Schnee bedeckt das Kriegsgerät von _Delacroix_ (Türchen Nr. 7 des Fanfiction-Adventskalenders 2021) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Sr. Rubio führte sie über Pfade, die nur er zu kennen schien, immer weiter hinein in die Dünen. Gelegentlich konnte Lorenzo Stacheldraht erkennen, der mahnend aus dem Schnee ragte und ihn so daran erinnerte, wo er sich genau befand. Geronimo stapfte hinter ihm her. Er wusste nicht, wie sein Freund es geschafft hatte, die Flamme vor dem Verlöschen zu retten, doch nach wie vor züngelte sie fröhlich zwischen seinen Fingerspitzen hervor. «Ich glaube, nach dem Ausflug brauch ich neue Stiefel», jammerte er gerade und Lorenzo musste sich eingestehen, dass sich auch seine Schuhe schon seit Längerem verdächtig klamm anfühlten. «Ich kann sie später trocknen», entgegnete er, als er ein leises Kratzen vernahm. Neugierig blickte er nach rechts, wo sich der Schnee überraschend zur Seite schob. Eine grün-gräulich verfärbte Hand durchbrach die Schneedecke und entlockte Geronimo ein begeistertes «Aww!»   Der Priester wirbelte auf dem Absatz herum und ließ seinen Kampfstab auf das Körperteil herab sausen. Es knallte. Schnee spritzte, doch als Sr. Rubio seinen Stab wieder anhob, schob sich ein ganzer Arm aus dem Schnee. Eine Schulter folgte, dann ein seltsam verdrehter Kopf. Eilig zog der Priester seinen Stab zurück. Lorenzo konzentrierte sich auf seine Magie. Seine Fingerspitzen begannen zu kribbeln. Alles in ihm schrie nach einem Feuerball. Da legte sich eine Hand auf seine Schulter. «Ganz ruhig», riet Geronimo, «Es ist nur ein Zombie. Er ist zu langsam, um uns zu verletzen. Es wird nur gefährlich, wenn es mehrere werden und sie uns in die Enge treiben.» Sr. Rubio räusperte sich. «Ich würde es trotzdem vorziehen, würde er sich nicht gerade neben mir aus dem Schnee buddeln.» Geronimo zuckte mit den Schultern. «Nun, wenn Ihr darauf besteht», murmelte er. Das Gewicht auf seiner Schulter verschwand und Lorenzo verstand. Das Kribbeln zwischen seinen Fingern wurde stärker, während er sich auf den Zauber konzentrierte. Eine bekannte Wärme schoss durch ihn hindurch. Er zielte grob, dann wurde es hell und ein Feuerball fraß sich durch Zombie und Schnee. Lorenzo ignorierte den Geruch nach brennendem Fleisch, doch Sr. Rubio verzog angewidert das Gesicht. «Möge seine Seele Frieden finden», flüsterte er. Geronimo trat an ihm vorbei. «Mögen dieses Ende ein neuer Anfang sein», zitierte er einen bekannten Segen Thades’, während er an der verkohlten Leiche vorbei schritt. Lorenzo folgte ihm wortlos. Er hatte keinen Segen für das arme Schwein übrig, aber er hoffte, dass dieses Ende eher in seinem Sinn gewesen wäre als ein ewiges Dasein als Zombie.   «Hast du einen magischen Einfluss bemerkt?», fragte er Geronimo, kaum das der Geruch nach verbranntem Fleisch nicht mehr in seiner Nase brannte. Dieser schüttelte den Kopf. «Ich habe gespürt, wie du den Feuerball vorbereitet hast», entgegnete er, «aber das ist auch kein Wunder. Dieser Zombie wurde nicht neu geschaffen, er war bereits unter dem Schnee.» «Also hast du keinen Anhaltspunkt, ob wir es wirklich mit einem Schwarzmagier zu tun haben?» Geronimo sah ihn lange an, doch zu einer Antwort kam er nicht. Der Stacheldraht vor ihnen wackelte verdächtig. Sr. Rubio machte einen Schritt zurück und umklammerte seinen Stab, als die Silhouetten mehrerer Soldaten erschienen. Jemand hatte ihnen die Helme abgenommen. Ein paar der Uniformen waren mehr oder minder zerfetzt. Mit leeren Augen torkelten sie auf sie zu. «Halt mal», forderte Geronimo und reichte ihm seine Flamme zurück. Lorenzo gehorchte, auch, weil er spürte, dass es um ihn herum noch kälter wurde. Ein pechschwarzer Energiestrahl zischte an ihm vorbei. Ein Zombie stöhnte, während er zu verfallen begann. Die Luft um ihn herum prickelte, als Geronimo noch mehr Magie aus ihr herauszog. Halb erwartete Lorenzo einen weiteren Energiestrahl, doch stattdessen geschah einfach nichts. Die Zombies schlurften erneut auf sie zu. Sr. Rubio trat einen weiteren Schritt zurück, dann hob Geronimo den Blick. «Halt!», befahl er, die Stimme magisch verzerrt, «Ich befehle euch, kehrt in euer Grab zurück!» Die Zombies hielten inne. Einen Augenblick lang schien es, als würden sie sich dem Zauber unterwerfen wollen, dann setzten sie sich doch wieder in Bewegung. Sr. Rubio trat weiter zurück. «Soll das so aussehen?», fragte er, die Verunsicherung deutlich hörbar in seiner Stimme. Lorenzo dachte an Xemin. Er hatte ihn häufig sein Lieblingsskelett herumkommandieren sehen, doch dieses hatte immer aufs Wort gehorcht. Neben ihm zog Geronimo noch mehr Magie zusammen. «Ich sagte Halt!», wiederholte er noch einmal. Einer der Zombies schwankte, doch die Anderen schlurften unbeirrt weiter. «Verdammt!», fluchte er leise, dann änderte er seine Taktik. Ein weiterer Energiestrahl schoss an Lorenzo vorbei, krachte in einen der Zombies und brachte ihn augenblicklich zum faulen. «Der Schwarzmagier ist stark», erklärte Geronimo, bevor er zur nächsten Formel ansetzte. Erneut floss die Magie, dann brach ein schwarzer Tentakel aus der Schneedecke hervor, griff nach dem nächstbesten Zombie und zerrte ihn mit sich. Lorenzo wusste nicht wohin, aber er wollte es auch gar nicht wissen. Seine Hand griff in die Tasche seines Umhangs, fand, was sie suchte und schleuderte es in hohem Bogen den verbliebenen Untoten entgegen. Es klirrte, als das dünne Glas brach und der Alkohol sich über den Körpern verteilte. Die Flamme traf nur Sekundenbruchteile später und fraß sich begierig durch das untote Fleisch.   Als er sich abwandte, sah er Geronimo unglücklich gucken. «So hatte ich das mit dem ‹Halt mal› nicht gemeint», beklagte er sich.  «Ich mach dir eine Neue», versprach Lorenzo eilig. Sr. Rubio sah sie fragend an. «Mag mir jemand erklären, was das gerade war?», erkundigte er sich. Geronimo atmete tief durch. «Eigentlich war das ziemlich offensichtlich», erklärte er. «Wenn ein Schwarzmagier einen Untergebenen erschafft, gibt er ihm im Laufe des Prozesses eine Handvoll Befehle ein. So etwas wie: ‹Vernichte meine Feinde. Das sind die Leute in der blauen Uniform.› Das verhindert, dass sie los schlurfen und einfach nur versuchen irgendwen zu fressen. Die meisten Untoten sind ohne diese Befehle ziemlich stupide. Trifft so ein Zombie auf einen anderen Schwarzmagier kann dieser ihm seine eigenen Befehle eingeben und der Untote wird gehorchen. Wenn diese Befehle aber im Widerspruch zu den ersten Befehlen stehen, wird sich der durchsetzen, dessen Magie stärker ist. Das habe ich gerade versucht.» «Und Ihr wart nicht erfolgreich dabei.» Geronimo presste die Lippen zu einem festen Strich zusammen. «Nein», gestand er, «Das war ich nicht. Nun ist Untotenkontrolle nicht gerade meine Paradedisziplin - » «Aber Xemin ist ziemlich gut darin», fiel Lorenzo ihm ins Wort. Geronimos Miene verdunkelte sich weiter. «Du schuldest mir eine neue Flamme», schnappte er, dann stapfte er an dem Priester vorbei und verschwand zwischen den Dünen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)