Midnight at Mio von FriePa (Sasuke x Sakura) ================================================================================ Kapitel 35: Airport ------------------- Er verabschiedete sich von seinen Eltern in einer schummrigen, nach abgestandenen Bier riechenden Bar die unmittelbar am Eingang des Flughafens lag. Es war besser so, denn man konnte kaum sentimental werden, wenn sein eigener Vater aus einem Ratgeber für Witzbolde zitierte, um sich selber von seinen Gefühlen abzulenken. Von den anderen hatte er sich bereits daheim verabschiedet. Er wollte keine große Sache aus seinem Weggang machen. Sakura unterhielt sich kurz mit Shikamarus Eltern und Shikaku musterte Sasuke eingängig, während dieser nervös lachte, als der ältere Nara meinte, er habe bereits jetzt besser abgeschnitten als Sakuras letzter Freund. Sie verstärkte den Griff um seine Hand, was Sasuke dankend erwiderte. Er hatte bisher nicht sonderlich viele Erfahrungen mit Schwiegervätern gesammelt und das wo Shikaku nicht einmal Sakuras leiblicher Vater war. Aber der Argwohn dem ihm das Oberhaupt der Familie Nara entgegenbrachte sorgte für diese gewisse Strenge eines Schwiegervaters. Er schluckte hart wenn er an das erste Treffen dachte, dass er bald mit Sakuras Vater haben würde. Hoffentlich vermasselte er es nicht. Shikamaru löste sich aus der Umarmung seiner Mutter und Sakura und er durchquerten schweigend die Halle. Sasuke blieb mit Shikamarus Eltern zurück, er wollte sich nicht zwischen die besten Freunde drängen. Nervös schnippte Sakura mit dem Haargummi an ihrem Handgelenk und warf einen verschwiegenen Seitenblick auf die große Anzeigetafel über ihnen. Es war 17:22 Uhr und Shikamarus Flug rutschte unaufhörlich in der Rangfolge nach oben. Sakura unterdrückte das Bedürfnis auf der Stelle in Tränen auszubrechen, angesichts dessen war ihr bevorstand. Innerlich flehend schaute sie auf ihr Handy, als erwarte sie eine dringende Nachricht. Shikamaru trottete, zumindest äußerlich, entspannt zur Passkontrolle. Seine Tasche schwang lässig über seiner Schulter umher. Ansonsten brauchte er kein weiteres Gepäck, da sich bereits alles auf dem Weg nach San Francisco befand, wenn der Umzugswagen nicht sogar eher vor Ort war, als der Nara selbst. Sakura beneidete ihren besten Freund unlängst um seine Gelassenheit, dachte aber weiterhin an ihr Gespräch vom Vorabend mit Temari und dem kleinen Umschlag, den sie ihr zum Abschied in die Hand gedrückt hatte. Sie hoffte, dass Temari die richtige Entscheidung treffen würde. Um sich abzulenken hakte sich Sakura bei Shikamaru unter und gab sich größte Mühe nicht darauf zu achten, dass ihr das Herz bis zum Hals schlug und Shikamarus Eltern und Sasuke ihnen noch immer nachsahen. Bei der Passkontrolle stand keine Schlange. Wann war das bitte in der Geschichte der Welt bisher jemals vorgekommen? Leicht panisch drehte sie sich zu Shikamaru, der wohl den gleichen Gedanken hegte und etwas blass um die Nase wurde. Er hatte ebenfalls gedacht, dass sie mehr Zeit hatten. Er sah auf die Uhr und dann zu der Tafel mit den Abflugzeiten. Er setzte die Tasche vor seinen Füßen ab. „Tja, ich schätze, ich bin an der Reihe.“ Er beugte sich nochmals zu seiner Tasche hinab und holte etwas Raschelndes aus dem Frontfach. Es war ein flacher, eckiger, in blauem Geschenkpapier verpackter, Gegenstand. Er hielt ihn Sakura hin, die es in die Hand nahm und ihn irritiert anschaute, während Shikamaru versuchte zu lächeln. „Damit du weißt das, egal wo wir uns auf der Erde befinden, wir uns nicht vergessen und das ich immer für dich da sein werde.“ Das kleine Päckchen fühlte sich an wie ein Bilderrahmen. Kühles Glas drückte sich durch das dünne Papier. Sie würde es später in aller Ruhe auspacken und ihren Tränen freien Lauf lassen. Sakura spürte eine seltsame Panik in sich aufsteigen. Als hätte sie verpasst für eine wichtige Prüfung zu lernen, die viel zu früh angesetzt worden war. Tränen bildeten sich wie auf ein unausgesprochenes Stichwort in ihren Augen. „Hast du alles?“ Sie nickte in Richtung seiner anderen Hand. „Pass? Bordkarte? Adresse von deiner Wohnung?“ „Die Personalerin von Sunny Radio holt mich am Flughafen ab.“ Sakura wollte ihn nicht gehen lassen. Gleichzeitig wusste sie, dass es kein Zurück gab. Wo bleibt sie?, schrie sie innerlich laut auf. Es blieb nur noch eine viertel Stunde Zeit um einzuchecken. Neben ihnen blieb ein junges Paar stehen. Sie hatte den Griff um seine Hand geschlungen. Tränen liefen ihr Gesicht hinab, während er tröstlich über ihren Rücken strich und versuchte seine Freundin zu beruhigen. Shikamaru sah sie auch. Sakura wusste das er gerade an Temari dachte und ob ihre Verabschiedung wohl ähnlich abgelaufen wäre. Er trat behutsam einen Schritt zurück. „Zeit zu gehen.“, sagte er. Beide hatten eine Millionen Sachen zu sagen und doch wussten sie nicht wie. Sakura schlang ihre Arme um seinen Rücken, während Shikamaru sie fest in seine Arme zog und ihr tröstlich über den Rücken streichelte. Stumm versuchten sie sich gegenseitig zu zeigen, dass sie immer in Kontakt bleiben würden, egal wo ihre Wege sie hin führen würden. Shikamaru würde alle Hebel in Bewegung setzen um für seine beste Freundin da zu sein. Shikamaru wollte Sakura dafür danken, dass sie ihn nie im Stich gelassen hatte, egal wie viel Mist er in den vergangenen Monaten verzapft hatte. Er dankte ihr schweigend dafür, dass sie wollte, dass er diese Veränderung als eine Chance sah sich weiterzuentwickeln. „Pass auf dich auf“, sagte er. „Wenn du mir versprichst hier die Stellung zu halten bis ich zurück komme. Zwei Jahre sind doch gar keine so lange Zeit, wenn man es sich genau überlegt. Richte Uchiha aus, dass er sich dir gegenüber wie ein Gentleman zu benehmen hat, denn sollte ich etwas anderes hören, werde ich für nichts garantieren.“ „Verschwinde bitte einfach nicht. Nur weil uns jetzt etwas mehr als 3500 Kilometer trennen, kannst du nicht beschließen, dass wir keine Freunde mehr sind. Bitte vergiss das nicht.“ „Niemals, Sakura. Niemals.“ Er bettete sein Kinn auf ihrem Kopf, schloss ein letztes Mal die Augen und schwor sich erst im Flugzeug seiner Traurigkeit hinzugeben. „Pass du bitte auch auf dich auf. Du bist eine totale Blassnase und in San Francisco scheint öfter die Sonne. Ich will nicht in einem Jahr einen Anruf kriegen, dass du angekokelt in irgendeiner Ecke liegst.“ „Sakura, mir passiert schon nichts.“ „Ich meine es ernst. Wenn du angekommen bist, schreibe mir. Ruf mich an. Wann immer du mich brauchst, melde dich. Ansonsten schreibe ich deinem Chef persönlich.“ „Sakura.“ Vorsichtig lockerte er den Griff um ihren Rücken und Sakura spürte wie sich ihr Gesicht verzog. Sie schmiegte ihre Wange an seine Brust, biss die Zähne zusammen und gab sich Mühe etwas von der Standhaftigkeit von Shikamaru aufzunehmen. „Nicht weinen. In drei Monaten sehen wir uns doch wieder. Und ich kann es kaum erwarten den 4. Juli mit dir und unseren Eltern zusammen in San Francisco zu verbringen.“ Er entfernte eine Haarsträhne aus ihren Augen, bückte sich um die Reisetasche aufzunehmen und schenkte ihr ein tröstliches Lächeln. „Bis bald Sakura.“ „Bye.“, stieß sie erstickt aus, dass genauso gut ein Schluchzen gewesen sein könnte. Dann drehte sich Shikamaru um und ging eilig zur Passkontrolle, die Tasche über seiner Schultern wippend. Er zeigte einem uniformierten Beamten seinen Pass, als sich die automatische Flügeltür vor seinen Augen öffnete. Und dann, als er durchgewinkt wurde, drehte er sich aus einem Impuls heraus noch einmal um. Und da stand Sakura, am Durchgang, und sah ihm nach. Er hob grüßend die Hand und sie tat es ihm langsam nach. Lautlos formte er mit seinen Lippen die Worte Bis bald. Und dann drehte er sich um, den Pass fest in seiner Hand und ging zum Gate. Sakura und seine Eltern würden zusehen wie sein Flugzeug von der Startbahn rollte und mit zunehmender Geschwindigkeit in den weiten, blauen Himmel hinaufschwang. Shikamaru wusste mit absoluter Sicherheit dass sie auf ihn warten würden, wenn er irgendwann wieder nach Hause kam. Temari stand im Epizentrum Chicagos vor den beeindrucktesten Gebäuden um sie herum und sie konnte den Anblick nicht genießen. Nicht hier in dem stickigen Taxi, dass nach kaltem Aschenbecher und zu schwerem Parfum roch. Um sie herum wimmelte das Leben in der abendlichen Dämmerung. Auf den Bürgersteigen drängten sich Touristen, ständig wurde gehupt und in der Luft hingen Abgasgerüche. Es war kurz nach Viertel Sechs und an der Kreuzung vor ihnen hatte es einen Unfall gegeben. Sie standen im Stau. Das durfte einfach nicht wahr sein! Da saß sie nun, verschwitzt und abgehetzt und kurz davor herauszufinden, wie es mit ihrem Leben weitergehen würde. Wenn sie doch nur endlich aus dem Stau rauskämen! „Können Sie nicht einen Umweg fahren? Oder über den Bürgersteig?“, fragte sie verärgert und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Der Taxifahrer lachte. „Sorry, aber für Sie setzte ich bestimmt nicht meine Lizenz aufs Spiel.“ Panik machte sich breit. Was, wenn sie es nicht schaffte? Was würde sie dann machen? Sie schaute auf das Stück Papier, das sie fest umklammert in der Hand hielt. Sie ertappte sich dabei wie sie hörbar schluckte und drückte sich die Hand auf die Brust, um sich zu beruhigen. „Hören Sie! Es geht hier nicht um einen lapidaren Termin zu dem ich muss. Es geht um mein fucking restliches Leben! Das bedeutet, Sie sehen jetzt zu wie Sie mich schnellstmöglich an mein Ziel bringen!“ „Glauben Sie mir, Sie sind nicht die Erste die mir das erzählt. Aber Fakt ist, da vorne gabs einen Unfall. Entweder Sie gedulden sich bis die Straße frei ist, oder aber Sie müssen zu Fuß gehen.“ Wütend über sich, den Taxifahrer und die ganze Welt griff sie nach ihren Habseligkeiten, schmetterte dem Taxifahrer einen viel zu großen Schein auf den Vordersitzt und knallte die Autotür scharf hinter sich zu. Dann begann sie zu rennen. Sie musste doch lediglich hinter die Unfallzone kommen und dort in ein neues Taxi springen, dass sie rechtzeitig an ihr Ziel brachte. Nachdem Shikamaru hinter der Tür verschwunden war blieb Sakura noch eine Weile schweigend stehen und beobachtete weitere Passagiere auf ihrem Weg in ein neues Abenteuer. Ihre Tränen waren Gott sei Dank versiegt, nachdem sie geräuschvoll in ein Taschentuch gerotzt hatte. Warme, vertraute Hände verschränkten sich mit ihren. Überrascht blickte sie auf. Sasuke stand neben ihr, legte seinen starken Arm um ihre Schulter und drückte sie fest an sich. „Es tut mir leid.“, flüsterte er so leise, dass nur sie es hören konnte, was in Anbetracht der Geräuschkulisse um sie herum nicht weiter verwunderlich war. Überrascht hob Sakura ihren Kopf. „Was tut dir leid?“ Sie verstand nicht worauf er anspielte. „Naja, wenn ich nicht gewesen wäre, hätte Shikamaru gar nicht die Möglichkeit gehabt zu gehen.“ Sakura schüttelte den Kopf. „Nein, das ist Quatsch. Er wäre so oder so gegangen. Und ich glaube ihm mittlerweile auch, dass er diese Kurzschlussreaktion damals bitter bereut, aber andererseits, auch wenn er es sich nicht eingestehen kann, froh ist eine neue Chance zu bekommen, auch wenn der Preis dafür horrend ist.“ Sakura stockte kurz und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Ich hoffe nur, dass sie kommt. Sie brauchen das. Beide.“ Der Druck um ihre Hand verstärkte sich und in stummer Übereinkunft stimmte Sasuke ihr zu, während er ihre Nähe genoss, sich zu ihr hinüber beugte und einen sanften Kuss auf ihrem Haaransatz platzierte und den aufsteigenden Klumpen in seinem Magen bezwang. Es war kurz nach halb sechs. An diesem Punkt hätte Temari am liebsten geweint. Da stand sie, zwischen schwitzenden, schlecht gelaunten Flugreisenden gezwängt, trat von einem Fuß auf den anderen, beobachtete wie ein paar Leute aus dem Aufzug stiegen und verfluchte sich, weil sie erst darüber hatte nachdenken müssen. Shikamaru hatte immer von großen Gesten gesprochen und weshalb er sie nicht mochte. Denn sie hatten die starke Neigung spektakulär nach hinten loszugehen. Und hier stand sie. Mit allen wichtigen Dingen in einem Koffer und einer Handtasche verstaut, auf dem Weg zu ihm. Wie hatte sie jemals an dieser Beziehung zweifeln können? Sie schwor sich, wenn sie das schaffte würde sie Sakura und Sasuke mit Dankbarkeit überschwemmen, ihr die Augen geöffnet zu haben. Sie starrte auf das Flugticket in ihrer Hand, auf dem in schwarzen Lettern ihr Name gedruckt stand. Gekauft und Bezahlt gestern Morgen. Nach der Arbeit hatte die Haruno bei ihr Sturm geklingelt, aber Temari hatte nur gelacht und die gut gemeinte Geste als eine Albernheit abgetan, bis abends auch noch Sasuke bei ihr auf der Matte stand und ihr ins Gewissen redete. Und dann, endlich nach weiteren drei elend langen Minuten ging die Fahrstuhltür auf und sie trat ein. Mit gefühlter Überschallgeschwindigkeit sauste der Fahrstuhl nach oben ins Terminal. Noch immer hielt sie das Flugticket fest umklammert. Sie würde es, wenn nötig mit ihrem eigenen Leben verteidigen. In ihrer Jackentasche vibrierte ihr Handy. Dafür war jetzt keine Zeit. Bestimmt war es ihr Bruder, der auf die Nachricht eine Antwort verlangte, die sie ihm schnell im Taxi geschrieben hatte. Bin erstmal auf unbestimmte Zeit weg. Mach dir keine Sorgen. Vertritt mich in der Firma. Ich melde mich sobald ich kann. Eilig ging sie zu den Glastüren und sagte sich, wenn er weg war, wäre es Schicksal gewesen. Dann sollte es eben so sein. Dann beschleunigte sich ihr Schritt bis sie schließlich durch das Terminal rannte, Ausschau haltend nach der Anzeige zur Passkontrolle. Gott war sie Sakura dankbar, dass sie sie bereits gestern online eingecheckt hatte. Ihr Herz schlug wild, als sie plötzlich rosa Haare in der Menge ausmachte. Sie hatte keine Zeit um zu stoppen und denken, also rief sie so laut sie konnte. „Sakura!“ Eben gerufene drehte sich suchend in der Halle herum. Sasuke neben ihr tat es gleich. „Da!“, sagte er und zeigte auf eine abhetzte Blondine, die einen kleinen Reisekoffer hinter sich her zerrte und eine Handtasche, die ihr um die Ohren flog. Beide rannten los. Es war allerhöchste Zeit. In fünf Minuten schloss das Gate. Sasuke nahm Temari den Koffer aus der Hand und zu dritt sprintenden sie zur Passkontrolle. Vor der plötzlich eine Schlange war. Hysterisch lachte Temari laut auf. Sie sah aus wie eine Irre. Die blonden Haare standen ihr wild zu Berge, ein gehetzter Ausdruck in ihrem Gesicht und vollkommen außer Atem. „Das wars. Es ist vorbei. Es ist sowas von vorbei.“ Sie stützte sich auf ihren Knien ab und war kurz davor alles kaputt zu schlagen. Sie war verzweifelt, stellte sich genau diesen Moment auf der anderen Seite der Passkontrolle vor, wenn Shikamaru sie sehen würde. Das konnte sie jetzt vergessen. Sie würde keinen anderen Flug nehmen. Das war die einzige Chance, die sie als Schicksal nutzen würde. „Entschuldigen Sie, aber wir müssen hier durch.“ Sasukes Stimme hatte etwas bedrohlich Chefmäßiges. Genauso stellte sie sich ihn in Verhandlungen in Firmenangelegenheiten vor. Angsteinflößend, niederdrückend und kühl. Verärgerte Blicke und wüste Beschimpfungen ignorierend drängelte er sich nach vorne. Sakura griff nach Temaris Handgelenk und zerrte sie mit sich. „Du wirst jetzt nicht aufgeben, hast du das verstanden? Du bist hier. Noch rechtzeitig.“ „Vielleicht will er mich nicht sehen?“ „Das hättest du dir überlegen müssen, bevor du wie eine Irre durch den halben Flughafen rennst.“ „Aber Sakura-…“ „Nein“, unterbrach die Haruno sie schroff und schob sich an dem letzten Menschen vorbei. Sasuke drückte ihr den Griff des Trollis in die Hand und erklärte dem Beamten die Situation, den es allerdings nicht interessierte. Gequält langsam scannte er den Pass, ehe er sie durchwank. Schnell umarmte sie zum Abschied Sasuke und Sakura und verschwand dann mit fixen Schritten durch die breite Flügeltür, auf den Weg in eine unbekannte Zukunft. Erst jetzt traute sich die junge Haruno tief durchzuatmen. Sie ist gekommen. Sie ist tatsächlich gekommen, dachte sie freudig aufgeregt. Gerne würde sie Shikamarus Reaktion sehen, wenn sie plötzlich im Flugzeug neben ihm stünde. Aber zunächst musste sie es noch ans Gate schaffen, bevor es schloss. Das Boarding hatte bereits seit fast zwanzig Minuten begonnen und Temari musste, welch schicksalhafter Zufall, bis ans andere Ende vom O’hare International Airport. „Sie wird es schaffen“, versuchte Sasuke sie aufzumuntern und ihre düsteren Gedanken beiseite zu schieben, während er seine Finger mit ihren verschränkte und sie gemeinsam die Schlange Passagiere hinter sich ließen, die ihnen boshafte Blicke in den Rücken brannten. Auch wenn er stark bemüht war die aufkeimende Hoffnung nicht zu sehr an die Oberfläche zu lassen, aber er freute sich für Temari, dass sie letztlich doch die fehlende Erkenntnis gefunden hatte. Gedanklich wünschte er ihr alles Glück der Welt, dass sie hoffentlich in Shikamaru gefunden hatte. Mit tauber Müdigkeit schleppte er sich über die Gangway in das Flugzeug der Air New Zealand, indem er die nächsten viereinhalb Stunden verbringen würde, bevor er sein neues Leben betrat. Eine freundliche Flugbegleiterin begrüßte ihn, ließ sich seine Bordkarte zeigen und erklärte Shikamaru, wo sich sein Sitzplatz befindet. Der Flug war nicht komplett ausgebucht und so konnte er seine Reihe für sich alleine beanspruchen, was ihm nur recht war. Nicht das er am Ende neben einem stinkenden Säufer landete oder einer alten Oma die Flugangst hatte und regelmäßig in eine Papiertüte atmen musste. Seine heruntergekommene, mit Flicken besetzte Duffle Bag schob er unter die Sitzbank und die Jacke legte er auf den freien Platz neben ihm. Eigentlich bevorzugte er die Sitze am Gang, da er so seine Beine ausstrecken konnte, da aber niemand den Anschein machte in seine Reihe einzubiegen, richtete er sich am Fenster ein, durch das die letzten Strahlen der untergehenden Sonne schienen. Mit einer uneleganten Bewegung hob er seinen Hintern in die Luft, um an sein Handy zu kommen, dass in seiner Arschtasche stak. Er machte ein Foto aus dem Fenster, dass geradewegs auf das Flughafengebäude gerichtet war. Irgendwo dahinter befanden sich Sakura, seine Eltern und Sasuke und schauten ihm hinterher. Noch immer sah er den betrübten Blick seiner Mutter vor sich. Sie hatte immer gehofft, dass es alles nur ein Scherz gewesen wäre. Auch Shikamaru wünschte sich in letzter Zeit häufiger, dass er bald aus diesem Traum aufwachen würde, Temari an seiner Seite und arbeitend mit Sakura. Er schickte seiner besten Freundin das Bild, dass er eben gemacht hatte und stellte anschließend den Flugmodus ein. Ein wenig Ruhe würde nicht schaden, um mit dem Gedankenkarussell einher zukommen. Die Plätze vor ihm füllten sich stetig, während im hinteren Teil des Flugzeuges nicht sonderlich viel los war. Genau aus diesem Grund buchte er sich grundsätzlich im Hintern des Flugzeuges einen Sitzplatz. Warum auch immer es die Menschen eilig hatten, so schnell viel möglich wieder hier raus zu kommen und am liebsten am Eingang saßen. Eine junge Frau mit einem weinerlichen Kind auf dem Arm ging an seiner Reihe vorbei, während der Mann hinter ihr zwei große Rucksäcke schleppte. Er schenkte der Frau ein aufmunterndes Lächeln, als sie versuchte ihren kleinen Zwerg zu beruhigen. Sie bogen zwei Reihen hinter ihm ein, als er die Frau flüstern hörte. „Wieso hast du nicht einen Platz am Eingang gebucht? Ich habe dir doch gesagt, dass wir dort mehr Platz hätten.“ Der Mann versuchte sich zu verteidigen. „Aber habe ich doch. Hinter uns ist der Eingang. Ich kann doch nicht ahnen, dass sie nur vorne aufmachen. Außerdem dachte ich, dass es mehr Sinn macht in der Nähe der Toilette zu sitzen.“ Sie warfen sich noch etwaige Worte an den Kopf, als das Kind anfing laut zu schreien und die Mutter aufstand und hinter einen Vorhang verschwand, während der Mann die Rucksäcke im Handgepäckfach verstaute. Shikamaru versank in seine Gedanken und widmete sich erneut der Aussicht aus dem kleinen, runden Fenster. Er musste die Augen zusammenkneifen, da die Sonne genauso am Himmel stand, dass sie ihn blendete. Vor dem Fenster herrschte emsiges Treiben des Bodenpersonals. Die letzten Koffer wurden gerade in den Gepäckraum befördert. Er dachte an seine neue Wohnung, die neuen Nachbarn und neue Bekanntschaften die er machen würde. Wie sehr würde er wohl sein altes Leben, seine Freunde und Familie vermissen? Würde er einen neuen Lieblingsitaliener finden? Gab es in San Francisco überhaupt so etwas wie annähernd gute Pizza? Immerhin war er in Chicago geboren und aufgewachsen und in ganz Amerika gab es hier die beste Pizza. Panik stieg in ihm auf. Er musste dringend seine Gedanken runterfahren und sich etwas entspannen. Es brachte nichts sich jetzt solche Sorgen zu machen. Lautlos seufzend wandte er sich von dem Fenster ab, lehnte seinen Kopf an die Stütze und schloss die Augen. Er wollte fünf Minuten ausspannen und sein wüstes Inneres sortieren, als ihm ein Schauer apokalyptischen Ausmaßes über den Rücken lief. Schockiert riss er die Augen auf und warf seinen Kopf zu seiner linken Seite. „Hier ist doch noch frei oder?“, fragte sie keck, als sie auch schon ihre Handtasche auf den Platz am Gang schmiss und seine Jacke darüber legte, bevor sie sich auf den Mittelplatz niederließ. Ihre Haut glänzte leicht und Strähnen hatten sich bereits aus ihrem Zopf gelöst, als sie ihm ein aufrichtiges Lächeln schenkte. Ihr Brustkorb bewegte sich als hätte sie einen Sprint hinter sich gelegt. Shikamaru sog die Luft scharf durch seine Lippen und kniff seine Augen verzweifelt zusammen. „Was machst du hier?“, flüsterte er schließlich und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Er kapierte nicht was plötzlich los war. Wieso war sie hier? „Ich kann versuchen es dir zu erklären…“, antwortete sie sanft und streichelte zärtlich über seine Hand, die sich fest um die Armlehne gekrallt hatte. Sein gesamter Körper verkrampfte und sie spürte wie er versuchte seine Fassung zu wahren. „Weißt du, ich könnte dir jetzt viel erzählen von wegen das man nicht einfach so aufgeben darf und jede Menge anderes Blah, aber Fakt ist doch das Herz will, was es begehrt und daran kann der Kopf nichts ändern. Oder eine Distanz von über dreitausend Kilometern. Es tut mir leid, ich bin so schwach gewesen und habe dich nicht halten können. Dabei hätte ich kämpfen müssen, damals wie heute.“ Sie senkte den Blick, bevor sie weitersprach. „Sasuke hat mir gestern gesagt, dass er sein ganzes Leben etwas vermisste. Er hatte nach irgendwas Sehnsucht, doch er wusste einfach nicht wonach. Er hat jetzt endlich das Gefühl, als hätte er den fehlenden Teil von sich selbst wiedergefunden.“ Langsam lehnte sie ihre Stirn gegen seine und sprach weiter. „Zwischen uns ist vieles schief gelaufen, aber zerbrochen ist es nie, sonst wären wir nicht an dem Punkt, an dem wir jetzt stehen. Es fühlt sich unendlich schmerzvoll an, sodass wir letztlich davon laufen. Aber unsere Sehnsucht nacheinander wird uns niemals loslassen. Das was wir jetzt verlieren und loslassen würden, würden wir unser ganzes restliches Leben hinweg suchen und vermissen.“ Shikamaru schenkte ihr ein zufriedenes Lächeln und nickte verstehend. „Ich will dich aber nie wieder vermissen…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)