Ein letztes Geheimnis von Sharry ================================================================================ Kapitel 15: Kapitel 15 - Morgen ------------------------------- Kapitel 15 – Morgen   -Mihawk- Eine simple Holzdecke grüßte ihn, als er die Augen aufschlug. Die kaum wahrnehmbaren Bewegungen erinnerte ihn an einen sanften Wellengang und der Geruch von Desinfektionsmittel erinnerte ihn an Krankenhäuser. Also war er wohl im Krankenzimmer der Thousand Sunny, dem Schiff der Strohhüte, auch wenn er es noch nie zuvor von innen gesehen hatte. Nicht, dass es ihn überraschte, trotz allem, was geschehen war, hatte er nicht erwartet, dass sein ehemaliger Schüler ihn zurücklassen würde, schließlich wollte der andere eines Tages seinen Titel und das würde nun mal recht schwer werden, sollte Dulacre vorher verbluten. Er erinnerte sich äußerst klar daran, was passiert war. Sie hatten sich gestritten, so wie er es vorausgesagt hatte, weil er sich einfach so gut wie nie irrte, vielleicht etwas heftiger, als er sich gewünscht, aber nicht für unwahrscheinlich gehalten hatte. Was er allerdings nicht erwartet hatte, war das abrupte Ende gewesen. Er erinnerte sich klar daran, wie die Bluttropfen ihn verwirrt hatten, als ihm bewusst geworden war, dass das, was er fühlte, nicht einfach nur Symptome einer emotionalen Auseinandersetzung gewesen waren, sondern tatsächlich physischen Ursprung gehabt hatte. Dulacre erinnerte sich noch genau an den Moment, als er verstanden hatte, dass er vielleicht einen pathologischen Zustand entwickelt hatte. Er erinnerte sich daran, wie der andere ihn angesehen hatte, und daran, wie sein eigener Körper ihm den Dienst versagt hatte. Es war ein seltsames Gefühl gewesen, eines, das Dulacre absolut unbekannt gewesen war. Er erinnerte sich daran, wie er versucht hatte, zu atmen, ohne Sauerstoff erlangen zu können, erinnerte sich an den anderen, der mit ihm gesprochen hatte, und er erinnerte sich auch an den unangenehmen Schmerz. Aber rückblickend hatte Dulacre in jenem Moment die fehlende Kontrolle über seinen eigenen Körper als deutlich schlimmer empfunden als die Schmerzen. Irgendwann hatte er dann sein Bewusstsein verloren und nun lag er im Krankenzimmer der Thousand Sunny, denn er wusste, dass es auf der ganzen Welt nur einen Arzt gab, dem der andere auch nur ansatzweise vertraute. Aber selbst jetzt konnte er seinen Körper kaum spüren, war vermutlich mit Schmerzmitteln und vielleicht sogar Narkotika versorgt worden, doch es war ein unangenehmes Gefühl, nicht Herr über sich selbst zu sein und den Geist von Medikamenten vernebelt zu haben, hilflos anderen ausgesetzt, doch er konnte es nicht ändern und das sanfte Summen Yorus beruhigte ihn. Solange sein engster Vertrauter bei ihm war, brauchte er sich nicht sorgen. „Oh, du bist aufgewacht?“ Plötzlich glitt der andere in sein Blickfeld, sein Gesicht unleserlich wie so oft. Dies überraschte ihn dann doch. Dulacre hatte nicht erwartet, dass er anwesend sein würde, nicht nach dessen letzten Worten. „Chopper hat mir gesagt, dass du nicht versuchen sollst, dich zu bewegen oder zu reden, okay?“ Er sah den anderen nur an. „Gut, bist du soweit in Ordnung? Dann würde ich Chopper holen gehen.“ Nach einer weiteren Sekunde nickte der andere und verschwand aus seinem Blickfeld. „Bleib liegen, bis ich wieder da bin und beweg dich nicht“, hörte er den anderen noch, der es tatsächlich wagte, ihm einen Befehl zu erteilen. Auf der anderen Seite war er kein Dummkopf, der einfach aufstehen würde, ohne zu wissen, was genau mit ihm passiert war, so etwas würde er seinem Körper nicht zumuten, wenn er es verhindern konnte, schließlich konnten die Folgen von solchen Unachtsamkeiten gravierend sein und selbst Dulacre war nun mal nicht unsterblich. Er war sich nicht genau sicher, was mit ihm passiert war. Er hatte seine Vermutungen, jedoch würde er nicht behaupten, dass seine medizinischen Kenntnisse überragend waren, daher entschied er zu warten und zu seiner Zufriedenheit musste er das auch nicht lange. Schon nach wenigen Sekunden konnte er Schritte hören. Doch nicht nur sein ehemaliger Schüler und der Arzt der Crew betraten den Raum, sondern auch Nico Robin und Trafalgar Law. Er hatte es befürchtet, hatte befürchtet, dass dieser schlechterzogene Bengel, der den Titel aller Samurai und Schwertkämpfer durch seine bloße Existenz beschmutzte, wohl dem jungen Rentier geholfen hatte. „Es ist gut, dass Sie endlich aufgewacht sind“, grüßte ihn nun überraschend höflich der junge Arzt direkt vor ihm, „und laut Zorro sind Sie auch bei klarem Bewusstsein. Das ist sehr gut. Ich möchte Sie bitten, liegen zu bleiben, sich möglichst wenig zu bewegen und nicht zu sprechen. Blinzeln Sie einmal, wenn Sie mich soweit verstanden haben.“ Dulacre sah den jungen Arzt an. „Er versteht“, murrte sein ehemaliger Schüler, der mit verschränkten Armen hinter dessen Crewmitglied stand, „und er will wissen, was passiert ist.“ „Huch?“ Kurz schaute das Rentier verwundert auf. „Du weißt, was er denkt?“ Der andere zuckte nur mit den Schultern. „Ist nicht gerade schwer zu erraten, oder?“ „Nun gut, wie Sie sich vermutlich erinnern, haben Sie Blut gespuckt, da Sie innere Blutungen gehabt haben. Ihre Schleimhäute in Rachen, Speiseröhre und Magen waren schwer verätzt. Nach sorgsamer Evaluation gehen wir davon aus, dass Sie empfindlich auf eine gewisse Weinsorte reagieren, die Sie laut Zorro seit kurzem regelmäßig konsumieren. In der Zutatenliste war auch ein Hauch von Tatababasco aufgeführt, bekanntlich das schärfste Gewürz der Welt, was aller Wahrscheinlichkeit für die Reaktion ursächlich war. Sie hatten Glück, dass Zorro so geistesgegenwärtig gehandelt und Sie hergebracht hat. Ihre Speiseröhre war durchgebrochen und Sie hatten vermehrte interne Blutungen, jedoch waren wir dank Trafalgar Laws speziellen Fähigkeiten in der Lage Sie erfolgreich zu operieren und den Eingriff direkt an Ihren Organen vorzunehmen, ohne Haut, Muskeln oder Knochen beeinträchtigen zu müssen.“ Der junge Arzt schnappte nach Luft, nachdem er die vergangenen Sätze innerhalb eines Atemzuges hinuntergespult hatte. „Der Eingriff ist dementsprechend gut verlaufen und nachdem Sie jetzt aufgewacht sind, können wir Sie untersuchen und dann gemeinsam einen Rehabilitationsplan erstellen.“ Es überraschte ihn, wie freundlich die Knopfaugen des Rentiers ihn anstrahlten. „Sie hatten wirklich großes Glück, nur ein paar Minuten später und wir hätten vermutlich nichts mehr für Sie tun können, aber nun stehen Ihre Genesungschancen recht gut.“ Schicksal. Dulacre glaubte nicht an das Glück, glaubte nicht an glückliche Zufälle und günstige Umstände. Natürlich, der Doktor mochte es ein großes Glück nennen, aber Dulacre wusste genau, dass größere Mächte hier am Werk waren. „Was heißt recht gut?“, murrte nun sein ehemaliger Schützling und sah den jungen Doktor immer noch absolut unleserlich an. Es missfiel Dulacre, wie schwer die Miene des anderen es ihm heute machte, seine Beweggründe zu erkennen, nicht, dass es ihn überraschte. „Das kann ich dir sagen, nachdem wir ihn untersucht haben. Also, wenn Sie einwilligen, würden wir damit nun beginnen“, wandte der junge Doktor sich wieder an ihn. Für eine kurze Sekunde betrachtete Dulacre die anderen Anwesenden, ehe er den Schiffsarzt wieder ansah. „Er wird Law nicht an sich ranlassen“, murrte sein unfreiwilliger Übersetzter. „Aber von dir wird er sich untersuchen lassen.“ „Was?“, entkam es eine Spur höher dem Rentier, ehe es Dulacre mit großen Augen ansah. Im Hintergrund schnaubte der Chirurg des Todes hohl auf. „Aber mit seinen Fähigkeiten wäre diese Untersuchung deutlich genauer und angenehmer für Sie, ist Ihnen das bewusst? Ich kann Sie natürlich nicht dazu zwingen, aber ich versichere Ihnen, dass er ein hervorragender…“ „Lass es bleiben, Chopper. Er ist ein Sturkopf und wird seine Meinung nicht ändern. Wenn du ihn untersuchen möchtest, dann musst du das wohl selbst machen.“ Nun wurden die funkelnden Knopfaugen noch größer in Erstaunen, ehe das Rentier sie in ernsthafter Resolution zusammenkniff. „Nun gut, meinetwegen, wenn das Ihr Wunsch ist, werde ich dem nachkommen. Aber ich versichere Ihnen, dass dies deutlich unangenehmer für Sie sein wird, wenn wir es auf die konventionelle Art machen.“ Unbeeindruckt hielt er dem harten Blick des jungen Piraten stand, erstaunt, wie entschieden dieser ihn ansah. „In Ordnung, dann raus mit euch anderen, ich möchte zumindest die Privatsphäre meines Patienten wahren. Eigentlich sollte es mich nicht überraschen, genauso schlimm wie Zorro.“ Ah, daher also, Dulacre hatte vergessen, dass dieser Arzt sich regelmäßig mit einem viel umständlicheren Patienten befassen musste, als selbst er es war. „Ich denke nicht“, murrte ebendieser, als er Nico Robin und Trafalgar Law zur Tür folgte. „Ich denke nicht, dass ich im Bett bleiben und abwarten würde, nur damit du mich untersuchen kannst.“ „Das stimmt“, nickte der junge Doktor und seine felligen Gesichtszüge wurden wieder etwas flauschiger. Dann bemerkte Dulacre den harten Blick seines ehemaligen Schülers, der ihm ganz klar zu verstehen gab, dass der junge Doktor ihm sehr am Herzen lag und er es Dulacre nicht verzeihen würde, wenn er sich ungebührlich gegenüber dem jungen Crewmitglied verhalten würde. Eine unbegründete Sorge. Ihm war sehr wohl bewusst, dass diese Gestalt vor ihm – halb Mensch, halb Rentier – der einzige Arzt auf der ganzen Welt war, dem der andere genug vertraute, um sich von ihm versorgen zu lassen, und das war für Dulacre Grund genug, seinen Anweisungen zu folgen, zumindest für den Moment. Also begegnete er diesem Blick nur unverhohlen, ehe der andere mit seinem Auge rollte und das Zimmer verließ. Ob er wohl die ganze Zeit in diesem Zimmer darauf gewartet hatte, dass Dulacre aufwachen würde? Innerlich schmunzelte er über solch hoffnungsvolle Spekulation, die natürlich nicht der Wahrheit entsprechen konnte. Er selbst hatte dies zwar stets getan, aber der andere war deutlich praktikabler veranlagt und würde keinen Sinn darin sehen, am Bett eines Schlafenden zu wachen, während er gleichzeitig etwas deutlich Sinnvolleres machen konnte, wie Schlafen oder Trainieren. Außerdem war es nicht so, als hätten sie im Guten ihr Gespräch beendet. Der andere mochte ihm geholfen haben, aber auch das eher aus pragmatischen Gründen, nur für den eigenen Traum, aber Dulacre erinnerte sich genau an den Tonfall des anderen, als dieser sich zum Gehen gewandt hatte. Dulacre war sich bewusst – mehr als bewusst – dass er den anderen in diesem Moment verloren hatte. Dennoch rechnete Dulacre es ihm hoch an, dass er ihm Yoru gebracht hatte. Als Schwertkämpfer konnte er wohl nachvollziehen, wie tröstend es war, seinen engsten Vertrauten auch nun nahe zu haben. Vielleicht, nur vielleicht, war doch noch nicht alles zu spät. Schließlich hätte der andere genauso gut Yoru irgendwo anders verwahren können, trotz – oder gerade aufgrund – dieses Wissens.   -Sanji- Überrascht hörte er, wie die Türe zum Krankenzimmer sich bereits wieder öffnete und als er sich umwandte, sah er, wie Robin, Law und auch der Marimo hinauskamen, alle von ihnen augenscheinlich recht unbeeindruckt von dem, was auch immer hinter geschlossener Türe geschehen war. Erst vor wenigen Minuten war Zorro zum Ende des Frühstückes hineingeplatzt, um wortkarg wie eh und je Chopper zu holen, hatte noch nicht mal erwähnt, ob der Samurai im Krankenzimmer denn nun aufgewacht oder abgekratzt war, dennoch war ihm nicht nur Chopper, sondern das ganze Operationsteam gefolgt und die anderen hatten das als Aufruf verstanden, ihren alltäglichen Aktivitäten nachzugehen. Nur Kinemon hatte sich schwergetan, doch nachdem Sanji ihn höflich gefragt hatte, ob er ihm nicht beim Aufräumen helfen wollte, hatte er dann doch entschieden, sich Lysop und Momonosuke oben auf der Terrasse anzuschließen. Sanji war das nur Recht gewesen, derzeit bevorzugte er es, solche Arbeiten allein und vor allem in Ruhe zu erledigen. Nun jedoch fiel sein Blick auf die drei Neuankömmlinge. Law erkundigte sich kühl, wo Nami war, und eilte auf seine Antwort direkt zur Tür hinaus, gefolgt von Zorro, der auf Robins Frage hin erklärte, schlafen gehen zu wollen und dabei unverhohlen gähnte, sodass nur die Archäologin verblieb und Sanji ein wissendes Lächeln schenkte, woraufhin er sich wieder auf seinen Spülberg konzentrierte. „Kann ich dir etwas zur Hand gehen?“, fragte sie ihn nun. „Ach nein, Robinschatz, ich möchte deine schönen Hände nicht mit solch niederer Arbeit beflecken. Wenn du jedoch einen Kaffee möchtest, bereite ich dir liebend gerne einen zu.“ Entgegen seiner Worte tauchte plötzlich eine Vielzahl von Händen um ihn herum auf und als er zu Robin hinübersah, konnte er ihr Zwinkern sehen. „Aber zu zweit wären wir wesentlich schneller und dann könnten wir beide einen Kaffee genießen.“ Er gab sich ihrer überlegenen Logik geschlagen und reichte einer ihrer vielen Hände ein Küchentuch und gemeinsam bewältigten sie seine tägliche Arbeit. Zu seiner Unzufriedenheit schwieg Robin, offensichtlich nicht gewillt, von sich aus das Gespräch zu eröffnen, auch wenn Sanji sich nicht erschließen konnte warum. „Also?“, hakte er dann nun doch nach. „Falkenauge ist wohl zu sich gekommen?“ Sie nickte. „Ist er und ihm scheint es den Umständen entsprechend gut zu gehen.“ Er konnte ihre klugen Augen auf sich fühlen. „Und warum beschleicht mich das Gefühl, dass dies keine guten Neuigkeiten für dich sind?“ Geschockt starrte er sie an. Sie hatte schon immer ein Auge für die Wahrheit gehabt, aber manchmal erschreckte es ihn, wie direkt und unverhohlen sie die geheimsten Gedanken anderer so leicht aussprechen konnte. „Was redest du denn da?“, murrte er und wich ihren klugen Augen aus, während er sich noch stärker auf den Teller in seiner Hand konzentrierte. „Ich würde mir nie den Tod eines anderen Menschen wünschen.“ „Das würde ich auch nie denken“, entgegnete sie schlicht, „und dennoch scheinst du…“ „Ich möchte nicht drüber reden, Robin. Ich bin dir wirklich dankbar, wenn du mir helfen möchtest, aber…“ „Sanji.“ Für einen Moment sahen sie einander an und Sanji hatte fast vergessen, wie klar sie einen ansehen konnte, als würde sie einem direkt in die Seele sehen. Natürlich hatte sie Recht, es gehörte sich nicht für einen Gentleman, eine Frau zu unterbrechen und trotzdem hatte er es getan. „Was ist denn geschehen? Du scheinst ja ganz furchtbar verstimmt zu sein.“ Er bemerkte ihre ungewöhnliche Wortwahl, als wäre es ihr wichtig, dass Gespräch mit ihm am Laufen zu halten, ohne ihn wütend zu machen. Seufzend legte er den Schwamm zur Seite und rieb sich mit dem Unterarm über die Stirn. Er war wirklich schlecht gelaunt und tatsächlich erfüllte ihn das Wissen, dass Falkenauge die Operation anscheinend gut überstanden hatte, nicht mit Erleichterung und Freude, sondern eher mit… „Robin“, murmelte er und sah einer aufsteigenden Seifenblase beim Platzen zu, „bin ich ein schlechter Mensch?“ Er wusste die Antwort. Noch vor wenigen Stunden, während er das Frühstück vorbereitet hatte, war er verärgert darüber gewesen, dass Zorro die gesamte vergangene Nacht am Krankenbett des Samurais verbracht hatte. Die letzten Stunden hatte Sanji den Samurai gedanklich verflucht, ihn in Gedanken beinahe den Tod an den Hals gewünscht. Nein, nicht nur beinahe, Sanji war davon überzeugt gewesen, dass es für alle Beteiligten das Beste gewesen wäre, wenn Falkenauge draufgegangen wäre. Er hatte sich beinahe gewünscht, dass Falkenauge draufgegangen wäre. Er war davon überzeugt gewesen, dass es das Beste für alle gewesen wäre, für sich selbst, seine Crew und ganz besonders für den Marimo. Aber wie hatte er das nur glauben können, nachdem Zorro die ganze Nacht am Bett des Samurais Wache geschoben hatte? Wie hatte er das nur glauben können, nachdem Zorro, während Chopper, Law und Robin operiert hatten, am Küchentisch gewartet hatte, über und über mit Falkenauges Blut besudelt, ohne sich auch nur ein einziges Mal zu rühren? Wie hatte er das nur glauben können, nachdem er diese unbändige Angst in Zorros sonst so gleichgültigem Gesicht gesehen hatte? Hol verdammt noch mal Chopper, Koch! Vielleicht hatte Sanji sogar Recht, vielleicht wäre es besser für alle Beteiligten, wenn Falkenauge abgekratzt wäre, aber wie hatte er sich so etwas wünschen können, nachdem er Zorros verzweifelte Stimme gehört hatte? Sanji wusste doch genau, dass vom Überleben des Samurais Zorros Traum abhing, warum also hatte er sich so etwas Schreckliches erhofft? Warum hatte er nur gehofft, dass Chopper versagen würde? Wie hatte er nur hoffen können, dass ein anderer Mensch sterben würde? „Aber nicht doch.“ Die Wärme in Robins Stimme ließ seine Unterlippe beben, während sie mit seiner Tätigkeit fortfuhr. „Ich glaube, du machst dir viele Gedanken und große Sorgen um unseren Schwertkämpfer. Du bist ein wirklich barmherziger Mensch, Sanji, einer der Gütigsten, die ich kenne.“ Ihre Freundlichkeit tat ihm beinahe weh. Sie hatte doch keine Ahnung, was er sich gewünscht hatte! Was für eine schreckliche Sache er sich gewünscht hatte! Was für ein Leid er Zorro und Chopper gewünscht hatte, nur weil er Falkenauge nicht ausstehen konnte, obwohl er ihn doch kaum kannte. Verdammt noch mal! Er hatte sich gewünscht, dass jemand starb, nur weil er diese Person nicht ausstehen konnte! „Aber ich… ich habe gehofft…“ „Gestern war schon ein seltsamer Tag, nicht wahr?“ „Wa… was?“ Überrascht sah er auf, doch Robin betrachtete gerade etwas zu ausgiebig einen frischgeschrubbten Topf, ehe sie ihn einer ihrer vielen Hände überreichte und weiterarbeitete. „Ja, die vergangenen Tage waren so ereignisreich, dass ich mich wirklich auf ein paar gelassene Stunden gefreut habe.“ Sie seufzte leise. „Aber das war uns nicht vergönnt – nicht wahr? - und ich muss gestehen, unseren starken Schwertkämpfer noch nie so erlebt zu haben. Es hat mich fürwahr aufgewühlt, wie hektisch der sonst so stete Fels unserer Crew war und ich glaube, ich würde gerne vermeiden, ihn je wieder so sehen zu müssen. Dir ging es mit Sicherheit ähnlich, oder?“ Nur ganz kurz lag ihr sanfter Blick auf ihm, fast schon beiläufig, dann konzentrierte sie sich wieder auf das Messer in ihrer Hand. „Während ich Chopper und Law half, fragte ich mich, was geschehen sein könnte, dass unser Schwertkämpfer so erschüttert war, und mir wurde bewusst, dass es mit dem Mann zu tun hatte, dessen Leben wir gerade versuchten zu retten. Er war der Grund für Zorros ungewöhnliches und beinahe beängstigendes Verhalten.“ Sie legte das Küchentuch zur Seite, hatte innerhalb weniger Minuten geschafft, wofür Sanji schon mal gut und gerne eine Stunde brauchen konnte. „Deine Gedanken machen dich nicht zu einem schlechten Menschen, Sanji. Du warst mit einer unangenehmen Situation konfrontiert und dein Verstand hat versucht, die Ursache dafür auszumachen und entschieden, dass diese Situation in Zukunft vermieden werden könnte, wenn die Ursache nicht mehr da wäre, so einfach ist das.“ Nun lächelte sie ihn herzlich an. „Es ist dein Überlebensinstinkt, der dich so denken ließ. Solche Gedanken sind absolut menschlich und spiegeln nicht dein Wesen wider. Dass du solche Gedanken verurteilst, jedoch schon.“ Sie ging an ihm vorbei und goss sich den letzten Rest Kaffee vom Frühstück ein. „Also verurteile dich nicht, Sanji. Du bist kein schlechter Mensch, schließlich warst du doch derjenige, der Chopper geholt hat, oder nicht?“ Mit einem Augenzwinkern verließ sie die Kombüse, ließ Sanji zurück, der sich die brennenden Augen reiben musste – was kein kluger Gedanke gewesen war, da er immer noch Spülmittel an den Händen gehabt hatte – während er leicht den Kopf schüttelte. Robin war schon ein ganz besonderer Mensch und gerade hier war er wieder mal so dankbar, dass sie da war, und dennoch, er war sich nicht sicher, dass es nur das war, dass seine Gedanken nur die schlechte Übersetzung eines Überbleibsels eines Urinstinktes waren. Er hatte das Gefühl, dass da noch mehr war und dass dieses Mehr etwas mit dem Marimo zu tun hatte. Aber nach einem erneuten Seufzen entschied er, dass solch Grübeln ihn nicht weiterbringen würde und er die Zeit, die er durch Robins fleißige Hilfe gewonnen hatte, dafür nutzen sollte, diesen Grünkohlauflauf auszuprobieren, den sein allerliebstes Namilein am vergangenen Tag erwähnt hatte. Mit etwas besserer Laune steckte Sanji sich eine Zigarette an und setzte sein jüngstes Vorhaben summend in die Tat um.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)