Ein letztes Geheimnis von Sharry ================================================================================ Kapitel 28: Kapitel 28 - Wahrheit --------------------------------- Kapitel 28 – Wahrheit   -Mihawk- „Sie hatten es also von Anfang an auf die Weltkonferenz abgesehen?“ Die Stimme von Lady Loreen erfüllte den Raum, doch Dulacres Blick lag auf Lorenor. Die letzten Minuten waren sehr aufschlussreich gewesen, aber während die Crew wohl damit beschäftigt war, die gefallenen Worte zu verdauen, machte Dulacre sich Sorgen um seinen Wildfang. Auf den ersten Blick wirkte Lorenor aufmerksam und doch gelassen, aber Dulacre konnte sehen, wie er die Blicke der anderen mied, wie er es vermied, auf die Bilder zu schauen, wie er es vermied irgendeine Emotion zu zeigen; sein Gesicht so hart und undurchschaubar wie nur selten auf Kuraigana. „Oh, war das nicht offensichtlich? Ich dachte, Sie wären bereits darauf gekommen und wüssten genau, was Sie von nun an erwartet.“ „Das ist Eizen?“, fragte der Cyborg das Offensichtliche und Dulacre nickte, als Lorenor nicht reagierte, den Blick auf den Ursprung der Stimmen auf dem Tisch gerichtet. „Aber wenn Sie möchten, werde ich Ihnen genau erklären, was bald Ihre Aufgaben sein werden.“ „Warum sollten Sie das tun? Wenn Sie mich in Ihre Pläne einweihen, laufen Sie Gefahr, dass ich Sie verraten könnte, und das würden Sie nie riskieren.“ Der Politiker lachte laut auf und Dulacre merkte, wie sein Puls stieg. Hätte er doch damals anders gehandelt und Lorenor nie allein mit diesem Mann gelassen. Er hatte von Anfang an gewusst, dass das ein Fehler gewesen war. „Hach, das ist sehr amüsant, wirklich. Verstehen Sie mich nicht falsch, Liebes, Sie sind der Dreh- und Angelpunkt meiner Reform, aber Sie stehen in keinerlei Position, um mir auch nur ansatzweise gefährlich zu werden. Selbst, wenn Sie bereit wären, das Leben Ihrer Freunde, Ihres Bekannten und auch das Ihrige zu riskieren, am Ende stünde Ihr Wort gegen meines und auch, wenn ich Ihnen zu recht viel Einfluss verholfen habe, so wird Ihnen doch niemand glauben.“ Er konnte das Klirren von Geschirr hören. „Warte mal“, murmelte der Smutje, „wie kann es sein, dass…?“ „Schh, Sanji!“, unterbrach ihn die Navigatorin und Dulacre war dankbar darum. Er selbst hatte diese Worte ebenfalls noch nie gehört und was auch immer für ein Problem der Smutje nun schon wieder hatte, es würde warten müssen bis nach der Aufnahme. „Nun ja, wir haben noch etwas Zeit, bis wir zur Sitzung müssen, und ich sehe, dass Sie sehr angespannt sind. Also nur zu, Liebes, stellen Sie mir Ihre Fragen.“ „Sie sprachen von einer Reform, haben Sie etwa vor auf der Weltkonferenz einen Putsch vorzunehmen?“ „Oh Liebes, ich bin begeistert, genau das ist der Plan.“ Stille. „Also das ist, wo du deine Informationen her hast, von ihr?“, murmelte der Cyborg, verstummte aber sofort auf den Blick der Navigatorin hin. „Ach tun Sie nicht so überrascht. Jemandem wie Ihnen ist mit Sicherheit ebenfalls bewusst, in was für einem Zustand unsere Weltregierung sich befindet. Vetternwirtschaft und Korruption sind hierzulande noch die kleinsten Probleme. Die Welt wird von einer Handvoll diktatorischer Narzissten mit Gotteskomplex regiert, die zu einfältig sind, um Dinge wie Politik, Wirtschaft und Staatensysteme zu verstehen. Einzig die fünf Weisen übersteigen ihre Tyrannei, während die vielen Oberhäupter der kleinen Staaten versuchen, mehr schlecht als recht das Überleben ihres eigenen Volkes zu retten oder zumindest das derer, denen sie ihre Treue geschworen haben. Sie haben die Welt gesehen, Liebes, Sie kennen all die Abgründe der Menschheit, die sich durch Gier und Machthunger auftun. Sklaverei, Menschenhandel, Krieg und Hinterlist, auch noch geschürt und gefördert von der Weltregierung, die dies eigentlich verhindern sollte. Warum glauben Sie, gibt es eine Revolutionsarmee? Warum glauben Sie, treiben so viele Gesetzeslose wie nie zuvor ihr Unwesen? Unsere Weltregierung hat versagt und es ist an der Zeit ein neues Kapitel aufzuschlagen.“ „Hat nicht ganz Unrecht“, murrte Trafalgar Law und beugte sich zwischen Dulacre und dem Lockenkopf weiter nach vorne, ignorierte völlig, wer dort neben ihm saß. „Und Sie glauben, dass Sie dafür der richtige Mann sind?“ Lorenor klang genauso, wie Dulacre erwartet hatte, abwehrend und verwirrt, aber wissend, was nun kommen würde, mochte er gar nicht, wie Lorenor gerade selbst seinem Blick auswich. Oh, er mochte es wirklich nicht, Lorenor so ängstlich zu sehen. „Nun ja, irgendwer muss es ja machen, nicht wahr? Glauben Sie mir, keiner kennt die Immoralität der Weltregierung so gut wie ich. Ich habe mich vom einfachen Händler hochgearbeitet, betrogen und gelogen, erpresst und bestochen, nur um in diese Position zu kommen. Das Ziel der derzeitigen Weltregierung ist es nicht, Gerechtigkeit und Wohlstand auf der ganzen Welt zu verbreiten, sondern den Mächtigen noch mehr Macht und Geld zu geben und das auf Kosten der Massen. Und weil ich das alles gesehen habe und weiß was geschieht, bin ich auch der Einzige, der es ändern kann.“ „Weil Sie ein so wohlwollender und gutmütiger Mensch sind?“ „Mir ist bewusst, wie anmaßend meine Vision sich anhören muss. Aber ja, ich habe das Wissen und die Erfahrung, um die Welt in ein neues Zeitalter zu führen.“ „Mit Ihnen an der Spitze natürlich.“ „Nicht ganz, natürlich habe ich vor, selbst die Kontrolle zu übernehmen, aber wie Sie wissen, bleibe ich lieber im Hintergrund und halte nur die Fäden in der Hand. Eine so weltbewegende Reform braucht eine größere Erscheinung als mein alter Körper bieten kann.“ Für einen Moment war die Aufnahme totenstill und Dulacre sah seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt, doch dann sprach Eizen weiter. „Sie werden ja ganz blass. Aber ganz Recht, ich habe Ihnen damals prophezeit, dass Sie die Symbolfigur einer neuen Ära sein werden, und ich habe Ihnen nicht zu viel versprochen. Zu Beginn der Weltkonferenz werden wir die fünf Weisen und ganz Mary Joa stürzen und dann haben die Herrschaften der Welt die Möglichkeit, Ihnen ihre Treue zu schwören und das werden sie tun und dann werden Sie und ich die Welt verändern. Warum sonst hätte ich Sie so sehr bilden und fördern sollen?“ Einige der Crew tauschten beunruhigte Blicke aus und der Smutje, der hinter Lorenor und dem Cyborg stand, holte tief Luft, während er sich eine neue Zigarette anzündete. „Und Sie glauben wirklich, dass ich da mitmachen würde?“ „Natürlich. Verstehen Sie doch, mit mir zusammen könnten Sie die Welt beherrschen, doch sollten Sie sich weigern, werde ich alles, was Ihnen je wichtig war, vernichten, ganz gleich ob Pirat oder Königstochter, kleines Mädchen oder Samurai. Ich weiß, was für eine Art Mensch Sie sind und was Sie bereit waren, zu tun, für die Menschen, die Sie beschützen wollten, Sie werden sich nicht gegen mich stellen und Sie werden Ihre Rolle spielen, so lange wie ich Sie brauche. Das Bild, welches Sie und der werte Herr Mihawk der Welt gegeben haben, wurde von mir perfektioniert und ich bin bereit, den kleinen Preis von Mihawks feindlichen Blicken zu zahlen, aber selbst er wird nichts an der Tatsache ändern können, dass Sie letzten Endes mir gehören.“ Was fiel diesem Bastard nur ein?! „Was meint er damit?“, fragte der Smutje. „Was hat Lady Loreen getan?“ „Schhh!“, zischte die Navigatorin. „Später, Sanji!“ „Warum ich? Es gibt doch mit Sicherheit so viele Menschen, die sich besser dafür eignen würden oder willens wären, Ihnen zu helfen, warum haben Sie mich erpresst, um mich zu kriegen? Nur um mich in diese Position zu drängen, die Sie eigentlich selbst innehaben wollen?“ Dulacre konnte nicht anders, als sich zu erheben, konnte Lorenors so unsichere Stimme kaum ertragen; er war nicht gewöhnt, den anderen so zu hören, so schwach zu hören. Mit verschränkten Armen begann er am Kopfende lautlos auf und ab zu wandern. Seine Magengegend zog sich unangenehm zusammen und nun bemerkte er die noch nicht lange zurückliegende Operation. Selten fühlte er einen solchen Zorn wie gerade. Wütend darüber, dass Lorenor ihm dies vorenthalten hatte, alleine mit Eizen hatte umgehen müssen und darüber, dass Eizen sich anmaßte, seinen Wildfang kontrollieren zu wollen. „Jetzt fragen Sie die richtigen Fragen.“ Man konnte Schritte hören und die Stimme des Politikers entfernte sich und kam dann wieder näher. „Allerdings liegen Sie falsch. Sie sind genau die Person, nach der ich so lange gesucht habe. Es war ein großes Glück Sie damals auf der Versammlung der fünf Inseln getroffen zu haben. Ihre Anwesenheit, und dann auch noch als Begleitung des stets abweisenden Herrn Mihawk, hat mich überrascht, ist Ihr werter Samurai doch ein egoistischer Einsiedler, dessen Eisblock eines Herzens so uneinnehmbar wirkte, erst recht nicht von einem Piraten. Ich wurde neugierig und ließ Nachforschungen über Sie anstellen.“ Eine Sekunde beobachtete er die Crew des anderen. Dulacre war natürlich nicht entgangen, dass Lorenor sein eigentliches Geheimnis immer noch nicht offenbart hatte. Aber wenn Eizen so weitersprach, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die einzelnen Crewmitglieder eins und eins zusammenzählen würden. Ein Blick zeigte ihm, dass manche von ihnen bereits die Puzzleteile zusammenfügten, aber nicht alle, offensichtlich die meisten nicht. „Ist sie eine Piratin?“, flüsterte Doktor Chopper so leise, dass es kaum ein Flüstern war und mit Leichtigkeit von den nächsten Worten aus dem Tondial überstimmt wurde. „Und schließlich habe ich in Ihnen das letzte Puzzleteil gefunden, um meine seit langer Hand geplante Reform durchführen zu können. Der letzte Lorenor.“ Nun zeigten einige deutlich, dass sie nicht verstanden, während man das Rascheln von Papier hören konnte, und wenn Dulacre gerade nicht ganz eigene Sorgen hätte, würde er es wohl amüsant finden, zu sehen, wie die meisten der Strohhüte scheiterten, das Offensichtliche zu erkennen. „Die Ähnlichkeit ist verblüffend, nicht wahr? Ich hätte nie vermutet, dass sie tatsächlich mit Ihnen verwandt ist, aber nun, als Sie mir damals gegenüberstanden, Liebes, war es für mich ganz offensichtlich.“ „Ist sie deine Schwester, Zorro?“, murmelte erneut der Lockenkopf. Augenscheinlich waren die Strohhüte nicht in der Lage, einfach mal zuzuhören, ohne dazwischen zureden. „Wir haben sie damals leider zu spät gefunden, oder jemand hatte sie gewarnt, ich weiß es nicht. Aber nachdem wir sie verloren hatten, hatte ich alle Hoffnung aufgegeben, meinen Plan je verfolgen zu können. Wer hatte denn ahnen können, dass die Geschichten falsch sind, wer hätte ahnen können, dass Lorenor Zakuro tatsächlich ein Kind hatte, dieses Kind vor der Welt und der Geschichte verbergen konnte, und dass dieses Kind mir ausgerechnet fünfzehn Jahre später zum bestmöglichen Zeitpunkt über den Weg laufen würde.“ Nun lag Dulacres Blick wieder auf Lorenor. Anscheinend hatte Eizen ihm gerade die Bilder seiner verstorbenen Mutter gezeigt, aber diese Aussage offenbarte noch etwas ganz anderes und mehr und mehr verstand Dulacre, warum Lorenor so empfindlich auf seinen eigenen Namen reagiert hatte. Nicht nur aufgrund dessen, was ihm selbst deshalb widerfuhr und bereits widerfahren war. Nein, ganz offensichtlich hatte Eizen sein Leben schon weit länger beeinflusst als nur die letzten zwei Jahre. „Ich verstehe nicht.“ Lorenor klang eindeutig verwirrt. „Wie sollten Sie auch? Daher lassen Sie es mich erklären. Wissen Sie, was die drei Antiken Waffen sind?“ Und nun würde Eizen Lorenor wohl genau das erklären, was dieser vor wenigen Minuten noch ihnen erzählt hatte. „Was?“ „Nun ja, Pluton, das legendäre Kriegsschiff, dessen Baupläne von Cutty Fram verbrannt wurden. Poseidon, die geheime Kraft der Fischmenschen, und dann, dann gibt es da noch Uranos. Uranos ist derzeit die einzige antike Waffe, die sich im Besitz der Weltregierung befindet, und sie ruht gutbewacht in den Tiefen von Marie Joa. Es gibt nur ganz wenige Menschen, die in der Position sind, diese Waffe in Augenschein nehmen zu dürfen, und ich muss Ihnen mit Sicherheit nicht erklären, dass ich dazu gehöre.“ „Er weiß sogar das?“, flüsterte nun die Navigatorin und schlug sich danach die Hände auf den Mund, als ihr bewusst wurde, dass sie selbst gegen ihre Aufforderung zu Schweigen verstoßen hatte. „Uranos ist die älteste und mächtigste der antiken Waffen. Die Waffe des Himmels, welche nur von der ersten Generation kontrolliert werden kann. Und nun wissen Sie auch, Liebes, warum die Weltaristokraten so große Furcht vor denen mit dem D. im Namen haben. Nur ein Mensch mit einem D. im Namen ist in der Lage, Uranos zu kontrollieren und einzusetzen. Dies ist, was die Himmelsdrachen am meisten fürchten, dass einer der ersten Generation die Waffe des Himmels nimmt und ihre Flügel verbrennt.“ „Aber das hat nichts mit mir zu tun, ich trage kein D. im Namen.“ „Ganz Recht, und daher werde ich Ihnen nun ein Geheimnis anvertrauen, was nur die wenigsten wissen. Nur ein paar arme Teufel von Ohara, ehe sie verstarben, und vielleicht noch die fünf Weisen, aber jeder weiß, dass diese zu stolz sind, um an Ammenmärchen zu glauben.“ Eizen klang besorgniserregend aufgeregt. „Die Antike Waffe Uranos kann nur von einem der ersten Generation genutzt werden, aber ein D. allein ist nicht ausreichend. Denn nicht nur das D. gehört zur ersten Generation, auch wenn es die bekannteste und mächtigste Linie der ersten Generation ist, die Linie des Königs, aber jeder König braucht nun mal auch einen Beschützer. Um Uranos einsetzen zu können, braucht es die Linie des Königs und die Linie des Hüters. Der Nachfahre des Königs hat die Macht Uranos zu lenken, doch Uranos kann nur aktiviert werden, wenn ein steter Fluss an Energie sie am Leben erhält, und zwar eine ganz bestimmte Form von Energie, das Blut eines Lorenors, der hochwohlgeborene Nachfahre des Hüters.“ Leise lachte Eizen auf, ließ Dulacres Blut aufkochen vor Hass. Aber dann wurde es ihm bewusst. Lorenor, der Name, der eigentlich ein Titel war und dies war seine Bedeutung, so offensichtlich seine wahre Bedeutung: der hochwohlgeborene Nachfahre des Hüters. „Die Geschichte ließ uns alle glauben, dass Lorenor Zorro unmöglich ein wahrer Lorenor sein könne. Die fünf Weisen dachten ja, dass das Geschlecht schon seit Jahrhunderten ausgerottet war und ich selbst war da, um das Ableben der letzten Lorenor zu bezeugen und nichts in dieser verwahrlosten Hütte deutete darauf hin, dass ein Kind dort leben würde, selbst die Dorfbewohner haben geschwiegen, genauso wie die Mönche des Tempels. Aber als ich Sie da gesehen habe, in diesem edlen Kleid, wie Ihre Mutter sie zu tragen pflegte, voller Würde und Stolz, da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.“ Er hielt in seinen Schritten inne, als diese Worte seine Befürchtungen bestätigten und Lorenors versteinerter Blick zeigte ihm, dass dieser auch zwischen den Zeilen gelesen hatte, vielleicht nicht mal zwischen den Zeilen hatte lesen müssen und selbst Lorenor konnte dies wohl nicht einfach mit einem Schulterzucken hinnehmen. „Aber selbst, wenn Sie Recht hätten, fehlt Ihnen dann nicht immer noch ein D., um Uranos zu lenken?“ „Ach, natürlich, ein Fehler meinerseits. Wissen Sie, die Welt kennt mich als Rishou Eizen, aber in Wahrheit lautet mein Name Eizen D. Rishou. Sie sollten überrascht sein, was ein einfacher Tausch der Namensreihenfolge bewirken kann. Sie sehen, jetzt habe ich alle Spielfiguren in Position und in ein paar Wochen, werden wir beide zusammen die Weltregierung stürzen, mit ihrem Blut und ihrem Gesicht, und meiner Macht und meinem Wissen.“ „Aber ich…“ „Ich weiß, ich weiß, Sie werden jetzt wieder mit Ihrer Ausrede kommen, Sie seien nicht Lorenor Zorro, da dieser ja vor zwei Jahren verstorben sei. Halten Sie diese Charade nur bei, wenn es Sie glücklich macht, wenn es Mihawk glücklich macht. Aber bald werden Sie mir Ihre wahre Gestalt und Ihr Blut geben, schließlich würden Sie nie das Leben Ihrer Freunde riskieren, nicht wahr, Liebes?“ Mit einem leisen Klicken beendete Lorenor das Abspielen und zog das Tondial langsam vom Tisch, um es wieder in seiner Tasche verschwinden zu lassen. Einige in der Crew schnappten nach Luft und starrten Lorenor fassungslos an, dieser jedoch sah weiterhin stur geradeaus. Aber Dulacre ließ sich nicht täuschen; Lorenors Aura war so unstet wie selten. Er musste sich bewusst gewesen sein, dass das Abspielen dieser Tonaufnahme sein Geheimnis endgültig verraten würde, und dennoch hatte er es getan, bevor er seine Crew selbst eingeweiht hatte, hatte sie lange genug laufen lassen, dass selbst der letzte Vollidiot es verstehen musste. Es war ein seltsames Verhalten. Lorenor war niemand, der vor Herausforderungen zurückschrak und eigentlich auch niemand, der viel von Geheimnissen hielt. Dennoch hatte sein Verhältnis zu Eizen ihn dazu gezwungen, Geheimnisse zu haben, und diese hatte er nun alle offengelegt. Aber das Wichtigste hatte er nicht gesagt, hatte jemand anderen es aussprechen lassen, hatte diese Aufnahme genutzt, um es nicht selbst sagen zu müssen, hatte sie extra so lange laufen lassen, dass sogar der letzte Depp es ganz klar verstehen musste. Faszinierend, wahrlich faszinierend, aber irgendwie auch bemitleidenswert. Er hatte erwartet, dass Lorenor irgendwann die Wahrheit auf den Tisch werfen würde, seiner Crew nicht mal die Zeit zum Verdauen geben würde, nur um dann mit dem Alltag fortzufahren, als wäre nichts gewesen, so wie er doch sonst auch immer absolut in seinen Entscheidungen war. Aber obwohl Lorenor offensichtlich entschieden hatte, seine Crew einzuweihen, so hatte er dieses eine Mal nicht gewohnt resolut gehandelt, sondern beinahe passiv. Oh, dieses Gefühl war wirklich ungewohnt für Dulacre; er hoffte, dass diese Crew von Traumtänzern nicht Lorenors Ängste bestätigen würde. Aber dieses Mal fehlte jegliche Form von Verachtung und Missbilligung. Er hoffte einfach nur für Lorenor, dass dessen Ängste sich nicht bewahrheiten würden, denn das war das eine, was er nicht beeinflussen konnte. Ganz gleich, was Dulacre tat, er würde nicht verhindern können, wie sie reagieren würden. Allerdings reagierten sie für gefühlte Sekunden überhaupt nicht. „Was… was meinte der Kerl damit?“, murmelte dann schließlich der Cyborg und sah Lorenor neben sich offensichtlich verwirrt an. „Er schien das ganze Gespräch über davon auszugehen, dass Lady Loreen… was meinte er damit, Zorro? Ist das ein schlechter Witz?“ „Ist es nicht“, murrte Lorenor, immer noch, ohne irgendwen anzusehen. „Nun ja, mit dieser Aufnahme kannst du zumindest einen Beweis liefern. Ob dieser ausreichen wird, werden wir wohl letzten Endes nicht erfahren, bevor die fünf Weisen darüber entscheiden“, bemerkte Dulacre und versuchte die Aufmerksamkeit auf ihr eigentliches Problem zu lenken, wissend, dass ihm dies nicht gelingen würde. „Keine schlechte Idee, Lorenor, aber gewiss riskant. Nun verstehe ich deine Zweifel an diesem Plan.“ Er begutachtete die anderen Anwesenden für einen Moment. Der Musikant hatte es gewusst, Nico Robin natürlich auch. Die Navigatorin hatte es wohl geahnt, während der Kapitän immer noch so gleichmäßig atmete, dass man glauben könnte, er würde schlafen. Trafalgar Law war seit einigen Minuten auffällig schweigsam, hatte die Beine überschlagen, Mund und Kinn hinter den gefalteten Händen verborgen und beobachtete Lorenor mit den Augen eines wahnsinnigen Wissenschaftlers. Dann fiel sein Blick auf den Smutje, doch er wusste nicht, ob er diesen Gesichtsausdruck erwartet hatte. Während die meisten Unwissenden der Crew Lorenor eher fassungslos anstarrten, hatte der Smutje nur seine kringelige Augenbraue hochgezogen und verwirrt die Stirn in Falten geworfen, schien augenscheinlich etwas nicht zu begreifen, obwohl es doch so offensichtlich war. „Also habt ihr ihn glauben lassen, du und die bezaubernde Lady Loreen wäret ein und dieselbe Person? So wie Ivankov?“, fragte er und beäugte Lorenor von hinten argwöhnisch. „Warum habt ihr das gemacht? Weil sie so krank ist? Und wie habt ihr es geschafft, dass er es euch abgekauft hat?“ „Ach, Koch“, ächzte Lorenor entnervt auf, drehte sich aber noch nicht mal im Stuhl um, wie er es zuvor getan hatte, um den anderen anzusehen, sondern betrachtete weiterhin nichts, was anwesend war, „hast du’s denn immer noch nicht kapiert?“ „Was soll ich denn kapiert haben?“, entgegnete der Smutje nicht minder entnervt. „Erst sagst du tagelang gar nichts, jetzt kommst du mit so einer Hiobsbotschaft um die Ecke, von Wegen, dass du der Schlüssel für eine verdammte antike Waffe seist, während du mal eben mit Falkenauge die bezaubernde Lady Loreen betrügst und dieser Eizen anscheinend glaubt, dass ihr ein und dieselbe Person seid, während sie vermutlich gerade irgendwo ganz alleine seinen Schergen aus…“ „Ähm, Sanji“, versuchte die Navigatorin, ihn zu unterbrechen. „Wie blöd bist du eigentlich?“, murrte Zorro nur und wandte sich nun doch um. „Muss ich’s dir buchstabieren, du Vollidiot?“ Für eine Sekunde sahen die beiden sich einfach nur an. „Koch, ich bin Lady Loreen.“ Hosted by Animexx e.V. 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