Rote Rosen im Schnee von Lost_Time (AK 2021 Türchen 2) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- 1. Kapitel „Mist!“ Der Ausruf klang mehr genervt, als wirklich verärgert, als der Aktenberg in sich zusammen brach und sich auf den Fußboden ergoss. Mit einem tiefen Seufzer erhob sich der brünette Mann von seinem Schreibtisch, um das Chaos wieder in Ordnung zu bringen. Zumindest eines von den vielen in seinem Büro. Alexander Schwarz war eigentlich ein ordentlicher Mensch, doch die letzten Wochen hatte er diese in seinem Büro schleifen lassen. An einer beschreibbaren Tafel hingen Fotos von schlafenden Personen. Von jedem ging ein Pfeil aus der einen zu Informationen weiterleitete. Name, Alter, Geburtstag und noch vielen weiteren Sachen. Die Akten, welche nun wieder von ihm auf seinen Tisch zu einem, zugegeben erneut schiefen, Berg gestapelt wurden, gehörten zu den Fotos. Jedes zu einer eigenen Akte. Seit vier Jahren hielten ihn diese Bilder wach und auch ein fünftes Jahr brachte keine Ruhe für ihn. Immer wenn der Winter nahte verbrachte er nicht nur Tage, sondern auch Nächte mit diesen zu und jeder Winter brachte mindestens eine Akte dazu. Es war zum verrückt werden, egal wie seine Kollegen und er es auch betrachteten, es gab einfach keine Lösung, die sich auftat. Den wackeligen Stapel missachtend, trat Alexander an die Tafel, starrte wie so oft die Bilder und Daten an. Er wusste nicht wieso, doch immer wieder hoffte er, dass es endlich das Geheimnis lüften konnte. Das Klopfen an seiner Tür unterbrach seine Gedankengang und er forderte die Person mit bestimmender Stimme einzutreten. „Hey Alex, unser Meeting steht an“, meinte ein jüngerer Mann, welcher nur den Kopf durch den Türspalt hinein steckte. „Komme“, meinte Alexander und löste seinen Blick und den Gedanken von der Tafel. Er griff zu seinem Notizbuch mit Stift und seinem Schlüssel. Nachdem er sein Büro verschlossen hatte, ging er zum Besprechungsraum, um dort von seinem Chef das zu hören, was er die letzten Jahre schon zu hören bekommen hatte. Der Wind blies heute besonders kalt die Straßen entlang. Ein Kälteschauer jagte über ihre Beine, als dieser sie traf. Es war frischer, als sie erwartet hatte und gerade ärgerte sie sich einfach nur darüber nicht doch nach der Jeans gegriffen zu haben. Die Nylonstrumpfhose, welche sie unter ihrem knielangen, hellbraunen Baumwollrock trug, hielt dem Wetter nicht so stand, wie sie es gehofft hatte. Die ersten Schneeflocken waren bereits zur Erde gerieselt in dieser überschaubaren Stadt im Erzgebirge. Eigentlich lebte Monika in der sächsischen Stadt Leipzig und studierte dort Botanik, doch für einen besonderen Kurs war sie in die, vergleichsweise kleine, Stadt Aue-Bad Schlema gekommen. Ursprünglich wollte sie nur dem Vortrag des Professors Penner lauschen, was nicht mehr als einen Tag in Anspruch genommen hätte, doch er hatte ihr angeboten etwas mehr über seine Forschungen zu lernen. Dieses hatte sie nach kurzem Überlegen nur zu gerne angenommen und sich nun für eine ganze Woche in einem günstigen Hotel eingemietet. Heute war sie auf dem Weg zur Volkshochschule, wo der Professor seine Vorträge für Interessierte hielt. Diese fanden nicht wirklich oft statt, schließlich war sein Bereich sehr spezifisch und trotzdem mehr als interessant. Soweit Monica wusste, lag es an gesundheitlichen Problemen, die den Professor davon abhielten, sich längere Zeit außerhalb seines Wohnortes aufzuhalten. Der arme Mann, dachte sie bei sich, als sie die Tür zur städtischen Volkshochschule aufdrückte. Im Inneren des Gebäudes war es wärmer, aber von gemütlich warm, war es für ihr Empfinden meilenweit entfernt. Ihren warmen Parker öffnete sie dennoch ein bisschen, es war wohl mehr ein Reflex dies zu tun, als wirklich notwendig. Suchend blickte sie sich in dem Foyer um nach einem Informationsschalter oder etwas anderes in dieser Art. Monika schien wirklich alles zu finden, außer eben besagte Information. Da waren einige Pinnwände mit Aushängen, verschiedene Sitzmöglichkeiten, wie Bänke, aber auch eine kleine Sitzecke mit Sesseln. Die Fahrstühle und Treppenaufgänge, welche einen in die nächsten Etagen brachten und natürlich die Sanitäreinrichtungen für Besucher unter anderen. Die Studentin mit den schwarzen langen Haaren und den dunkelbraunen Augen holte kurz Luft, ehe sie das Foyer erneut mit den Augen absuchte. Diesmal allerdings auf einen Gebäudeplan fokussiert. Wenn diese Information schon nicht eindeutig sichtbar hier zu sehen war, dann musste irgendwo doch ein Plan hängen um sie wenigstens finden zu können. So zumindest war der Gedankengang von Monika. Jedoch fand sie auch nach intensiven begutachten von Wänden und den Säulen nichts was auch nur im entferntesten wie ein Wegplan aussah. Mit verärgerter Miene ließ sie ihre Hand zu ihrer Handtasche gleiten, um ihr Handy heraus zu holen. Dann musste sie den Professor eben anrufen, hoffentlich hatte er gerade keine Vorlesung oder war mit etwas anderen beschäftigt. Bevor sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, vernahm sie Schritte, welche die gefliesten Treppenstufen herunter kamen. Vielleicht war das ja jemand der hier lehrte oder lernte, je nachdem. Ihr war wirklich jeder Recht, der ihr helfen konnte ohne vor dem Professor gleich wie der letzte Depp da zu stehen, der zu blöd war einen Informationsschalter zu finden. Sie ging näher zu den Treppen herüber, wo ein hochgewachsener junger Mann hinunter kam. Sein längeres rotbraunes Haar war nach hinten gestylt und ein Vollbart bedeckte seine unterste Gesichtshälfte. Überrascht sah er sie mit seinen blau-grünen Augen an. „Kann ich Ihnen helfen?“ Die tiefe Stimme des jungen Mannes erschreckte sie kurz, zwar passte diese zu ihm, dennoch hatte sie solch eine nicht erwartet. „Hallo. Ja, dass wäre wirklich nett. Ich habe eigentlich einen Termin bei Professor Penner und dachte hier wäre eine Information irgendwo.“ Der andere lachte leise in seinen Bart hinein: „Dafür sind Sie etwas zu spät dran. Das Sekretariat ist bereits nicht mehr besetzt. Aber ich weiß trotzdem wo sich der Professor aufhält.“ Der nette Mann drehte sich auf der Treppe um und deutete mit dem Finger nach oben. „Ins dritte Stockwerk hoch, dann links den Gang entlang und dann die vorletzte Tür auf der rechten Seite.“ „Vielen Dank, dass ist sehr nett von Ihnen, Herr… .“ Monika geriet ins Stocken, als ihr bewusst wurde, dass sie die Person vor sich ja noch gar nicht kannte. „Gern geschehen“, erwiderte er ihr und winkte zum Abschied. Verwundert blickte sie ihm noch einen Moment nach, ehe sie sich dann auf den Weg machte, den er ihr beschrieben hatte. Kurz darauf klopfte sie an der Tür an und wurde vom Professor herein gebeten. „Ah, Frau Siebenbaum, nehme ich an. Willkommen, willkommen. Ich hoffe sie hatten eine gute Fahrt hierher und haben gut her gefunden.“ „Hallo Professor Penner. Ja, alles super gelaufen.“ Von ihrer misslichen Lage unten sprach sie nicht. Sie wusste nicht wieso, aber irgendwie war es ihr peinlich. Der Professor sah etwas anders aus, als sie erwartet hatte. Sie kannte ihn bisher nur von Porträt-Bilder und war überrascht, dass er für seine 50 Jahre eine kräftige Statur hatte. Kräftig im Sinne von stark, nun ja und einem kleinen Wohlstandbäuchlein. Seine schwarzen kurzen Haare wurde hier und da von weißen Haaren durchbrochen, wodurch sie einen gräulichen Schimmer besaßen. Seine blau-grauen Augen waren hinter einer dünn glasigen Brille verborgen, welche einen noch dünneren Rahmen besaß. „Oh nennen Sie mich einfach Tim. Wir werden die nächste Zeit viel miteinander zu tun haben, da ist dieses „Sie“ doch auf Dauer ziemlich lästig. Natürlich nur, wenn Sie damit einverstanden sind.“ „Natürlich, dass ist sehr nett von Ihn- ich mein von dir, Tim. Monika“, erwiderte sie. Kapitel 2: ----------- Kapitel 2 „Also meine Damen und Herren, wir haben insgesamt 12 Opfer, wobei vier davon zu einem Doppelmord gehören. Die Opfer haben unterschiedliche Geschlechter, Alter und ethnische Herkünfte. Die meisten sind aus dem Umkreis von Aue-Bad Schlema, aber nicht alle. Einige sind auch Besucher von Verwandten hier oder auch Touristen.“ Alexander kam sich selbst blöd vor das Wort Tourist für ihre kleine Stadt zu nutzen, wer verirrte sich schon freiwillig hier her. Aber es gab eben immer welche, die hier landeten um Urlaub zu machen. Vor ihm saßen zehn Männer und Frauen unterschiedlichen Alters. Sie blickten hoch konzentriert an das weiße Board, welches er mit den Fotos aus seinem Büro behangen hatte. Statt der vielen Akten lag nur eine vor ihm auf dem Tisch. Ein Projektor neben ihm warf die Tatort Fotos der Reihe nach an die weiße Leinwand. „Keinem der Opfer konnte irgendeine Verbindung zu einem der anderen nachgewiesen werden. Wir sind nicht ganz sicher, ob es sich um einen oder mehrere Täter handelt. Die Vermutung geht jedoch dahin, dass es sich um einen einzelnen handeln wird. Die größte Auffälligkeit ist, dass es die Morde immer in den Wintermonaten gibt. Zumindest ist noch kein vergleichbarer Fall in den anderen Monaten aufgefallen. Meist beschränkt sich der oder die Täter auf einem Mord vor Weihnachten und einen Mord um Januar und Februar herum.“ Damit schloss der 38-jährige seine Ausführungen und stoppte die Diashow, welche in Endlosschleife die Tatort Fotos zeigte. Sein Chef hatte gestern ihm und dem restlichen SoKo-Team Feuer unterm Hintern gemacht. Die Bevölkerung wollte Ergebnisse, genauso wie die höheren Tiere der Landespolizei. Sie wirkten als seien sie ein „unfähiger Haufen Scheiße“, wie es sein Chef so treffend formulierte. Um den Mörder dieses Jahr endlich dingfest zu machen, hatte sein Chef der SoKo-Winter weitere zehn Polizisten zur Verfügung gestellt. Alexander war sich sicher, wenn er dieses Jahr keinen Durchbruch schaffte, oder, noch besser, sogar den Täter schnappte würde ihm sein Chef den Fall entziehen und endgültig zur Chefsache erklären. Eigentlich konnte er schon froh sein solange Zeit bekommen zu haben. „Gibt es sonst irgendwelche Gemeinsamkeiten?“, fragte eine junge Frau mit kurzen blonden Haaren. „Nun ja, allen Opfern wurde in den Bauch gestochen. Das Messer scheint dabei gedreht zu werden, denn wie sie an diesem Bild sehen“, begann Alexander zu erklären und brachte mit ein paar Klicks an seinem Laptop den leblosen Körper einer gebräunten Frau auf die Leinwand, „ist die Wunde im Bauch fast kreisrund. Außerdem wiesen die Opfer Brandwunden um den Bauch herum auf, welche aber vor der Stichwunde entstanden sind. Bei einigen Opfern wissen wir, dass sie mehrere Tage als vermisst gemeldet galten. Es ist also davon auszugehen, dass der Täter seine Opfer vorher noch foltert.“ „Wurden die Opfer missbraucht“, kam es nun von jemand anderen. „Nein.“ Die bisherigen Fragen waren keine neuen für ihn. Jeder der zu dem Fall dazu kam, hatte sie gestellt. „Gibt es Abwehrverletzungen?“, mischte sich wieder die kurzhaarige Blonde ein. „Nein.“ „Wieso nicht?“ „Zuerst vermuteten wir, dass die Opfer zu geschwächt waren von der vorherigen Folter, weswegen keine Gegenwehr mehr kam. Doch bei den letzten drei Opfern, welche sehr zeitnah nach ihrem Tod gefunden worden waren, haben wir Betäubungsmittel nachweisen können.“ „Sie gehen also davon aus, dass dies auch bei den anderen Opfern der Fall war?“ „Definitiv. Die Gerichtsmedizinerin hat bestätigt, dass diese Art von Betäubungsmitteln ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch schwer nachweisbar ist und leider wurden die vorherigen Opfer meist erst im Frühjahr gefunden.“ „Weitere Fragen?“, warf er in den Raum. Die meisten Mienen der neuen Unterstützer waren ziemlich versteinert, anscheinend war die erste Euphorie von ihnen gerade im Keim erstickt worden. Der Fall war verzwickt. „Irgendwelche guten Ratschläge, wie man z.B. mit der Presse umgehen sollte. Wenn zum Beispiel doch ein neues Opfer gefunden wird oder man darauf angesprochen wird.“ Es war wieder die Dame mit den kurzen blonden Haaren, sie schien von alle Anwesenden ihre Motivation und ihre Euphorie noch nicht verloren zu haben. „Am besten geben sie keinen Kommentar und überlassen es der Pressestelle, unserem Chef oder mir. Sofern es ihnen noch nicht bekannt war, in dieser Mordserie sind auch zwei Kinder involviert. Jedes Wort wird von der Presse auf die Goldwaage gelegt. Verbauen Sie sich nicht ihre Karriere durch eine in ihren Augen richtige, aber für die Öffentlichkeit unsensible Aussage.“ Natürlich war ihnen bekannt gewesen, dass zwei Kinder darin involviert war. Diese Nachricht hatte große Wellen geschlagen und zwar bundesweit. Alexander ließ seine müden Augen durch den Raum wandern, um nach weiteren Handzeichen für Fragen zu suchen. Doch nun schien auch die junge Frau genug erfahren zu haben. Sie machte sich einige Notizen auf ihren Block und blickte dann wieder auf, als warte sie darauf, dass die Einweisung fortgesetzt werden würde. „Gut, wenn es keine weiteren Fragen gibt, entlasse ich sie aus der Besprechung und bitte sie darum an die Arbeit zu gehen. Die Inhalte der Akten aller Opfer sind digitalisiert worden, das heißt sie erhalten von unserem technischen Leiter Zugangscodes und können alles noch mal in Ruhe für sich durch gehen. Wenn sich eine neue Spur auf tut oder sie etwas herausfinden, was bisher anscheinend übersehen worden ist, dann melden sie sich bitte sofort bei mir. Ganz gleich wie lapidar oder uninteressant es auf den zweiten Blick erscheinen mag.“ Die Anwesenden nickten verstehend und erhoben sich schließlich von ihren Plätzen. Die letzten zwei Tage hatte Monika viel Zeit mit Professor Penner verbracht. Dieser hatte ihr nicht nur eine private Vorlesung gehalten, sondern ihr auch einen ordentlichen Stapel an selbst verfassten Büchern überlassen, einige davon noch unveröffentlichte Skripte. Wie oft sie sich allein dafür schon bedankt hatte, hatte sie irgendwann aufgehört zu zählen. Eigentlich war sie heute wieder mit dem Professor verabredet gewesen, dass sie bei einem seiner Bücher auf Fragen gestoßen war. Leider hatte er ihr telefonisch mitgeteilt, dass er sich nicht wohl fühlte und das Treffen auf den nächsten Tag verschoben. Bevor sie das Telefonat beendet hatten, bat der Professor sie noch um einen Gefallen, welchen sie nun verwirklichen wollte. Sie ging zur Volkshochschule und grüßte beim Hereinkommen einige ihr entgegen kommende Personen. Keine von diesen kannte sie in irgendeiner Weise, außer vielleicht vom Sehen her. Doch das war kein Grund nicht trotzdem nett zu diesen zu sein. Mittlerweile war die Welt draußen in eine dichte Schneedecke gehüllt worden und Monika hatte sich schon am Tag nach dem ersten Treffen mit Professor Penner ein paar wärmere Stiefel zugelegt. Einen Rock hatte sie auch nicht mehr getragen, sondern bequeme und etwas wärmere Jeanshosen. Vorsichtig klopfte sie sich die Schneereste auf der Matte der Volkshochschule aus dem Schuhprofil. Die Matte schmatzte voll gesogen von der massigen Feuchtigkeit der letzten Tage unter ihr. Monika ging die ersten Schritte behutsam über das vollständig geflieste Foyer, welches nicht weniger Nässe aufwies. Mittlerweile wusste sie, wo sie die Fahrstühle fand, welche ihr den Weg zum Büro des Professors erleichterte. Wie Tim versprochen hatte, hatte er den Hausmeister über ihr kommen informiert, welcher sie dennoch argwöhnisch begutachtete. Auch bei ihm handelte es sich um einen älteren Herren in typischer Hausmeister Uniform, langer blau-grauer Mantel mit großen und tiefen Taschen. Aus einer von diesen blitzte das oberste Ende eines Zollstocks heraus, während in der Brusttasche ordentlich einsortiert einige Stifte auszumachen waren. Ebenso wie ein Namensschild, welches an diese genäht worden war. Das kurze Haar, welches aber grau sein musste, wenn sich Monika seinen Bart und die wenigen Haare, welche man an der Seite erkennen konnte, genauer anguckte, war unter einer Baskenmütze versteckt. Monika selbst trug seit dem zweiten Tag ebenfalls ein Besucherschild, damit sie leichteren Zugang zu Räumlichkeiten erhielt. „Guten Morgen Herr… Vos“, begrüßte ihn Monika , nach dem sie den Namen auf dem Schild gelesen hatte, mit einem Lächeln. „Voß, mein Name ist Voß. Das ist ein Eszett, dass wird wie ein Doppel „s“ gesprochen. Haben Sie solche Sachen nicht in der Schule gelernt!“ Da hatte jemand wohl einen schlechten Tag erwischt, dachte sich Monika und entschuldigte sich bei dem Herren. Dieser murmelte nur ein unverständliches „in Ordnung“ und schaute dann auf ihr Schild. „Tim… ich meine Professor Penner hatte mich beauftragt -“ „Ja, ich weiß, was der Professor gesagt hat. Dann mal los, beeilen Sie sich, ich hab nicht den ganzen Tag sein. Muss das Foyer wischen.“ Während er dies vor sich hin brummelte schloss er ihr mit dem Generalschlüssel das Büro auf. Monika hoffte, dass sie wirklich schnell sein würde, aber sicher war sie nicht. Sie hoffte, dass die Beschreibung des Professors ihr gut helfen würde. Leider nur, wenn er seine Unterlagen auch wirklich nicht mehr woanders hingelegt und dies vergessen hatte. Etwas was sie die letzten Tage auch schon hatte feststellen dürfen. Dieses mal hatte sie jedoch Glück und fand die gesuchte Mappe in Windeseile, sehr zur nicht sichtbaren Freude des Hausmeisters. „Vielen Dank, noch einmal Herr Voß. Ich wünsche Ihnen dennoch einen schönen Arbeitstag.“ „Pff, danke. Ihnen auch, lassen sie sich bloß nicht vom Wintermörder fangen“, meinte der Ältere dann mit einer gewissen Sanftheit im Tonfall. Monika, welche bereits im Begriff war zu gehen und sich entsprechend umgewandt hatte, blieb stehen und blickte den Hausmeister fragend an. „Wie meinen?“ „Lesen Sie keine Zeitung, konsumieren Sie keinerlei Medien? Sollten Sie dringend ändern. Der Killer liebt fremde Menschen.“ Mit diesen Worten ließ er sie einfach stehen und ging seiner Wege. Völlig verblüfft, blickte sie ihm nach, nahm sich aber vor dieser komischen Aussage nach zu gehen. Nachdem sie die Unterlagen zum Gartenbauamt gebracht hatte. Es waren einige Busstationen bis sie ihr Ziel erreichte und an dem Anmeldeschalter des Amtes nach dem Bearbeiter fragte, welchen ihr Tim genannt hatte. Ein Karl Streitgeier sollte die Unterlagen erhalten, die anscheinend sehr wichtig waren, wenn gleich Monika nicht wusste worum es ging. Sie bekam die gewünschte Auskunft und auch eine genaue Wegbeschreibung zum Büro des Mannes. Bei dem Namen dachte sie unweigerlich an einen etwas älteren Herren, warum wusste sie selber nicht so genau. Die tiefe Stimme, welche sie nach dem Klopfen herein bat, ließ sie ihre Vermutung bestätigen, dass es wirklich ein älterer Mann war. Monika öffnete die Tür und starrte ungläubig zu dem Mann hin, welcher hinter seinem Schreibtisch saß und nun neugierig seinen Kopf hob, um über den Rand seines Computerbildschirms den Gast zu erkennen. Sein glatt nach hinten gegeltes rotbraunes Haar, leuchtete ihr wie eine Signalfackel entgegen und seine blau-grünen Augen blickten sie erwartungsvoll an. Da sein restliches Gesicht vom Bildschirm verdeckt war, konnte Monika nicht sehen, ob er sie ebenfalls erkannt hatte. Seine Augenpartie jedenfalls ließ nichts dergleichen erahnen. Doch auch so formte ihr Kopf das Gesicht zusammen, welches sie vor zwei Tagen bereits gesehen hatte und für den Bruchteil einer Sekunde flackerte der Gedanke in ihr auf, dass der Mann doch ziemlich attraktiv aussah. „Kommen Sie ruhig ganz herein“, meinte er dann und die junge Studentin merkte erst jetzt, dass sie noch immer halb im Türrahmen stand. „Ähm, ja. Verzeihung.“ Sein Blick richtete sich auf seinen Bildschirm und bis auf seinen Haarschopf verschwand er auch wieder hinter diesem. „Schließen Sie die Tür und nehmen Sie gerne Platz.“ Monika fühlte sich wie ein kleines Schulkind, dabei war sie sich sicher, dass der Mann vor ihr nicht viel älter als sie selbst war. Dennoch kam sie der Aufforderung nach und kaum hatte sie sich hingesetzt, widmete der Mann ihr nun auch seine volle Aufmerksamkeit. „Was kann ich für Sie tun?“ „Guten Tag Herr Streitgeier. Ich wollte mich bedanken für ihre gute Wegbeschreibung“, begann Monika das Gespräch. Ihr Gegenüber hob kurz fragend die Brauen: „Wegbeschreibung?“ „Vor zwei Tagen in der Volkshochschule? Die Dame die nach Professor Penner suchte?“ Langsam schien es Klick bei dem anderen zu machen, als ihm Monika einige Stichworte an den Kopf geworfen hatte. „Ach ja Sie. Ich erinnere mich wieder. Freut mich, dass Sie gut hin gefunden haben. Aber ich glaube nicht, dass Sie deswegen extra hier her gekommen sind, oder?“ „Nein. Nein, dass wäre… Also ich bin hier, weil ich etwas im Auftrag von Herrn Penner bei Ihnen abgeben soll. Er meinte es sei dringend.“ „In der Tat, ich warte auf einige Unterlagen. Gut, dass Sie sie vorbei bringen. Hat Herr Penner wieder die Zeit vergessen, was?“ Herr Streitgeier lachte leicht amüsiert auf. „Oh, nein. Es geht ihm heute nicht gut, sonst wäre er selbst gekommen“, korrigierte sie seine Annahme. Sofort verstummte das Lachen und die ernste Miene kehrte zu ihrem Gegenüber zurück. Er murmelte etwas von einer Entschuldigung und nahm dann den dargebotenen Umschlag entgegen. Dabei blickte er sie mit einem eindringlichen, nicht wirklich definierbaren Blick an. Ein unangenehmes Schauer jagte ihr über den Rücken oder war es nur ein kalter Luftzug? Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Haare sich leicht bewegten und dies an einem geöffnete Fenster lag. „Ich friere nicht so schnell“, bemerkte ihr gegenüber, als er ihren Blick zum Fenster hin folgte, „müssen Sie wissen, Frau… ähm Verzeihung, wie war ihr Name noch gleich?“ Er versuchte es zu überspielen, dass es ihm unangenehm war nicht bisher nach ihrem Namen gefragt zu haben, dass konnte sie ihm deutlich ansehen. Kurz überlegte Monika, ob sie ihn genauso auflaufen lassen sollte, wie er sie vor zwei Tagen. „Gut, dann will ich Sie nicht länger stören, Herr Streitgeier.“ Mit diesen Worten stand die hübsche Schwarzhaarige auf und öffnete die Tür. Dort drehte sie sich noch einmal um, sah das überraschte Gesicht des anderen. Genau das hatte sie sehen wollen. Ein Lächeln legte sich schneller auf ihre Lippen, als ihr lieb gewesen war. „Siebenbaum. Monika Siebenbaum.“ Der andere begann nun ebenfalls zu lächeln. „Hab ich wohl verdient“, meinte er und schien sich an ihre letzte Begegnung nun noch klarer erinnern zu können, „War ziemlich unhöflich von mir, mich nicht vorzustellen, was?“ Monika zuckte mit den Achseln und war erneut im Begriff sich abzuwenden. „Dürfte ich Sie zu einem Drink einladen, sozusagen als Entschuldigung von vor zwei Tagen?“ Die Frage kam unerwartet und so verschlug es ihr die Sprache und sie starrte einen blinden Punkt im Raum an. „Ach…“ Das muss nicht sein, wollte Monika eigentlich antworten, stattdessen purzelte eine holprige Zusage heraus. Herr Streitgeier schien zufrieden damit und nannte ihr Zeit und Ort ihres Treffens heute Abend. Monika holte ihr Handy heraus und notierte sich alles in einer Notiz. Warum sie zu gesagt hatte, wusste sie selber nicht, aber eigentlich schien er ja nett zu sein und akzeptabel sah er ja auch aus. Bei diesem Gedankengang ertappte sie sich, als die Tür zu Streitgeiers Büro endgültig schloss. Bevor sie sich mit diesem jedoch traf, würde sie sich noch auf den Weg zu Tim machen und nachsehen, ob es ihm soweit gut ging oder ob sie noch etwas für ihn erledigen konnte. Ein Blick auf ihr Smartphone sagte ihr, dass sie noch massig Zeit für beide Termine hatte und sie entschied sich die freie Zeit für das Lernen zu nutzen. Sobald sie zurückkehrte in ihre Heimatstadt, war es nicht mehr weit zu den Prüfungen und diese wollte sie auf jeden Fallen bestehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)