New World von -Kiara ================================================================================ Kapitel 1: Tief in der Karibik ------------------------------ Die lange, beschwerliche Reise von der Grand Line zurück in das Dreiinselreich machte Kiara bewusst, wie angenehm und komfortabel sie es auf der Red Force hatte, im Vergleich zur winzigen Karavelle, welche sie zu zweit um den halben Erdball manövrieren mussten. Der Voodoozauber hatte sie zumindest unbeschadet über den Calm Belt gebracht, doch es lag noch ein weiter Weg durch den South Blue vor dem Vater-Tochter Gespann, bis sie die heimatlichen Inseln erreichten. Wochen ohne fließend Wasser, geschweige denn einem richtigen Badezimmer oder einer Möglichkeit um Lebensmittel kühl zu lagern, erwiesen sich als durchaus zehrend. Plötzlich kam ihr die See viel rauer vor. Und trotzdem hatte sie Spaß daran. Landgänge und Pausen waren durchaus willkommen, trotzdem bereute sie keinen Tag auf dem Meer. Besonders, da es ihr an Gelegenheiten nicht mangelte, Zeit mit Guybrush zu verbringen. Sie waren sich beide einig, dass sie viele Jahre aufzuholen hatten. Und so segelten sie das Schiff gemeinsam durch Wind und Wetter und erzählten sich abends gegenseitig von ihren Abenteuern. Guybrush brachte ihr das Angeln bei und sie zeigte ihm Schwertkampftechniken, welche sie von den Rothaarpiraten gelernt hatte. In einer windstillen, sternenklaren Nacht hatten es sich Guybrush und Kiara im Krähennest gemütlich gemacht. Mit den Rücken an die Streben des Geländers gelehnt und die Beine angewinkelt herangezogen, da der Ausguck nicht viel mehr Platz hergab. Aber die Aussicht war es wert. Es gab Kiara ein beruhigendes Gefühl, endlich wieder vertraute Konstellationen im Nachthimmel erkennen zu können. „Wer hätte gedacht, dass ein sprechender Schädel so nützlich sein konnte“, beendete Guybrush eine ausführliche Erzählung eines Schwanks aus seiner Jugend. Kiara verschränkte die Arme auf ihrem zur Brust angezogenen Knie und betete schläfrig ihren Kopf darauf. Sie schmunzelte leise. Es war eine weitere Geschichte, die sie in ihrer Kindheit schon ein Dutzend Mal gehört hatte und sich trotzdem nie daran satthören konnte. „Du hattest einen ganz schön schlechten Einfluss auf mich, weißt du das?“, murmelte sie belustigt in ihren Ärmel und beäugte ihren Vater von der Seite. Dieser blinzelte sie überrascht an. Wie konnte er ein schlechter Einfluss für sie gewesen sein? Er kannte sie nur als liebes, braves Kind. Ihm war jedes Mal sein Herz aufgegangen, wenn er am heimatlichen Hafen anlegte und sein kleiner Honigkeks erwartungsvoll am Pier stand, um ihm mit einem lauten „Daddy!“ zur Begrüßung in die Arme zu springen. Er hatte sich in ihrer Gegenwart immer vorbildlich benommen. Okay, vielleicht hatte er ihr mal ohne Elaines Erlaubnis seinen Säbel in die Hand gegeben – aber nie unbeaufsichtigt! „Wie das?“, fragte er daher verwundert nach. „Zum Beispiel durch deine Idee mit einem falschen Alter auf einem Büchereiausweis an Alkohol zu kommen.“ Guybrush rechnete in Gedanken einige Zahlen hin und her, zog dann ebenfalls seine Finger zu Rate und kam schließlich zu einer Übereinstimmung. „Du bist erst vor kurzem einundzwanzig geworden.“ Er lachte amüsiert auf. „Stimmt. Dafür kanntest du dich schon ein bisschen zu gut mit dem Fusel aus.“ Etwas wehmütig presste Kiara ihre Lippen zu einer schmalen Linie. „Hey. Was ist los?“ Sorgsam, wenn auch etwas unbeholfen, legte Guybrush den Arm um ihre Schultern. „Mach dir darum keinen Kopf. Als ob sich irgendjemand an dieses Gesetz hält.“ Kiara schüttelte matt den Kopf. „Das ist es nicht.“ „Nicht? Oh.“ Guybrush neigte überfragt den Kopf zur Seite, in der Hoffnung irgendetwas aus ihrem Gesicht lesen zu können. „W-was ist es dann? Habe ich etwas Falsches gesagt? – Ah! Du hattest Geburtstag, richtig! Alles Gute nachträglich, natürlich!“ „Es war nicht wirklich mein Geburtstag“, nuschelte sie missmutig. Langsam dämmerte es Guybrush, worauf sie hinauswollte. „Nur weil es nicht der eigentliche Tag war, heißt das doch nicht, dass du nicht älter wirst. Du darfst dich doch trotzdem feiern lassen!“ „Es ist aber ein besonderer Tag!“, fuhr Kiara nun lauter, als sie eigentlich wollte, hervor. Sie schluckte und die Stimme wurde ihr rau. „Jedenfalls war er das mal. Weil du da warst.“ Für einen Moment harrte Guybrush völlig verstummt aus. Ihm war nie in den Sinn gekommen, dass sie ihn vermissen könnte. Dass er ihr so wichtig war. Schließlich war er viel unterwegs gewesen, hatte die Weltmeere bereist und Abenteuer erlebt, von denen er dann stolz berichten konnte. Aber alle vier Jahre, hatte er sich für ein bestimmtes Datum immer auf die Heimreise begeben. Um den Geburtstag seiner Tochter zu feiern. Und dann war er nach Libertalia gesegelt und nie wieder zurückgekommen. Guybrush biss sich schuldbewusst auf die Unterlippe und zog Kiara wortlos an sich heran. Er umarmte sie so fest er konnte. „Ich hab auf dich gewartet“, warf Kiara ihm mit zittriger Stimme vor und krallte sich in den Besatz seines Mantels. „Ich hab versucht dir irgendwie eine Nachricht zukommen zu lassen, falls du mich vergessen hast.“ „Wie könnte ich dich jemals vergessen?“, entgegnete Guybrush sofort. Er versuchte beständig zu atmen und Ruhe auszustrahlen, in der Hoffnung, dass es auf sie überging. Doch das Beben ihres Körpers in seinen Armen und das Schluchzen an seiner Brust bescherten ihm ebenfalls einen Kloß in seinem Hals. „Ich hab einen verdammten Vulkanausbruch heraufbeschworen, damit du dich daran erinnerst, dass du nach Hause kommen sollst!“ Guybrush lockerte seinen Klammergriff um sie anzusehen. „Du hast was?“ Das kam ihm bekannt vor. Nicht nur, dass er sich bildlich an ein derartiges Vorgehen erinnerte; ein Zeitungsartikel kam ihm ebenfalls in den Sinn. Vor einigen Jahren hatte der Vulkan auf Blood Island für mehrere Tage Lava gespuckt. Glücklicherweise kam niemand zu schaden, aber die Aschewolke, welche sich bildete, verhing wochenlang den South Blue. „Das warst du?“ Kiara nickte schwach. Nicht, dass es ihr jemals jemand geglaubt hätte. Es hatte sie selbst überrascht, dass die Erzählung ihres Vaters, wie er mithilfe von Käse einen angeblich laktoseintoleranten Vulkangott den Magen verstimmt haben soll, nachweislich die Wahrheit beinhaltete. Sie konnte von Glück reden, dass niemand ihrer Beichte Glauben schenkte. Sie wollte das ihr Name in allen Zeitungen der Welt geschrieben stand. An die Strafen, die ihr für diese Tat drohten, hatte sie nie auch nur einen Gedanken verschwendet gehabt. Es war absolut dumm und egoistisch gewesen. Doch eine andere Möglichkeit ihren Vater, wo immer er auch sein mochte, zu erreichen, hatte sie nicht gesehen. Augenblicklich drückte Guybrush seine Tochter wieder fest an sich. „Ich wusste nicht, dass du- … es tut mir leid.“ Sie hatte einfach nur einen Vater gewollt und er war nicht da gewesen. „Es tut mir leid“, wiederholte er, das Gesicht an ihren Schopf gepresst. Sie hatte recht. Wenn es so ein Kinderspiel gewesen wäre, nach Hause zu kommen, warum hatte er es dann nie getan? Warum hatte er ständig an seine Familie gedacht, aber sich doch nie auf den Weg gemacht? Beinahe hätte er seine letzte Chance vertan, wäre er in jeder Nacht auf Libertalia gestorben. Dass er jetzt noch lebte, hatte er nur ihr zu verdanken. Kiara kam ganz nach ihrer Mutter. Ohne Elaine hätte er bereits viel früher das Zeitliche gesegnet. „Ich bin stolz auf dich“, nuschelte Guybrush in ihr Haar. Mit einem letzten Schniefen löste sich Kiara von ihm und wischte sich mit dem Ärmel über die feuchten Wangen. Er konnte sich nicht vorstellen, wie glücklich diese paar Worte sie machten. Auch wenn es ihr dumm vorkam, aber so etwas zu hören, ließ ihr Herz einen Sprung machen. Sie lachte wackelig. „Dabei habe ich dir noch gar nicht erzählt, wie ich drei Männer zugleich besiegte.“ Guybrush strahlte sie aufmunternd an. „Damit musst du mich auch gar nicht langweilen. Erzähl mir lieber direkt davon, wie du es mit zehn Leuten gleichzeitig aufgenommen hast!“ „Oha“, machte Kiara und lachte noch mehr. „Soweit bin ich noch nicht.“ Dann hielt sie inne. Ihre Gedanken wanderten zurück zu ihrer schicksalhaften Begegnung in der Taverne auf Libertalia. „Wann hast du bemerkt, wer ich bin?“, fragte sie interessiert. Guybrush rieb sich nachdenklich über den blonden Vollbart. „Deine erste Beleidigung. Mit der hast du damals immer angefangen. Es war eine von Carlas, die ich dir beigebracht habe.“ Kiara hob verblüfft die Augenbrauen. „Das weißt du noch? Nicht einmal ich weiß das mehr.“ Er lächelte warmherzig. „Natürlich weiß ich das noch. Für mich vergingen die letzten zwanzig Jahre auch viel schneller, als für dich.“ Schüchtern legte sich Guybrush eine Hand in den Nacken und massierte seine viel zu angespannten Muskeln. „Um ehrlich zu sein, fällt es mir immer noch schwer zu realisieren, wie erwachsen mein kleiner Honigkeks geworden ist… Als ob es gar nicht so lange her sein könnte, dass ich dich auf dem Arm in den Schlaf gewogen hab.“ „Du musst dir diesen Spitznamen wirklich abgewöhnen“, bat sie gerümpfter Nase. „Entschuldige“, lenkte er eilig ein und korrigierte sich anschließend: „Kiara.“ „Threepwood.“ „Hm?“, machte Guybrush fragend. „Kiara Threepwood“, wiederholte sie langsam und wog jede Silbe auf ihrer Zunge. „Hört sich richtig an, oder? Ich glaube, den Namen könnte ich mal wieder benutzen.“ Kapitel 2: Honigtopf -------------------- Eine sternenklare Nacht brach über das karibische Inselarchipel herein, und das bunte Treiben auf See sowie an Land kehrte langsam zur Ruhe. Spärlich beleuchteten ein paar Laternen die Straßen der kleinen Städte, während die Lichter in den Häusern nach und nach erloschen. So endete ebenfalls der Tag im verschlafenen Puerto Pollo, dem Hafen von Plunder Island. Dass zu dieser späten Uhrzeit ein riesiges Piratenschiff anlegte, entging den meisten Bewohnern. Sie waren der festen Überzeugung, auf Plunder Island passierte nie etwas aufregendes. Eine zierliche Person stand mit einer prachtvoll verzierten Öllaterne am Hafen und beobachtete den Landungsprozess. Ihre Kleidung offenbarte ihren gehobenen Status. Sie trug eine adäquat bis zum Hals zugeknöpfte Rüschenbluse, darüber eine lange grüne Weste und einen braunen Justaucorps, saubere Breeches, weiße Strümpfe und polierte schwarze Schnallenschuhe. Ein Träger solcher Kleidung kam eindeutig ersichtlich aus gutem Hause. Einzig überraschend war, wie jung und weiblich diese Person zu sein schien. Bedrohlich flatterte die schwarze Totenkopfflagge im Wind, während die Landungsbrücke herabgelassen wurde. Gut sichtbar waren die drei roten Narben über dem linken Auge des Totenkopfes, von denen der Späher berichtet hatte. Zielstrebig schritt ein rothaariger Mann zum Steg hinunter. Sein schwarzer Umhang wehte und bauschte sich majestätisch im Wind auf und untermalte damit sein souveränes Auftreten. Es handelte sich schließlich nicht um irgendeinen Piraten. Er war einer der vier stärksten die derzeit über die Meere segelten. Ein Mann, so mächtig, dass ein Kriegsschiff nicht ausreichte um ihn in die Knie zu zwingen. Die Erwähnung seines Namens brachte jeden der ihn hörte zum Erzittern und seine Ausstrahlung allein ließ die meisten seiner Gegner in Ohnmacht fallen. „Von all den Inseln, auf all den Meeren, verschlägt es dich ausgerechnet auf meine“, bemerkte die Aristokratin forsch, als der Kapitän mit festen Schritten vor ihr zum Stehen kam. Sie hob die Laterne, um ihm besser in das Gesicht schauen zu können. Er trug dieselben drei Narben über dem Auge, wie sein Jolly Roger. Seine dunklen Augen waren kühl und der Ausdruck seiner Mine schier undurchdringlich. Die feuerroten Strähnen seines Haares umspielten im Wind wirr seine markanten Züge. Seine Merkmale waren überall auf der Welt bekannt. Es bestand kein Zweifel daran, dass es sich wahrhaftig um den Roten Shanks handelte. „Es passiert nicht alle Tage, von der Gouverneurin höchstpersönlich empfangen zu werden“, entgegnete der Rothaarige. Er musterte sie ebenfalls mit Sorgfalt. Es war die Art Musterung, bei der man sich selbst plötzlich jedem Makel an seinem Körper unangenehm bewusst wurde. Jede unreine Pore, jedes abstehende Haar, jede Fluse auf der Kleidung. Eine Musterung, bei der man sich nicht traute auch nur einen einzigen Gedanken zu hegen, aus Angst, der andere könnte einem in den Kopf schauen und jegliche Geheimnisse ergründen. Die Aristokratin hielt seinem Blick tapfer stand und rückte keinen Zentimeter von der Stelle, wenngleich ihr Herz lautstark gegen ihre Brust zu hämmern schien. „Ich bin nur die Stellvertretung“, stellte sie sachlich fest, darauf bedacht, dass ihre Stimme nicht zitterte. Gewiss kreuzte sie nicht für jeden dahergelaufenen Piraten zur Begrüßung auf, nur weil er an ihrem Hafen ankerte. Der Kapitän hingegen war ein besonderer Fall, für den sie gerne eine Ausnahme machte. Kurz ließ sie den Blick über den drapierten Stoff des Umhangs, welcher seinen linken Arm verbarg, schweifen, hin zu seiner rechten Hand, welche locker auf dem Griff seines langen Schwertes ruhte, zurück zu seinem stoischen Poker Face. Dann formte sich langsam ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht. „Hi. Lange nicht gesehen.“ Auch die Mimik des Kapitäns hellte sich allmählich auf, sodass sogar ein Lächeln an seinen Mundwinkeln zog. „In dem Aufzug hätte ich dich fast nicht erkannt“, scherzte er und musterte das Ensemble noch einmal eingehend. Sie blies den Atem aus und versuchte sich den Kragen zu lockern. „Glaub mir. Wenn ich mich im Spiegel sehe, tu ich das auch nicht.“ „Kiara! Schön dich zu sehen!“, kam es von einem der Offiziere, welche ihrem Boss an Land folgten. Überschwänglich winkte sie ihnen zu, damit es trotz der Dunkelheit auch deutlich sichtbar war. „Willkommen in Puerto Pollo!“ Während die Piratencrew in der örtlichen Kneipe auf die erfolgreiche Reise anstieß, versprach die Möchtegern-Gouverneurin dem Kapitän einen besonderen Tropfen aus ihrem persönlichen Vorrat in der Gouverneursvilla. Ein Angebot, welches er nur äußerst ungern ausgeschlagen hätte. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen folgte er der Aristokratin zum prachtvollen Herrenhaus am Ende eines langen Weges den Berg hinauf. „Wir hätten auch mit den anderen zusammen trinken können“, meinte der Rothaarige nebenbei. „Ach, das läuft ja nicht weg“, winkte Kiara ab. „Aber ich möchte wirklich aus diesen Klamotten raus.“ Der tropische Wald lichtete sich und zum Vorschein kam ein dreistöckiges, weißes Gebäude im frühen Kolonialstil. Die Vorhänge waren zwar für die Nacht zugezogen, trotzdem war es leicht zu erkennen, dass kein Licht in den Fenstern mehr schien. Die Aristokratin hob bedeutend den Zeigefinger an ihre Lippen und bot damit zur Ruhe. Der Rest des Hauses schlief wohl schon um diese Uhrzeit, anstatt dass es verlassen war. Auf leisen Sohlen erklommen sie die flachen Stufen zur Eingangstür. Der Kapitän staunte nicht schlecht. „Das gehört dir?“ Sie neigte uneinig den Kopf hin und her. „Es ist die Residenz des Gouverneurs. Und ich darf auch darin nächtigen.“ Ein vertrautes spitzbübisches Grinsen zuckte über die Mundwinkel des Piratenkaisers. „In deinem alten Kinderzimmer?“ Für einen Moment stockte sie in der Bewegung um den Türknauf zu drehen. Kleine Sticheleien längst vergangener Tage kamen ihr plötzlich wieder in den Sinn. Mit einem leisen Seufzen wandte sie sich noch einmal zu ihm um und betrachtete ihn aus warm leuchtenden Augen. „Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich vermisst habe.“ Es dauerte nicht lange, bis der Kapitän ein Bild davon bekam, wie stark die Sehnsucht all die Jahre in ihrer Brust gepocht haben musste und er gab sich jede Mühe diese zu stillen. Nachdem sie die versprochene Flasche Weinbrand, inklusive zwei breiten, bauchigen Gläsern, aus dem Alkoholkabinett im Salon geholt hatte, verschanzten sich der Pirat und die Aristokratin in ihrem Schlafzimmer. Das Getränk und die Gesprächsthemen entpuppten sich schnell als geringfügig, als die ehemalige Geliebte es nicht länger über sich ergehen lassen konnte, eine würdevolle Distanz zu wahren. Nun lagen sie entkleidet in ihrem Bett, der Atem schwer, die Glieder müde, zufrieden aneinander geschmiegt unter der Decke. Der Alkohol stand vergessen und zweitrangig auf dem Sofatischchen. Entspannt lauschte Kiara dem Herzschlag an Shanks‘ Brust und kraulte gedankenlos durch sein Haar, wie sie es früher schon getan hatte. Sie atmete seinen Geruch tief ein und spürte förmlich eine salzige Woge über sich spülen. Nirgendwo gefiel es ihr besser, als in seinem Arm. Trotz all der Zeit schien ihr immer noch alles vertraut und natürlich. Es kam ihr so vor, als hätte sich nie etwas geändert. Doch sie wusste, das dem nicht so sein konnte. Vorsichtig hob sie den Kopf um ihn anzusehen. Sein Gesicht hatte markantere Züge angenommen, der Zahn der Zeit hatte merkbar an ihnen genagt und die einst samtig roten Locken, nun dünner und strähnig, waren fahrig nach hinten gestrichen. Aber es war nicht unbedingt sein Aussehen, das sich geändert hatte, sondern vor allem seine Ausstrahlung. Sie sah es in seinen Augen. Er wirkte kraftvoller, düsterer und unergründlich. Aber vor allem erkannte sie in ihnen immer noch eine angenehme Wärme, Zuversicht und das überwältigende Gefühl, ihm vertrauen zu können. Ihr war stets bewusst, dass sie ihn vermisste, aber nun bemerkte sie, wie sehr er ihr eigentlich fehlte. Ihn zu sehen erinnerte sie an die Freiheit, die sie sich immer wünschte und von der er ihr, für eine geraume Zeit, eine Kostprobe geboten hatte. In diesem Moment konnte sie all die Erwartungen und Verantwortungen, welche sie schulterte, vergessen und sich diesem Gefühl der Ungebundenheit hingeben. „Shanks“, begann Kiara. Er hatte ihren Blickkontakt keine Sekunde unterbrochen und zog nun aufmerksam die Augenbauen hoch. „Hm?“ Federleicht strichen seine Fingerspitzen über ihre Wirbelsäule und malten feine Linien auf ihren Rücken. Auf ihren Lippen brannten drei kleine Worte, die sie sich nicht auszusprechen wagte. Bereits seit ihrer letzten Begegnung hatte sie dieses Geständnis auf dem Herzen. Überhaupt gab es tausend Sachen, die sie ihm gerne sagen wollte. Sie fühlte sich von ihrer romantischen Ader regelrecht überrumpelt. Jahrelang hatte sie versucht solche Gedanken im Keim zu ersticken oder abzustreiten. Ein leises Seufzen entfloh ihr. Sie wusste, er empfand nicht dasselbe für sie. Selbst wenn sie ihm ihre Liebe gestand, könnte keine Antwort sie je wirklich zufriedenstellen. Damit musste sie sich abfinden. Kiara blieb stumm und verlor sich in seinen dunklen Augen. Sie war trotzdem glücklich. Er gab ihr schließlich zumindest das Gefühl geliebt zu werden. Eine Hand legte sich sanft an ihren Hinterkopf und zog sie für einen Kuss auf die Stirn heran. Sein Bart kribbelte leicht an ihrer Haut, aber es war nicht unangenehm. Shanks schenkte ihr ein gutherziges Lächeln. Sie brauchte es ihm nicht zu sagen. Er wusste es auch so. Stattdessen erwiderte Kiara sein Lächeln schüchtern und bettete ihren Kopf zurück an seine Schulter. Wie von selbst fuhr sie damit fort liebevoll durch seine Haare zu streichen. „Was führt also einen der Vier Kaiser den ganzen Weg zu mir?“, fragte sie gelassen. „Ich brauche dringend Urlaub“, entgegnete Shanks mit einem Schmunzeln. „Dann bist du hier genau richtig.“ Plunder Island war eine der friedlichsten Inseln, die sie kannte. Ein tropisches Paradies mit wunderschönen Sandstränden. Es war ruhig und idyllisch und das Wetter zu dieser Jahreszeit außerdem besonders angenehm. Solange es keinen Ärger mit der Marine gab, konnten sie hier so lange vor Anker liegen, wie es ihnen lieb war. „Außerdem wollte ich jemanden anheuern“, fügte er bedeutsam hinzu. Kiara hob erneut den Kopf und sah ihn zweifelnd an. „Hier? In Puerto Pollo leben nur Ex-Piraten und anderswo kann ich auch niemanden empfehlen.“ Die meisten hatten nicht das richtige Kaliber um auf der Grand Line zu bestehen, geschweige denn eine Persönlichkeit, die zur Rothaarpiratenbande passte. „Ich brauche jemanden mit Expertise zur Verwaltung meiner Territorien in der Neuen Welt.“ Er sah sie eingehend an. „Und mir ist zu Ohren gekommen, hier lebte eine stellvertretende Gouverneurin, die sich perfekt für den Posten eignen würde.“ Ihr Kraulen pausierte. Sehr zum Verdruss des Kapitäns. „Was lässt dich glauben, dass sie einwilligt?“ Sie versuchte skeptisch zu wirken, doch er erkannte ein euphorisches Leuchten in ihren Augen. Sanft strich er die etwas wirren braunen Haare zurück und drehte mit Fingerspitzen den winzigen Rubinstecker in ihrem Ohr. Ein genugtuendes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Nur so ein Gefühl.“ Shanks ließ die Hand wieder zu ihrem Rücken sinken und malte kleine Muster auf ihre empfindliche Haut. Im Affekt schmiegte sie das Gesicht ausgiebig an seine Brust. Am liebsten hätte er sie dafür erneut mit Küssen übersäht. „Ich hab‘ eure Steckbriefe gesehen. Wie soll ich da jemals mithalten?“, nuschelte sie gedämpft gegen seinen Oberkörper. Die Kopfgelder hatten Beträge erreicht, die sie sich niemals zu erträumen wagte. Was dies über die Kraft und Kampffertigkeit der Crew aussagte, konnte sie sich ebenfalls nicht im Entferntesten vorstellen. Unbeirrt zeichneten seine Fingerspitzen weiter auf der weichen Leinwand. Mit der Frage hatte er gerechnet. „Du bist ehrgeizig. Und klug. Du findest deinen Weg.“ Shanks hegte keinen Zweifel daran, dass sie sich in Zukunft auch alleine gegen allerhand Schergen behaupten konnte. Außerdem arbeitete man als Crew zusammen und half einander gegenseitig. Dafür waren Freunde da. „Ich hab‘ Vertrauen in dich.“ Das angenehme Gewicht auf seinem Oberkörper erschwerte sich, als Kiara die kurze Distanz zwischen ihnen überbrückte und ihre Lippen für einen innigen Kuss auf seine legte. Er erwiderte ihre Leidenschaft und ließ es sich nicht nehmen, den Kuss zu vertiefen und ausgiebig auszukosten. Seine Worte ließen ihr Herz höherschlagen. Er respektierte sie. Er verstand sie. Und erneut offenbarte er ihr neue Möglichkeiten die Person zu werden, die sie sein wollte. Das schätzte und liebte sie so sehr an ihm. Auch nachdem sie sich nur Zentimeter voneinander lösten, bekam Kiara nicht genug von ihm. Es fühlte sich zu schön an. Daher schloss sie die Lücke zwischen ihnen noch einige weitere Male. „Gib mir zwei Wochen, um den Job zu kündigen und alles zu klären“, hauchte sie zwischen den Küssen. Shanks lachte gutmütig. „Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst.“ Er hatte es nicht eilig. Die Welt war viel zu schön, um durch sie zu hetzen. Darum genoss er nun auch einfach die Zeit mit ihr faul herumzuliegen und Zärtlichkeiten auszutauschen. Er wusste, dass sie einiges aufzuarbeiten hatte. Ein wenig hegte er Zweifel daran, ob es eine gute Idee war, sie in die Neue Welt zu holen. Er hatte das Gefühl sie damit zu verderben. Aber sie wusste, wie gefährlich das Leben auf See sein konnte. Und nichtsdestotrotz war sie ohne mit der Wimper zu zucken auf seine Nachfrage eingegangen. Shanks hob ihre linke Hand zu seinem Mund und hauchte einen Kuss auf ihre Knöchel. „Und, wann kommt dein Ehemann nach Hause?“, fragte er mit einem Schmunzeln im Mundwinkel. Beiläufig spielte er mit dem Ring an ihrem Finger, drehte und schob ihn umher. Er war aus Silber und ohne Verzierungen, auch einen eingefassten Edelstein suchte er vergeblich. „Wann ist er dir aufgefallen?“ Ihr fiel es schwer ein amüsiertes Grinsen zu unterdrücken. „Als du mir den Brandy gereicht hast“, antwortete er wahrheitsgetreu. Kiara prustete spöttisch. „Dann kommen deine Bedenken ja reichlich spät.“ „Welche Bedenken? Du schienst mir immerhin genau zu wissen, was du tust.“ Shanks würde lügen, wenn er behauptete, er habe sich nicht gewisse Hintergedanken gewünscht, als sie ihn in ihre Behausung einlud. Er war guten Gewissens in diese Möchtegern-Honigfalle getappt und fand seine Erwartungen sogar übertroffen. „Ich bin doch nicht deine Stimme der Vernunft.“ Sie schüttelte gutmütig den Kopf. „Das bist du wirklich nicht.“ Zu oft hatte Kiara sich zu Dingen hinreißen lassen, die sie sich früher niemals erlaubt hätte. Dabei musste er nie großartig Überzeugungsarbeit leisten oder sie geschickt zu etwas überreden. Meist reichte sein ansteckendes, begeistertes Grinsen und das Leuchten in seinen Augen. „Jedenfalls bin ich nicht verheiratet. Der Ring soll mir lästige Bewerber vom Hals halten. Denn es ist leider schneller und leichter den Leuten weiß zu machen, du wärst bereits vergeben, als ihnen ständig und immer wieder zu erklären, warum du ihnen wirklich, wirklich, wirklich keine Chance geben willst.“ „Stimmt ja auch“, erwiderte Shanks. „Hm?“ Sacht kämmte er mit den Fingern durch ihr Haar, bedacht darauf, ihr dabei nicht wehzutun, als er die zerzausten Strähnen entwirrte. „Du gehörst dir selbst. Wer das nicht verstehen will, verdient deine Beachtung auch gar nicht.“ Sie sah ihn mit einer Mischung aus Amüsement und Skepsis an. Natürlich fand sie Wahrheit in seiner Aussage, doch sie schien ihr bedacht distanziert. „Das hast du schön gesagt. Und was denkst du dir insgeheim?“ „Ich denke, dass ich mich sehr glücklich schätzen kann, so viel von deiner Beachtung zu kriegen.“ Ihr Zeigefinger malte feine Muster auf seine Brust und zeichnete einige der unauffälligen, hellen Narben nach. „Und weiter?“ „Und dass du das eigentliche Zeichen deiner Verbundenheit nicht am Finger, sondern woanders trägst.“ Seine Hand glitt erneut zu ihrem Ohr und drehte sacht an dem kleinen Rubinstecker. Trotz des schummerigen Lichts im Zimmer glitzerte er rötlich. Kiara schmunzelte. „Ganz schön kitschig.“ „Ja. Derjenige, der dir das geschenkt hat, muss ein furchtbar spießiger Romantiker gewesen sein.“ „Ach, er war sich der Symbolik wahrscheinlich selbst nicht mal bewusst.“ Jedenfalls hatte sie nie sonderlich viel in diese Geste hineininterpretiert, trotz des Umstandes, dass die Wahl dieses Schmuckstücks womöglich nicht ganz zufällig getroffen wurde. Für jeden anderen war es ein einfaches Piercing. Niemand würde einen Gedanken daran verschwenden, dass sie es insgeheim als Zugehörigkeitsmal einer Piratenbande trug. Shanks neigte den Kopf vor und platzierte einen Kuss auf ihrer Stirn. „Ich bin mir sicher, er freut sich, dass du sein kleines Andenken so in Ehren hältst.“ Sein Arm schlang sich fest um ihren Oberkörper und zog sie behutsam mit, während er sich zur Seite drehte. Sein Griff lockerte sich nicht, als er das Gesicht in ihrem Haarschopf vergrub. „Es ist schön, dass du wieder da bist“, murmelte er gedämpft, ein seliges Lächeln auf seinen Lippen. „Ich bin auch froh, dich wiederzusehen.“ Sein Duft umhüllte sie und war so wunderbar einlullend, sodass ihre Augen sogleich schläfrig zufielen. „Gute Nacht, Shanks.“ Kapitel 3: Gouverneurin ----------------------- Der Tag war noch jung und die Sonne hatte noch nicht einmal die Baumkronen erreicht, da saß Elaine Marley bereits über einige wichtige Papiere gebeugt an ihrem Tisch und verzehrte nebenbei ihr Frühstück. Der Terminkalender für diese Woche war ungewöhnlich voll und die Liste an Dingen, die sie abzuarbeiten hatte noch länger. Sie war erst letzte Nacht von einem Wirtschaftstreffen zurückgekehrt und musste sich nun mit neuen Handelsabkommen und Gesetzesentwürfen auseinandersetzen. Blind griff ihre Hand nach der filigranen Kaffeetasse, um das schwarze, heiße Gebräu zu ihrem Mund zu führen. Es klopfte an der Tür. „Herein“, ließ sie verlauten. Vorsichtig öffnete sich die schwere Holztür. „Guten Morgen, Gouverneurin Marley“, grüßte das Hauspersonal artig und stellte dann erschrocken fest, dass sie bereits zu spät kam, um ihren Aufgaben nachzugehen. Unentschlossen hielt sie das Tablett mit Scones, Marmelade und einer dampfenden Kanne Tee vor sich. „Madam hat sich also schon aus der Küche bedient“, sagte sie niedergeschlagen. „Ja, habe ich. Verzeihung, Rose. Ich bin schon etwas länger wach.“ Wirsch fuhr sich Elaine durch die rötlichen Haare. Genau genommen hatte sie diese Nacht beinahe kein Auge zugetan. Als der Hunger sie packte, hatte sie sich kurzerhand selbst ein Frühstück zusammengewürfelt und beschlossen, dass sie genauso gut anfangen konnte sich ihrer To-Do Liste zu widmen. Das Tablett wurde kurzerhand auf einer Kommode zwischengelagert, damit die Bedienstete freie Hände hatte, um die Vorhänge zurück zu ziehen und das Bett zu lüften. „Heute ist ein wunderschöner Tag, Madam“, kommentierte Rose nebensächlich. „Möchten Sie das Frühstück trotzdem noch zu sich nehmen?“ Elaine hatte besseres zu tun, als sich dem Wetter und der Aussicht zu widmen. Auch wenn die Lage der Gouverneursvilla hier auf Plunder Island unumstritten die beste war, verglichen zu ihren Anwesen auf Mêlée und Booty. Beiläufig hob sie den Kopf und warf trotzdem einen gedankenverlorenen Blick aus dem geöffneten Fenster. Ihr Zimmer bot eine Panoramasicht auf die Insel zum Fuße des Hügels. Der Wald war ins Licht der orangeroten Morgendämmerung getaucht und das Meer am Horizont glitzerte verheißungsvoll. Die Stadt war zu weit weg, um das frühe lebhafte Treiben auf dem Markt zu erkennen, jedoch fiel ihr die große Galeone im Hafenbecken ins Auge. „Bring es ruhig meiner Tochter, von Scones und Tee kriegt sie eh nie genug“, sagte sie langsam und erhob sich dabei von ihrem Stuhl. Seit wann ankerte dieses Schiff dort und warum hatte ihr niemand Bescheid gegeben? Sie öffnete die verglasten Türen zur Veranda und trat hinaus. Das waren unverkennbar schwarze Segel. Merkwürdig, sie kannte alle Piraten in dieser Region, aber niemand besaß so einen prächtigen Dreimaster. Rose zögerte kurz, knickste dann aber, auch wenn die Gouverneurin es nicht sehen konnte. „Sehr wohl. Ich werde es in das Zimmer von Miss Threepwood bringen, dann steht es bereit, wenn sie zurückkehrt.“ Sie eilte, um das Tablett wieder aufzusammeln. Den Tee müsste sie neu aufbrühen, sollte die Gouverneurstochter nicht bald auftauchen. Neugierig hoben sich die Augenbrauen der Gouverneurin. Sie wäre nicht Elaine Marley, wenn sie nicht ahnen würde, was hier vor sich ging. „Von wo zurückkehrt?“, fragte sie skeptisch. Die Bedienstete druckste ertappt herum. „Oh. Naja. Sie ist seit gestern Abend nicht nach Hause gekommen“, stammelte sie unsicher. Hätte sie vielleicht besser den Mund gehalten? Elaine verschränkte die Arme. „Ich nehme an, es hat etwas mit dem Schiff zu tun, das dort im Hafen ankert?“ „Das weiß ich nicht, Madam.“ „Ich werde schauen, ob ich sie finden kann.“ Sie schüttelte kaum merklich den Kopf. Was dachte sich ihre Tochter nur dabei? „Und bring mir Esteban. Er soll mir etwas über unsere Gäste erzählen.“ „Wie wäre es mit ein paar neuen Kanonen für Ihr mächtiges Piratenschiff, Mister?“, tönte ein orangehaariger Ladenbesitzer und wies mit einer großzügigen Handbewegung auf sein enormes Angebot an verschiedensten Waffen, welche um sein Geschäft auf den Straßen von Plunder Island aufgereiht waren. Der Piratenkaiser, welcher gerade mit seinem ersten Offizier im Gespräch vertieft den Weg entlang schlenderte, blieb interessiert stehen und ließ den Blick über die Ware schweifen. „Kann ich Sie für Schrapnellmunition begeistern die exquisite Schmerzen und qualvolle Leiden über Ihre Feinde bringt?“, fuhr der Verkäufer fort. „Sie sind nicht eher ein furchterregender Pirat bis Ihr Schiff mit dem letzten Schrei in Sachen Offensivbewaffnung ausgestattet ist. Von Bobs Baumlange Bomben Bumskanonen GmbH & Co.!“ Eine Hand wanderte nachdenklich zu Shanks‘ Kinn und rieb über den angedeuteten Kinnbart. „Ich glaube nicht, dass wir-“, setzte Beckman gerade an, doch sein Kapitän unterbrach ihn. „Nein, nein. Lass ihn ausreden. Er hat nicht unrecht.“ Beckman rollte mit den Augen, doch Shanks wandte sich nichtdestotrotz dem kräftigen Ladenbesitzer zu. „Was kannst du empfehlen?“ Während Kenny Faulzahn dem potentiellen, und zweifelsohne gut betuchten, Käufer seine besten und teuersten Kanonen vorstellte, tätigte die restliche Crew Lebensmitteleinkäufe oder nutzte die freie Zeit, um die idyllische Insel zu erkunden. Es war ein ruhiger Morgen auf Plunder Island. Ein Morgen wie beinahe jeder andere. Zur Erleichterung aller Bewohner versank die Insel nicht im Chaos und einem flammenden Inferno, weil ausgerechnet einer der vier Piratenkaiser an ihrem Hafen ankerte und beschloss Raub und Brandschatzung zu frönen. Es blieb überaus friedlich, abgesehen von den lautstarken Feierlichkeiten in der Nacht. Aber das war ein Kompromiss, den die Bewohner gerne eingingen. Auch dass die stellvertretende Gouverneurin absolut gelassen mit der Situation umging, bestärkte das Vertrauen in die fremden Piraten. Selten hatten sie die Aristokratin so ausgelassen erlebt, wie am letzten Abend. Es war das Klatschthema auf dem Markt an diesem Morgen, dass Miss Threepwood während der Feierlichkeiten aus vollem Herzen gelacht, gesungen und getanzt hatte. Die Piraten hatten so ausgiebig getrunken, dass der Taverne auch der letzte Tropfen Alkohol ausgegangen war. Ein kleines Handelsschiff war bei Sonnenaufgang aufgebrochen, um umgehend Nachschub von Booty Island zu erwerben. „Hier haben wir ein ‚Destruktomatik T-47‘ Panzerbrechendes Blutbadanrichtungssystem mit Nachladeautomatik und Fax-Schnecke!“ Kenny schlug ehrfürchtig auf das gusseiserne Rohr. „Ein ziemlich feines Stück, wenn ich das so sagen darf.“ „Darf ich das Verkaufsgespräch kurz unterbrechen?“, meldete sich eine Frauenstimme zu Wort. Aufmerksam drehten sich der Kapitän und Kenny herum und blickten in kraftvolle grüne Augen und das perfekteste Lächeln, welches Shanks je sah. „Oh, Gouverneurin Marley! Selbstverständlich!“ Kenny nickte dem Rothaarigen zu. „Lassen Sie sich Zeit, Mister. Ich bin hier, wenn Sie noch Fragen haben oder Ihr Schiff aufrüsten wollen.“ Shanks hob erstaunt die Augen und musterte die adrett gekleidete Frau mit dem wallenden roten Lockenschopf vor ihm. Sie war etwas in die Jahre gekommen, doch trübte das keinesfalls ihre Schönheit. Shanks konnte den Erzählungen und Bewunderungen, welche er über die Gouverneurin gehört hatte, nur völlig hingerissen zustimmen. Die Gouverneurin streckte eine grazile Hand zum Gruß aus. „Ich bin Gouverneurin Elaine Marley“, stellte sie sich mit fester und klarer Stimme vor. Shanks ergriff ihre Hand und wollte sie zu einem charmanten Knöchelkuss an seinen Mund führen, doch ihr Arm verweilte wie angewurzelt auf der Stelle und zwang ihn zu einem ordentlichen Händedruck. Ein anerkennendes Lächeln huschte über seine Lippen und er erwiderte den Gruß gleichermaßen. „Und Ihr müsst der Piratenkaiser Rothaar Shanks sein“, kam die Gouverneurin ihm zuvor. „In der Tat. Sehr erfreut“, der Kapitän nickte formell. Er bestand nicht auf die Nutzung seines Titels oder Beinamens, aber er ließ den Leuten frei, wie sie ihn ansprechen wollten. Elaine reichte anschließend seinem ersten Maat ebenfalls die Hand. „Ben Beckman, richtig? Ich hoffe Ihr habt einen angenehmen Aufenthalt auf Plunder Island. Es tut mir leid, dass ich Euch zur Ankunft nicht persönlich begrüßen konnte, ich bin selbst erst letzte Nacht von einem Kongress zurückgekehrt.“ Shanks winkte beflissen ab. „Ach, das ist auch gar nicht nötig.“ Ein Begrüßungskommando war nun wirklich das letzte, was er forderte. Wobei er nichts dagegen einzuwenden hatte, wenn man ihn bei der Rückkehr von einer Kaperfahrt am Hafen erwartete. Es gab ihm immer ein bisschen das Gefühl nach Hause zu kommen. „Außerdem hat Ihre Tochter diese Aufgabe gewissenhaft übernommen“, warf Beckman hilfreich ein. Die Stirn in Sorgenfalten gelegt inspizierte die Gouverneurin den Hauptplatz von Puerto Pollo. Sie erblickte allerhand an Bürgern und Piraten, welche sich auf dem Markt tummelten, aber nicht die Person, die sie suchte. Merkwürdig, gerade unter den Piraten hatte sie gehofft ihre Tochter ausfindig zu machen, wo sie doch sonst keine Gelegenheit ausließ neugierig Kontakte mit fremden Seemännern zu knüpfen. „Apropos… Ihr wisst nicht zufällig, wo sie steckt, oder? Keiner von den Männern konnte mir eine Auskunft geben und im Anwesen scheint sie auch nicht zu sein.“ „Dann ist sie noch in meiner Kabine.“ Shanks lachte auf. Sein Vize hob die Hand, im Versuch ihn zu stoppen, doch der Kapitän ging unbeirrt weiter in die Details. „Wir haben gestern heftig gefeiert, also hab‘ ich sie mit zur mir genommen.“ Ein verstohlenes Lächeln huschte über seine Lippen. „Es war ‘ne lange Nacht, davon muss sie sich noch erholen.“ Eine harte Backpfeife traf ihn völlig unvorbereitet am Kiefer. Mit so einem plötzlichen Angriff hatte Shanks nicht gerechnet. Im nächsten Moment packte die Gouverneurin ihn am Kragen und zog ihn ein gutes Stück auf die Höhe ihrer nun vor Zorn funkelnden grünen Augen hinab. Ihm loderte eine heiße Wut entgegen, welche zweifelsohne nur eine Mutter ausstrahlen konnte. „Wehe, wenn du ihr etwas angetan hast“, fauchte sie, das Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt. Die Piraten in ihrer Nähe beobachteten das Geschehen stumm und fassungslos. Sogar Beckman trat einen Schritt zur Seite und rollte die Zigarette zwischen seinen Lippen mit erwartungsvollem Blick. Ihm entging nicht wie absolut perplex sein Kapitän dastand, zur Gouverneurin heruntergebeugt, während sich die Rädchen in seinem Kopf drehten und er versuchte die Situation zu verarbeiten. „Nichts, was sie nicht wollte?“, versuchte er einen diplomatischen Ansatz. Warum war sie plötzlich so sauer? Hatte er etwas Falsches gesagt? Verpasste Kiara gerade einen wichtigen Termin, den sie nun verschlief? Der Griff an seinem Hemd festigte sich noch einmal mit einem Ruck. „Du bringst mich zu ihr. Sofort!“, befahl die Gouverneurin kurz angebunden. Shanks nickte langsam und deutete zum Anlegeplatz, wo die Red Force ankerte. Elaine ließ seinen Kragen frei und ging mit schnellen Schritten voran. Jeder Pirat in ihrem Weg sprang ehrfürchtig zur Seite. Eilig folgten ihr der Kapitän und sein Vize. „Hast du vielleicht mal daran gedacht, dass Kiara diese ganze Geschichte geheim gehalten haben könnte?“, brummte Beckman neben ihm. „Warum sollte sie das tun? War doch eine tolle Zeit?“, entgegnete Shanks verständnislos. Beckman blies den Atem aus und rollte erneut über die Arglosigkeit seines Kapitäns mit den Augen. Mit Bestimmung erklomm Elaine den Landungssteg und riss anschließend ohne das kleinste Zögern die Tür zu den Kapitänsquartieren auf. Aus dem Türrahmen konnte Shanks erkennen, wie Kiara sich erschrocken kerzengerade in seiner Bettnische aufsetzte, übersäht mit diversen blauen, lila und rötlichen Flecken auf ihrem Hals, an ihren Schultern und vermutlich auch dort, wo sie schützend die Decke vor sich hielt. Er hatte allerhand Arbeit geleistet, das war unbestreitbar. Elaine stürmte beinahe zu ihrer Tochter hinüber, wickelte sie zusätzlich in die Decke ein und schloss sie fest in ihre Arme, um sie beschützend an sich zu drücken. „Geht es dir gut?“, fragte sie fürsorglich und wog sachte vor und zurück. Kiara starrte und blinzelte mindestens genauso verwundert, wie es Shanks gerade noch getan hatte. Sie sah verblüfft über Elaines Schulter zu ihm im Türrahmen und machte keinerlei Anstalten sich gegen die Zuwendung ihrer Mutter zu wehren. „J-ja. Was- mir geht es super“, stotterte sie, überfordert mit dem, was um sie herum gerade passierte. Vorsichtig legte sie die Hände um Elaine. „Es ist alles gut“, versicherte Kiara zaghaft und verzog anschließend die Mimik hilfesuchend zu einer stummen Frage in Richtung ihres Kapitäns. Shanks räusperte sich unbeholfen. „Hast du ihr von uns erzählt?“, fragte er langsam. Der kleine Anreiz reichte aus, um Kiara verständlich zu machen, worum es wohl gerade ging. In einem Anflug von Realisation zog sie den Atem ein und öffnete den Mund, die Worte im Kopf noch zurechtlegend. Elaine löste die Umarmung, um ihre Tochter skeptisch anzusehen. „Gibt es da etwas, was ich hätte wissen sollen?“, fragte sie langsam und eine gewisse Forderung schwang in ihrer Stimme mit. Peinlich berührt kaute Kiara auf ihrer Unterlippe. „Ich schätze, du weißt es jetzt.“ Eine Hand wanderte zu ihrem brünetten Schopf um sich die wirren Haare zu kämmen. „Das ist die Bande mit der ich damals unterwegs war. Die Rothaarpiraten.“ Es hatte Kiara fern gelegen, etwas von ihrem Abenteuer vor ihrer Mutter geheim zu halten. Elaine wusste, dass ihre Tochter Schiffbruch erlitten hatte und von Piraten gerettet wurde, welchen sie sich fortan anschloss. Sie verstand auch, dass sie bei ihnen gute Freunde und ein Zuhause fand. Wer diese Leute konkret waren, hatte Kiara nur niemals erwähnt. Auch dann nicht, als sie auf Zeitungsartikel oder Steckbriefe gestoßen war. Für einige Zeit, welche sich anfühlte wie eine Ewigkeit, ruhte Elaines ernster Blick auf dem beschämten Gesicht ihrer Tochter, bis er schließlich einem erleichterten Schmunzeln wich. Elaine seufzte beruhigt. „So ist das also.“ Nichtsdestotrotz drapierte sie die Decke noch etwas großzügiger um Kiaras schmale Form. „Jetzt hätte ich mich fast wegen eines Irrtums mit einem Piratenkaiser angelegt.“ Kiara sah ihre Mutter mit großen Augen an. „Du hast was?“ Ein prüfender Blick ging zu Shanks, der noch immer am Türrahmen lehnte und sich nun demonstrativ den Kiefer rieb. „Der Schlag war nicht von schlechten Eltern.“ In Wahrheit tat es ihm kein bisschen weh, dafür war Shanks Schmerz gegenüber zu unempfindlich. Wäre er jünger und schwächer, hätte ihn die Backpfeife aber vermutlich aus den Socken gehauen. „Du hast einem Piratenkaiser eine gescheuert?!“, wiederholte Kiara ungläubig nun deutlich lauter. War sie denn von Sinnen? Gut, dass es Shanks war und er sowas gelassen nahm – aber solch ein impulsives Verhalten kannte sie überhaupt nicht von ihrer Mutter. Ein leises Lachen entfloh Elaines Lippen. Dann erhob sie sich und tätschelte noch einmal Kiaras bedeckte Schultern. „Zieh dich in Ruhe an.“ Nach diesen Worten verließ sie die Kajüte mit dem Kapitän und schloss achtsam die Türe hinter sich. „Eine Entschuldigung ist wohl angebracht“, bemerkte sie ein wenig schuldbewusst und bettete die Hände in ihrem Schoß aufeinander. Shanks winkte ab. „Keineswegs. Ich hätte mich anders ausdrücken sollen.“ „Trotzdem möchte ich mich entschuldigen. Wie wäre es mit meinem besten Whiskey als Wiedergutmachung und Friedensangebot?“ Ein Grinsen breitete sich in seinen Mundwinkeln aus. „Beides nehme ich dankend an.“ Kapitel 4: Whiskey ------------------ Zur guten Gepflogenheit zwischen Piraten gehörte es, als Zeichen des Friedens und guten Willens Alkohol zu bringen und gemeinsam zu trinken. Als Gouverneurin diverser Pirateninseln war sich Elaine Marley diesen Traditionen bewusst. Einer ihrer Unterstellten brachte eilig eine edle Holzschachtel zur mächtigen Galeone im Hafen. So schnell ihn seine Beine trugen hatte er diese, wie beordert, aus dem Anwesen geholt. Dabei schaffte er es auch noch möglichst würdevoll auszusehen. Die Feierliche Überreichung übernahm die Gouverneurin selbst. Zu diesem besonderen Anlass hatte der Piratenkaiser die Aristokratin zu seinem Lieblingsplatz auf dem Poopdeck eingeladen. Nur wenigen war es vergönnt dieses Deck und den dazugehörigen Ausblick mit ihm zu teilen. Zufrieden ließ sich Shanks in seinen weichen Sessel nieder und lehnte sich erwartungsvoll hervor. Geschickt öffneten filigrane Finger den Verschluss der Schachtel. Das Holz war dick und hatte eine einzigartige Walnussbraune Maserung. Im Inneren verbarg sich, passgenau eingefasst, eine ebenso hochwertig angefertigte Flasche, deren Flüssigkeit die Farbe von leuchtendem Bernstein hatte. Die Aufmachung alleine bezeugte, dass es sich um einen exquisiten, teuren Whiskey handelte. „Ich hoffe, das glättet die Wogen zwischen uns wieder“, verkündete Gouverneurin Marley und schenkte ihnen großzügig in zwei Kristallgläser ein. „Dabei ist doch gegen etwas Wellengang nichts einzuwenden“, erwiderte der Rothaarige amüsiert, sein allgegenwärtiges Lächeln an seinen Mundwinkeln ziehend. Er fand es beeindruckend, wie schnell die Gouverneurin bereit gewesen war, ihre gesamte Existenz in den Wind zu schießen, bei dem bloßen Gedanken, er hätte sich an ihrer Tochter vergriffen. Manch anderer vermochte es als töricht anzusehen, doch Shanks verstand, dass man für seine Liebsten Himmel und Hölle in Bewegung setzte, wenn jemand ihnen etwas antat. „Solange wir uns auf eine leichte Brise einigen können, wäre ich froh, wenn wir damit einen Sturm abwenden.“ Elaine überreichte ihm den luxuriösen Alkohol im ebenso wertvollen Glas. Shanks lachte erheitert auf. „Einverstanden. Man erzählte mir schon, dass es unklug sei, es sich mit Gouverneurin Marley zu verscherzen.“ Elaine nahm ihr eigenes Getränk in die Hand und hielt für einen Moment überrascht inne. „Von wem stammt denn dieser Rat?“ Vorsichtig ließ sie sich auf den für sie bereitstehenden Ottomanen nieder. Er war weicher, als sie es für möglich gehalten hätte. „Einem alten Freund.“ Der Kapitän beäugte sie musternd, gespannt auf ihre Reaktion. „Silvers Rayleigh.“ Die Gouverneurin blies den Atem aus. „Den Namen habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gehört.“ Ihr Kopf neigte sich neugierig zur Seite. „Wie geht es dem werten Lustmolch?“ „Fit wie eh und je.“ Ein Schmunzeln kräuselte sich in ihren Mundwinkeln. „Schön zu hören. Na dann“ Sie hob ihr Glas zum Prosten. „Auf die Gesundheit.“ „Zum Wohl.“ In genussvoller Stille tranken sie den edlen Tropfen, welcher sanft im Abgang eine bittere Note hinterließ. Er war kräftig und herb, doch nicht einmal die Gouverneurin verzog ihre Mine. Sie ließ das nun halbleere Glas sinken und betrachtete den Piratenkaiser andächtig. Erwartungsvoll hob der Rothaarige eine Augenbraue. „Du wirst sie mitnehmen, oder? Endgültig“, sagte Elaine langsam. Gedankenverloren strich ihr Finger über die geschliffene Verzierung. „Kiara ist diejenige, die das entscheidet.“ „Ich kenne doch meine Tochter.“ Nach einem kurzen Seufzer stürzte Elaine die restliche Flüssigkeit mit einem herzhaften Schluck hinunter und stellte das kostbare Kristallglas mit einem untypischen harten Knall auf das Fass neben sich ab. „Irgendwann musste der Tag kommen.“ Der Kapitän nickte behutsam und schwenkte den bernsteinfarbenen Whiskey in kleinen Kreisen umher. „Er wäre noch viel früher gekommen“, gab er zu bedenken und erinnerte sich, wie Kiara ohne Umschweife von ihm verlangt hatte, sie anheuern zu lassen. Sie hatte keinen Zweifel durchscheinen lassen, monatelang keinerlei Bedenken darüber gezeigt, ihr bisheriges Leben einfach mir-nichts-dir-nichts zurückgelassen zu haben. Dann schweiften seine Gedanken zum Abend in Sabaody, als Shakky ihm erzählte, wie die Kleine sich bei ihr ausgeweint hatte. „Aber ihr war es wichtig, sich zu verabschieden.“ „Das hat sie nie gemacht.“ Schwach hob Elaine die Schultern. „Beinahe dachte ich, sie hätte ihren Platz gefunden. Einerseits ihre Position hier und andererseits die Kaperfahrten mit Guybrush. Es wäre ein guter Kompromiss gewesen – auch wenn ich nicht viel von diesem Diebesmeer halte.“ Shanks runzelte die Stirn. „Ein Diebesmeer?“, hakte er nicht uninteressiert nach, doch Elaine erwiderte seine Nachfrage mit einem Augenrollen. „Südlich von hier liegen dutzende kleine Inseln. Seitdem die Marine alle Piraten von den Tri-Islands verscheucht hat, tummelt sich der Großteil dort. Auf den größeren Inseln haben sie Außenposten errichtet, Häfen mit Tavernen und Handelskompanien. Es ist wie ein Blick in die Vergangenheit.“ „Und wie kommt ihr damit klar? Das waren doch mal Piratennester, richtig?“ „Oh. Ach, das wird schon. Booty Island lebt vom Faschingstourismus und Plunder…“ Sie hielt inne, um sich die nächsten Worte ordentlich zurecht zu legen „ist und bleibt ein Paradies für gut betuchte Rentner.“ „Und Mêlée?“ „Man ließ durchsickern, dass darauf eine Marinebasis entstehen soll.“ Die Gouverneurin nahm einen tiefen Atemzug. „Naja. Seitdem dieser Immobilienhai alle Häuser aufkauft, lebt da zurzeit sowieso kaum noch jemand.“ „Klingt, als ginge eine Ära zu ende.“ „Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich irgendwo eine andere, nicht wahr? Ein bisschen werde ich den Wandel noch begleiten und dann wahrscheinlich ebenfalls zu neuen Horizonten aufbrechen.“ Shanks schmunzelte. „In das Diebesmeer?“ Elaine fuhr sich mit einer Hand durch die roten Locken und warf sie anschließend nach hinten über die Schulter. „Oh, nein. Da bin ich schon gewesen.“ „Hey – das ist nicht fair! Du erzählst ihm von deinen Abenteuern, aber mir nicht?“, meldete sich plötzlich die junge Piratin zu Wort, welche mit glühendem Teint die Treppen zum Poopdeck erklomm. Die noch leicht feuchten brünetten Haare wellten und lockten sich an allen möglichen Stellen. „Weil es nichts zu erzählen gibt“, entgegnete die Gouverneurin entschieden. „Hörst du das? Dreiste Lügen!“, empörte sich Kiara an Shanks gewandt. „Ihr eigenes Kind so anzuschwindeln! Als hätten wir es nicht von Rayleigh gehört.“ Kiara verschränkte ihre Arme besserwisserisch und feixte ihre Mutter unverhohlen an. Diese stöhnte verärgert auf. „Natürlich musst du von allen Piraten auf den Weltmeeren ausgerechnet auf die treffen, die diese alten Kamellen kennen.“ „Die junge Dame verkehrt halt nur in bester Gesellschaft“, grinste der Kapitän. „Dame? Ich? Oh, bitte.“ Kiara verzog argwöhnisch das Gesicht und winkte ab. „Piraten mit fragwürdiger Moralvorstellung sind also die beste Gesellschaft?“ „Besser als korrupte Politiker, die ständig tönen nur das Wohl ihrer Bürger im Sinn zu haben und sich dabei die Taschen vollstopfen.“ Für einen Moment hielt Elaine inne, straffte ihre Schultern und sah ihre Tochter argwöhnisch an. Mit einem Seufzen gab sie sich dann jedoch geschlagen. „Touché.“ Kiaras Blick fiel von dem Glas in der Hand des Kapitäns auf die dazugehörige Flasche und ihrer hölzernen Verpackung. „Holla. Apropos, sich die Taschen vollstopfen.“ Ehrfürchtig wog sie den schweren Behälter in den Händen. „Von dem Whiskey kann man sich doch eine Villa kaufen.“ „Vielmehr eine ganze Insel.“ Kiara stellte die Whiskeyflasche mäßig überrascht zurück auf das Fass. „Quod Erat Demonstrandum“, schloss sie genugtuend. „Möchtest du auch einen Schluck?“, bot der Piratenkaiser ihr an und hielt ihr sein noch zu einem Drittel gefülltes Glas entgegen. „Es ist nichtmal Mittag!“, entrüstete sich diese. Shanks lachte heiter auf. Allmählich bemühten sich auch die Offiziere auf das obere Deck. „Dabei hätte ich gedacht, ein Katerfrühstück wäre angebracht“, bemerkte Beckman und nahm neben der Gouverneurin Platz. Dieser war sich Kiaras Toleranzgrenze noch von früher bewusst, selbst wenn diese verhältnismäßig hoch lag. Sie musste am gestrigen Abend mindestens so viel gebechert haben, wie bei ihrem eigens angezettelten Trinkwettbewerb. „Nein, Danke. Mir geht es blendend“, log Kiara. Es war eine andere Art Kater, welcher an diesem Vormittag an ihr zehrte. Das heiße Bad sollte jedoch bereits gute Dienste erwiesen haben. Der Kapitän leerte das Glas in einem Zug und stellte es zu seinem Zwilling. „Gut. Verschieben wir die weitere Verköstigung lieber auf heute Abend.“ Mit seinem charmantesten Lächeln wandte er sich zur Aristokratin. „Die Gouverneurin ist natürlich ebenfalls herzlich eingeladen uns jederzeit bei Feierlichkeiten Gesellschaft zu leisten.“ „Oh, ich weiß nicht.“ Druckste sie herum und kratzte sich verlegen an der Wange. „Schließlich habe ich noch einen Ruf zu verlieren.“ „Hey! Ich etwa nicht?“, kam es empört von ihrer Tochter. „Man ließ mich wissen, dass du letzte Woche wieder im Gefängnis von Phatt Island gelandet bist.“ „Völlig zu Unrecht!“, erwiderte Kiara prompt. „Gouverneur Phatt hegt einfach eine persönliche Vendetta gegen mich, seitdem Dad keinen Fuß mehr auf seine Insel setzt. Er faselt ständig etwas davon, dass ich seine Schuld zu begleichen hätte. Ich kapier‘ nicht, was er vorhat – will er mich an LeChuck verkaufen? Wobei…“ „Im Gefängnis, soso“, gab der Vize zu bedenken. „Musste jemand kommen und deine Kaution bezahlen?“, feixte Yasopp ungeniert. „Quatsch. Ich konnte mich durch die Gitterstäbe quetschen. Man sollte meinen, nach dem dritten Mal lernen sie dazu.“ Elaine rollte abermals mit den Augen. „Mir wäre lieber, es wäre bei einem Mal geblieben.“ Kapitel 5: Dinner Party ----------------------- Seit des berüchtigten LeChuck Vorfalls vor vielen Jahren, hatte Gouverneurin Marley nur noch herzlich selten Piraten in ihre Villen zum Abendessen eingeladen. Die üblichen Faschingsfeiern fanden zwar noch in ihre Behausung auf Booty Island statt, jedoch handelte es sich in Gänze um einen völlig anderen Anlass. Jeder konnte die Faschingsfeiern besuchen, sofern man eine Einladung und ein Kostüm besaß. Auch die adretteren Bankette waren deutlich distanzierter. Doch ein zwangloses Mahl, ohne langwierige Planung und Ankündigung, das war eine Seltenheit für die Gouverneurin. Zu häufig hatten sich Piraten mehr von der Abendunterhaltung erhofft und sie es sattgehabt, Besucher abzuweisen, die ihr Avancen machten. Besonders nach ihrer Vermählung wollte sie keine Signale senden, welche überwiegend falsch verstanden werden konnten. Umso überraschender war daher die Einladung, welche die Gouverneurin kurzerhand dem Kaiser der Meere, sowie seinen Offizieren aussprach. Jedenfalls überraschend für die Bürger von Puerto Pollo. „Untypisch für dich“, kommentierte auch die Gouverneurstochter, während sie ihre Mutter dabei beobachtete mit dem Küchenchef durch die Bestände zu gehen. Die Zutaten waren ordentlich in Säcken oder Körben auf und um den Tisch herum platziert und der Koch zählte auf, welche Gerichte und Kombinationen mit dem Vorrat möglich wären. „Sonst ist dir Vorlaufzeit doch immer lieber?“ Elaine stimmte der abschließenden Zusammenfassung mit einem Nicken zu. Anschließend musterte sie ihre Tochter, welche es sich im Schneidersitz auf einem Holzschemel bequem gemacht hatte. „Ich bin auch durchaus in der Lage kurzfristig zu planen“, gab sie trocken von sich. „Aber warum sollte es nicht bis morgen warten können?“, hakte Kiara weiter nach. Shanks und seine Bande waren nicht den ersten Tag auf dieser Insel und wahrscheinlich auch nicht bereits den letzten. Würden sie bereits am nächsten Morgen aufbrechen wollen, hätte der Kapitän gewiss so etwas verlauten lassen. Noch bevor ihre Mutter zu einer ausweichenden Antwort ansetzen konnte, wurde die Befragung jäh unterbrochen, als die Eingangstür der Villa schwungvoll aufgestoßen wurde und eine vertraute Stimme verkündete: „Schatz, ich bin zuhause!“ Ehe sich Elaine versah, war Kiara von ihrem Hocker aufgesprungen und in die Eingangshalle gestürmt. Die Gouverneurin schmunzelte leise und folgte ihrer Tochter gemächlich, um ihren mächtigen Piratenehemann ebenfalls zu begrüßen. „Eine Dinner Party?“, stutzte Guybrush, nachdem man ihn einweihte. Er hatte nicht damit gerechnet, nach seinem neusten Abenteuer noch einem gesellschaftlichen Ereignis beizuwohnen. Musternd sah er an sich selbst hinab und betrachtete die über Langzeit verdreckten Klamotten, die er am Leibe trug. „Muss ich mich dafür umziehen?" Auch Elaine beäugte ihn mit etwas Abstand und strich dann beiläufig etwas festgesetzten Ruß von seiner linken Schulter. „Ich hatte zwar keinen Dresscode vorgesehen, aber ein einigermaßen sauberes Outfit wäre wohl angebracht", bemerkte sie anschließend. „Eins das nicht nach Grog, Schießpulver und Abwasser riecht“, warf Kiara ein und rümpfte die Nase. Sie bezweifelte zwar, dass die Kleidertruhe auf der Screaming Narwhal noch so etwas Luxuriöses wie wohlduftende, fleckenfreie und heile Kleidung barg, doch die Kommode im Hauptschlafzimmer sollte für genau solche Anlässe bestückt sein. Experimentell schnupperte sie und fand, dass sie mit ihrer Aufzählung durchaus ins Schwarze getroffen hatte, doch eine gewisse, liebliche Unternote mogelte sich durch den abenteuerlichen Basiskern. Kiara trat einen vorsichtigen Schritt näher und schnupperte erneut. „Und einen Hauch Vanille. Wo warst du?" In Guybrush’s Augen entbrannte ein begeistertes, blaues Feuer. „Das ist eine großartige Geschichte! Alles begann damit, dass-" „Guybrush, ich denke, wir haben später noch Zeit für deine ausführliche Erzählung“, unterbrach ihn Elaine unwirsch und nahm ihm abrupt jeglichen Wind aus den Segeln. „Dann kannst du die Gäste ebenfalls direkt unterhalten. Nur tu mir einen Gefallen und nimm ein heißes Bad." Enttäuscht sanken seine Schultern hinab und er schürzte betroffen die Unterlippe. „Ich dachte, du magst meinen verwegenen Piratengeruch.“ Seine Gemahlin seufzte nachgiebig „Hm, schon“, gestand sie sanft. „Aber er ist ein wenig verfälscht.“ „Es ist die Vanille, nicht wahr?“ Kapitel 6: Gran Tesoro ---------------------- Kiara betrachtete ihre Reflektion im prachtvollen mit Gold eingerahmten Spiegel. Das rote Kleid lag eng an und betonte alle richtigen Stellen, ehe es asymmetrisch in einen mehrlagigen Rock ausfecherte. Unsicher zupfte sie den Saum zurecht. Für gewöhnlich zeigte sie nicht so viel Haut, selbst wenn es nur ihre Arme und Beine waren. Die dunklen Seidenstrümpfe waren nicht sonderlich tröstlich, und gaben ihr auch kein Stück das Gefühl, dass sie irgendetwas tatsächlich bedeckten. Es war ungewohnt, der Schnitt dieser Kleidung, das Gefühl des Stoffes so eng an sich und wie es an ihr aussah. Aber je länger ihr Blick auf ihrem Spiegelbild verweilte, desto mehr musste sie sich zugestehen, dass ihr das Ergebnis gefiel. Wie süß und schick es sie wirken ließ. Zwar stand sie noch etwas wackelig auf den hohen Schuhen – es war mehr das Plateau, als der Absatz, der sie ins Wanken brachte – aber mit etwas Übung sollte Laufen kein Problem darstellen. Der Gedanke daran, dass die Schuhe sie ein paar Zentimeter größer machte, gefiel ihr. Mit den Fingern kämmte Kiara durch ihre brünetten Haarspitzen. Sie waren kunstvoll geflochten und mit einer ebenso roten Blume geschmückt worden. Kiara sah sich um und erhaschte einen Blick der Frau, welche sie eingekleidet und frisiert hatte. Mit einem breiten, aber höflichen, Lächeln gestikulierte sie beide Daumen nach oben. Kiara nickte schüchtern zurück. Die Dame verstand ihren Job, so viel war sicher. „Ja, wunderbar! Ganz reizend!“, kommentierte Baccarat, welche ihren Kopf neugierig durch die Türe des Ladens streckte. „Schick siehst du aus! Na dann komm mal heraus, die Herrschaften sind auch schon fertig.“ Enthusiastisch flog die schwere Tür aus massivem Gold auf und offenbarte eine Gruppe an Männern draußen auf dem Asphalt, die Kiara kaum wiederzuerkennen vermochte. Es handelte sich dabei ganz gewiss um ihre Crew, ohne Frage! Doch noch nie hatte sie ihre Kameraden in Anzügen gesehen. Jeder von ihnen war ihn edlen weißen Zwirn gehüllt, ganz individuell, mit ihren ganz persönlichen Farbakzenten. Beckman trug ein blaues Hemd, dessen Kragen lässig offen hing und unter einer Weste verschwand, Yasopp stellte ein ähnliches Ensemble zur Schau, statt der Weste jedoch eine Krawatte um den Hals geworfen, wodurch der dunkle lila Stoff seines Hemds noch mehr zu leuchten schien, Lou hatte ein grünes Einstecktuch aus seiner Brusttasche florieren, farblich passend zu seiner Fliege und Beanie erstrahlte förmlich in einem Traum aus Magenta. Kiara überflog auch die Outfits der anderen anerkennend, bis ihre Augen den krönenden Abschluss der Besatzung einfingen. Eine weiße, fast cremefarbige, Nadelstreifenweste hielt das weit geöffnete rote Seidenhemd des Kapitäns im Zaum, und gewährte genügend Einblicke auf seine stolz geschwellte Brust, über welcher eine goldene Kette baumelte. Einem Mafiaboss ähnlich, hing ein ebenso roter feiner Schal von seinen Schultern, über welcher ein schwerer langer Mantel lag. Ausnahmsweise besohlte ihn keine abgelatschten Sandalen, sondern festes, flaches Schuhwerk – auch wenn er sich die Freiheit nahm sie recht locker und ohne Socken zu tragen. Verlegen wandte Kiara den Blick ab, bevor sie ihn vor versammelter Mannschaft zu lange anzustarren wagte. Shanks hob mit seinem Daumen die rötlich getönten Brillengläser über seine Augen, um die Piratin weitaus offensichtlicher und wertschätzender zu mustern. „Wow!“, stieß er gedehnt aus. „Sowas hättest du schon viel früher mal tragen können.“ Kiara presste die Lippen zu einem zweifelhaften Lächeln. „Ach. Und zu welchem Anlass?“, fragte sie ungerührt nach. „Tja, Boss, da musst du sie wohl mal öfter schick ausführen“, tönte Yasopp und grinste unverhohlen. Der Kapitän und sie in einem teuren Lokal? Nicht unbedingt eine Umgebung, in der sie sich ungezwungen und wohlfühlen konnten. Da mussten sich beide zugestehen, dass eine Feier mit Lagerfeuer am Strand die bessere Wahl darstellte. „Wir können ja heute mal sehen, wie sich das anfühlt“, meinte Shanks gelassen und bot Kiara seinen Arm an. Halb stolpernd trat sie an ihn heran und hakte sich bei ihm unter. Erstaunt stellte sie fest, dass ihre Rottöne sich haargenau glichen. Das musste doch pure Absicht gewesen sein! Es war nahezu unmöglich den exakt gleichen Rotton über verschiedene Kleidungsstücke zu kombinieren. Aber wenn diese Outfits Spezialanfertigungen waren, woher hatte man ihre Maße gekannt?! Mit Genugtuung betrachtete Shanks seine adrette Begleitung. Rasch neigte er den Kopf zu ihr hinab und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Die perfekte Größe“, kommentierte er mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. Kiara errötete bis zu den Ohrspitzen. „Doch nicht vor allen Leuten“, presste sie beschämt zwischen den Zähnen hervor. Baccarat schlug entzückt die Hände zusammen. „Na wenn das mal kein Anblick ist! Und? Seid ihr bereit euch ins Getümmel zu stürzen?“ Sie ging hinüber zum glänzenden Vehikel und öffnete den Laderaum an der Rückseite. Hervor zog sie einen Aktenkoffer und klappte ihn mit einer ausladenden Geste auf, damit alle Anwesenden die sorgfältig im Inneren aufgereihten kreisrunden Chips bestaunen konnten. „Hier habe ich noch ein Willkommensgeschenk! Ein Startkapital von dreihundert Millionen Berry, als Geschenk des Hauses! Fangt etwas damit an und viel Glück!“ Skeptisch führte Kiara den kühlen Löffel zu ihren Lippen und aß die unbekannte, beige Substanz. Im ersten Moment erinnerte es sie daran, wie sie zum ersten Mal Schnee probiert hatte, und sie verzog das Gesicht. Doch dann bemerkte sie, dass es viel weicher und cremiger war – und, im Gegensatz zu dem, was sie erwartet hatte, tatsächlich einen Geschmack hatte! Und was für ein Geschmack. Eine himmlische, kalte Süße breitete sich in ihrem Mund aus. Kiara hob die Hand vor den Mund und stöhnte hingebungsvoll in den höchsten Tönen auf. Es zerging ihr kalt auf der Zunge, das süße Karamell mit der leichten salzigen Note. Begeistert nahm sie den nächsten Löffel, dieses Mal mit etwas von der brauen Schokosoße und dem warmen Kuchenteig. Dieses Mal fiepte sie noch lauter und warf den Kopf in den Nacken. Ihre Füße zappelten verzückt auf und ab. Das erntete ihr einige vielsagende Blicke, doch hatte sie keine Muße daran auch nur einen Gedanken zu verschwenden. Viel lieber wollte sie das Zusammenspiel aus warm und kalt, der verschiedenen Texturen und all die Süße in ihrem Mund vollkommen genießen. „Lecker?“, hakte Shanks besonnen nach, ein breites Grinsen auf den Lippen und konnte sich an der Freude und Ekstase in Kiaras Gesicht gar nicht sattsehen. Glückselig schluckte sie den Happen herunter, nachdem sie ihn so gut sie konnte ausgekostet hatte, und atmete mit einem hellen Seufzen aus. „Oh mein Gott!“, quietschte sie, die Laute gedämpft von ihrer zur Faust geballten Hand, welche sie erneut gegen ihre Lippen presste. „Wie kann etwas so gut schmecken?!“ Gelassen lehnte sich Shanks nach vorne und stützte den Kopf auf seiner Hand ab. Vor ihm stand lediglich ein großer Krug randvoll gefüllt mit Bier, da er seit seiner Jugend kein großes Bedürfnis mehr nach Desserts hatte. Doch sein Getränk war bislang unangetastet geblieben, das Spektakel an Emotionen vor seinen Augen zu einnehmend, um etwas davon zu verpassen. Die Speisen im Capital Grille waren allesamt hervorragend und beide hatten sich die Bäuche ordentlich mit Muschelsuppe, Hummer, Steak und Fischfilet vollgeschlagen. Trotzdem empfahl Shanks seiner Begleitung wärmstens, noch einen Nachtisch zu bestellen. Bei seinem Besuch der karibischen Inseln, wurde Shanks bewusst, wie altmodisch die Menschen dort lebten. Er verstand nicht viel von Technik, doch selbst sein Schiff besaß fließendes Wasser, eine Therme und Elektrizität für die Küche. Diese Grundausstattung fanden sich nicht einmal in den großen Villen der Gouverneure wieder. Nahrung musste daher immer frisch zubereitet oder durch spezielle Verarbeitung oder Einlagerungstechniken vor dem Verderben geschützt werden. Echte Kälte kannte man dort gar nicht, keine Eiszapfen, keinen Schnee und vor allem keinen Luxus wie Eiscreme. Große blaue Augen funkelten die kunstvolle Schale, in welcher sich Brownie, Keksteig, Karamelleiscreme, Sahne und Schokoladensoße zu einem Berg anhäuften begierig an. Sie tauchte den Löffel erneut in die weiche Masse und schaufelte eine köstliche Mischung heraus. Dann machte sich Verzweiflung in ihrem Gesicht breit. Sie seufzte angespannt. „Das schaffe ich niemals.“ Immerhin war die Portion beinahe halb so groß wie ihr Kopf. „Möchtest du, dass ich dir helfe?“, bot Shanks verständnisvoll an. „Am liebsten würde ich es alleine vertilgen.“ Ihre Augen konnte sich endlich vom Anblick des Süßkrambergs losreißen. Sie hob den Kopf und sah ihn nüchtern an. „Aber ja. Bitte.“ Ein gutherziges Lachen entwich seinen Lippen. Dann beugte er sich zu ihr über den Tisch und öffnete demonstrativ den Mund. Perplex blinzelte Kiara ihn an, der Löffel unschlüssig in ihrer Hand verharrend. „Dein Ernst?“ Shanks zuckte unbekümmert mit den Schultern. „Wir könnten auch um mehr Besteck bitten, aber…“ Er ließ den Satz unbeendet. Belustigt schüttelte Kiara den Kopf und steckte sich den Löffel in ihren eigenen Mund. Doch noch ehe sich Shanks, seine Enttäuschung überspielend, wieder zurücklehnen konnte, führte sie den nächsten gehäuften Bissen in seine Richtung. Er strahlte regelrecht, als er sich von ihr füttern ließ. Auch Kiara lächelte, wenn auch weitaus verlegener, und winkte einen Kellner an ihren Tisch heran, um nach einem weiteren Löffel zu fragen. Kapitel 7: Crux --------------- Mit leisem Knarzen gab die Matratze eines Gasthauszimmers unter dem Gewicht der zwei Piratinnen nach. Kiara konnte sich kaum erklären, wie es zu dieser Entwicklung des Abends gekommen war. Sie hatte gemeinsam mit dem Rest der Crew in einer Taverne gesessen und die regionalen Gerichte und Gebräue verköstigt, als eine weitere Piratenbande die Lokalität betrat und für ordentlich Trubel sorgte. Nicht, weil es etwa zu Auseinandersetzungen geführt hatte, oh nein – die Party wurde einfach nur noch größer und lauter. Die umwerfende Kapitänin hatte sich ausgerechnet zur jungen Piratin gesetzt und sie auf einen Drink eingeladen. In kürzester Zeit hatte die Kapitänin, welche sich als Beidou vorstellte, Kiara in ihren Bann gezogen. Die Blicke, welche sie ihr zuwarf, wie sie sich interessiert zu ihr beugte und die federleichten Berührungen – ihre Absichten lagen klar auf der Hand. Kiara hatte sich noch nie zu jemandem auf Anhieb so hingezogen gefühlt, und doch schaffte es diese Frau beinahe mühelos Kiara aus ihrer Hand fressen zu lassen. Behandschuhte Finger streiften Kiaras Kiefer und dirigierten ihren Kopf hinauf. Ehrfürchtig blickte Kiara vom Rand der Matratze zur Piratenkapitänin auf und kam nicht herum, ihre Schönheit zu bewundern. Die seidenen brünetten Haare, welche ihr elegant über die Schultern fielen, ihr perfektes Make-up, welche ihre Gesichtszüge betonte, die leichte Röte auf ihren Wangen, der filigrane Schmuck, der sie schmückte… Bevor Kiara ein Wort hervorbringen konnte, legten sich Beidous weiche Lippen auf ihre. Kiaras Augenlider schlossen sich flatternd während sie die sanfte Berührung erwiderte. Es war beinahe nur ein Hauch und machte Lust auf mehr. Innerlich schrie Kiaras Verstand danach ihr zu folgen, ihre Distanz augenblicklich zu überbrücken, sie an sich zu drücken und nie wieder loszulassen. Stattdessen seufzte sie zitternd und hakte ihre Fingerspitzen in den roten Stoff an Beidous Hüfte, damit sie nicht auf die Idee kam, sich auch nur einen Schritt von ihr entfernen zu müssen. Kiara spürte, wie die Kapitänin gegen ihre Lippen lächelte. Beidou verlagerte ihr Gewicht und kniete sich weiter auf das Bett. Vorsichtig ließ sich Kiara auf den Rücken sinken und schloss Beidou in eine zaghafte Umarmung. Die weichen Lippen wanderten weiter über ihren Kiefer hinauf zu ihrem Ohr mit dem Rubinstecker. Kiara fühlte angenehme Schauer durch ihren Körper wandern. „Hast du schonmal mit einer Frau geschlafen?“, raunte Beidou an ihrer Ohrmuschel, ehe sie ihren Blick anhob um Kiaras Antwort abzuwarten. Diese schüttelte schüchtern ihren Kopf. Beidou zuckte gleichgültig mit der Schulter, verkündete „Es gibt für alles ein erstes Mal“ und fuhr mit ihrer zärtlichen Liebkosung fort. Mit Fingerspitzen strich Kiara über Beidous Rücken, auf der Suche nach freiliegender Haut unter den seidenen Haarsträhnen. Spielerisch zupfte die Kapitänin an den Bändern von Kiaras Hemd und weitete ihren Ausschnitt Stück für Stück. Geschmeidig ließ sich Beidou in Kiaras Schoß nieder und zog sie zurück in eine Sitzposition, um ihr das lästige Kleidungsstück über den Kopf zu streichen und achtlos zu Boden zu werfen. Es war für Beidou nicht überraschend, darunter keinen BH vorzufinden, da dieser offensichtlich nicht benötigt wurde. Jedoch schien das der jungen Piratin eine Idee zu geben, wie sie sich nützlich machen konnte und so glitten schmale Hände an Beidous Taille hinauf zu ihren Brüsten. Unschuldig und ungeübt ergriff Kiara den üppigen Vorbau und es war ein leichtes in ihrem Gesicht die Faszination von dem neuartigen Gefühl abzulesen. Sanft wog sie das fremde Gewicht in ihren Handflächen und neigte ihr Gesicht zu den weichen Wogen. Experimentell hauchte sie einen Kuss auf eine Brust. Der nächste folgte zugleich und alsbald verteilte Kiara mal sanftere, mal längere Küsse auf Beidous freiliegender Haut. Die Kapitänin ließ gerade entspannt die Schultern sinken, als sie ein Knacken und Knarzen an der Tür vernahm. In Windeseile ergriff sie ihren mächtigen Zweihänder, welcher an der Wand neben ihr lehnte, und richtete ihn bedrohlich auf den Störenfried im Türrahmen. Die Attacke, welche als Warnung diente, prallte unbeachtet am Arm des rothaarigen Piraten ab. „Es ist unhöflich, einfach ungefragt reinzuplatzen“, zischte Beidou mit bösem Funkeln im Auge. „Verzeihung, ich habe mich wohl im Zimmer geirrt“, bemerkte der Piratenkaiser und inspizierte das Treiben vor sich unverhohlen. Er machte keinerlei Anstalten die Räumlichkeiten zu verlassen und grinste stattdessen besonders die junge Piratin auf dem Bett an. „Was zur Hölle, Shanks?!“, stieß Kiara genervt aus und bedeckte eher halbherzig ihren nackten Oberkörper. „Du kennst den Kerl?“, fragte Beidou, ohne die Waffe auch nur Ansatzweise zu senken. „Ja. Er ist mein Boss. Mein Käpt’n“, entgegnete Kiara nüchtern. Sie glaubte seiner Ausrede kein Wort. Er hatte das Zimmer absichtlich aufgesucht, weil er mit seinem Observations-Haki spürte, was genau hier vor sich ging. „Du gehörst auch zu ihm?“ „Klar. Was dachtest du denn?“ „Oh. Ach nichts.“ Der Zweihänder wanderte bedacht wieder an seinen Platz an der Wand. „Und jetzt? Hast du vor die ganze Nacht im Türrahmen zu stehen?“, fragte Beidou an Shanks gewandt. „Wir sind ein wenig beschäftigt“, fügte sie hinzu. „Das ist mir nicht entgangen.“ Ein schelmisches Grinsen zog sich über die Lippen des Rothaarigen. „Wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich mich gerne zu euch gesellen.“ Skeptisch wandte Beidou den Blick zu ihrer Partnerin. Diese zuckte lasch mit den Schultern, als hätte sie diese Anfrage bereits erwartet. „Ich schlaf eh mit ihm. Mir ist das gleich.“ „Ich sehe, du hast einen sehr ausgefallenen Typ“, bemerkte Shanks weiterhin grinsend und tippe sich an die markanten drei langen Narben in seinem Gesicht. Zweifelsohne spielte er damit auf Beidous mit rotem Tuch verhüllte linke Auge an. „Oder vielleicht stehe ich auf Piratenkapitäne“, schoss Kiara zurück und streckte ihm die Zunge entgegen. Prompt ergriff Beidou Kiaras Kiefer und dirigierte ihren Blick erneut zu sich. Einem Spannungsbogen gleich, neigte sie sich langsam zur jungen Piratin und streifte ihre ausgestreckte Zunge mit der eigenen. Sie vertiefte ihre Zuwendung in einen ausgiebigen Kuss, welcher Kiara den Atem raubte. Mit einem abschließenden, sehnsuchtsvollen Knabbern an ihrer Oberlippe löste sich Beidou von ihr. Dann wandte sie sich dem anderen Kapitän zu, der die kleine Showeinlage offenkundig wertschätzte. „Du kannst es dir auf dem Sessel bequem machen“, beorderte sie ihn. Eine Anweisung, der Shanks nur zu gerne nachgab, nachdem er die Tür achtsam hinter sich geschlossen hatte. Die Situation zu realisieren reichte aus um Kiara alle möglichen Schauer durch den Körper zu jagen. Sie hatte nicht erwartet, dass der Abend sich so entwickeln würde. Und dass es sie so heiß machte. Sie wollte auch überhaupt nicht darüber nachdenken. Es geschah – und es gefiel ihr. Das war das einzig wichtige im Moment. Mit einer fließenden Bewegung erhob sich Beidou und trat um das Bett herum, um es sich anschließend selbst auf der Matratze gemütlich zu machen. Nebenbei streifte sie sich auf dem kurzen Weg die schwarze Shorts von den Hüften, sodass nur noch der lange, rote Stoff ihres Oberteils ihre unteren Regionen bedeckten. Lasziv bettete Beidou den Oberkörper in die Kissen, ohne dabei jemals den Blick von Kiara abzuwenden. „Dann zeig mir doch mal, wie geschickt du mit deiner Zunge bist.“ Kapitel 8: Schwerenöter ----------------------- „Jetzt seht euch nur mal diesen Schwerenöter an“, tönte Yasopp, die Augen auf seinen Kapitän gerichtet, welcher umringt von hübschen Frauen an einem Tisch in der Ecke der Taverne saß und sich ungeniert von der weiblichen Gesellschaft bespaßen ließ. Die anderen Crewmitglieder sahen von ihrem Kartenspiel auf und würdigten dem Szenario nur einen kurzen, aufmerksamen Blick, ehe sie müde mit den Schultern zuckten und sich wieder ihrer Partie zuwandten. Ein gewohnter Zustand. Der Rothaarige konnte doch nicht guten Gewissens die Aufmerksamkeit der Damenwelt ausschlagen. Die Blonde zu seiner Rechten hatte die Arme locker um den seinen geschlungen und schmiegte verträumt die Wange an seine Schulter. Die Schwarzhaarige zu seiner Linken schenkte ihm frischen warmen Sake nach, bis der kleine Keramikbecher bis zum Rand gefüllt war. Ihm gegenüber saß ein Zwillingspärchen, welches an seinen Lippen hing, während er überspitzte Geschichten seiner bisherigen Abenteuer zum Besten gab. Die Hoffnung von allen an diesem Tisch war, dass er mindestens eine diese Nacht noch mit zu sich nehmen würde. „Er ist eben ein Charmeur. Und ein verdammt guter dazu. Ich kann es ihnen nicht verdenken“, murmelte Kiara und legte ihre Karo Sieben auf den Stapel. Yasopp zog skeptisch eine Augenbraue nach oben und er beäugte die Piratin ihm gegenüber. „Und dich stört das wirklich überhaupt nicht?“ Es ging reihum weiter, eine Pik Sieben folgte, darauf ein passender Bube. „So direkt vor deiner Nase?“ „Ich weiß, mich wird es stören nachher alleine im Bett zu liegen. Aber wenn er darauf Bock hat, soll er doch machen? Bei mir ist diese Woche eh… schlecht.“ „Ah“, gab Yasopp kurz angebunden von sich. Er konnte sich denken, worauf sie anspielte. „Wenn’de nich‘ schlafen kannst, ick hab noch Platz!“, grinste ihr Kamerad und stieß ihr neckisch mit dem Ellbogen in die Seite. „Zu zweit in einer Hängematte ist, glaub ich, nicht bequem. Und Beanie, hör auf mir in die Karten zu gucken!“ Der Piratenkaiser genoss die heitere Gesellschaft, die ihm zuteilwurde. Die Damen nahmen jede Möglichkeit wahr um Körperkontakt aufzubauen. Ein Anlehnen hier, ein Streichen da, ob die raue Haut seiner Hand oder die angespannten Muskeln seines Armes. Es war eine leichtherzige Bespaßung, aber sie war ihm heute sehr willkommen. Und die Aussicht auf den weiteren Verlauf des Abends konnte sich sehen lassen. „Was meint ihr, nimmt er sie alle vier mit?“, murmelte Snake neugierig und besah sich die wohlwollende Runde am runden Tisch, die inzwischen deutlich näher an den Kapitän gerutscht war. Kiara lachte spöttisch auf. „Kann er machen, aber dann sind die Mädels mehr miteinander beschäftigt, als er da hinterherkommen könnte. Selbst mit zwei Armen hätte er nicht mal nicht genügend Gliedmaßen für einen Dreier.“ Yasopp sah die Piratin erstaunt an. „Frech!“ Sie hob unschuldig die Schultern. „Aber die Wahrheit.“ Kiara prüfte ihr Blatt und zog dann widerwillig eine Karte vom Stapel. Das Glück war ihr hold und so legte sie die neue Karte direkt auf den wilden Haufen in der Mitte. Anschließend warf sie ebenfalls einen abschätzenden Blick in die Ecke aus welcher nun glockenhelles Lachen erklang. „Ich sag, die Zwillinge gehen nicht mit.“ Lautes Entrüsten kam von ihren Mitspielern. „Aber es sind Zwillinge!“ „Die sind den ganzen Abend schon außen vor. Anastasia und Melinda hängen sich voll rein“, erklärte Kiara, welche, zugegebenermaßen, die feucht-fröhliche Gruppe bereits öfter aus den Augenwinkeln beobachtet hatte. „Kennste die etwa?“, fragte Beanie überrascht und bediente sich ebenfalls vom Kartenstapel. „Nein, ich denke mir nur gerne Namen aus.“ Sie warf ihr letztes Ass auf die Tischplatte. „Gewonnen!“ Snake leerte seinen Humpen in großen Zügen und knallte ihn anschließend mit Genugtuung auf den Tisch. „So! Um wie viel wollen wir wetten, dass Kiara es nicht schafft, dafür zu sorgen, dass der Boss stattdessen mit ihr heute Abend die Bar verlässt?“ Die ernannte Wetteilnehmerin hob unbeeindruckt die Augenbrauen. „Und wie ich das schaffen würde. In nur fünf Minuten.“ Sie hatte bereits genügend Alkohol intus, um sich unbedarft auf jegliche Späße der Crew einzulassen. Yasopp schüttelte hinter vorgehaltenem Krug den Kopf. „Vorbei sind die Zeiten, als Kiara noch zurückhaltend, unschuldig und naiv war.“ Sein Schmunzeln verbarg er geschickt mithilfe des Getränks. „Die Frage ist doch eher, wie viel gebt ihr als Wetteinsatz?“, bemerkte Kiara argwöhnisch. Sie lehnte sich vor und verschränkte die Arme auf dem Tisch, dabei sah sie erwartungsvoll in die Runde. „Ich infiltriere den Harem doch nicht für ein Schulterklopfen.“ „Biste etwa knapp bei Kasse?“, stichelte Beanie. Sie wog abschätzend den Kopf. „Meine Stiefel fallen langsam auseinander und ich könnte neue gebrauchen.“ „Zehntausend Berry“, bot Snake. „Sie sollen möglich lange halten.“ „Fünfundzwanzigtausend Berry“, erhöhte Yasopp. „Ick geh‘ mit.“ Ein zufriedenes Lächeln zog an Kiaras Mundwinkeln. „Einverstanden.“ Genüsslich leerte Shanks den nächsten bis zum Rand gefüllten Becher Sake. Dabei legte er den Kopf in den Nacken und blickte genau im richtigen Moment nach oben, um aus den Augenwinkeln zu sehen, wie sich ihm eine weitere bildhübsche Gestalt von hinten näherte. Grazil ließ sie ihre filigranen Hände über seinen Oberkörper streicheln, bedacht darauf seiner freiliegenden Brust möglichst viel Aufmerksamkeit zu widmen. „Guten Abend, die Damen“, säuselte die ihm bekannte Stimme über seinem Kopf. Und dann, gefährlich nah an seinem Ohr: „Hey. Ich vermisse dich den ganzen Abend schon.“ Ein angenehmer Schauer wanderte den Rücken des Piratenkapitäns hinab und sein erster Impuls verlangte, sie für einen heißhungrigen Kuss an sich zu ziehen. Doch Shanks hielt inne und hob stattdessen skeptisch eine Augenbraue. Würden sie sich auf der Red Force befinden, hätte der Flirtversuch seiner Piratin zweifelslos gefruchtet. Wenn sie unter sich waren, handelte sie wie es ihr beliebte. Unter der Crew machte sie keine Anstalten mehr, ein bestimmtes, professionelles Image zu bewahren. In aller Öffentlichkeit hingegen vermied sie ein solches Verhalten für gewöhnlich. Außer wenn sie sehr betrunken und müde war, dann konnte sie sich kaum weniger darum scheren, was andere von ihr dachten. Doch keiner der beiden Zustände traf derzeit zu, dessen war er sich sicher. Shanks brauchte kein Haki um die gespannten Blicke von einem Tisch zu seiner Linken wahrzunehmen. Das unverhohlene Kichern aus der Richtung sprach Bände. Hier war etwas faul. Er lehnte sich zur Seite und wandte den Kopf um die Piratin anzusehen. „Ah, Kiara, schön, dass du dazu stößt. Darf ich vorstellen? Das sind Scarlet, Rosemary, Faith und Grace.“ „Schön euch kennenzulernen“, nickte sie der Runde kurz freundlich zu, ehe sie Shanks wieder ihre volle Aufmerksamkeit widmete. „Du wirst ja richtig belagert heute“, schmunzelte sie. Strategisch malte sie mit den Fingerspitzen winzige Kreise auf eine Stelle, von der sie genau wusste, wie empfindlich er dort war. Ein Kribbeln fuhr durch Shanks‘ Glieder. „Ach, je mehr desto lustiger ist es doch. Möchtest du dich auch dazugesellen?“ Er lächelte seine Piratin sehnsuchtsvoll an und strich mit Zeigefinger und Daumen sanft über ihre Wange und ihr Kinn. Was sie konnte, konnte er schon lange. Und er liebte es ohnehin, sie zu ärgern. „Du kannst dich auf meinen Schoß setzen.“ Für einen winzigen Augenblick zog sie die Lippen an, ehe sie gelassen die Mundwinkel zu einem liebreizenden Lächeln kräuselte. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, was dies bedeutete: Seine Reaktion passte ihr nicht, auch wenn sie es zu überspielen versuchte. Nach einem tiefen Luftholen lehnte sie sich erneut zum Säuseln an sein Ohr. „Ich hatte gehofft, wir beide könnten noch etwas Zeit alleine verbringen.“ Er würde lügen, wenn er behauptete, ihn ließen ihre Verführungsversuche völlig kalt. An jedem anderen Abend hätte er ab diesem Zeitpunkt alles stehen und liegen gelassen, um sich vollstens ihren Bedürfnissen zu widmen. Womöglich hätte er sie kurzerhand über seine Schulter geworfen und sich für den Rest des Abends verabschiedet. Aber er wusste, dass sie ein Spiel mit ihm spielte und er sah nicht ein, sie einfach kampflos gewinnen zu lassen. „Der Abend ist doch noch jung. Hast du kein Interesse daran, die Mädels hier näher kennenzulernen?“ Er drehte sich leicht auf seinem Stuhl, um genügend Freiraum zu haben, Kiara die Hand in den Nacken zu legen. Federleicht begann er sie zu kraulen. „Scarlet hier beherrscht, laut ihrer eigenen Aussage, ganz hervorragend Französisch.“ Er legte eine bedeutungsvolle Pause ein. „Ich wette, du wüsstest ihre Talente ebenso zu schätzen.“ Mit Genugtuung beobachtete Shanks wie Kiaras Wangen allmählich einen roten Teint annahmen. Ein spitzbübisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Offenbar hatte sie seine Anspielung verstanden und den Köder gefressen. „Ich- wow.“ Sie wandte sich Scarlet zu, welche inzwischen etwas unfreiwillig Shanks’ Oberarm losgelassen hatte, aber nun eine vorteilhafte Sitzposition gefunden hatte, in welcher sie sich an den Tisch lehnen und ihre bemerkenswerte Oberweite zur Schau stellen konnte. Kiara schluckte leicht. „Tut mir leid, mein Französisch ist ein bisschen eingerostet.“ Die Blonde lachte sie zuckersüß an. „Das ist doch kein Problem. Übung macht den Meister!“ „Sie würde bestimmt mit dir üben. Vielleicht kann sie dir sogar noch etwas beibringen!“ Kiaras Finger verhakten sich in seinem Hemd und knüllten den weißen Stoff in ihren Händen. Musste sie sich etwa beherrschen? Er war gerne bereit ihre Fantasie noch etwas weiter anzufachen. „Oh und Rosemary spielt leidenschaftlich gerne Instrumente. Klavier, Gitarre, Geige, Harfe.“ „Klarinette“, fügte die Schwarzhaarige hinzu. „Und Klarinette! Sie spielt jedes Stück mit Leichtigkeit. Für ihre Fingerfertigkeit ist sie auf der ganzen Insel bekannt.“ Rosemary schenkte ihm erneut großzügig Alkohol nach. „Und für ihre Gastfreundschaftlichkeit.“ Kiara kaute nun deutlich sichtbar auf der Innenseite ihrer Unterlippe. „Das machst du mit Absicht“, wisperte sie angespannt. „Möchtest du raten, was Faith und Grace machen?“, fuhr er besonnen fort. Kiara seufzte tief. „Geräteturnen?“ Gerade wollte Shanks anerkennend nicken – tatsächlich wollte er auf ihre Beweglichkeit andeuten – da wurde er unterbrochen. „Hey, nicht schlecht!“, bemerkte die eine der beiden Zwillinge. „Es hat etwas mit Sport zu tun!“ Die Piratin lächelte verhalten. „Klar, mir ist eure Körperspannung aufgefallen. Und ihr seid gut gebaut – also – ihr habt all eure Muskelpartien gut aufgebaut.“ „Sie sind Synchronschwimmer und nehmen an hochrangingen sportlichen Wettbewerben teil“, informierte Shanks fachmännisch, als hätte er nicht selbst vor zwei Stunden noch gar nicht gewusst, dass eine solche Sportart überhaupt existierte. Nun war Kiaras Interesse doch geweckt, der kribbelnde Reiz im Nu vergessen und ihre Hände an Shanks‘ Hemd entkrampften sich. „Ach echt? Wie krass! Das heißt, ihr tanzt so gesehen im dreidimensionalen Raum! Das ist doch sicherlich ziemlich anstrengend, oder nicht?“ Die Zwillinge strahlten über die ehrliche, begeisterte Aufmerksamkeit, welche ihnen plötzlich zuteilwurde. „Am Anfang ja. Besonders, wenn einem plötzlich die Luft ausgeht!“ Sie lachten glockenhell. „Aber inzwischen haben wir lang genug dafür trainiert. Wir denken uns auch unsere eigenen Choreographien aus.“ „Voll cool!“, stieß Kiara aus und begegnete nun auch Scarlet und Rosemary mit gebürtigem Respekt. „Hey, ihr seid alle total talentiert und beschäftigt euch mit so verschiedenen, interessanten Sachen!“ Wenn sie eins zu schätzen wusste, dann eine leidenschaftliche Hingabe zu Kultur und Künsten. Scarlet sah erwartungsvoll zu der Piratin auf. „Und was machst du?“ „Sie ist meine Gouverneurin“, sprang Shanks hilfsbereit ein. „Oh, das heißt sie unterrichtet und kümmert sich um Kinder? Wie liebevoll!“, entgegnete Rosemary. „Äh, nein. Gouverneurin. Nicht Gouvernante“, korrigierte Kiara rasch. „Ich mache Verwaltungsarbeit.“ „Ach so! Dann musst du verdammt gut in deinem Job sein!“, bemerkte die Schwarzhaarige. Kiara blinzelte sie verwirrt an. „M-muss ich?“ „Stimmt! Schließlich ist das doch eine Crew aus den besten der Besten, nicht wahr?“, beschwichtigte Faith. Shanks nickte zustimmend. Das waren seine Worte gewesen. Die Piratin schlang voller Verlegenheit die Arme fester um den Oberkörper ihres Kapitäns, das Gesicht halb in seinem roten Schopf versteckend. „Nun – also, wenn das der Grund ist…?“ Shanks lächelte erst zuversichtlich in die Runde und dann über seine Schulter zu seiner rumdrucksenden Piratin. „Ich hatte jedenfalls noch nie einen Grund mich zu beschweren.“ Er mochte nur eine sachliche Wahrheit ausgesprochen haben, doch auch wenn sie keine überschwängliche Regung zeigte, spürte er, dass Kiara diese Aussage sehr glücklich machte. Zufrieden schmiegte er sich in ihre Umarmung, welche einen Hauch zärtlicher wurde. Kiara verharrte noch einen kurzen Moment mit Herzklopfen in dieser Position, bis sie sich mit frischem Eifer wieder zur Runde wandte. „Okay, Mädels, wie sieht’s aus? Die nächste Runde geht auf mich, was wollt ihr haben?“, strahlte sie die vier Damen an. Bevor Kiara sich komplett von ihm lösen und die Bestellung der Bar überbringen konnte, ergriff Shanks ihren Arm und zog sie noch einmal für einen kleinen Austausch zu sich. „Tut mir leid, dass du dein Spielchen verloren hast“, raunte er spitzbübisch in ihr Ohr. Ihr Lächeln wich keinen Millimeter, als er sie wieder ansah. „Dafür hab‘ ich etwas viel besseres gewonnen.“ Sie hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und ihre angenehme Umarmung und Wärme entschwanden vorerst. Kapitel 9: Hochzeitsfeier ------------------------- Es sollte ein fröhlicher Tag sein. Ein Anlass zum Feiern. Viele kleine, runde Tische zierten den Sandstrand, jeweils besetzt mit vier Stühlen auf welchen sich gut gelaunte Piraten tummelten und den nächsten Krug Grog herunterstürzten. Kerzen und Lampions schmückten und erhellten den ausgewählten Schauplatz am weiten, tiefblauen Meer. Die Sonne war beinahe gänzlich hinter dem Horizont verschwunden und tauchte den Himmel in die schönsten rosa und lila Farbtöne. Irgendwo am Rand wurde auf Instrumenten eine beschwingliche Melodie gespielt, nur leicht übertönt von dem Rauschen der Wellen. Und unter einem weißen, hohen Zelt am Kopf der Gesellschaft, saß das Brautpaar und genoss sichtlich den Abend, das Beisammensein und ihren frisch geknüpften Bund der Ehe. An einem der äußeren Tische saß eine braune Gestalt, beobachtete das Flackern des kleinen Teelichts vor ihr. Der Kopf wurde lustlos mit einer Fast an der Wange gestützt und ihr entwich ein tiefes Seufzen. Kiara warf dem glücklichen Paar einen Seitenblick zu. War sie neidisch? Nein, definitiv nicht. Eifersüchtig? Keineswegs. Aber irgendetwas zehrte an ihr und drückte beständig gegen ihre Brust, dass sie kaum atmen konnte. Oder wollte. Sie lief auf absoluter Sparflamme, gefangen in ihrer Trance, während um sie herum gefeiert wurde. „Kein Typ für Hochzeiten, was?“, kommentierte Yasopp, führte sein Getränk hinauf zu seinem Mund und beobachtete das Häufchen Elend aus den Augenwinkeln. „Vielleicht ist es auch nur einer dieser Tage“, murmelte Kiara. Freundlicherweise hatte der Schütze sich zu ihr gesetzt, damit sie nicht vollkommen alleine Trübsal blies. Sie war nicht um seine Gesellschaft erpicht, aber sie fand trotzdem Trost in seiner Anwesenheit. „Es ist nicht so, als ob sich irgendetwas großartig verändern würde“, bemerkte Yasopp ruhig. Dessen war sie sich durchaus bewusst. Ein Ring und ein Versprechen würden nichts ändern. Sie bliebe in ihrem Dorf und er kehrte auf das Meer zurück. Makino hatte weiterhin ihre Bar und in Bälde wohl ein kleines Mündel, um das sie sich kümmern würde und Shanks hatte sein Schiff, seine Crew und all die Erwartungen an einen Kaiser der Meere, die er erfüllen musste. „Warum dann?“, hörte sich Kiara sagen. „Hm?“, hakte ihr Tischnachbar nach. „Was ist der Sinn vom Heiraten?“ „Naja“, fing Yasopp langsam an, an seine eigene Hochzeit und Ehefrau zurückdenkend. „Es macht die Beziehung offiziell? Man zelebriert, dass man eine Person gefunden hat, die man so sehr liebt und vertraut, dass man sich bildlich gesprochen aneinanderbinden möchte.“ Er zog die Stirn in Falten und besah sich Kiara. „Deine Eltern sind doch auch verheiratet.“ „Und sie statuieren ein Exempel dafür, dass es keinerlei Bedeutung hat. Sie sind zwar ein Paar aber trotzdem getrennt.“ „Und doch miteinander verbunden.“ Er schnaufte. „So mürrisch habe ich dich sonst nie erlebt. Hast du denn gar keinen Sinn für Romantik?“ Kiara rollte mit den Augen. „Du solltest mich inzwischen gut genug kennen.“ Gutherziges Gelächter schallte vom Tisch des Brautpaares und zog Kiaras Aufmerksamkeit zu sich. Die beiden waren gerade in ein Gespräch mit Beckman verwickelt, worüber sie redeten konnte Kiara nicht heraushören. Makino strahlte förmlich, ihre dunklen Haare elegant geflochten und mit Blumen geschmückt. Sie sah einfach fantastisch in ihrem seidenen, weißen Hochzeitskleid aus, welches sanft in der warmen Brise flatterte. Shanks hingegen hatte die Zeremonie nicht zum Anlass genommen, sich besonders herauszuputzen. Dafür trug er allerdings eine mit Rosen gemusterte Stoffhose, welches sein übrigens Outfit zumindest ein bisschen aufwertete. Yasopp beugte sich zu Kiara über den Tisch und sah sie eindringlich von der Seite an. „Oder liegt es daran, dass du deinen Bund insgeheim schon geschlossen hast und dich nun von deinem Platz verdrängt fühlst?“ Kiara zog genervt die Augenbrauen zusammen. „Ich hab dir tausend mal gesagt, dass ich mich nicht auf einem Podest sehe und überhaupt kein Problem mit anderen Liebschaften habe.“ „Das eine sind nur flüchtige Bekanntschaften, die einzig der Bespaßung dienen. Das da ist Liebe.“ „Die er nicht für mich empfindet, das weiß ich auch schon ewig“, zischte Kiara zurück. Sie wusste schon lange, dass er diese tiefsten Gefühle nur für Makino hegte. Er war schon immer freigiebig mit seinen Zuwendungen und Aufmerksamkeiten gewesen. Kiara wusste, dass er sie zumindest sehr gerne mochte und unglaublich schätzte. Und das hatte ihr auch immer gereicht. „Und trotzdem hast du nie deinen Täuschungsehering abgenommen oder den Ohrstecker von ihm.“ Kiara betrachtete den Ring aus dem Augenwinkel, wie er so nah an ihrer Wange im Kerzenschein leicht funkelte. Sie war froh, dass er schlicht und ohne Verzierungen war, denn der Zahn der Zeit hatte ordentlich an ihm genagt und allerlei Gebrauchsspuren hinterlassen. Inzwischen war er matt und zerkratzt. Eine Politur würde ihm bestimmt wieder seinen Glanz zurückverleihen, doch Kiara sah keine Notwendigkeit darin. Sie trug den Ring nur noch aus reiner Gewohnheit. Oftmals vergaß sie, dass er überhaupt existierte. Es wurde ihr dann lediglich wieder bewusst, wenn sie die mit dem Ring wogegen schlug, wie etwa einen Fingerknöchel oder einen Zahn. Er erfüllte seinen Zweck, ihr Bewerber vom Hals zu halten und das reichte ihr. „Darf ein Pirat keinen Schmuck tragen?“, fragte sie halbherzig. „Der ist ja nicht einmal aus Silber“, erwiderte Yasopp ungerührt. „Weißt du, andere haben ihren Jolly Roger tätowiert, oder hier; Beanie trägt ihn auf seiner Mütze. Ich trage einen Ohrring. Er steht für die Crew. Nicht für ihn.“ „Und warum bist du dann so schlecht gelaunt?“ „Weil ich-!“ Sie atmete tief durch und fühlte wie sich ihr Magen zusammenzog. „Weil ich mir falsch vorkomme, wenn ich mich ihm gegenüber weiter wie vorher verhalte. Und ich es vermissen werde.“ „Ich glaube nicht, dass der Boss dagegen etwas einzuwenden hätte.“ „Und Makino?“, fuhr sie ihn an. „Nur weil sie es nicht mitbekommt, ist es kein betrügerisches Verhalten. Wie er damit umgeht, liiert zu sein, ist seine Sache. Aber Makino hat, soweit ich das weiß, keine Ahnung, wie das Verhältnis zwischen mir und Shanks ist und ich werde ihr das jetzt sicherlich nicht noch offenbaren, nur um sie dann zu fragen, ob es okay wäre weiter mit ihm rumzuschnackseln.“ Yasopp schnaufte und schüttelte beinahe beeindruckt den Kopf. „Für einen Piraten bist du ganz schön ehrlich.“ Er nahm einen weiteren Schluck aus seinem Krug. „Außerdem werde ich ihm das noch eine ganze Weile nachtragen, dass er eine Familie gründen will, nur um dann nicht da zu sein.“ Kiara presste ihre Lippen zusammen. „Ja, es ist das Sicherste sie nicht mitzunehmen und dass am besten niemand weiß, dass und von wem er der Vater ist…“ „Aber du fühlst dich auf persönlicher Ebene enttäuscht von dieser Entscheidung“, schloss Yasopp, dem sie bereits oft genug um die Ohren gehauen hat, dass sie Yasopps eigenes Verhalten furchtbar findet. „Ja!“, bestätigte Kiara und klang dabei verletzter, als sie wollte. „Ob wir noch eine Kabine für dich unter das Deck gezimmert kriegen?“, überlegte Yasopp laut. Und setzte dann mit einem spitzbübischen Grinsen hinzu: „Oder möchtest du dir mit jemand anderem das Bett teilen?“ Kiara schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Nein.“ Trotzdem ließ sie den Blick noch einmal über die Mannschaft schweifen. Beanie vertraute sie noch am meisten und er würde es ihr ohne Zweifel anbieten, bis sie ein eigenes Bett hätte. Sie könnte auch in einer Hängematte schlafen, solange sich diese irgendwo anbringen ließe. Und würde Beckman nicht nach Zigarettenqualm riechen— Kiara schüttelte vehement den Kopf und damit jegliche Gedankengänge ab. „Nein, wirklich nicht.“ Mit einem genugtuenden Stöhnen lehnte sich Yasopp an die Rückenlehne und streckte sich ausgiebig, um anschließend die Arme hinter seinem Kopf zu verschränken. „Tja. Wenn eine Ära zu Ende geht, beginnt eine neue.“ Auch Kiara richtete sich in ihrem Stuhl auf. „So ist es wohl. Dann wird es mal Zeit, dass ich dem Brautpaar ebenfalls gratuliere.“ Sie erhob sich und schob sorgfältig den Stuhl heran. Ihre nackten Füße gruben sich in den feinen, kühlen Sand. Bevor sie den Gang zum beleuchteten Zelt antrat, hielt sie noch einmal inne und sah zum Meisterschützen. „Und danke, Yasopp.“ Ein verständnisvolles Lächeln zeichnete sich auf seinen Mundwinkeln ab. „Jederzeit.“ Mit einer beinahe väterlichen Wärme in den Augen, beobachtete er, wie die Piratin ihren sandigen Weg bestritt und schließlich mit einem herzlichen Grinsen am Brauttisch zum Stehen kam. „Hey, Boss. Makino. Ich wünsche euch alles, alles Gute.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)