Wegweiser von rokugatsu-go ================================================================================ Kapitel 6: Der Weg zur Vergebung -------------------------------- Nachdem Guren trotz des Verlustes des Amulettes ihr Geld bekommen hatte, hatte sie eigentlich mit ihrer kleinen Gruppe gleich weiterziehen wollen, doch auf Yukimarus Bitte hin waren sie noch eine Weile bei Sasuke und Sakura geblieben. Die zwei Konoha-Ninjas hatten sich nach dem letzten Kampf vor Chakramangel wenig bis kaum rühren können und Yukimaru hielt es für selbstverständlich, dass sie sich um die geschwächten „Freunde“ (Guren hatte mit einem Augenrollen „Na ja, auf sie trifft das vielleicht zu“ angemerkt) kümmern mussten. Da Sakura aber weniger Chakra verloren hatte und über ihre Reserven verfügte, war sie bereits nach wenigen Tagen wieder auf den Beinen und so war der Tag, an dem sie sich von Guren, Gozu und Yukimaru verabschiedete, doch bald gekommen. Sasuke erholte sich weitaus langsamer, denn davon abgesehen, dass er sehr viel Chakra verloren hatte, verbrauchte das Rinnegan anscheinend, wie einst Kakashis Sharingan, immer einen erheblichen Teil seiner vorhandenen Grundmenge an Chakra. Die Dreiergruppe um Guren wollte nun wieder weiter durch die Länder ziehen, um an anderen Orten nach neuen Aufträgen zu suchen. Irgendwann, hatte Guren Sakura verraten, würden sie genug Geld verdient haben, um sich irgendwo niederzulassen und dies gab der jungen Frau aus Konoha ein gleichzeitig tröstliches und beklemmendes Gefühl. Tröstlich, weil es Hoffnung brachte zu wissen, dass jemand neu anfangen und auf welche Weise auch immer eine Familie gründen konnte; und beklemmend, weil sie diese Hoffnung für jemand anderen in weiter Ferne sah. „Das klingt wunderschön“, hatte sie Guren zum Abschied gesagt und ihre Melancholie dabei heruntergeschluckt. „Wenn es so weit ist, werden wir euch besuchen.“ „Aber bring dann vielleicht lieber Naruto mit. Der ist umgänglicher.“ Gurens Worte hallten noch lange in ihren Ohren nach. Besonders, da sie seit der Abreise der anderen wieder mit Sasuke und sehr, sehr viel Stille allein war. Tage zogen ins Land und nichts schien das bedrückende Schweigen zwischen ihnen brechen zu können. „Brauchst du etwas?“, fragte Sakura, während er schweigend auf dem Futon in ihrem Herbergszimmer lag und mal zur Zimmerdecke, mal zu ihr blickte. Meistens erntete sie ein „Nein“, wenn sie ihn etwas in der Art fragte und das war im Großen und Ganzen die einzige Kommunikation, die zwischen ihnen stattfand. „Das funktioniert nicht“, sagte Sasuke nun aber plötzlich und Sakura erschrak fast, als sie einen ganzen Satz von ihm hörte. Auch der Inhalt klang für ihre Ohren sehr erschreckend. „Was meinst du?“ „Du und ich. Das hier.“ Während er sich angestrengt aufsetzte, blickte sie zunächst schockiert und sprachlos zu ihm. Dann setzte sie sich zu ihm und sah ihn ernst an. „Was wird das denn schon jetzt wieder? Willst du mich mal wieder von dir stoßen?“, äußerte sie empört und sich trotzdem Mühe gebend, nicht ausfallend zu werden, auch wenn ihr so sehr danach war. „Es funktioniert nicht“, wiederholte er stur. „Du solltest nach Konoha zurückkehren.“ „Du solltest dir besser überlegen, was du da sagst“, entgegnete die Kunoichi und versuchte, ihren stärker werdenden Zorn zu unterdrücken, doch im Beherrschen von ihrer Gefühle war sie noch nie herausragend gewesen. Oder wenigstens gut. „Sakura“, sagte Sasuke lediglich, als würde dies ausreichen, um sich zu erklären. „Nein“, würgte sie ihn direkt ab. „'Sakura' mich nicht. Sag mir, was nicht funktioniert. Sag mir, was du damit meinst. Und wage es nicht einmal, mir zu sagen, ich würde dich nerven.“ Wortlos sahen sie sich an und die Kunoichi tat alles ihr Menschenmögliche, um ihre Fassung zu bewahren, um nicht einzuknicken. Wenn er dachte, sie ließe sich immer noch so einfach abfertigen, dann hatte es vielleicht wirklich keinen Sinn, denn das hieße, dass sie sich trotz all der emotionalen und körperlichen Nähe der letzten Zeit nicht näher gekommen waren, sondern immer noch die Kinder waren, die nicht wussten, wie sie miteinander reden sollten. Sasuke atmete laut aus und Sakura erkannte dies als sein Zeichen dafür, etwas sagen zu wollen, das ihm schwerfiel. „Erstens“, begann er und klang als wäre er genervt, als wäre es ihm lieber, dieses Gespräch nicht führen zu müssen, „kann ich es nicht leiden, mir Sorgen um dich zu machen. Zweitens … sollte jeder von uns besser seinen eigenen Weg gehen, solange … dies alles noch nicht so weit zurückliegt.“ Nachdenklich runzelte Sakura ihre Stirn, als sie versuchte, seine Worte in verständliche Sätze zu übersetzen. Es war recht typisch für ihn, es so aggressiv auszudrücken, dass er sich um sie sorgte. Das war eigentlich etwas Gutes, wenn es auch ungewöhnlich verpackt war. Aber der zweite Satz? Was sollte der bedeuten? „Dies alles?“, wiederholte sie und wie sie es aussprach, verstand sie, was er meinte. „Es geht um das, was ich dir an den Kopf geworfen habe, nicht wahr? Wegen Konoha, den Kage und Narutos Arm. Ich habe dir erklärt, dass ich es nicht so gemeint habe. Ich habe dies aus Wut auf deine Engstirnigkeit gesagt.“ „Du hast nichts als die Wahrheit gesagt.“ „Nein.“ Die junge Frau schüttelte vehement ihren Kopf. „Es tut mir leid, dass ich das überhaupt erwähnt habe. Ich wollte nur, ich wollte …“ Sakura geriet ins Stocken. Die Wahrheit war, dass sie ihn mit ihren Anschuldigen hatte angreifen wollen, um seiner Überheblichkeit und Sturheit Einhalt zu gebieten, aber gleichzeitig wollte sie ihn doch auch nicht verletzen. Alles an der Situation mit Sasuke war so schmerzlich verfahren, dass sie nicht mehr wusste, was sie sagen sollte. Obwohl sie dies unter allen Umständen vermeiden wollte, füllten sich im Angesicht einer so verzweifelter Ratlosigkeit ihre Augen mit Tränen. Sasuke entging ihr innerer Kampf nicht und es schmerzte ihn, sie so zu sehen. Das musste eine Ende haben, auch wenn es eins war, das ihm selbst weh tat. Er hatte Sakura in seine Abgründe mit hineingezogen und das hatte sie nicht verdient. Sie hatte immer versucht, für ihn da zu sein und er hatte sie dafür wie Dreck behandelt. Nein. Schlimmer noch. Ihm war bewusst, was er damals beinahe getan hätte und er konnte nicht verstehen, wieso Sakura ihm sogar das vergeben würde. Liebte sie ihn so sehr, dass sie ihm tatsächlich vergeben konnte, dass er sie hatte töten wollen? Er hatte ihre Liebe nicht verdient. Und er würde nie so viel Buße tun können, dass er sie verdienen würde. „Wir können nicht zusammen sein, Sakura. Ich muss für mich bleiben und versuchen, wieder gut zu machen, was ich getan habe. Dich mache ich nur unglücklich und das will ich nicht. Deswegen wäre es das Beste-“ „NEIN!“, schrie Sakura unter Tränen dazwischen. „NEIN!“ Sie schnappte nach Luft. „Hör auf damit! Hör verdammt noch mal auf damit!!“ Durch ihren Wutausbruch schreckte Sasuke zusammen und starrte sie mit offenem Mund an. „Es reicht jetzt!“, fuhr sie mit der gleichen Inbrunst fort. „Du machst mich nicht unglücklich! Wir beide machen uns gegenseitig unglücklich, weil wir unsere wunden Punkte angreifen anstatt offen über unsere Gefühle zu sprechen! Du wirst mir immer wieder sagen, dass ich nerve und ich werde diese schrecklichen Sachen von früher hervorkramen, weil wir uns nicht sagen können, dass wir uns lieben und einander brauchen! Weil wir immer noch an all das denken, was früher passiert ist und wir beide Schwierigkeiten haben, nach vorn zu blicken. Aber jetzt spreche ich ein Machtwort, Sasuke. Du wirst mich nicht einfach mehr wegschicken können. Du wirst damit leben müssen, dass ich und der Rest unseres Teams ein Teil deines Lebens ist und immer sein wird. Du wirst damit leben müssen, dass du kein Einzelkämpfer bist. Du wirst damit leben müssen, dass du Gefühle für mich hast, egal, wie sehr du dir einzureden versuchst, dass dem nicht der Fall ist.“ Völlig baff blinzelte er sie nach ihrem Redeschwall an. Nie zuvor war der Kontrast zwischen dem zwölfjährigen Mädchen von damals und der jungen Frau von heute stärker gewesen. „Sakura“, sagte er schließlich leise und in einem ungewohnt mildem Tonfall, „du brauchst mich nicht. Du kommst sehr gut ohne mich zurecht. Wahrscheinlich sogar besser.“ „Aber du brauchst mich“, antwortete sie umgehend, als ihre Tränen versiegten. „Du findest den Weg nicht und ich bin mir nicht einmal sicher, ob du ihn überhaupt suchst.“ Sasukes Verblüffung wuchs ins Unermessliche. Alles, was sie sagte, haute ihn geradezu um. Und diese Stärke, die sie ausstrahlte. Er hatte sie immer noch maßlos unterschätzt. Nur auf das, was sie zuletzt gesagt hatte, konnte er sich überhaupt keinen Reim machen. „Was soll das heißen?“ „Guren hat mich darauf gebracht.“ Sakura wischte sich ihre Tränen notdürftig mit den Händen ab und sah ihn eindringlich an. „Du versuchst Wiedergutmachung zu leisten, aber du kannst dir selbst noch nicht vergeben. Du musst aufhören, dich selbst zu hassen für das, was geschehen ist. Du musst einen Weg finden, mit dir selbst wieder ins Reine zu kommen. Erst dann wird alles besser werden. Auch zwischen uns.“ Sasuke wusste darauf keine Antwort. Sakura hatte ihn vollkommen überwältigt. Als sie dann auch noch eine Hand auf seine legte, folgte er dem ersten Impuls, den sein Körper ihm vorschlug. Er zog seine Hand unter ihrerer wieder weg und legte stattdessen seinen Arm um Sakura und drückte sie behutsam und doch bestimmt an sich. Sie verharrten eine ganze Weile stillschweigend in dieser Position und die Kunoichi spürte, wie es in ihm arbeitete. „Weißt du, warum ich Guren vertraue?“, fragte sie irgendwann in die Stille hinein. „Weil Naruto sie davon überzeugt hat, das Richtige zu tun. So wie er es bei dir getan hat. Ich vertraue dir, Sasuke. Ich weiß, was du getan hast und ich weiß noch viel mehr, dass du so etwas nie wieder tun wirst.“ Als die Kraft ihrer liebevollen Worte ihn erreichte, spürte Sasuke, wie der Nebelschleier, der sein Denken bestimmt und erschwert hatte, sich verflüchtigte. Endlich begann er, klar zu sehen. „Man braucht keinen Grund, um jemanden zu lieben“, rief er sich Kakashis Äußerung von damals in den Sinn und endlich, endlich, verstand er es. Sakura konnte ihm vergeben, konnte ihn lieben, weil sie ihn liebte. Weil ihre Liebe für ihn so viel stärker war als jeglicher Hass, den Sasuke in seinem Leben je empfunden hatte. Unter keinen Umständen wollte er so eine Liebe, die Hass und Finsternis in ihre Schranken weisen konnte, von sich stoßen. Wenn er auch vielleicht nicht in der Lage war, Sakura auf die gleiche Weise zu lieben … er würde es zumindest versuchen. „Sakura?“, sagte er schließlich und klang dabei als würde er Tränen zurückhalten. „Ich stehe bereits tief in deiner Schuld und muss dich trotzdem um etwas bitten.“ „Um was?“, fragte sie erstaunt. „Bitte, bleib noch eine Weile bei mir.“ Erneut füllten sich Sakuras Augen mit Tränen, doch dieses Mal waren sie freudiger Natur. „Ja“, antwortete sie und lächelte dabei. „Das werde ich. Versprochen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)