Urisen von MAC01 ================================================================================ Kapitel 20: Schwesterliebe -------------------------- Gelangweilt schaltete Jonouchi durch das Mittagsprogramm im Fernseher. Das Fernsehprogramm bot nichts, was ihn auch nur annähernd interessiert hätte. Als er beim Zappen erneut auf dem regionalen Nachrichtensender landete stoppte er und setzte sich abrupt auf, was ihn seine Niere sofort büßen ließ, die die ruckartige Bewegung nicht gut fand. Auf der Mattscheibe sah er oben rechten ein Bild von dem Mann eingeblendet, der ihn letzten Freitag durch die Seitenstraße und vor Kaibas Auto gejagt hatte. Der Isono angelogen hatte, indem er behauptet hatte, er sei Jonouchis Vater. Doch seine Lüge war nicht aufgegangen, denn Kaiba war ebenfalls ausgestiegen und hatte sich zwischen Jonouchi und den Fremden geschoben. Dieser musste ihn dadurch loslassen und etwas zurück weichen. Schließlich hatte er die Flucht ergriffen und Kaiba hatte Jonouchi mit zu sich genommen. Im roten Laufband am unteren Ende des Bildes stand in fetter Schrift, dass der Urisen-Schlitzer gefasst worden war. Weitere Bilder wurden eingeblendet. Bilder von jungen Männern, die Opfer des Mannes geworden waren. Die Portraitfotos wurden durch Bilder abgelöst, auf denen man blutige Rücken sah. Rücken, die dem von Jonouchi zum Verwechseln ähnlich sahen. Auf manchen dieser Rücken war das Wort 'Sünder' eingeritzt worden. Der Nachrichtensprecher berichtete, dass der Mann seit drei Monate ein gutes Dutzend Urisen verletzt und vier getötet hatte. Zuletzt seien die Abstände zwischen seinen Taten immer kürzer geworden, als er eskalierte. Jonouchi musste an den jungen Mann denken, der ihn gewarnt hatte. Zu seiner Bestürzung fand sich auch dessen Bild unter den Opfern. Traurigkeit ergriff Jonouchis Herz. Er hatte den anderen nicht gekannt, aber das er ihn gewarnt hatte, hatte ihm das Leben gerettet. "Das ist der Mann, der dich verfolgt hat", hörte er plötzlich Kaibas Stimme hinter sich und fuhr erschrocken zusammen, was seine Niere erneut mit einem Schmerz quittierte. "Scheiße, erschreck mich doch zu Tode", kam es reflexartig von Jonouchi, der sich die Hand an die Brust hielt und dann nach Luft japste. Kaiba musste kurz kichern, was Jonouchi inne halten ließ. Diese Reaktion des Geschäftsmanns wirkte auf ihn total putzig. "Sorry, wollt dich nicht erschrecken", meinte Kaiba und trat näher heran. "Was tust du hier?", fragte Jonouchi, als ihm erneut die Zeit auf dem Fernsehbildschirm ins Auge fiel. Eigentlich wäre die Schule erst in einer Stunde zu Ende. "Ich wollt dir nur das hier vorbei bringen", meinte Kaiba und hob eine flache Laptoptasche hoch. "Dachte mir, dass du dich vielleicht langweilst und wollt dir den hier bringen, damit du... keine Ahnung, im Internet surfen oder etwas zocken kannst." Jonouchi runzelte die Stirn und war sprachlos. Kaiba legte die Tasche auf den Beistelltisch, packte den modernen Laptop, der kaum einen Zentimeter dick war, aus und klappte ihn auf. Der Monitor wirkte unglaublich groß auf Jonouchi. "Da ich nicht genau weiß, was du gerne spielst hab ich mal die gängigsten Spiele vorinstalliert. Hier ist noch eine Maus und ein Joypad", erklärte der Brünette. "Danke", meinte Jonouchi leise. "Er hat eine SIM-Karte, ist also jederzeit unabhängig vom Krankenhausnetzwerk, onlinefähig", erzählte Kaiba weiter, als es plötzlich klopfte. Jonouchi blickte Kaiba an. Eigentlich waren alle seine Freunde noch in der Schule und sonst wusste er nicht, wer ihn besuchen könnte. Er schaltete den Fernseher aus. "Ja?", rief er. Die Tür ging vorsichtig auf und dann kam seine Schwester herein. Im ersten Moment war der Blonde total geschockt, doch dann setzte er von jetzt auf gleich seine Maske auf und strahlte seine Schwester an. Diese lächelte ihn zaghaft und etwas unsicher an, bis sein Lächeln ihr die Anspannung nahm und sie zu ihm rannte, um sich an seinen Hals zu werfen. Er schlang seine Arme um sie, wodurch ihr sofort der Gips am Arm auffiel. "Was treibst du denn?", fragte sie streng. "Seit Wochen meldest du dich nicht mehr und jetzt musste ich über Mokuba-kun erfahren, dass du im Krankenhaus liegst. Was ist denn passiert?" Jonouchi blickte kurz zu Kaiba, der entschuldigend lächelte und den Laptop, sowie das Zubehör wieder in der Tasche verstaute. "Ach... ich hab nur eine Nierenentzündung", versuchte Jonouchi in einem Tonfall, als würde er über etwas Belangloses reden, seine Schwester zu beruhigen. "Nur?", kam es empört von ihr und sie stemmte ihre Hände in die Seiten. "Und dein Arm?" "Der hat damit nichts zu tun, der war schon vorher da", meinte Jonouchi abwinkend. Daraufhin verpasste seine Schwester ihm eine sanfte Kopfnuss. "Warum erfahr ich sowas nicht?", fauchte sie besorgt. "Du bist doch mein Brüderchen und musst mir sagen, wenn es dir nicht gut geht." Tatsächlich hatte Jonouchi seine Schwester das letzte Mal vor deren Schule gesehen, als seine Mutter ihn vor ihr geoutet hatte. Daraufhin hatte er sich von seiner Schwester ferngehalten. Aus Angst. Er hätte es nicht ertragen, wenn sie ihn - wie ihre Eltern - verstoßen hätte. "Ich... ähm... hätte nicht gedacht, dass du dich noch dafür interessieren würdest, wie es mir geht", kam es leise von Jonouchi und brachte ihm eine weitere Kopfnuss ein. "Warum sollte es mich nicht interessieren, wie es meinem Brüderchen geht?", kam es von ihr vorwurfsvoll. "Weil... ich dich zuletzt vor deiner Schule so in Verlegenheit gebracht habe", meinte er etwas gedämpfter. "Du?", wiederholte sie fassungslos. "Du hast doch gar nichts gemacht. Wenn mich jemand in Verlegenheit gebracht hat, dann Mutter." Jonouchi sah wie Kaiba, der hinter Shizuka stand, sanft lächelte. "Brüderchen... mir ist das egal, ob du Mädels magst oder Jungs oder beides... das ändert doch nichts daran, wer du bist und du bist mein Brüderchen, dass ich über alles liebe", meinte sie zärtlich lächelnd, während sie sich zu ihm auf die Bettkante setzte und ihre Hände auf die des Blonden legte. Er sah sie einen langen Moment an und konnte dann nicht anders, als sie erneut in die Arme zu schließen und an sich ranzuziehen. Sie erwiderte die Umarmung und hielt ihn fest. "Mein dummes Brüderchen", murmelte sie leise. Als sie sich langsam wieder lösten bemerkte Jonouchi, dass Kaiba bereits gegangen war. Vorsichtig strich ihm seine Schwester über die noch leicht lädierte Wange. "War das Papa?", fragte sie leise. Jonouchi senkte seinen Blick und schüttelte den Kopf. "War so ein Wichtigtuer, dem ich es gezeigt habe", log er sie an und obwohl er wusste, dass sie ihm das nicht glaubte, war er dankbar, dass sie ihm die Lüge durchgehen ließ. Dann kuschelte sie sich neben ihn, in den gesunden Arm und erzählte ihm, was in den letzten Wochen so los war und wie sie ihre Mutter mit Schweigen strafte, solange diese Jonouchi gegenüber wie eine wild gewordene Irre auftrat. "Sie macht sich nur Sorgen um dich und will dich beschützen", versuchte Jonouchi seine Schwester zu beschwichtigen. "Vor meinem Bruder? Du hast nichts getan, dass dich zu einer Gefahr für mich macht", widersprach sie energisch. "Sie liebt dich und ist nun mal anderer Ansicht", erwiderte der Ältere, als Shizukas Handy bimmelte. Sie verdrehte die Augen, kramte es aus ihrer Jackentasche und nahm den Anruf an. Die Stimme ihrer Mutter war deutlich zu erkennen. "Die Schule hat mich angerufen, dass du die letzten zwei Schulstunden fehlst", kam es streng aus dem Telefon. "Ich hab erfahren, dass Katsuya im Krankenhaus liegt und bin ihn besuchen gegangen", erwiderte Shizuka ungerührt. "Wir haben doch darüber gesprochen...", wollte die Mutter ansetzen, wurde aber von ihrer Tochter unterbrochen. "DU hast darüber gesprochen und ich hab dir gesagt, dass ich deine Ansichten nicht teile. Ich liebe Katsuya und ich werde mich nie wieder von dir von ihm fernhalten lassen", gab Shizuka ihr Zunder. "Ich komm dich abholen", meinte die Mutter. "Ich kann alleine nach Hause kommen, danke", widersprach die kesse 13jährige ihrer Mutter. "Shizuka...", setzte die strenge Stimme der Mutter erneut an. "Mama, wenn du vorbei kommen möchtest, um deinen Sohn zu besuchen, der übrigens mit einer Nierenentzündung im Krankenhaus liegt, danke dass du nachfragst, bist du willkommen. Aber wenn du nur herkommst, um Stress zu machen und einen Streit zu beginnen, kannst du dir den Weg sparen", meinte Shizuka beherzt. "Aber eines möchte ich dir noch sagen: Ich bin sehr enttäuscht von dir. Ich habe dich immer für eine kluge, moderne Frau gehalten, die über Vorurteile steht und Benachteiligung anderer ablehnt. Für eine Person, zu der ich aufgeschaut und der ich nachgeeifert habe." Dann unterbrach sie das Gespräch und steckte ihr Telefon wieder weg. "Sie wird sich das nicht gefallen lassen, dass weißt du, ja?", kam es leise von Jonouchi, der schon damit rechnete, dass seine Mutter in kürze wie eine Furie hier aufschlagen würde. "Wenn es mir zu bunt wird, dann werde ich einfach zu Papa und dir ziehen", meinte sie lächelnd zu ihrem Bruder, der sofort den Blickkontakt brach und auf seine Hand des Gipsarms richtete. "Was ist, Brüderchen?", fragte sie leise, hatte sie doch gemerkt, dass sie da einen wunden Punkt angesprochen hatte. "Nichts, nur bist du bei Mama besser aufgehoben", meinte er leise und mit brüchiger Stimme. "Wieso das?", hakte sie sofort nach. Als keine Antwort kam wandte sie sich ihrem Bruder etwas mehr zu, damit sie ihn besser ansehen konnte. "Brüderchen...?" "Papa... war nicht begeistert davon, als Mama ihm damals von dem Gespräch mit mir erzählt hat", gestand er ihr schließlich. "Hat... er dich auch beschimpft?", hakte sie nach. Es dauerte einen Moment bis der Blonde schließlich nickte. "Was noch?", forderte sie mit sanfter Strenge. Jonouchi rang mit sich und wusste nicht, ob er seiner Schwester wirklich alles erzählen sollte. Doch dann nahm sie sein Gesicht zwischen ihre Hände und richtete seinen Blick auf sich. Da war so viel Liebe und Sorge in dem Blick, dass er schlucken musste. "Er hat mir als erstes mein Zimmer weggenommen. Es ist jetzt sein Schlafzimmer", begann er langsam. "Und wo schläfst du dann?", fragte sie geschockt. "Mein Bett steht in einer Nische des Wohnzimmers, die mit einem Vorhang abgetrennt ist. Er beschimpft mich, wann immer es ihm passt und wenn er schlecht gelaunt ist, dann... klebt er mir schon mal eine", erzählte er ihr. Doch sie spürte, dass da noch was fehlte. "Was noch, Brüderchen?", hakte sie nach. "Er... meinte mal zu mir, dass er nicht einsieht einen perversen Tunichtgut mit durchzufüttern und das ich, wenn ich die Reste abbekommen möchte, mich im Haushalt nützlich machen muss", legte er ihr auch den Rest da. Sie zog kurz die Stirn in Falten. "Papa gibt dir nichts zu essen?", wiederholte sie ungläubig. "Jedenfalls nicht sehr oft", erwiderte Jonouchi kaum hörbar. "Aber... er gibt dir Geld, damit du dir was holen kannst?", kam es hoffend von der jungen Brünetten. Doch der Blonde schüttelte nur seinen Kopf. "Und... wie kommst du dann an Essen?" "Ich...", er konnte es ihr nicht sagen. Konnte es nicht vor sich selbst laut aussprechen, dass er seit fast drei Jahren Blow Jobs gegen Bezahlung anbot. Manchmal mehr. "Meine Freunde laden mich hin und wieder zum Essen ein." Sie war fassungslos. "Dann werde ich mit ihm reden. Das geht so nicht", meinte sie idealistisch und ein wenig naiv. "Das brauchst du nicht... ich... wohn schon seit 'ner Weile nicht mehr bei ihm", meinte er leise. "Und wo wohnst du dann?", hakte sie vorsichtig nach. "Mal hier, mal da... Mokubas Bruder hat mir jetzt sein Gästezimmer angeboten", gestand er ihr. Sie seufzte schwer. Das alles gefiel ihr nicht und so beschloss sie, dass sie ihre Mutter noch mehr ins Gebet nehmen musste, damit sie nicht nur Frieden mit ihrem eigenen Sohn schloss, sondern einsah, dass dieser zu ihnen gehörte. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)