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Maskenball

von

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Dead End

„Du hast den Schlüssel für meine Maske.“

Öffne sie.

 

Seine Maske öffnen?

Was geschieht, wenn ich es tue?

 

Ich konnte nicht klar denken. Mein Kopf wie leergefegt.

Und etwas manifestierte sich in meinen Gedanken. Ein fremdes Flüstern, dessen Botschaft ich nicht verstand. Als würde es in einer unbekannten Sprache zu mir sprechen. Es wurde lauter, sobald mein Blick hinabfiel.

Der silberne Schlüssel lag in meiner Handfläche, die ich unsicher anstarrte. Wie der Gegenstand plötzlich in meine Hosentasche gelangte, war äußerst rätselhaft. Ich war mir absolut sicher, dass er vor wenigen Momenten noch nicht dort war. Er kann sich wohl kaum von selbst materialisiert haben. Oder?

Wie hypnotisiert blickten meine Augen das schimmernde Objekt an. Rauer Rost hatte bereits angesetzt, wies daraufhin, dass der Schlüssel lange nicht benutzt worden war. Der silberne Kopf geformt wie ein Totenschädel mit zwei schwarzen Rohdiamanten als Augen, die mich direkt anschauten. Ich sah mein Abbild trüb darin spiegeln.

Das kalte Metall schien sich in meine Haut zu brennen. Es lockte mich, war verdammt reizvoll. Kira neben mir schwieg, abwartend, lauernd. Meiner Entscheidung auflauernd.

Nur eine einzige Handbewegung nötig. Es war so einfach. Und doch viel zu kompliziert.

 

Warum trägt er die Maske?

Wie lange bereits?

Tage? Wochen? Monate... gar Jahre?

 

Wie dunkel ist der Ort, der dich gefangen hält?

Wie still die Einsamkeit, die dich deiner Selbst beraubt?

 

Ich ballte meine Hand zur Faust, der Schlüssel drückte sich in meine Innenfläche. Meinen Kopf zu Kira drehend, wurde meine Handfläche leicht schwitzig. Mir allein gab er die Macht über etwas so Wichtiges. Obwohl er stets die Kontrolle behalten wollte.

Meine freie Hand hebend, bewegte ich sie in Richtung seiner Maske, wenige Millimeter vor ihr stoppend, sie nicht berührend. In einer Geste, als würde ich ihre Außenhülle mit meinen Fingern entlangfahren. Was verbirgst du hinter ihr? Was willst du mir zeigen?

Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.

'Verirre dich nicht im Labyrinth, Peng-ya.', erinnerte ich mich an Laws Worte. All meine Fragen führten in eine Sackgasse, zu jeder Frage kam eine weitere. Ich brauchte Antworten.

Meine Neugier war unendlich. Kiras Zustimmung hatte ich erhalten. Was hält mich auf?

...Nichts.

Und alles.

 

Ich sollte gar nicht hier sein.

Sollte keinen Kontakt zu ihm haben... keine Sympathie...

Sollte...

Wo bleibt da mein eigener Wille?

Nicht das Sollen ist entscheidend – das Wollen.

Was will ich wirklich?

 

Das silberne Objekt begann in meiner Hand zu pulsieren, kribbelte bis in meinen Unterarm. Links – auf Herzseite. Als versuchte es auf mein Herz überzugreifen, doch es nicht erreichen könnend. Mein Lebensorgan wummerte so stark gegen meine Rippen, dass es jedes andere Gefühl überragte.

Plötzlich wurde der Totenschädel still. Und meine innere Stimme laut. Weil ich mich entschieden hatte.

Meine ruhig gewordene Hand fand ihr Ziel, legte sich um die glatte Hinterseite seiner Kopfdeckung, berührte die dünnen Stäbe, welche die Ohrseiten verbanden – Die Trägerstange so gedreht, dass sie von Hinten um seinen Hals lag, ihn einschloss, aber nicht würgte.

Langsam, ohne Zögern, führte ich den Schlüssel zum Vorhängeschloss am hinteren Teil von Kiras Maske und-

ließ den Gegenstand schreckhaft fallen.

 

Die Alarmsirenen schrillten auf.

Ein ohrenbetäubendes Heulen randalierte über das gesamte Gelände, inklusive der Flure, die in warnenden Orangetönen grell blinkten. Das Leuchtsignal drang durch das Türfenster zu uns durch, flutete den halbdunklen Raum. Was ist los?!

Ein ansteigender und abfallender Warnton; hoch im Klang, hohl im Abfall. Was bedeuten das? Bin ich aufgeflogen!?

Panik kroch unter meine Haut. Das heulende Geräusch sträubte meine Nackenhaare. Unbewusst spannte ich mich krampfhaft an, war total überfordert mit der plötzlichen Situation, sah hilfesuchend zu Kira, der die Ruhe selbst blieb.

Bedacht drehte er seine Maske in Richtung Zimmerecke, zur Kamera, wo sein 'Kontakt' sitzen musste, mit dem er stumm mittels Fingerzeichen kommunizierte.

 

„Raus da!“, brüllte die basstiefe Stimme aus dem Decken-Lautsprecher, „haut ab!“

 

Zu spät.

Die automatische Türverriegelung setzte ein. Der Mechanismus knackte ratternd, der Riegel rastete fest, schloss uns hier ein. Ach du verdammte-

„Fuck!“, fluchte die Kontaktperson, „Fuck, Fuck!“ Das... ist kein gutes Zeichen, oder?

Was zum Henker passiert da draußen?!

 

„Die Bekloppten sind ausgebrochen“, knurrte der mir Unbekannte, „die drehen total durch. Der Pyromane hat das Obergeschoss in Brand gesteckt, als jemand ihm gezwitschert hat, dass sein Bruder in ne Gummizelle gestopft wurde. Einige ha'm das Chaos genutzt und nen Aufstand angezettelt.“

Kira gestikulierte ihm etwas zu, erhielt Antwort, in Form eines Zähneknirschen.

„Ihr seid nich sicher... Er kann jederzeit bei euch aufkreuzen“, spuckte er das 'Er' aus, sein Brüllen an Befehlsstärke gewinnend. „Du musst da weg, Kira! Ich werd die Sicherheitsanlage schrotten-“

Kiras Fingerzeichen unterbrachen ihn. Rascher und nachdrücklicher formte er stille Botschaften. Ich verstand sie nicht, aber konnte anhand des Bewegungsmusters und der Antwort Teile erschließen. Die beiden schienen zu diskutieren.

„Komm mir nich mit deiner scheiß Moralpredigt!“ Kira hat wirklich filigrane Finger... aber die blassen Schnittnarben verleihen seinen Händen etwas Grobes- Warum fällt mir sowas gerade jetzt auf? Konzentriere dich!

„Ja, ja, ich pass auf, dass ich nich aufflieg. Nein, ich sorg mich verfickt nochmal nich um dich! Hör auf so bescheuert zu grinsen!“ Ich sah zu Kiras Maske, erkannte nichts Mimisches. Woher weiß der Kamera-Typ, dass er grinst?

Bevor die Leitung verstummte, knurrte der Kontakt noch ein; „Macht, dass ihr da rauskommt – Sofort.“ Ein Befehl.

Kurz knackte und rauschte der Lautsprecher, dann war er verschwunden.

 

Kira senkte seine Maske, an deren Unterseite er seine Finger legte, in einer nachdenkenden Pose.

Ich sprach es aus. „Aber wohin sollen wir gehen?“ Vermutlich ist das Gelände ringsum abgeriegelt, alle Ausgänge blockiert, die Wachen überall.

Überlegend verzog ich meine Lippen. „Hey, wenn wir nicht rauskommen, kann auch niemand hier rein, oder?“

Er kennt Wege“, zerschlug er meine Hoffnung, seine Stimme abwesend und distanziert.

Langsam machten sich Sorge und Unruhe in mir breit. Zur Ablenkung äußerte ich meine Gedanken.

„Was ist mit den Schlüsseln?“

„Nutzlos.“

„Gibt es Fenster?“

„Nein.“

„Irgendwelche Ausgänge?“

„Keine.“

„Und was ist mit-?“

 

Mein Handy klingelte. Das ist es!

Eilig fummelte ich das Gerät aus meiner Hosentasche, zog es hervor und schaute darauf. Ein Verbindungsbalken. Besser als nichts. Ein hastiger Drücker auf den grünen Hörer, dann stellte ich auf laut.

„Peng?“ Shachi. Im Hintergrund brach die Hölle los, die Geräuschkulisse von Stimmgewirr, Poltern und Lärm übertönte seine helle Stimme beinahe komplett. Shachi lächelte dem Hörer zu. „Hast du Spaß auf deinem Date?“ Das ist doch jetzt total unwichtig!

Kira neben mir grinste hörbar. Leute, bleibt an den Bällen! …Nicht so gemeint!

 

„Shachi, wo bist du?“, versuchte ich meine Sorge zu verbergen. „Was ist los? Und... wer ist bei dir?“, nahm ich die fremde Person wahr, die fröhlich neben ihm lachte. In so einer brenzligen Situation!

„Fluffy ist bei mir.“ 'Fluffy'? „Shi Shi Shi!“

Mein Bruder strahlte. „Ich hab ihn in der Hüpfburg besucht.“ Oh nein, sag mir nicht...

„Shachi“, wechselte mein fassungsloser Ton in Strenge, „sag mir nicht, dass du etwas mit dem Ganzen zu tun hast.“

 

Statt meinem Bruder, antwortete der Gummizellen-Junge.

„Wir doch nicht.“ Hat er einen Schmollmund gezogen? Er hat nicht mal versucht, zu lügen!

„Ace hat so ein schönes Feuerwerk gemacht.“ Ein Feuerwerk? Mitten in der Klinik?!

 

„Kein Feuerwerk“, korrigierte Shachi ihn, „wir haben gebacken. Der Kuchen war so hübsch mit Kerzen dekoriert! Die tollen roten Stangen, die Gladiole uns ausgeliehen hat. Olaf, der Ofen, hat aber Bumm gemacht. Die Streusel sind in alle Richtungen geflogen und-“

„Chi, die Kurzfassung!“, durchbrach ich seinen anschwemmenden Blubberfluss. Nicht zu fassen... Sie haben Gladius beklaut und Feuerwerkskörper als Kerzen benutzt... Bei so viel Walfischtran fehlen mir die Worte.

„Sei bitte nicht böse, Peng-Peng. Ace hat Fluffy nur eine Freude machen wollen“, klang Shachi traurig. „Jetzt suchen ihn alle, das ist nicht fair.“

 

Um Fairness geht es hierbei nicht.

Interessant, wie sich verschiedene Perspektiven auf das Gesamtbild auswirken. Es war also keine Brandstiftung, sondern ein 'Versehen' aus gutem Willen heraus. Aber die Ausgangssituation blieb die Gleiche.

Ich war nicht sauer. Viel mehr geschockt und fassungslos.

Noch wichtiger aber: „Ist dir was passiert, Shachi?“

Ein Schmatzen am anderen Ende. „Der Kuchen ist bäh.“ Ihm geht’s gut, zu gut!

 

Seufzend zog ich meinen Kappenschirm tief. „Lasst euch nicht erwischen, okay?“

„Yo-kay!“, salutierte Shachi. Selbst ohne ihn zu sehen, hatte ich ihn vor inneren Augen, kannte ihn in und auswendig.

Dann gab er das Handy weiter, mit den Worten; „Jemand will dich sprechen.“ Jemand? Wer-?

„Penguin-ya.“ Law klang genervt. Ein Autoritätston prägte seine ausdrucksstarke Stimme. „Bleib, wo du bist.“ Aber Kiras Kontaktperson hat gesagt...

Ich bin verwirrt.

Wem soll ich vertrauen?

Und fasste einen Entschluss.

„Verstanden, Law.“

Kiras Blick auf mir, den ich ignorierte. Gleichzeitig klickte die Türverriegelung auf. Was Law vernahm.

„Eustass-ya-nayen“, zischte er in den Hörer. Das Nein wie ein Fluchwort. Nie klang ein Name skalpierender. Schnell bewahrte Law wieder sein Pokerface.

„Wir werden hier die Stellung halten.“ Damit legte er auf.

 

Locker ließ ich mich in die Sofalehne fallen, griff unter meine Kappe, raufte mir durch mein Haar. Kira betrachtete mich noch immer.

„Du möchtest hierbleiben?“, fragte er mich monoton, woraufhin ich ihn angrinste.

„Ich hab 'verstanden' gesagt, nicht 'ja'.“ Für wen ich mich wirklich entschieden habe...

„Ich bleib da, wo du bist.“

 

Kira lehnte seine Handfläche über seine Maske, als würde er sein Gesicht verdecken wollen.

„Warum?“, wollte er wissen, konnte nicht begreifen. „Was ist es, was dich an mich bindet?“

Verständnisvoll blickte ich ihn an.

„'Bleib'“, wiederholte ich, „du hast es selbst gesagt. So kann ich dir helfen, so helfe ich dir.“

Anhaltendes Schweigen seinerseits, weswegen ich weiter ausführte: „Weil es sich richtig anfühlt, darum.“ Das tut es wirklich.

 

Hart starrte mich seine Maske an.

„Vertraue nicht naiv.“ Ein warnender Ton trübte seine kristallklare Stimme. „Lass dich nicht von Emotionen beirren. Sie machen dich schwach.“

Entschlossen schüttelte ich meinen Kopf, vertrat eisern meine Meinung.

„Gefühle sind keine Schwäche, sie sind eine Stärke!“ – Meine vollste Überzeugung.

 

Leiser werdend, aber nicht an Worttreue verlierend, erklärte ich sanft;

„Wenn man das Leben nicht fühlt, verliert alles an Bedeutung. Ohne Emotionen ist es kein Leben, nur eine leere Existenz.“

Er ließ mich sprechen, ließ mich nicht aus seinen Augen, deren versteckter Blick ich nicht deuten konnte.

„Kranke Menschen fühlen den Schmerz, überwinden ihn, lernen ihre Gesundheit erst dann richtig zu schätzen. Menschen verlieben sich, aber müssen erst lernen, was Liebe ist. Erst, wenn einem das Herz gebrochen wird, man Herzschmerz erfährt, lernt man die Tiefe der Liebe kennen. Verrückt, oder?“, zuckte ich gelassen mit meinen Schultern, mein milder Blick auf ihm.

„Wer nicht richtig tickt, dessen Uhr dreht sich halt anders. Was ist so schlimm daran, anders zu sein?“, lächelte ich ihn an, löste etwas in ihm aus. Sein Körper spannte sich an, als würde er die Luft anhalten.

 

Zögerlos streifte ich mir meinen weißen Overall von meinen Schultern, schob mein schwarzes Muskelshirt nach oben, bis zu meiner Brust, die ich enthüllte. Die blasse Kreuznarbe auf meiner linken Brustseite, die ich ihm zeigte.

Begleitend meiner zweifellosen Stimme;

„Jede Wunde kann geheilt werden“, zog ich das Shirt wieder herunter, drehte meinen Zeigefinger einmal gegen den Uhrzeigersinn in einer verspielten Geste. „Jedes Uhrwerk schlägt, wenn die Zeit gekommen ist.“

Meine Augen strahlten in seelischer Stärke. „Und jeder Schatten braucht sein Licht.“

 

Mächtig flackerte seine Aura, spürbar flimmerte die Atmosphäre. Als wüsste er nicht mit meinen Worten umzugehen.

Schließlich erwiderte seine von Eis geschliffene Stimme;

„Du weißt nicht, wovon du sprichst.“ Die Kälte seiner Worte prallte an der Wärme meiner Herzwände ab.

„Dann lehre mich es zu verstehen“, blickte ich ihm tief in die Maskenlöcher auf Augenhöhe, „lass mich dich verstehen.“

 

Nach meiner Bitte folgte die Stille. Eine machtvolle, bedeutsame.

Lange schwieg er, lange betrachtete er mich. Seine Faust ballte und lockerte sich mehrmals, dabei strafften sich seine Unterarmmuskeln.

Ehe er still seufzte: „Du machst es mir wahrlich nicht einfach... Du verkomplizierst es.“ Ich?

Scharf fügte er ein schneidiges Flüstern hinzu. „Ich habe dich gewarnt. Sei dir der Gefahr bewusst, die du ersehnst. Sie ist nah... Doch ferner als du glaubst.“

Und endete schmunzelnd. „Ich erweitere meine 'mein-Typ'-Liste: ergänze Sturheit.“ Hey!

 

Der Emotionswechsel seiner monotonen Stimme ist ein Phänomen für sich. Wie trainiert er seine Stimmbänder beherrschte. Ob er je eine echte Emotion gezeigt hat? Sind all seine Worte von Lügen schattiert?

Ich weigerte mich, ihm zu misstrauen. Ich war nicht die Sorte Mensch, die andere grundlos verurteilte. Bisher hatte er mir keinen Grund gegeben, ihn als Feind zu betrachten, auch wenn er oft feindlich von sich sprach. Seine Warnungen dienten zur Abschreckung.

Aber betrachtete ich ihn nicht als abschreckend, im Gegenteil: Kira besaß etwas gefährlich Anziehendes.

Und wieder verrannte ich mich in Gedanken an ihn.

Er ist mein Labyrinth. Ich die Blume, die von seinen Dornen umschlungen.

 

Fragend sah ich ihn an.

„Müssen wir nicht langsam los?“, erinnerte ich mich an den Befehl. „Was ist mit deiner Kontaktperson?“

„Kid?“, schien er amüsiert. „Er wird mir die Eier abreißen, wenn ich hierbleibe.“

 

„Hey, die brauchst du noch!“, scherzte ich und verschränkte meine Arme locker hinter meinem Kopf, überlegte laut.

„Er hat das Sicherheitssystem extra ausgeschaltet... Wie wär's, wenn wir nur mal kurz rausgehen?“

Sein Blick ruhte auf mir, analysierte mich.

Faktisch sprach er; „Du sorgst dich.“

„Hehe. Und wie!“, hatte er mich voll erwischt.

Ich grinste verwegen. „Also... Lust auf einen Spaziergang?“

„Mit dir?“ Sein neckendes Schmunzeln hörbar. „Der Gruselfaktor ist wahrlich romantisch.“

Empört tat ich auf beleidigt. „Hast du mich gerade gruselig genannt?“

Schweigen. Hat er!

 

Jeder Scherz birgt einen Funken Wahrheit.

Bin ich ihm nicht geheuer?

Blödsinn... einen Mann wie ihn kann nichts aus der Ruhe bringen.

 

Unruhe kam auf, der Raum wandelte sich spürbar, ganz plötzlich. Etwas Schweres verengte die Luft. Eine verborgene Schwerkraft drückte meinen Körper gen Boden, mein Gesäß ins Polster. Etwas wollte uns nicht gehen lassen.

Spüre nur ich das? Kira schien äußerlich keinerlei Probleme zu haben, erhob sich, bewegte sich grazil wie immer.

Meine Beine fühlten sich bleiern an, als ich vom Sofa aufstand und Richtung Tür ging. Sie wirkte so weit weg, dass ich innerlich meine Schritte zählte. Zwanzig – obwohl es nur fünf Meter Entfernung waren. Bizarr.

Als ich die Tür erreichte, meine Hand an die Klinke legte, blickte ich prüfend zu Kira. Schräg hinter mir stand er, seine Körperhaltung auffällig – sein Kopf gehoben, seine Arme vor der Brust verschränkt, allzeit in Reaktionsbereitschaft – Es wirkte kontrolliert, zu kontrolliert.

 

Besorgt fragte ich ihn; „Wie lange bist du nicht draußen gewesen?“

Locker zuckte er mit seinen Schultern. „Seit ich hier bin.“ Echt ausführliche Antwort.

Mehr wollte er nicht preisgeben.

 

In Begleitung eines langgezogenen Quietschen öffnete ich die Metalltür, die mir schwerer zu ziehen vorkam. Ein eisiger Wind schlug uns entgegen. Etwas wehte gegen mein Gesicht. Eine Spinnenwebe?

Schnell wischte ich sie mir vom Kappenschirm und schritt tapfer voran, Kira direkt hinter mir. Wir durchquerten den Zellengang, der noch immer von blinkenden Lichtern durchzogen war. Wenigstens war der nervtötende Sirenenton verklungen.

Ich blieb dicht bei ihm, ließ wenige Zentimeter Platz zwischen uns. Selbst das grelle Licht konnte die dunkle Atmosphäre des Kellerkomplex' nicht vertreiben. Es war noch immer viel zu schaudererregend.

 

Ich begann, mir Dinge einzubilden. Etwas nicht Natürliches zu sehen. Bis jetzt wollte ich es nicht wahrhaben, aber seit ich hier bin, waren sie da; Unsichtbare Gefahren, Warnsignale, Botschaften. Dauerhaft versuchten sie in meine Sinne einzudringen.

Die Kellerwände wisperten mir zu. Zu leise, um sie zu verstehen, zu laut, um sie zu überhören.

Es gab nur einen Ort, wo sie verstummten: In Kiras Stille.

Ist sie es, die mich von Anfang an schützen wollte?

 

Als ich erstmals das Kellergewölbe betrat, zog mich eine unerklärliche Macht an. Eine, die mir Sicherheit versprach.

Auch jetzt war sie anwesend. Die Präsenz, die meine Unruhe besänftigte, meine Ängste milderte, meine Seele berührte. Ähnlich einer sanften Feder, die etwas in mich schrieb, wie Schutzsymbole.

Hinter meinem Kappenschirm zuckte mein Blick zu Kira, ehe meine Augen schnell wieder zum nass-fleckigen Kellerboden huschten. Unsere Schritte hallten im Echo wider; meine geräuschvollen, seine absolut tonlosen.

Ihn umgab eine so mächtige Stille... Als würde sie Kiras Person zum Schweigen bringen wollen, in Einsamkeit drängen. Aber mich akzeptieren.

Langsam drehe ich wirklich durch. Ich denke mich in Hirngespinste.

 

Den unheimlichen Patiententrakt hinter uns gelassen, passierten wir die Abzweigung; rechts der Ausgang, links die Behandlungsräume.

Ich hoffte, dass ich diesen Flur niemals betreten musste. Vielleicht hatte ich zu viele Horrorfilme gesehen – Behandlungszimmer bedeuteten in Psychiatrien nie etwas Gutes.

Kira bemerkte meinen verweilenden Blick auf dem finsteren Korridor.

„Dort ist lange niemand behandelt worden“, erläuterte er monoton, „die Räume sind stillgelegt.“

Wenn er doch nie sein Zimmer verlässt... „Woher weißt du das?“

Seine Antwort brachte Schauerliches. „Man hört es.“ Die Behandelten.

 

Mein Fokus blieb starr auf den Therapietrakt gerichtet. Er ist stillgelegt...

Aber... brennt dort hinten nicht Licht?

Mit geweiteten Augen schaute ich zu Kira rauf.

„Siehst du es denn nicht?“, flüsterte ich dünn, zeigte in den Behandlungsgang, auf die dichten Spinnenweben, die den gesamten Flur überwucherten. Und kam mir total lächerlich vor, „vergiss es. Es ist nichts.“

Reiß dich zusammen, Peng!

 

Ich rückte noch ein Stück näher an ihn. Das Licht des Therapieraumes erlosch, als wäre es nie dagewesen, mit ihm die Fäden unkenntlich werdend. Der Schlafmangel ist Schuld, ganz bestimmt.

Die vor meine Füße rollende rote Perle ignorierte ich, ging weiter, bog rechts ein, schnelleren Schrittes Richtung draußen. Kira lief seelenruhig neben mir, konnte problemlos mit meinem Tempo mithalten. Der Cheater und seine längeren Beine!

Erst, als ein leichter Luftzug von der Ausgangsluke zu uns wehte, atmete ich vorsichtig auf.

 

Erleichtert stieg ich die rostige Leiter ins Freie empor. Kira ließ mir den Vortritt und sah zu meiner kletternden Figur auf.

„Netter Hintern.“ Schau da nicht hin! Und spar dir die blöden Kommentare!

Murrend warf ich ihm einen Giftblick nach unten zu, streckte ihm meine Hand hin, um- ihm nicht aufzuhelfen. Stattdessen pfefferte ich die Luke zu. Jetzt hast du's ihm aber voll gegeben, Peng. Wie unreif meine trotzige Reaktion war, stand hier nicht zur Debatte.

Problemlos drückte er die Luke auf, stieg heraus, während ich an Ort und Stelle gefror.

Erschlagen werdend von der massiven Atmosphäre, die meine Augen an sich riss.

 

Die aufgeschreckte Nachtluft roch verbrannt, von unruhig zitternden Nebelschwaden durchzogen. Die schwarz-graue Wolkendecke schien noch tiefer und dichter über dem Herrenhaus zu schweben, wie ein verheimlichender Schleier. Unheil stand bevor.

Dann erblickte ich das Ausmaß der Zerstörung.

Auf der Wiese vor dem Asyl-Eingang tummelten sich einige, nicht alle Patienten, die kummervoll tuschelten – nicht miteinander, meist mit sich selbst. Ein paar von ihnen lachten geisteskrank, andere murmelten Beruhigungsmantras und Gebete, wieder andere schwiegen verkümmert.

Niemand half ihnen.

Im Vorgarten lagen Trümmer von angesengten Möbeln, Scherben von Vasen und Fenstern, die eingeschlagen wurden. Sowie Zettel von mehreren Akten, die mutwillig zerstört wurden. Jemand wollte Beweise vernichten. Keine Spur vom Personal. Sind sie mit den Aufständlern beschäftigt?

Gibt es... überhaupt einen Aufstand? Je mehr ich nachdachte, desto verwirrter war ich. Auf mich wirkten die Leute dort alles andere als böswillig, eher verloren in psychischen Alpträumen. Aber wer hat die Verwüstung dann angerichtet?

 

Auf dem Dach des Herrenhauses waren mehrere Schemen erkennbar, die sich davonschlichen. Einer von ihnen... winkt mir zu!?

Ich hoffte, dass es nicht war, wer ich dachte, wer es war – Er war es!

Mein Blick erfasste die Drei. Die größte Figur musste Law sein, die kleinste Shachi – und die dritte?

Ein Strohhut?, kniff ich meine Augen etwas zusammen, um die Umrisse besser zu sehen. Viel erkannte ich nicht, der Nachtnebel erschwerte mein Sichtfeld. Nahe des großen Schornsteins machten die Drei es sich bequem; taktisches Warten, bis sich die Situation beruhigte.

Law lehnte stehend gegen das Ziegelgebilde, der Strohhut kletterte darauf, beanspruchte den höchsten Platz mit bester Aussicht, Shachi hockte auf den Dachziegeln.

Immerhin waren sie in Sicherheit. Ein Beruhigungspunkt auf der Panikskala-

die sofort rapide anstieg, als Shachi vom Dach sprang. Sich an der Regenrinne festhaltend, an ihr hinab gleitend, gelangte er unversehrt zu den Patienten im Vorgarten. Was hat er vor?

 

„Hergehört!“, riss Shachis helle Stimme die Aufmerksamkeit der Depressiv-Kranken an sich. Heldenhaft stellte er sich auf eine Regentonne, mittig den Bewohnern, die ihm teils leere, teils misstrauende Blicke zuwarfen.

Sein strahlendstes Lächeln auf seinen Lippen, streckte er seinen Arm hoch in die Luft, zeigte in Himmelsrichtung.

„Schaut! Seht ihr die Sterne?“, fragte er in die Runde, die ihn anstarrte, als hätten sie einen Geist gesehen.

Denn sie sahen sie. Die Sterne, die nicht dort waren – Sie sahen sie, weil sie in Shachis Welt existierten. Für ihn scheint die Sonne auch bei Nacht.

Während alle Blicke auf den schwarzen Himmel fixiert waren, blieben Shachis Augen auf den Patienten. Lächelnd schob er seine Sonnenbrille hoch über seine Stirn, ließ seinen Blick einmal durch die Menge wandern. Seine ausgestreckte Faust formte mit Zeigefinger und Daumen ein L – für Liebe.

Warmherzig und sacht seine Stimme, wertschätzend sein Augenlicht, mit dem er die Menschen betrachtete.

„Die gefallenen Sternschnuppen leuchten heute ganz besonders schön.“

 

Nur Shachi erkannte das Licht in der Dunkelheit, die die Leidenden heimsuchte. Shachi, der weinerliche Junge, den ich damals kennenlernte, wurde zum Lächeln vieler Weinenden. Ich bin so stolz auf dich, mein Bruder.

Als er dann begann, Kuchen an die Leute zu verteilen – den Kuchen – riss der Strohhut das Ruder an sich. Auf dem Schornstein stehend, hielt er eine Flagge in der Hand, deren Stab er geräuschvoll in die Ziegel rammte. Auf ihr prangte ein bekritzelter Totenkopf.

Seine mächtige Stimme nicht die eines Kaisers – eines wahren Königs.

 

„Ich bin der König der Piraten!“, stellte er zweifelsfrei fest, setzte sich seinen Strohhut in einer langsamen Bewegung auf den Kopf und hüllte seine Augen in Schatten. Dadurch kam sein sonniges Grinsen noch mehr zur Geltung.

„Schließt euch meiner Crew an!“, forderte er die Menschen auf, „werdet meine Nakama! Bereist mit mir die Meere!“ Seiner Welt.

Und er hielt die Piratenflagge hoch in den Sternenhimmel. „Das One Piece ist unser!“

 

Jubelnd ließ sich die Menge von ihm mitreißen.

Mit verzogenem Mund fügte der Strohhut noch hinzu; „Aber mein Fleisch teile ich mit niemandem, damit das klar ist!“

Law – gegen den Schornstein gelehnt – legte seinen Kopf schief, sah zu Fluffy? auf. „Wenn du nun fertig bist... gib mir mein Hemd wieder.“ Das er zur Flagge umgebastelt hatte.

„Shi Shi Shi!“

 

Daraufhin fing das menschliche Skelett an, Musik zu machen. Klatschend trällerte der Gummi-Junge ein viel zu schiefes Lied, animierte die Leute zum Mitmachen. Mittendrin tanzte ein Perverser in String mit einem suuuper peinlichen Auftritt, während der Wachstyp Kerzen anzündete, die Hat-mich-zu-lieb-Oma Bonbons verteilte, der Pillenparanoide bunte Tabletten wie Konfetti in die Luft schmiss, der Zirkuskünstler eine unsichtbare Löwennummer aufführte und der Fledermaus-Mann einen Bumerang warf, der eine Glitterspur über den Köpfen der Anwesenden hinterließ.

Jeder in seiner eigenen Welt – und doch gemeinsam in einer Heilen.

 

Das Bild war so verrückt und surreal, dass es die Realität zu einer besseren machte. Wenn auch nur für einen winzigen Augenblick.

Am Rand stehend, zog ich meinen Kappenschirm tief über meine Augen, die emotional von meinem Bruder mitgerissen wurden. Verflixter Glitter, der mir in die Augen gekommen war.

„Du bist zu schwach“, Kiras taktloser Kommentar, der mich hart auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Ich ließ es mir nicht anmerken, dass die stechende Bemerkung mich verletzte.

Mein Blick glitt zum Horizont, schweifte zu dem seltsam flackernden Licht in Höhe des Obergeschosses. Was...?

Ich wurde bleich. Im Haus brannte es noch immer!

Warum löscht niemand das Feuer?!

 

„Was ist mit den restlichen Bewohnern?“, flüsterte ich starr, meine geweiteten Augen auf die Gitterfenster der oberen Wohnebene gerichtet, wo ein einzelner Schatten unruhig im Flammenschein flimmerte. Sag mir nicht...

Völlig teilnahmslos eröffnete Kira mir;

„Die 'gefährlichsten' Patienten sind in ihren Zimmern. Ihnen ist das Verlassen selbst in Notsituationen nicht gestattet.“

Nur kurz hob er seine Maske zu den Fenstern, absolut desinteressiert. An einem von ihnen rüttelte jemand verzweifelt an den Gittern.

Kiras nächsten Worte trafen mich eiskalt. „Menschen, die aufgegeben wurden, trauert keiner nach.“

Faktisch, neutral, gleichgültig; „Sie sind des Todes, noch ehe sie sterben.“

 

Es fraß sich in meine Magengrube. Grauen, Abscheu, Zorn.

Wie viel Unmenschlichkeit kann ein Mensch ertragen, bis er sich selbst für tot erklärt? Warum tut hier niemand etwas!?

Siedende Wut kochte in mir hoch. Heiß ätzte sie sich in meinen Magen, drängte sich nach außen. Den Gefühlsausbruch konnte ich mit aller Macht nicht zurückhalten.

Fest packte ich Kira am gepunkteten Kragen und zog ihn knurrend zu mir runter auf Augenhöhe.

„Was hast du gesagt? Sie sind da oben eingesperrt?!“, wurde ich lauter, vor Verbitterung am ganzen Körper bebend.

Ausdruckslos starrte seine Maske auf mich nieder. „Was kümmert es dich?“

 

Impulsiv ließ ich ihn los, ballte stattdessen meine Fäuste, bohrte meine Nägel in die Handflächen, sah ihn verständnislos an, schüttelte meinen Kopf.

„Wie kannst du nur so- ...so grausam sein“, drosch bittere Enttäuschung über meine Lippen, ehe meine Silben an Kraft gewannen.

„Was es mich kümmert? Es sind Menschenleben! Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie sie sterben! Ich ertrage das nicht!“

Sein Blick auf mir blieb erbarmungslos, seine Maske leer, seine Körperhaltung defensiv, seine Stimme emotionslos.

„Du trägst keine Schuld, bist kein Schuldiger, wenn du dein eigenes Leben schützt. Egoismus ist ein Schutzinstinkt.“

 

Ich war kurz davor, ihm eine reinzuhauen.

Warum versteht er mich nicht?

 

„Komm mir nicht mit deiner verdammten Logik! Hier geht es nicht um Fakten, hier geht es um Leben und Tod!“, schrie ich mich in Rage.

„Es ist feige, sich hinter dem eigenen Ego zu verstecken. Es ist eine billige Ausrede!“, schob ich meinen Kappenschirm nach oben, zeigte ihm meine expressiv glühenden Augen.

„Ich akzeptiere ihr Sterben nicht. Nicht, wenn ich etwas tun kann. Wenn ich nicht wenigstens versuche, sie zu retten, bin ich nicht besser als ein“, kam es mit aller Emotionsgewalt über meine zerbissenen Lippen.

„Ein herzloser Killer.“

 

Er schwieg. So verdammt gleichgültig, dass es etwas in mir durchbrennen ließ.

Sein Schweigen schien mich auszulachen. Seine unberührte Art schürte meine überkochende Gemütslage nur noch mehr. Es war ihm egal. Völlig egal, dass Menschen litten. Es enttäuschte mich. Ich... hatte mehr von ihm erwartet.

 

Unsere Blicke froren sich aneinander, bis ich mich rabiat von ihm riss.

Kalt wandte ich mich ab, wollte zum Herrenhaus, grob hielt er mich an meinem Oberarm zurück, forderte gewaltsam;

„B l e i b-“

Mein brennender Blick glühte in seine Maske.

Lass. mich. los.“, befahl ich ihm, in allem Zorn, schüttelte seine Hand ab, wehrte mich gegen seine Berührung.

Zorn wich Mitleid. „Du tust mir leid.“ Leiser werdend meine Stimme, die Schmerz trug.

Meine Brust krampfte.

„Jemand wie du wird das nie verstehen.“ Meine Emotionen schlugen auf ihn ein, brutal.

„Jemand, der zu feige ist, sein Herz lieben zu lassen.“

 

Ich hörte seine Maske knacken.

Ließ Scherben zurück, als ich rannte, spürte sie unter jedem meiner Schritte knirschen. Meine Brustsplitter.

Ohne einen Blick zurück, hetzte ich auf das Herrenhaus zu. Angetrieben von dem Willen zu helfen, blind vor Sturheit, von Mitgefühl geblendet.

Es war zu spät. Die Worte ausgesprochen, unumkehrbar.

Meine Unterlippe blutete.

 

Aufgewühlt erreichte ich den Schauplatz, stürmte ohne anzuhalten durch die Menschenmenge.

Im Zickzack springend wich ich den Leuten vor dem Eingang aus, preschte rumpelnd durch die Doppeltür. Mitten ins Chaos aus aufgescheuchten Figuren, die ins Freie wollten, von Angestellten zurückgehalten wurden. Hier drin war die Hölle ausgebrochen.

Statt die Bewohner zu beruhigen, wurden sie durch Freiheitsberaubung beunruhigter. Der Koloss mit Mausstimme wuchtete mehrere Personen zu Boden, hielt sie dort fest. Baby 5 richtete eine Flinte – was zum?! - auf die Leute, schüchterte sie mit Waffengewalt ein. Der Highheels-Junge trat die Menschen in seiner Reichweite grob weg, kicherte dabei so gehässig, dass ich ihn verwünschte.

 

Verbissen kniff ich meine Augen zusammen, konnte mir das nicht ansehen – Tut mir leid – konnte hier nicht viel ausrichten, nutzte den Aufruhr, um im Körpergemenge unbemerkt voranzukommen. Wenigstens einem wollte ich helfen. Ein Menschenleben retten, wenigstens eines.

Entschlossen drängte ich mich an den panischen Patienten vorbei, steuerte die Treppe zum Obergeschoss an, nahm mehrere Stufen auf einmal. Der dicke Rauch, der sich größtenteils an der Decke sammelte, half meiner Tarnung. Schützend hielt ich mir meinen Overall-Ärmel vor den Mund und bahnte mir einen Weg über die Verwüstung aus Möbel-Trümmern zu Station 4.

Auf dieser Station war ich noch nie, durfte sie als Unterpersonal nicht betreten – was mir absolut egal war!

 

Die Hochsicherheitstür war offen, durch die ich mich zwängte, in den verrauchten Flur gelangte.

Der Gang glich einem abgeranzten Hotel-Korridor. Die grässlich uringelbe Tapete klebte nur noch fleckenweise an den Wänden, die Decke schrie 'einsturzgefährdet', bloß die stählernen Zimmertüren waren neuwertig.

Hier brannte alles lichterloh. Die Flammen rauschten über den ausgefransten Teppich, schlugen um sich, fraßen sich in die Tapetenfetzen, griffen rapide auf die Patientenzimmer über, die links und rechts aufgereiht waren. Die Schiebefenster der Türen waren geöffnet. Jemand hatte sie absichtlich offen gelassen!

Der toxische Rauch drang von außen durch die vergitterten Türfenster ein, drohte, die Eingesperrten zu ersticken. Neben dem ekelhaften Knacken und Knistern der brennenden Einrichtung, erfüllten qualvolle Röchel- und Hustengeräusche die alptraumhafte Kulisse.

Gefährliche Patienten hin oder her – Sie brauchten dringend Hilfe!

 

Ich musste mich beeilen, schnell handeln. Das Atmen fiel mir immer schwerer, der dicke Stoff meines Ärmels ließ kaum Luft durch.

Schnell verschaffte ich mir einen Überblick über die Lage. Erst dann bemerkte ich die seltsame Farbe des Rauches: Ein dreckiges Lila.

Der farbige Rauch kam von den schmalen Lüftungsschächten nah der Fußleiste, stieg qualmend aufwärts, brannte in meinen Augen. Tränen verklärten meinen Blick. Mehrmals blinzelnd, versuchte ich irgendetwas zu erkennen. Der Smog waberte säuselnd, vernebelte mein Sichtfeld immer weiter.

Und plötzlich... fröstelte es mich. Das Feuer war kalt! Wie ist das möglich?

Die Flammen hatten den gleichen Lila-Farbton wie das Gas. Nur heller. Halluziniere ich?

Zweimal blinzeln. Dann war das Feuer... weg.

Doch der Weg frei. Als wollte etwas, dass ich den Gang betrat – was ich tat. Zögerlich, aber stetig vorwärts.

 

Unerschrocken kämpfte ich mich in geduckter Haltung vor – des erhöhten Sauerstoffgehalts gen Boden wegen – blieb dicht an der zerfetzten Wand und atmete so wenig Qualm wie möglich ein. Es stank süßlich, verpestete hässlich die Luft.

Die Eiseskälte war unerträglich. Eine schaurige Gänsehaut zog sich über meinen gesamten Körper, der stark zitterte, selbst meine Schritte bebten bei jedem Auftritt. Als würde ich durch ein Schneegebiet wandern, erschwert vorankommend, gegen Schneeböen ankämpfen.

Die Kleidung hielt das Kalt nur gering ab, das hungrige Gas lechzte nach mir, bekamen mich nicht zu greifen. Noch nicht.

 

„H-Hallo?“, hustete ich schwach hervor, sparte mir jeden Atemzug, teilte mir den Sauerstoff ein.

Von weitem sah ich sechs Türen. Nur ein Einziger antwortete mir.

 

„Beeilung!“, kratzte mir sein gedämmtes Rufen zu. „Rette jemand meine Schönheit!“ Hinter der übernächsten Tür. „Ich bin zu schön, um zu sterben!“

 

Mit Mühe erreichte ich mein Ziel. Die Metalltür von Eis bedeckt, so stark eingefroren, dass ich sie nicht anfassen konnte.

So gut wie möglich hielt ich meine angespannte Stimme ruhig. „Keine Sorge, ich bin da!“ Und habe keine Ahnung, wie ich die Tür aufbekommen soll.

Laws Schlüsselbund. Eilig kramte ich ihn mit bibbernden Fingern hervor. Bitte passe, irgendeiner! Gehetzt versuchte ich jeden einzelnen Schlüssel – ohne Erfolg. Mist, so ein verfluchter Mist!

Ich hatte den Schlüssel nicht. Keine Möglichkeit, den Dunst zu vertreiben. Das Einzige, was ich tun konnte war, Schlimmeres zu verhindern. Schadensbegrenzung.

 

Mir den weißen Overall vom Oberkörper fummelnd, riss ich mein schwarzes Unterhemd entzwei. Die Kälte knallte erbarmungslos gegen meine freie Haut, die ich mit klappernden Zähnen wieder mit dem weißen Stoff bedeckte. Die beiden Hemdfetzen presste ich gegen die Belüftungsstellen, klemmte den Stoff in die Ritzen, die ich minder abdichtete. Hielt dabei die Luft an.

Doch musste meinen Mund öffnen, um mit dem Bewohner zu sprechen. „Bleib weg von der Tür, weg vom Rauch.“ Keine Antwort.

Meine Augen erfassten das Schiebefenster, durch das ich nichts sah. Obwohl es verfroren war, rüttelte ich daran. Das Fenster bewegte sich keinen Millimeter!

Ich hauchte es an, schirmte mit meinen Händen das Gas bestmöglich von mir ab. Mühevoll ging das Fenster nur zur Hälfte zu. Warum ist das Teil überhaupt offen?

Will jemand diesen Patienten loswerden? Es wie einen Unfall aussehen lassen?

Das Personal? Der Hausherr selbst? Oder... Kid, der die Sicherungen manipuliert hat?

Wer ist dieser ominöse Kid überhaupt? Dem trau ich kein Stück!

 

Was jetzt?

Zunächst versuchte ich den Patienten und mich zu beruhigen. „Alles wird gut!“ Das kauf ich mir nicht mal selbst ab.

Ich war noch nie gut darin, andere aufzubauen. Shachi war der Hoffnungsvolle, ich nur der- Stopp. Jetzt ist nicht die Zeit für Pessimismus!

„Ich besorge die Schlüssel und hole dich da raus“, versprach ich – Ein Versprechen, das ich nicht halten konnte.

Ein Blick zurück. Und ich erkannte, dass es keinen Weg zurück mehr gab. Nur noch Gas.

 

Panik. Ich geriet in blanke Panik.

Der dreckige lila Rauch hatte sich vollkommen ausgebreitet, durchzog alles. Mein Blickfeld glich einer dicken Schneemauer, die mich wie eine Halbkuppel einkesselte, sich immer weiter minimierte. Der Nebel so nah, dass ich ihn anfassen konnte. Als ich meine stark zitternden Finger danach ausstreckte, fühlte ich ihn auf meinen Fingerkuppen, fühlte die toxische Kälte, die von ihm ausging – und zog meine Hand schnell zurück. Was ist das?!

 

Es kam näher.

Es gab einen unheimlichen Zischel-Ton von sich, als wäre es etwas Lebendiges. Etwas Hochgiftiges, das sich in meinen Organismus einnisten wollte.

Es hatte Augen. Hunderte einzelner Augen, pechschwarz, die mich anblinzelten.

 

Das jagte mir fürchterliche Angst ein. Es schauderte mich so heftig, dass meine schwach werdenden Beine nachgaben, ich auf Boden sackte. Die Augen folgten mir, meiner Bewegung, blickten allesamt auf mich herab.

Ich fühlte mich nicht beobachtet – Fühlte mich bedrängt, angeprangert, zur Schau gestellt. Hört auf! Hört auf, mich anzustarren!

In Schutzhaltung – geduckt, Arme gekreuzt vor Gesicht, Handrücken auf Mund, verstört in der Ecke kauernd – presste ich mich an die gefrorene Tür, die in meinem Rücken brannte, sich in meine Kleidung fraß. Mein Rückenstoff fror sich am Metall fest.

Schwach hustete ich, bekam kaum noch Luft, wollte das Zeug nicht einatmen, musste. Grauenvoll leere Blicke löcherten meine Haut.

 

Ich hielt es nicht aus. Es war unerträglich, quälte mein verängstigtes Herz.

Verzweifelt schlug ich um mich, meine Fäuste trafen auf die Rauchmauer, die steinhart gegen meine Knöchel kratzte. Das einzig Weiche die Augen, auf die ich einschlug. Bewirken tat es nichts, die Augen völlig unversehrt, mein Ekel sich nur verstärkend.

Mir wurde kotzübel, fast musste ich mich übergeben.

 

Ich bildete mir das nicht ein, das Gas war echt! Ich bin nicht verrückt! Ich bin- bin... Was bin ich?

Hilflos vergrub ich mein Gesicht unter meinen Unterarmen, musste mir meine Dummheit eingestehen.

Ein Idiot, das bin ich...

Bin ohne Plan blind ins Verderben gerannt.

Heldenmut hin oder her, so kann ich niemandem helfen... nicht mal mir selbst.

 

Wäre ich doch nur nicht so verdammt stur gewesen.

Wäre ich nur bei ihm geblieben, hätte auf ihn gehört.

Ich verdammter Idiot!

 

'Menschen, die aufgegeben wurden, trauert keiner nach.'

Jetzt gehöre ich wohl auch zu den Aufgegebenen... Weil ich aufgeben muss.

Ein Pessimist malt selbst die Hoffnung schwarz.

Schwarz wie-

 

Ein Schatten. Er durchbrach den Angsttraum, zerschlug die Lautstärke all meiner Gedanken, zerrte sie zur Stille.

Weil die Stille ihm gehörte.

Weil er der wahre Alptraum war.

Und ich zu träumen wagte.

 

Ich öffnete meine Augen, sah ihn. Selbst durch den Nebel, der uns trennte. Die Trennmauer, die er zertrümmerte.

Zwei zischende Windwirbel spalteten den Rauch, scheuchten die Atmosphäre auf, verzerrten die schwarzen Augen, enthüllten ihn. Seine übermächtige Figur, die pure Gefahr, wie er dort unerschütterlich stand, einen alles überragenden Schatten projizierte, dem sich selbst die Bedrohung unterwarf.

Silberne Blitze, die er heraufbeschwor, rotierende Spiralen erzeugte. In je einer Hand eine kreischende Sichel führend, überkreuzt vor sich haltend. Sicheln, die pulsierenden Monden glichen.

Die Nachtstille ihn umgebend, die er zum Schreien brachte. Ein Geräusch, dessen Intensität sich in meine Sinne gravierte.

 

Kira sprang mitten in die Kältemauer, durchbrach sie, ließ sie unter seiner Heißblütigkeit zergehen. Ein vibrierendes Summen begleitete seine durch die Luft rotierende Sprungbewegung, die seine blonde Mähne wild in flackerndem Gold leuchten ließ. Links und Rechts die Sicheln, die ihm einen Sturmweg ebneten.

Das Gas wich vor ihm zurück, löste sich im Starkwind seiner Waffen auf, die den Nebel zurückdrängten, während er sich einen Weg zu mir bahnte.

Es war ihm egal. Alles. Die Stille verschlang das Nichtig.

Eines ihm einzig wichtig.

Er hatte nur Augen für mich. Sein Blick so viel intensiver, spürbarer, kristallisierte sich unter Hunderten heraus.

Ein Killerblick, der meinem Herz Leben einjagte.

 

Wie ein Meerestaifun stürmte er auf mich zu. In einer so hohen Geschwindigkeit, dass mein Blick ihm unmöglich folgen konnte, ich niemals rechtzeitig reagieren konnte. Starr vor Überwältigung verbot es mir das Atmen.

Ein spürbarer Luftstoß, dann war er bei mir. Ein Herzschlag und sein Schatten ergriff mich.

Wie in Zeitlupe nahm ich alles wahr. Selbst die Zeit verschlungen von seiner Stille.

Ich fühlte, wie er seine Sense schwang, auf mich zielte. Treffsicher holte er aus, führte sie in allumfassender Perfektion und- trennte präzise meinen Overall von der Tür.

Mein Herz blieb stehen.

Nur, um lebensbedrohlich schnell loszurennen.

Sein Unterarm knallte gegen die Tür, die Wucht bebte stark in meinem Rücken. Die Sichelhalterung stützte ihn, direkt neben meinem Kopf. Mein Kappenschirm dicht an seine Maske gedrückt, unsere Köpfe nur wenige Millimeter voneinander entfernt. Seine Sense kratzte grell gegen die Stahltür, die sie scharf ausbremste. Ein blitzender Funkenregen umkleidete uns, ließ seine Erscheinung in dunkler Dominanz lodern.

Alles in mir erschauderte.

 

Ich sah Kiras Augen. Ihre Tödlichkeit. Ihre Triebhaftigkeit. Finster. Animalisch.

Seine Seelenscherben verwundeten mein Innerstes.

Kiras Anblick kerbte sich tief in meine Brust. In genau diesem Herzschlag, als er meine Augen entführte.

 

Drei Sekunden, wie endlose Minuten verstreichend.

Dann riss er seinen Arm hoch, stieß sich von der Tür ab, ließ mein Herz wieder atmen.

Wortlos warf er mir den Schlüsselbund vor die Füße, fegte weiter, ermächtigte auch die restlichen Rauchschwaden, zog mit der Spitze seiner Sensen die Türfenster der anderen Patientenzimmer zu. Wie in Trance sah ich ihm nach, konnte meinen hypnotisierten Blick erst nach mehreren Momenten von ihm reißen. Ist das echt, was ich hier erlebe?

Träume ich? Das kann doch alles nicht real sein...

Wo hat er die Sicheln her?

Gedankenverloren hob ich die Schlüssel auf, zwang mich zur Konzentration, beeilte mich und steckte einen Schlüssel nach dem anderen ins Türschloss, bis ich den richtigen fand.

Nach fünf Fehlversuchen, klackte es. Sofort riss ich die Tür auf und-

 

„Endlich!“, empörte sich der Gefangene, hustete, brach auf Knien zusammen, krallte sich in mein Hosenbein, sah mit einem zugekniffenen Augen zu mir auf. Ein Blick der Dankbarkeit, auch wenn seine Stimme die pure Selbstverliebtheit war.

„Bring mein edles Antlitz hier raus!“ Gern geschehen.

 

Ich warf mir den Arm des Blonden um die Schulter, suchte Kira mit meinen Augen, doch war er verschwunden. Eine lose Deckenplatte verriet mir wie. Schließlich durfte er nicht gesehen werden. Und ist das Risiko trotzdem eingegangen... Obwohl ich ihn so mies behandelt habe.

Bevor ich in Schuldgefühlen versank, konzentrierte ich mich auf den Bewohner, den ich stützend wegschleppte. Keine auffälligen Schäden, keine äußeren Verletzungen... Er scheint soweit okay zu sein.

 

Auf dem Weg durch die Empfangshalle, kam mir Monet entgegen. Zu spät versteckte sie ihr wissendes Schmunzeln, ehe sie einen bestürzten Ausdruck aufsetze. „Nicht doch! Ist noch jemand dort?“

Ich bejahte, woraufhin ihre Miene extrem besorgt wirkte. „Die Kranken müssen evakuiert werden. Wir lassen ihnen die beste medizinische Versorgung zukommen. Um das Gasleck wird sich bereits gekümmert.“ 'Gasleck'? Von wegen! Durch das Feuer in Verbindung mit Gas wäre hier alles in die Luft geflogen.

Trotz höchstem Misstrauen, blieb mir vorerst nichts anderes übrig, als ihr einfach zuzunicken. Im Vorbeigehen überreichte ich ihr die Stationsschlüssel – nicht Laws – und steuerte den Ausgang an, brachte den Patienten ins Freie. An frischer Luft konnte ich endlich wieder richtig atmen. Mir geht’s gut... glaub ich.

 

Draußen hatte sich die Lage beruhigt, die Bewohner nicht in Sicht, vermutlich auf der Krankenstation. Bloß die Unordnung noch da.

Behutsam setzte ich den Mann auf der Wiese ab, erkundigte mich nach seinem Wohlergehen und bekam als Antwort-

Eine Rose?!

 

Mit geweiteten Augen sah ich auf den knienden Kerl vor mir, der allen Ernstes eine Rose in seinem Mund hielt, mich aus seinen Schönling-Augen anfunkelte. Ihn umgab ein penetrantes Glitzerlicht, das sich mir in die Augen ätzte.

Übertrieben arrogant warf er seine blond gelockten Haare nach hinten und hielt mir die Blume hin.

„Du hast die Ehre, der Retter des Ritters zu sein.“ Du mich auch.

Müssen heutzutage die Ritter von den Prinzessinnen gerettet werden-? Prinzen, ich meinte Prinzen!

Verstört grinste ich schief. „Hat dir das Gas die Gehirnzellen verräuchert?“

Die Situation war mir verdammt unangenehm. Mit so was konnte ich echt nicht umgehen.

 

Meine Ablehnung ignorierend, schwafelte er geschwollen weiter, schwärmte von sich, fuchtelte überschwänglich mit seinen Armen, huldigte sich selbst mit Lobgesängen.

„Ohne dich wäre der Welt meine Schönheit verloren gegangen“, nahm er meine Hand, haucht einen Kuss auf meinen Handrücken, den ich ihm entzog, bevor sein gespitzter Mund meine Haut berühren konnte.

Seine nächsten Worte ließen meine Kinnlade abwärts segeln.

 

„Ich, Prinz Cavendish, erlaube dir, mein R o s s zu sein-“

Und ich wurde weggezerrt, über eine Schulter geworfen. Entführt.

In die Stille, die ausdrucksvoller nicht sein konnte.

Ein Ausdruck der Lebensgefahr.

 

Jetzt hatte ich wirklich Angst vor ihm. Kira war der Inbegriff von Todeswut. Nicht gegen mich gerichtet. Oder?

Selbst ohne seine Sicheln war seine Präsenz messerscharf. Zum Zerreißen angespannt seine Muskeln unter mir, seine Maske warnend gen Horizont gerichtet, als würde er den Himmel zerfetzen wollen. Die zerstreuten Wolken verschreckt im Nachthimmel zittern, den Sichelmond verdecken. Kein Stern zu sehen, nur das tiefe Schwarz, das die Nachtkälte mit sich brachte.

Es fröstelte mich bis ins Mark. Die Hitze seines heißblütigen Körpers überschattet von seiner eiskalten Aura, die mörderisch die Atmosphäre erhängte. Die Luft spürbar von Anspannung geprägt, das normale Atmen unmöglich, während er mich hart schweigend zurück zu seinem Reich trug.

Ein Teil von mir wollte sich wehren, wollte nicht mit ihm mitgehen. Von leisen Zweifeln geplagt, die jedoch meine viel lautere Stimme in meiner Brust übertönte, die diesem Mann folgen wollte.

Gefühle sind Täter und Opfer zugleich.

 

Ich konnte nicht anders. Kira bemächtigte sich meiner.

Seine Präsenz strahlte eine solche Macht aus, dass sie alles andere abwendete, wie ein Schild aus Eis, jeden unerwünschten Blick ausschloss. Seine Bewegungen so präzise und lautlos, in Dunkelheit gehüllt, als würde er auf schwarzen Schattenschwingen über den Boden schweben.

Es war Ehrfurcht einflößend.

 

Wir erreichten den Kellerkomplex unbemerkt. Hoffte ich zumindest. Mein unerlaubtes Handeln würde ein Nachspiel mit sich bringen, so viel war sicher. Zeit mir darüber Gedanken zu machen, ließ Kira mir nicht.

Zurück in seinem Zimmer, warf er mich aufs zerfledderte Sofa, das meinen Fall unbequem abfederte. Dann schlug er die Tür zu. Atmete beherrscht durch. Bemüht, die Kontrolle zu behalten. Was ihm nicht gänzlich gelang.

Seine Faust kollidierte mit der Tür. Der gehaltvolle Hall ließ mich zurückschrecken.

Dann folgte die Stille. Absolute Stille; das Nichts.

 

Wie ein Stillleben stand er im Raum. In aller Leblosigkeit. Beängstigend.

Ich blieb liegen, wie ich im harten Polster aufgekommen war, machte keinen Laut, hielt mich ruhig, bewegte keinen Muskel, verharrte in nervöser Hochspannung. Die Entschuldigung blieb mir im Hals stecken.

Aus dem Augenwinkel beobachtete ich ihn, studierte sein Verhaltensmuster. Erschreckend, wie seine Maske so viel ausdrückte, ganz ohne Mimik, die sie ersetzte. Sie war gesenkt, in sich gekehrt wirkend, als würde er einen Kampf mit sich austragen. Gegen was?

Letztlich drehte sich die Maske zu mir. Langsam, bedrohlich langsam. Automatisch machte ich mich kleiner, in einer reflexartigen Schutzbewegung.

Zeigte Angst – und entfesselte es.

 

Die Stille zersprang. Ein Lebensimpuls teilte sie.

Erstmals erklang sein schwarzes Herz.

Es offenbarte...

Ich bin kein Killer.“

Seelenschmerz. Not. Armut.

 

Ein seelisches SOS-Signal,

das wie eine Sturmsirene trauerte.

Um den Aufgegebenen.

 

Nie hatte ich ihn klarer gesehen. Nie wirkte er echter, als in diesem Moment, wo er seine innere Maske ablegte, sich vor mir emotional entblößte. Nur ein Wimpernschlag, ehe er wieder zur kalten Fassade zurückkehrte.

Seine tief-dunkle Stimme verfinsterte den beleuchteten Raum.

 

„Halte dich von diesem Mistkerl fern.“ Gebietend sein schneidender Ton, der mir den Rücken herunter jagte. „Setze dein Leben nicht für ein anderes aufs Spiel.“

Ist das... seine Art von Sorge?

 

Mein Blick blieb auf ihm, wich ihm nicht aus.

„Dito“, richtete ich mich auf, „du hast genau das gleiche getan!“ Für mich.

Kalt und distanziert seine Körperhaltung. „Dies ist nicht das selbige.“ Ist es. Elender Dickschädel!

Ebenso stur verschränkte ich meine Arme. „Vergleiche nicht den Wert zweier Leben – Deines ist nicht weniger wertvoll!“

 

Einen Schritt ging er auf mich zu, verringerte die Distanz auf ein Minimum – ich sitzend, er stehend – blickte in Erhabenheit auf mich herab.

„Du hast nicht zu bestimmen, mit welchem Wert ich meine Existenz bemesse“, nahm sein Ton ein giftiges Zischeln an, wie das einer Giftschlange kurz vorm Angriff. Noch beherrschte er sich, seine klare Stimme jedoch spürbar beschattet.

„Ich habe mich der Menschlichkeit verschlossen, weil mein Selbst kein Mensch mehr ist. Ein totes Herz trägt kein Leben in sich“, endete er in einem gehaltvollen Flüsterton. „Es ist des Liebens unfähig.“

 

Darum geht es also...

Er ist wütend auf mich...

Nicht, wegen meiner Worte – weil ich einen wunden Punkt getroffen habe.

 

Langsam zog ich meine Kappe aus, legte sie neben mich, zeigte ihm meinen Blick, in aller Schutzlosigkeit. Meine Stimme so leise, dass sie mit seiner Stille verschmolz.

„Wie kannst du tot sein“, flüsterte ich ihm sanft zu, „wenn ich deinen Atem hören kann?“ Lauschte ich dem beschleunigten Luftstrom seiner Lippen, der in seiner Maske dumpfer erklang.

„Wenn ich deine Gefühle... deine Einsamkeit spüren kann?“, schloss ich meine Augen, ehe ich sie auf seine, von gepunkteter Bluse bedeckten Brust richtete. „Und deinen lebendigen Herzschlag sehen kann?“

 

Etwas Trauriges zeichnete meinen Stimmklang.

„Niemand trauert um die Aufgegeben“, wiederholte ich seine Worte, lächelte gefühlvoll. „Warum weint deine Seele um dich?“

Weil du dich selbst noch nicht aufgegeben hast.

 

Eisiges Schweigen seinerseits – Eine eindeutige Antwort.

 

„Kira...“ Für eine Entschuldigung war es längst zu spät.

Mir auf die Unterlippe beißend, ballte ich meine Fäuste ins Polster – und spürte es. Das Einzige, was einer echten Entschuldigung nahe kam. Taten, nicht Worte sprechen lassen. Jetzt oder nie.

„Entschuldige.“ Dass ich das tun muss.

Fest nahm ich das Objekt in meine Hand, reagierte blitzartig. Er ließ es geschehen. Hastig sprang ich auf, auf ihn zu, erreichte ihn, schlang meine Arme um seinen Hals und-

Klick.

Öffnete das Schloss seiner Maske.

 

Ein Vertrauensbeweis. Oder ein fataler Fehler.

 

Geräuschvoll klirrten Schlüssel und Schloss auf Boden, folgend von der tonlosen Nulllinie eines EKG.

Instinktiv wich ich zurück, ließ seine Maske nicht aus den Augen, erwartete etwas, irgendwas. Meine Anspannung hämmerte durch meine Blutbahnen, in meinem Brustkorb tausend Hornissen stechend, mein Puls in höchste Höhen schießend.

...Nichts geschah.

 

Doch er schmunzelte.

„Entschuldigung angenommen.“

 

Ich grinste scheu, kratzte mich verlegen am Hinterkopf. „Hehe... Für einen Moment dachte ich, es wäre um mich geschehen.“

Locker trat ich das Vorhängeschloss weg, gewann an Selbstsicherheit. „Verstecke dich nicht – Der Mensch ist nicht die Maske, sondern darunter. So ein oller Blechhelm kann Menschlichkeit nicht wegschließen."

Oder meint er etwa gar nicht die materielle Maske, die ich öffnen soll?

 

Ich spielte ein hochgefährliches Spiel, hatte mehrere Verbote begangen, ließ mich von meinen Emotionen leiten. Und war mir absolut nicht mehr sicher, ob das richtig war, was ich hier tat.

Eine lässige Handbewegung seinerseits gen Sofa.

„Setz dich“, lud er mich ein, wie bei unserem ersten Treffen. Nur diesmal klang es offensichtlich nach einer Falle.

Herausforderung angenommen.

 

Spürbar schlug die Atmosphäre um. Zu etwas Unvorhersehbarem.

 

Die Coolness in Person wollte ich mimen – scheiterte kläglich. Wenn ich nervös wurde, überspielte ich es mit Humor und Zynismus.

„Lädst du mich wieder auf Tiefkühl-Pasta ein? Kälter als die ist nicht mal deine Gruseligkeit.“ Meine grinsenden Mundwinkel zuckten, schwanken sichtbar. Dennoch setzte ich mich. Ans Ende des Sofas. Er nahm die Mitte, direkt neben mir.

Dass er nichts sagte, machte es nicht gerade besser.

„Echt kuschelig hier“, brummte ich in meinen Overall-Kragen und rümpfte meine Nase, „riecht nach angeschmortem Pinguin.“

 

Auffällig platzierte er seine Hand zwischen uns, legte sie auf dem Sofapolster ab, berührte fast mein Knie.

Und lehnte sich nah zu mir.

„Zieh dich aus“, raunte er in tief-klarem Basston, ließ mein Herz zittern, „wenn du dich traust.“ Ha! Darauf falle ich nich-

 

Ich zog mich aus. Verdammt sei mein Stolz!

Meine Finger fanden den Reißverschluss meines Overalls, meine Augen blickten Kira verwegen provokant an, als ich den Verschluss geräuschvoll hinabzog, meine freie Brust entblößte. Unter seinen wachsamen Blicken streifte ich mir den weißen Stoff von den Schultern, schob ihn meinen Oberkörper abwärts und-

verknotete die Ärmel an meiner Hüfte.

„Du hast nicht gesagt, wie weit ich mich ausziehen soll.“

 

Er schnalzte seine Zunge, mit der er hörbar seine Lippen befeuchtete.

„Wie vergesslich von mir“, wanderte seine Hand weiter, ließ meinen Puls heiß rauschen, mein Blut andere Wege einschlagen. Spielerisch zupfte er an meinem Overall-Ärmel, sein Stimmton schärfte sich.

„Du kannst deine Erregung nicht vor mir verbergen.“

 

Seine verfluchte Direktheit! Schnell schob ich meine Beine zusammen, verdeckte die leichte Beule mit meiner Hand. Verlegen zog ich meinen Kappenschirm tiefer – wollte; merkte dann, dass ich gar keine Kappe mehr trug – und verkrallte mich in mein Haar. Die Nähe dieses Mannes machte mich wahnsinnig!

„Schau da nicht hin!“, knurrte ich, sah überallhin nur nicht zu ihm, ehe ich leiser nuschelte. „Das Adrenalin ist Schuld.“

Das ist nur eine ganz normale Körperreaktion, mehr nicht!

 

Noch immer war er mir verdammt nah, machte keine Anstalten, mir Freiraum zu lassen.

„Das Adrenalin?“, zerfloss das Wort auf seinen scharfzüngigen Lippen, „von deinem Selbstmordkommando? ...Oder mir?“

 

Meine Augen fanden seine Maske.

„Von...“, biss ich mir auf die Unterlippe, konnte es nicht aussprechen – nur über meine Leiche!

Er wusste es.

„Berühre sie“, forderte er mich auf. Leiden sehen wollte der miese Sadist mich.

 

Absichtlich brachte er mich in unangenehme Situationen, wollte mich herauslocken – und hatte vollen Erfolg.

Zögerlich bewegte ich meine bebenden Finger zu seiner Maske, verdrängte den lebendigen Puls in meinem Schritt, der absolut nebensächlich wurde. Vorsichtig lehnte ich meine Fingerkuppen an die blau-weiß gestreifte Unterseite, die ich in einer ehrfürchtigen Bewegung entlangfuhr. Kira entzog sich der gefühlvollen Berührung nicht.

Minimal übte ich Druck mit meinem Zeigefinger aus, hob die lockere Maske um einen Millimeter an. Zu wenig um unter sie zu schauen, zu viel für mein Herz.

Abrupt änderte ich meinen Kurs. Mit meinen Fingerrücken bahnte ich mir einen Weg über die Maskenseite, strich über das erwärmte Metall, wo sich seine Wange befand. In einer wertschätzenden Geste. Was ihn überraschte, seine Muskeln strafften sich.

 

Ein Lächeln zupfte zart an meinen Mundwinkeln.

„Ich werde sie nicht abnehmen“, offenbarte ich ihm, „dazu habe ich kein Recht.“

Nach einem Moment des Schweigens flüsterte er düster;

„Und wenn ich es dir gestatte?“ Ist das Disharmonie, die in seiner monotonen Stimme mitschwingt?

Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein. Auch dann nicht.“

 

Leicht legte er seine Maske schief, bei der Bewegung verrutschte sie minimal.

„Das Gas... Du hast es eingeatmet“, wechselte er plötzlich das Thema, seine Stimmklang tiefer und rauer werdend. Der verheißungsvolle Lippenzug hörbar.

„Lass mich dich entgiften.“

Warum klingt das so... schändlich?

W-Was hat er vor?

 

Stille. Eine der unheildrohenden Sorte.

Die Atmosphäre spürbar intensiv. Etwas Bedeutungsschweres lag in der Luft.

Ein Moment, dessen Ausgang längst entschieden, nicht mehr umkehrbar war.

Es zog mich in den Bann. Sündenversprechen riefen mich zu sich, ins Labyrinth der bittersüßen Träume.

Ich verlor mich in seiner fesselnden Aura, die mein Sein einnahm, meine Brust in Ketten legte.

Mein Blick zuckte von seiner Augenhöhe zu dem unteren Teil seiner Maske, wo sich sein Mund befand. Ich schluckte.

Er merkte es. Und schmunzelte.

 

„Möchtest du mich küssen?“, klang seine Stimme hochgefährlich verführerisch. Die Monotonie seiner düsteren Betörung in expressionistische Symphonie umschwingend, die in meinen Ohren so viel schärfer wirkte.

Tu es.

 

Schleichend schob er seine Maske nach oben, nur ein Stück, enthüllte seine Lippen. Meine Augen fanden die versteckten seinen. Mein Herz feuerte gegen meine Rippen, mein Puls drehte durch, mein Atem stoppte.

Es wurde so still, dass ich glaubte, die Torpedos in meinem Brustkorb explodieren zu hören.

Die Welt hörte auf sich zu drehen, die Zeit gefror.

Ich traute mich vor.

Mutig, Millimeter für Millimeter.

Bis ich ihn erreichte.

Meine Lippen berührten seine, vorsichtig, scheu – und er riss mich herum, brachte mich unter sich.

Presste unsere Körper zusammen, glühte sich auf meine Haut, entfachte einen emotionalen Sturm, verwickelte mich in einen innigen Kuss. Mit so viel Leidenschaft, dass es mir alle Lichter auspustete.

 

Es geschah so plötzlich, dass mein Verstand unmöglich aufholen konnte. Kira … küsst mich.

Seine Lippen unbeschreiblich heiß. Es brandmarkte meine Seele. Unheilbar, unvergesslich, ewig.

Unsere Münder kreuzten sich, trennten sich, paarten sich, immer und immer wieder. Im Kreuzfeuer der Gefühle, die sich in meine Brust brannten, wie Flammenschmetterlinge in mir wüteten.

 

Keuchend verkrallte ich mich in seine gepunktete Bluse, suchte Halt, wo keiner auffindbar war, ließ mich von den heißen Wellen seiner Küsse mitreißen, zerfloss unter der Intensität seiner sinnlichen Gewalt. Stromstoß über Stromstoß jagte er durch meinen Körper, ließ meine Lippen elektrisch prickeln, die er mit seiner diebischen Zunge spaltete. Ihre Spitze tastete sich vor, drang listig in meinen Mund ein, erforschte hungrig meine Höhle.

Kira schmeckte nach Wildkirsche. Nach etwas sündhaft Süßlichem, etwas Verbotenem.

Zielsicher fand seine Zunge die meinige, umschlang sie, feucht und schamlos, rotierten sie im hingebungsvollen Balztanz miteinander. Kreisend, Richtung wechselnd, verdrehte es mir den Kopf, der immer tiefer im seelischen Meeresstrudel hinabsank. In die sündigen Abgründe, denen ich mich hingab.

Verstandverlust war nur eines von dem, was ich verlor.

 

Offensiv ergriff ich die Initiative, zog ihn an seiner Bluse zu mir, ließ unsere Körper noch enger aufeinanderprallen, vertiefte unseren Kuss, dessen Dominanz er allzeit ermächtigte. Die Männlichkeit, die er ausstrahlte, bezwang mich, war ihm vollends unterlegen. Ertrunken in der Sinnesflut, die er über mir zusammenstürzen ließ, dürstete ich nach mehr. Als wären seine Lippen meine Luft zum atmen.

 

„Mir gefällt, dich zu zähmen, Penguin.“ Nie klang mein Name atemraubender, nie sündhafter, als von seinem dominanten Stimmklang gehaucht.

„Du bist gänzlich hart. Erregen dich meine Küsse so sehr?“

 

Meine Wangen fingen Feuer, mein Gesicht glühte, mein Blick giftig, heizte ihn nur noch mehr an.

Schnell riss ich mich von ihm los, schnell füllte ich meine Lungen mit Sauerstoff, wollte sofort wieder seine Lippen auf meinen fühlen. Doch hielt mich sein Finger davon ab, den er mir auf meinen Mund legte.

Flüsternd beugte er sich zu meinem Ohr.

 

„Deine letzte Chance“, gewann sein Flüsterton an Tiefe, „noch kannst du fliehen... noch lässt er dich gehen“, schärfte etwas Bedrohliches seine rauer werdende Stimme.

„Wenn du nun weitergehst, wird es gänzlich zu spät sein.“

 

Mein Herz stolperte. Nur, um noch kräftiger zu peitschen.

Es war längst zu spät. Ich war seinen Schatten verfallen.

 

„Das Risiko gehe ich ein“, biss ich zart in seinen Finger, den er von meinen Lippen nahm, stattdessen platzierte er seinen Mund auf meinem.

„So sei es“, brach sein Atem heiß gegen meinen, vermischte sich; Kirsche und Pfefferminz, die zusammen einander raubten. Eins wurden.

Wilder seine Küsse, gieriger seine Hände, die meinen Körper eroberten, meine Haut mit brennenden Spuren zeichneten.

Ich spürte seine Finger. Überall an mir.

Spürte seine Dominanz, die mich devot werden ließ.

 

Überwältigt von seinen Verführungskünsten, hauchte ich;

„Beiß mich.“

Und bekam seine Zähne zu spüren, die sich meinem Hals annahmen. Kratzend, scharf, markierend, strichen sie über meine Haut, in die sie sanken. Ein erregender Schmerz durchfuhr mich, ließ mich aufkeuchen, mich in seine blonde Mähne verkrallen.

Erstickt werdend, von seinen erotischen Lippen, deren heißblütige Bewegung mich unterwürfig machte. Hungrig fiel er über meine Unterlippe her, die er zwischen seine Zähne nahm, spielerisch an ihr zupfte, sie freiließ, nur um unsere Zungen erneut tanzen zu lassen.

Kira war ein verdammt guter Küsser.

 

Ich merkte, wie meine Lippe leicht anschwoll. Wie ich von ihm gezeichnet wurde. Wie seine Signatur mich innerlich prägte.

Ich gab mich diesem Mann hin, dessen beschützende Lippen mein Anker in emotionaler Sturmflut war. Ich vertraute mich ihm an, gab ihm mein alles.

Wir verfielen in einen Rauschzustand, alle Hemmungen fallend. Wir erschufen uns eine Welt, in der nur wir beide existierten lebten. Jede Emotion erlebten, in all ihrer Intensität.

Kiras seelische Maske fiel.

Entblößt, unverhüllt, echt.

Lebendig brüllte sein schwarzes Herz.

 

Niemand konnte uns auseinanderreißen. Nichts uns trennen.

Außer einem.

Jemandem.

Ihm.

 

Alles fand sein Ende.

Die Zeit rann wie feine Sandkörner durch die gläserne Lebensuhr. Seelisches Porzellan zersprang. Ließ Scherben über mich regnen.

Brutal kalt spürte ich das Messer an meiner Kehle. Sein Messer. Wahrhaft tödlich.

Meine Halsschlagader bebte ängstlich gegen dessen Schneide, mein Herz zu Eissplittern zertrümmert.

Mit einer erschreckenden Präzision führte er sein Todesinstrument, das er mir noch dichter in die Haut drückte.

 

Seine tiefe Stimme so finster,

als wäre sie ein Schatten seiner Selbst.

Er schnurrte.

„Lust auf ein Blutbad... Darling?“

B-Blut?! Meinem!?

 

Zittrig brachte ich hervor;

„W-Wer bist du?“

Das war nicht mehr Kira.

 

Seine Lippen schattierten zur Düsternis.

„Ich? Mein Name ist Killer...

Massaker Soldat Killer.“

 

 

 

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hisoka_Hebi
2021-09-01T20:52:47+00:00 01.09.2021 22:52
Huhu, dein ernst? xD ich hab mich gerade nicht mehr ein bekommen. *Noch immer am Feiern ist* Sachi hat mit Ace einen Feuerwerks Kuchen gebacken, damit alle was zu essen Haben und Luffy reißt die Weltherrschaft an sich xD wenn ich nicht wüsste das wir uns in der Psychiatrie Befinden, hätte Luffy jede Menge neue Crew Mitglieder bekommen xD

Und dann dieser Wechsel zur Action hat mich voll im seinem Bann gezogen<3 obwohl Peng gegen Killer rebellierte und man merkte wie sein Herz versprach, könnte ich eben nur fieberhaft abwarten, dass der Ritter in goldener Rüstung kam und dann war er da und ich am jubeln. Killer ist mein Held ❤️
Der Übergang zurück in die vertrauten für Wände. Hammer deine Wortgewandtheit die mir Herzklopfen beschert hat und als ich gar nicht mehr genug davon bekam - Peng - hast du mir einen eisigen Schauer über den Rücken gejagt. Bin gespannt wie es weiter geht. :)
Antwort von:  blackNunSadako
12.09.2021 21:42
Aww, deine lebhafte Begrüßung hier hat mich besonders strahlen lassen, Dankeschön! ♥ (˶◕ᴗ◕˶✿)
Wie süß du dich über den Auftritt von Luffy und Ace freust, lässt einem das Herzchen aufgehen. 💗 Es ist so wunderschön, wie du hinter deinen Lieblingscharakteren stehst und sie unterstützt. Richtig herzerwärmend❣ (⺣◡⺣)

Luffy, der zukünftige König der Piraten, jawoll ja! :D
Ein Hoch auf den liebenswerten Helden. ^-^ ♥
Er ist wirklich zum Anführer geboren, nicht wahr? Er mag es nicht, Menschen zu befehligen, reißt aber seine Mitmenschen automatisch mit und erobert Herzen mit seinem ehrlichen Lachen. Man muss ihn einfach ins Herz schließen. :3 ♥

Freut mich, dass du den Umschwung zu Action positiv hervorhebst. Dein Feingespür ist sagenhaft, Liebes!🌷
Ich schreibe oft nach Gefühl, setze mir keine Grenzen, was Genre und dergleichen betrifft, da würfeln sich die Szenen meist von selbst zusammen. Es beruhigt mich, dass du es als passend empfindest. ^.^
Danke für dein super hilfreiches Feedback! ♥

Um dich hier mal kurz zu zitieren:
>Killer ist mein Held< ♡(˶ᵔ ᵕ ᵔ˶)♡ Das sind so schöne und bedeutende Worte. ♥ Wie lieb, dass du ihn so sehr schätzt. :3

Danke für dein wertvolle Anteilnahme.🌹


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