🎁Twenty four days before christmas 🎄 von Helier ================================================================================ Kapitel 23: Cocktails und Jello-Shot ------------------------------------ „Bei Santas Bart, ist das voll hier.“ Evan schob sich vor mir durch die Leute. „Was erwartest du, es ist „X-Mas Karaoke Night“, das ist jedes Jahr beliebt“, antwortete ich und hielt mich an den Schultern meines Kumpels fest. Als kleine Karawane zogen wir durch die Bar. Unser Ziel: Luke, Wendy und Jane, die in einer Sitzecke schräg vor der Bühne saßen. Evan und ich kamen vom Training. Die anderen drei waren schon mal vorgegangen. In weiser Voraussicht, sonst hätten wir uns an die Bar stellen müssen. „Da seid ihr ja endlich“, stellte Wendy fest, als Evan und ich uns in die Sitzecke quetschten. „Wir haben ein bisschen länger trainiert und danach ausgiebig geduscht. Ich bezweifle, dass ihr unser Trainingsparfüm schnuppern wolltet.“ Alle drei setzten angewiderte Mienen auf. „Wo ist Serah?“ „Sie hat heute lange gearbeitet und wollte sich lieber ausruhen“, erklärte Luke. Das konnte ich nachvollziehen. Ihr Job im Krankenhaus war kräftezehrend. „Sofia hütet Emily?“, fragte Luke Evan. „Die zwei machen einen gemütlichen Schwesternabend und ich habe Ausgang. Das letzte Jahr, in dem wir unsere Tradition ausleben können, muss genutzt werden.“ Eine Tradition war es wirklich. Seit Luke, Evan und ich ein Trio waren, gingen wir am 23. Dezember ausgiebig feiern, bevor die besinnlichen Tage begannen. „Sobald der Bra..., ich meine das Baby da ist wird Flynn kaum noch um die Häuser ziehen können.“ „Abwarten, ich werde bestimmt einen Abend raus dürfen. Vielleicht im ersten Jahr nicht, aber bestimmt in den Jahren darauf. Kinder werden älter.“ „Mhmhmh... und dann kommt noch eins und noch eins und noch eins...“ „Ich möchte keine Football-Mannschaft.“ „Ein Schwimmteam reicht, was?“ Meine Antwort darauf war der Mittelfinger. „Quatsch nicht, hol was zu trinken.“ „Ist ja schon gut. Cocktails und Jelly-Shots?“ „Klingt gut“, stimmten Wendy, Jane und ich zu. Luke erbarmte sich und half Evan beim Tragen. „Wie geht es Liz? Du hast doch bestimmt schon mit ihr telefoniert.“ Vielsagend schaute mich Wendy an. „Klar habe ich mit ihr telefoniert. Es geht ihr gut. Sie genießt die Zeit mit ihrer Familie, vermisst mich aber natürlich.“ „Mehr nicht?“ „Schöne Grüße an euch.“ „Ich habt nicht über mehr gesprochen?“ Fragend sahen meine beiden Schwestern mich an. „Doch. Soll ich euch die vier Stunden Liebegesäusel vom Telefon Wort für Wort wiedergeben?“ „Grüße sie zurück beim nächsten Mal.“ Gemeinsam lachten wir. Das Cat´s Meow stand kurz vorm Platzen. Karaoke zog die Menschen einfach magisch an. Wir feierten alle Mutigen, die Weihnachtssongs zum Besten gaben. Darunter auch meine beiden Schwestern, die den „Jingle Bell Rock“ sangen. Sie tanzten sogar auf der Bühne und heizten die Stimmung richtig an. Am Ende ihrer kleinen Show pfiffen wir und verlangten eine Zugabe. „Vielleicht später“, sagte Jane und ließ sich breit grinsend neben mir nieder. Ihre Wangen waren gerötet. Der Alkohol stieg ihr leicht zu Kopf. Das hörte man auch an ihrer Aussprache. Meine jüngste Schwester schnappte sich den letzten Jello-Shot und „kippte“ ihn runter. „Wenn du dann noch in der Lage bist, zu singen“, bemerkte ich und trank meinen Cocktail aus. „Die Becher haben Löcher, sie sind schon wieder alle leer.“ Evan schaute in seinen Becher, der ebenfalls leer war. „Jetzt holst du Nachschub!“, befahl mir Evan und stellte mir seinen leeren Becher vor die Nase. „Okay, nochmal das gleiche?“ Langsam erhob ich mich. Jane war nicht die Einzige, der der Alkohol zu Kopf stieg. „Brauchst du Hilfe beim Tragen?“ „Nein Wen, bleib sitzen. Ich lass mir ein Tablett geben.“ Damit schob ich mich durch die Menge Richtung Bar. Ich lauschte beim Warten zwei Typen, die mit zwei sehr bassigen Stimmen „Driving Home for Christmas“ sangen, als sich zwei Hände vor meine Augen legten. Was zum Teufel? „Na Hübscher, bist du hier, um mir ein Ständchen zu bringen?“ Meine Augenbrauen schossen in die Höhe. Die Hände gaben meine Augen frei und verdutzt schauend drehte ich mich um. „Holly?“ Meine Ex-Freundin stand breit lächelnd hinter mir. „Du hier?“ „Hier in New Orleans, oder hier in der Bar?“ Ich konnte ihre Frage nicht beantworten. Ich war einfach zu verdattert. „Ich besuche meine Eltern an Weihnachten und hier bin ich, weil ich mich mit ein paar alten Freunden treffe.“ Sie zeigte hinter sich. An einem Tisch saßen ein paar Gestalten, die ich direkt erkannte. Sie gingen noch auf meine Uni. Dort hatte ich auch Holly kennen gelernt, nach unserer Trennung hatte sie die Uni gewechselt. Nicht wegen mir, sondern weil dort ihr Studiengang besser war. Dies war jedenfalls die offizielle Version. Meine Bestellung landete neben mir, ich konnte aber meine verdatterten Augen immer noch nicht von Holly nehmen. Sie war noch so schön wie früher. Mit Lizzy konnte sie trotzdem nicht mithalten. Ganz klar. „Und du? Lass mich raten, du bist mit Evan und Luke hier zu eurem üblichen Weihnachtsbesäufnis?! Seid ihr drei alleine?“ Holly stellte sich auf die Zehenspitzen, also könnte sie so mehr sehen. Ihre Augen suchten die Menge ab. „Meine Schwestern sind auch dabei.“ Endlich hatte ich meine Stimme wiedergefunden. „Wendy und Jane. Die zwei muss ich gleich begrüßen. Sonst niemand?“ „Holly, auf was spielst du an?“ Meine Ex-Freundin setzte er ertapptes Grinsen auf. „Die anderen haben erzählt, dass du wieder in festen Händen bist. In richtig festen Händen.“ Ich war immer wieder überrascht, was alles an der Uni die Runde machte. Mit keinem von Hollys Freunden hatte ich noch Kontakt, also mussten sie es von jemand anderen erfahren hatten. Oder sie hatten mich und meine kleine Hexe beim Feiern entdeckt. Es gab so viele Möglichkeiten. Das Einzige, was mich stutzig machte, waren Hollys letzte Worte. In richtig festen Händen. Automatisch hob ich meine linke Hand, die ein goldener Ring zierte. Mein Verlobungsring. „Also stimmt es. Glückwunsch.“ Hollys Gesicht war schwer zu deuten. Es wirkte wie eine Mischung aus Freude und Wehmut. Wir hatten uns nicht im Streit getrennt. Unserer Beziehung war schön gewesen. Gemeinsam hatten wir viel Spaß gehabt, aber Hollys Gefühle waren intensiver gewesen als meine. Und so hatten sich unsere Wege getrennt. „Danke“, sagte ich und lächelte verlegen. Die ganze Situation war schräg. Warum war das immer so, wenn man Ex-Partner traf? „Wie gehts dir so?“ Eigentlich hatte ich fragen wollen, ob sie auch in einer Beziehung war, verkniff es mir aber. Holly wirkte auf mich nicht, als wäre sie glücklich vergeben. „Gut. Mein Studium läuft hervorragend. Bald bin ich mit dem Master fertig und hab dann eine Doktorandenstelle.“ „Klingt, als würde alles so laufen, wie du es dir vorgestellt hast.“ „Fast alles, ja.“ Holly schaute mich mit einem so gewissen Blick an, bei dem ich sofort wusste, was sie meinte. Es war Zeit, diese peinliche Begegnung zu beenden. Ich griff nach dem Tablett. „Es war schön, dich wiederzusehen, aber die anderen warten auf ihre Drinks.“ „Klar, vielleicht komme ich gleich mal vorbei um Wendy und Jane Hallo zu sagen.“ „Wir sitzen da vorne!“ Ich nickte Richtung Bühne und wollte verschwinden, da kam uns Jane entgegen. „Holly!“ Freudig stürmte meine jüngste Schwester auf meine Ex zu und drückte sie. Jetzt würden sich diese Peinlichkeiten noch hinziehen. Holly erwiderte Janes Umarmung und sofort begannen die beiden Frauen, sich freudig zu unterhalten. Als Holly und ich uns vor gut fünf Jahren getrennt hatten, war Jane dreizehn gewesen. Sie und Holly hatten sich immer gut verstanden. Kein Wunder, dass Jane sich so freute. Sie freute sich sogar so sehr, dass sie Holly mit an unseren Tisch schleppte. Wendy freute sich ebenfalls, Evan und Luke schauten mich irritiert an. Schulterzuckend stellte ich das Tablett auf den Tisch und setzte mich neben meinen besten Freund. Während Jane und Wendy mit Holly schnatterten, unterhielt ich mich mit Evan und Luke. Der Alkohol auf dem Tisch half, dabei die Stimmung zu lockern. Gerade zwischen Holly und mir nicht das Schlechteste. Eine komische Stimmung, wie an der Bar brauchte ich nicht und da meine Schwestern meine Ex-Freundin weiter belagerten, blieb sie noch eine Weile bei uns sitzen. Die vierte Runde stand vor uns. Die Wange der Mädels glühten rot vom Alkohol. Wir waren gerade dabei, über ein vergangenes Weihnachtsbesäufnis zu reden, als ein Freund von Holly sich zu uns gesellte. „Holly, kommst du auch wieder zurück? Du bist gleich mit singen dran. Hey, ihr drei.“ „Hi Jamie.“ Wir kannten den Mann. Er ging auf unserer Uni. Früher hatte ich ihn öfter gesehen, als Holly und ich noch ein Paar waren. „Du gehst auf die Bühne?“ Überrascht schaute ich Holly an. „Ich muss. Meine herzallerliebsten Freunde haben mich angemeldet.“ „Wir singen alle, das war die Absprache. Wir können nichts dafür, dass du als Erstes ran musst. Bist du noch in der Lage zu singen. Ihr habt anscheinend ganz schön gebechert. Genießt das letzte Jahr in Freiheit, was, Flynn?“ „Du wusstest auch, dass er verlobt ist?“, fragte Holly ihren Freund. „Das sieht man ja an dem Ring. Aber das wird nicht die einzige Freiheitseinschränkung. Wie weit ist deine Freundin jetzt? 3., 4. Monat?“ Fragend schaute ich Jamie an. Woher wusste er davon? Dass Holly mich durchdringend ansah, merkte ich nicht. „Welches Vögelchen hat dir das gezwitschert?“ „Das haben so einige Vögel von den Bäumen gezwitschert. Ich vermute, die Brieftaube stammte aus den eigenen Reihen.“ Jamie schaute Luke und Evan. Die zwei grinsten verlegen. „Es haben ein paar Leute gefragt, wusste ja nicht, dass es ein Staatsgeheimnis ist.“ Evan zuckte mit den Schultern. War es nicht, es wunderte mich nur abermals, wie schnell sich solche Neuigkeiten verbreiteten. „Du wirst Vater?“ Die Stimme meiner Ex-Freundin klang schneiden wie eine Messerklinge. „Ja ...“, antwortete ich zögernd. Alle um uns herum schauten unsicher zwischen uns hin und her. Die Stimmung war schlagartig umgeschlagen. „Das ist echt ...“ Schnaubend schüttelte Holly den Kopf. Sie war eindeutig not amused. „Jane, Wendy, war nett euch zu sehen.“ Ruckartig stand Holly auf und begann direkt, zu wanken. Jamie griff sie an der Schulter, auch Evan und Luke und ich waren aufgestanden. „Ich schaff das alleine.“, zickte die junge Frau. Jamie wurde weggeschoben, ich durchdringend angesehen. „Schönen Abend noch.“ Schwupp, weg war sie. Jamie lächelte uns nochmal an, mehr entschuldigend als freundlich und folgte meiner Ex-Freundin. „Man, die Nachricht hat sie gar nicht gut aufgenommen“, stellte Evan fest, als wir uns wieder setzten. „Hast du ihr gesagt, du willst keine Kinder?“, fragte mich Luke. „Nein. Aber es war Thema beim Schlussmachen. Ich habe ihr damals gesagt, dass ich mir nicht vorstellen kann, mit ihr eine Familie zu gründen.“ Es war nicht gemein gewesen, sondern die Wahrheit. „Hat, wie es aussieht, Narben hinterlassen.“ Evan sah mich vielsagend an. „Ich glaube, die ganze Trennung hat Narben hinterlassen“, murmelte ich. Und selbst nach fünf Jahren war Holly noch nicht drüber hinweg. So wirkte es auf mich jedenfalls. Wir tranken weiter und beobachteten die anderen angetrunkenen Gäste dabei, wie sie die Bühne eroberten. Nach einer halben Stunde sahen wir Holly wieder. Sie torkelte auf die Bühne. Oha, da hatte jemand noch den ein oder anderen Jello-Shot zu sich genommen, nachdem sie unseren Tisch verlassen hatte. Die ersten Töne des Liedes und jeder in dieser verdammten Bar wusste, welcher Song nun kam. Ein Song, der die Massen spalteten. Mich beschlich ein komisches Gefühl, da Hollys Blick immer wieder zu mir wanderte. Gottverdammt, dieses melodische Intro war unendlich lang. Holly öffnete den Mund, gleich würde sie die ersten Zeilen singen. Bevor das erste Wort ihre Lippen verließ, hob sie anklagend den Finger und zeigte auf mich. „Last Christmas I gave you my heart, but the very next day you gave it away...“ „Wie es aussieht ist sie noch nicht über dich hinweg.“ Evan klopfte mir auf die Schulter, während sich immer mehr neugierige Blicke auf mich richteten. Ich nahm meinen Cocktail und kippte ihn in einem Zug herunter. „Nein, ist sie nicht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)