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Schnee bedeckt das Kriegsgerät

Türchen Nr. 7 des Fanfiction-Adventskalenders 2021
von

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Lorenzo beobachtete, wie kleine Flammen in seiner Handfläche züngelten, sich nach den herabfallenden Schneeflocken streckten und schließlich wieder zurückschreckten, als sie bemerkten, dass gefrorenes Wasser kein gutes Futter für sie war. Sanft erhöhte er die Menge an Magie und sah zu, wie die Flammen in seiner Hand weiter auflebten. Eine wohlige Wärme ging von ihnen aus und seine halb gefrorenen Finger wussten es ihm zu danken.

Wortlos lenkte er sein Pferd etwas näher an die Anderen heran. Der Priester hatte sich tief in seine Roben gekuschelt und seine schwarzbraune Kapuze fast bis zur Nasenspitze herabgezogen, um sich so vor Schnee und Wind zu schützen. Geronimo dagegen klebten die schwarzen Haare im Gesicht. Sie waren nass, voller Schnee und er zitterte trotz des dicken Reiseumhangs. Lorenzo hielt ihm seine Flamme entgegen.

«Nimm du sie», bat er wohl wissend, dass sein Freund zwar kein Feuer beschwören, wohl aber genug Magie in es hineinweben konnte, um es so am Leben zu erhalten. «Sie wird dich etwas wärmen.»

«Der letzte Magier, der mir einen Feuerball anvertraut hat, hat deswegen keine Haare mehr», murmelte Geronimo leise, während er ihm die Hand entgegenstreckte, um ihm die Flamme abzunehmen.

 

Langsam ließ Lorenzo seine Magie versiegen und sah der Flamme dabei zu, wie sie eifrig auf die neue, effektivere Quelle übersprang. Einen Augenblick lang flammte sie unkontrolliert zwischen Geronimos Fingern auf, dann schien er eine Magiemenge gefunden zu haben, die sie dazu animierte, wieder auf eine handlichere Größe zu schrumpfen. Geronimo atmete auf. «Feuermagie ist ziemlich schwierig», murmelte er.

Lorenzo schenkte ihm ein dünnes Lächeln. «Feuer reagiert oft sehr empfindlich auf das, was man ihm bietet.»

«Willst du sagen, ich bin zu unbeherrscht?»

«Eher zu ungeübt. Du weißt, ich könnte es dir zeigen.»

Einen Moment lang blickte sein Gegenüber in die Flamme. «Hast du keine Angst, dass ich dich niederbrenne?»

Er lachte. «Doch, natürlich, aber du hättest mir vorhin auch einen Zombie auf den Hals hetzen können und du hast es nicht getan.»

«Weil selbst in eher mäßigen Gasthäusern keine Toten auf dem Boden herumliegen», entgegnete Geronimo trocken. «Ich hätte höchstens einen Tentakel beschwören können, der dir die Tür zeigt.»

«Dann freue ich mich einfach, dass du das nicht getan hast.»

«Warum? Hast du Angst vor ihnen?»

Bei jedem anderen hätte Lorenzo auf so eine Frage hin gelacht, doch Geronimo guckte ihn so ernst an, dass er einfach glauben musste, dass er wirklich an einer Antwort interessiert war.

 

Hatte er Angst vor Tentakeln?

 

Einen Moment lang versuchte er, sich einen solchen vorzustellen, doch das Bild vor seinem inneren Auge war nicht sehr präzise und so schüttelte Lorenzo die Vorstellung schnell wieder ab. «Ich denke, das kommt auf den Tentakel an», entgegnete er schließlich. «An manch einem hängt potenziell ein gefährliches Monster dran. Was ist mit dir? Was bereitet dir Sorgen?»

 

«Das Wetter.»

Lorenzo blinzelte überrascht. Er hatte nicht mit einer so schnellen Antwort gerechnet. Auch wenn er zugeben musste, dass ein Blick in den Himmel nicht sehr erbaulich war. Graue Wolken so weit das Auge reichte und Schnee über Schnee.

«Hätte ich gewusst, dass du mich direkt in einen Schneesturm führst, wäre ich bei meinem Wein geblieben.»

Lorenzo blickte auf seine Hände hinab. Ohne die wärmende Flamme hatten sie bereits wieder zu zittern begonnen. Er würde noch einen Feuerzauber sprechen müssen, wenn sie nicht bald ihr Ziel erreichten.

«Hier draußen ist das Wetter immer schlecht», brummte Sr. Rubio auf seiner anderen Seite. «Der Wind kommt von der See. Er ist kalt und feucht und an manchen Tagen bringt er Schnee mit sich. Aber keine Sorge, es ist nicht mehr weit.» Er drückte dem Pferd die Stiefel in die Seite und ritt in einem etwas schnelleren Tempo voran, während Geronimo ihm skeptisch nachsah.

«Ich hoffe, er hat recht», murmelte er, kaum, das er sicher war, dass der Priester außer Hörweite angekommen war. «Ich weiß, man behauptet zuweilen etwas anderes, aber wenn ich auf dem Weg zum Schlachtfeld erfriere, brauchst du einen neuen Schwarzmagier.»

«Was? Dann läufst du nicht einfach weiter?», scherzte Lorenzo halbherzig. Insgeheim musste er seinem Freund aber zustimmen. Er konnte potenziell etwas länger durchhalten als die Anderen, was in erster Linie daran lag, dass er sich in heiße Flammen hüllen konnte, doch wenn er seine ganze Magie verbrauchte, um nicht zu erfrieren, würde er auf dem Schlachtfeld unnütz sein. Mindestens so unnütz wie ein steif-gefrorener Geronimo.

 

«Soll ich dir noch eine Flamme beschwören?», fragte er, aber Geronimo schüttelte den Kopf.

«Ich glaube, du brauchst das Feuer dringender als ich», entgegnete er, «Deine Lippen werden langsam blau.»

Lorenzo grinste. «Wenn ich noch blauer werde, gebe ich sicher einen guten Frostzombie ab», versuchte er das Ganze ein bisschen herunterzuspielen, doch sein Gegenüber lachte nicht.

«Erstens sind Frostzombies unhandlich, weil sie zu tauen beginnen, sobald das Wetter besser wird», begann er zu dozieren, «und zweitens willst du kein Zombie sein. Zombies sind dumm und sie stinken. Entsprechend würde ich dir davon abraten, hier draußen zu erfrieren.»

«Aye Aye, Sir», entgegnete Lorenzo knapp. Er würde sich bemühen. Immerhin war er auch nicht scharf darauf, für den Rest seines dann eher untoten Lebens, einem Schwarzmagier hinterher zu wanken. Selbst wenn dieser Geronimo hieß und eigentlich ganz nett war.

 

Dieser deutete mit der Flamme in der Hand in die Ferne. «Ist das, was ich denke, dass es ist?»

Lorenzo folgte der Bewegung mit den Augen. Im ersten Moment sah er einfach nur Schnee, doch als er länger hinsah, begann er Umrisse zu erkennen. Etwas großes Hölzernes stand vor ihnen auf einem Hügel und Sr. Rubio hatte sich davor aufgebaut. Er winkte.

Je näher sie dem Objekt kamen, desto klarer wurden die Umrisse. Es handelte sich um ein großes, hölzernes Katapult. Es war ein altes Exemplar. Nichts, was man heutzutage noch benutzte, doch die Seile wirkten gepflegt und das Kriegsgerät erschreckend einsatzbereit.

«Was ist das hier?», fragte Lorenzo, mit einem Blick auf einen weißen Haufen, unter dem er die zum Schießen benötigten Steine vermutete.

 

Sr. Rubio stieg vom Pferd, führte es an das Katapult heran und band schließlich die Zügel daran fest. «Das hier ist der Anfang des Schlachtfeldes», erklärte er. «Ab hier gehen wir zu Fuß.»

«Ich dachte, die letzte Schlacht sei noch gar nicht so lange her?», fragte Lorenzo weiter, während er vom Pferd stieg. Er würde die Körperwärme des Tieres vermissen, doch sein Auftraggeber hatte recht. Wenn sie jetzt in die heiße Phase kamen, war es besser, nicht auf dem Pferderücken sitzen zu bleiben. Die meisten Pferde mochten keine Untoten, sie mochten keine Feuermagie und eigentlich mochten sie auch keinen Schnee oder Schlachtfelder. Und wer wusste schon, was noch alles unter der weißen Decke lauerte?

Hinter ihm plumpste Geronimo nicht sehr elegant in den Schnee. «Es mag komisch klingen, aber wenn eine Horde Zombies auf dich zu wankt, willst du lieber ein solches Katapult auf deiner Seite haben, als eine Handvoll Männer mit Pistolen. Wahrscheinlich haben sie es deshalb hier stehen lassen. Als Warnung für jeden Toten, der glaubt, er könne Guavarre von Norden aus erreichen.» Er schüttelte den Kopf. «Eigentlich ist das eine ziemlich dumme Idee. Psychologische Kriegsführung funktioniert bei Toten nicht. Immerhin sind sie tot, sie haben keine Psyche mehr.»



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