Urisen von MAC01 ================================================================================ Kapitel 11: Unerwartet ---------------------- Als Jonouchi das Krankenhaus erreichte war es bereits viertel vor zwei. Er humpelte zur Aufnahme und sah die diensthabende Schwester am Telefon. Also wartete er. Was blieb ihm auch anderes übrig? Als diese auflegte notierte sie sich etwas und blickte dann zu ihm. "Ja, bitte?", fragte sie harsch. "Ich... wurde zusammengeschlagen", flüsterte Jonouchi. Seine Stimme war vom vielen Schreien rau und mitgenommen. "Kannst du bitte etwas lauter sprechen?", kam es auffordernd von der Dame hinter dem Tresen. "Ich wurde zusammengeschlagen", wiederholte Jonouchi etwas lauter. Sie reichte ihm ein Clipboard und einen Stift. "Füll das aus und bring es mir wieder", meinte sie nur und wandte sich dann etwas anderem zu. Jonouchi nickte nur resigniert, nahm das Clipboard und den Stift mit der gleichen, unverletzten Hand und humpelte in den Wartebereich. Doch dieser war voll belegt. Der Schmerz wütete in ihm und sein Körper forderte, dass er sich hinsetzte. Also ging er zu den Automaten und ließ sich daneben an der Wand entlang auf den Boden rutschen, bis er in der Hocke angekommen war. Ein erneuter Schmerz durchzog ihn. Dann versuchte er den Anmeldebogen auszufüllen. Als er nach einer gefühlten Ewigkeit fertig war zog er sich mit Mühe wieder in den Stand, ging zum Tresen zurück und wollte der Schwester den Bogen geben. "Setz dich, es kann etwas dauern, bis du aufgerufen wirst", meinte sie nur. Jonouchi nickte nur und strich sich die Träne am Auge weg, bevor sie über die Wange kullern konnte. Irgendwann war ein Platz im Wartebereich frei geworden und er hatte sich setzen können. Nervös kaute er an den Fingernägeln der unverletzten Hand, während er die andere, die mittlerweile pulsierte und wummerte, fest an seinen Körper presste. Das löste aber an seinem Bauch einen stechenden Schmerz aus, dort wo der Schuh des Freiers ihn getroffen hatte. Als er an die Wanduhr blickte stellte er fest, dass es bereits halb sechs war. War er echt schon fast vier Stunden hier? Sein Mund fühlte sich so trocken an. Durch die beeinträchtigte Sicht sah er nur Schemen. Bunte Farbkleckse, die irgendwo Menschen zu sein schienen. Daher kam es nicht selten vor, dass wenn jemand nah an ihm vorbei ging er schreckhaft zusammenzuckte. Seine Jeans fühlte sich irgendwie klamm und feucht an. Auch sein Shirt schien an ihm zu kleben. Er raffte seine Jacke enger um sich. "Jonouchi?", hörte er auf einmal eine Stimme, auf die er jetzt gut verzichten könnte. Dennoch versuchte er in die Richtung zu schauen, aus der die Stimme gekommen war. "Himmel, was ist denn mit dir geschehen?" Vor ihm stand Kaiba Seto in einem dunkellila Mantel, darunter schien er einen schwarzen Wollkragenpulli und eine dunkle Hose zu tragen, die in seinen Stiefeln steckten. "Bin die Treppe runter gefallen", log Jonouchi mehr aus Reflex, als wirklich gewollt. "Aha...", kam es trocken von seinem Gegenüber. "Wa... was machst du hier, Kaiba?", fragte Jonouchi und hatte alle Mühe sich zu beherrschen. "Mokuba hatte einen Blinddarmdurchbruch und wurde bis eben operiert", antwortete Kaiba. "Oh, Scheiße... ist die OP gut gelaufen?", fragte Jonouchi sofort besorgt. Kaiba musterte ihn kurz verwirrt. Der Blonde sah aus, als hätte er 10 Runden in einem Boxring hinter sich und dennoch fragte er nach Mokubas Wohlergehen. "Ja, die OP ist gut gelaufen und er war sogar schon kurz wach. Aber jetzt schläft er und daher wollt ich heim", erzählte Kaiba. "Na dann komm gut heim", krächzte Jonouchi leise. "Wie lange sitzt du schon hier?", fragte Kaiba und war vor dem Blonden in die Hocke gegangen, wodurch er nun von unten zu ihm aufsah. Das störte Jonouchi irgendwie, denn so hatte er das Gefühl dem stechenden Blick der blauen Augen nicht mehr ausweichen zu können. "Noch... noch nicht sehr lange... vielleicht... ähm... vier Stunden, oder so?", erzählte er und wusste selbst nicht, wieso er ihm ehrlich antwortete. "Vier Stunden schon? Das gibt es doch nicht. Warte, ich such dir einen Arzt", meinte Kaiba besorgt. "Nein... nein schon gut... ich komm bestimmt gleich dran", meinte Jonouchi, als ein weiterer Patient aufgerufen wurde, der erst nach ihm gekommen war. Als dieser dicht hinter ihm vorbei ging zuckte er schreckhaft zusammen und begann wieder zu zittern. "Man, warum rennst du nur in Sommerklamotten rum. Du bist total durchgefroren", meinte Kaiba und zog seinen Mantel aus, um ihn über Jonouchis Schulter zulegen. Doch dieser erschrak dadurch noch mehr. "Lass den Scheiß, ja", fauchte Jonouchi ihn an. "Ich... ich hab dich nicht um Hilfe gebeten, also... kümmer dich um deinen Scheiß." "Du magst mich nicht um meine Hilfe gebeten haben, aber du brauchst sie definitiv", meinte Kaiba ruhig. Dann stand er auf und ging zur Anmeldung. Dort wechselte er ein paar Worte mit der Schwester, die ihn erst wirsch zurechtweisen wollte. Doch Kaiba wär nicht Kaiba, wenn er sich das gefallen lassen würde. Also schenkte er der Schwester ein. Jonouchi wusste nicht, was der Brünette zu der Dame an der Anmeldung gesagt hatte, doch diese sprang auf einmal auf und kam nur zwei Minuten später mit einem Arzt zurück. Diesen führte Kaiba dann zu Jonouchi. "Dann komm mal mit", bat der Arzt. Jonouchi stand langsam und mit viel Mühe auf, nicht bemerkend, dass er eine blutige Spur auf dem Sitz hinterließ, die Kaiba aber sofort ins Auge sprang. Er nahm ein Taschentuch aus seiner Hosentasche, wischte das Blut damit weg und folgte dem Blonden schließlich. Der junge Arzt führte Jonouchi in einen Behandlungsraum, der offensichtlich sonst Privatpatienten vorbehalten war, die Wert auf Diskretion und Privatsphäre legte. Als Seto eintreten wollte versperrte der Mann ihm den Weg. "Ich weiß wer Sie sind, Herr Kaiba", flüsterte der Arzt ihm ruhig zu. "Aber ich muss Sie dennoch bitten, dass Sie hier draußen warten, denn ich glaube nicht, dass mir ihr Bekannter die Wahrheit darüber sagt, was wirklich geschehen ist, wenn Sie dabei sind." Kaiba überlegte kurz und nickte schließlich. Er nahm auf einem Stuhl neben der Tür Platz, während der Arzt erleichtert die Tür schloss. Der Arzt wandte sich Jonouchi zu, der versuchte aus seiner Jacke rauszukommen, es aber nicht schaffte. "Warte, ich helf dir", meinte der junge Arzt und griff nach der Jacke, um ihm heraus zu helfen, was Jonouchi erschrocken zusammenfahren und herumwirbeln ließ. Sofort hob der Arzt seine Hände, um Jonouchi zu zeigen, dass er nichts in der Hand hatte. "Es ist alles gut. Ich möchte dir nur helfen die Jacke auszuziehen." Jonouchi nickte und ließ sich helfen. Die Erinnerung an den Freier kam in ihm hoch und er versuchte die Tränen wegzublinzeln, was ihm aber nicht ganz gelang. Dann half der Arzt dem verletzten Oberschüler auf die Behandlungsliege. "Möchtest du mir erzählen, was geschehen ist?", fragte der Arzt. "Wurde zusammengeschlagen", war die wenig informative Antwort des Blonden. "Hm, das sieht mir aber nur nach einem Teil der Wahrheit aus", konterte der Arzt. "Dein Shirt ist am Rücken blutig. Darf ich mir deinen Rücken ansehen?" Jonouchi überlegte und nickte dann. Der Arzt war schockiert von dem Anblick der blutigen Striemen. Vorsichtig reinigte er den Rücken und versorgte die verletzte Haut. "Ich denke nicht, dass da Narben bleiben, wenn es erst einmal verheilt ist", meinte er in einem Smalltalk-Tonfall und kam wieder vor Jonouchi, nachdem er ihm etwas aufgetragen hatte. "Hast du Schmerzen im Arm?" "Er... er wurde mir auf den Rücken gedreht", erzählte Jonouchi leise und mit brüchiger Stimme. Vorsichtig nahm der Arzt den Arm in die Hände und sofort wimmerte Jonouchi. "Wir werden ihn röntgen müssen", kündigte der Arzt an. "Darf ich mir deine Brust und den Bauch anschauen?" Wieder überlegte Jonouchi kurz, bevor er schließlich nickte. Der Arzt bat ihn sich auf den Rücken zu legen und der Blonde schluckte, bevor er der Aufforderung nachkam. Es tat weniger weh, als er gedacht hatte, was sicherlich an dem lag, was der Arzt eben aufgetragen hatte. Dann wurde sein Shirt hochgeschoben. "Da hatte aber jemand Wut auf dich", meinte der Arzt behutsam. "Möglich", meinte Jonouchi ausweichend. "War das dein Vater?", fragte der Arzt vorsichtig weiter. "Nein... dieses Mal war es nicht mein Vater", antwortete der Blonde erschöpft. Der Arzt tastete ihn ab und Jonouchi musste ein paar Mal scharf die Luft einziehen. "Okay, dass muss auch geröntgt werden", kommentierte der Arzt, dem der Blutfleck auf dem Bezug der Liege aufgefallen war, wo Jonouchi bis eben noch gesessen hatte. "Hat dir wer auch immer noch anderweitig weh getan?", fragte der Arzt behutsam und Jonouchi begann wieder zu zittern, während er sich unsicher auf die Unterlippe kaute. "Ich frage, weil du scheinbar blutest." Der Blonde kämpfte gegen seine Tränen an, doch er spürte, wie er immer mehr den Kampf verlor. Er presste seine Lippen fest aufeinander und versuchte durch die Nase zu atmen, in der Hoffnung, so seine Gefühle besser kontrollieren zu können. Kaiba hatte fast zwei Stunden vor dem Zimmer gewartet. Dann ging die Tür auf und Jonouchi kam humpelnd heraus. Er trug einen Gips vom Oberarm bis zum Handgelenk an dem Arm, den er so an sich gepresst hatte und der nun in einer Schlinge ruhte. "Komm bitte in einer Woche wieder und frag direkt nach mir", meinte der junge Arzt. Jonouchi nickte. Kaiba stand auf und musterte ihn. "Sie lassen ihn gehen?", fragte er den Arzt. Der Arzt lächelte mild. "Ich kann ihn nicht gegen seinen Willen aufnehmen", erklärte er dem Brünetten. "Ich brauch noch die Rechnung", meinte Jonouchi erschöpft. "Wird geschickt", meinte der Arzt ruhig. "Ich würd sie lieber gleich begleichen", erwiderte der Blonde. Der Arzt wechselte einen Blick mit Kaiba, der sich dann räusperte. "Es gibt nichts zu begleichen", meinte Kaiba auf einmal. Jonouchi zog seine Stirn kraus und musterte Kaiba prüfend. "Das... das kann ich nicht annehmen", widersprach der Blonde schließlich. "Wir klären das, sobald du wieder fitter bist. Komm ich bring dich heim", meinte Kaiba. Jonouchi ließ sich von ihm weg vom Arzt führen, der offensichtlich beruhigt darüber war, dass er nicht alleine sein würde. Doch vor dem Krankenhaus blieb Jonouchi stehen und raffte seine Jacke so gut es ging um sich. "Also bis dann", meinte der Blonde und wollte sich abwenden. "Ich sagte, ich bring dich nach Hause", wiederholte Kaiba und wollte Jonouchi am unverletzten Oberarm packen, der wimmernd zusammenzuckte. "Was ist nur geschehen, Jonouchi?" "Nichts...", kam es abwehrend von dem Blonden. "Ni... Nichts was dich was angehen würde." "Ich werde dir nichts tun", meinte Kaiba beschwichtigend. Jonouchi wollte etwas erwidern, doch dann wurde ihm schwindelig und er begann das Gleichgewicht zu verlieren. Sofort war Kaiba zur Stelle und fing ihn auf, bevor der junge Arzt, der ihnen wohl gefolgt war, heran eilte und einigen Pfleger Anweisungen zurief, die sofort mit einer Liege angerollt kamen. "Jetzt kann ich ihn als Patient aufnehmen", meinte der Arzt zu Kaiba, der nickte. "Er ist ein persönlicher Freund von mir und genauso sollte er auch behandelt werden. Die Rechnung schicken Sie mir", meinte Kaiba. Der Arzt nickte und sah dann, wie Kaiba sich abwandte und ging. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)