hellte sich seine Stimmung tatsächlich ein kleines bisschen auf, kaum dass Alston Mulciber der Nächste war, dem seine Eltern rieten, die Weihnachtsferien im Schloss zu bleiben, während sie selber seine Tante in Amerika besuchten. Noch lieber wäre es Tom nur gewesen, wenn sie seine Mitschüler alle beide mitgenommen hätten.

Immerhin war Mulciber ein hellerer Kopf als Rosier – abgesehen von Verwandlungen. In dem Fach erweckten sowohl Rosier als auch Mulciber den Eindruck, dass sie bei Glatteis mit dem Schädel voran eine Begegnung mit einem Laternenpfosten gemacht hatten. Mit Mulciber könnte Tom sich vielleicht noch unterhalten, solange Rosier es nicht wieder schneien ließ.

Zumindest für die ersten Ferientage sollte er recht behalten. Rosier erging sich in leidvollen Schilderungen dessen, was er bei seinem heimischen Weihnachtsfest alles so vermisste und Tom stellte einmal mehr fest, dass der Junge schrecklich verwöhnt war. Unterdessen holte Mulciber einen dicken Wälzer mit dem Titel ‚Tiefverborgene Geheimnisse – die Kunst der Legilimentik‘ hervor.

Tom mühte sich, einen Sinn in den Symbolen auf dem Einband zu erkennen, doch er musste sich eingestehen, dass er keine Ahnung hatte, was Legilimentik war. Aber so wie Mulciber seine Nase in den Wälzer steckte, versprach es einige Spannung. Also ertappte er sich schließlich dabei, wie er das tat, was er am meisten hasste – er stellte eine Frage.

»Legilimentik?«, fragte er seinen Mitschüler über das wackelige Kartenhaus hinweg, das Gideon Rosier gerade zum hundertsten Mal versuchte, aufzubauen.

»Ich dachte, ich könnte es mal versuchen«, entgegnete Mulciber mit einem Achselzucken. »Klar, ist nichts für Erstklässler, aber mein Vater hat mir das Buch trotzdem geschenkt. Hier in der Bibliothek sperren sie so etwas ja weg. Wäre schon ziemlich nützlich, wenn ich wüsste, was die Lehrer so denken. Dann müsste ich mich in keiner Prüfung mehr anstrengen, wenn ich die Lösung einfach lesen kann.«

Offenbar handelte es sich bei der Legilimentik also um das Gedankenlesen, schlussfolgerte Tom. Das klang ganz nach etwas, womit er sich ursprünglich die Ferien hatte vertreiben wollen. Auch wenn Mulcibers Vorhaben, damit nur die Gedanken der Lehrer zu lesen, mal wieder bewies, dass es ihm an Weitsicht mangelte. Wen interessierten schon die Antworten auf Prüfungsfragen? Zumal Tom die ohnehin wusste, er war schließlich kein Stümper. Trotzdem täuschte er ein Grinsen vor.

»Das wäre in der Tat praktisch«, log er ohne Umschweife. »Schon Erfolg gehabt?«

»Nein«, entgegnete Mulciber zerknirscht – und erleichterte Tom damit zugegeben. Ihm wäre es gar nicht recht, wenn jemand in seinen Gedanken rumpfuschen würde. Nicht auszudenken!

Bis zum Weihnachtsmorgen widmete er sich gemeinsam mit Mulciber der Lektüre des verfrühten Weihnachtsgeschenkes. Und zugegeben schlich er sich in der Nacht, wenn seine beiden Schlafsaalkameraden selig schnarchten, wieder in den Gemeinschaftsraum, um auch ohne die störenden Anmerkungen seines Mitschülers noch etwas in den Seiten zu blättern.

Am Weihnachtsmorgen selber türmten sich Geschenke zu Fuße der Betten seiner selbsternannten Freunde, während bei Tom nur gähnende Leere herrschte. Der schockierte Blick Rosiers fiel ihm gar nicht groß auf – immerhin war es nicht so, dass er mit irgendetwas gerechnet hätte. Die winzigen Tütchen Nüsse und Mandarinen, die im Waisenhaus verteilt worden waren, vermisste er jedenfalls nicht sonderlich.

Vom Festessen selber erhoffte er sich genauso wenig, doch in dieser Hinsicht erwiesen seine Erwartungen sich ebenfalls falsch. Anstelle der vier Haustische gab es an jenem Abend nur eine lange Tafel, die reichlich besetzt war. Hufflepuffs, Gryffindors, Ravenclaws und die drei Slytherins drängten sich gemeinsam mit der Lehrerschaft um den Tisch, der sich unter allerlei Leckereien bog.

So gut hatte Tom in seinem ganzen Leben noch nicht gegessen. Von Weihnachtsbraten und Puddings hatte er höchstens in den Geschichten, die im Waisenhaus vorgelesen wurden, gehört. Und während Gideon Rosier alle mit den Vergleichen zu den Kochkünsten der Hauselfen seiner Familie langweilte, ertappte er sich bei dem Gedanken daran, dass Weihnachten in Hogwarts gar nicht so übel war, wie befürchtet.

Derart gesättigt, ertrug er sogar die lächerlichen Knallbonbons, die neben dem Nachtisch auftauchten, und die nichts als magische Effekthaschereien enthielten. Die weißen Mäuse, die daraus explodierten, erinnerten ihn höchstens an die Ratten im Waisenhaus.

Die beste – und wohl überraschendste – Wendung des Abends erwartete ihn allerdings zurück im Schlafsaal. Da lag es auf seinem Bett, einsam und alleine, das Buch über Legilimentik. Alston Mulciber bedachte ihn mit einem vorsichtigen Blick.

»Ich sag meinem Vater einfach, ich hab’s verloren, dann schickt er bestimmt ein Neues.« Mit diesen Worten wandte er sich ab und zog die smaragdgrünen Vorhänge seines Himmelbettes zu.

Nun, vielleicht hatte Weihnachten hin und wieder doch seinen ganz eigenen Zauber. Zumindest dieses Fest bewies, dass nicht jedes Weihnachten so trist war wie im Waisenhaus. Reichlich zufrieden vertiefte Tom sich in die Kunst des Gedankenlesens.



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