Zwischen Weihnachtsgans und Kugelhagel von FlameHashira (20. Türchen für den Adventskalender) ================================================================================ Kapitel 1: Zwischen Weihnachtsgans und Kugelhagel ------------------------------------------------- Dean war gerade dabei gewesen, seine Waffen zu polieren – er hatte alles auf dem großen Tisch, im Planungsraum verteilt, Waffen, sowie Silberkugeln und allem anderen – als es passiert.   Der Weltuntergang!   Er hatte gehört, wie die Tür zum Bunker oben aufging. Eigentlich schon aufsprang! Man hörte sie laut und deutlich. Danach hörte man nur noch Jack's aufgeregtes Geplapper. Dean hatte sich abgekapselt, als es darum ging, zum Weihnachtsmarkt zu gehen, den die kleine Stadt in der Nähe des Bunkers aufgebaut hatten. Sam und Castiel waren bereitwillig mitgegangen. Dean musste sich eingestehen, dass es dumm war, nicht mitzugehen. Der gutmütige Sam, mit dem naiven Castiel und dem Jack, der so menschlich wie möglich leben wollte war alles... aber keine gute Kombination. Team Free Will 2.0 lief eben nur mit ihm, einem Jäger der hart durchgriff und Nein sagte, wenn es gesagt werden musste – ganz egal was für traurige oder böse Blicke ihn dann trafen.   Alles was Dean sah, waren große, braune Kartons und ein Sam mit einem Gesichtsausdruck zwischen Es tut mir leid und seiner altbekannten Bitch-Face.   Dean hob eine Augenbraue, dann warf Jack seinen großen Karton einfach ab. Auf seine Waffen! Die zum Glück nicht geladen waren, aber das war gerade zweitrangig. Alles im Körper des Jägers wehrte sich, dass zu hinterfragen. Aber die Neugierde siegte – genauso wie das Gefühl vom Kontrollverlust, über den Rest ihrer kleinen Familie.   „Was ist das?“, hakte Dean also mit verkniffenen Gesichtsausdruck nach, als hätte man ihm den Kuchen weggenommen, während er versuchte seine Waffen unter dem Karton hervor zu schieben. Castiel und Sam waren zumindest so freundlich, ihre Kartons auf den Boden abzustellen. Dean hörte es rascheln, dachte sich aber nicht so viel dabei. Vielleicht war Jack ausgerastet bei dem Anblick der ganzen Süßigkeiten oder Deko-Artikel, die man zur Weihnachtszeit überall bekam. Vielleicht hatte er entschieden, dass er Nussknacker sammeln wollte, während er weihnachtliches Gebäck verspeiste?   „Nun das ist-“, begann Sam seine Erklärung, wurde aber abrupt von Jack unterbrochen. „Schmuck für unseren Weihnachtsbaum!“, schrie der Nephilim voller Begeisterung, grinsend über das gesamte Gesicht und mit solch leuchtenden Augen, dass vermutlich sogar der Grinch ein weiches Herz bekommen würde.   Aber Dean war nicht der Grinch. „Weihnachtsbaum? Nein. Ohhhhh nein! Sam!“ Sein kleiner Bruder hob beschwichtigend die Hände in die Luft. „Glaub mir Dean, ich habe... wirklich alles versucht, aber ich wurde überstimmt.“ Überstimmt also, ja? Dean's Gesichtsausdruck verhärtete sich und lenkte sich auf Castiel, aber der Engel blickte ihm völlig unschuldig entgegen. „Cas?“, der Winchester packte so viel Härte wie möglich war, in den Spitznamen seines Freundes.   „Ja, Dean?“ Und Castiel machte das wahrlich unschuldigste Gesicht, dass man haben konnte. Mit einem Heiligenschein, wäre es noch besser und Dean würde vermutlich sofort weich werden. „Wir hatten doch darüber gesprochen. Wie wir zu Weihnachten stehen.“ Der Engel wagte es doch tatsächlich, eine Augenbraue anzuheben, als wüsste er nicht, wovon Dean da spreche. Und er spielte das Spiel weiter. „Ach? Haben wir das?“   Dean wusste nicht, ob er entsetzt sein sollte oder einfach nur verwirrt. Er entschied sich... irgendwie für beides. Doch ehe er wieder was dazu sagen konnte, setzte Jack ihm eine Weihnachtsmütze auf. Nun, zumindest traf es Sam schlechter, mit den Geweih eines Rentiers. Schlimmer als das alles war da nur, was Castiel auf den Kopf bekam.   Ein gottverdammter Heiligenschein!   Er war so verdammt gefesselt von diesem Anblick, dass er nicht einmal bemerkte, dass Jack sich einen Haarreif aufsetzte, an dem Schneeflocken bommelten, wie Bienenfühler. Dean hatte noch nie an Engel geglaubt, schon gar nicht an solche, die man von Bildern kannte. Süße Engelchen, mit Heiligenschein, flauschigen, weißen Flügeln und dem Bedürfnis, alles für die Menschheit zu tun. In Wahrheit waren 99% der Engel riesige Arschlöcher! Castiel war nie so gewesen. Sicherlich hatten sie auch zu Beginn ihre Meinungsverschiedenheiten gehabt, die hatten sie bis heute. Aber wann immer Castiel eine Entscheidung hatte treffen müssen, dann wählte er die Menschheit.   Und mit diesem Heiligenschein kam Castiel dem menschlichen Bild über Engel schon... relativ nahe. Natürlich war da immer noch der Trenchcoat, der absolut nicht zu diesem Bild passte und die Tatsache das Cas kein Kleidchen trug oder blonde Locken hatte.   „...also was sagst du, Dean?“ Aus den Gedanken herausgerissen, wandte Dean langsam seinen Blick von Castiel ab, sah stattdessen zu Jack, der ihn ernst musterte. „Sag ja! Bitte!?“   „Wozu?“, er räusperte sich und hob fragend seine Augenbraue an.   „Weihnachten. Bitte lass es uns feiern! Wir brauchen gar keine Geschenke dafür. Ich will nur einen Baum und den Bunker schmücken und das wir alle zusammen hier sind und uns einen Weihnachtsfilm ansehen!“   Sofort runzelte Dean die Stirn. „Ne-“   „Dean!“, Castiel's strenge Stimme durchbrach seine Verneinung und trotz dieser strengen Stimme, die Dean gerade gehört hatte... Erblickte er nichts anderes, als das unschuldige Abbild eines Engels. Es war sicherlich auf den neuen Status ihrer... Beziehung zueinander zuschieben, dass Dean sich so einfach ins Wort fallen ließ und seine Entscheidung die er getroffen hatte, nochmal überdachte. „Cas... Wir haben darüber gesprochen und ich meinte ernst, was ich gesagt habe.“ „Hol den Baum mit Sam rein, Jack. Ich kläre das mit Dean.“   Es klang beinahe wie eine Drohung, so wie Castiel diesen Satz aussprach. So zuckersüß und unschuldig, aber mit einer deutlichen Stärke in der Stimme, die für Gänsehaut bei Dean sorgte.   Jack wechselte einen Blick mit Sam, der immer noch das Geweih trug und die Schultern anhob, als würde er damit so etwas sagen wollen wie „Machen wir lieber, was man uns sagt“. Also verschwand sein... Ziehsohn mit seinem kleinen Bruder, um einen Baum zu holen, von dem es Dean nicht verwunderte, dass es ihn bereits gab. Scheinbar hatte Sam es absolut nicht geschafft sich irgendwie gegen zwei Engel zu behaupten. Also musste Dean das jetzt übernehmen. Seufzend – und ein wenig ächzend, wegen seiner Knochen die sich älter anfühlten, als sie waren... - erhob sich Dean aus seinem Stuhl, um sich für eine lange Diskussion bereit zu machen.   Aber gerade als er stand, gab es für ihn gar keine Sekunde Zeit zum reagieren. Es fanden sich zwei Hände im Kragen seines weinroten Hemdes und im nächsten Moment lag ein Paar Lippen auf seinen. Jeder Grund für eine Diskussion verflog im Nu und stattdessen widmete er sich dem kurzen Moment der Zweisamkeit. Er zog Castiel fast bündig an sich, vertiefte den viel zu unschuldigen Kuss und spürte seine Mauern brechen.   „Ich weiß, was du von Weihnachten hältst. Aber Jack will das erleben.“ Castiel's Lippen entfernten sich kaum einen Millimeter, als er die Worte aussprach, die Dean beinahe dazu brachten, sich zurück zu ziehen. „Es ist sein erstes Weihnachten. Lass es uns so schön wie möglich für ihn machen. Und Sam will es auch feiern und du bestimmt auch, du willst es nur nicht zugeben.“ Der Engel sorgte mit seinem Körper dafür, dass Dean sich nicht zu weit entfernen konnte. Immer noch fühlte er den warmen Atmen an seinen Lippen. „Und ich hätte auch nichts dagegen, mal ganz normal Weihnachten zu feiern.“   Dean war chancenlos. Castiel sah ihm so intensiv in die Augen, als würde er ihn hypnotisieren – was er wahrscheinlich auch wirklich machte... - und außerdem ging die Tür vom Bunker ein weiteres Mal auf und er hörte, wie Sam irgendwelche Anweisungen gab, um den Tannenbaum sicher nach unten zu bringen.   „Na gut, einverstanden“, seufzte Dean schließlich. Castiel lachte erfreut auf. „Super!“ Und drückte ihm prompt einen Kuss auf die Lippen, ehe er Sam und Jack zur Hilfe eilte.   Dean seinerseits, begann lieber damit seine Waffen wegzupacken, damit es nicht noch zu einem Desaster kommen würde. Jack war auch leider nicht die vorsichtigste Person, wie man vorher schon daran hatte erkennen können, wie er seinen Karton voller Schmuck auf Waffen abgestellt hatte. Sein Zusammenpacken dauerte genauso lang, wie es drei Männer schafften, einen Tannenbaum herunterzutragen, der reichlich groß war, dass man sicherlich eine Leiter bräuchte, um an die Spitze ran zu kommen. Er überließ es seiner kleinen Familie, den Baum aufrecht hinzustellen und versorgte lieber die Waffenkammer mit all ihren Waffen. Auch wenn sie nicht so poliert waren, wie er es gerne hätte.   In einer Familie musste man eben Kompromisse eingehen.   Als er zurück in den Hauptraum des Bunkers trat, war er nicht wirklich überrascht vom sich, ihm bietenden Bild. Jack, der halb in einer Lichterkette gewickelt war und versuchte Knoten zu lösen, ohne mitzubekommen, dass er ein Teil davon war. Sam und Castiel die mit Mühe und Not versuchten, den Baum aufzustellen, in die Halterung, welche sie auch gekauft haben musste. Es fehlte nur die Weihnachtsmusik im Hintergrund, dann käme dies Szenerie einem kitschigen Film gleich. Auch wenn Jack irgendwie hilfloser wirkte, glaubte Dean dass dieser es leichter hatte, weshalb er sich an Sam und Castiel wandte.   „Kommt, ich helfe euch Deppen mal aus“, verdrehte er die Augen. Während Castiel und er es schafften den schweren Baum in die Aufrechte zu bewegen, setzte Sam sein überdurchschnittlich intelligentes Gehirn ein, um herauszufinden wie diese Befestigung funktionierte. Nach einigem 'Lasst mal los' und 'Ahhh, haltet ihn fest!' war das Werk endlich vollbracht und der Baum stand wie eine Eins! Sobald sie das Netz drumherum zerschnitten hatten, entfaltete er all seine Pracht und erfüllte den Raum mit dem typischen Tannen-Geruch, den auch Dean nicht so schlecht fand – trotz seiner Weihnachts-Muffeligkeit. Das Beben das daraufhin folgte, erklärte sich von selbst, als ein zusätzliches 'Au!' erklang und irgendwie verdeutlichte, was man sah.   Jack, vollständig in einer Lichterkette gewickelt, am Boden liegend. „Hilfe?“   „Oh, Jack“, Dean verdrehte ein wenig die Augen, genau deshalb deshalb war er gegen Weihnachten gewesen, oder eher dagegen, dass sie es hier feierten. Das bedeutete reines Chaos. Und sie hatten genug Chaos im Leben, um es in ihrem Bunker mal geordnet haben zu können.   Castiel schaffte es – sicherlich mit seiner Engelskraft – den jungen Nephilim wieder vom Boden zu heben und eingewickelt hinzustellen. Dann suchte der Engel nach dem Anfang – oder dem Ende? - der Lichterkette, damit Jack auseinander gefädelt werden konnte. Sam war glücklicherweise klug genug gewesen, Bier aus dem Kühlschrank zu holen und Dean eines davon anzubieten, während sie dabei zusahen wie Castiel mit eiserner Geduld weiter suchte und dann tatsächlich den Anfang gefunden zu haben. Tatsächlich sah es aber immer mehr danach aus, dass Castiel ein Teil der Lichterkette wurde, statt das er Jack herausgefädelt bekam. „Dean?“, hilfesuchend wandte sich der Engel an den älteren Jäger, während er versuchte einen Knoten aus der Lichterkette zu bekommen. Dean nahm einen Schluck aus seiner Flasche. „Ja, was denn?“ „Komm und hilf uns“, forderte Castiel, er konnte deutlich sehen, wie der Engel seine tiefblauen Augen verdrehte und so komplett menschlich wirkte.   Dean stellte seine Flasche auf dem Tisch hinter sich ab, ehe er auf seinen Freund zuging, aber zuerst einmal versuchte, Jack richtig zu befreien, was ihm der Nephilim mit einem Seufzen bedankte und den Worten, dass er sich lieber um Kugeln kümmern würde. „Wir könnten auch einfach dich als Tannenbaum benutzen“, schlug Dean vor, als er grinsend zu Castiel sah, der immer noch von der Lichterkette umwickelt war, wenn auch nicht so schlimm wie Jack zuvor. „Ich denke nicht, dass ich als Tannenbaum in Erwägung gezogen werden kann, Dean“, die ernste Stimme schwankte und zeigte, dass die Antwort nur halb so ernst gemeint war, wie gewollt. Dean's Humor war an mancher Stelle schrecklich, aber Castiel konnte wohl immer darüber schmunzeln – wenn er den Witz denn verstand. „Jetzt hilf mir hier raus.“   Mit einem Lächeln widmete sich Dean dem Entfernen der Lichterkette, etwas das schwieriger war als bisher geglaubt. Bei Jack hatte es einfacher funktioniert, aber es könnte auch an Castiel liegen, der ihn einfach nur anstarrte. Dean konnte nicht wegsehen, er war wie immer gefesselt von dem intensiven Blau und wusste im Prinzip gar nicht, wie er seine Hände bewegte und was er machte. Seine Konzentration lag nur darauf, dass sie sich näher kamen, einander ansahen und wie unglaublich stark sein Herz wieder klopfte. Es war schon lange her, dass er solche Freude gespürt hatte, sein Leben war mehr von Qualen und Leiden geprägt – und von Weltuntergängen.   „Dean...“, sagte Castiel leise. Er liebte es, wenn der Engel seinen Namen sagte. Ob laut oder leise war da völlig irrelevant. „Ich glaube, jetzt sind wir beide in einer Lichterkette gefangen.“ Es dauerte einige Sekunden, bis Dean den Wortlaut richtig vernahm und verstand. „Huh?“, machte er verwundert und merkte erst dann, wie die Lichterkette stellenweise an und um ihn herum hängte.   „Wenn Bobby da wäre“, mischte sich Sammy's Stimme ein. „Würde er euch beide wohl als Idjits bezeichnen. Nur mit dem Unterschied, dass er wenigstens gerafft habt, dass ihr einander liebt.“   „Halt die Klappe“, antwortete Dean darauf. Statt sich dem Lösen ihres derzeitigen – aneinander bindenden – Problem zu widmen, nutzte er ihre Nähe aus. Mit großer Freude stellte er fest, dass Castiel dem entgegen kam und sich ihre Lippen auf halben Wege wieder trafen. Auch wenn dank dem Schlittschuhlaufen – oder Schlittschuhtanz – alle hier Bescheid wussten, was Castiel und ihn anbelangte, vermied es Dean größtenteils dieser typischen Turtelei schwach zu werden. Der Engel nahm es glücklicherweise nicht böse auf, sondern verstand, dass nicht Jeder mit seiner Liebe hausieren gehen musste. Außerdem war es für Dean immer noch etwas... schwer, dass alles hier zu glauben. Das ihm dieses Glück in der Liebe wirklich vergönnt war. Wegen Castiel musste er sich nicht verändern, er konnte weiterhin jagen gehen, Zeit mit Sam verbringen und so viel Fast-Food essen, wie er wollte. Na gut, er bekam die kritischen Blicke mit, die der Engel ihm zuwandte, wenn er mal wieder ein Bier zu viel trank oder das Fett im Burger an seinen Mundwinkeln heraus triefte. Aber zumindest hielt er ihm sein ungesundes Leben nicht vor – sie Beide wussten am Besten, dass Dean alles was er machte, verdient hatte. Ganz egal ob er dadurch eventuell zehn Jahre früher sterben würde, bei all der Scheiße die er durchlebt hatte, würde er ohnehin kein allzu langes Leben haben.   Auch wenn Dean seine Zeit lieber knutschend mit Castiel verbracht hatte, wurden sie schließlich von Jack und Sam befreit – ohne das Jemand anderes in die Fänge der bösen Lichterkette kam – und Sam nahm sich dem entfummeln der Knoten an. Es war nicht überraschend, dass sein kleiner Bruder dieser langweiligen, nervenaufreibenden Aufgabe gewachsen war.   Dean half Jack lieber bei der restlichen Dekoration. Na ja, er stand daneben und reichte dem Jungen alles, was er wollte und nickte jedes Mal, wenn er fragte ob dieser eine Ort perfekt war für diese Kugel oder ob sich die Farben nicht beißen würden. Als ob Dean etwas davon verstand. Castiel war tatkräftiger dabei, den Baum zu schmücken und jedes Mal, wenn sich ihre Blicke trafen, musste auch Dean wieder lächeln. Am Ende sorgte der bereits hängende Schmuck für kleinere Probleme, wenn man die Lichterkette um den Baum wickeln wollte, aber auch das schafften sie problemlos. Anschließend wirbelte Jack mit haufenweisen, bunten Lametta um den Baum und warf alles drumherum, wie er wollte. Dean kannte sich nicht mit Weihnachtsbäumen aus, sie hatten sie einen richtigen gehabt, seitdem ihre Mutter damals gestorben war. Aber ihr jetziger Baum war... wirklich sehr bunt. Und voll. Aber Jack strahlte über das ganze Gesicht und alle anderen hatten wohl keine großen Anforderungen.   „Gut, jetzt wo das geschafft ist, können wir-“   „Ja, Dean!“, Jack's Schneeflocken-Haarreif wackelte, als er sich rasch zu ihm wandte. „Jetzt machen wir das Weihnachtsessen!“   „Weihnachtsessen?“, wiederholte Dean fragend.   „Ja, wir haben eine Gans gekauft, die wir nur noch füllen müssen... Ich habe ganz viele Rezepte gefunden. Aber mit Sam und Cas zusammen, haben wir uns für eine mit Apfelfüllung entschieden, jetzt müssen wir die nur noch zubereiten und dann können wir heute Abend richtig schön essen! Wie in all den Weihnachtsfilmen!“   „Die Küche ist für uns vier etwas zu klein“, sagte Dean langsam. „Also... wie wäre es, wenn ihr euch ans Kochen macht und ich werde die Waffen umsorgen. Das hatte ich eigentlich vor.“   „Das ist nicht sehr weihnachtlich, Dean.“   „Doch. Es ist eine Weihnachts-Tradition in der Winchester-Familie.“   Dean war es gewohnt, Castiel gefühlte Stunden in die Augen zu starren. Das Jack ihn jetzt ernst anstarrte, war einfach nur seltsam. Aber er hielt es irgendwie durch. „Na gut. Dann machen Sam, Cas und ich Essen!“   Sam's Blick sagte ihm nur zu deutlich, dass er nicht glauben konnte, dass Dean damit durchkam und Castiel sah so aus, als hätte er damit gerechnet. Es gab noch den Austausch eines kitschig-kurzen Kusses zwischen ihnen und Dean sah dem Körper seines Freundes zu lange nach – wie in Liebesfilmen – ehe er sich abwandte und in die Waffenkammer zurück ging. Nun kam er also doch dazu, sich um ihre Lieblinge zu kümmern... Vom Chaos in der Küche bekam er nichts mit und er wollte es auch nicht.   Er wusste nicht, wie viel Zeit verging, in der er seine Waffen polierte. Irgendwann konnte er weihnachtliche Musik von weiter her dröhnen hören – sicherlich dem Hauptraum – aber dem widmete er sich nicht. Die Engel und sein Bruder kämen auch ganz gut ohne ihm klar.   „Willst du nicht, mit zu uns kommen?“   Dean hob den Kopf, als die Stimme von Cas zu ihm sprach. Es war nicht überraschend, dass der Engel so still an ihm herantreten konnte. Das war immer das Problem gewesen, über welches sich Dean aufgeregt hatte. Mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt. „Ich bin noch nicht fertig.“   Auch wenn er den Engel nicht ansah, konnte er sich bildlich vorstellen, wie dieser die Augen verdrehte. Nur mit der folgenden Handlung hatte er nicht gerechnet. Sein Griff nach einer der größeren Waffen, ging ins Leere. Er berührte die leere Tischplatte und sah hoch zu seinem Engel, der diese Waffe dafür in den Händen hielt. Viele ihrer Waffen hatten sie ja selbst umgebaut, um sie für ihre Jagden hilfreicher zu gestalten. „Gib sie mir, Cas.“   „Hol sie dir.“   „Ich habe gesagt, du sollst sie mir geben.“   „Und ich habe dir gesagt, du sollst sie dir holen.“   Dean fragte sich kurz, wann Castiel so geworden war – so schlagfertig und... frech. Vermutlich war es normal, in der ganzen Zeit mit ihnen, so zu werden.   „Cas...“ - „Ja, Dean?“   Der Jäger leckte sich über die Lippen, sein Blick widmete sich nun voll und ganz Castiel, der mit Handfeuerwaffen nie umgehen konnte, weshalb diese Waffe eine größere Bedrohung darstellte, als sie es normal schon war. Natürlich könnte sich Dean auf die anderen Waffen konzentrieren, aber... Nun, er wollte nicht. Er wollte jetzt gerade diese Waffe! Dean war sicher nicht wie Sam, der Listen führte oder Perfektion brauchte, aber er hatte eine gewisse Ordnung, in dem was er tat – und wann. Also stand er auf und Castiel trat aus dem Raum hinaus, der Mistkerl mit Heiligenschein.   Unter einem tiefen Seufzen verfolgte er seinen Engel, von dem er ja wusste wo er war. Die Weihnachtsmusik wurde lauter und der Geruch nach Essen stärker. Er war wohl länger beschäftigt gewesen, als er bisher gedacht hatte.   Der Hauptraum war zusätzlich zum Baum, weiter geschmückt wurden. Das Hauptlicht war ausgeschaltet, der Tannenbaum leuchtete bunt, am Geländer der Treppe gab es leuchtende Lichter, genauso wie am Tisch alles voller Deko war, man konnte das Essen kaum von der Deko unterscheiden. Auch wenn die Gans... na ja, wie im Filmen sah sie nicht aus. Eher als hätten sich alle darum gestritten und dabei halb zerpflückt. Selbst Dean als Weihnachtsmuffel, musste gestehen, dass das Gefühl von weihnachtlicher Stimmung in ihm aufkam.   „Da bist du ja endlich Dean!“, Jack trug eine Schüssel zum Tisch, vermutlich zerstampfte Kartoffel, mit haufenweise Klumpen, aber besser als gar nichts.   „Ja... Habt ihr Cas gesehen?“, er hatte seinen Engel komplett aus den Augen verloren, als er hier auf das achte Weltwunder getroffen war.   Jack's Blick wanderte auffällig zum Weihnachtsbaum, also wartete Dean die Antwort gar nicht erst ab, sondern ging auf eben jenen ganz direkt zu. Der Weihnachtsbaum war groß genug, um sich gut dahinter verstecken zu können. Als er den Kopf vorsichtig um den Baum herum drehte, wurde er bereits an seinem Hemd gepackt und richtig hinter den Baum gezogen.   „Cas“, sagte Dean, mit dem Versuch ernst zu klingen. „Jetzt gib-“   „Ein Mistelzweig“, unterbrach Castiel ihm, ebenso ernst. „Das heißt, du musst mich küssen.“   „Wenn du einen Kuss gewollt hast, hättest du es mir sagen können, ohne meine Waffe zu klauen.“   Schmunzelnd streckte sich Castiel und spitze übertrieben die Lippen. Gezwungenermaßen kam Dean diesem Brauch nach und hauchte einen kurzen Kuss auf die Lippen. Extra kurz. „Die Waffe.“   „Für diesen Kuss, würdest du nicht einmal die Munition bekommen“, erwiderte Castiel. „Außerdem gibt es jetzt Essen.“   „Ich bin noch nicht mit den Waffen fertig.“   „Tja...“, machte der Engel einfach nur, völlig menschlich! Er schritt an ihm vorbei und Dean sah nach oben.   „...hier ist gar kein Mistelzweig!“ Und folgte Castiel natürlich dennoch.   Sam war dabei den Tisch zu decken und Jack gab die Befehle dazu, wo was zu stehen hatte und meckerte, wenn Sam etwas angeblich falsch machte. Dean war sich sicher, dass ein Kuss ihm nicht die Waffe zurückbringen würde, aber es war einen Versuch wert. Er griff nach Castiel's Handgelenk, bemerkte nebenbei das der Engel seinen Trenchcoat nicht mehr trug und zog ihn wieder zu sich. Ihr Kuss war diesmal länger, intensiver, leidenschaftlicher... alles, war vor einigen Sekunden noch gefehlt hatte. Er fühlte den Arm des Engels an seinem Hals und hätte die Waffe glatt vergessen können, wenn nicht etwas kaltes an seinem Nacken wären.   „Cas“, und Schüsse fielen. Er hatte ja gesagt, dass die Waffe in den Händen des Engels gefährlich war. „Cas!“   Die Pistole war darauf ausgelegt, mehrere Schüsse hintereinander weg abzulassen, was meist hilfreicher bei der Jagd war, hier aber nicht. Glücklicherweise stand er nicht im Schussfeld und Sam hatte sich zügig geduckt.   „Oh“, machte Castiel mit aufgerissenen Augen, er wehrte sich nicht dagegen, als Dean ihm die Waffe jetzt wegnahm. „Jack!“   Der Nephilim sah an sich herunter, eine der Kugeln hatte ihn direkt im Brustkorb getroffen. „Alles gut. Zum Glück, kann mich so etwas nicht verletzen und töten.“   „Es tut mir leid, Jack“, Castiel war schneller bei ihrem Ziehsohn, als man reagieren konnte und betrachtete das Loch der Kleidung. Zumindest darunter schien alles wieder schnell zu verheilen, nachdem die Kugel aus ihm heraus gefallen war.   „Okay, also ich bringe die Waffe weg, bevor es mehr Unfälle gibt und dann essen wir!“, sagte Dean. „Und Cas... Du lässt die Finger von solchen Waffen lieber.“     Als sie später wirklich gemeinsam aßen, schmeckte die Gans gar nicht mal so schlecht, ein wenig wie Apfelkuchen, vielleicht. „Au!“, und Sam schrie beim essen auf und machte seltsame Spuck-Geräusche, während er sich an die Wange fasste, scheinbar wegen Schmerzen.   Es war keine allzu große Überraschung, dass Sam eine Kugel der Waffe ausspuckte. Scheinbar hatte Castiel auch diese getroffen.   Ab diesen Moment, zerlegten alle ihr Essen etwas mehr als nötig... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)