Ein letztes Geheimnis von Sharry ================================================================================ Kapitel 21: Kapitel 21 - Zweifel -------------------------------- Kapitel 21 – Zweifel   -Zorro- Jetzt lag er da, im Ausguck, nachdem Robin ihn wieder mal an ihrer Weisheit hatte teilhaben lassen, und wusste nicht, was er denken sollte. Wie immer musste er sich eingestehen, dass sie Recht hatte. Mit seinem Verhalten hatte Zorro innerhalb der Crew für viel Unruhe gesorgt und diese würde sich nicht einfach magisch in Luft auflösen, sondern sie alle so lange belasten, bis Zorro sein Verhalten erklärte, und es war offensichtlich, dass sie sich in ihrer derzeitigen Situation keine Unachtsamkeit, keine Abgelenktheit leisten konnten. Sie hatten sich genügend Feinde gemacht und mehr würden noch kommen. Sie mussten geschlossen stehen, sie mussten eine Einheit sein, das wusste er, sonst würden sie nicht bestehen, nicht hier in der Neuen Welt, wo die Gefahren doch noch so viel unberechenbarer waren. Es war ähnlich wie damals der Streit zwischen Lysop und Ruffy, mit dem einzigen Unterschied, dass Ruffy ihn nicht hinterfragte und Zorro nicht mit ihm Streit suchte. Dafür hatte er einen Samurai angeschleppt, der diesen Teil wohl nur zu gerne übernehmen würde, sollte sich ihm die Gelegenheit bieten. Zorro war sich sehr wohl bewusst, dass Mihawk neben dem Koch auch seinen Kapitän anzweifelte. Er zeigte seine Ablehnung nicht so offen, hatte jedoch schon des Öfteren bemerkt, dass er absolut nicht nachvollziehen konnte, warum Zorro seinem Kapitän folgte, warum er sich Ruffy untergeordnet hatte, warum er ihm so loyal war. Für einen Moment brachte zumindest dieser Gedanke ein Schmunzeln auf seine Züge und er ließ seinen Unterarm über die Stirn nach hinten auf den Boden rutschen, ehe er sich leicht streckte. Vermutlich würde Dulacre es auch nie verstehen. In manchen Dingen waren sie dann einfach zu unterschiedlich und so wie Zorro wohl nie nachvollziehen konnte, warum Titel und Namen dem Samurai so wichtig waren, so konnte dieser wahrscheinlich nie verstehen, wie wichtig Ruffy Zorro geworden war. Manchmal erschreckte es ihn selbst, es hatte nur wenige Tage gebraucht, bis er verstanden hatte, dass er eher sterben würde, als das Leben des schwarzhaarigen Vollidioten zu riskieren, und dieses Gefühl hatte ihn damals mehr als verstört. Obwohl, nein, wenn er ehrlich war, so hatte es ihn noch nicht mal überrascht, denn er hatte keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, warum er so gefühlt hatte. Denn damals hatte Zorro seine eigenen Gefühle und Gedanken noch nicht hinterfragt, hatte nie versucht, sie zu erklären oder zu definieren, und das war tatsächlich deutlich einfacher gewesen. Alles, was wichtig gewesen war, hatte er ohne Zweifel gewusst, dass er Ruffy folgen und nicht zulassen würde, dass irgendwer sich ihm auf dem Weg zum König der Piraten in den Weg stellen würde. Mihawk würde Ruffys und Zorros Aufeinandertreffen wohl Schicksal nennen, aber es war einfach nur Glück gewesen, Zorros Glück, dass Ruffy entschieden hatte, ihn auszuwählen und ihn nicht dort am Marterpfahl verhungern zu lassen. Ja, damals waren die Dinge noch sehr einfach für Zorro gewesen. Er hatte geschworen, Ruffy und die Crew zu beschützten, und versprochen, der beste Schwertkämpfer der Welt zu werden. Für beides war ihm bewusst gewesen, dass er hatte stärker werden müssen, und für beides war er bereit gewesen, zu sterben. Dann war er Dulacre begegnet und dieser hatte ihn in einer schmerzhaften Lektion beigebracht, dass er überleben musste, um seinen Traum verwirklichen zu können, und nicht bei einem überhasteten Versuch draufgehen sollte. Am Anfang hatte Zorro nicht verstanden, was der andere ihm hatte erklären wollen, aber die Narbe hatte ihn stets daran erinnert. Er durfte nicht für seinen Traum sterben, er musste überleben, was auch immer das bedeutete. Doch dann waren viele Dinge passiert, großartige Dinge, beeindruckende, aufregende, herausfordernde und auch beunruhigende, alarmierende und sogar schreckliche. Doch nicht ein einziges Mal hatte Zorro bereut, sich Ruffy angeschlossen zu haben, hatte keine seiner Entscheidungen je bereut, hatte nie gezweifelt. Aber damals waren die Dinge auch noch einfach gewesen. Ja, Mihawk hatte ihn gelehrt, für seinen Traum überleben zu müssen, dass sein Traum es würdig war, dafür zu leben und nicht aus falschem Stolz dafür draufzugehen. Dennoch hatte Zorro immer gewusst, dass es andere Dinge gab, die es wert waren, dafür zu sterben, die wichtiger waren als sein eigenes Leben, sogar noch wichtiger als sein eigener Traum. Die Dinge waren einfach gewesen. Um in der Lage sein zu können, seinen Traum je zu erreichen und sein Versprechen wahr zu machen, hatte Zorro überleben müssen, aber um seine Freunde zu beschützen war er bereit gewesen, alles zu tun, ganz gleich der Konsequenzen, war bereit gewesen, seine Prinzipien zu verraten, ihre Verachtung auf sich zu ziehen und ja, im Zweifel war er auch bereit gewesen, für sie zu sterben. So einfach waren die Dinge damals gewesen: überleben für seinen Traum, aber bereit zu sterben für seine Freunde. Achten der strengen Prinzipien eines ehrenwerten Schwertkämpfers, aber bereit sie zu verraten für seine Freunde. Seine eigenen Entscheidungen treffen, aber stets zum Wohle der Crew. Damals war alles ganz einfach gewesen und Zorro hatte nicht eine Sekunde daran gezweifelt, das Richtige zu tun. Jetzt zweifelte er. Die Dinge waren nicht mehr so einfach, schon lange nicht mehr, und er war auch nicht mehr so einfach gestrickt, dass er noch in der Lage wäre, es zu ignorieren. Früher waren seine Entscheidungen einfach gewesen: Überlebe für deinen Traum! Tu das jetzt, um deine Freunde zu schützen! Mach das nicht! Tu dies! Lass jenes! Sag dies! Sag nichts! Aber jetzt waren es keine einfachen ja oder nein Entscheidungen mehr, keine Frage nach Handeln oder Abwarten, kein entweder oder, die Dinge waren einfach viel komplizierter geworden und nicht nur das. Auch Zorro war komplizierter geworden, seine Gedankengänge waren komplizierter geworden, seine Prinzipien und auch das, was er wollte, was er von sich selbst und seinem Leben erwartete, all das war komplizierter geworden. Früher war es einfach gewesen, die richtige Entscheidung zu treffen, aber nichts war mehr einfach, Zankereien mit dem Koch waren nicht mehr einfach, Unterhaltungen mit Robin waren nicht mehr einfach, Fragen von Chopper waren nicht mehr einfach. Nur Ruffys Blicke waren so einfach und offen wie eh und je, nur in Ruffys Gegenwart war Zorro wieder ein bisschen mehr wie damals; nur in Ruffys Gegenwart überforderten seine eigenen Gedanken ihn nicht ganz so sehr. Dafür kannte er nun jedoch auch die komplizierten und verschlossenen Blicke Dulacres, und nichts an Dulacre war einfach. Selbst Zorros eigene Gedanken wurden in seiner Gegenwart viel zu kompliziert. Und wenn er allein war, so wie jetzt, dann konnte er sie einfach nicht zum Schweigen bringen, so wie Ruffy und Dulacre es schafften – der eine ganz ohne, der andere mit viel zu vielen Worten – und er verstand sich selbst nicht mehr, war sich selbst zu kompliziert geworden. Auch außerhalb der Crew war alles kompliziert und nichts mehr einfach, die Absichten der Gegner waren nicht mehr einfach, der Standpunkt der Marine war nicht mehr einfach, die Vorgänge in der Welt waren nicht mehr einfach. Alles schien sich gegenseitig zu beeinflussen und ein im East Blue falsch gesprochenes Wort konnte in der Neuen Welt zum Kampf führen. Eine Unaufmerksamkeit aus der Vergangenheit konnte einen in der Gegenwart einholen. Und mittendrin seine Crew, seine Freunde, die er doch beschützen wollte, um jeden Preis beschützen wollte, aber was war der richtige Weg, um sie zu beschützen, was war der richtige Weg, um sie zu beschützen? Früher hatte Zorro sich diese Frage nie stellen müssen, er hatte immer die Antwort gekannt, nun jedoch wusste er nicht, ob er den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Ich zweifle nicht daran, dass du stark genug bist. Aber er zweifelte. In den letzten zwei Jahren war er stark geworden, sowohl körperlich als auch geistig, hatte von Dulacre alles gelernt, was es für einen hervorragenden Schwertmeister bedurfte. Im Vergleich zu dem Mann, der er heute war, schien er damals wirklich so tumb und schlicht gewesen zu sein, wie er sich auch oft vorgekommen war. Aber manchmal fragte er sich, ob in dieser Schlichtheit nicht auch eine gewisse Stärke gesteckt hatte. Die Motive seiner Feinde und komplizierte Strategien hatten ihn nicht interessiert, wichtig war ihm nur gewesen, zu gewinnen und seine Freunde zu beschützen, bevorzugt mit bloßer Muskelkraft. Er hatte seine Entscheidungen nicht hinterfragt oder nachgeforscht, nicht nachgehakt oder überprüft, nicht infrage gestellt und mit Sicherheit nie angezweifelt. Aber jetzt tat er es und er fühlte sich hilflos, trotz all seiner Stärke, all seines Wissens, all seines Könnens. Obwohl er so viel besser war als damals, zweifelte er, mehr als er es damals je gekonnt hätte. Damals hätte Zorro ganz genau gewusst, was zu tun wäre, und er hätte es vermutlich auch ohne Zweifel getan. Er hätte nicht diesen komplizierten, umständlichen Plan ausgeheckt, der voller Schwächen und Unbestimmten steckte. Er hätte den ganz einfachen, geraden Weg genommen, darauf vertraut, dass seine Crew stark genug war, so wie damals, so wie er es damals immer entschieden hatte, bei jedem seiner Gegner, bei jedem seiner Kämpfe und wenn sie noch so aussichtslos gewesen waren. Aber Eizen war kein typischer Gegner, dieser Konflikt kein typischer Kampf, den Zorro durch seine Fertigkeiten lösen konnte oder bei dem Versuch draufgehen würde. Dennoch wusste er, dass die Lösung genauso einfach war wie damals, aber weil Zorro nicht mehr so einfach dachte wie damals, zweifelte er. Robin hatte Recht, die Konflikte würden nicht aufhören, nicht innerhalb der Crew, nicht zwischen der Crew und Mihawk und genauso wenig zwischen Zorro und Mihawk und auch seine eigenen Konflikte würden nicht aufhören, nicht, bis er sich Klarheit verschaffen würde. Er musste eine Entscheidung treffen, nur so würde er aufhören können, zu zweifeln. Über sich sah er die simple Decke an. Ein Lorenor bereut nie! Natürlich! Endlich verstand er. Es war nicht so, als ob sein früheres Ich aufgrund seiner Schlichtheit so stark gewesen war, sondern einfach nur, weil er damals gehandelt hatte, ohne zu bereuen. Das, was ihn gerade schwächte, waren seine Zweifel. Die Frage war also nicht, welcher Weg der Richtige war, sondern ob sein Plan überhaupt der Richtige sein konnte, wenn er ihn so sehr zweifeln ließ. Denn zumindest hatte sein simples Ich aus der Vergangenheit nie an seinen simplen Plänen gezweifelt. Stelle sicher, dass du nichts tust, was du eines Tages bereuen könntest, nur so kannst du die Konsequenzen deiner Entscheidungen ein Leben lang tragen. Die Frage war also eigentlich ganz einfach: Welche Konsequenzen war er bereit zu tragen? Konnte er die Konsequenzen tragen, wenn sein Plan aufgehen würde? Und konnte er die Konsequenzen tragen, sollte er scheitern? Konnte er die Konsequenzen tragen, auch wenn sein Plan scheitern würde? Robin hatte Recht, er war mit Sicherheit stark genug, ganz gleich, welchen Weg er gehen würde. Er würde tun, was er tun musste, ganz gleich, was für einen Plan er umsetzen musste, ganz gleich, was dies für ihn bedeuten würde, denn dass seine Freunde es wert waren, stand außer Frage, dass Mihawk und dessen Schutzbefohlenen es wert waren, stand außer Frage. Nein, die Frage war einfach nur, womit würde Zorro besser leben können, selbst wenn er sich falsch entscheiden sollte, und die Antwort darauf fiel Zorro überraschend leicht. Ja, die Dinge hatten sich geändert, sie waren viel komplizierter geworden als früher, und er konnte die Dinge nicht einfach mehr mit einem simplen Schulterzucken annehmen. Aber eine Sache hatte sich nicht geändert, er war immer noch bereit, alles zu tun, um seine Freunde zu beschützen, und je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er sich, dass sein eigentlicher Plan dem nicht gerecht werden konnte. Nein, er war viel zu riskant, selbst wenn… selbst wenn Zorro ihnen die Wahrheit sagen würde, selbst wenn er ihnen nichts sagen würde, egal was er tun würde, sie könnten sterben, wenn er versagen sollte. Also was blieb ihm? Er wusste die Antwort, hatte sie schon gestern Abend gewusst, vielleicht schon vorgestern Nacht. Er schluckte. Warum fühlte sich sein Hals so rau an? Dabei hatte er doch endlich eine Antwort, wusste endlich, wie er sich zu entscheiden hatte. Zorro sagte es doch immer, hatte es eben noch dem Koch ins Gesicht gesagt. Er würde die Crew immer beschützen, ganz gleich zu welchem Preis, so wie er es… ja genau, genauso wie er es immer gemacht hatte. Denn nur so konnte er sichergehen, dass er sie auch würde retten können und wenn das bedeuten würde, dass die Vergangenheit sich wiederholen musste, dann würde sie das halt tun. Aber das bedeutete auch, dass er sie im Unwissenden lassen musste, dass er sie auf keinen Fall einweihen durfte. Er durfte nicht riskieren, dass sie sich einmischten und es noch komplizierter machten, als die ganze Situation bereits war. Sie würden seine Gründe nicht verstehen und selbst, wenn doch, so würden sie nicht verstehen, was es bedeuten würde, wenn er nicht gehen würde, und er durfte nicht riskieren, dass ihnen etwas passierte, er durfte schlichtweg nicht riskieren, dass Eizen seine Drohung wahrmachte und nicht nur seine Crew und Mihawk, sondern sämtliche Menschen, die er je kennen gelernt hatte, umbringen lassen würde. Das war die einzige Entscheidung, mit der er würde leben können. Er würde sich nie verzeihen, wenn ihnen etwas passierte, nur weil er gezweifelt hatte, nur weil er versagt hatte. Mühselig setzte er sich auf, langsam schien sein Kopf sich zu klären, als er endlich wusste, was er tun musste. Wenn er es nüchtern betrachtete, blieben ihm nur zwei Möglichkeiten, ein zum Scheitern verurteilter Plan und eine armselige Notlösung. Aber wenn er nur diese zwei Möglichkeiten hatte, dann musste er die Erfolgversprechendere nehmen, so einfach war das. Allerdings ließ diese Entscheidung noch ein Problem offen: Dulacre! Zorro wusste, dass die Älteren der Crew vernünftig genug waren, unnötige Vergeltungsschläge zu verhindern. Ganz anders sah das jedoch beim Samurai aus. Im Gegensatz zu Zorro war sein Lehrmeister eine sehr nachtragende Person, welcher sich nicht von Rachegelüsten freisprechen wollte. Nein, er war sich ziemlich sicher, dass er auf keinen Fall seine Crew einweihen durfte, aber je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er sich, dass es ein Fehler sein würde auch Dulacre außen vor zu lassen. Nein, nein, er konnte niemanden einweihen, besonders nicht Dulacre! Wenn ihn noch einer umstimmen könnte, dann wäre es wohl Dulacre, der Zorro besser kannte als er selbst. Die Älteren der Crew mochten auf Logik hören, aber nicht Dulacre. Wenn Zorro ihn einweihen würde, dann könnte er es direkt allen sagen und dann würde er so schlecht dastehen wie zuvor. Dennoch, wenn er es nicht tat, wäre Zorro dafür verantwortlich, falls Dulacre etwas absolut Dummes tun würde. Wer wusste schon, wie dieser besessene Kontrollfreak reagieren würde, vielleicht würde er sogar zu einer unbeherrschbaren Gefahr werden, die nicht zwischen Freund und Feind… nein, für Dulacre würde es dann nur noch Feinde geben, so einfach war das. Heute mochte Dulacre seinen Schwertstreich unter Kontrolle gehabt haben, aber Zorro hatte ihn gesehen, wenn er die Kontrolle zu verlieren drohte, und er konnte sich vorstellen, was passieren würde, wenn dieser seidene Faden endgültig reißen würde. Entnervt aufstöhnend richtete er sich auf und streckte sich ausgiebig. Früher waren die Dinge wirklich einfacher gewesen. Wer hätte gedacht, dass er sich je wegen des Geisteszustandes Falkenauges Sorgen machen würde? Er ganz gewiss nicht. Als er aus dem Fenster guckte, bemerkte er, dass die Sonne schon lange den Horizont hinter sich zurückgelassen hatte, und er fragte sich, wie viel Zeit er mit seinen fruchtlosen Versuchen zu meditieren und seinem langwierigen Rumgrübeln vergeudet hatte. Er hatte sich entschieden. Zorro hatte entschieden, dass sein Plan nicht der Richtige sein konnte, wenn er so sehr zweifelte, also konnte er nur eines tun, um Eizen aufzuhalten, denn seine Möglichkeiten waren begrenzt, dafür hatte Eizen gesorgt und dafür hatte auch Zorro selbst gesorgt. Vor zwei Jahren hätte man vielleicht noch einen anderen Weg einschlagen können, aber damals hatte Zorro nicht gewusst, in was für ein Komplott er da hineingeraten war, und über vergangene Entscheidungen zu lamentieren brachte ihm auch nichts. Er hatte sich selbst da reingeritten und er würde dieses ganze Drama beenden, dann eben auf die andere Art. Er hatte sich entschieden, wusste, dass dieser Weg nicht gut für ihn ausgehen würde, aber er wusste auch, dass er nur so mit sich im Reinen sein konnte. Letzten Endes musste er Eizen irgendwie erfolgreich aufhalten und Zorro konnte nur erfolgreich sein, wenn niemand, der ihm wichtig war, dabei zu Schaden kommen würde. Allerdings ließ dies natürlich immer noch die Möglichkeit, dass der verfluchte Samurai schon für den Schaden sorgen würde. Trotzdem würde Zorro ihm nicht die Wahrheit sagen und, auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, so war der Grund dafür doch so simpel wie seine simple Entscheidung: Zorro wusste, dass Dulacre der einzige Mensch war, der seine Entschlossenheit jetzt noch ins Wanken bringen konnte. Dulacre war der Einzige, der ihn jetzt noch aufhalten konnte. Aber wenn er das tun würde, dann gab es keinen Weg mehr, wie Zorro alle, die ihm wichtig waren, würde beschützen können, und das war die einzige Sache, vor der Zorro wirklich Angst hatte. Er durfte nicht mehr wanken, durfte nicht mehr zögern, seine Entscheidung musste in Stein gemeißelt sein. Ganz Recht, er würde Ruffy, die Crew und auch Dulacre nichts sagen. Es war Zorros Fehler gewesen, diesen Vertrag zu unterschreiben, und er musste jetzt die Konsequenzen dieser Entscheidung tragen, das konnte er ihnen nicht aufbürden. Also musste er eine gute Gelegenheit finden, sich von der Sunny abzusetzen, am besten auf Dress Rosa, solange die anderen von de Flamingo abgelenkt sein würden und Dulacre noch verletzt und nicht in der Lage war zu reisen, und dann würde er nach Mary Joa reisen und verhindern, dass Eizen Uranos in Gang setzen würde. Genau, es war ganz einfach, so wie es früher immer ganz einfach gewesen war. Er hatte sich entschieden, endlich wusste er, was er zu tun hatte. Ein simpler Plan mit einem simplen Ergebnis. „Hey Zorro!“ Er wandte sich nicht um, als Lysop den Ausguck erklomm. Grimmig betrachtete er sein Spiegelbild, sah da endlich wieder etwas Vertrautes in diesem ernsten Blick, dennoch sah sein Spiegelbild alles andere als glücklich aus. Er fühlte keine Erleichterung, aber merkte, wie diese neue Entschlossenheit endlich seine Zweifel ausräumte. Zum ersten Mal, seit er wieder an Bord war, fühlte er sich wie früher, spürte, wie sein eigener Herzschlag ganz langsam wurde. Es war so einfach, warum war er nur nicht früher draufgekommen? Warum hatte er sich überhaupt erlaubt, so zu zweifeln? Schließlich hatte er sich bereits schon einmal – mehrmals – so entschieden, wissend, dass er es jederzeit wieder tun würde. „Mittagessen ist fertig und laut Sanji soll ich dir sagen, dass du bereits das Frühstück verpasst hast und irgendetwas von zwei Mahlzeiten. Keine Ahnung was genau er damit meinte.“ Verdammter Kartoffelschäler! „Zorro?“ „Ich komme, ich komme.“ Nun drehte er sich doch um und begegnete Lysops fragenden Blick. „Ist was?“ Schnell schüttelte der andere den Kopf. „Nein, nicht wirklich.“ Lysop sah weg und da er nach einigen Sekunden immer noch schwieg, wollte Zorro schon das Gespräch beenden und der nervigen Aufforderung des noch nervigeren Kochs folgen, doch dann schaute Lysop wieder auf und Zorro konnte sehen, dass er sich in den letzten zwei Jahren wirklich sehr verändert hatte. „Nur, du wirkst anders als sonst.“ „Anders?“ Zorro neigte leicht den Kopf zu Seite und beobachtete, wie Lysop sich den Nacken rieb. Sollte wirklich jeder bemerkt haben, dass etwas nicht stimmte? Sollte dies nun das nächste Streitgespräch werden? Sollte dies nun der nächste Konflikt sein, ausgerechnet jetzt, da er zum ersten Mal seit Tagen eine klare Entscheidung gefällt hatte? Ausgerechnet jetzt, da er wusste, was er zu tun hatte und unumstößlich entschieden hatte, die Crew außen vor zu lassen? Würde er Lysop genauso wie den Koch angreifen müssen, um sich verteidigen zu können? Würde er sich noch so eine Aktion verzeihen können? Zorro verwarf diese Gedanken. Er hatte eine Entscheidung gefällt, für Zweifel war kein Platz mehr und sollte Lysop sich mit ihm anlegen wollen, dann würde Zorro diese Hürde wie jede andere, die noch kommen würde, auch nehmen. Auf dem Weg, den er gewählt hatte, war kein Platz mehr für Sentimentalität, Angst oder Zweifel. „Ja“, nickte Lysop dann, ohne seinem Blick auszuweichen, und offensichtlich ahnungslos über Zorros innere Resolution. „Die letzten Tage, nein, seit du wieder da bist, wirktest du irgendwie… ich weiß nicht, nicht wie sonst… unruhig, das ist es. Du wirktest irgendwie unruhig, als würdest du dir über irgendetwas Wichtiges den Kopf zerbrechen und jedes Mal, wenn wir den Mund aufmachten, würden wir dich irgendwie beim Nachdenken stören. Aber jetzt gerade, jetzt hast du wieder diesen Blick, als könnte dich nichts aus der Ruhe bringen, als würdest du genau wissen, was du zu tun hast.“ Erstaunt sah er den anderen an. Lysop hatte Recht, er wusste genau, was er zu tun hatte, ganz gleich ob gut oder schlecht, Zorro war zu einer Entscheidung gekommen. Plötzlich grinste Lysop und rieb sich die lange Nase. „Das freut mich, Zorro – auch wenn du mir dann immer ein bisschen Angst machst, hast so einen üblen Blick drauf, als würdest du irgendwen töten wollen, ehrlich, nichts für ungut – aber es freut mich wirklich. Ich wusste, dass irgendetwas im Argen ist – will gar nicht wissen, was du die letzten zwei Jahre hast durchmachen müssen – schließlich warst du noch abweisender als sonst, aber jetzt scheint es dir wieder besser zu gehen, das ist gut.“ Diese Worte überraschten ihn, hatte er doch mit einem Streit gerechnet, hatte er doch mit Anklage und Anfeindung gerechnet. Verdammt, es war wie beim Koch! Lysop war mit guten Absichten zu ihm gekommen, aber Zorro war schon drauf und dran gewesen, um sich zu beißen, nur weil er mit einem Angriff rechnete. Warum reagierte er so? Warum reagierte er so, obwohl seine Entscheidung doch endlich seine Zweifel aus dem Weg geräumt hatte? „Ich habe für ziemlich viel Unruhe in der Crew gesorgt, nicht wahr?“, gestand Zorro nun leise ein und massierte sich aufseufzend den Nacken, zwang seine Muskeln sich endlich zu entspannen. Er hatte gewusst, dass er seinen Unmut vor Nami, Robin und Brook nicht hatte verstecken können, aber dass selbst der Koch und Lysop es bemerkt hatten, ließ ihn zweifeln, ob er es überhaupt geschafft hatte, irgendwen aus der Crew über seinen inneren Konflikt zu täuschen. Leise lachte Lysop auf. „Nah, schon okay. Wir wussten ja alle, dass die Dinge nicht mehr so einfach sein können wie früher. Nicht nach allem, was passiert ist, und ich habe mir schon gedacht, dass es für dich schwierig sein wird zurückzukommen, aber jetzt bist du endlich angekommen. Das wird die anderen freuen. Ich denke, alle werden wieder etwas entspannter, wenn sie sehen, dass auch du wieder gelassener bist.“ Während Lysop geredet hatte, hatte er sich auf den Rückweg gemacht und Zorro war ihm gefolgt, nun jedoch blieb er stehen, bemerkte wieder einmal, dass selbst Lysop nicht so dumm war, wie er gerne mal tat. „Warum dachtest du, es würde schwierig für mich sein zurückzukehren?“, murrte er, hatte er doch darauf geachtet, sich so zu verhalten, als wäre eben nichts Besonderes vorgefallen. Hatte er sich doch bemüht, sich genauso zu verhalten wie früher. Nun wandte Lysop sich um und sah ihn mit ganz großen Augen an. „Naja, ich denke mir, dass du dir auf der G6 ziemlich sicher warst, dass es vorbei sein würde, oder? Ich denke, du dachtest, das wäre es jetzt gewesen, und ich denke, du wirst damit abgeschlossen haben, oder?“ Er biss sich auf die Unterlippe und sah dann weg. „Und dann passieren Dinge und du willst helfen, aber du kannst nicht, nicht so wie du jetzt bist, also lässt du andere helfen, weil du nicht zurückkannst. Doch dann kannst du doch zurück und alle anderen tun so, als wäre nichts passiert, als hätte sich nichts geändert, und eigentlich hat sich ja auch nichts geändert, schließlich bist du ja wieder da, oder nicht? Schließlich bist du ja noch genau derselbe wie damals, immer noch genauso wie früher, oder nicht?“ Warum sagte er ihm das? Warum verdammt nochmal sagte Lysop ihm das? „Aber es hat sich etwas verändert. Du hast dich verändert.“ Lysop tippte sich leicht gegen die Schläfe. „Es macht etwas mit einem, psychisch meine ich, wenn man alles aufgibt und alles verliert und man dann doch wieder zurückkann. Ich kann es nicht genau beschreiben. Es sind Schuldgefühle, es ist Dankbarkeit und Glück, aber auch Angst und Unsicherheit und ein gewisses Misstrauen, nicht so sehr in die anderen, sondern viel mehr in sich selbst. Man beginnt die eigenen Entscheidungen und Gedanken anzuzweifeln, versucht sich an Vergangenes zu klammern, bevor so viel passiert ist, und jede Aussage eines anderen versteht man als Vorwurf oder Angriff, obwohl es nicht so gemeint war, weil man sich selber Vorwürfe macht, weil man sich selber nicht ganz verzeihen kann für das, was man getan hat. Nicht dafür, dass man gegangen ist, sondern weil man gegangen ist mit dem Gedanken, dass es vorbei ist. Es ist, als hätte man die eigenen Freunde, die eigenen Prinzipien, den eigenen Traum, als hätte man das alles aufgegeben, zumindest für einen Moment.“ Zorro sah den anderen einfach nur an, der nun traurig den Boden anlächelte und sich wieder den Nacken rieb. „Es ist nur für einen kleinen Moment, aber man verliert etwas von sich, man zerbricht. Aber das sieht niemand anderes und das soll auch niemand anderes sehen, weil man sich schwach vorkommt und weil ja jetzt wieder alles in Ordnung ist, aber man weiß ganz genau, dass da etwas zerbrochen ist, und man kann die Risse immer noch spüren.“ Für einen Moment schwiegen sie beide. „Lysop, du weißt doch, was damals auf Water Seven passiert ist…“ „Aber keine Sorge, Zorro.“ Nun sah der andere ihn wieder an und grinste schief, doch seine Unterlippe zitterte bedrohlich. „Sanji mag es vielleicht nicht kapieren, aber Nami tut es, Robin tut es und ich auch. Wir alle wissen, wie schwierig es ist und dass Narben zurückbleiben. Aber wir alle wissen, dass du es packen wirst, und ich bin froh…“ Lysop brach ab und rieb sich die Augen. „Und ich bin echt froh, dass du zurückgekommen bist. Ich wüsste echt nicht, was wir ohne dich tun würden! Die Zeit damals war wirklich schrecklich und so etwas will ich nicht noch mal durchmachen müssen. Ich weiß nicht, ob ich es nochmal durchmachen könnte“, setzte er mit einem zittrigen Flüstern hinterher. Dann nahm er tief Luft und hob den Kopf, lächelte breit trotz glasiger Augen. „Aber genug davon. Wir sollten jetzt wirklich Essen gehen, sonst reißt Sanji uns noch den Kopf ab.“ „Tze, du bist derjenige, der mich mit seinem Monolog aufhält.“ „Zorro!“ Er schritt an Lysop vorbei und packte ihn fest an der Schulter. „Du bist wirklich erwachsen geworden, ein richtiger Kämpfer.“ Er sah den anderen kurz an und dieses Mal konnte er sehen, wie die Tränen siegten. „Ich danke dir. Mir war nicht bewusst, dass mein Konflikt so offensichtlich ist, aber mach dir keine Sorgen mehr, meine Wunden heilen schnell und ich stehe zu meinen Narben.“ Kurz schenkte er Lysop ein Lächeln, ehe er weiterging, bewusst entschied die Tränen des anderen nicht eines Blickes zu würdigen. Es dauerte nur eine Sekunde, bis dieser sich fing und ganz begeistert vor sich hin brabbelte und Zorro folgte, doch Zorro hörte ihm nicht mehr zu, während seine Mundwinkel nach unten sanken. Es schien, als hätte er sich geirrt. Wieder einmal hatte er sich geirrt.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)