Die Ersuchte von Skadii ================================================================================ Kapitel 3: Leere Seiten ----------------------- Wir betrachteten beide das unbeschriebene Papier vor uns, bis der Wanderer das Blatt vor mich schob und den Bleistift vor mich knallte.  „Mal!“ „Ich bin mir nicht ganz sicher, es war jedenfalls ein geteilter Kreis...“ „Längs oder Quer?“, fragte er, während er meine Handbewegung wachsam verfolgte. „Ich glaube es war ein Querschnitt....“ „Glaubst du oder weißt du es?“, „...verdammt gib schon her...“, er riss mir den Stift aus meiner Hand und machte sich selbst an die Zeichnung. Den Schnitt setzte er dabei quer und betrachtete es. „Es ist nicht richtig!“, zischte er verärgert und zerknüllte das Blatt. „Warte!“, „...wirf es nicht weg, wir kommen der Sache näher...“ Trotz meiner bitte wirft er den Papierball in den Papierkorb an meinem Schreibtisch. Seufzend setze ich mich an die Kante des Bettes. Ich musste mir selbst eingestehen das es mir die wechselhaften Stimmungen seinerseits nicht ganz einfach machten. Es bedrückte ihn, dass er nichts Handfestes hatte das er mit seiner Person vor dem Tod verbinden konnte. Seit Monaten war er mein erster sozialer Kontakt neben meiner Familie. Verstörend und Beängstigens zugleich. Vielleicht war ich es die, die Sozialität verlernt hatte und nicht er. Und das obwohl er seit Jahrhunderten unter der Erde lag. Jedenfalls hoffte ich, dass er unter der Erde lag. „Wie ist das so?“, fragte er mit seiner fast schon gewohnt kühlen Stimme. „Was meinst du?“ „-Das -hier -Mit Geistern zu sprechen.“ Ich lächelte, dabei kam meine Reaktion etwas unpassend für ihn. Seine Stirn kräuselte sich Fragend. „Es ist einfacher für mich.“ Ein großes Fragezeichen schmückte seine Lippen. „Einfacher als mit Menschen. Bei Geistern weiß ich das sie mich irgendwann verlassen werden, außerdem sind sie bereits Tod.“ „...das war nicht gerade Einfühlsam. Aber es macht mir nichts aus.“ „E....entschuldige...“, stotterte ich verunsichert. „Schon gut, aber für die Zukunft …ich meine falls dir mal ein etwas sensiblerer Wanderer begegnen sollte, verkneif dir diese Aussage lieber.“ Ich nickte. „Klingt als wüsstest du wie es sich anfühlt verlassen zu werden.“ Er sprach leise, doch stürzten seine Worte wie eine Lawine über mich ein. Ich öffnete den ersten Knopf meiner Bluse, da ich das Gefühl hatte als wurde die Luft in diesem Zimmer knapper. „Hey... Hinata!“, er berührte meiner Schulter und weckte mich aus meinen verstreuten Gedanken. „Ist schon gut, ich dachte nur, wenn wir schon dabei sind mehr über mich herauszufinden wäre es nur fair auch ein wenig über dich zu erfahren.“ In Gedanken stimmte ich ihm zu, jedoch konnte ich mich nicht dazu überwinden mehr Pries zu geben. Meine Großmutter warnte mich davor, zu intim mit Wanderern zu werden. Zu gefährlich war es den Blick zur Realität zu verlieren. Jedoch hielt sie sich selbst im Bezug auf meinen Großvater kaum an diese Regel. Ich glaube die Liebe brachte ihn zurück zu ihr, doch meine Großmutter behauptete es war die unersättliche Befehlsmacht wie er weiter über unseren Clan und das Familiengeschäft entscheiden wollte.   Ich setzte den Wasserkocher auf und befüllte den Topf mit einer Packung Instant Nudeln. Als ich das kochende Wasser in den Topf goss lehnte der Wanderer mit verschränkten Armen an der Küchentheke und beobachtete mich dabei. Mit einem Paar Stäbchen rührte ich um, um die noch harten Nudeln langsam voneinander zu lösen. „Es riecht nach Ramen...“ Ich nickte „Aber es sieht verdammt nochmal überhaupt nicht danach aus...“ Das erste mal seit langem hörte ich mich selbst lachen. Es fühlte sich gut an. „Was genau soll das sein?“ „Du hast es doch bereits erraten, Ramen!“ „Wo ist das Fleisch? Die Zwiebeln? Das Ei? Der Koriander?“ „Naja du isst hier einfach nur die Brühe und die Nudeln.“ „Das ist keine Brühe, das Zeug das du da rein gelehrt hast war Pulver, zu meiner Zeit hat man Brühen eingekocht mit frischen Zutaten. So etwas nannte man Essen, das hier ist eine Verschwörung gegen die Japanische Küche. Ich meine hast du dir die Packung angesehen?“ Er wandte die verrissene Tüte zwischen seinen Händen. „Das hier drauf sieht gut aus, da sind die Eier abgebildet und das Fleisch. Dasist eine Lüge!“, er zeigte mit dem Finger auf die Verpackung.  Sein Zeigefinger wanderte auf den Kochtopf, indem sich die Nudeln inzwischen gelöst hatten: „Das da, ist die Wahrheit! Eine verdammt traurige...“ Ich nahm ihm die Verpackung grinsend aus der Hand und warf sie in den Eimer unter der Spüle. „Das nennt sich Marketing. Die Leute die das hier herstellen wollen es uns so schmackhaft wie möglich machen.“ „Aber sie lügen!“ „Ja, aber würdest du die Suppe kaufen, wenn die Lüge oder die Wahrheit abgebildet wäre?“ „Das ist nicht fair, ich unterstütze keine Lügen...“ „Nah!“, „Das war nicht die Antwort auf meine Frage.“ Er seufzte. „Die Lüge, aber das essen hätte man zu meiner Zeit den Hunden vorgeworfen. Wobei, Naruto hätte dieses Zeug sicher trotzdem gefressen...“ „Naruto!“, brüllte ich und ließ die Stäbchen in den Top fallen. „Na-ru-to...“, wiederholte er verwundert. „Weiter! Du musst weitermachen, wie war sein vollständiger Name!“, spornte ich ihn aufgeregt an. „Ich weiß nicht mehr genau, der Typ war ein Idiot. Unglaublich nervig... Izu-maki.“ „Izumaki? Naruto Izumaki? War das sein Name?“ „Schhht!“, zischte er und rieb sich nachdenklich die Stirn. „Naruto Izu..... Uzu..... Uzumaki!“, „Naruto Uzumaki!“ Stift Ich wühlte hektisch in den Küchenschubladen nach Schreibmaterial. Kurze Zeit später entdeckte ich einen kleinen karierten Block und einen Kugelschreiber mit dem ich den Namen notierte. Unsere Augen begegneten sich und sie wirkten einen kurzen Moment nicht mehr ganz so leer. Ich zählte auf: „Wir haben ein Clanwappen, an das wir uns nicht mehr ganz Erinnern können. Den Hyuuga Clan und einen Freund Namens Naruto Uzumaki.“ „Tss...“, zischte er, „...er war kein Freund.“ „Aber du weißt es doch nicht genau!“, erwiderte ich. „Ich weiß es!“, grollte er.  „Wie kannst du es wissen?“ „Es fühlt sich einfach nicht danach an!“, betonte er schnippisch und wandte sich von mir ab.  „Gehörte er vielleicht dem Hyuuga Clan an?“ „WOHER SOLL ICH DAS WISSEN?“, schnappte er um und warf dabei den kochenden Topf von der Herdplatte. Das heiße Wasser schwappte über und schüttete sich über meine Hand. Schmerzerfüllt biss ich die Zähne zusammen und zog Augenblicklich den Arm zurück. Meine Augen füllten sich mit Wasser und ich versuchte das brennen zu unterdrücken, indem ich mit der anderen Hand dagegen presste. Die Nudeln klebten an den Küchenfliesen und das übrige Wasser tropfte von der Theke. Als ich aufsah lag ein entsetzter Gesichtsausdruck auf ihm. „E....es ist nicht schlimm. Ich putze das später wieder sauber.“ Den Wasserhahn aufgedreht ließ ich kaltes Wasser darüber laufen und krallte mich mit der anderen daran fest. Ich befürchtete den Hahn auszureissen, da ich zu sehr damit beschäftigt war das Schmerzempfinden zu unterbinden. „...wir alle verlieren einmal die Beherrschung. Wir finden schon heraus was passiert ist, mach dir bitte keine Sorgen.“, versuchte ich einfühlsam auf ihn einzusprechen, auch weil mir bewusst was, dass ich ihn hierzu gereizt hatte. Als ich den Kopf hob um nach ihm zu sehen, war er bereits aus der Küche verschwunden.   Am Tag darauf waren wir uns nicht begegnet, am späten Abend hatte ich es bereits aufgegeben und Schuldgefühle plagten mich. Ich betrat das Dojo, welches ich zu dieser Stunde bedenkenlos für mich allein beanspruchen konnte. Als ich Barfuß die Matten betrat, roch es nach Gummi. Beim drüber laufen fühlte es sich schwammig an, deshalb mochte ich das trainieren im freien lieber und den Geruch vom nassen Rasen.   So wie es sich gehörte beugte ich mich vor dem Saal und startete kurz darauf mein Training. Während ich versuchte mich nur auf meine Bewegungen zu konzentrieren fiel mir auf, dass ich heute nicht ganz bei der Sache war. Auch die Energie die ich sonst zum Meditationbeginn in mich aufnahm umgab mich nur, schaffte es aber nicht sie in mich aufzunehmen. Stattdessen öffnete ich die Augen und entdeckte dabei die großen Bilder an den Wänden. Bilder von unserer Familie, auch das Bild meines Großvaters hing dort und einige Vorfahren vor ihm. Ein Geistesblitz traf mich als ich sie betrachtete und das Stammbuch der Hyuugas kam mir in den Sinn. Falls dieser sogenannte Naruto Uzumaki  ein Mitglied des Hyuuga Clans war, dann müsste er definitiv darin aufgeführt worden sein.    Das Büro meines Vaters befand sich im Hinterzimmer des Dojos, dort begann ich in seinen Regalen danach zu suchen. Es war nicht schwer aufzufinden, tatsächlich waren die Stammbücher fein säuberlich gepflegt und ihre Bücherrücken waren mit den Jahrgängen beschriftet. Ich nahm die Bücher aus den Jahren 1800 bis 1870 zur Hand. Insgesamt drei Bücher beinhaltete der Zeitraum. Ich staunte auch wie ausführlich die einzelnen Personen mit Steckbriefen aufgeführt wurden, deren Ränge und geehrte Auszeichnungen. Dabei waren die Auszeichnungen meist für gewonnene Kriege , selten Wettkämpfe wie wir heute davon sprachen. Die Bilder der einzelnen Personen waren im alt-japanischen Stiel gemalt. Durch Tinte, weshalb die meisten Gesichter ausdrucks- und leblos erschienen. Zu damaligen Zeiten waren die Hyuugas nicht einfach nur ein Clan, sondern eine professionell ausgebildete Militäreinheit die dem Feldherren oder einfach nur -Familienoberhauptes- gehorchten. Dieser wiederum befolgte die Befehle des Hokage oder anders gesagt -Anführer des Dorfes-.    Als ich jung war unterrichtete mein Vater mich neben der Kampfkunst auch in der Geschichte des Clans, welche bei den insgesamt vier Kriegen auf dem Feld stand.   Heute hatten sich die Zeiten geändert –  das war meine Meinung.  Der Zeiger tickt, doch ein Hyuuga bleibt ein Hyuuga – das war die Meinung meines Vaters.    Betrachtete ich die Bände, so wurden sie immer schmäler. Im neunzehnter Jahrhundert angekommen wurden die Bände immer länger geschrieben und füllten sich langsam, als zu damaligen Zeiten. Wir kämpften in keinen Kriegen, sondern lehrten die Kampfkunst. Auch die Mitglieder des Clans waren inzwischen auf eine Überschaubare Menge geschrumpft, viele von Ihnen lebten im Ausland. Einzig allein mein Vater, wir und sein verstorbener Bruder, dessen Sohn Neji blieben Konoha erhalten.   Ganz schön einsam.  Dachte ich.   Etwa ein dutzend Namen hatte ich bisher gelesen, doch leider nicht den gesuchten. Inzwischen überflog ich die Seiten, wenn der Name nicht mit einem „N“, begann. Müde rieb ich mir die Augen und versuchte dennoch nicht einzuschlafen, als sich plötzlich der Wanderer gegenüber von mir setzte. Wortlos griff er nach dem letzten Band und begann darin zu Blättern. Ich hatte den Kopf in die Seite gelegt und lächelte darüber ihn heute doch noch zu Gesicht bekommen zu haben.   „Tut es noch weh?“ Beim umblättern der Seite machte ich halt und sah Ahnungslos zwischen den Zeilen zu ihm auf. „Dein Arm ...“ „Achja... äh ich meine nein.“ „Du lügst!“, schimpfte er und knallte das Buch auf den Tisch. „Tja die Lüge lässt sich wohl besser vermarkten.“ „Schwachsinn... du bist schwachsinnig. Warum bist du so Selbstlos? Liebst du dich nicht wenigstens ein bisschen selber!?“ Das Wort Selbstlos klang aus seinem Mund wie ein Schimpfwort.  „...für mich ist es einfacher zu lieben.“ „Ganz schön schwach Prinzessin.“, betonte er ironisch.  „Was genau ist hier eigentlich das Problem?“, konfrontierte ich ihn mit einem leichten Unterton.  „... dass dudich eigentlich nicht bei mir entschuldigen kannst?“, „Ganz schönschwach von jemandem der schon so viel Lebenserfahrung mit sich bringt.“  „Hmmm, kein schlechter Schachzug. Bei dem Part Lebens-erfahrung musste ich schmunzeln.“ Mir reichts!  Ich klappte das Buch zu und war soeben dabei das Büro zu verlassen, da berührte seine kalte Hand mich an meinem Unterarm und zog mich zurück.  „Warte!“, „Du hast recht, es tut mir leid.“, „...ich wollte dich mit dem kochenden Wasser nicht verletzen ich war nur etwas aufgebracht wegen der vielen Fragen, auf die ich keine Antwort hatte.“  Verunsichert versuchte ich seinem Blick stand zu halten, dabei war er so viel stärker als ich. Schnell versuche ich die Situation aus dem Raum zu schaffen: „Es ist in Ordnung, ich bin dir nicht böse.“ Der Wanderer zückt eine Tube aus seiner Hosentasche und hielt sie mir hin: „Hier... ich weiß es ist nicht in Ordnung hier herumzuschnüffeln es ist euer zu Hause, aber ich habe diese Brandsalbe gefunden und mich gefragt ob sie dir wohl nützlich sein könnte.“  Er legt sie behutsam in meine Hand und ich verspüre eine leichte Verlegenheit die er ausstrahlt.  Der ärger ist vergessen und ich lächle dankbar über sein Geschenk.  „Lass uns die Bücher mit aufs Zimmer nehmen, wir machen morgen früh weiter...“, als er die Seite vor sich zuschlagen möchte greife ich ein und stoppe ihn. „Sieh nur... die Seiten zu dieser Person sind leer...“  Der Wanderer grinst spöttisch: „Ja es ist aber nicht Naruto den wir suchen, aber schau dir mal den Namen an.“  Ich beuge mich tiefer über die Seiten und lese vor: „Hinata Hyuuga.“, „Sie sieht aus....“  Der Wanderer beendet meinen Satz: „Wie du! Ist das nicht verstörend...“ Das war es.  Die Haare, die Augen, der verunsicherte Blick. Der Maler hatte in diesem Fall den Ausdruck perfekt getroffen. „1840 bis 1865, sie scheint jung gestorben zu sein. Aber wieso hat keiner etwas zu ihren Lebzeiten geschrieben?“, fragte ich verwundert. „Vielleicht war sie krank?“, knüpfte er an.  „Nein... irgendetwas muss zu dieser Zeit passiert sein. Kein Hyuuga ist ein unbeschriebenes Blatt!“      Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)