About Clowns and Heroes von RaoulVegas ================================================================================ Kapitel 3: Inner conflict ------------------------- 1 Gewissenhaft huschen seine grünen Augen hinter der violett verglasten Brille von einer Seite zur anderen, entdecken niemanden, um den sie sich Sorgen machen müssten, und dann tritt Edward Nigma aus dem Schatten auf die Straße. Mit schnellen Schritten setzt er seinen Weg fort. Der Rätselmeister will jetzt nur noch nach Hause, eine beruhigende Tasse Tee trinken und die Nacht dann endlich ausklingen lassen. Die Verhandlungen mit Oswald waren schwierig, doch der Rätselmeister konnte sich letztendlich doch durchsetzen, was seine Arbeit in den Narrows dank Pinguins Kontakten ein gutes Stück vorantreiben wird. Bis zum Sonnenaufgang sind es nur noch zwei Stunden, weshalb die Müdigkeit mittlerweile doch ziemlich an ihm zerrt. Seine Schusswunde ist inzwischen völlig verheilt, dennoch wird ihn wohl für den Rest seiner Tage eine kleine, fast kreisrunde Narbe daran erinnern, was bei diesem ersten alljährlichen Treffen der Super-Schurken passiert ist. Allerdings ist das beinahe schon nebensächlich, da ihm das ungeplante Aufeinandertreffen mit dem Joker weit mehr im Gedächtnis geblieben ist. Ungewollt gleitet ein unangenehmer Schauer seinen Rücken hinab, und wie aufs Stichwort juckt es tief unter der vernarbten Haut seiner Schussverletzung. Schon Shakespeare sagte: Ein Mann, der lächelt, immer nur lächelt, kann trotzdem ein Schurke sein, und Joker ist wohl der beste Beweis dafür, auch wenn sich Ed sicher ist, dass der Dramatiker ganz sicher nicht die Art von Lächeln gemeint hat, das der Grünhaarige mit sich herumträgt. Mit einem unterdrückten Knurren verdrängt er die Erinnerungen an den durchgeknallten Clown und läuft einfach stur weiter. Um sich abzulenken geht er in der Zwischenzeit gedanklich alles durch, was morgen Nacht ansteht. Sein Projekt in den Narrows nimmt immer mehr Form an und das ist gut. Allerdings hält es ihn auch ständig bis zur völligen Erschöpfung auf den Beinen, weil es sehr viel zu Planen, Koordinieren, Organisieren und Überwachen gibt. Wer hätte gedacht, dass hinter so etwas so viel Arbeit steckt, obwohl er gar nicht selbst Hand anlegen muss? Tja, nun weiß er es, aber es macht ihm nichts aus. Denken ist schließlich schon immer sein größtes Können gewesen, Planen ebenfalls. Es ist nur ein merkwürdiges Gefühl, seinen Kopf nicht für Rätsel oder verzwickte Fallen zu benutzen, die Batman in die Verzweiflung treiben sollen. Aber Denken bleibt dennoch Denken, und seinen Horizont mit neuen Herausforderungen und Richtungen zu erweitern, kann bekanntlich nie schaden. Rätsel werden ihn dennoch wohl immer bis ans Ende seines Lebens begleiten, dass lässt sich bei seinem geistigen Zustand gar nicht anders machen. Es behindert seine Arbeit jedoch nicht und das ist die Hauptsache. Außerdem verlassen sich die Leute darauf, dass er die bestmöglichen Entscheidungen trifft, und diese ihm auferlegte Verantwortung nimmt er, wie alles, was er anfängt und tut, sehr ernst. Und wer hätte schon gedacht, dass es ein so schönes, erfüllendes Gefühl ist, zu wissen, dass man gebraucht wird? Wirklich gebraucht! Seit sein Leben unweigerlich auf die schiefe Bahn geraten ist, hatte er so ein Gefühl nicht mehr, und auch vorher war es nie so unglaublich einnehmend und intensiv. Trotzdem gefällt es ihm. Als Mann ist es immer schön, wenn man eine richtige Aufgabe hat, bei der man sehen kann, wie langsam, aber sicher Früchte wachsen und man erkennen kann, dass man sie noch zu Lebzeiten ernten können wird. Dieses Gefühl hatte er in all der Zeit mit Batman nicht wirklich. Da es ihm nie danach trachtete, den Dunklen Ritter umzubringen, wie es all seine Kollegen unzweifelhaft vorhaben, gab es eigentlich auch kein wirkliches Ziel, das er verfolgen konnte. Ihm war stets nur daran gelegen, in Batman einen geistigen Rivalen zu finden, und diese Tatsache hat sich schon nach wenigen Auseinandersetzungen mit dem Maskierten mehr als bestätigt. Dennoch machte es ihm lange spaß, den anderen in die Verzweiflung zu treiben und zu sehen, wie auch er daran begann zu waschen. Dieser Spaß füllte ihn aber leider nicht so sehr aus, wie er gehofft hatte, erst recht, da der Rächer von Mal zu Mal weniger Geduld zu haben schien. Und so begann Ed sich zu fragen, welchen Sinn das Ganze denn dann noch hat, wenn er sich mühevoll die schwierigsten Rätsel für ihn einfallen lässt und Batman nichts anderes zu tun hat, als ihm schon gleich zur Begrüßung Prügel anzudrohen und so jeglichen Spaß im Keim zu ersticken. Inzwischen ist er daher unweigerlich zu dem Schluss gekommen, dass er Gotham also lange genug mit seinen Rätseln in Atem gehalten hat und Batman Dank der anderen Schurken auch gar nicht mehr wirklich die Zeit hat, in eine seiner sorgfältig ausgetüftelten Fallen zu tappen, was ihn schließlich in die Narrows trieb, wo er nun einer viel erfüllenderen Aufgabe nachgehen kann. Wo Menschen ihn brauchen, ihn sogar mögen – regelrecht verehren –, dieselbe Abneigung gegen den Dunklen Rächer empfinden, wie er selbst, und denen es vollkommen egal ist, was er vorher getan hat, da sie selbst nicht besser sind – die meisten von ihnen sogar sehr viel schlimmere Dinge getan haben, die Edward einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagen, wenn er nur daran denkt. Doch über so etwas steht er drüber, kümmert sich nicht um die Vergangenheit, sondern betrachtet nur die Zukunft, die er sich hier aufbauen und die das Leben all dieser armen Menschen hoffentlich retten und zum Besseren verändern wird. Der Brünette ahnt allerdings noch nicht, dass er heute Nacht ebenfalls noch auf jemanden trifft, der dringend auf seine Hilfe angewiesen ist und der sein haarklein durchgeplantes Leben gleichzeitig völlig auf den Kopf stellen wird... 2 Mittlerweile hat Edward sogar sein kleines Notizbuch hervorgeholt und schreibt all seine Gedanken sorgfältig nieder. Er ist so vertieft in seine Planungen, dass er gar nicht mehr auf seinen Weg achtet. Das ist ein Problem, dem er ziemlich häufig erliegt. Er steigert sich so sehr in sein Denken hinein, dass alles andere schlichtweg um ihn herum verschwindet. Leise vor sich hinmurmelnd merkt er so gar nicht, dass er an der falschen Kreuzung abbiegt und sich somit immer weiter von seinem Auto entfernt. Daher kommt es, wie es kommen muss und er kann eine schmerzhafte Kollision mit einer Laterne nur deswegen entgehen, weil zuerst sein Notizbuch gegen den Mast knallt. Überrascht zuckt er zusammen, blinzelt überfordert und tritt dann zwei Schritte zurück, um festzustellen, mit was er da beinahe zusammengestoßen wäre. Ungläubig betrachtet er die Laterne, die daraufhin in ein gereiztes Flackern zu verfallen scheint, als wolle sie ihn für seine Unaufmerksamkeit auch noch rügen. Mit wenig Hoffnung blickt er dann an dem Mast vorbei auf das nahestehende Straßenschild. Irritiert hebt sich seine Augenbraue und er stößt ein erschöpftes Seufzen aus. „Na, ganz klasse...“, lässt er verlauten, wenn er daran denkt, dass er jetzt acht Blocks zurücklaufen muss, um seinen Wagen zu erreichen. ‚Das hast du ja mal wieder super gemacht, du Genie! So kommen wir ja nie nach Hause...‘, erklingt plötzlich auch noch die genervte Stimme des Riddlers in seinem Kopf. Ed ist allerdings im Moment so gar nicht danach, sich mit seiner schlechten Hälfte anzulegen, weshalb er deren Worte einfach ignoriert. Mit einem weiteren Seufzen wendet er sich herum und steckt sein Notizbuch wieder weg, damit er nicht erneut abgelenkt wird. Stur setzt er anschließend zu seinem Rückweg an. Da er sich jetzt wieder völlig auf seinen Weg konzentriert, lässt er unweigerlich abermals den Blick nach allen Seiten wandern, um einer möglichen Gefahr so schnell wie möglich entgehen zu können. Was seine Augen im ersten Moment allerdings entdecken, wirkt nicht sonderlich gefährlich, dafür aber nicht minder erschreckend. Hecktisch sieht sich Nigma noch einmal nach allen Seiten um und betritt dann ganz vorsichtig die Gasse, die seine Aufmerksamkeit geweckt hat. Der rissige Beton unter seinen Füßen scheint regelrecht von Blut überschwemmt zu sein, weshalb er sich augenblicklich die Hände vor den Mund schlägt und ein Würgen zu unterdrücken versucht. Beim Anblick von Blut wird ihm grundsätzlich speiübel, solange es nicht sein eigenes ist. Schwankend tritt er daher ein paar Schritte zurück und lehnt sich an die herrlich kühle Backsteinwand in der Nähe. Hartnäckig versucht er dabei seinen Magen davon zu überzeugen, dass er sich jetzt doch bitte nicht überschlägt. Sehr angestrengt schluckt er, kann die Augen aber nicht von dem abwenden, was sich vor ihm befindet: der Joker! Heftig spürt er, wie die Welt vor ihm deutlich zu schwanken beginnt. So unglaublich viel Blut! All seine Bemühungen, sich nicht zu übergeben, helfen zwar irgendwie, dafür werden ihm nun aber die Knie weich. Langsam beginnt er an der Wand herab zu rutschen, verdreht unwillkürlich die Augen und verliert jegliche Kontrolle über seinen Körper. ‚Wag es ja nicht!‘, hört er den Riddler noch aufgebracht in seinen Gedanken aufschreien, dann wird er ohnmächtig. Die Glückseligkeit der allumfassenden Schwärze um sich herum, hält jedoch nicht lange an, dann jagt ein stechender Schmerz durch seinen pochenden Schädel. ‚Wach sofort wieder auf, du verdammter Vollidiot! Oder willst du, dass Batman um die Ecke geschneit kommt und dich wieder zurück nach Arkham bringt? Dir auch noch ordentlich die Fresse poliert, weil du neulich ausgebrochen bist und dabei das Sicherheitssystem der Anstalt lahmgelegt hast, sodass es jetzt immer noch nicht wieder richtig funktioniert?‘, harscht seine schlechtere Hälft so nachdrücklich in seinen Gedanken, als würde jemand Ed die geballte Faust gegen den Kopf schlagen. Stöhnend und erschrocken reißt er daher die Augen auf und kommt ruckartig wieder zu sich. Sein erster Blick fällt jedoch abermals auf den Joker, was ihn hilflos wimmern lässt. Es besteht gar kein Zweifel, dass all das Blut zu dem kleinen Clown gehört. Doch was, in aller Welt, ist ihm nur passiert? Wer konnte ihn so zurichten? Beim besten Willen fällt Ed niemand ein, der dafür infrage kommen könnte, erst recht nicht nachdem, was der Grünhaarige alles in der Iceberg Lounge angerichtet hatte. Wie spielend leicht es ihm sogar gelungen war, selbst Bane und Killer Croc auszuknocken, als wären die beiden keine muskelbepackten Riesen. Von daher muss der Kampf, den der Bengel durchlebt hat, sehr heftig gewesen sein. Der Brünette will sich das gar nicht weiter vorstellen, doch sein Blick klebt förmlich an dem schwer zugerichteten Körper des Kleineren. „Um Gottes willen...“, bringt Edward nun wieder würgend hervor und versucht sich irgendwie zu beruhigen, um nicht abermals ohnmächtig zu werden. Zumindest in diesem Fall kann er seiner schlechteren Hälft ausnahmsweise einmal zustimmen. Er sollte hier also lieber verschwinden, und zwar schnell! Nein, halt! Das ist doch gar nicht sein eigener Gedanke, sondern der des Riddlers. Diese überaus lästige Zecke versucht seinen angeschlagenen Zustand auszunutzen und schon wieder die Kontrolle zu übernehmen! Für gewöhnlich würde Ed ebenfalls den Gedanken an Flucht hegen, schon allein aus dem Grund, dass der Typ, der den Joker so zugerichtet hat, hier vielleicht noch irgendwo in der Nähe sein könnte, von Batman ganz zu schweigen. Aber wenn der Rätselmeister jetzt geht, könnte der junge Clown seinen Verletzungen erliegen und das würde unsagbares Chaos in der ganzen Stadt entfachen. Der Bengel hat – sehr wahrscheinlich ungewollt – unglaublich viele Anhänger in Gotham, die seinem zerstörerischen Treiben nacheifern und ihn so nur noch mehr anstacheln, da kann er noch so oft behaupten, dass alles nur ein Missgeschick war. Wenn der Grünhaarige also stirbt, sähen sich seine Anhänger dazu angestiftet, seinen Platz einzunehmen und die ganze Stadt in Schutt und Asche zu legen. Das darf auf keinen Fall passieren! Daher bleibt ihm nur eine Möglichkeit, das zu verhindern. ‚Er könnte sterben, wenn er nicht schnell Hilfe bekommt...‘, denkt Edward. Er fühlt sich erstaunt und zugleich irgendwie dumm bei diesem Gedanken. Er denkt selbstverständlich an professionelle Hilfe, daher die gegensätzlichen Gefühle. Er denkt völlig naiv – was sonst gar nicht seine Art ist – an Männer aus Arztserien im Fernsehen, die grüne Notarztkittel tragen, und Sachen sagen wie: Zehn Kubik Ephedrin, Schwester, schnell! Aber solche Männer sind nicht hier und sie werden auch nicht kommen, nicht für den Joker. Selbst wenn Ed einen anonymen Anruf, wie der Clown neulich in der Iceberg Lounge, machen würde, würde es dem Grünhaarigen nicht helfen. Und wenn tatsächlich jemand kommt, dann werden sie ihm nur Hilfe in Form einer Todesspritze verabreichen, um diesen alles vergiftenden Tumor endgültig von ihrer leidgeplagten Stadt loszulösen, halten ihn doch praktisch alle – abgesehen von den anderen Schurken vielleicht – für den ultimativen Verbrecher, der diese Stadt und deren Dunklen Ritter letztendlich in die Knie zwingen wird. Und so ist Ed wohl oder übel also ganz auf sich allein gestellt. Der Erste-Hilfe-Kurs, den er damals zur Fahrprüfung machen musste, scheint tausend Jahre zurückzuliegen und dass, obwohl er ihn regelmäßig hat auffrischen lassen, bis er anfing sich mit der Fledermaus anzulegen. Dennoch ist Nigma zuversichtlich. Das kommt auch daher, dass er sich seit dieser Zeit ziemlich weitergebildet hat. Gewisslich ist er kein Arzt, absolut nicht, aber seine Kenntnisse reichen inzwischen weit über ein normales Maß hinaus, auch wenn ihm beim Anblick von so viel Blut haltlos schlecht wird... 3 Ein kluger Kopf sagte einst: Der perfekte Schizophrene – wenn es so jemanden überhaupt gibt – wäre ein Mann (oder eine Frau), der sich seiner anderen Persönlichkeit(en) nicht nur nicht bewusst ist, sondern der darüber hinaus überhaupt nicht merkt, dass etwas in seinem Leben nicht stimmt. So jemand ist Edward Nigma nun wirklich nicht, denn er ist sich der Anwesenheit des Riddlers in seinem Geist mehr als bewusst, und lässt ihn auch oft die Führung übernehmen, da dieser Teil seiner Persönlichkeit um einiges direkter und insbesondere auch streitlustiger ist, und in ausweglosen Situationen stets einen kühleren Kopf bewahren kann. Edward glaubt jedoch, dass in jedem Mann ein zweiter Mann steckt. Ein Fremder, ein hinterhältiger Kerl, und bei ihm ist das halt der Riddler. Weshalb sich Ed oft mit ihm auseinandersetzen muss, ohne es zu wollen, da Riddler stets seinen Willen ihm gegenüber durchdrücken muss. So auch jetzt. ‚Lass ihn doch einfach verrecken, dann haben wir beide etwas davon, und der Rest dieser miserablen Stadt wird Edward Nigma endlich als ihren rechtmäßigen Herrscher anerkennen! Anders bringst du es doch sowieso zu nichts, du elender Schwächling!‘, tönt die Stimme des Riddlers gehässig in seinem pochenden Kopf und Ed schreckt heftig zusammen, als wäre er unvermittelt geschlagen worden. Die Stimme ist so kalt und unbarmherzig, dass es dem Brünetten einen überaus unangenehmen Schauer über den Rücken jagt. Wie, nur wie kann er, der von Natur aus sehr friedfertig, ruhig und ausgeglichen ist, nur eine so eiskalte und nahezu beängstigende Stimme in seinem Verstand beherbergen? Ein Rätsel, dessen Antwort ihn unzweifelhaft genauso verrückt machen könnte, wie es der bemitleidenswerte Clown vor ihm schon lange zu sein scheint. ‚Wenn ich ihm nicht helfe, wird die ganze Stadt im Chaos versinken, ist dir das denn nicht klar?‘, harscht er den Riddler gedanklich an. Im Gegensatz zu Two Face, der seine schizophrenen Selbstgespräche laut und offen heraus mit sich führt, spricht Ed stets nur im Gedanken mit seiner schlechteren Hälfte. Das rührt auch daher, dass er Riddler zwar in seinem Kopf beherbergt, sie aber nicht wie bei Harvey gleichberechtigt sind. An die Oberfläche und somit die Kontrolle über den Körper haben, kann immer nur einer von ihnen. Bei Two Face ist es genau umgekehrt. Seine beiden Persönlichkeiten sind gleichzeitig an der Oberfläche, weshalb sie auch laut miteinander sprechen und sich dabei abwechseln, als wären sie tatsächlich zwei wirklich existierende Personen, die nur durch einen dummen Unfall dazu verdammt sind, sich einen gemeinsamen Körper teilen zu müssen. Edward lässt seine schlechtere Hälfte allerdings nur sehr ungern nach vorn kommen, zumeist nur, wenn er nicht mehr weiterweiß. Das Positive am Riddler ist nämlich, dass er sowohl eine große Klappe hat als auch schrecklich feige ist. Somit garantiert er Ed in jedem Fall die Flucht. Meistens zumindest... Dass er ihn allerdings in der Iceberg Lounge praktisch völlig seinem Schicksal überlassen hat, kann er ihm so gar nicht verzeihen, weshalb er umso mehr angefressen ist, dass sich der Riddler jetzt wieder meldet. Für gewöhnlich platzt er ständig dazwischen, wenn ihm etwas nicht passt – und das scheint förmlich bei so gut wie allem zu sein, was Ed macht – und versucht alles an sich zu reißen. Und obwohl Riddler gefühlt noch mehr angst vor der Fledermaus als Edward selbst hat, lässt er es sich dennoch nicht nehmen, Batman stets bis zum Äußersten reizen zu wollen. Wahrscheinlich nur, um sein aufgeblähtes Ego zu streicheln und somit eine Flucht nicht als etwas Feiges darstellen zu müssen, was es eigentlich doch ist, wie Nigma findet – auch wenn er sehr froh ist, mit heiler Haut davonzukommen. Ist immerhin schon ziemlich mies, wenn man das ausbaden muss, was einem ein anderer aufgehalst hat... Nun allerdings will der Brünette so gar nicht flüchten, also muss er die Stimme in seinem Kopf dringend zum Schweigen bringen, ehe es Riddler gelingt, ihn gedanklich zu überwältigen und selbst die Führung zu übernehmen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan und Nigma weiß nie so ganz, wie es ihm letztendlich gelingt, doch Herr über sein Selbst zu bleiben. Sollte Ed allerdings abermals ohnmächtig werden, wäre das in jedem Fall die beste Möglichkeit, ihn auszutricksen und den Brünetten somit in den Hintergrund zu drängen. Also tief durchatmen und keine Schwäche mehr zulassen! ‚So ein Blödsinn! Chaos bricht in dieser verfluchten Stadt so oder so aus. Da ist es völlig schnuppe, ob dieser dämliche Bengel krepiert oder nicht! Es wäre allerdings sehr unvorteilhaft, wenn du dich da mit reinziehen lassen würdest, also verschwinde schleunigst von hier!‘, hält Riddler weiterhin dagegen. ‚Warum musst du immer so egoistisch sein?‘, will Nigma wissen. Inzwischen ist er so in das Gespräch mit seiner schlechteren Hälfte vertieft, dass sich seine Übelkeit fürs Erste gelegt hat. Nun starrt er nur noch verloren auf den reglosen Körper des Jungen, während er seine gedankliche Diskussion führt. ‚Hallo? Was soll denn diese dumme Frage? Wäre ich nicht egoistisch, hättest du schon lange ins Gras gebissen, Freundchen! Also beweg endlich mal deinen dürren Arsch, bevor ich richtig sauer werde! Oder hast du etwa vergessen, dass du nur wegen diesem gehirnamputierten Clown angeschossen wurdest? Fandest du das etwa so toll, dass du es noch einmal haben willst? Hat es dich vielleicht sogar geil gemacht, wie diese fette alte Wachtel ohne jegliche Art von Betäubung, von schwesterlicher Fürsorge oder auch nur Vorsicht mal ganz zu schweigen, dir eine Patrone entfernen wollte, die gar nicht da war, weil es ein verfluchter Durchschuss war und sie das erst nach einer gefühlten halben Stunde mitbekommen hat, obwohl du sie mehrfach darauf aufmerksam gemacht hast? Hat es dir das Höschen feucht gemacht, dass deine Schreie durch die ganze verdammte Anstalt gehallt sind, als hätte man dir ein Stromkabel an die verfluchten Eier gehalten und die anderen Insassen ausgelassen im Chor mitgesungen haben, wie ein paar notgeiler Katzen?‘ Ed mag ihm überhaupt nicht zuhören. Wo hat dieser Kerl nur seine schreckliche Ausdrucksweise her? Er selbst würde nie im Leben auch nur ansatzweise auf die Idee kommen, solche Sachen von sich zu geben, egal wie wütend er vielleicht auch sein mag. Wenn Edward das Wort Scheiße in den Mund nimmt, was eigentlich nie vorkommt, ist das praktisch schon das Höchste der Gefühle und der äußerste Ausdruck seines Zorns. ‚Nein, das will ich natürlich nicht noch einmal haben...‘, gibt er mit angewidert verzogenem Gesicht kleinlaut zurück. ‚Siehst du? Ich nämlich auch nicht, also los! Der Wagen steht nur ein paar Blocks von hier und du kannst noch vor Sonnenaufgang zu Hause sein, ohne dass dich einer sieht. Die Cops werden sich um den Bengel kümmern und dann bist du ihn ein für alle Mal los und kannst endlich mal etwas Vernünftiges machen, statt den guten Samariter in diesem Scheiß-Bezirk zu spielen.‘ ‚Aber...‘, setzt Ed wenig hoffnungsvoll an. ‚Nichts aber! Kannst du denn nich einmal auf das hören, was man dir sagt? Würde deine Mutter noch leben, würde sie dich jetzt übers Knie legen und dir solche Frechheiten aber mal so richtig austreiben!‘, höhnt der Riddler selbstgefällig. Unweigerlich zuckt der Brünette zusammen. Seine Mutter war eine strenge Frau, das stimmt. Aber sie hat nie die Hand gegen ihn erhoben, nicht einmal wenn sie sturzbetrunken war, was praktisch täglich der Fall war, nachdem Eds Vater mit seiner jungen Geliebten abgehauen ist. Und dennoch fühlt sich der Rätselmeister jetzt so, als hätte er schon eine Ohrfeige bekommen. Schuldbewusst senkt er den Blick und weiß nichts mehr mit sich anzufangen. Darauf hat Riddler sicher nur gewartet. In diesem Zustand ist Ed so beeinflussbar wie ein kleines Kind und seine schlechtere Hälfte kann dann ungehindert die Führung übernehmen. Er kann förmlich spüren, wie sich diese Zecke durch seine Hirnwindungen immer weiter vorarbeitet, um in sein Bewusstsein eindringen zu können. Nigma will sich damit aber nicht abfinden. Zu oft hat ihn Riddler schon in die Scheiße geritten, weil er irgendwelche wahnwitzigen Ideen hatte, denen Ed widerstandslos zustimmen musste, bis er unbewusst einen Weg fand, ihn zurückzudrängen. Es darf nicht wieder so weit kommen! Edward ist nicht auf die schiefe Bahn geraten, um sich ungehindert weiter herumschupsen zu lassen, wie es praktisch sein ganzes vorheriges Leben der Fall war. Er war immer ein sehr sensibles und schwächliches Kind gewesen, und nachdem seine Mutter mit dem Trinken angefangen hatte, hat sie stets über dieses Verhalten den Kopf geschüttelt und gemeint, er solle gefälligst die Zähne zusammenbeißen und ein Mann sein. Diese Worte haben ihm damals nie sonderlich viel geholfen, doch der Gedanke an seine Mutter wird auf einmal allumfassend, obwohl er seit ihrem Tod vor sieben Jahren praktisch nicht mehr an sie gedacht hat. Beinahe verzweifelt versucht er sich daher auf sie zu konzentrieren. Plötzlich flammt die Stimme dieser verhasst-geliebten Frau in seinem überforderten Kopf auf und verdrängt dabei gnädiger Weise und wie durch ein Wunder die fiese Stimme des Riddlers in ihm. ‚Gib deine Angst nicht auf, mein Junge, aber ergib dich ihr auch nicht. Sitz einfach still und versuche, ihr mit Vernunft beizukommen.‘ Oh, Gott allein weiß, wie oft er das schon versucht und es doch nie funktioniert hat. Doch diesmal ist es anders. Diesmal ist es nicht Batman, der ihm Prügel androht, und allein schon von der Vorstellung sein Herz stehenbleiben möchte. Nein, diesmal ist es der Joker und er braucht seine Hilfe. Warum genau er ihm so dringend helfen will, weiß er allerdings selbst nicht so richtig. Klar ist er davon überzeugt, dass beim Tod des durchgeknallten Clowns tatsächlich das völlige Chaos in Gotham ausbrechen wird, weil ein jeder dessen Position als Prinz und vermutlich zukünftiger Alleinherrscher in dieser schäbigen Stadt einnehmen will, doch warum sollte ihn das letztendlich kümmern? Schließlich ist er selbst ein Krimineller, der sich gern an der Spitze von alledem sehen würde – eigentlich nicht, eher ist es der Riddler in ihm, der Herrscher sein will – und würde im Chaos sicher nur Positives für sich finden. Aber dennoch ist dieser Zwang in ihm da und überwiegt seine Furcht sogar, was bedeutet, dass er seine Angst – zumindest für den Moment – tatsächlich unter Kontrolle hat und die Worte seiner Mutter – Gott sei dieser versoffenen und gefühllosen Hure gnädig – wirklich geholfen haben – vielleicht, weil sie noch aus einer Zeit stammen, als Ed noch klein und sie noch nicht ihrem Dauergeliebten dem Alkohol verfallen war, für den sie nicht nur ihren Körper sondern auch ihre Seele verkauft hatte, und Edward letztendlich gezwungen war, bei seiner Tante aufzuwachsen, die allerdings auch nicht viel mehr für ihn übrighatte... Dennoch beschwingt es sein Denken regelrecht. Erst recht, weil er seinen Kopf nun endlich wieder sein Eigen nennen darf. Oh, wie herrlich diese Friedlichkeit der eigenen Gedanken doch sein kann! Seufzend frönt er einen Augenblick der Stille in seinem pochenden Schädel, dann drückt er sich langsam von der Wand ab und tritt näher an den Clown heran. Nur allzu deutlich spürt er, wie ihn die Übelkeit dabei erneut zu überwältigen versucht. Oh, all das viele Blut! Man kann gar nicht hinsehen oder begreifen, wie so ein kleiner Körper nur so sehr bluten kann. Doch er muss! Und so nimmt er seinen neugewonnenen Mut zusammen und dreht den reglosen Clown dann ganz vorsichtig auf den Rücken herum. Und schon ist die zarte Knospe seines Mutes wieder dahin... 4 Mit fest auf den Mund gepresster Hand lässt Edward den Blick über Jokers Vorderseite wandern. Durch die Tatsache, dass er in seinem eigenen Blut gelegen hat, gibt es dort kaum eine Stelle, die nicht rotgefärbt ist. Sichtlich blass um die Nase versucht der Rätselmeister dennoch standhaft zu bleiben und sich den Schaden so genau wie möglich anzusehen. Der Junge ist übersäht mit Schnittwunden, Prellungen, Kratzern, wirkt, als wäre ein Raubtier über ihn hergefallen. Seine Nase ist stark zur linken Seite geneigt, was wohl bedeutet, dass sie gebrochen sein muss. Seine Augen sind dick zugeschwollen und schillern unter dem verschmierten Make-up deutlich purpurn. Seine Sachen sind löchrig, regelrecht zerfetzt und an den Stellen, an denen das Blut schon trocknen konnte, sind sie braun verfärbt und steif vor Dreck. Zudem trug der Bengel wohl Ohrstecker, allerdings ist jetzt nur noch einer davon da, während ihm der andere grob weggerissen worden sein muss, ist das zarte Läppchen doch in zwei Teile geteilt, wo einst der Schmuck gesteckt hat. Und das sind nur die Dinge, die der Brünette auf den ersten Blick feststellen kann. Vielleicht hat der Junge sogar innere Verletzungen, was die beachtliche Menge Blut besser erklären würde... Ganz langsam nimmt Nigma die Hand vom Mund und versucht dabei den regelrecht erstickenden Blutgestank in der Gasse zu verdrängen. Er atmet so flach wie möglich durch den Mund, und das hilft immerhin etwas. Leicht zittrig legt er dann zwei Finger an Jokers Hals und tastet nach dessen Puls. Für einen Moment glaubt der Rätselmeister schon, dass er zu spät gekommen ist und somit die furchtbare Diskussion mit dem Riddler völlig umsonst gewesen war. Dann zieht er jedoch die dünnen Stoffhandschuhe aus, die er immer trägt, und versucht es noch einmal. Nun wummert endlich ganz schwach die große Schlagader unter seinen Fingerspitzen und er stößt mit einer seltsamen Erleichterung die angehaltene Luft aus. „Stirb mir bloß nicht weg, du armer Irrer!“, bringt er seufzend hervor und ist dabei vom mitgenommenen Klang seiner eigenen Stimme nicht sonderlich überrascht. Okay, jetzt sollte es schnell gehen, solange noch Hoffnung besteht. Als Ed den Kopf hebt, um sich kurz umzusehen, fällt sein Blick unweigerlich auf das Auto unmittelbar vor ihnen. Es wäre auch schlichtweg unmöglich gewesen, diesen Wagen nicht zu sehen. Selbst in völliger Dunkelheit muss das Ding richtiggehend glühen, so neongrell ist es lackiert. Unzweifelhaft muss es sich dabei um Jokers Wagen handeln, das zeigt ihm allein schon das breite Clownsgrinsen auf der Motorhaube und der Schriftzug HA HA HA, der sich von der Tür bis zum hinteren Radkasten erstreckt. Der Lamborghini, als den Nigma ihn erkennen kann, ist so bunt, dass einem davon die Augen schmerzen – bei Tageslicht kann man den Wagen sicher überhaupt nicht anschauen, ohne blind zu werden. Die Farben sind Grün, Blau, Lila und Pink, alle regelrecht aggressiv neongrell, aber dennoch ansprechend über die gesamte Fläche des Wagens verteilt. Die Fenster sind allerdings völlig schwarz getönt, selbst die Windschutzscheibe. Die Karosse des Sportwagens ist zudem so tiefergelegt, dass es wahrscheinlich nicht einmal ein Hamster schaffen würde, drunter zu kriechen, ohne sich den Schädel anzuschlagen. Kurz gesagt, der Lamborghini sieht aus wie der zum Leben erwachte Traum eines Rennwagen begeisterten Kleinkindes. Leicht verstimmt betrachtet Edward noch einen Moment den Wagen, dann seufzt er wieder. Es hat doch keinen Sinn. Er traut es sich zwar zu, Joker bis zu seinem eigenen Auto zu tragen – der Bengel ist so klein und schlank, dass er tropfnass vermutlich gerade einmal fünfzig Kilo auf die Waage bringt –, doch das würde bedeuten, dass er ihn ziemlich viel bewegen müsste, was keinesfalls förderlich sein kann, sollte er wirklich innere Verletzungen haben. Von daher wäre es logischer, mit dem Wagen des Clowns zu fahren. Er wird ihn einfach auf den runtergeklappten Beifahrersitz ziehen und dann nach Hause düsen, um sich um seine Wunden zu kümmern. Hier draußen auf offener Straße und ohne jegliche Hilfsmittel, könnte er eh nicht viel ausrichten, und irgendwie bezweifelt er schon, dass Joker einen Verbandskasten oder auch nur ein Warndreieck in diesem übergroßen Kinderspielzeug eines Sportwagens liegen hat. In seinem Bel Air gibt es so etwas, doch es würde zu lange dauern, hinzulaufen und es zu holen. Zielstrebig durchsucht er daher nun die Hosentaschen des Grünhaarigen, in der Hoffnung, den Schlüssel zu finden. Leider vergebens. Vielleicht hat er ihn ja im Kampf verloren? Halb so wild. Ed weiß ziemlich gut, wie man sich dennoch Zugang zu einem Fahrzeug verschafft und es notfalls kurzschließt, auch wenn er es noch nie tun musste. Als er aufsteht, um das Türschloss zu knacken, fällt ihm allerdings auf, dass es gar keins gibt! Er braucht einen Moment, dann erkennt er, dass auf dem Griff eine kleine Schaltfläche zu erkennen ist. Der Wagen wird doch tatsächlich per Fingerabdruck geöffnet! Nigma gibt ein respektvolles Pfeifen von sich. So etwas hätte er dem kleinen Clown nun wirklich nicht zugetraut. Vermutlich lässt sich so sicher auch der Motor starten? Doch das wird er gleich feststellen können. Vorsichtig zieht er den bewusstlosen Bengel dichter an den Wagen heran, wischt so viel Blut wie möglich von dessen Daumen, und will ihn dann an die Schaltfläche heranführen. Ehe ihm das jedoch gelingt, zuckt er leicht zusammen, weil neben ihm ein Geräusch laut wird. Dann taucht eine Katze auf einem Stapel alter Holzkisten auf, der neben der Schnauze des Lamborghinis steht. Als Ed sie flüchtig betrachtet, gibt sie ein erfreutes Mauzen von sich und setzt zum Sprung auf die Motorhaube an, vermutlich in der Hoffnung, dass der Rätselmeister sie dann streicheln wird. Die Samtpfötchen der Katze landen lautlos auf dem grellbunten Lack und praktisch im selben Augenblick jagt ein gewaltiger Lichtblitz über das gesamte Fahrzeug hinweg, sodass die Gasse eine Sekunde lang taghell erleuchtet wird, der Brünette mit einem spitzen Aufschrei zurückweicht und dann unsanft auf seinen vier Buchstaben landet. Am ganzen Körper zitternd, heften sich seine schreckgeweiteten Augen auf die verkohlten Überreste der Katze, als es einen weiteren Stromschlag gibt, der den bemitleidenswerten Vierbeiner richtiggehend pulverisiert! Das kleine Häufchen Asche wird dann von einer sanften Sommernachtsbrise davongetragen, während der Rätselmeister mit aller Macht versucht, nicht wieder ohnmächtig zu werden, als ihm klar wird, wie knapp er selbst gerade diesem Schicksal doch entkommen ist... 5 Nach ein paar Augenblicken hat sich der Brünette wieder halbwegs unter Kontrolle und starrt den Lamborghini einfach nur an. ‚Das Ding ist eine verfluchte Todesfalle und sein Besitzer hat den größten Sockenschuss, den man je gesehen hat! An deiner Stelle würde ich die Beine in die Hand nehmen und verschwinden, ehe du so endest wie dieser räudige Flohteppich, von dem bekanntlich nichts mehr übriggeblieben ist!‘, harscht der Riddler auf einmal wieder mitten in seinem Kopf, sodass Edward erneut erschrocken zusammenzuckt. Allerdings ignoriert er die aufdringliche Stimme seiner schlechteren Hälfte vehement. Zu sehr fasziniert ihn dieses völlig ausgeflippte Auto. Nigma hat eine große Vorliebe für jede Art von Technik, obwohl sein eigener Wagen über keinerlei Extras verfügt, nur durch seine Lackierung überhaupt von einem gewöhnlichen Auto zu unterscheiden ist und auch diese ist bei Weitem nicht so auffällig wie Jokers. Er braucht auch keine, doch scheinbar ist der kleine Clown der Meinung, dergleichen zu brauchen. Aber warum? Wer wäre schon so leichtsinnig und würde versuchen, so einen geradezu schreienden Wagen stehlen zu wollen? Allerdings hat er jetzt absolut keine Zeit, sich über so etwas Gedanken zu machen. Fest beißt er sich stattdessen auf die Unterlippe und versucht erneut – diesmal überaus vorsichtig, immerhin will er nicht auch gegrillt werden – Jokers Daumen auf die Schaltfläche zu drücken. Je näher er dem Ganzen kommt, desto nervöser wird er. Wenn Riddler jetzt auch nur Piep sagt, bleibt ihm vermutlich augenblicklich das Herz stehen. Bevor die Berührung zustande kommen kann, schließt er daher sogar die Augen, zieht die Schultern hoch, als fürchte er einen Schlag, und bereitet sich auf den tödlichen Stromstoß vor. Als der Finger des Clowns schließlich die Schaltfläche trifft, ertönt jedoch nur eine leise Abfolge von Piepstönen, gefolgt von einem etwas lauteren Knacken, als das Schloss entriegelt und die Tür einen Spalt aufspringt. Endlos erleichtert holt Edward endlich wieder Luft und widersteht dem nahezu überwältigenden Impuls auf die Knie zu sinken. Stattdessen stupst er die Fahrertür ganz auf und betrachtet sich neugierig das Innere des Wagens im zarten Licht der Deckenbeleuchtung. Die Sitze sind aus giftgrünem Leder, sodass es Ed eiskalt den Rücken hinabläuft, wenn er sich vorstellt, sich dort hinzusetzen. Das Armaturenbrett ist mit dunklem, purpurfarbenem Leder bezogen und so dermaßen vollgestopft mit Knöpfen, Anzeigen und Schaltern, dass dem Brünetten nur ein Gedanke kommt: Das hier ist die verrückte Version des Batmobils! Der große Monitor eines Bordcomputers vor dem Ganghebel der Automatikschaltung unterstreicht diesen Gedanken nur noch um so mehr. Das Lenkrad wirkt im Vergleich zum Rest des Wagens ziemlich altmodisch, besteht es doch nur aus einem Dreiviertelkreis, wie es früher in den fünfziger Jahren in Mode war. Allerdings ist es nicht, wie damals ebenfalls üblich, aus Holz, sondern auch mit Leder bezogen. Zudem hat es ein aufwendiges Muster, in dem sich dunkelgrüne und violette Streifen abwechseln, sodass es wie eine merkwürdige Zuckerstange wirkt. Auf dem Knopf für die Hupe in der Mitte und der Abdeckung des Airbags ist das Bild einer grinsenden Bombe gemalt. Der Rest des Innenraums ist mit schlichtem, schwarzem Stoff bezogen. Der Wagenhimmel ist jedoch tiefblau und durchzogen von hundert kleinen LEDs, als würde man nächtliche Sterne betrachten. Sie sind aber nicht mit der Deckenbeleuchtung angegangen, weshalb sich Ed den Anblick nur vorstellen kann. Unterbrochen wird das Ganze nur durch einen kleinen Monitor über der linken Seite der Rückbank, über den sich Joker vermutlich Filme anschauen oder Zocken kann. Der Controller dazu liegt auf dem Beifahrersitz. Im Fußraum davor türmen sich einige Comics, DVDs und Spiele-CDs. Langsam setzt sich der Rätselmeister auf den Fahrersitz, um in den hinteren Teil des Zweitürers blicken zu können. Auf der ebenfalls quitschgrünen Rückbank liegt Bettzeug ausgebreitet. Es ist vollkommen schwarz und übersät mit kleinen, gelben Batman-Logos. Auf dem Kopfkissen thront zudem eine sichtlich mitgenommene Plüschpuppe, deren Anblick Edward unweigerlich schmunzeln lässt, wie es auch schon bei der Bettwäsche der Fall war. Die Puppe hat nämlich ebenfalls die Form von Batman! Allerdings lächelt das Püppchen, was der Dunkle Ritter scheinbar nie macht, und das linke Auge ist durch einen roten Hemdknopf ersetzt worden. Der Stoff wirkt sichtlich abgegriffen und ist an etlichen Stellen schon geflickt worden. „Wer hätte gedacht, dass deine Schwäche für die Fledermaus so groß ist...“, kommt es halblaut von Edward, während er daran denkt, wie Joker ihm in der Iceberg Lounge mitgeteilt hatte, dass niemand außer ihm dem Dunklen Ritter etwas zuleide tun darf. Wie weit diese Schwäche – diese Obsession – allerdings wirklich geht, wird Nigma erst noch erfahren. Im Raum unter der Rückbank befindet sich ein Minikühlschrank, daneben ein kleiner Gaskocher und einige Kisten, in denen sich scheinbar Nahrungsmittel, Küchenutensilien, Klamotten, Schuhe und dergleichen befinden. Unter dem Fahrer- und Beifahrersitz entdeckt Ed noch mehr solcher Kisten. Mit nahezu trauriger Bestürzung wird ihm klar, dass der kleine Clown den Lamborghini vermutlich nicht nur aus dem Grund so sehr abgesichert und aufgemotzt hat, weil er dem Batmobil nacheifern wollte, sondern weil er auch in dem Wagen wohnt! Dieser Gedanke bricht ihm auf seltsame Weise das Herz. Der Brünette weiß nämlich nur zu gut, wie so etwas ist. Als er damals vor etwas mehr als fünf Jahren sein gewohntes Leben hinter sich lassen musste und bald darauf auf die schiefe Bahn geriet, hat er auch ein paar unfreiwillige Nächte in seinem Chevrolet verbracht, ehe er ein geeignetes Versteck gefunden hatte. Dem Bel Air fehlen zwar all diese Annehmlichkeiten, die der kleine Clown sein Eigen nennt, dennoch kann sich Nigma vorstellen, dass es weit schöner aussieht, als es eigentlich ist, erst recht, wenn man auf Dauer dazu gezwungen ist, so zu leben. Als Edward später allerdings einen Riesenhafen Bargeld im Handschuhfach findet, fragt er sich schon, warum sich Joker freiwillig so ein niederes Leben in seinem Auto antut, obwohl er sich ganz locker etwas viel Besseres leisten könnte... 6 Nun nicht mehr ganz so überrascht, stellt Edward fest, dass auch die Zündung per Fingerabdruck gestartet wird. Als er den kleinen Clown dann vorsichtig auf den runtergeklappten Beifahrersitz legt – den er vorher sogar mit einer kleinen Plane, die er hinter den Sitzen gefunden hat, abdeckte, um nicht alles in Blut zu tränken –, und dessen Daumen auf die Schaltfläche legt, summt der Wagen jedoch nur gemächlich in den Leerlauf. Im selben Moment springt aber auch das Radio an, das plötzlich mit voller Lautstärke die letzten Noten eines Songs spielt, ehe der überschwängliche DJ zu sprechen beginnt. „Das war Right here waiting von Richard Marx und ihr hört L.O.V.E. WW2, Gothams Sender für einsame Herzen. Ich bin Toby Miller, euer Romantikbeauftragter heute Nacht. Und es geht auch gleich weiter mit einem rührenden Hit von George...“ ‚Gott, was für ein Versager hört sich denn so einen verfluchten Scheiß freiwillig an? Der Bengel ist doch echt unterste Koje und sicher auch noch stolz drauf.‘, profiliert sich der Riddler mitten in den Lärm hinein, sodass Nigma seine Beschwerde zum Glück eh kaum hören kann. Dennoch kann er sich lebhaft vorstellen, dass es nur wieder Gemeinheiten waren, die seine schlechtere Hälfte von sich zu geben weiß. Etwas anderes scheint es bei ihm sowieso nie zu geben, erst recht nicht, wenn Ed nicht nach seiner Pfeife springen will. Endlich findet der Brünette den Knopf, mit dem er das Radio ausschalten kann und lehnt sich dann seufzend im Sitz zurück. Fast wären ihm die Ohren geplatzt. Sein unfreiwilliger Mitfahrer hat allerdings nicht einmal gezuckt. Als das Summen in seinen Ohren endlich nachlässt, merkt Ed, dass der Motor ja noch gar nicht gestartet hat und blickt sich um. Neben der Zündung entdeckt er einen Knopf, auf dem groß START steht. Kaum, dass er ihn gedrückt hat, öffnet sich auf einmal das Dach über ihm, knickt an zwei Stellen zu einem komplizierten Faltmuster um und verschwindet dann schließlich in einem Fach über dem Kofferraum. Mit offenem Mund verfolgt Nigma das Schauspiel, hat er doch gar nicht gemerkt, dass der Lamborghini auch ein Cabrio ist. Wie auch, wenn das Dach ebenfalls aus Metall besteht und nirgendwo eine erkennbare Trennung oder ein Knickpunkt zu sehen war? Der Rätselmeister hat den Gedanken noch gar nicht ganz verkraftet, da erwacht der Wagen unter ihm so plötzlich und heftig zum Leben, dass Ed einen Aufschrei gar nicht mehr unterdrücken kann. Der Laut geht jedoch völlig im tiefen Brummen des aufgemotzten V12-Motors unter, der mit seinen 450 PS mindestens die Lautstärke des Radios zu haben scheint. Die Vibrationen, die die bebenden Zylinder erzeugen, sind so gewaltig, dass der ganze Wagen erwartungsvoll unter ihm zittert, wie Nigma es sonst nur ansatzweise von Motorrädern her kennt. Das warme Vibrieren gleitet seinen angespannten Rücken hinauf und hinab, dass ihm richtiggehend schwindlig wird. Das ist wirklich kein Wagen für schwache Nerven! ‚Heilige Scheiße, was für eine Karre! Da kriegt man ja reihenweise ein feuchtes Höschen und...‘, setzt Riddler ausnahmsweise einmal angetan an, doch das behagt Ed mindestens genauso wenig wie seine abfälligen Äußerungen. ‚Kannst du nicht endlich mal still sein? Deine Ausdrucksweise ist wirklich schrecklich!‘, gibt ihm der Brünette zu verstehen. Der Angesprochene hat nur ein verächtliches Lachen für ihn übrig. ‚Ach, hör doch einmal auf mit deinem ständigen Gejammer! Kann ja nicht jeder so verklemmt sein und so wohlerzogen reden wie du.‘ ‚Mag sein. Aber wo hast du so etwas bloß her?‘ ‚Tja, diese Frage sollte dir wirklich zu denken geben, was? Schließlich hocke ich hier in deinem Kopf und bin aus deiner Verzweiflung und deinem Wahn heraus entstanden. Was sagt das also über dich aus? Womöglich entspreche ich einfach nur deinen innigsten Wünschen? Du wärst gerne das, was ich bin, doch du bist zu feige, es einfach rauszulassen. Gib es schon zu!‘ Diese Vorstellung gefällt Edward nun wirklich nicht mehr. Es mag vielleicht tatsächlich sein, dass der Riddler allein aus Verzweiflung und Einsamkeit in ihm erschaffen wurde, weil er sich nicht anders zu helfen wusste und sich irgendwann nur noch hat fallenlassen. Doch er kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum er sich jemanden wünschen sollte, der sich so abfällig ihm gegenüber benimmt und ihm das dann auch noch in irgendeiner Form helfen soll, besser mit der Welt um sich herum klarzukommen. ‚Weißt du was? Wenn du nichts Produktives zu dieser Situation beitragen kannst und mir auch nicht helfen willst, dann schweig einfach mal für eine Weile, dann geht das hier viel schneller!‘, weist Nigma ihn dann an. ‚Tse! Dann sieh doch zu, wie du allein damit fertig wirst!‘, schnaubt seine schlechtere Hälfte und zieht sich scheinbar wieder in irgendeine Ecke von Eds Gedanken zurück. Oh, herrliche Stille! Doch wo war er jetzt noch mal stehengeblieben? Ach ja, der viel zu laute Motor! Dieser ist daher nicht gerade unauffällig, wie er so nachdrücklich seine ungezügelte Bereitschaft in die Nacht hineinstößt. Hecktisch blickt sich Edward daher weiter um. Schließlich fällt sein Blick auf den Bordcomputer, der mit dem Wagen zum Leben erwacht ist. Auf dem Monitor blickt nun die Anzeige SICHERHEITSSYSTEM AKTIVIERT, daneben ist ein kleiner Blitz sichtbar, was wohl bedeutet, dass wieder Strom über die Karosse gleitet. Ed ist daher heilfroh, dass er nicht zu den Typen gehört, die beim Fahren ihren Arm aufs geöffnete Fenster legen müssen. Unter dem Hinweis befindet sich aber eine Schaltfläche, auf der DEAKTIVIEREN steht. Zielstrebig drückt Nigma darauf, was den Computer allerdings dazu verleitet, ihn nach dem PASSWORT zu fragen. Der Rätselmeister hätte es sich auch denken können, doch im Moment hat er so gar keine Zeit, sich damit zu beschäftigen. Dafür entdeckt er auf dem Monitor eine weitere Schaltfläche, die wie ein kleiner Motor aussieht. Nachdem er dort draufgedrückt hat, öffnet sich ein kleines Untermenü mit drei Auswahlmöglichkeiten: STILL, NORMAL und YEAH BABY!. Die Auswahl steht auf YEAH BABY!, was den Rätselmeister irgendwie so gar nicht wundert. Hoffnungsvoll betätigt er daher die STILL-Taste und fürchtet schon, dass nun wieder ein Passwort verlangt wird, was aber glücklicherweise nicht der Fall ist. Stattdessen erstirbt auf einmal jeglicher Motorenlärm, sodass der Brünette schon denkt, der Wagen wäre jetzt irgendwie abgesoffen. Ein Blick aufs Armaturenbrett zeigt ihm aber, dass die Zylinder noch immer arbeiten, der Wagen nun allerdings völlig still seine Leistung aufbringt. Unweigerlich wirft er einen neugierigen Blick zu dem kleinen Clown hinüber, der seinen Wagen scheinbar mit jeden nur erdenklichen und unerdenklichen Schnickschnack ausgestattet hat. Neidlos muss Edward zugeben, dass diese Funktion aber wirklich mal etwas sehr Praktisches ist, wenn man sich unbemerkt fortbewegen will oder muss, was mit diesem grellbunten Wagen so oder so schon herausfordernd ist. Der Rest scheint zumindest erst einmal nicht so schwierig zu sein und zum Glück fährt auch der Bel Air des Brünetten mit Automatikschaltung, sodass er damit keine Probleme hat. Geschickt windet er sich daher mit dem Lamborghini aus der Gasser heraus und setzt dann endlich Richtung Heimat. 7 Nigma braucht einen vollen Moment – wenn nicht gar zwei –, um zu verinnerlichen, dass gerade drei Männer – seine Männer – mit großkalibrigen Waffen auf den Wangen – und somit auch ihn – zielen. Gut, seine Handlanger sind wirklich nicht die Hellsten, was man in so einem Gewerbe auch nicht gerade erwarten kann, aber warum fallen sie ihm denn ausgerechnet jetzt in den Rücken, wo er sie doch immer gut behandelt hat? Fast schon panisch tritt er auf Befehl hin auf die Bremse, während er hört, wie die Männer ihre Waffen entsichern und weiterhin mahnend auf ihn anlegen. Schließlich wird ihm klar, was hier falsch ist. „Nicht – schießen, Jungs! Ich bin es...“, gibt er sichtlich eingeschüchtert von sich und steht ganz langsam auf, damit die Männer ihn über die getönte Windschutzscheibe hinweg sehen können. „Boss...?“, fragt Tom verwirrt. „Ja – ja, ich bin es. – Steckt die Waffen weg, um Himmels willen!“ „Scheiße...“, erwidert Carl und schlägt den Lauf seines Kollegen Richtung Boden, als dieser nicht schnell genug reagiert. ‚Das hätte echt ins Auge gehen können! Warum tust du dir so einen Scheiß überhaupt an? Der gottlose Hurensohn wird dich noch ins Grab bringen, bevor die Nacht richtig vorbei ist und dass, obwohl er nicht mal wach ist!‘, harscht Riddler wieder erwacht in seinem Kopf. Edward kommt dabei nicht umhin zu denken, dass eine Kugel im Schädel vermutlich der einzige Weg wäre, diese Nerv tötende Zecke in seinen Gedanken loszuwerden. Er sagt aber nichts, sondern lässt sich nur seufzend zurück auf den Sitz fallen, während seine Untergebenen zu ihm herübergeschlichen kommen, als müssten sie eine ganz schlimme Strafe befürchten. Keine Ahnung, warum sie sich so benehmen. Ed ist ihnen gegenüber nie handgreiflich oder auch nur laut geworden. Die meisten von ihnen haben aber schon für allerhand anderer Schurken, Mafiaclans und dergleichen gearbeitet, wo sie sicher nicht so nett behandelt wurden, und dieses Verhalten daher auch nicht so schnell wieder ablegen können, nur weil ihr jetziger Boss im Vergleich dazu ein sanftes Lämmchen ist. Nun steht Vic neben dem Lamborghini und blickt ihn entschuldigend an. „Haben dich nicht erkannt, Boss...“ „Schon gut. Ich habe auch ganz vergessen, dass ich in diesem durchgeknallten Auto sitze und nicht in meinem Bel Air. – Wo wir aber gerade davon sprechen. Kannst du meinen Wagen abholen, Vic? Er steht in der Gasse Madison Plaza, Ecke Vierte Straße.“, erschöpft reicht er dem breitgebauten Mann seine Schlüssel. „Klar, Boss, kein Problem.“, und schon ist er weg. Als Ed den Blick wieder nach vorne richtet, sieht er, dass die beiden anderen inzwischen das große Rolltor der Garage geöffnet haben und er somit hineinfahren kann. Sein Versteck befindet sich in einer ehemaligen Autowerkstatt. In der Garage wohnen seine Männer und haben dort auch alles, was man so braucht. Über der Werkstatt gibt es eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung, die früher wohl mal dem Besitzer gehört haben mag, und die nun Nigma sein Reich nennt. Es ist nicht viel, aber vollkommen ausreichend, erst recht, weil er meistens sowieso nicht dort ist. Einen Bereich der Garage benutzt er zudem als Büro, um von dort aus alles in den Narrows zu überwachen. Langsam setzt er den Lamborghini nun wieder in Bewegung. Kaum, dass er drinnen ist, schließt sich hinter ihm das Rolltor mit leisem Rumpeln und seine Männer versammeln sich neugierig um den skurrilen Wagen. „Scharfe Karre, Boss!“, tönt Mike auf der Beifahrerseite. „Ja, ganz herrlich. Ein echtes Schmuckstück. Doch damit können wir uns später auseinandersetzen. Er gehört nämlich dem Joker, wie unschwer zu sehen sein dürfte.“ Als der Name des Clowns fällt, zucken die Männer leicht zusammen. Sein Ruf eilt ihm also mal wieder weit voraus. „Du – hast den Joker hierhergebracht, Boss...?“, fragt Mike nun vorsichtig, nachdem er den noch immer weggetretenen Bengel auf dem Beifahrersitz hat liegen sehen. „Ja, sieht wohl so aus. Doch er wird euch nichts tun. Seht ihn euch nur mal an!“ „Ist er tot, Boss?“, kommt es unsicher von Mel, der nun ebenfalls einen Blick auf den blutverschmierten Grünhaarigen wirft. „Nein, noch nicht. Aber es wird sicher nicht mehr lange dauern, wenn ich mich nicht beeile. Also hört zu. Bob, bring eine von den Matratzen hoch in mein Schlafzimmer und leg eine Plane darüber, damit nicht alles vollsaut. Tom, such alles zusammen, was wir an Verbandszeug haben und bring es auch ins Schlafzimmer. Mike, du bringst Joker dann hoch, aber beweg ihn nicht zu viel. Er könnte...“ Weiter kommt Edward mit seinen Anweisungen nicht. Während er spricht, schlängelt er sich zur Rückbank durch, um Jokers Bettzeug einzusammeln. Als er die Sachen nun an Mel weiterreichen will, greift Mike nach der Tür auf der Beifahrerseite, um sich den kleinen Clown zu schnappen. Ein gewaltiger Lichtblitz erhellt plötzlich die ganze Garage, und lässt die Halogenstrahler in dem weitläufigen Gebäude fast gänzlich verblassen. Erst jetzt wird Ed klar, dass er etwas sehr Wichtiges vergessen hat und er zuckt unweigerlich zusammen. Einen Moment steht Mike noch aufrecht, während ihm Qualm wie in einem schlechten Film aus den Ohren zu kommen scheint, dann fällt er rücklings zu Boden und rührt sich nicht mehr. Erschrocken weichen die anderen Männer vom Wagen weg und Ed lässt alles stehen und liegen, um sich wieder hinters Steuer zu setzen. Panik schwingt über ihn hinweg. ‚Sag bloß, Mister Allwissend hat da etwas Wichtiges vergessen! Du bist mir echt ein Vollidiot. Erstaunlich, dass die Leute hier überhaupt noch leben, bei deinen unterwältigenden Führungsqualitäten!‘, höhnt Riddler vergnügt. „Er – ist tot, Boss...“, teilt Toni ihm bedrückt mit, während der Rätselmeister die gehässige Stimme seiner schlechteren Hälfte in seinem Kopf haltlos über sein Versagen lachen hören kann. Zähneknirschend schluckt Edward hart und versucht sich trotz alledem zu konzentrieren. „Keiner von euch fasst den Wagen an, ist das klar? – Bob und Tom, tut, was ich euch gesagt habe. Der Rest wartet, bis ich das irgendwie abgestellt habe!“ Selten haben sie ihren Chef so aufgebracht gesehen und verharren daher schweigend auf ihren Plätzen, während sich Nigma den Kopf über das verfluchte Passwort zerbricht. Die meisten Leute benutzen liebend gern nur allzu offensichtliche Dinge, weil sie sich die einfach besser merken können. Ed kann Joker in diesem Fall zwar überhaupt nicht einschätzen, doch er hofft, dass es auch bei ihm der Fall ist, weil er sonst noch ewig hier sitzen wird und vielleicht noch mehr Männer verliert. Und wer weiß schon, was passiert, wenn er versuchen sollte, sich in den Bordcomputer zu hacken... Das Gleiche gilt womöglich für die Tatsache, wenn er dreimal etwas Falsches eingegeben hat. Also was könnte es sein? Was? In sich gekehrt betrachtet Edward den Bildschirm und denkt nach. Was fällt ihm zuerst ein, wenn er an Joker denkt? Sein Gas! Wie nannte er das noch gleich? Smilex? Ed glaubt, dass dem so war. Als er es jedoch eintippen will, fällt ihm auf, dass kleine Striche auf dem Monitor anzugeben scheinen, wie viele Buchstaben das gesuchte Wort hat. Es sind fünf, somit scheidet das Gas wohl aus. Allerdings kann das auch ein Trick zur Verwirrung sein. Nigma hat aber nicht die Zeit, sich Ewigkeiten darüber den Kopf zu zerbrechen. Was fällt ihm also noch ein? Machen wir es doch ganz einfach und nehmen einfach nur Jokers Namen. Nachdem er die Buchstaben eingegeben und das Ganze dann bestätigt hat, erscheint auf dem Bildschirm allerdings ein schmollender Smiley. Das war also falsch. Gut, was noch? Gift? Nein, das hat nur vier Buchstaben. Aber wie wäre es mit Bombe? Das passt zu dem Clown. Als Ed das eintippt, erscheint abermals der schmollende Smiley. Jetzt wird es kritisch. Im Ernstfall hat er nur noch einen Versuch, ehe sich das System sperrt oder ihn als Feind identifiziert und versucht zu töten. Denk nach, Edward! Der Bengel scheint ständig über Batman zu reden. Doch das hat ebenfalls sechs Buchstaben, somit kann es das wohl nicht sein, obwohl es so passend wäre. Dann macht es plötzlich hörbar Klick! in seinem Kopf, als ihm die hoffentlich rettende Lösung einfällt. Er nennt den Dunklen Ritter schließlich gar nicht Batman, sondern Batsy. „Das muss es einfach sein. Mehr Möglichkeiten habe ich jetzt einfach nicht...“, murmelt er vor sich hin, während seine Finger leicht zitternd die einzelnen Buchstaben tippen und dann ENTER klicken. Mit zusammengepressten Augen wartet er darauf, nun vom Sicherheitssystem in seine Bestandteile zerlegt zu werden. Stattdessen ertönt aber ein fröhliches Piepsen. Als Nigma daraufhin die Augen wieder öffnet, erblickt er einen breit grinsenden Smiley und auf dem Monitor steht blinkend SICHERHEITSSYSTEM DEAKTIVIERT. Dennoch folgt er einer Eingebung und berührt mit der Spitze seines Zeigefingers leicht die Außenseite der Fahrertür. Nichts passiert. Mit einem zittrigen Seufzen lässt er sich in den Sitz zurücksinken und atmet einmal kurz durch. „Okay, jetzt kann nichts mehr passieren, denke ich. Also weiter. Mel, nimm du Joker mit nach oben. Toni, nimm das Bettzeug. Paul, du die Kartons hier und der Rest von euch entsorgt bitte die Leiche des armen Mike.“, bringt der Brünette nun endlich seine Anweisungen zu Ende. Schweigend kommen die Männer seinen Worten nach, während Edward selbst den Wagen verlässt und nach oben in seine Wohnung stapft, um sich dort nun endlich um den kleinen Clown zu kümmern. 8 Die fünfzehn Stufen hinauf zu dem kleinen Anbau kamen dem Brünetten noch nie so beschwerlich und endlos vor. Auf dem Absatz, der nach der Hälfte des Weges kommt, bleibt er daher fast schon ruckartig stehen, stützt sich wie ein alter Mann auf das Geländer und holt abgehackt Luft. Er kommt sich vor, als wäre er einen Marathon gelaufen, so schwer geht sein Atem, doch der Rest seines Körpers fühlt sich nicht so, sondern einfach nur vollkommen erschöpft. Solche Schwächeanfälle kennt er sonst nur, wenn er sich mit Batman auseinandergesetzt hat, von daher ist er sicher, dass es gleich wieder bergauf gehen wird. Es war aber auch eine schreckliche Nacht. Zu viel um die Ohren, zu wenig Ruhe, von Essen und Wasser sicherlich ganz zu schweigen. Doch Edward war schon immer ein Arbeitstier – wenn auch zumeist nur gedanklich – und merkt daher erst, wie viel er sich zugemutet hat, wenn er kurz vor dem Zusammenbrechen steht. ‚Hey, nun vergiss doch mal diesen Scheiß-Clown! Lass ihn krepieren oder willst du ernsthaft, dass noch mehr deiner dümmlichen Handlanger wegen ihm draufgehen? Das wird passieren, das weißt du! Wenn nicht durch deine inkompetente Unfähigkeit, dann weil dieser durchgeknallte Bengel sie einen nach dem anderen um die Ecke bringen wird, sobald er auch nur die Augen öffnet. Und du wirst dann als Nächstes auf seiner Abschussliste stehen. In der Iceberg Lounge hatte er dich vielleicht verschont, aber nur aus dem einfachen Grund, weil er einen Trottel brauchte, der die Drecksarbeit für ihn erledigt. Welchen Grund hätte er jetzt schon, dich am Leben zu lassen?‘ Völlig erschöpft versucht Edward diese Stimme zu ignorieren. Warum sollte Joker auch seine Männer umbringen oder ihn selbst? Gut, er hat nicht alle Tassen im Schrank, doch selbst jemandem wie ihm muss doch aufgehen, dass Ed ihm nur helfen will. Verdient das denn nicht wenigstens etwas Dankbarkeit und wenn es nur ist, dass er den nächsten Tag noch erleben darf? ‚Bitte sei einfach still...‘ ‚Ich denke ja gar nicht dran!‘, setzt Riddler an. Weiterhin tief durchatmend schließt Edward die Augen und versucht zu sich zu finden, als sich eine Hand schwer auf seine Schulter legt. Der Schock, der Nigma daraufhin durchfährt, lässt auch sein Gegenüber unweigerlich zurückschrecken, und selbst seine schlechtere Hälfte fürs Erste flüchten. Die gehetzten grünen Augen des Rätselmeisters nehmen allerdings wieder ihren gewohnt sanften Ausdruck an, als er sieht, dass es nur Bob, Tom, Toni und Paul sind, die sich im engen Hausflur vor ihm zusammendrängen. „Alles okay, Boss?“, kommt es von Bob, während er abermals die Hand ausstreckt, als fürchte er, dass der Brünette vor ihm ohnmächtig werden könnte. „Es – geht schon wieder. War eine lange Nacht und ich bin ziemlich fertig. Und es ist noch so viel zu tun...“ „Vielleicht solltest du dich mal kurz hinsetzen und was essen oder so. Du bist ziemlich blass um die Nase, Boss.“, kommt es nun besorgt von Paul, der nur zu gut weiß, wie leicht Ed solche Dinge vergiss. Bei der Vorstellung von Essen wird Nigma allerdings eher speiübel, wenn er bedenkt, was er noch zu erledigen hat. All dieses viele Blut... Stattdessen geht ihm aber auf, dass seine Männer sicher auch noch nicht viel gegessen haben, machen sie das für gewöhnlich doch alle zusammen, wenn Ed wieder hier ist oder eine Pause einrichten kann. Somit haben seine Jungs ganz sicher die Nacht damit verbracht, sehnsüchtig wie ein paar Hunde auf ihn zu warten, damit sie zusammen essen können. Jetzt fühlt sich Edward erst recht schlecht. Sicher haben seine Männer unten in der Garage genug Lebensmittel, um nicht zu verhungern, doch sie sitzen nun einmal sehr gern mit dem Rätselmeister gemeinsam am Tisch und lassen die Nacht mit ihm ausklingen. Bei diesem Gedanken wird Nigma ganz warm ums Herz und es schmerzt ihn umso mehr, dass Mike nicht mehr am Leben ist. Alles seine Schuld... Von daher sollte er das Ganze wenigstens etwas wieder versuchen gutzumachen. So ein Verlust geht schließlich nicht nur ihm nahe, dass kann er den Männern vor sich deutlich ansehen. Und die Anwesenheit des Jokers macht das alles sicher nicht viel besser. „Es geht schon wieder, wirklich. Doch essen kann ich jetzt so gar nichts. Nicht, solange ich dort oben nicht fertig bin. Aber wenn ihr etwas besorgt, werde ich sehen, wie es nachher ist. Was haltet ihr davon?“, fragt er müde und richtet sich langsam wieder auf. „Okay, Boss. Was sollen wir denn holen?“, möchte Toni nun wissen. „Was hatten wir gestern nochmal?“, stellt Ed die Gegenfrage. Normalerweise kann er sich haarklein an solche Dinge erinnern, ja, noch Tage später aufzählen, was ein jeder von ihnen hatte, ohne auch nur ins Stocken zu geraten. Doch jetzt steht er irgendwie auf dem Schlauch. Das ist wohl auch seinen Jungs klar, bedenken sie ihn nun doch mit einem noch mitfühlenderen Blick. „Chinesisch, Boss.“, erläutert Paul knapp. „Okay, dann eben alles außer Chinesisch. Sucht euch was aus, ja?“ Langsam zieht Ed seine Geldbörse aus der Tasche und fummelt ein paar Scheine heraus, die er ihnen überreicht. Seine Männer haben grundsätzlich kein eigenes Geld, doch das kümmert sie nicht. Sie haben hier alles, was sie brauchen und Edward kümmert sich gut um sie. Bezahlt bereitwillig alles, was benötigt wird. Und da seine Handlanger keine Familien zu ernähren oder Miete zu zahlen haben, ist das die beste Lösung für alle. Zudem ist es das Mindeste, was er tun kann. Immerhin stammt sein gesamtes, schier unerschöpfliches Vermögen aus unzähligen Banküberfällen, die er als Riddler verübt hatte und bei denen es stets nur darum ging, dass Batman seine Rätsel löst, um damit die Geiseln zu befreien, und Nigma mit dem Geld verschwinden konnte. Ed redet sich daher gern ein, dass er etwas von Robin Hood hat, nahm er das Geld doch von den Reichen Gothams, um es jetzt dazu zu verwenden, den Ärmsten zu helfen. „Fangt auch schon mal ohne mich an zu essen. Ich weiß nämlich echt nicht, ob ich heute noch etwas runterkriege. – Vom restlichen Geld könnt ihr euch ja ein paar Bier besorgen und auf den bedauerlichen Mike trinken.“ Sichtliche Begeisterung schlägt sich daraufhin auf den Gesichtern der Männer nieder. Grundsätzlich herrscht in den gesamten Narrows strenges Alkohol- und Drogenverbot. Die Jungs dürfen hier nicht einmal Rauchen, was am Anfang echt hart für einige von ihnen war. Mittlerweile haben sie sich aber daran gewöhnt und verstehen, warum Ed solch eine Regel aufgestellt hat. Es verhindert in jedem Fall viel Ärger. In den Narrows ist es grundsätzlich schwer, an irgendetwas heranzukommen, insbesondere Lebensmittel. Hier ist einfach alles knapp und die Menschen sind zu arm, um in die Stadt zu fahren und sich dort etwas zu besorgen. Zudem kontrolliert Nigma überaus streng, was hierhergebracht und an die Leute verteilt wird, allein schon, damit es nicht zu Streitereien kommt und irgendwer am Ende leerausgeht. Von daher gibt es Alkohol nur an Feiertagen oder als Belohnung für besonders gute Arbeit, was einen sichtlichen Ansporn in den Leuten weckt, sich richtig anzustrengen. Ed selbst trinkt eigentlich nie, außer es gibt etwas zu feiern, wo er dann zumindest aus Anstand mal ein halbes Bier oder so zu sich nimmt. Dass wissen auch seine Männer, dennoch werden sie nicht müde, ihn zu fragen. „Willst du auch eins, Boss?“ Einen Moment denkt der Brünette tatsächlich darüber nach, dann lächelt er verhalten. „Wäre nach dieser Nacht vielleicht gar keine so schlechte Idee, was? Gut, tut, was ihr nicht lassen könnt und nun ab mit euch!“, erwidert der Rätselmeister fast schon ausgelassen, woraufhin sich seine Jungs ein Grinsen gar nicht verkneifen können und an ihm vorbeihuschen. Einen Augenblick sieht er ihnen noch nach, dann setzt er dazu an, die restlichen Stufen zu bewältigen. Das kurze Gespräch hat ihm doch tatsächlich wieder etwas Kraft gegeben, auch wenn der schwerste Teil noch vor ihm liegt. ‚Wegen dir gehen wir beide noch über den Jordan, weißt du das? Hör einfach auf deine kleinen Idioten und vergiss den Bengel. Iss etwas, sauf dir den Schädel weg, um den ganzen Scheiß von heute Nacht zu vergessen! In der Zwischenzeit können diese Gorillas den dämlichen Clown irgendwo verscharren und niemand von jemals davon erfahren.‘ Ed ist drauf und dran ihm eine saftige Antwort zu präsentieren, damit er endlich mal wieder Ruhe in seinen Kopf bekommt, doch vorher ertönt eine andere Stimme, die zur Abwechslung einmal nicht aus seinem überforderten Schädel kommt. „Boss?“ Als Nigma zur Tür seiner Wohnung aufsieht, entdeckt er Mel dort stehen. „Alles erledigt, Boss.“ „Sehr gut! – Ist noch was? Du schaust so.“ „Sieht echt übel aus, der Bengel. Keine Ahnung, ob der noch zu retten ist, aber ich dachte, du brauchst vielleicht etwas Hilfe. Siehst ja grad auch nicht so toll aus...“, erwidert der breitschultrige Mann in seiner unnachahmlich ehrlichen Weise gerade heraus. Abermals huscht eine ungeahnte Wärme über sein Herz hinweg. Seinen Männern kann er einfach nichts vormachen. Für Kerle sind sie erstaunlich aufmerksam und einfühlsam und dass, obwohl sie sonst so derbe, hirnlose Schläger sind. Sie geben Edward ein Gefühl von Geborgenheit, das er bisher kaum gekannt hat. Mel ist so etwas wie der Chef seiner zehnköpfigen – jetzt leider nur noch neun, armer Mike – Truppe und steht Ed somit noch etwas näher, als es die anderen schon tun. Kein Wunder also, dass er jetzt seine Hilfe anbietet. Allerdings ist es irgendwo auch etwas ironisch, Mel hat nämlich im Allgemeinen bei so gut wie allem, dass man nicht verprügeln kann, zwei linke Hände. Dennoch bemüht er sich sehr und das allein zählt, wie der Brünette findet. Außerdem kann er aufpassen, dass der Rätselmeister nicht wieder ohnmächtig wird, wenn ihm das Zusammenflicken des Clowns zu viel wird. „Das ist vermutlich eine ziemlich gute Idee. Zuerst könntest du nachschauen, ob es vielleicht noch etwas heißes Wasser gibt. Wenn nicht, mach welches mit dem Gasbrenner in der Küche warm, damit wir erst einmal das ganze Blut entfernen können. – Wenn ich mir das zu lange ansehen muss, wird mir nur noch übler...“ Prüfend sieht Ed dabei auf seine Uhr. Mel tut es ihm gleich. Eine überaus typische Geste überall in den Narrows. Im Gesicht des anderen Mannes kann Nigma förmlich sehen, dass sich dieser gleich den Gasbrenner schnappen wird, da es keinen Sinn hat, jetzt warmes Wasser aus der Leitung holen zu wollen. Durch die lange Vernachlässigung und die weitgehende Zerstörung der Narrows sind Strom, warmes oder auch nur fließendes Wasser sowie Heizung hier ein sehr seltenes Gut. Zum Glück ist jetzt Sommer, so muss immerhin niemand frieren. Eds Arbeiter haben es zwar schon wieder geschafft, Strom und Wasser überhaupt zum Laufen zu bringen – und hoffen, bis zum Wintereinbruch auch das Heizungssystem zum Laufen zu bringen –, doch an Beständigkeit hapert es noch sehr. Daher gibt es nur ein paar kurze Zeitfenster über den Tag verteilt, an denen alles ungehindert benutzt werden kann. Nachts funktioniert dies oftmals besser als am Tag – warum weiß allerdings keiner so recht –, was den Leuten nur recht ist, da die meisten von ihnen gewohnheitsgemäß Nachteulen sind. Nur die Arbeiter unter ihnen – was praktisch jeder zwischen sechszehn und sechzig ist, der körperlich dazu in der Lange ist, der Rest beteiligt sich je nach Möglichkeiten auf andere Weise – sind vierundzwanzig Stunden lang in verschiedenen Schichten im Dauereinsatz, um alles wiederaufzubauen. Das Leben hier ist überaus hart, man muss viel zurückstecken und bekommt dafür nur sehr wenig, aber es geht und kaum einer würde mit den Leuten aus der Stadt tauschen wollen. Umso mehr bemüht sich der Rätselmeister daher, alles so schnell wie möglich wieder zum Laufen zu bringen. Seine kriminelle Phase liegt hinter ihm und nun will er nur noch helfen, um ein wenig Buße dafür zu tun – und vielleicht auch, um den Riddler damit aus seinen Gedanken zu vertreiben... 9 Edwards Gedanken werden allerdings jeher unterbrochen, als er sein Schlafzimmer betritt. Die Luft in dem kleinen Raum ist schon nach dieser kurzen Zeit zum Scheiden dick und die Plane, die verhindern soll, dass die Matratze schmutzig wird, sieht aus, als wäre sie mit roter Farbe bemalt worden. Unwillkürlich taumelt der Brünette gegen die Türzarge. Bevor ihm erneut schwarz vor Augen wird, spürt er noch, wie ihm zwei starke Arme auffangen, ehe er zu Boden gehen kann. Er weiß beim besten Willen nicht, wie lange er weggetreten war, doch als er schließlich die Augen aufschlägt, findet er sich auf seinem eigenen Bett wieder, mit einem herrlich kühlen Lappen auf der Stirn. Mühevoll setzt er sich hin und sieht sich um. „Bist umgekippt, Boss.“, teilt Mel ihm mit, während er neben dem Grünhaarigen hockt und damit begonnen hat, das Blut wegzuwischen. „Ja, scheint so...“, murmelt Ed mit belegter Zunge und kämpft sich langsam auf die Füße. Leicht zitternd sitzt Edward kurze Zeit später ebenfalls neben der Matratze, auf der der bewusstlose Clown liegt, und sortiert das ganze Verbandszeug. Systematisch hält er den Blick dabei gesenkt, um das Blut zu ignorieren, das Mel akribisch zu entfernen versucht. Dennoch ist die Luft in dem kleinen Raum immer noch zum Schneiden dick, obwohl das Fenster schon die ganze Zeit offen ist, seid Mel mit der Arbeit begonnen hatte. Die Nacht ist allerdings ziemlich warm, sodass es nicht einmal nennenswerten Durchzug gibt, obwohl auch im Wohnbereich alle Fenster offenstehen. Innerlich ist der Brünette daher schon ziemlich froh, dass er bisher vergessen hat etwas zu essen. ‚Warum nur musst du dich selbst so quälen? Das bringt doch nichts! Dem Bengel kannst du eh nicht mehr helfen, schließlich bist du kein Arzt. Wenn er wirklich innere Verletzungen oder auch nur eine gebrochene Rippe hat, wird er elendig zu Grunde gehen, während du neben ihm im Bett liegst und dich ausschläfst. Findest du den Gedanken etwa so toll, morgen Abend neben einer stinkenden Leiche aufzuwachen? Ist das deine Vorstellung von Hilfe? – Hey, hör mir gefälligst zu!‘ Doch das tut Edward nicht. Er sieht nur die vor ihm liegende Aufgabe, und dass er sie so gut wie irgend möglich erfüllen will. Alles andere hat jetzt Sendepause! Das Saubermachen scheint eine Ewigkeit zu dauern, weshalb Nigma nun doch den Blick hebt, um zu sehen, wie weit sein Helfer inzwischen gekommen ist. Sichtlich erleichtert stellt er dabei fest, dass dieser dem Joker mittlerweile den Großteil seiner Sachen ausgezogen hat, sodass der kleine Clown nur noch sein Oberteil trägt. Als er dem bewusstlosen Jungen nun etwas mühevoll das fast völlig zerrissene Hemd abstreift, kommen darunter unzählige Narben allein nur auf dem Oberkörper zum Vorschein, die einen schrecklichen Kontrast zu all den frischen Wunden liefern. Mit ängstlichem Staunen betrachtet Ed das Ganze, während Mel weiterhin das Blut wegwischt und so immer mehr Narben und Verletzungen zum Vorschein kommen lässt. Auf dem linken Bizeps entdeckt er eine rötliche Spur, die von einem Messer, einer Glasscherbe oder Ähnlichem herrühren mag. Zudem befinden sich auf beiden Unterarmen rote und schwarze Tätowierungen, die Ed an die vier Farben von Spielkarten erinnern: Links finden sich ein Kreuz und ein Herz, rechts dafür ein Pik und ein Karo. Auf dem Brustbein, nur knapp unterhalb des Herzens, sitzt die markant weiße Narbe einer Brandwunde. Außerdem viele lange, sich überkreuzende Kratzer, als wäre er irgendwann einmal ausgepeitscht oder von einer Raubkatze angefallen worden – oder von den etlichen Batarangs erwischt worden, mit denen sich Batman gern umgibt. An der rechten Schulter, nur knapp unter dem Schlüsselbein, erkennt er zudem die charakteristische Einbuchtung, die nur von einer alten Schusswunde herrühren kann. Zumindest diese kann er schon mal nicht von dem Dunklen Ritter haben. Unweigerlich gleiten seine Finger zu seiner eigenen, inzwischen verheilten, Schusswunde hinab und reiben gedankenverloren darüber, als würde sie angefangen haben zu jucken. Leicht schüttelt Edward den Kopf. Joker ist noch so unglaublich jung und scheint dennoch schon mehr als jeder andere von ihnen durchgemacht zu haben... ‚Nun glotz doch nicht so, oder macht es dich etwa geil, einen nackten, blutverschmierten Kerl vor dir liegen zu sehen? Gott, wie du mich anwiderst!‘ Während der Rätselmeister sich das alles so betrachtet und die angewiderte Stimme des Riddlers zu überhören versucht, wendet sich Mel dem Gesicht des Jungen zu. Das Blut lässt sich dort recht gut wegwischen, was man von der Schminke aber nicht gerade behaupten kann. Obwohl sie durch den Kampf sichtlich verschmiert ist, scheint ihr der nasse Lappen nichts anhaben zu können. Sichtlich irritiert betrachtet sich Mel das Ganze und fängt dann an, stärker zu reiben. Ed kann das kaum mit ansehen, es wirkt richtiggehend brutal, und doch passiert nicht wirklich etwas. „Warte! Das bringt nichts. Ich denke, das Make-up ist wasserfest, vielleicht sogar etwas ganz Spezielles.“ Edward steht leicht schwankend auf und wühlt in einem der Kartons herum, die er hier hat raufbringen lassen. Dort drin befinden sich unzählige Schminkutensilien. Vom Lippenstift in allen nur erdenklichen Farben, bis hin zu Wimpernzange und Wattepads ist praktisch alles dabei. Jede Frau würde vermutlich reihenweise ausflippen, wenn sie auch nur ein Viertel davon ihr Eigen nennen dürfte. Ganz unten findet Ed daher, was er sich erhofft hatte: Eine große Flasche mit extra starkem Make-up-Entferner. „Versuch es damit.“, meint er und reicht sie an Mel weiter. Dieser betrachtet die bunte Plastikflasche mit der zartrosafarbenen Flüssigkeit nur leicht verständnislos, zuckt dann mit den Schultern und kippt etwas davon auf den Lappen. Als er sich dann wieder Jokers Gesicht zuwendet, scheint das Make-up fast schon durch Zauberhand zu verschwinden, auch wenn Mel dennoch etwas reiben muss. Doch es sieht bei Weitem nicht mehr so brutal wie eben noch aus. Als der Lappen die letzte Farbe vom Antlitz des Clowns gewischt hat, sieht Edward plötzlich einen Jungen vor sich, der noch um einiges jünger wirkt, als er eh schon sein muss, und der so herzzerreißend entstellt ist, dass es Nigma schlagartig besagtes Herz bricht, als hätte er hier ein geliebtes Familienmitglied vor sich liegen und keinen Wahnsinnigen, vor dem er bis jetzt immer schreckliche Angst hatte. Ein Junge, der von lachenden Kindern auf dem Spielplatz in all seinen elenden Schuljahren gnadenlos verspottet wurde – falls er seit dieser Tat überhaupt jemals wieder eine Schule betreten hat. Ein Junge, der nie zum Mitspielen gebeten wurde. Ein Junge, der im Mannesalter vielleicht nie mit einer Frau schlafen wird, ohne sie bezahlen zu müssen – obwohl dieser Gedanke bei Joker allem Anschein nach wohl wegfallen dürfte, aber dann bezahlt er halt einen anderen Mann für dessen fragwürdige Liebesdienste. Ein Junge, der immer außerhalb des warmen und hellen Kreises anderer steht. Ein Junge, der sich in den nächsten fünfzig oder sechzig – bei seinem umstrittenen Lebenswandel vielleicht auch nur fünf – Jahren seines erbärmlichen Lebens im Spiegel betrachtet und denken wird, wie abgrundtief hässlich er doch ist, und daher sein gesamtes Leid hinter dieser grotesk-fröhlichen Clownsmaske zu verstecken versucht, die ihn immer tiefer in den Wahnsinn hinabzieht... Ed schämt sich für diese Gedanken, doch er kann sie nicht unterdrücken. Stattdessen fällt ihm auf, dass Joker eigentlich ein unglaublich liebenswertes – ja geradezu niedliches – Gesicht hat, wenn man die grausigen Narben, die ihm dieses geisteskranke, vernarbte Grinsen ins Antlitz brennen, einfach ausblendet. Und dieser Gedanke irritiert den Rätselmeister mindestens genauso sehr. Im selben Moment merkt er, dass er sanft mit den Fingern über die ihn zugewandte, entstellte Wange des Jungen gestrichen hat. ‚Sag mal, geht’s noch, du verdammte Schwuchtel? Nimm sofort die Flossen von dem elenden Bengel, bevor du dich noch mit irgendwas ansteckst!‘, kreischt Riddler nun richtiggehend. Überrascht von dieser so unbewussten Tat und der viel zu lauten Stimme in seinem Kopf, zuckt Nigma sichtlich zusammen. Als er zudem spürt, dass Mel ihm irritiert beobachtet, räuspert sich der Rätselmeister verhalten mit deutlicher Röte um die Nase und versucht den Faden wiederzufinden. „Das – hast du gut gemacht. Lass mich jetzt sehen, was ihm alles fehlt...“, meint er dann und beugt sich geschäftig über den besinnungslosen Jungen. Hofft, dass Riddler endlich einmal sein verdammtes Schandmaul hält, damit er sich konzentrieren kann... 10 Die meisten Verletzungen sehen auf den ersten Blick schlimmer aus, als sie eigentlich sind. Das bedeutet aber nicht, dass der Grünhaarige deswegen nicht viel abbekommen hat. Im Gegenteil. Trotzdem sah es mit den Unmengen Blut weit kritischer aus. Nachdem Ed nun alle Verbände und Pflaster verteilt hat, die seine Jungs auftreiben konnten, sieht der zu kurzgeratene Clown fast wie eine altägyptische Mumie aus. Aber immerhin ist langsam ein Ende in Sicht. Im Osten ist schon längst die Sonne aufgegangen, als Nigma sich der letzten Baustelle – dem Gesicht des Jungen – widmet. Gegen die dicken Veilchen, die die Augen des Clowns praktisch komplett zugeschwollen haben, kann er nicht unternehmen. Doch das wird sich von allein in ein paar Tagen regeln. Ein kühler Lappen wird dabei ein bisschen helfen. Als legt er den, den Mel ihm auf die Stirn gelegt hatte, als er ohnmächtig war, nun auf Jokers Augen. Für das zerrissene Ohrläppchen fädelt Ed nun einen medizinischen Faden durch eine Nadel. Vorsichtig setzt er den ersten Stich. Anschließend schiebt er einen winzigen Metallstift an die Stelle, wo vorher der Ohrstecker des Grünhaarigen gesessen hat. Er soll garantieren, dass dort auch später wieder Schmuck sitzen kann, ohne dass ein neues Loch gemacht werden muss. Diese Sache ist vielleicht völlig irrelevant, doch der Rätselmeister versucht immer alles perfekt zu machen, was er anfängt, daher macht er sich eben doch die Mühe, auch wenn es nicht sein müsste. Ein paar Stiche später ist auch das geschafft. Er legt eine kurze Pause ein, wobei ihm auffällt, dass der Riddler schon die ganze Zeit nichts mehr gesagt hat, seit er mit dem Verarzten begonnen hatte. Hat er endlich genug oder ekelt ihn das hier alles vielleicht sogar noch mehr, als es schon bei Ed der Fall ist? Fällt ihm einfach nichts mehr ein, was er ihm an den Kopf werfen kann oder begreift er womöglich, dass er hier doch nur auf taube Ohren stößt? Dem Brünetten ist es einerlei, er ist nur heilfroh, endlich wieder seine Ruhe zu haben und sich selbst denken hören zu können. Mit einem fast schon beschwingten Gefühl geht er daher wieder an die Arbeit. Nun betrachtet er sich den Mund des Jungen. Die dick geschwollenen Lippen sind an mehreren Stellen tief aufgerissen und werden von ihm daher mit Klebestrips versorgt. Halb so wild. Anders sieht es da schon bei den Zähnen des Grünhaarigen aus. Schon in der Iceberg Lounge war Ed aufgefallen, dass der Bengel eine regelrechte Bärenfalle im Mund herumträgt – ganz so, als würde man Killer Croc betrachten. Aus der Nähe gesehen, wirkt das Ganze richtig furchteinflößend. Andererseits auch wieder traurig, denn mindestens vier Zähne scheint ihm sein Gegner brutal ausgeschlagen zu haben. Drei weitere sind abgebrochen oder zersplittert. Hier kann Edward nun wirklich nicht viel für ihn tun, einzig ein paar Zahnreste entfernen, die lose herumliegen. Als Letztes widmet er sich nun der gebrochenen Nase des Clowns. Vorsichtig betastet er sie mit den Fingerspitzen. Auch sie ist haltlos angeschwollen. Dennoch kann er genug spüren, um festzustellen, dass sie tatsächlich gebrochen ist. Daher versucht er sie wieder einzurenken und gerade zu rücken. Dies erzeugt jedoch ein widerlich knirschendes Schaben, das er sogar unter den Fingerspitzen spüren und in seinen Ohren hören kann. Unweigerlich schlägt er sich den Handrücken gegen den Mund, um die aufkommende Übelkeit zu unterdrücken, und schluckt dann ein paar Mal hart. Mit geschlossenen Augen atmet er ein langsam und tief durch. Sorgenvoll wird er dabei von Mel beobachtet. „Geht’s, Boss, oder soll ich das vielleicht machen? Ich weiß, wie das geht. Hab mir selbst schon ein paar Mal die Nase wieder eingerenkt.“, kommt es von dem breitschultrige Mann, woraufhin ihm Ed einen dankenden Blick zuwirft. „Geht schon wieder.“, meint er dennoch tapfer und fixiert die lädierte Nase des kleinen Clowns dann mit einem Streifen Gipsverband. Nachdem auch das erledigt ist, lehnt sich Edward erschöpft zurück und schließt einen Moment die Augen. Mel sitzt schweigend neben ihm und sammelt alles ein, was noch übriggeblieben ist. Schließlich sucht der Rätselmeister seinen Blick und lächelt erschöpft. „Ich denke, wir sind fertig.“ „Das ist gut, Boss. – Denkst du, dass er durchkommt?“ „Ich bin mir nicht sicher. Aber ich denke, wenn es ihm bis heute Nacht nicht schlechter geht und er kein Fieber bekommt, dann ist er über den Berg. – Ich denke, du weißt auch, warum ich das getan habe, nicht wahr?“ Mel scheint einen Moment über die Frage nachzudenken, dann nickt er langsam. „Weil er gefährlich ist und andere seinem Beispiel folgen werden, sollte er draufgehen.“ „Genau. Joker mag vielleicht schlimm sein, aber stell dir nur mal vor, wie es wäre, wenn fünfzig oder hundert Typen durch seinen Tod angestachelt durch die Stadt rennen.“ „Er ist das kleinste Übel?“ „Ganz richtig.“ „Verstehe. Ich sag’s den Jungs. Ich denke, dass sie das dann auch begreifen werden.“ „Danke Mel. Kannst du mir noch einen Gefallen tun, bevor du dich nachher schlafenlegst?“ „Sicher, Boss.“ Ed greift nach Zettel und Stift, die sich immer auf seinem Nachttisch finden. Sorgfältig notiert er eine kleine Liste und reicht den Zettel dann an den anderen Mann weiter. „Kannst du zur Apotheke in der Miller Street fahren und diese Sachen besorgen? Das Meiste füllt nur unsere Bestände wieder auf und ist nicht ganz so wichtig. Dringend brauche ich aber die Glukoseinfusionen, um Joker wieder auf die Beine zu bringen. Mister Jonas dürfte heute Notdienst haben. Frag ihn am besten auch, was ich noch tun könnte. Du hast ja gesehen, was Joker alles fehlt. Vielleicht hat er ja ein paar Tipps oder Medikamente, die ich ihm geben könnte. Schmerzmittel oder so? Zudem soll er bitte diese Blutprobe von ihm bestimmen und dir eine Konserve davon besorgen. Ich weiß nicht, ob es wirklich nötig ist, doch besser, wir haben eine da und brauchen sie nicht, als das uns der Bengel hier deswegen verstirbt.“ „Wird gemacht, Boss.“, erwidert Mel mit leichtem Schmunzeln und nimmt dann das Geld entgegen, das Ed ihm reicht. Dann streckt er die Hand aus und hilft dem Brünetten auf die Füße zurück. „Danke. Lass uns runtergehen und erst mal etwas essen, und vor allen Dingen auf den armen Mike anstoßen...“, bedrückt senkt Nigma den Blick. Doch dann legt sich Mels Arm freundschaftlich um seine Schulter und drückt ihn an sich. „Nicht deine Schuld, Boss. Aber schön, dass du nach alledem noch Hunger hast!“ „Das wird sich zeigen.“, schwach erwidert der Rätselmeister sein Lächeln und lässt sich dann von ihm nach unten führen. 11 Eine Stunde später ist Joker dann mit Infusionen verkabelt, der unglückliche Mike begraben und ausgiebig auf sein Wohl getrunken, sodass sich Edward endlich ins Bett legen kann. Seine Gedanken schwirren wild umher und er glaubt nicht, überhaupt einschlafen zu können. Erst recht, weil es ein irgendwie komisches Gefühl ist, zu wissen, dass man mit einem nahezu Fremden das Zimmer teilt, der auch noch halbtot in einer Ecke auf einer alten Matratze liegt. Zumindest hat sich der schwere Blutgeruch inzwischen verzogen und Riddler scheint es ihm gleichgetan zu haben, hat er sich doch nicht mehr zu Wort gemeldet, nachdem er Ed so unschön beschimpft hatte. Wenigstens etwas. Jetzt heißt es warten, was Jokers Körper mit alledem macht. Leer starren die grünen Augen des Rätselmeisters zur Decke des abgedunkelten Zimmers hinauf. In weiten Teilen von Gotham sitzen die Menschen jetzt am Tisch beim Frühstück zusammen und ahnen gar nicht, was so alles in der letzten Nacht passiert ist, während sie friedlich schliefen. Und sie werden es wahrscheinlich auch niemals erfahren. Ob man sie deshalb als glücklich bezeichnen kann, da will sich Ed nicht festlegen. Unwissenheit kann manchmal ein Segen und ein echter Fluch gleichzeitig sein. Seine Gedanken versuchen noch immer, alles Geschehene Revue passieren zu lassen, um herauszufinden, ob alles, was er getan hat, das Richtige war. Ob er sich irgendwo noch mehr hätte bemühen können. Und noch viel wichtiger: Was alles für heute Abend geplant ist, damit die Aufbauarbeiten in den Narrows ungehindert weitegehen können. Er hat noch nicht einmal einen Bruchteil davon durchgenommen, da fallen ihm so endgültig die Augen zu, als hätte ihn jemand niedergeschlagen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)