Alte Welt von Alaiya ================================================================================ 1. Wald & Wiesen ---------------- Das Gras unter seinen Pfoten war trocken. Der lange Sommer hatte ihm zugesetzt. Nun aber lag ein dünner Nebel über den Wiesen des Trossachs und zog sich auch zwischen den Bäumen des Waldes hindurch. Die Luft roch frisch und nach Laub. Der Nebel war ein wundervoller Schutz, verbarg er sie doch bestens vor den Blicken der Anwohnenden. So konnte er auch in den frühen Morgenstunden ungesehen über die Wiesen laufen. Manchmal dachte Sean sich, dass es einfacher wäre so zu leben - als Wolf. Vielleicht würden dann auch irgendwann die Gedanken verschwinden. Vielleicht könnte er als Wolf irgendwann alles vergessen. 2. Kürbis --------- Es war ein Windhauch, der durch die Straße blies und alle der Kürbislaternen löschte. Einige der Kinder, die in Kostümen unterwegs waren, sahen sich überrascht um. Ein besonders kleiner Junge begann zu schreien. Nia aber wusste, was der Auslöser war. Sie konnte sie sehen - die dunkle Gestalt die zwischen Bäumen auf der anderen Seite der Straße lauerte. Der Spuk der Halloweennacht hatte den Geist fraglos angelockt. Es war ein alter Geist. Einer, der einer anderen Zeit entstammte. Einst war er vielleicht sogar angerufen worden. Nun aber stand er einfach dort und beobachtete die Kinder, erfreute sich an ihrer Furcht. 3. Kräuter ---------- Bedächtig schnitt Lilly die Pfefferminze von ihren Stängeln. Sie sammelte sie auf einem Tuch, um sie später zu waschen und dann trocknen zu können. Das war nur der Anfang ihrer Kräuterernte. Sie würde später auch noch die Kamille ernten, um sie für die Heiltränke vorzubereiten. Sie mochte diese Arbeit. Der Geruch der Minze lag angenehm in ihrer Nase. Bald würden die Kräuter trocknen und den ganzen Raum mit ihrem Duft erfüllen. Ein wenig der Minze legte sie sich jedoch auf die Seite, um sich daraus einen Tee zu machen. Sie liebte die ruhige Arbeit mit den Pflanzen und die Ruhe. 4. Hexe ------- Auch wenn ihre Mentorin ihr davon abgeraten hatte, so hatte Tiara sich nicht beherrschen können. Jetzt musste sie aber zugeben, dass es eine dumme Idee gewesen war, den Besen zu verzaubern. Keine Frage, der Besen flog und sie sah fraglos aus, wie eine richtige Hexe, doch wäre so ziemlich alles bequemer gewesen, als ein Besen. Es war einfach furchtbar, als würde sie auf einem Folterinstrument sitzen. Der dünne Stil des Besens schnitt in ihren Schritt, während sie viel zu hoch schwebte, um abzusteigen. Nein, nein, so funktionierte das nicht. Rasch steuerte sie den Boden an, um schnell wieder zu landen. 5. Verwandlung -------------- Das heiße Brennen breitete sich unter seiner Haut aus. Es war, als würde sich sein ganzer Körper verflüssigen. Zäh zerfloss er sich, verbog sich, formte sich dann wieder neu. Fell spross aus seiner Haut, bedeckte den gesamten Körper und ließ ihn schließlich als Wolf zurück. Keuchend blieb er auf dem Boden liegen. Noch war das ganze neu und ungewohnt, aber irgendwann würde er sich daran gewöhnen, wie sich auch alle anderen vor ihm daran gewöhnt hatten. Zumindest aber gab ihm dieser Körper ein Gefühl, dass er aus seinem menschlichen Körper nicht kannte: Das Gefühl, dass es sein eigener Körper war. 6. Orakel --------- Die Vorhersage der Zukunft war ein schwieriges Unterfangen. Es war praktisch unmöglich. Nur wenige wurden mit entsprechenden Fähigkeiten geboren und die Befragung der Geister war ein höchst ungenaues Unterfangen. Selbst für Sebastian war es alles andere als leicht. Er war mit der Fähigkeit gesegnet, doch das meiste was er sah, war verschwommen. Einzig vollkommen unnötige Sachen konnte er sehr sicher voraus sagen. Zum Beispiel, was es am nächsten Tag zu essen gab. Vielleicht aber, dachte er sich, war es auch besser so. Denn wer wollte schon mit dem Fluch leben, zu sehen, was kam und es nicht verhindern zu können? 7. Alchemie ----------- Wenn er nur die Zutaten ein wenig änderte, könnte es vielleicht funktionieren. Zumindest glaubte Joachim das, selbst wenn er wohl keine Studie würde durchführen können. Mit welchem Geld sollte er das finanzieren? Überhaupt, wer würde schon an einer Studie von ihm teilnehmen wollen, nachdem die ganze Welt ihn für einen Betrüger hielt? Er seufzte schwer und schaute sich sein Zwischenergebnis unter dem Mikroskop an. Der alchemische Zauber hatte die Struktur der Chemikalien verändert. So sollten normale Zellen sie nicht länger aufnehmen. Das war wenigstens seine Theorie. Doch ob er sie je würde testen können, das würde wohl lange fraglich bleiben. 8. Folklore & Märchen --------------------- Mirikit mochte es nicht, bei Nacht durch die Reisfelder zu gehen. Sie fühlte sich jedes Mal beobachtet, als würden tausend unsichtbare Augen auf ihr ruhen. Nein, sie mochte es wirklich nicht, noch hier draußen zu sein. In ihrer Kindheit, noch bevor sie ihre Magie entdeckt hatte, hatte sie einmal einen Aswang gesehen. Er hatte sich in einen Hund verwandelt und sie lange angesehen, während die Luft erfüllt vom typischen Tiktik gewesen war. Nein, sie wollte wirklich wieder in die Stadt zurück, wo sie zumindest vor Aswangs weniger Angst haben musste. Ihre Kindheit auf dem Land vermisste sie heute wirklich nicht. 9. Flüche & Verzauberung ------------------------ Die Truhe öffnete sich. Tatsächlich leuchtete ihnen Gold entgegen. Eine große goldene Maske, verziert mit einer Vielzahl von Edelsteinen. „Vorsichtig“, warnte Mutya. „Es liegt angeblich ein Fluch darauf.“ Natürlich wusste Indigo das. Sie hatten jetzt so lange schon nach der Maske gesucht, hatten alles darüber gelesen, was sie hatten finden können. „Das sollte am Ende das Problem der Londoner sein.“ „Es sei denn es werden diejenigen verflucht, die die Maske aus dem Grab entfernen“, murmelte Tamira. Mutya und Indigo sahen sie gemeinsam an. Sie machte ein zugegebenermaßen sehr gutes Argument. „Naja, eigentlich können wir ihnen sagen, wo die Maske ist.“ 10. Familiar ------------ Molly lag auf dem Tisch, wobei Hinterbeine und Schwanz einfach von der Platte baumelten. Sie gähnte herzhaft, streckte sich ein wenig und beobachtete Victoria aus geben Augen. „Du könntest ein wenig hilfreicher sein, weißt du?“, murmelte diese, während sie über den Ritualkreis brütete, unsicher welche Runen in den äußeren Graben aufgetragen werden sollten. Die Katze blinzelte kurz, sah sie dann aber weiter reglos an. „Ich habe mir die Sache mit einem Familiar hilfreicher vorgestellt.“ Damit zog Victoria wieder ihr Buch zu sich, um dieses zu studieren. Vielleicht reichte es, dass der Familiar seine eigentliche Aufgabe übernahm und den Zauber stützte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)