Ein letztes Geheimnis von Sharry ================================================================================ Kapitel 37: Kapitel 37 - Gedankenspiel -------------------------------------- Kapitel 37 – Gedankenspiel   -Zorro- „Nun gut, ich denke für heute ist alles gesagt und wir sollten uns empfehlen.“ Eizen erhob sich. „Sie sind mit Sicherheit immer noch etwas angeschlagen und auch wir sollten uns nicht überanstrengen, Frau Rihaku, wenn wir alle die nächsten Tage gut bewältigen wollen, daher sollten Sie heute früh zu Bett gehen.“ Zorro und Rihaku standen ebenfalls auf und Zorro schloss die Mappe mit der Rede, die Rihaku ihm eben erst geholt hatte. Was sie natürlich nicht wusste, war, dass diese Rede nun ein paar zusätzliche Seiten enthielt, und zwar für die Rede für den großen Moment, die Zorro halten sollte, nachdem sie die Weltregierung gestürzt haben würden. Aber sie konnte es nicht wissen und selbst wenn, würde ihr kühler Gesichtsausdruck so oder so nichts verraten, nicht, dass es Zorro jetzt noch auffallen würde. Er war müde, die Anspannung steckte ihm in den Knochen. Diese Art des Konfliktes lag ihm nicht. In einem Kampf konnte er die Anspannung für sich nutzen, wusste ganz genau, was zu tun war, aber hier musste er abwarten, aushalten, auf seine Wortwahl achten und durfte seine Gedanken nicht eine Sekunde abschweifen lassen. „Ach, aber bitte vergessen Sie nicht“, bemerkte Rihaku nun und wandte sich Zorro zu, „wenn ich mich Recht erinnere, haben Sie noch einen Termin mit Vizeadmiral Comil, nicht wahr? War der heute oder morgen?“ „Sie haben Recht“, stimmte Eizen ihr zu. „Natürlich, ich hatte beinahe vergessen, dass der werte Herr Cho mich darum bat, eines Ihrer Terminfenster freizuhalten. Sie werden heute Abend noch auf Vizeadmiral Comil treffen, nicht wahr?“ Wahrheitsgemäß nickte Zorro. Der Tag war wirklich lang gewesen und sie hatten noch einige Stunden mit fast schon banalen Formalitäten über Termine und Organisatorisches verbracht. Zorro war immer noch verwirrt darüber, dass Eizen so tat, als wüsste er nichts von Dulacres kleinem Ausflug, deshalb musste er wachsam bleiben, aber gerade wollte er einfach nur, dass Eizen und Rihaku gingen und er einfach mal einen Moment seinen BH aufmachen konnte. Zorro hatte beinahe vergessen, wie unbequem diese Teile sein konnten. „Nun ja, nicht, dass es mich wundert. Sie werden mit Sicherheit das ein oder andere Interessante zu berichten haben, nicht wahr?“ Zorro folgte dem Politiker und dessen Assistentin zur Türe. Er war müde und hatte bis Rihakus Bemerkung hin beinahe vergessen, dass dieser nervige Tag immer noch nicht vorbei war. Gerade wünschte er sich, dass sobald sie verschwinden würden, die Tür zum Nebenzimmer aufgehen und der verdammte nervige Samurai irgendetwas verdammt Nerviges sagen würde, wie so oft in der Vergangenheit, wenn sie gemeinsam auf Mary Joa gewesen waren. Nein, gerade wünschte er sich, dass er durch diese Tür hindurchgehen und auf dem Deck der Sunny herauskommen würde, über deren Wiese Ruffy, Lysop und Chopper rennen würden, gejagt von Franky und Brook mit Wasserpistolen, während Nami sie vom Steuerrad her zurechtstutzten würde und der Koch im Hintergrund Robin einen Kaffee brachte, nur um dann eine starke Hand auf seiner Schulter zu fühlen, bevor Dulacre ihn mit einem Augenrollen fragen würde, ob dies wirklich die Idioten wären, die er mit seinem Leben beschützen wollte. „Ich wünsche Ihnen noch einen ruhigen Abend“, entgegnete Zorro nur schlicht und hoffte, dass sie einfach gehen würden. Er fürchtete, dass er unachtsam werden könnte, wenn Eizen ihm nun noch die ein oder andere Finte stellen würde. „Geht es Ihnen gut, Lady Loreen?“, fragte dann aber Rihaku und zeigte zum ersten Mal an diesem Tag etwas menschliche Regung, als sie besorgt die Lippen schürzte. „Sollten Sie sich nicht etwas ausruhen? Die kommenden Tage werden gewiss ereignisreich und anstrengend. Möchten Sie, dass ich Vizeadmiral Comil für Sie absage?“ Tief holte Zorro Luft und bemühte sich noch einmal zu einem Lächeln. „Ich danke Ihnen, aber ich habe diesem Treffen zugesagt und werde es abhalten. Danach kann ich mich immer noch ausruhen.“ „Dann sollten wir Sie nicht noch länger belästigen“, warf Eizen ein. „Lassen Sie uns gehen, Frau Rihaku.“ Sie nickte beflissen. „Ich danke Ihnen für Ihre Zeit“, bemerkte Zorro in seiner besten Lady Loreen Manier und geleitete sie zur Türe. Dort nahm Rihaku überraschenderweise seine Hand und drückte sie einmal feste, ehe sie Zorro ernst ansah. „Sollten Sie doch Hilfe benötigen, sagen Sie mir bitte Bescheid. Sie können sich auf mich verlassen.“ Dann setzte sie einen Satz leise hinterher, sodass Eizen sie nicht hören konnte, welcher in diesem Moment von einem Klopfen an der Tür abgelenkt wurde. „Sie wissen doch, Frauen wie wir müssen zusammenhalten.“ Zorro wollte etwas entgegnen, doch da öffnete Eizen bereits die Türe. „Herr Comil“, grüßte der Politiker den Marinesoldaten auf der anderen Seite. „Herr Eizen.“ Offensichtlich überrascht betrachtete Comil erst Eizen und dann Rihaku und Zorro, ehe er schnell den Kopf neigte. Der Schatten der alten Dame hingegen wandte den Blick nicht ab und wie immer jagte das Lächeln der Wiedergeborenen Zorro einen Schauer über den Rücken. „Es tut mir leid, mir war nicht bewusst, dass Sie noch da sind. Ich habe einen Termin mit Lady Loreen, aber falls ich störe, werde ich später wiederkommen.“ „Nicht doch, nicht doch“, winkte Eizen mit seiner üblichen großzügigen Manier ab. „Ich entschuldige mich. Wir haben die werte Lady Loreen zu lange aufgehalten und dabei die Zeit vergessen.“ Im nächsten Moment wandte Eizen sich Zorro zu und nahm seine Hand, sodass Rihaku zur Seite weichen musste, was sie demütig auch tat. „Ich habe Sie zu lange in Anspruch genommen, Liebes, das tut mir aufrichtig leid. Aber ich freue mich auf die kommenden Tage.“ „Die Freude ist ganz meinerseits“, log Zorro so aalglatt, wie er es sich von Nami abgeschaut hatte. „Ich sehe Sie dann morgen früh im großen Sitzungssaal um acht Uhr.“ Eizen nickte mit seinem üblichen Grinsen. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, bis morgen früh.“ Dann nickte der Politiker noch kurz Comil zu, ehe er seines Weges ging, gefolgt von Rihaku wie ein treuer Hund. Leise hallten seine federnden und ihre klackenden Schritte in der Stille wider, während sowohl Zorro als auch Comil ihnen noch hinterhersahen, bis ihre Schritte ganz verhallt waren. „Sie scheinen ganz schön beschäftigt zu sein“, bemerkte Comil und schenkte Zorro ein breites Grinsen mit seinen schwulstigen Lippen. „Das ist wohl…“ Zorro unterbrach sich. Gerade war er einen Schritt zurückgetreten, um den Soldaten hereinzubitten, als erneut Schritte zu hören waren, nun von der anderen Seite des Ganges. Doch es war kein leichtfüßiger, federnder Gang und auch kein eiliger, klackender Lauf, sondern stramme Schritte, wie die eines Soldaten und nur Momente später wusste Zorro auch, wer dort auf sie zu kam. Für eine Sekunde erstarrte er. „Mihawk“, grüßte Comil den Herbeieilenden mit einem Kopfnicken, „sagen Sie bloß, Sie wollen auch die Zeit der werten Lady Loreen in Anspruch nehmen?“ Mihawk Senior betrachtete Zorro für einen Augenblick wortlos, ehe er sich seinem Kollegen zuwandte. „Ganz recht, Comil. Allerdings bin nicht ich derjenige, der die Zeit der ehrenwerten Lady Loreen beanspruchen möchte, und daher kann ich Ihnen nicht den Vortritt gewähren. Was auch immer Sie mit Lady Loreen besprechen möchten, es muss warten.“ Nun sah Mihawk Gat Zorro an und, obwohl dessen Blick nicht ansatzweise mit Dulacres intensiven Augen mithalten konnte, musste Zorro schlucken. Er hatte so seine Vermutung, warum der alte Mann ihn gerade jetzt aufsuchte. „Ich würde Sie nun gerne bitten, mich zu begleiten, Lady Loreen, jetzt.“ „Einen Moment, Mihawk“, wandte Comil ein. „Im Gegensatz zu Ihnen, habe ich einen Termin mit der werten Lady Loreen und…“ „Und ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie sich an die falsche Person wenden“, unterbrach Zorro den Vizeadmiral, als er verstand, warum Dulacres Vater hier war. Unbeeindruckt hielt Comil seinem Blick stand; nichts verriet die Verwunderung, die Zorros Schmierenkomödie in ihm auslösen musste, schließlich hatte Zorro ja um dieses Treffen gebeten und nicht umgekehrt. „Ich habe Ihnen bereits bei unserem letzten Treffen gesagt, dass Sie sich an Dulacre wenden sollen, nicht an mich; als Zivilist ist mein Fachwissen über Kriegsführung und Kampfstrategien sehr begrenzt.“ Zorro ergriff den dünnen Mantel, den Perona ihm extra rausgelegt hatte, und trat dann zu den Soldaten hinaus. Comil zeigte keinerlei Regung, aber Zorro zweifelte nicht daran, dass er den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden hatte. Er hoffte nur, dass Dulacre - arroganter Mistkerl, der er nun mal war – sich dazu herablassen würde, Comil die Wahrheit über die Soldatin, die eigentlich de Flamingos kleiner Bruder war, zu verraten, denn Zorro würde möglicherweise keine Gelegenheit mehr dafür haben. „Und wenn Sie mich nun entschuldigen würden, ich habe noch anderweitige Termine, die ich wahrnehmen muss.“ „Ich entschuldige mich für mein aufdringliches Verhalten“, reagierte Comil fast schon zu gut und verneigte sich. „Bitte verzeihen Sie mir, werte Lady Loreen. Es ist nur so, dass es noch schwieriger ist, einen Termin bei Ihrem geschätzten Bekannten zu erhalten als bei Ihnen, daher dachte ich, Sie könnten mir vielleicht helfen.“ „Nun gut“, sprach Mihawk Gat kühl, „versuchen Sie Ihr Glück bei meinem Sohn, Comil, Sie werden es gebrauchen können.“ Verdammt, heute schien echt nicht Zorros Tag zu sein. Erst Eizen, dann Comil und nun direkt Mihawk Senior, ohne auch nur einen Moment zum Luftschnappen zu bekommen, aber das war ihm heute wohl nicht vergönnt, während er nun neben den langen Beinen Mihawk Seniors einen protzig ausgestatteten Flur entlangschritt. „Ich hoffe, es war nichts Wichtiges, was Sie mit Comil besprechen wollten“, bemerkte Mihawk Gat höflich. „Nicht doch“, entgegnete Zorro, bemüht gelassen. Er hatte eine Ahnung, was das Auftreten von Dulacres alten Herrn zu bedeuten hatte, aber sicher war er sich nicht. „Sie haben mir sogar einen Gefallen getan. Ich hatte keinerlei Interesse an diesem Gespräch.“ Zumindest das war nicht gelogen. „Da bin ich erleichtert.“ Aber nichts an der Körpersprache oder der Stimme des anderen klang auch nur im Entferntesten erleichtert. Er klang angespannt, so angespannt, wie Zorro sich fühlte. „Es war sehr schwierig für mich, eine Audienz für Sie bei den fünf Weisen zu ermöglichen und da Sie sich an mich und nicht an Eizen gewandt haben, bin ich davon ausgegangen, dass Sie ihn nicht unbedingt einweihen wollten. Daher war dieser offizielle Termin mit Comil die einzige Möglichkeit, die sich bot.“ Zorro hatte sich also nicht geirrt. Mihawk Gat hatte ihn nicht zufällig gerade aufgesucht, er hatte den Zeitpunkt sorgfältig abgewogen; Zorro war gerade auf dem Weg zu den fünf Weisen. Aber die große Frage war doch, ob Dulacre Recht hatte. Die große Frage war doch, ob Mihawk Gat einfach nur Lady Loreen einen Gefallen tun wollte oder ob er Lorenor Zorro gerade in eine perfide ausgearbeitete Falle lockte. Um ehrlich zu sein, war Zorro sich da gar nicht mehr so sicher, schließlich hatte der Samurai sich ja auch in Bezug auf Eizen geirrt – hoffentlich – und vielleicht wollte Mihawk Senior ihm auch einfach nur helfen. Im Gegensatz zu seinem Sohnemann schien er doch von etwas hilfsbereiterer Natur zu sein. Vielleicht sollte Zorro ausnahmsweise mal nicht den Teufel an die Wand malen und einfach abwarten, was passieren würde. „Darf ich fragen, ob es einen Grund gab, warum Sie mich um Mithilfe baten und nicht Herrn Eizen?“, sprach der andere nun mit seinem höflichen Unterton weiter. „Für ihn wäre es mit Sicherheit ein Leichtes gewesen, Ihnen eine Audienz zu verschaffen, ohne Sie zu so später Stunde noch überrumpeln zu müssen. Ich konnte Ihnen noch nicht mal Zeit zur Vorbereitung gewähren.“ „Herr Eizen ist ein vielbeschäftigter Mann“, gab Zorro die Worte wider, die der Samurai ihm eingetrichtert hatte, für genau diese Frage, in der verzweifelten Hoffnung mögliche Wogen noch glätten zu können, „ich wollte nicht, dass es auf ihn zurückfällt, falls ich keinen guten Eindruck vor den fünf Weisen hinterlassen sollte.“ Er konnte den überraschten Blick des anderen auf sich fühlen. Mit so einer Antwort hatte er gewiss nicht gerechnet und das war genau der Grund, warum Dulacre gewollt hatte, dass Zorro so etwas sagen würde. „Aber Sie scheuen sich nicht davor, das Risiko einzugehen, dass es auf mich negativ zurückfällt?“ Nun sah Zorro auf und grinste Mihawk Senior an, ohne etwas zu erwidern. „Mir scheint, mein Sohn hat keinen guten Einfluss auf Sie, werte Lady Loreen.“ „Hätten Sie es nicht genauso gemacht?“, entgegnete Zorro und sah wieder nach vorne. Für einen Moment schwieg der andere, bis sie um eine Ecke bogen und vor ihnen ein riesiges, prunkvoll dekoriertes Tor aufragte, welches von mehreren Soldaten bewacht wurde. Mihawk Gat blieb stehen und Zorro tat es ihm gleich. „Ich denke, ich habe Sie unterschätzt“, sprach der alte Soldat nun und sah Zorro eindringlich an. „Sie bauen darauf, dass ich mitspielen werde, nicht wahr?“ Zorro hatte keine Ahnung, was der andere damit meinte. „Sie verfolgen eine riskante Strategie, so wie mein Sohn es tun würde. Sind Sie sich sicher, dass Sie so gewinnen können?“ Verdammt, wusste er es also wirklich oder was zur Hölle sollte das bedeuten? Zorro mochte nicht, wie wenig er von dem Kram kapierte, der um ihn herum passierte und er wünschte, er hätte jemanden als Übersetzer da. Aber das hatte er nun mal nicht und Zorro war schon immer jemand, der lieber seine eigenen Schlachten schlug, als sich hinter anderen zu verstecken, also würde er genau das auch hier tun, ganz gleich wie wenig er von dem Gesagten verstand. „Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt, Herr Mihawk, Dulacre mag noch so ein genialer Stratege sein, aber ich spiele nicht nach seinen Regeln. Er hätte gewiss nicht gewollt, dass ich mich an Sie wende, also tun Sie nicht so, als ob er meine Entscheidungen gefällt hätte.“ Mit diesen Worten wandte Zorro sich um und schritt auf das riesige Tor zu. „Sie haben mich ausgetrickst“, hörte er den Soldaten hinter sich flüstern, „ich hoffe, dass Sie es nicht bereuen.“ Ja, das hoffte Zorro auch, aber anmerken ließ er sich nichts, als er vor dem Tor wartete und sein Herz wie wild schlug. Alles war ruhig. Eigentlich müsste Zorro sich gerade den Kopf darüber zerbrechen, was Mihawk Senior mit diesen Worten meinte. Eigentlich müsste er darüber nachdenken, ob der alte Mann die Wahrheit erkannt hatte, aber uneigentlich öffnete sich gerade das Tor vor ihm und all diese Dinge wurden nebensächlich. „Lady Loreen!“, kündigte einer der Soldaten ihn an und auf Geheiß schritt Zorro nach vorne. Mit gesenktem Blick betrat er den Raum der Autoritäten, während das Tor hinter ihm zuschlug. Der Klang erinnerte ihn an das zufallende Tor der G6, bevor der Koch damals die Winde zerstört hatte; hoffentlich war dieser Vollidiot in Sicherheit. Nein, Zorro war nicht in der Position, sich um andere Sorgen zu machen. Gerade jetzt konnte er sich nicht leisten, sich von seinen Sorgen ablenken zu lassen. Was auch immer kommen würde, würde kommen, aber hier und jetzt musste er darauf bauen, dass sein Plan aufgehen würde. Tief ging er in den Knicks, wie Kanan es ihn gelehrt hatte, und auf Geheiß richtete er sich wieder auf. Schlussendlich stand er ihnen nun doch gegenüber, den fünf Weisen.   -Mihawk- Gähnend lehnte er sich zurück und fuhr sich durchs Haar, ehe er dann schließlich doch aufstand und entschied, in die Küche zu gehen und sich etwas zu kochen, was natürlich mit seinem Ernährungsplan konform gehen würde. Früher hätte er sich einen solchen Aufwand nicht gemacht, hätte nicht extra etwas Kompliziertes gekocht, nun aber war er beinahe dankbar dafür, eine Aufgabe zu haben, mit der er die Zeit totschlagen konnte. Seit seiner Rückkehr nach Kuraigana kam Dulacre dieses Schloss noch leiser und leerer vor, als es nach Lorenors und Peronas Abreise gewesen war. Die Human Drills hatten ihn wie demütiges Dienstpersonal empfangen, jedoch kaum ihre Enttäuschung darüber verbergen können, dass ihre Herrin nicht zurückgekehrt war. Während seiner Abwesenheit hatten die Primaten das getan, was Dulacre von ihnen erwartet hatte, und damit begonnen die Ruinen im Wald zu beseitigen, auch wenn Dulacre nicht einmal wirklich wusste, warum er es ihnen damals aufgetragen hatte. Nein, er wusste genau, warum er es ihnen aufgetragen hatte, aber weigerte sich, einzugestehen, dass er bereitwillig einen Wunsch der Geisterprinzessin erfüllte, die schon seit Längerem beabsichtigte, die zerfallenen Baracken der Human Drills durch angemessene Unterkünfte zu ersetzen. Seufzend bereitete er sein schnödes Mahl zu, langweiligen, geschmacklosen Reisbrei, konnte sich kaum erinnern, wie er früher die Stille Kuraiganas so sehr hatte genießen können. Natürlich, Dulacre mochte die Ruhe, geregelte Tagesabläufe, angenehme Routine und vor allem keine unnötige Zeitverschwendung durch nervige Gäste, bedeutungslose Unterhaltungen oder uninteressante Aufträge. Früher hatte er dieses große, karge und dennoch prachtvolle und beeindruckende Schloss genau deshalb als sein Heim erwählt. Selbst während Lorenors und Peronas Anwesenheit hatte Dulacre die wenigen ungestörten Momente wertgeschätzt und sich manches Mal gewünscht, wieder der alleinige Bewohner dieses Schlosses zu sein, gerade wenn die beiden sich wegen Nichtigkeiten gestritten hatten. Nun jedoch war es anders. Nun, da Dulacre nicht damit rechnen musste, dass jeden Moment die Tür zu Flur aufgestoßen werden konnte und Lorenor ihn missmutig anschnauzen würde, dass er zu spät fürs Training wäre, nun, da die Tür zum Hinterhof nicht mehr aufgehen konnte und Perona mit einem Korb voller Pilzen hereinkommen und düstere Lieder vor sich hinsummen würde, nun genoss er die Stille dieser vertrauten Mauern nicht so, wie er sollte und wollte. Es war nicht so, als würde Dulacre sich einsam fühlen – er war niemand, der sich von solch simplen Gefühlen beeindrucken lassen würde – aber die letzten zwei Jahre hatte er sich an den Trubel seiner zwei Wirbelwinde gewöhnt und Dulacre war nun mal ein Mann der Gewohnheit und es war schlicht ungewohnt, dass dieses Schloss nun wieder so still war, wie früher, wie damals, bevor Dulacre Lorenor kennen gelernt und ein anderer Mensch geworden war. Gemächlichen Schrittes ging er ins Kaminzimmer und setzte sich an den Tisch. Aber so wie er hatte auch das Schloss sich in den letzten zwei Jahren verändert, auch wenn nicht mehr alle Bewohner da waren. Perona hatte tatsächlich fleißig gearbeitet, das gestand Dulacre ihr zu, und so war doch jeder genutzte Raum, jeder Flur, jedes Zimmer etwas wohnlicher geworden, etwas angemessener für einen Mihawk, ganz zu schweigen von den prächtigen Gärten, die das Schloss nun einrahmten. Eigentlich sollte Dulacre sich hier wohlfühlen und vermutlich würde er das unter anderen Umständen auch, würde die nun vorherrschende Stille willkommen heißen und nicht fast schon bedauern, während er sein karges Mahl zu sich nahm. Aber die Wahrheit war nun mal, während er hier saß und abwartete, hatte Lorenor Mary Joa erreicht und es gab nichts, was Dulacre tun konnte, nichts, außer alle paar Minuten die Vivre Card hervorzuholen, nichts, außer die kleine weiße Teleschnecke stets bei sich zu tragen und abzuwarten und oh, Dulacre war doch noch nie ein geduldiger Mensch gewesen. Kurz bevor er entschieden hatte, sein Abendessen vorzubereiten, hatte Jiroushin ihn angerufen, um ihn zu informieren, dass er Lorenor ohne irgendwelche besonderen Zwischenfälle sicher abgeliefert hatte und Perona vermutlich am nächsten Morgen zum Sabaody Archipel bringen zu lassen, von wo aus sie beabsichtigte, zurück nach Kuraigana zu kommen. Perona war während jenes Gespräches außerordentlich ruhig gewesen und hatte Dulacres Bemerkungen klaglos hingenommen, vermutlich hatte entweder Lorenor oder Jiroushin ihr die Brisanz der Situation erläutert. Gegen ihr Begehr, nach Erfüllung ihrer Aufgabe, zurück nach Kuraigana zu reisen, hatte Dulacre nicht viel einzuwenden. Aus verschiedenen Gründen hielt er diese Absicht zwar nicht für klug, aber um ihr Wohlergehen machte er sich keine Sorgen, sollte sie doch tun, was sie nicht lassen konnte. Es überraschte Dulacre nicht, dass sie Gecko Moria nicht gefunden hatte, als sie nach Lorenors Abreise mit den Strohhüten sich zur verlassenen Thriller Bark aufgemacht hatte. Allerdings musste er ihr anerkennen, dass sie vor wenigen Tagen auf seine Anfrage hin bereitwillig entschieden hatte, nach Mary Joa zurückzureisen und sich in Lady Loreen’s Gemächer einzunisten, bis Lorenor eintreffen würde. Endlich hatten sich ihre Fähigkeiten als nützlich erwiesen. Sein Blick fiel aus dem Fenster, während er die untergehende Sonne hinter den sanften Nebelschwaden beobachtete. Laut Jiroushin würde Lorenor am heutigen Abend seinen Termin mit Comil haben, ehe er die nächsten Tage vollständig von Eizen in Anspruch genommen werden sollte. Allerdings hatte Dulacre so seine Zweifel, dass Comil seinen Termin erhalten würde. Wenn Dulacres Vater auch nur halb so klug war, wie er für einen Mihawk sein sollte, dann würde er genau dieses Zeitfenster für die Audienz nutzen müssen. Aber wenn er dies tun sollte, würde dies nur bestätigen, was Dulacre von Anfang an befürchtet hatte. Die Frage war nur, wenn heute tatsächlich bereits der Tag sein sollte, würde Lorenor die Idee und die Möglichkeit haben…? Er unterbrach seinen Gedanken, als er aus den Tiefen des Schlosses das Klingeln einer Teleschnecke hören konnte. Schmunzelnd erhob er sich. Manchmal fragte er sich, ob irgendwann der Tag kommen würde, an dem er Lorenor nicht mehr unterschätzen würde, und manchmal fragte er sich, ob er das überhaupt wollte. In der Bibliothek angekommen schritt er zur Teleschnecke der Marine hinüber, die folgsam nach ihm rief, und nahm mit einem leisen Gotcha ab. „Comil“, grüßte er, bevor sein Gegenüber überhaupt etwas sagen konnte. „Mihawk“, kam es dann etwas überrascht von der anderen Seite, „Sie wussten, dass ich anrufen würde?“ Dulacre wusste nicht, ob er auflachen oder mit den Augen rollen sollte. Natürlich hatte er es gewusst. Natürlich war Comil der einzige Marinesoldat, der ihn genau in diesem Moment hätte anrufen können, aber nur unter der einen Voraussetzung, dass Lorenor ihn dazu hätte veranlassen müssen. Er war ganz begeistert. Nicht, dass er dieses Gespräch hier führen wollte, allerdings schien Lorenor sich endlich zu dem Taktiker zu entwickeln, der er sein musste, um Dulacre gefährlich werden zu können. Allerdings bedeutete dieser Anruf auch genau das, was er befürchtet hatte, und das bedeutete eine ganz simple Sache. Wenn er bis zum Morgengrauen nichts von Lorenor hören würde, dann würde Dulacre spätestens mit Sonnenaufgang aufbrechen. Was für eine erwartete und dennoch unterhaltsame Entwicklung, denn wenn Dulacre in den frühen Morgenstunden aufbrechen sollte, würde dies bedeuten, dass Mary Joa bald fallen könnte, und zwar noch bevor Beginn der Reverie. Die Dinge schienen endlich interessant zu werden und Dulacres letzter richtiger Kampf lag lange zurück. Vielleicht würde es amüsant werden, sich ganz alleine der gesamten Weltregierung zu stellen, schließlich mochte er solch ‚viele gegen einen‘-Szenarien, solange er der eine war. „Ich habe damit gerechnet“, entgegnete er und warf sich auf einen Stuhl. Er hatte gerade so gute Laune, dass er sogar gewillt war, Comil zu helfen – sofern es das war, was Lorenor von ihm erwartete – so würde er zumindest noch etwas Zeit vertreiben können, während er ganz ungeduldig abwarten musste, ein erregendes Gefühlschaos aus Sorge, Neugierde, Kampfeslust und Verärgerung in seiner Brust. Aber all das war besser als langweilige Zeitverschwendung. „Möchten Sie mir den Grund sagen, warum Sie mich anrufen, Comil?“ „Wie Ihnen vermutlich bewusst ist, rufe ich Sie auf einer verschlüsselten Leitung an“, erklärte der Soldat zugleich, „wir können also ganz frei sprechen.“ „Und worüber? Ich bin ein vielbeschäftigter Mann“, log er und benetzte seine Lippen, „Sie sollten also einen guten Grund haben, meinen Abend zu stören.“ „Oh, ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie wissen, warum ich anrufe“, entgegnete Comil und die Teleschnecke gab das hässliche Grinsen seiner schwulstigen Lippen nur zu gut wieder. „Ihr geschätztes Mündel hat mich beauftragt, mich an Sie zu wenden, weil niemand anderes als Ihr Vater meinen Termin mit der ehrenwerten Lady Loreen hat platzen lassen. Ich gehe also davon aus, dass Sie Informationen haben, die mir zugedacht sind, liege ich da richtig?“ Dulacre überschlug seine Beine und warf sie auf den Tisch vor sich. Comil hatte keine Zeit verschwendet, hatte bereitwillig direkt berichtet, was Dulacre von ihm hören wollte, zeigte deutlich, dass er nicht beabsichtigte mit Dulacre zu feilschen, sondern einfach nur an die Informationen wollte, die Lorenor ihm versprochen hatte, ohne jegliche Hintergedanken. Aber Dulacre hatte Hintergedanken, denn schließlich war er nicht so gutmütig und naiv wie sein werter Wildfang. „Das habe ich“, bestätigte er aalglatt, „und ich bin gewillt, Ihnen diese zu geben.“ Er legte eine Kunstpause ein, wartete, bis Comil Luft holte, um sich zu bedanken, und dann sprach er weiter: „Allerdings nicht jetzt und nicht ohne Gegenleistung.“ Die Augen der Teleschnecke weiteten sich eine Spur. „Ich habe Ihnen bereits alles gesagt, was für Sie von Interesse sein könnte, Mihawk. Es ist nicht meine Absicht, mit Ihnen um Informationen zu buhlen, ich dachte, das wäre deutlich geworden.“ „Ist es“, stimmte Dulacre mit einem breiten Grinsen zur, „nur… Sie haben mir keine Neuigkeiten mitgeteilt, Comil. Ihre Auskunft hatte für mich keinerlei Mehrwert, daher möchte ich einen angemessenen Ersatz, dann werde ich Ihnen gerne bereitwillig die Ihnen zustehenden Informationen zukommen lassen. Natürlich können Sie auch einen erneuten Termin mit meinem Sozius ausmachen, wenn Ihnen das mehr beliebt.“ Er genoss die Stille, die folgte, es war wie Musik in seinen Ohren, konnte regelrecht zuhören, wie Comil die Chancen und Möglichkeiten berechnete und abwägte. Drei… Zwei… Eins… „Was wollen Sie wissen, Mihawk?“ „Die Wahrheit“, entgegnete er hochmütig, „die ganze Wahrheit über die Wiedergeborenen.“ Wieder schwieg der andere, doch in der Stille meldete sich die alte Teleschnecke, auf deren Ruf Dulacre nur gewartet hatte. Es hatte also begonnen. „Allerdings nicht jetzt. Wie Sie hören, bin ich ein vielbeschäftigter Mann.“ Für eine Sekunde war die Leitung eisig kalt. „Wann werden Sie mich also für unseren Informationsaustausch anrufen“, lenkte Comil zähneknirschend ein. „Sobald ich mich um diese andere Angelegenheit gekümmert habe“, antwortete er ehrlich, „allerdings könnte es spät werden.“ „Ich erwarte Ihren Anruf.“ Im nächsten Moment legte der Marinesoldat laut auf, aber Dulacre interessierte das nicht im Mindesten. Ja, er war neugierig und endlich bot sich ihm die Möglichkeit, Dinge herauszufinden, die Lorenor nur widerstrebend mit ihm teilte. Aber gerade in diesem Moment waren Theorien und Vergangenheit unwichtig, wenn Lorenor in der Gegenwart ganz realen Gefahren ausgesetzt war. Gotcha „Es hat begonnen“, wurde er mit leiser Stimme begrüßt, „wie erwartet, ist er vor wenigen Minuten hineingegangen.“       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)