Herz über Kopf von Centranthusalba ================================================================================ Kapitel 7: … und verloren ------------------------- „Wenn du nicht einmal weißt, was du falsch gemacht hast, dann können wir es hier und jetzt auch genauso gut beenden!“ Sarahs Stimme überschlägt sich. Wutentbrannt schreitet sie zur Tür und reißt sie auf. Viktor starrt stur auf die Fußballzeitschrift in seinen Händen. Durchhalten, denkt er. Durchhalten, jetzt nichts sagen. Einen Moment lang steht Sarah noch in der Tür und wartet auf eine Reaktion. „Du bist so ein Idiot!“, schreit sie laut, dann knallt sie die Tür zu. Viktor atmet laut aus, wirft die Zeitschrift von sich und fährt sich mit den Händen durchs Gesicht. Wie oft sollte er das eigentlich noch durchmachen? Alle paar Wochen rastete Sarah bei der kleinsten Kleinigkeit aus und überschüttete ihn mit Vorwürfen. Denn natürlich war er jedes Mal ganz allein schuld. Es war auch einerlei, was er zu dem jeweiligen Thema zu sagen hatte. Sarah war einfach super wütend auf alles. Im Laufe der Zeit, die ihre Beziehung nun schon dauerte, hatten sich diese Streits in kleine Rituale verwandelt. Die einzige Lösung den Frieden wiederherzustellen war, dass er, Viktor, zu ihr ging und sich entschuldigte und sie bat wieder zurückzukommen. Ihm war das anfangs gar nicht so aufgefallen, aber in den letzten Monaten wurde ihm diese Mechanik mehr und mehr bewusst. Und genau darauf hatte er keine Lust mehr. Darum hatte er diesmal auch gar nichts mehr geantwortet, sondern sie einfach nur noch zetern lassen. Diesmal würde er auch zum ersten Mal seiner Drama-Queen nicht hinterherlaufen und sich schon gar nicht entschuldigen. Außerdem musste er zugeben, dass ihn seit circa zwei Wochen Sarahs Vorwürfe und Kränkungen nicht mehr so sehr verletzten wie zuvor. Wenn er ehrlich war, machte er sich nicht einmal Sorgen, wohin sie gerade gelaufen war und ob sie bei dem Wetter auch eine Jacke mitgenommen hatte. Seine Gedanken schweifen ab. Ob Mario wohl auch so etwas über sich ergehen lassen musste? Er lächelt. Das konnte er sich irgendwie nicht vorstellen. „Ich will diesen Idioten nie wieder sehen!“ „Sarah…“ „Du hättest ihn sehen sollen. Er hat von seiner verdammten Fußballzeitung nicht einmal aufgesehen. Es war ihm scheißegal, dass ich gehe!“ Elsa reicht ihrer Freundin ein neues Tempotaschentuch. „Ich habe mir nur etwas vorgemacht, Elsa. Er ist doch so, wie ich am Anfang befürchtet hatte.“ Sarahs Stimme ist brüchig unter den Tränen und zahlreichen Schluchzern. „Für Sex reicht es und sonst interessiert er sich nur für Fußball, Fußball und noch mal Fußball.“ „Sarah, jetzt beruhige dich mal. Du bist jetzt wütend, aber was du da sagst, stimmt so nicht. Und das weißt du auch.“ „Ach Elsa, ich hätte gerne so einen Freund wie Mario. Der ist immer aufmerksam und kümmert sich wirklich um dich.“ Elsa zieht eine Augenbraue hoch. Sie könnte da jetzt auch einige Gegenbeispiele anführen, aber sie hält lieber den Mund. Andererseits machte sie Mario auch keine Szenen, wie Sarah das tat. Sie wusste, dass ihre beste Freundin nicht einfach war, sobald sie erstmal in Fahrt war. Viktor musste ganz schön was aushalten mit ihr. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Bevor Sarah es merken kann, fasst sie sich aber und kehrt zurück zu ihrer besorgten Miene. “Idiot, Idiot, Idiot!“ Bei jedem ‚Idiot‘ fliegt ein zerknülltes Papiertaschentuch quer durch Elsas Zimmer. „Ich bin ihm völlig gleichgültig! Weißt du, was er gestern gemacht hat?!“ „Nein, und ich will es auch nicht hören, Sarah.“ Sarah stutzt und sieht sie mit großen Augen an. „Du willst mir nicht zuhören?“ „Sarah, ihr hattet einen Streit, wie ihr ihn in letzter Zeit hunderte hattet. Bei den letzten 99 ist Viktor jedes Mal gekommen und hat sich bei dir entschuldigt und du hast ihm verziehen. Wie wäre es, wenn du dich dieses Mal bei ihm entschuldigst?“ Sarah zieht scharf die Luft ein. „Ich mich entschuldigen? Wofür denn?! Dafür, dass er ein Idiot ist?!! Seh ich überhaupt nicht ein!“ Elsa schließt kurz die Augen, um ruhig zu bleiben. „Dafür, dass du so reagiert hast. Und dann könnt ihr über die eigentliche Sache reden. So würde ich es mit Mario machen.“ „Nein! Niemals! Er hat mich verletzt. Auf gar keinen Fall werde ich zu ihm rennen und mich entschuldigen.“ Trotz der Tränen sammelt Sarah ihren letzten Rest Stolz zusammen und hebt das Kinn trotzig in die Höhe. „Wenn ihm etwas an mir liegt, soll er es beweisen und zu mir kommen.“ Elsa seufzt. „Wie lange gibst du ihm?“ „Phhh. Der wird schon kommen.“ Elsa kneift die Lippen zusammen. Sie spürt eine leise Hoffnung in sich aufkeimen. Was, wenn Viktor diesmal nicht kommt? Was, wenn dieser Streit das Ende ihrer Beziehung bedeutete? Dann wäre Viktor frei und nach dem, was er ihr vor zwei Tagen im Flur des Vereinsheims angedeutet hatte, dass dieser dumme Kuss auch bei ihm etwas ausgelöst hatte, dann bestünde die Möglichkeit…. Sie beißt sich in die Innenseite ihrer Wange bis es blutet. Nein! Sarah und Viktor gehörten zusammen und sie selbst gehörte zu Mario, egal, was dieses kleine, verräterische Gefühl in ihrem Herzen dagegen hatte. Sie musste sich mit aller Macht dagegen wehren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)