About Clowns and Heroes von RaoulVegas ================================================================================ Kapitel 2: Bruises ------------------ 1 Der unschöne Zwischenfall in der Iceberg Lounge ist jetzt gut einen Monat her und noch immer ist es dem Dunklen Ritter nicht gelungen, den durchgeknallten Clown einzufangen, um ihn wieder zurück nach Arkham bringen zu können. Es ist wirklich zum Haare raufen! Der Bengel ist wie ein Floh auf Speed: Wenn man ihn endlich einmal zu Gesicht bekommt, springt er auch schon wieder davon. Doch Batman wäre ganz sicher nicht Batman, wenn er sich lange davon beirren lassen würde. Ziellos aber überaus aufmerksam, blickt er sich in der Dunkelheit der nächtlichen Stadt um, während eine gewisse Angst sein Herz wie ein Schraubstock zu umfangen scheint. Doch es ist nicht die Angst vor dieser lauen Sommernacht. Oh nein, ganz sicher nicht! Er hat keine Angst vor der Nacht. Er ist die Nacht! Er liebkost die Nacht. Reibt all seine Sinne an ihr, wie ein Mann sein Gesicht am wohlgeformten Busen einer jungen Frau zu reiben vermag. Aber für solch romantische Vorstellungen hat er jetzt so überhaupt keinen Gedanken frei. Nicht, solange dieser Irre noch frei herumläuft. Daher verzieht er auch keine Miene, als er auf diesen gottlosen Haufen einer verfluchten Stadt hinabblickt, die er so zärtlich sein Eigen nennt. Was ihm Angst macht, ist die Tatsache, dass dieser durchgeknallte Clown wieder etwas – womöglich Tödliches – anstellen könnte, bevor es ihm gelingt, ihn zu finden. In den Augen des Mitternachtsdetektiven gleicht es einem echten Wunder, dass alle Kriminellen, die bei der Sache in der Iceberg Lounge dabei gewesen waren, überhaupt noch leben, einschließlich dem Grünhaarigen selbst. Nicht einmal nennenswert verletzt wurden, abgesehen vom Riddler, der mit seiner Schusswunde aber noch Riesenglück gehabt hat und mittlerweile auch wieder auf den Beinen – sogar vor einer Woche aus der Anstalt ausgebrochen ist und seitdem untergetaucht zu sein scheint. Doch um ihn macht sich Bruce nicht wirklich Gedanken. Der Rätselmeister ist im Allgemeinen sehr handzahm und benutzt Gewalt nur als letzte Maßnahme, wobei er stets seine Schläger vorschickt, um dadurch unbemerkt zu entkommen. Oder – und das gefällt Batman nun wirklich nicht an ihm, wurden Bruce´ Eltern schließlich damals in dieser schrecklichen Nacht vor zwanzig Jahren erschossen, weshalb er jegliche Art von Schusswaffen strengstens verurteilt – er benutzt seine Pistole zur Notwehr. Doch die Magnum hat Ed auch nicht geholfen, wie ihm der Brünette in Arkham berichtet hat. Daher wohl auch kein Wunder, dass sich der Rätselmeister jetzt irgendwo verkriecht, bis es Batman gelingt, den blass geschminkten Bengel wieder einzufangen, ist einfach sicherer für den sensiblen Edward. Der Grünhaarige hingegen legt es richtiggehend darauf an, Blut zu vergießen und Chaos zu stiften, so scheint es dem Schwarzhaarigen, und das kann Batman nun wirklich nicht ignorieren, auch wenn er weiß Gott genug andere Sachen zu tun hat. Daher springt er nun leichtfüßig auf das nächste Gebäude, um weiter Ausschau zu halten. Und endlich wird seine Hartnäckigkeit belohnt, wie es scheint. Kaum zehn Meter unter ihm schleicht sich dieser rotzfreche Bengel gerade durch eine Gasse und wirkt ganz so, als würde er sich unbeobachtet fühlen, wahrscheinlich sogar schon wieder etwas Ungehöriges aushecken. Perfekt! Geschickt schießt Bruce seinen Enterhaken aufs nächste Dach und schwingt sich daran dann hinab in die Sackgasse, um den Clown nun endlich zu stellen... 2 Mit einem dumpfen, aber dennoch kaum hörbaren Plumpsen landet der maskierte Rächer keine zwei Meter hinter dem zu kurzgeratenden Bengel auf dem rissigen Beton. Obwohl das Geräusch im nächtlichen Treiben der niemals wirklich schlafenden Stadt nahezu untergeht, zuckt der Grünhaarige ertappt zusammen, als hätte er einen unerwarteten Schlag in den Nacken bekommen. Noch ehe Batman ihn somit an harschen kann, stehen zu bleiben, erstarrt der Junge in jeder Bewegung, gleich einem Jagdhund, der Beute ausgemacht hat. Der Moment des Schrecks hält jedoch nur kurz vor, sodass davon nichts mehr geblieben ist, als er sich nun herumdreht. „Batsy! Wie schön, dich wiederzusehen! Ich dachte schon, du bist mir wegen irgendwas böse und magst deswegen nicht mehr mit mir spielen.“, flötet der Junge mit seiner hochtönigen Stimme ausgelassen-fröhlich, sodass der Maskierte allein schon davon augenblicklich Kopfschmerzen bekommen könnte. Seine blutroten Augen glitzern dabei kampflustig. Ein sichelförmiges Grinsen teilt sein weißgeschminktes Gesicht. Es sieht aus wie ein Halbmond aus scharfgeschliffenem Chrom und wirkt so höhnisch, wie das Grinsen eines listigen Fuchses, dem man direkt in die Falle getappt ist. Knurrend erwidert Bruce seine Worte und tritt mahnend einen Schritt näher an ihn heran. „Wir spielen hier ganz sicher nicht, also hör mit diesem kindischen Unfug auf! Und böse bin ich dir so oder so. Oder denkst du etwa, ich würde deinen Amoklauf letztes Jahr auf dem Gotham Square einfach so unter den Teppich kehren? Von allem anderen danach mal ganz zu schweigen?“ Schmollend betrachtet ihn der Clown daraufhin. „Warum musst du immer diese alten Geschichten ausgraben? Ich hab dir doch gesagt, dass es keine Absicht war! Du tust ja glatt so, als wenn dir nie ein Fehler passieren würde. Außerdem war ich doch deswegen in dieser dümmlichen Anstalt, in die du mich geworfen hast, also was willst du denn noch?“ Missgünstig schüttelt der Schwarzgekleidete den Kopf. „Für den Anfang wäre es angebracht, wenn du in Arkham bleiben würdest, bis sie dich geheilt haben und du keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit darstellst.“ „Da ist es aber sooooo langweilig! Und was sollen die denn bitte bei mir heilen? Ich bin doch gar nicht krank...“ „Selbstverständlich bist du krank – geisteskrank!“ Lässig winkt der junge Clown ab. „So ein Blödsinn! Mir geht es prima. Außerdem hatte ich etwas Wichtiges zu erledigen und hab deswegen deine ach so heißgeliebte Anstalt verlassen. Und hab ich schon erwähnt, dass es da sterbenslangweilig ist? Das ist es nämlich. So eine Langeweile macht einen echt wahnsinnig, sag ich dir.“ Genervt seufzt Batman tonlos in sich hinein und lässt ihn einfach weiterhin Unfug vor sich hinplappern. „Langeweile ist absolut kein Grund auszubrechen, Joker!“ „Doch, dass finde ich schon. Außerdem sind das da alles totale Vollidioten. Weißt du eigentlich, was für’n Scheiß die da mit einem abziehen und behaupten, es würde einem helfen? Also mal ehrlich! Diese Typen machen einen überhaupt erst geisteskrank! Ist daher nur von Vorteil, dass ich da schnell wieder abgehauen bin, meinst du nicht auch?“ Bruce antwortet darauf nicht. Er weiß nur zu gut, welch fragwürdige Techniken in Arkham Anwendung finden und ist nicht gerade froh darüber. Erst recht nicht, weil sein Alter Ego Bruce Wayne der Anstalt jährlich Unsummen spendet, um alles auf dem neuen Stand zu halten und nach wirkungsvollen Behandlungsmethoden zu suchen. Dennoch gelingt es weder ihm noch seiner besseren Hälfte die unmenschlichen Verfahren zur angeblichen Wiederherstellung der geistigen Gesundheit zu ändern oder zu unterbinden. Es wird einfach heimlich weitergemacht und man lässt nichts erkennen, wenn Bruce Wayne der Anstalt mal wieder einen seiner regelmäßigen Besuche abstattet. Trotzdem ist er froh – wie auch der Rest von Gotham –, dass es die Arkham gibt, damit diese verlorenen Seelen einen Platz haben, an dem man ein Auge auf sie hat, statt sie weiterhin mordend und terrorisierend durch die Straßen ziehen zu lassen. Und ein gewöhnliches Gefängnis kommt bei ihrem unberechenbaren Wesen einfach nicht infrage. „Aber wichtiger war ja, dass ich zu diesem Treffen wollte. Wer weiß schon, was die sonst ohne mich beschlossen hätten? Ich wollte nur mein Recht einfordern, bevor sich die anderen einfach so alles unter den Nagel reißen und dann gar kein Platz zum Spielen mehr für mich bleibt, ohne dass sich einer von denen auf den Schlips getreten fühlt.“, führt der Grünhaarige locker weiter aus. „Was auch immer auf ihrer Tagesordnung gestanden hat, beinhaltete ganz sicher nicht das Chaos, das du angerichtet hast, und schon gar nicht, dass sie sich deinetwegen die nächsten zehn Stunden die Seele aus dem Leib kotzen. Mal ganz abgesehen von dem angeschossenen Riddler.“, hält der Detektiv sichtlich um Ruhe bemüht dagegen. „Hach, die sind doch selbst schuld, wenn sie behaupten, ich wäre nicht gut genug für ihre kleine Truppe. Ich hab ihnen schließlich eine Wahl gelassen, mich aufzunehmen. Also was kann ich denn dafür, wenn sie sich alle für so unglaublich wichtig halten? Und das mit dem armen Eddie-Teddy war nun ganz sicher nicht meine Schuld. Ich hab schließlich nicht um mich geballert, dass war ganz allein Pinguin. Ich hab immerhin dafür gesorgt, dass er Hilfe bekommt. Was sogar bedeutet, dass du mir eigentlich auch dankbar sein solltest, immerhin hast du die Trotteltruppe dank mir vollständig nach Arkham schaffen können.“, schmollt der Junge mit verschränkten Armen. Innerlich schlägt sich Batman mit der Hand vor die Stirn und spürt nur zu deutlich, wie sich ein pochender Schmerz in seinem Kopf ausbreiten will. Der Bengel ist doch einfach nicht zu fassen. Als wenn man mit einem kleinen Kind versucht zu diskutieren, das vehement anderen die Schuld zuzuschieben versucht, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Allerdings hat er schon recht mit der Tatsache, dass er dank des Jokers all seine Gegenspieler auf einmal erwischen konnte. Doch das wird er dem selbstgefälligen Bengel ganz sicher nicht auf die Nase binden, sonst bildet er sich nur noch mehr Irrsinn ein. Er sollte das Ganze daher schleunigst beenden und den Clown wieder zurück nach Arkham bringen, bevor sich die Kopfschmerzen richtig festsetzen können. Die Nacht hat immerhin gerade erst angefangen und der Rächer somit sicher noch einiges mehr zu tun. 3 „Mir ist egal, wer die Schuld hatte und was passiert ist. Du gehst jetzt zurück nach Arkham! Also ergib dich einfach und lass uns das hier vernünftig regeln.“, verlangt Bruce nun sichtlich angefressen. Wie aber nicht anders zu erwarten, gibt der Clown daraufhin nur ein helles Kichern von sich und bedenkt ihn mit diesem speziellen Blick, der ausdrücken soll, dass der Schwarzhaarige es doch eigentlich besser wissen müsste. Und das tut Batman tatsächlich, hatte aber mal wieder etwas Anderes gehofft. Doch das Schicksal meint es nun einmal nicht sonderlich gut mit dem maskierten Rächer. „Nö! Das ist doch langweilig. Gönn mir doch wenigstens mal ein bisschen Spaß, bevor du mich in dieses miese Loch zurückwerfen willst!“, protestiert der Kleinere „Spaßig wird das hier ganz sicher nicht für dich, denn wenn du dich nicht freiwillig ergibst, sehe ich mich unweigerlich dazu gezwungen, dir wehtun zu müssen.“, entgegnet der Dunkle Ritter und ballt vielsagend die Fäuste. „Oh, du sagst immer so wundervolle Sachen, Darling! Also komm doch endlich her und zeig mir, was du kannst!“, kommt es sichtlich angetan von dem Jüngeren. Innerlich verdreht Bruce nur wieder die Augen. Er hatte schon bei ihren vorherigenden Aufeinandertreffen das Gefühl gehabt, dass der Joker eine gewisse Schwäche für Schmerzen hat. Wahrscheinlich hat er irgendwelche masochistischen Neigungen und reizt den Detektiven deswegen immer wieder bis aufs Äußerste? Für ihn kommt das hier alles sicher einer ziemlichen Befriedigung nahe und somit wird es Batman wohl nie gelingen, ihn zum Aufgeben zu bewegen. Aber das lässt sich wahrscheinlich nicht so bald ändern. Immerhin hat es den kleinen Vorteil, dass sich der Mitternachtsritter nicht sonderlich zurückhalten muss. Schließlich kann der Bengel auch erstaunlich viel einstecken, von daher dauert es eine Weile, ehe er in die Knie geht und das ermöglicht es dem Maskierten zumindest, sich etwas an ihm abzureagieren. „Schön, wenn du es nicht anders haben willst...“, entgegnet Bruce und stürmt mit geballter Faust auf ihn zu. „Oh, so gefällst du mir gleich viel besser, Honey!“, flötet der Junge ausgelassen und weicht dem Angriff dann geschickt aus. Ohne aus dem Tritt zu kommen, setzt er so zum eigenen Schlag an. Der Ältere blockt das Ganze aber gekonnt ab, holt abermals aus und trifft doch nur wieder die Luft. Das Grinsen des Clowns wird daraufhin nur noch breiter. „Ja, lass uns tanzen, Darling!“, kichert er vergnügt, vollführt eine erstaunlich elegante Drehung, wobei er einem weiteren Schlag entkommt, und zieht dann ein Messer aus der Tasche. Tödlich glitzert die Klinge im nächtlichen Schein weniger Laternen, doch es reicht, um Batman die drohende Gefahr zu verdeutlichen. Im letzten Moment ändert er daher das Ziel seines nächsten Schlags, sodass er nun den heranschnellenden Arm des Bengels mit voller Wucht trifft. Mit einem überraschten Laut zuckt der Junge leicht zusammen und lässt klappernd das Messer fallen. Sein Grinsen bleibt jedoch ungetrübt. „Das war gut, Sweetheart. Wirklich gut!“ „Halt endlich die Klappe und gib auf!“ „Wir haben doch gerade erst angefangen, also sei nicht so ein Spielverderber und gib’s mir endlich richtig!“, schmollt der Grünhaarige schon fast und hebt ruckartig das Bein, um ihn zu treten. Dummerweise landet er diesmal einen Treffer. Doch das Ganze geht gegen die Hüfte des Größeren, sodass es ihn kaum ins Wanken bringt. Hätte der Clown nur ein paar Zentimeter höher getroffen, sehe das vielleicht anders aus. So jedoch nutzt Batman den Treffer, um nun das Bein des Grünhaarigen zu fassen zu bekommen und ihn so wuchtig gegen die nächste Wand zu werfen. Jokers Sturz wird allerdings von einigen dort aufgereihten Mülltonnen abgebremst, bevor er womöglich sehr innige Bekanntschaft mit der Backsteinmauer dahinter gemacht hätte. Mit lautem Scheppern fallen die Tonnen um und verstreuen ihren halben Inhalt als stinkende Haufen auf dem rissigen Beton der Gasse. Wie ein weggeworfenes Kätzchen liegt der zu kurzgeratene Bengel einen Moment in dem fäulniswarmen Gebilde, blickt Bruce leicht überrascht an und grinst dann wieder breit. „Das war nicht sehr nett, Darling! Den Gestank bekomme ich sicher nie wieder aus den Klamotten, obwohl ich mich doch extra nur für dich so in Schale geworfen hab.“, höhnt er leicht säuerlich und steht wieder auf. „Dein Pech. Doch in Arkham hast du ja viel Zeit über verschiedene Waschmittel nachzudenken.“ „Du wiederholst dich, Sweetheart. Aber das macht nichts. Ich hab trotzdem meinen Spaß mir dir!“ „Nicht mehr lange, fürchte ich!“, droht Bruce und tritt diesmal nach ihm. Der Bengel duckt sich allerdings unter seinem schweren Stiefel hinweg und bekommt dabei wieder sein fallengelassenes Messer zu fassen. Blitzschnell richtet er sich damit auf und zielt nun auf den Hals seines Gegners. Die Klinge würde es wahrscheinlich nicht schaffen, durch das verstärkte Material seines Anzugs zu dringen, um ihm wirklich gefährlich zu werden, dennoch reagiert Bruce so, als könnte es ihn schwer treffen. Außerdem muss sich der sichtlich kleinere Clown schon anstrengen, um so hoch überhaupt einen nennenswerten Treffer landen zu können, ohne selbst vorher getroffen zu werden. Wuchtig ergreift Batman daher heranschnellende das Handgelenk des Jüngeren, ehe die Spitze der Klinge ihn berühren kann. Grob zieht er den blass geschminkten Bengel zu sich heran und verstärkt seinen Griff so lange, bis dieser das Messer erneut fallenlassen muss. Knurrend blickt Batman ihm tief in die unnatürlich roten Augen und greift auch nach seiner anderen Hand, damit der Grünhaarige nicht auf dumme Gedanken kommt. Für einen Tritt sind sie sich im Moment viel zu nahe, berühren sich ihre Körper doch schon fast völlig, weshalb sich der Rächer erst einmal auf der sicheren Seite fühlt. Trotzig erwidert der kleine Clown seinen Blick und gibt seinerseits ein herausforderndes Knurren von sich, was bei ihm allerdings eher lächerlich klingt. Eine kleine Ewigkeit scheint zu vergehen, in der sich die beiden einfach nur anfunkeln, als könnten sie mit bloßen Blicken ihr Gegenüber zum Aufgeben bewegen. Für Gewöhnlich ist das eine ziemlich wirkungsvolle Technik von dem Dunklen Ritter, die bei dem durchgeknallten Clown allerdings nur noch mehr Flausen zu wecken scheint ‚Komm, Joker!‘, erklingt es auf einmal im Kopf des Grünhaarigen. ‚Lass die Einsamkeit hinter dir, über die du immer nur lachst, weil du nichts anderes kannst als lachen! So eine Gelegenheit wird sich dir so schnell ganz sicher nicht mehr bieten. Also ergreife sie!‘ Diese kleine Stimme hat definitiv recht. Also verdrängt er all seine Bedenken und nähert sich Batman zu einem Kuss! Im ersten Moment ist der Schwarzhaarige so überrascht von dieser unvorhergesehenen Wendung, dass er überhaupt nicht reagieren kann. Ganz hinten in seinen Gedanken fällt ihm jedoch wieder ein, was mit den ganzen Verrückten in der Iceberg Lounge passiert war, nachdem Joker sie geküsst hatte. In Arkham hatte Batman sie nach dem Vorfall befragt und alle schienen sich in dieser Hinsicht einig zu sein. Irgendetwas im Lippenstift des Jungen hat sie ausgeknockt und dann auch noch krank gemacht, sodass sie sich fast ununterbrochen übergeben mussten, nachdem sie aus ihrem nahezu komatösen Zustand wieder aufgewacht waren. Kein Wunder also, dass der Ritter nun fürchtet, ein ähnliches Schicksal teilen zu müssen. Das Ganze jetzt ist jedoch keine flüchtige Berührung, sondern so innig und begierig, dass der Maskierte nur eins und eins zusammenzählen muss, um zu begreifen, was hier zudem gerade los ist. Als sich der Clown nun wieder von ihm trennt und ihn mit verhangenen Augen ansieht, bestätigt sich seine Vermutung doch ziemlich. „Oh Darling, ich hasse dich so sehr...“, raunt der Clown in Erregung beinahe ertrunken und schmiegt sich fester gegen ihn. Seine Worte scheinen so gar nicht zu seinem Tun zu passen. Doch wie vieles Andere auch, meint Joker sicherlich genau das Gegenteil von dem, was er sagt oder interpretiert etwas Anderes in das Wort Hass hinein. Als Batman ihn nun mustert – noch immer außer Stande etwas zu tun –, fällt ihn auf, dass der Lippenstift des Grünhaarigen rot ist und nicht gelb oder blau, wie ihm die anderen Ganoven beschrieben haben. Welches Schicksal wird Batman also ereilen, wenn nicht das ihre? Den Worten und dem Blick seines Gegenübers entnimmt er in jeden Fall nichts Gutes... 4 Allmählich klären sich seine Gedanken aber wieder und er setzt genau in dem Moment zur Gegenwehr an, als Joker erneut versucht ihn zu küssen. Grob stößt er den Jungen von sich weg, ehe sich ihre Lippen abermals berühren können. Unsanft stolpert der kleine Clown dabei nach hinten und landet dabei hart auf seinen vier Buchstaben. „Wir sind aber ganz schön stürmisch heute, was Sweetheart?“, gluckst er dennoch sichtlich angetan. „Was soll den Mist? Hast du mich jetzt mit irgendetwas vergiftet? Spuck es schon aus?“, fordert Batman, packt ihn am Kragen und zerrt ihn grob wieder auf die Füße. Gib mir Zeit Meine Verbrechen zu begreifen „Warum sollte ich so etwas tun, Honey? Das hast du nun wirklich nicht verdient. Ich will dir doch nur zeigen, wie sehr ich dich hasse, mein Großer!“, haucht der Clown deutlich erregt und versucht abermals den Abstand zwischen ihnen zu überwinden. Das lässt der Maskierte jedoch nicht zu. „Du elende kleine Schwuchtel!“ Für gewöhnlich ist es überhaupt nicht Batmans Art, so etwas zu sagen oder auch nur zu denken, steht er dem Thema doch eigentlich sehr offen gegenüber. Aber die bloße Tatsache, dass es ausgerechnet dieser durchgeknallte Bengel gewagt hat, ihm auf diese Weise nahezukommen, lassen sämtliche Sicherungen bei ihm haltlos durchbrennen. Daher stößt er den Kleineren erneut kräftig in den verstreuten Müll und nähert sich ihm dann mit geballter Faust. Lass mich lieben und stehlen „Schwuchtel klingt doch etwas hart, findest du nicht? Aber recht hast du schon, ich steh auf Kerle. Und ich bin sicher nicht der Erste, der dich verflucht scharf findet, Darling, also kannst du dich ruhig mal etwas gehenlassen.“, kommt es erstaunlich gelassen von dem Jungen, obwohl er angewidert das Gesicht verzieht, während er sich aus dem Müllhaufen zu erheben versucht. Ich habe vor deinen Augen getanzt Das reicht nun aber endgültig! Batman hat absolut keinen Nerv mehr für so etwas. Sieht nur noch rot. Gewaltsam zieht er den jungen Clown aus dem Müll heraus, drückt ihn fest gegen die Backsteinmauer und schließlich passiert es. Seine Faust schlägt zu, bevor sein Gehirn Nein sagen kann. Schlägt immer wieder zu, obwohl Joker ziemlich schnell seine Gegenwehr aufgibt. Die Schmerzen hat der Grünhaarige erwartet, auf sie war er vorbereitet, wollte sie sogar spüren, doch nicht so, nicht auf diese Weise. Er lebt schon so lange mit Schmerzen jeglicher Art, dass sie ihm fast wie alte Freunde vorkommen. Was ihn dagegen wirklich erschreckt, ist die abgrundtief kalte Abneigung in Batmans Blick. Jokers bis eben noch so vorfreudige und angenehme Gefühle beginnen sich plötzlich zu verflüchtigen. Er kann spüren, dass sie wie aufgeschreckte Vögel aus seinem Kopf auffliegen. – Oder wie Fledermäuse beim Anbruch der Nacht aus einem Kirchturm. So sehr schockiert den Grünhaarigen die kaltherzige Abneigung im Gesicht des Ritters. Doch es ändert nichts an der Tatsache dessen, was er ihm gerade gesagt hat, auch wenn es nicht wirklich Worte bedarf, immerhin versucht Joker seine Homosexualität nicht gerade zu verstecken, was Batman bisher aber wenigstens hingenommen oder ignoriert hat. Wie kann ich ehrlich zu dir sein? Doch ein Kuss scheint die magische Grenze zwischen ihnen zu sein, und er hat es doch tatsächlich gewagt, sie so leichtsinnig zu übertreten, und jetzt muss er mit den Konsequenzen leben. Doch das kann und will er nicht hinnehmen. Es mag vielleicht falsch gewesen sind, ihn so ungefragt zu küssen, und sich somit ihm gegenüber offen zu outen, aber das ist noch lange kein Grund, sich deswegen von ihm ins Koma prügeln zu lassen, nur weil Batmans ach so erhabener Stolz verletzt wurde. Also muss es ihm schnellstmöglich gelingen zu flüchten, ehe er dafür vielleicht nicht mehr in der Lage sein wird... Willst du mir wirklich wehtun? Unbarmherzig und fast wie von Sinnen schlägt der Dunkle Ritter immer wieder ungehalten auf ihn ein. Jedes Zucken des sich eigentlich nicht mehr wehrenden Clowns interpretiert er nur als einen neuen Versuch Chaos zu stiften und ihn bis an jede Grenze zu reizen. Doch er wird schon sehen, was er davon hat! Er wird ihn bis nach Arkham prügeln und dann bekommt er noch eine Extra-Abreibung für seine Frechheiten, damit er ein für alle Mal lernt, wer hier das Sagen in Gotham hat – und das ist ganz sicher keiner dieser Verrückten! Willst du mich wirklich zum Weinen bringen? Allmählich wird dem Grünhaarigen schwarz vor Augen, während blutige Tränen wilde Muster in seine völlig verschmierte Schminke ziehen. Ein ganz schlechtes Zeichen. Er muss schnell handeln, damit er hier noch irgendwie wegkommt. Keinesfalls will er jedoch zurück in diese Anstalt. Schwerfällig versucht er daher mit seiner Hand in seine Hosentasche zu kommen. Doch sein Körper scheint ihm nicht mehr so richtig gehorchen zu wollen. Ja, es stimmt, er steht auf Schmerzen, besonders wenn Batman sie ihn zuteilwerden lässt, doch das ist zu viel des Guten, viel zu viel. So sollten sie nicht mit einander verkehren. Es ist einfach nur falsch! Das ist nicht der Batman, den er auf so sagenhafte Weise hassen – oder womöglich doch lieben? – gelernt hat, dass es sein Herz mit gar tausend Schmetterlingen erfüllt. Irgendwie schafft er es dann doch noch, in seine Tasche zu langen und den hoffentlich rettenden Gegenstand zu umklammern. Seine Sicht verschwimmt, alles scheint sich rot zu färben, doch er muss es einfach schaffen, nur noch ein kleines bisschen... Kraftlos hebt er ein letztes Mal den Arm. Der Ritter scheint es gar nicht mitzubekommen, zu sehr ist er darauf fokussiert, ihn mit seiner Faust zu bearbeiten. Das ist gut. Bitte lass ihn auch weiterhin abgelenkt sein! Wenn es nur nicht so unsagbar schwer wäre, den Arm zu heben. Herr Gott noch mal! Mehrfach sackt er wieder herab, völlig taub, so wie der Rest seines Körpers. Schließlich wuchtet Batman ihn noch ein letztes Mal kräftig gegen die Backsteinwand, sodass sein ohnehin schon lädierter Kopf heftig dagegen knallt und er einen Moment lang nur noch Sterne sieht. Denkt, dass er jetzt endgültig ohnmächtig werden wird und erst in Arkham wieder aufwachen könnte – eingezwängt in diese absolut nicht tröstliche Hab-mich-lieb-Jacke, in einem gepolsterten Raum ganz allein sich selbst überlassen und so vollgepumpt mit Drogen, dass er kaum weiß, wo oben oder unten ist. „Hast du jetzt endlich genug, du verrückter Spinner?“, harscht der Dunkle Ritter zähneknirschend. Und das war sein Stichwort. Das nahezu magische Wort, das ihm einen letzten Kraftschub verpasst. „Ich – ich – bin – nicht verrückt...“, bringt Joker schwerlich hervor und hustet einen Schwall Blut auf die Vorderseite von Batmans Anzug. Gleichzeitig hebt er noch einmal den Arm. Diesmal gehorcht ihm sein Körper gnädiger Weise und so knallt er Bruce die tennisballgroße Rauchbombe mitten gegen die rechte Schläfe. Erschrocken taumelt der Rächer heftig hustend zurück und lässt ihn dabei fallen. Es dauert einen Augenblick, dann hat der Schwarzhaarige eine kleine Gasmaske aufgesetzt und versucht, den sich weiterhin ausbreitenden Rauch zu verlassen. Etwas schwerfällig greift er nach einer Feuerleiter in der Nähe und klettert ein paar Sprossen hinauf. Kurz darauf verzieht sich der Qual endlich, doch Joker ist verschwunden. „Verdammter Mist! Das ist doch gar nicht möglich!“, knurrt Bruce in sich hinein. Doch weit kann der Clown in seinem Zustand unmöglich gekommen sein. Daher lässt er sich wieder zu Boden fallen und durchsucht die Gasse. Hier ist er allerdings nicht. Wie durch ein Wunder ist es dem Bengel gelungen zu flüchten, ohne dabei eine Spur aus Blutstropfen zu hinterlassen, was für den Ritter nahezu unerklärlich scheint. Hastig verlässt er die Sackgasse und sieht sich in der näheren Umgebung um. Der Bengel muss hier irgendwo sein, immerhin dürfte er kaum geradeaus gehen können. Endlose Minuten verstreichen, ohne dass er etwas findet. Das kann doch einfach nicht wahr sein! Er war so kurz davor, ihn wieder nach Arkham zu bringen und dann das. Innerlich könnte er sich selbst dafür ohrfeigen, dass er so sehr die Beherrschung verloren hat. Hätte er nicht angefangen so blindwütig auf den Jungen einzuschlagen, wäre ihm ganz sicher nicht die Flucht gelungen. Stattdessen hätte er den durchgeknallten Clown bei der ersten sich bietenden Gelegenheit betäuben und ins Batmobil verfrachten sollen. Oh, wie konnte er nur so ausrasten, verdammt? Und wahrscheinlich ist die gute Laune des Jokers nun auch erst einmal dahin und er wird allein schon aus Rache für das soeben Erlittene so bald wie möglich wieder mordend durch Gotham ziehen! Was hat er nur angerichtet? Ehe der Maskierte sich jedoch noch mehr selbst die Schuld dafür geben kann, fällt sein Blick zufällig auf etwas am nächtlichen Himmel über ihm. Ungläubig weiten sich seine Augen. Das hat ihm gerade noch gefehlt, das Bat-Signal! Irgendetwas ist also passiert, das sein Eingreifen nötig macht. Unschlüssig wendet er den Blick wieder auf die Straßen vor sich und denkt nach. „Verdammter Mist!“, knurrt er schließlich ungehalten, rennt ein paar Gassen weiter, wo er das Batmobil abgestellt hat, springt hinein und düst dann mit röhrendem Motor Richtung Polizeistation, um zu sehen, was passiert ist. Er kann nur hoffen, dass der Grünhaarige sich eine Weile zurückzieht und seine Wunden leckt, ehe er wieder etwas anstellt. Vielleicht hat der Rächer in der Zwischenzeit die Möglichkeit ihn aufzutreiben? Auf etwas Anderes wird er so bald ganz sicher nicht hoffen können... 5 Der kleine Clown weiß selbst nicht, wie es ihm gelungen ist, Batman zu entkommen oder auch nur einen Schritt vor den anderen zu machen. Doch er hat es geschafft, steht nun im Schatten einer kaputten Laterne an die kühle Backsteinwand gelehnt und versucht irgendwie sich auf den Beinen zu halten. Ein Glück ist die Fledermaus in die andere Richtung gegangen, um ihn zu suchen, sonst wäre es jetzt definitiv aus mit ihm. Und wer auch immer das Bat-Signal eingeschaltet hat, verdient den größten Dank des Grünhaarigen. Mit schwerem, rasselndem Atem und so dicht verschwommenem Blick, dass er eigentlich schon gar nichts mehr erkennen kann, verharrt der Junge zitternd und wartet darauf, dass das tiefe Röhren des Batmobils in der Ferne verklingt. Als dem endlich so ist, setzt Joker unsicher einen Schritt vor den anderen, schwankt bedenklich und tastet sich dann ganz langsam zur Einmündung der Gasse voran. „Scheiße...“, kommt es brüchig und kaum noch verständlich hervor. Schmerzlich verzieht er dabei die blutigen Lippen. Kurz darauf stoppt er, schiebt seine geschwollene Zunge einmal ganz vorsichtig durch den Mund, findet was ihn gestört hat und spuckt den abgebrochenen Zahn dann in den verdreckten Rinnstein vor sich. Nahezu ungläubig betrachtet er den scharfkantigen Splitter und versucht sich an einem wehmütigen Lächeln, was ihm aber nicht so recht gelingen will. „Irgendetwas sagt mir, dass – Batsy vielleicht – ein kleines bisschen – sauer war...“, bringt er keuchend hervor. Unweigerlich muss er über seine eigenen Worte kichern, was eine neue Schmerzwelle durch seinen ganzen Körper zu jagen scheint. Als ihm dann auch noch bedenklich schwarz vor Augen wird, lehnt er sich nach Luft ringend gegen die Wand und verharrt dort eine kleine Ewigkeit. Joker hat keine Ahnung, wie lange er so dasteht und sich zu zwingen versucht, nicht auf offener Straße ohnmächtig zu werden, doch als irgendwann ein paar Blocks weiter ein Polizeiauto mit hektisch blinkender Sirene vorbeirauscht, schlägt er die Augen wieder auf und setzt sich abermals in Bewegung. An sich ist sein Weg nicht weit, nur ein paar Straßen. Dort steht sein eigenes Auto, mit dem er sich in Sicherheit bringen kann, bevor ihn jemand entdeckt. Aber die Tatsache seines mitleiderregenden Zustandes macht es nicht gerade leichter, dorthin zu kommen. Zudem muss er tierisch aufpassen, dass ihn niemand sieht, sonst kann er sich auch gleich auf die Straße setzen und auf den nächsten Polizeiwagen warten, der ganz sicher nicht lange braucht, nicht in einer Stadt wie Gotham. Unsicher wie ein gebrechlicher alter Mann, der versucht über einen vereisten Weg zu laufen, tastet sich der Clown weiter voran. Immer wieder muss er jedoch anhalten und angestrengt nach Luft schnappen. Batman mag seinen Fluchtweg vorhin anhand der fehlenden Blutspuren nicht nachvollzogen haben können, jetzt hätte er damit in keinem Fall ein Problem. Joker blutet inzwischen wie ein abgestochenes Schwein, das irgendwie der Schlachtbank entkommen ist, und fühlt sich auch genauso. Die anfänglich vereinzelten kleinen Tropfen, die er hinter sich verteilt hatte, ballten sich an seinen Haltepunkten zu sichtlichen Pützen zusammen, doch inzwischen wirkt es so, als würde er versuchen, einen undichten Schlauch unter seinem Hemd zu verstecken. Sein fröhlich buntes Oberteil ist klatschnass, ebenfalls der Großteil seiner Hose, und daher zieht er nun eine ununterbrochene Spur hinter sich her, die seinen Weg wie eine rote Fahrbahnmarkierung in zwei zittrige Teile zu teilen scheint. Das ist gar nicht gut, absolut nicht. Der starke Blutverlust wird ihn sehr bald in die Knie zwingen, wenn er es nicht schafft, irgendwie schneller vorwärts zu kommen. Verschwommen versuchen seine müden Augen irgendeinen Weg zu erkennen und anhand dessen herauszufinden, wie weit es noch zu seinem Ziel ist. Doch es scheint unmöglich. Nichts, aber auch gar nichts kommt ihm mehr bekannt vor. Die Welt schwankt vor seinen unnatürlich gefärbten Seelen wie ein Hochseedampfer im Sturm. In seinem Kopf scheint kein einziger klarer Gedanke mehr vorhanden zu sein. Nur ganz leise kann er seinen Überlebenswillen in der hintersten Kammer seines Gehirns verzweifelt wimmern hören. Ihn zu hören, verdeutlich ihm erst recht, wie schlimm es wirklich gerade um ihn stehen muss, hat er ihn doch schon seit dem Tag nicht mehr so gehört, an dem ihm sein eigener Vater das zarte Kindergesicht zu dieser grausigen Fratze zerschnitten hatte und der Junge fürchtete, entweder in seinem eigenen Blut ertrinken zu müssen oder doch durch die Hand dieses schrecklichen Mannes zu sterben. ‚Du musst weitergehen und einen sicheren Platz finden, wo du deine Wunden lecken kannst!‘, beharrt sein Verstand. Ja, natürlich. Aber er hat noch nie im Leben ein so tödliches Bedürfnis nach Schlaf verspürt. Er wird ihn bald überkommen, wenn er sich ihm nicht freiwillig fügt. Wird ihn regelrecht niederschlagen, wie Batman nur Augenblicke zuvor. Tapsig schiebt er sich um die nächste Hausecke und versucht keuchend wieder zu Atem zu kommen. Schwach wandert sein Blick dabei umher, um irgendetwas Markantes zu finden, das ihm ein bisschen Hoffnung machen kann. Plötzlich weiten sich allerdings seine bleischweren Augen etwas. ‚Da ist dein Auto! Da ist es sicher. Da kannst du dich ausruhen. Nur noch ein paar Schritte!‘, versucht ihn sein vernebelter Verstand anzutreiben. Und tatsächlich steht dort sein Lamborghini im zitternden Schein einer bedenklich schiefstehenden Laterne. Joker kann sein Glück kaum fassen. Er wird es schaffen! Oh ja, er wird seinen heißgeliebten Wagen erreichen und dann kann er sich dieser tröstlichen Schwärze für eine Weile hingeben und darauf warten, dass sein Körper sich wieder zusammenflickt. Wackelig setzt der Grünhaarige einen Schritt vor den anderen und nähert sich seiner grellbunten Schutzzone langsam aber sicher. Der Wagen scheint richtiggehend im Dunkeln zu leuchten, so grell ist er lackiert. Daher gleicht es einem Wunder, das ihn bisher keiner gefunden zu haben scheint. Wäre dem so, würde Joker es unzweifelhaft daran erkennen, dass die Leiche des unglücklichen Idioten neben dem Lamborghini liegen würde. Das Fahrzeug des Jokers ist nämlich nicht nur unglaublich auffällig, sondern auch mindestens genauso wehrhaft. Man könnte meinen, es handle sich um eine neonbunte Version des Batmobils, und im Grunde ist es auch nicht viel anders. Der Wagen ist so dermaßen vollgepumpt mit Schickschnack, dass sicher selbst der Dunkle Ritter anerkennende Worte dafür finden würde. Ist aber auch kein Wunder, Joker wohnt ja zur Zeit auch in diesen feuchten Männertraum auf vier Rädern, und da braucht es halt allerhand Extras, ganz zu schweigen für den Fall einer Verfolgungsjagd mit dem Rächer. Also keine Leichen hier, sehr gut. Wäre schlimm, wenn er in seinem Zustand jetzt auch noch über so einen Trottel steigen müsste. Dennoch sollte der kleine Clown selbst vorsichtig sein und keinesfalls leichtsinnig die Karosserie berühren. In seinem mitgenommenen Zustand würde ihm das augenblicklich für immer alle Lichter auspusten! Also schön konzentrieren und nur die einzig sichere Stelle berühren. Zitternd streckt Joker die Finger nach der Fahrertür aus. Doch er erreicht sie nicht. Knapp einen Meter vor seiner sicheren Zuflucht schlägt ihn der allumfassende Schlaf brutal nieder. Besinnungslos bricht der junge Clown mit einem schmerzlichen letzten Stöhnen, das fast so leise ist, dass es wie ein Seufzen klingt, der Länge nach auf dem rissigen, mit Abfall übersäten Beton der Gasse zusammen, während sich eine erschreckend große Blutlache unaufhörlich unter ihm ausbreitet und sein Bewusstsein immer tiefer in der Dunkelheit dieser Nacht verschwindet... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)