Boston Boys - Fragmente von Vampyrsoul (Kurzgeschichten zur Boston Boys Reihe) ================================================================================ Kapitel 17: Samsa – April 2015 ------------------------------ Ich kroch zu Tino unter die Decke. Da es in den letzten Tagen wieder kühler geworden war und er nicht mit mir gerechnet hatte, trug er einen Schlafanzug. Dennoch strahlte er mächtig Hitze ab und sorgte dafür, dass mir schnell warm wurde. Zufrieden seufzte ich gegen seinen Nacken. Jetzt war mein Tag perfekt. Nicht, dass ich einen schlechten Tag gehabt hätte. Wir hatten bei der Bandprobe einiges geschafft und waren danach etwas Trinken gegangen. Ich hatte eine wirklich beeindruckende Frau kennengelernt und mit ihr Spaß gehabt. Und dennoch hatte etwas gefehlt. Hatte ich mir erträumt oder gar erhofft, dass es jemals so sein würde? Nein, sicher nicht. War es gut? Auf jeden Fall! Tino murmelte im Schlaf und drehte sich zu mir um. Er wurde nicht einmal wirklich wach, küsste mich aber und nahm mich in den Arm. Zufrieden lehnte ich mich an ihn. Bei ihm fühlte ich mich sicher. Er erwartete nichts, erzwang nichts und erdrückte mich nicht. Und dennoch war ich ihm nicht egal. Ich wusste, dass er sich morgen früh glücklich an mich drücken würde, wenn er mich sah, dass er nach meinem Abend fragen und sich für mich freuen, aber auch keine Antwort erzwingen würde. Er ließ mir so viel Freiraum, wie ich benötigte. Nicht einmal, als ich mich eine Woche lang nicht bei ihm gemeldet hatte, war er wütend oder drängend geworden. Er hatte lediglich nachgefragt, ob ich mal wieder Lust hätte, ihn zu treffen, und wann ich Zeit hätte. Kein Groll, keine Vorwürfe. Einfach nur die Erinnerung, dass er mich gern sehen wollte. Hätte ich darauf nicht geantwortet, hätte er es vermutlich nicht noch einmal versucht. Letztendlich war das für mich der ausschlaggebende Punkt gewesen, sein Angebot, seinen Ersatzschlüssel zu bekommen und jederzeit bei ihm aufzuschlagen, anzunehmen. Es war eindeutig, dass er damit keine Erwartungen setzte, nicht davon ausging, dass ich immer zu ihm kam. Wenn er mich unbedingt sehen wollte, dann fragte er, ob ich vorbeikam, und akzeptierte ein Nein. Manchmal fragte ich mich, was ich tun würde, wenn eines Nachts jemand neben ihm lag, wenn ich ankam. Immerhin hatte auch er One-Night-Stands und Kurzzeitaffären. Wenn er nicht eh davon erzählte, merkte ich es an Kleinigkeiten. Die Bettwäsche war dann gewechselt, die Wohnung etwas ordentlicher und es roch anders, nicht mehr nur nach ihm. Doch genau wie er erwartete ich nichts anderes, als dass er nicht log. Ich strich über seinen Oberarm, genoss die warme, weiche Haut. Er seufzte leise und drückte das Gesicht in meine Halsbeuge. Unweigerlich lächelte ich. Wenn ich bei ihm war, fühlte ich mich absolut sicher. Nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Natürlich waren die Albträume nicht magisch verschwunden, natürlich hatte ich ab und zu Panikattacken, aber alles in allem gab er mir Ruhe und Schutz; auch vor mir selbst. Bei ihm fühlte ich mich sogar so sicher, dass ich kurz vor meinem Geburtstag von mir aus noch einmal das Gespräch über meine Vergangenheit gesucht hatte. Er wusste nach wie vor nicht, wer mein Ex war, doch das tat nichts zur Sache. Wichtiger war, dass er ein ziemlich vollständiges Bild von dem hatte, was passiert war, und meine Grenzen ohne Diskussion akzeptierte. Scheiße, ich fühlte mich mit ihm sogar so sicher, dass ich ihm gestanden hatte, in ihn verliebt zu sein, weil ich mir absolut sicher war, dass er daraus keine Verpflichtungen ableiteten würde. Im ersten Moment war es fast schon niedlich gewesen, wie sehr es ihn verunsicherte, bis er verstanden hatte, dass ich darauf nichts von ihm erwartete; keine Erwiderung, keine Konsequenzen. Ich hatte es ihm einfach nur sagen wollen. Weil es fair war. Wenn es für ihn ein Grund gewesen wäre, mich nicht mehr sehen zu wollen, dann hätte ich das so akzeptiert. Nach einer Nacht darüber schlafen, konnte er es zum Glück annehmen. Ob wir zusammen waren? Keiner von uns hätte es so genannt, wir hatten keinerlei Verpflichtungen füreinander, aber ich für meinen Teil hätte wohl auch niemand berichtigt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)