KiraNatural von KiraNear ================================================================================ Kapitel 3: Schlussfolgerungen ----------------------------- Kaum hatte ich mir das T-Shirt mit dem rockigen Motiv angezogen und damit das Umziehen in trockene Ersatzklamotten beendet, sah ich ein letztes Mal in den Spiegel. Mein gewohntes Spiegelbild blickte mir entgegen, und ich konnte auch sehen, dass ich langsam, aber sicher müde war. Wie in letzter Zeit üblich war ich viel zu lange auf den Beinen, die Verfolgungsjagd mit dem vielen Gerenne hat auch noch seinen guten Teil dazu beigetragen. Schnell raffte ich meine nassen Sachen zu einem Bündel zusammen, bevor ich mich eines Besseren besann. Bis mir einfiel, dass die Sachen so schlechter trocknen würden. Daher begann ich mich in dem kleinen Bad umzusehen. Es war auf das nötigste von der Leitung des billigen Motels eingerichtet worden, auch den Platz für das gesamte Bad hatte man vermutlich vorher ausgerechnet, die nötigste Minimalgröße. Es war zwar größer als mein altes Badezimmer, aber dennoch … sonderlich groß war es nicht. Ich sah die Ablage, von der ich mir eins der kleineren Handtücher genommen hatte, das Waschbecken mit Spiegel darüber, die Toilette und eine Dusche, die hier schon sicherlich mehrere Jahrzehnte erlebt hatte. Dazu den Föhn unter dem Waschbecken, wie auch das eine oder andere Körperpflegeprodukt, welches abgestellt worden war. Und ich konnte genau sagen, wem was gehörte. Dass das einsame, kleine Deo Dean gehören würde, wie auch das nach Männlichkeit schreiende Aftershave, darauf hätte ich meine wenigen Euros in meinem Geldbeutel sicher verwetten können. Dass dagegen die größere Ansammlung an Tuben, Dosen und Sprays zu seinem kleinen Bruder gehörte, war ebenfalls mehr als sicher. Doch das Einzige, was ich nicht fand, war ein Ort, an dem ich meinen Klamotten hätte aufhängen können. Vermutlich war nicht vorgesehen, dass man seine Kleidung hier drin waschen würde oder aus sonst welchen Gründen das Bedürfnis hatte, hier etwas trocknen zu lassen. Oder dass man sich überhaupt so lange in diesem Zimmer aufhalten würde, dass man in die Gelegenheit kam, mehr als ein oder zwei Tagesoutfits zu tragen. Schnell kontrollierte ich alles, das T-Shirt legte sich wie gewohnt um meinen Körper und ich spürte, dass ich keinen BH trug, doch da wir uns innen befanden, fühlte ich mich ein wenig wohler. Ich hoffe nur, dass es den anderen nicht auffällt. Aber selbst, wenn, ich denke nicht, dass sie etwas sagen werden. Oder etwa doch? Da auch die Hose passte, zumindest in der Breite, konnte ich mich nicht wirklich beschweren. Und da ich die drei nicht noch länger warten lassen wollte, kämmte ich mit meinen Fingern durch meine nassen Haare, klemmte sie hinter meine Ohren und schloss die Badezimmertür wieder auf.   „Ah, die Sachen passen dir, das ist gut. Auch wenn die Hose ein wenig zu lang ist“, meinte Sam und deutete auf meine Füße, die unter den Hosenbeinen verschwunden waren. Ich zuckte nur mit den Schultern. „Das ist schon in Ordnung, sie passt ansonsten ganz gut. Und ich bin es gewohnt, dass mir Hosen zu klein sind. Die meisten Menschen in meiner Gewichtsklasse sind auch mindestens zehn Zentimeter größer als ich…“, sagte ich und verschloss mit meiner freien Hand die Tür hinter mir. Dann sah ich Sam fragend an. „Sag mal, hast du eine Idee, wo ich meine Sachen trocknen lassen könnte? Ich habe im Bad leider nichts gefunden und das Klo wollte ich jetzt auch nicht blockieren…“, begann ich zu erklären, da schnappte er sich einen der zwei Stühle im Raum und stellte ihn zu einer der Ecken hin. „Leg sie einfach hier drauf, über Nacht über dann alles trocken sein“, schlug er vor und ich ging dem Angebot sofort nach. Sorgfältig breitete ich alles aus, achtete jedoch darauf, dass meine Unterwäsche nicht sichtbar für alle herumlag. Kaum hatte ich mein Werk beendet, wollte ich mich umdrehen und nach einer Tasche fragen, als ich in Sams freundliches Gesicht sah. Er und die beiden anderen waren mir offenbar durch den kleinen Raum gefolgt. „Wenn du möchtest, kannst du eine kleine Tasche für deine Sachen haben, falls sie bis morgen doch noch nicht trocken sein sollten, das ist kein Problem“, sagte er und lächelte mich dabei an. Sam war mehr als zuvorkommend. Ich war mir sicher, Dean hätte an seiner Stelle etwas anderes gesagt, aber irgendwo das Gleiche gemeint. Oder ich hätte erst nachgefragt, ob er die Sachen zurückhaben will. Dabei kam ich auf das Thema noch gar nicht, und schon hat sich Sam Gedanken gemacht. „Willst du denn nichts davon zurückhaben?“, frage ich vorsichtig nach und Sam schüttelte mit dem Kopf. „Nein, das ist schon in Ordnung. Das Shirt ist zwar von Dean, aber er meinte, er braucht es nicht mehr, wenn es dir also gefällt, kannst du es haben. Und die anderen Sachen habe ich selbst aussortiert, ich hätte mich also sowieso davon bald getrennt, war für mich ein Fehlkauf. Eigentlich wollte ich es in den nächsten Tagen der Heilsarmee bringen, aber wenn ich damit jemandem aus der Not helfen kann, dann mache ich es gerne.“ In der Not war ich jetzt nicht wirklich, aber ich glaube, ich weiß, was er meint. Und ob er die Sachen wirklich aus Versehen gekauft hat? Ich denke eher, er hats als Tarnung für eine Jagd gebraucht und kann sie jetzt nicht mehr gebrauchen … aber gut, ich sollte ja eigentlich nichts davon wissen, also sollte ich nichts dazu sagen. „Ja, das kenne ich, mir passiert das auch gerne mal, vor allem, wenn man die Sachen nicht vorher probieren kann“, sagte ich und kicherte, um locker rüberzukommen. „Einmal habe ich mir im Internet Chucks gekauft, weil ich das Motiv voll hübsch fand, aber als sie dann ankamen, waren sie viel zu dünn für meine Füße. Am Ende habe ich sie dann einfach meinem Freund geschenkt, der sich zufällig auch mal welche dann holen wollte.“ Dean kniff kurz seine Augen zusammen, doch was das bedeuten sollte, das konnte ich nicht so richtig interpretieren. Andy sah mich dagegen normal an und Sam lächelte immer noch. „Fehlkäufe gehören dazu, solange sie nicht die Norm werden“, sagte er und rang sich ein kurzes Lachen ab. Dann wurde seine Miene ein wenig ernster. „Du hast also einen Freund? Hast du schon versucht ihn zu erreichen? Könnte er dich abholen oder sollen wir dich zu ihm fahren?“, sagte er und ich bekam das Gefühl, als wollten sie mich so schnell wie möglich abschieben. Was mich ein wenig traurig machte, und ich hoffte, dass man mir das nicht anmerken würde. Der logische Teil meines Hirns jedoch meinte, dass es aus ihrer Sicht vollkommen normal wäre. Immerhin war eine Mörderin, wenn nicht sogar ein Monster in der Gestalt einer Frau hinter Andy her und ich war nur eine Zivilistin, die einfach hineingerutscht ist. Und diese wollten die Winchester Brüder immer so schnell wie möglich aus den Angelegenheiten heraushaben, damit sie bei den Jagden nicht stören konnten und ihnen auch nichts passierte. Zumal ich ihnen auch keine große Hilfe wäre. Dennoch wäre es mal cool, mit den Jungs einen oder zwei Tage im Impala zu verbringen. Ich beschloss, Dean zu fragen, ob ich mit meinem Smartphone ein paar Erinnerungsfotos von seinem geliebten Baby machen durfte. „Ja, ich habe einen Freund, aber ich kann ihn leider nicht kontaktieren. Ich habe es versucht, aber … es hat leider nicht funktioniert.“ Und hinfahren geht auch nicht, immerhin wohnen wir ja zusammen und es wäre ja die gleiche Adresse, die gestern nicht gefunden werden konnte, … Unsicher biss ich mir auf die Unterlippe und blickte auf Sams Shirt hinunter. Die Farbe konnte ich nicht so richtig bestimmen, es war irgendwo zwischen Rotbraun und Dunkelrot, aber es stand ihm sehr gut. Es betonte seinen Oberkörper und nach paar Sekunden fühlte ich Wärme im Gesicht. Im Augenwinkel konnte ich sehen, dass sich die drei ansehen und sich ihre Gedanken machten. Sie telepathisch untereinander teilten. Vor allem Dean sah alles andere als überzeugt aus. „Kein Problem, das wird sich schon irgendwie lösen lassen“, sagte Sam und legte mir eine Hand auf meine Schulter. Dabei klang er nicht sehr überzeugt, vermutlich glaubte er, ich wäre verwirrt und hätte mir meinen Freund nur eingebildet. „Mach dir deine Sorgen, morgen wird sich das bestimmt klären lassen. Aber zuerst einmal bringen wir dich morgen zu jemanden, der dir helfen kann“, sagte Sam zu mir und ich blickte fragend zu ihm auf. „Ja, zu einem alten Freund der Familie, der kann dir sicher helfen“, schritt Dean nun ein und kam näher zu uns heran. „Er kennt sich auch mit Technik aus und wird sich dann dein Telefon ansehen. Bestimmt ist nur dein Guthaben alle und dein Handy hat es dir nur nicht gesagt oder so“, sagte er und lächelte, es wirkte mehr als bemüht. Alter Freund der Familie? Meinen die damit nicht immer Bobby? Die wollen mich zu Bobby bringen? Also ich weiß nicht… normalerweise bringen sie ja nur Leute dorthin, die mehr Probleme haben als mit Adressen oder Handys … „Ja, das klingt doch gut“, sagte ich, weil mir nichts weiter einfiel, ich aber wusste, dass ich irgendwas dazu sagen sollte. „Aber ist das denn wirklich nötig, ich meine, wenn das einen großen Umweg für euch bedeuten sollte, das wäre doch nicht gut. Zumal ich euch auch gar nicht den Sprit bezahlen könnte …“, stammelte ich und dachte wieder an die Euros in meinem Geldbeutel. Doch wohin sollte ich stattdessen? Ich wusste es nicht. „Die Alternative wäre halt, dass wir uns morgen einfach hier von dir verabschieden und du dann irgendwo hingehst, aber dann läufst du sehr lange und weit“, sagte Dean und verschränkte seine Arme vor seinem Oberkörper. „Ja, das klingt wirklich nicht so großartig“, entgegnete ich und spürte, wie Sam den Druck leicht auf meiner Schulter erhöhte. „Nein, das klingt es wirklich nicht. Wir haben dich aus Versehen mitgenommen und jetzt ist es an uns, dafür zu sorgen, dass du auch gut weiterkommst“, sagte er, ließ meine Schulter los und begann, nach einer Plastiktüte zu suchen. Er wurde schnell fündig und reichte sie mir. Ich konnte den Aufdruck vom Seven-Eleven drauf erkennen, wenigstens eine bekannte Sache.   „Naja, es war ja auch nicht eure Absicht“, versuchte ich versöhnlich zu klingen, doch dabei hatte ich keine Ahnung, wie groß die Gefahr, in der wir uns befanden, wirklich war. „Ist diese Frau, die Andy verfolgt, wirklich so böse und gefährlich? Wer ist sie?“ Für wenige Sekunden begannen meine Gedanken zu rasen, zu diskutieren. Sollte ich wirklich weitergehen? Nicht einfach das komplett ahnungslose Dummchen spielen … ne, ich denke, das würde nicht passen. Sonst hätte ich mich die ganze Zeit so dumm aufführen müssen. Ich bin zwar naiv, aber nicht auf dem Level … „Ist sie von der Mafia? Hast du bei jemandem Wettschulden? Hast du deswegen Angst vor ihr, weil du die Leute, zu denen sie gehört, nicht auszahlen kannst?“, stellte ich als Vermutung in den Raum. Zwar konnte ich mir denken, dass es nicht so war, vor allem, wenn Sam und Dean involviert waren, doch ich konnte schlecht fragen, ob sie ein Vampir, ein Dämon oder irgendwas anderes aus der Übernatürlichen-Abteilung der Welt war. Andy sah die beiden unsicher an, vermutlich wollte er erstmal abchecken, was er mir sagen könnte und was nicht. Schließlich übernahm Sam das Reden wieder. „Nun, nein, von der Mafia ist sie nicht, aber …“ „Sie ist Kaufhausdetektivin von einem Walmart“, mischte sich Dean in Sams Erklärungsversuch ein, woraufhin dieser ihn mehr als verwundert ansah. Auch ich hob zweifelnd eine Augenbraue hoch. „Ja, das ist eine ganz komische Sache. Son Kerl, der aussieht wie unser Freund hier, hat in einem Walmart irgendwelche Sachen mitnehmen lassen. Fünf-Finger-Rabatt, hat sich bedient wie in einem Süßigkeitenladen“, erklärte er fast schon nostalgisch und für einen Moment dachte ich, er redete über sich selbst. „Naja, sie konnte ihn wohl nicht überführen und das nimmt sie persönlich. Und jetzt verfolgt sie Andy, egal, wie sehr er es bestreitet, dass er nicht dort war.“ Sams Mundwinkel bebten, und ich konnte sogar kurz sehen, wie sich seine Fäuste ballten. Er nahm seinen Blick nicht vom älteren Bruder und er tat mir leid. Er hatte sich sicherlich eine schöne Geschichte ausgedacht und jetzt kam Dean mit seinem Groschenroman um die Ecke. Ich wünschte, ich könnte ehrlich zu ihnen sein, dann müssten wir das hier nicht tun, aber das war leider nicht möglich. „Jedenfalls“ sagte Sam und versuchte, die Kontrolle irgendwie wieder zurückzubekommen. „Wie Dean sagte, die Frau ist ein wenig verrückt und versucht nun ihre Rache oder ihre Genugtuung zu bekommen. Allerdings sind wir an der Sache dran und helfen Andy, den richtigen Übeltäter zu finden. Darüber musst du dir keine Gedanken machen. Sobald wir fertig sind, werden wir die Frau anzeigen.“ Dazu kam nur ein selbstbewusstes Nicken von Dean, ihm gefiel die Richtung, in die das Gespräch gegangen war, während das Nicken von Andy ziemlich schwach und kurz war. Wäre die Situation ein wenig anders gewesen, hätte ich gesagt: „Wollt ihr mich auf den Arm nehmen?“, wenn ich den dafür nötigen Mut auch gehabt hätte, doch das konnte ich nicht sagen. In diesem Theater, das gerade lief, wurde von meiner Rolle erwartet, dass sie diese Lüge glauben würde. Also tanzte ich den Tanz, spielte ihr Spiel mit und nickte nun auch. „Ah, verstehe. Wird wohl so eine Karen sein, nur normalerweise sind die immer auf der anderen Seite des Schalters und wollen den Manager sprechen“, sagte ich und versuchte so verständnisvoll wie möglich zu klingen. „Ja, das könnte sein, ich glaub, die heißt sogar so“, meinte Dean, hörte jedoch zu sprechen auf, als er Sams strengen Gesichtsausdruck sah. Aber er hatte Recht, wir sollten diese Schmierenkomödie nicht zu sehr übertreiben.   „Nachdem wir das geklärt haben“, sagte Sam, obwohl wir eigentlich gerade überhaupt nichts geklärt hatten, und rieb sich die Hände ein wenig. „Ich würde dann vorschlagen, dass wir den Abend für heute sein lassen und uns ein wenig ausruhen. Vor allem ihr beiden seht mehr als müde aus“, damit sah er erst Andy, dann mich an. Ich dagegen sah aus dem einzigen Fenster aus dem Raum, er hatte Recht, irgendwann war es draußen dunkel geworden, außer Dunkelheit und einem schwachen Leuchten in der Ferne konnte ich nichts erkennen. Auch fühlte ich mich ein wenig müde. So ausgiebig wie heute hatte ich schon lange nicht mehr sportlich bewegt. Besonders, da ich sportlich alles andere als fit bin und die Ausdauer eines 80jährigen Kettenrauchers hatte, hatte es meinen Körper doch schon belastet. Hier und da konnte ich meine Beinmuskel spüren, wie sie sich mit Schmerz darüber beschwerten. „Ja, ich denke, das wäre eine gute Idee“, antwortete ich, rieb mir die Augen und fragte mich, was wohl der nächste Tag wirklich für mich bereithalten würde. Dass sie mich zu Bobby bringen würden, daran würde ich erst so richtig glauben, sobald ich seinen Autohof sehen würde. Auch Andy schien es für eine gute Idee zu halten, zumindest nahm ich es anhand seines Gesichtsausdrucks an. Was Dean darüber dachte, wusste ich nicht. Vermutlich würde er auf seine üblichen vier Stunden Schlaf bestehen, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Sam sah sich ein wenig um, ging dann zu Dean, woraufhin sich die beiden gegenseitig irgendwas ins Ohr flüsterten. Ich konnte nicht verstehen, über was sie redeten, aber sie nickten viel mit dem Kopf dabei und sahen abwechselnd zu Andy und mir herüber. Als sie fertig waren, klatschte Sam die Hände zusammen und ging wieder auf mich zu. „Gut, Kira, dann würde ich sagen, du schläfst auf dem linken Bett. Andy und Ich werden uns das andere Bett teilen, das haben wir schon mal gemacht“, erklärte er, obwohl er das meiner Meinung nach nicht hätte sein müssen. Auf der anderen Seite erschien es mir sofort logisch, dass sich nur Sam das Bett mit einem anderen Mann teilen würde, Dean hätte da keine Lust darauf. Und wo schläft Dean? Stehend in der Dusche? Auf dem Klo? Oder im Impala? Als hätte ich die Fragen laut ausgesprochen, deutete Sam auf den anderen Stuhl, der sich mit im Raum befand. „Dean meinte, ihm reicht für heute der Stuhl.“ „Passt schon“, sagte Dean, obwohl keiner Bedenken geäußert hatte. „Wenn ich meine vier Stunden bekommen kann, dann reicht mir das schon. Außerdem habe ich schon unbequemer geschlafen und zur Not kann ich auch auf Babys Rückbank pennen“, sagte er in einem Ton, der klarmachte, dass das Thema für ihn damit erledigt wäre. Ich blickte das Bett an. Es war bereit genug, dass Dean auch drauf hätte Platz gehabt, aber das Angebot, mit ihm unverbindlich das Bett zu teilen, kam mir nicht über meine Lippen. Ich traute mich nicht. Zwar teilte ich ungern mit anderen Leuten als meinem Freund das Bett, aber wenn sie mir vertraut waren, so wie die Brüder, dann würde es mir vermutlich ein wenig leichter fallen. Also versuchte ich nur ein wenig zu lächeln und drehte mich wieder zurück. „Danke, dann werde ich es ganz gemütlich haben“, sagte ich, obwohl ich mich nicht wohl dabei fühlte, so bevorzugt behandelt zu werden. Auf der anderen Seite war ich nicht sonderlich scharf darauf, den Boden oder irgendwas anderes hartes unter meinem Rücken zu spüren. Als ich die Jungs ansah, fiel mir auf, wie unbequem und billig der Stuhl aussah. Er war zwar aus Holz, dürfte aber trotzdem nicht mehr als zehn oder 15 Dollar im Walmart oder Baumarkt gekostet haben. Vermutlich wird Dean den Stuhl kaum zum Schlafen nutzen, sondern aufpassen, ob uns diese komische Frau entdeckt oder nicht. Ich hoffe, er kommt trotzdem zu ein wenig Schlaf, auch wenn vier Stunden eigentlich viel zu wenig sind. Aber Sam wird ihn bestimmt irgendwann ablösen … ich hoffe es jedenfalls. „Gut, dann machen wir uns doch schon mal bettfertig und ruhen uns ein wenig aus“, sagte Dean, drehte den Stuhl ein wenig und nahm darauf Platz. So hatte er sowohl die Tür mit dem Fenster daneben im Blick als auch die Betten, vor allem das der Jungs. Viel mehr an Worten war dafür nicht nötig, wir drei bewegten uns zu den Betten und legten uns hinein. Wie immer nahm ich meine Einschlafposition ein und bemerkte, dass das Motel viel zu wenig Kopfkissen hatte. Auch fehlte mir ein Plüschtier zum Kuscheln und die Zähne hatte ich mir auch noch nicht geputzt. Doch ich hatte nichts bei mir und ich wollte die Jungs auch nicht extra zur Tanke scheuchen, damit sie mir mit ihrem Geld Zahnpflegezeugs kaufen würden. Nein, das war ein Thema, um das ich mich auch am nächsten Tag kümmern konnte. Müde gähnte ich ein wenig und sah hinüber zum anderen Bett, ich konnte Sam sehen, wie er in meine Richtung blickte und zuversichtlich blinzelte. Andy musste sich demnach hinter seinem Rücken befinden. Sam sah selbst in dem Bett sehr groß aus, was mich beeindruckte. Überhaupt war Sam sehr groß, immer, wenn er mit mir geredet hat, musste ich weit zu ihm hinaufsehen, wie damals zu einem der Anwälte aus meiner Ausbildung. Doch da ich zu fast allen Menschen aufsehen musste beim Reden, war es nichts neues für mich. Dean konnte ich aus meiner Position heraus nicht sehen und ich wusste nicht, ob er mich nun beobachtete oder nicht. Rasch zog ich die Decke noch ein Stück weiter hoch. „Schlaf gut“, konnte ich Sam sanft reden hören, ich bedankte mich dafür und kuschelte mich tiefer in die Decke hinein. Und dann war ich auch schon weg.   Zuerst dachte ich, es wäre ein Teil meines Traums. Ich war mit meinem Freund auf der Animuc, auch meine beste Freundin war mit uns dabei und wir waren alle drei als die Diamonds verkleidet. Ich als die kleinste war als Pink unterwegs, mein Freund dagegen war Yellow und meine beste Freundin Blue. Wir hatten viel Spaß, wurden mit anderen Steven Universe Cosplayern fotografiert und machten auch von ihnen Fotos. Bis irgendwann eine Pearl-Cosplayerin an mein Ohr herantrat und mir etwas zuflüsterte. Ich konnte nicht verstehen, was sie sagte, aber ich nahm an, dass es nur für ein Foto sein sollte. Doch ich konnte niemanden sehen, der von uns ein Foto machen würde. Seltsamerweise konnte ich meinen Kopf nicht drehen, also fragte ich leise, was die Pearl von mir wollte. Sagte ihr, dass ich sie nicht verstehen konnte. Doch diese flüsterte immer weiter, bis es auf einmal schwarz wurde. Ich spürte, dass ich wach war, dass alles davor ein Traum war und weinte meinem Pink Diamond Cosplay hinterher, da es wirklich schön und bequem gewesen war. Auch war die Figur passend gewesen, was sie im echten Leben leider nicht wahr. Erst, als das Flüstern auf der linken Seite wieder zurückkam, wurde ich von meinen finsteren Gedanken abgelenkt. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich mich wieder auf meinen Rücken gedreht hatte. „Hey, Psst, Kira, hörst?“, konnte ich die Stimme direkt in mein Ohr flüstern hören, was mir ein leichtes Kribbeln im Nacken verpasste. Mit spontanem ASMR aus dem Nichts hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Gleichzeitig versuchte ich die Stimme einzuordnen, doch da sie weiblich war, konnte es keiner der Jungs sein. Ich erkannte sie nicht. Ob sie der Frau gehörte? Hatte sie Dean getötet und würde mir nun etwas antun? Das wollte ich nicht wissen, daher hielt ich die Augen geschlossen. „Hör mir zu, Kira, das ist wichtig. Etwas Dunkles ist auf dem Weg, etwas, was du unbedingt vermeiden solltest. Suche nicht danach, versuche dich davon unter allen Umständen fernzuhalten. Du bist nicht sicher“, flüsterte die Stimme und ich hatte das Gefühl, ein wenig von ihrem Atem an meinem Ohr zu spüren, doch genau konnte ich es nicht sagen, da mich das Geflüster wieder müde machte. „Wer bist du?“, fragte ich, drehte meinen Kopf zur Seite und öffnete herzklopfend die Augen, doch trotz der geringen Lichtverhältnisse im Raum konnte ich nichts erkennen. Ich sah niemanden neben meinem Bett stehen, sitzen oder was auch immer. Ich konnte nur Sam sehen, wie er vor sich hindöste. Und die Stimme blieb mir eine Antwort schuldig. „Ok, du musst mir nicht sagen, wer du bist. Aber sag mir wenigstens, vor welcher Gefahr muss ich mich hüten? Was meinst du damit? Wie kann ich sie erkennen?“, doch auch darauf wollte mir die unsichtbare Stimme wohl keine Antwort geben. „Halte dich einfach von ES fern“, sagte sie und ich bekam kurz das Gefühl, sie wollte mich vor dem Clownswesen warnen, doch das erschien mir dann doch zu absurd. „Was ist ES? Meinst du damit das Wesen in der Gestalt eines Clowns?“, fragte ich, doch anstatt eine Rückantwort von dem unbekannten Irgendwas, konnte ich nun Sam sprechen hören. „Clowns? Kira, ist alles in Ordnung?“, konnte ich ihn verschlafen fragen hören und sah, wie er sich über die Augen rieb. Na großartig, jetzt habe ich ihn auch noch geweckt. Vermutlich war ich mal wieder viel zu laut beim Flüstern, viel lauter, als ich dachte. Ich nickte ein wenig, flüsterte aber einen Ticken leiser als gerade eben: „Ja, alles in Ordnung, ich hatte nur einen schlechten Traum und hab wohl wieder im Schlaf geredet. Irgendwas mit Clowns, das hat mir doch ein wenig Angst gemacht. Davon bin ich auch aufgewacht“, sagte ich und hoffte auf Sams Verständnis. Gerade er sollte verstehen, was ihn mir vorging, mehr als jeder andere als ich. Zwar hatte ich keine Clownsphobie oder überhaupt Angst vor ihnen, aber einen Albtraum mit ihnen würde ich dennoch unschön finden. „Ach so, ich dachte nur, du sprichst mit mir“, sagte Sam und ich war mir nicht sicher, ob ich ihn überzeugt hatte oder nicht. „Gut, dann schlafen wir mal weiter, nicht wahr? Schlaf gut, Kira und träum was Schönes“, wünschte er mir, bevor er sich von mir wegdrehte. Ich dagegen legte mich wieder auf die linke Seite und versuchte es ebenfalls mit dem Einschlafen, was dieses Mal ein wenig länger dauerte als bei dem Versuch wenige Stunden zuvor.   „Wie, du hast sie im Schlaf reden hören? Und was ist daran so Besonderes? Jeder spricht mal im Schlaf, Sam, das ist doch ganz normal?“, konnte ich Andy hören, nachdem ich wach geworden war. Wieder lag ich auf dem Rücken, wieder hielt ich die Augen geschlossen. Sie versuchten zwar nicht zu flüstern, aber leise genug zu sprechen, um mich nicht zu wecken. Glücklicherweise konnte ich sie trotzdem gut genug verstehen und gleichzeitig fragte ich mich, warum sie nicht einfach draußen miteinander redeten, um sicher zu gehen, dass ich ja nichts mitbekam. In das kleine Bad konnten sie nicht gehen, das verstand ich, da hätten höchstens zwei Personen Platz und der dritte müsste dann draußen stehen. Auf der anderen Seite war ich froh, dass sie hier dringeblieben waren, denn meine Neugier wurde getriggert und ich war gespannt, was sie zu sagen hatten. Es war mir sofort klar, dass sie über mich sprachen. Offenbar hatte mir Sam meine spontane Notlüge nicht abgenommen. „Nein, sie hat eindeutig mit jemandem gesprochen oder es zumindest versucht. Sie hat die ganze Zeit Fragen gestellt, wie vor welcher Gefahr sie sich angeblich hüten soll, oder irgendwas mit Clowns“, und ich konnte mir Deans kritisches Gesicht nur zu gut vorstellen, mit welchem er seinen jüngeren Bruder wohl gerade ansehen musste. „Aha, und weil sie über Clowns und Gefahr redest, gehen bei dir gleich die Alarmglocken an?“, fragte Dean mehr als zweifelnd. „Es war nicht nur das!“, zischte Sam scharf, dann versuchte er wieder mehr auf seine Lautstärke zu achten. Er machte eine kurze Pause von wenigen Sekunden, offenbar überprüfte er, ob ich noch schlafen würde oder nicht. Und ich gab mir bei meinem kleinen Theater jede Mühe, wie eine Schlafende zu wirken. „Sie hat auch auf das reagiert, was ihr gesagt wurde, es wirkte wie ein Teil eines Gesprächs. Und sie hatte auch keine Kopfhörer oder anderes bei sich, als sie ins Bett ging. Telefonieren war es also auch nicht. Außerdem hat sie zu mir herübergesehen. Sie meinte zwar, dass sie nur im Schlaf gesprochen hat, aber ich glaube es ihr nicht.“ „Es könnte sein, dass es ihr nicht bewusst ist“, schlussfolgerte Andy laut. „Vielleicht hält sie es ja für normal, in der Nacht in die Luft zu sprechen.“ Wieder ein paar Sekunden Pause. „Oder sie hat jemanden gesehen und gehört, der nicht da war. Andy lag hinter mir, ich lag ebenfalls im Bett und Dean hat auf dem Stuhl Wache geschoben, bis ich ihn kurz danach abgelöst hatte. Dir müsste es doch eigentlich auch aufgefallen sein, oder?“, fragte er Dean, doch dieser verneinte nur. „Nein, das muss in der kurzen Zeit gewesen sein, als ich für einen Moment meine Augen ausgeruht hatte“, sagte er und der komplette Raum wusste Bescheid. Somit war Sam nicht nur der Einzige, der mich hatte flüstern hören, er hatte auch alles gehört, was ich von der Stimme wissen wollte. „Ich bin kein Mediziner“, fing Sam nachdenklich an. „Aber wenn ich es nicht besser wüsste, dann hört die Kleine wohl Stimmen in ihrem Kopf. Möglicherweise hat sie irgendeine Art von Schizophrenie und die hat sie dann heute Nacht wohl glauben lassen, dass jemand mit ihr spricht. Das wäre die logischste Erklärung“, sagte er und die beiden schienen keine Einwände oder andere Ideen zu haben. „Vielleicht sollten wir die Kleine dann in die Irrenanstalt bringen“, sagte Dean und nun konnte ich mir Sams vorwurfsvollen Blick vorstellen. „Du meinst in eine psychiatrische Klinik, Dean. Nur, weil sie Stimmen hört, denen sie Fragen in den nicht vorhandenen Bauch löchert, ist sie noch lange nicht irre. Aber es würde auch erklären, was das gestern mit der Adresse sollte, die hat doch vorne und hinten nicht gestimmt.“ Er schien kurz zu überlegen, bevor er weiterredete. „Aber sicher bin ich mir nicht, sie scheint doch eher mehr helle, normale Momente zu haben. Vielleicht ist es nur das Anfangsstadium, vielleicht braucht sie einfach nur eine kurze, medizinische oder medikamentöse Behandlung und dann ist alles wieder in Ordnung? Wir kennen sie nicht, wer weiß, was sie alles durchgemacht hat? Ich denke, wir sollten sie trotzdem wie geplant ins Krankenhaus fahren, dort können Sie sich um sie kümmern.“ „Ja, machen wir das“, meinte Dean, woraufhin Andy mitleidig sagte: „Das wäre das Beste für sie. Und ich habe sie dann auch noch in meine Probleme hineingezogen. Sie ist so nett und freundlich; und hat dabei ihre eigenen Dämonen zu bekämpfen, von denen sie am Ende womöglich gar nichts weiß. Vielleicht hat ihr bisher nie jemand erzählt, dass es problematisch ist …“ Das brachte sie alle drei wohl zum Nachdenken, denn erst nach eine Weile sagte Sam: „Gut, dann werden wir es auch nicht ansprechen. Wir sind im Grunde Fremde für sie und ich denke nicht, dass man solche Verdachtsdiagnosen von unbekannten Menschen hören möchte. Das muss nicht sein. Wir können ihr sagen, dass wir uns Sorgen um sie machen und sie deshalb ins Krankenhaus bringen, alles andere müssen die Ärzte dort machen. Wir dürfen nur nicht vergessen, ihr ein wenig Geld dazu lassen. Alles andere ist dann die Sache der Experten dort“, und alle schienen mit der Vorgangsweise einverstanden zu sein. Alle außer mir, aber ich wurde ja auch nicht gefragt. „Gut, dann sollten wir uns langsam auf dem Weg machen. Soll ich sie wecken?“, fragte Dean, doch Sam war wohl dagegen. „Nein, ich mache das schon“, sagte er und ich konnte hören, wie er an mein Bett herantrat, bis er neben mir stand. Dann spürte ich, wie er sachte an mir rüttelte, offenbar wollte er mich nicht erschrecken, sondern ganz sanft wecken. Ich war mir sicher, anderen Frauen und Mädchen an meiner Stelle wären weich wie Butter geworden. „Kira, du musst langsam aufwachen, wir müssen los“, sagte er so sanft er konnte und als ich meine Augen öffnete, lächelte er mich an.   Nachdem ich schnell meine mittlerweile getrockneten Sachen zusammen mit dem Inhalt meiner Jackentasche in der Plastiktüte verstaut und mich noch zuvor im Bad mit meiner Unterwäsche versorgt hatte, waren wir recht schnell mit dem Auto zum nächsten Diner gefahren. Selbstsicher parkte Dean das Auto in der nächstbesten Parklücke und wir wurden auch recht rasch an den nächsten freien Tisch hingewiesen. Da ich früher oft mit meinem Freund und seiner Mutter in einem Diner zu essen gewesen war, war nichts davon hier für mich neu. Weder die Getränke mit dem übertrieben vielen Eis, das sie uns sofort auf den Platz stellten (ich hatte mir eine Limo gewünscht und sie waren einer der wenigen Läden, die sofort verstanden, was ich wollte), während sich die Jungs mit einer Cola zufriedengaben. Noch die Strohhalme, die über den Gläsern zu schweben schienen, mit dem kleinen Papierdeckel obendrauf, damit das Hygiene-Bedürfnis des Durchschnitts-US-Amis gestillt war. Denn niemand außer mir fasst die Spitze meines Strohhalms an, war hier die Devise. Für mich als Europäerin war das schon fast paranoid, doch da ich keinen Ärger wollte, sagte ich nichts. Während sich die Brüder eine Bank teilten, saß ich innen und Andy neben mir am Flur. Freundlicherweise hatte mich Sam sofort wissen lassen, dass ich zum Essen eingeladen wäre und angesichts dessen, dass ich das Essen eh nicht hätte bezahlen können, nahm ich die Einladung aufrichtig und dankbar an. Wie immer blickte ich unentschlossen meine Karte an, und entschied mich dann für den Grand Slam, bestehend aus zwei Buttermilch Pancakes, zwei Bacon Streifen und zwei kleinen Würstchen, die ich für die Ami-Variante von Bratwürstchen hielt. Dazu noch zwei Eier, bei denen ich mich zwischen zig Varianten wählen konnte, wie sie mir serviert werden würden. Hier entschied ich mich für die Variante „sunny-side-up“, oder wie wir Deutsche es nennen würden: Spiegeleier. Auch die Jungs bestellten sich ihr Essen und die Bedienung brachte uns einen Korb mit Brot vorbei. Wobei man eher sagen musste, es war ein Korb mit Toast, aber ich wusste schon, was die Amis als Brot bezeichneten, deckte sich absolut nicht mit dem, was ich als Deutsche Brot nennen würde. Dennoch war das Essen sehr lecker und daher beschloss ich, einfach zu essen und meine Klappe zu halten. Da ich während des Essens nicht so asozial wirken wollte, wie ich es normalerweise während der Nahrungsaufnahme war, blickte ich in die Runde, überlegte mir, wem ich was sagen oder fragen könnte. Schließlich sah ich Andy und er sah schrecklich aus, viel schrecklicher noch als gestern. Seine Augenringe waren richtig dunkel, er wirkte mehr als müde und auch schien er über Nacht noch mehr Angst vor der Frau bekommen zu haben. Zumindest hatte ich das Gefühl. Er zitterte leichte und er schien auch etwas geistig abwesend zu sein, zumindest schnitt er seinen Pancake zum dritten Mal in mundgerechte Stücke. Doch die Brüder sprachen ihn nicht an, entweder fiel es ihnen nicht auf, was ich aber vor allem bei Sam nicht vermutete, oder sie wollten ihn lieber nicht darauf ansprechen, weil ich mit dabei war. Ja, das letztere klang dann doch logischer. Immer mal wieder einen mitleidigen Blick zur Seite werfend, aß ich schließlich selbst meine Pancakes, verzichtete aber auf den Ahornsirup dafür. Nach einer Weile, wir hatten fast alle unsere Mahlzeiten aufgegessen, stieß Dean seinen Bruder an und nickte an eine Stelle hinter uns, eine Stelle, zu der er immer mal hinübergesehen hatte. „Los, komm, das Telefon ist frei, wir können jetzt bei der Auskunft nach ‚du weißt schon, nachfragen“, deutete Dean irgendwas an und sein Bruder nickte. „Ihr entschuldigt uns, wir sind gleich wieder hier“, sagte er und schon kletterte er seinem Bruder hinterher aus der kleinen Bank heraus. Warum er als der größere nicht außen saß, wo er schneller aufstehen konnte als Dean, verstand ich ehrlich gesagt überhaupt nicht. Doch mit ein paar raschen Schritten hatten sie sich von uns entfernt. Ich war mir sicher, dass sie zu einem Telefon gingen und sich bei der nächsten Auskunft nach einem Krankenhaus in der Nähe erkundigten, zumindest hatten sie ja vorhin darüber diskutiert, wo sie mich am besten abladen könnten.   Ich wartete kurz, bis ich mir sicher, dass die beiden weg waren, und konnte sie beide an diesem kleinen Telefon sehen, mit dem Rücken zu uns. Dann wandte ich mich an Andy. „Hey, Andy, alles in Ordnung bei dir?“, fragte ich, obwohl offensichtlich nicht alles bei ihm in Ordnung war. Er überlegte kurz, schien die Frage wohl erst aussitzen zu wollen, doch dann schüttelte er den Kopf. Welchen Kampf er da auch immer führte, es zerrte wohl immer mehr an seinen Kräften und er schien an seine persönliche Grenze angekommen zu sein. „Es ist … nichts. Ich mache mir nur Sorgen wegen meiner Verfolgerin. Sie … sie ist einfach so hartnäckig, ich verstehe das nicht, dass sie nicht endlich aufgibt. Ich will doch nur meine Ruhe.“ Kaum hatte er das ausgesprochen, brach er endgültig in sich zusammen. Seine Gesicht vergrub er unter seinen Händen und ich konnte ihn leicht schluchzen hören. Ich fühlte mich überfordert und auch mir stiegen Tränen in die Augen, doch ich versuchte das Gefühl herunterzuschlucken. Gleichzeitig nahm ich meine saubere Serviette, welche ich ihm reichte. Welche er auch dankbar annahm, aber sein Gesicht immer noch unter den Händen verbarg. Nur, dass er gleichzeitig seine Tränen mit der Serviette trocknete. Unsicher, was ich tun sollte, legte ich eine Hand auf seinen Rücken, um ihn zu zeigen, dass er nicht allein war. Kurz zuckte er unter meiner Berührung zusammen, doch dann ließ er es zu. Offenbar hatte es eine beruhigende Wirkung auf ihn. „Warum muss das alles nur mir passieren?“, fragte er sich traurig und ich fühlte mit ihm. Auch ich hatte mich in schlechten Momenten gefragt, warum mir so viele schlechte Dinge passieren mussten, während es bei anderen gefühlt viel besser verlief. Doch ich sagte nichts, ich drückte ihn mit meiner Hand auf seinem Rücken ein wenig an mich und versuchte, einfach für ihn da zu sein. Jetzt ging es nicht um mich, sondern um ihn. „Ich habe doch niemanden etwas getan, niemanden verletzt, niemanden geärgert oder sonst was in der Richtung versucht. Und ich will auch niemanden etwas tun, ich will einfach ganz normal leben. Ich will ein normales Leben wie es auch alle anderen haben!“, sagte er leise, aber laut genug, dass ich es noch hören konnte, und ich streichelte ihm ein wenig den Rücken. Auch ich hatte mir gedacht, dass es schöner wäre, wenn mein Leben mehr normal verlaufen wäre, doch es ist so, wie es ist. Immer noch schwieg ich, schob meine Gedanken zurück in den Schrank und beobachtete Andy. „Es ist nicht fair, es ist nicht fair“, wiederholte er und ich konnte hören, dass seine Stimme immer brüchiger wurde. „Um meine Fähigkeiten habe ich ja schließlich nie gebeten, warum bin ich nur so gestraft worden? Was habe ich getan, um sowas zu verdienen?“, sagte er und weckte damit meine Neugierde. Welche Fähigkeiten, was meinte er damit? Ahnungslos sah ich Andy an, während ich ihm weiterhin den Rücken streichelte. „Andy, ich weiß nicht, worüber du sprichst, was meinst du damit? Womit bist du gestraft? Und wer hat dir das angetan?“, wollte ich von ihm wissen, doch auf die Antwort ließ er mich lange warten. Stattdessen konnte ich ihn erst noch mehrere Male schluchzen hören, bevor er von einer Sekunde auf die andere verstummte. Dann nahm er die Hände vom Gesicht und sah mich erst irritiert, dann erschrocken an. Offenbar war der Schock schneller gewesen als sein Gehirn, doch nun schaltete sich dieses wieder ein und teilte ihm mit: Du sprichst mit einer Außenstehenden über Dinge, die sie wohl nichts angingen. Sofort nahm ich meinen Arm von ihm und er rutschte auch ein Stück von mir weg, soweit es ihm die Bank jedenfalls ermöglichte. „Ich denke, wir sind hier fertig und sollten gehen“, konnte ich Dean reden hören und sah zu ihm hoch, ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er an den Tisch zurückgekommen war. Er war sehr genervt und er klang auch so. Besonders Andy blickte er mit seinem genervten, fast schon wütenden Blick an und ich konnte mir vorstellen, sobald ich am Krankenhaus abgeladen werden würde, würden sie sich ihn vornehmen und ihm sagen, dass er geplaudert hatte. Zu viel über Dinge gesagt hatte, die nur die drei was angingen. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich das Ganze unheimlicher gefunden. Aber so hatte ich wenigstens eine Ahnung, eine Vermutung, um was es gehen konnte. Da sah ich auch schon Sam, mit dem Rechnungsbüchlein, in welches er einen kleinen Stapel Geld hineintat, bevor er das Büchlein selbst auf dem Tisch ablegte. „Ja, lasst uns gehen, wir sollten hier nicht mehr so viel Zeit verbringen“, sagte er eindringlich und sowohl Andy als auch ihm folgten den Brüdern ohne irgendeinen Protest aus dem Diner heraus.   So schnell wie wir das Diner betreten hatten, so schnell hatten wir es auch wieder verlassen und saßen wieder im Impala. Das Wetter war gemischt, es schien zwar die Sonne, aber hier und da waren Wolken, hinter denen sie sich versteckte. Es wirkte, als wollte sie uns beobachten, hatte aber Angst vor dem möglichen Zorn der Brüder. Vor allem Dean wirkte immer noch angespannt, vermutlich weil Andy ein Thema angeschnitten hatte, was mich nichts anging. Zumindest hatte er beim Einsteigen den Eindruck auf mich gemacht. Auf wen genau er jedoch sauer war, konnte ich nicht einschätzen. Vermutlich war er auch auf sich selbst sauer, weil er nicht auf ihn aufgepasst hat, auf das, was Andy so von sich geben würde. Dieser hatte sich mittlerweile beruhigt, doch seit er im Diner seinen Zusammenbruch hatte, zog er es vor, schweigend aus dem Autofenster zu sehen, die vorbeiziehende Landschaft zu beobachten. Die Stille fühlte sich unangenehm an und ich wusste nicht, ob und wie ich sie durchbrechen könnte. Ich wünschte, die Jungs und ich könnten ehrlich zueinander sein, ich würde mir so gerne die eine oder andere Jagd aus deren Perspektive erzählen lassen, das wäre mehr als interessant. Doch das war nicht möglich. Oder irgendwas aus ihrer Kindheit … Da bekam ich eine Idee. Schnell versuchte ich zu überlegen, mit welcher meiner eigenen Kindheitsgeschichten ich am besten anfangen könnte, ohne, dass es zu random und damit zu verdächtig wirken würde. Ich wusste, dass man in den USA gerne mal weite Strecken hinter sich brachte, daher wollte ich wenigstens noch ein wenig mit den Jungs reden, bevor wir unser Ziel erreichen würden. Außerdem würde es auch Andy guttun, auf andere Gedanken zu kommen. Meine eigenen Gedanken rasten, versuchten einen Fetzen in den Wirren meiner Erinnerungen zu finden, der gut passen könnte. Doch ich wurde nicht fündig. Hm, ist schon schwierig, als Kind war ich nie in einem Diner, darauf könnte ich schon mal nicht aufbauen … obwohl. Während meiner Überlegungen hatte ich aus dem Fenster rausgesehen, doch jetzt nahm ich meinen Blick von der Außenwelt und konzentrierte mich wieder auf die Menschen im Wageninneren. „Vielen Dank noch für die Einladung zum Frühstück, das war wirklich sehr großzügig von euch“, bedankte ich mich aufrichtig. „Ja, gerne doch, hat es dir denn auch geschmeckt?“, konnte ich Sam schräg vor mir hören, wie gewohnt saß er auf dem Beifahrersitz. Dabei sah er zu mir hinter. „Es war wirklich sehr lecker, vor allem die Eier“, sagte ich und leckte mir bei dem Gedanken daran die Lippen. „Waren schön flüssig, so wie ich es mag“, fügte ich hinzu mit einem zufriedenem Lächeln. Sam erwiderte mein Lächeln und drehte sich wieder nach vorne um. „Dann passt es doch und mach dir um das Geld keine Sorgen, es war nicht so teuer, wie es vielleicht ausgesehen hatte.“ Zwar hatte ich auch einmal ein Frühstück in einem Diners bezahlt, jedoch war es zu lange her, als das ich mich an die Summe erinnern konnte. „Ja, das war richtig schön, ich habe das auch früher oft mit meiner Mutter gemacht“, sagte ich und begann an meinen Fingern zu spielen. „Sie hat mich auch oft zu einem Café eingeladen, das immer ein vielfältiges Angebot an Frühstücksmenus hatte, meistens am Wochenende oder an Feiertagen, wenn ich Zeit hatte und Zuhause war. Das war auch immer richtig lecker und mit ihrer Gesellschaft auch richtig angenehm.“ Schnell blickte ich auf meine Finger hinab, doch weil ich mir nichts anmerken wollte, blickte ich wieder nach oben. Direkt in Sams besorgte Augen, die meinen Blick erwiderten. „Du hast gesagt, es war schön, ist denn etwas passiert?“, fragte er und ich war mir sicher, dass er bereits eine Ahnung hatte, was meine nächste Antwort sein könnte. Oder es zumindest vermutete. „Sie ist dieses Jahr gestorben“, sagte ich und blickte aus dem Fenster. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Sams Lächeln kurz abstarb und da ich weder Dean noch Andy sehen konnte, wusste ich nicht, was sie nun gerade denken konnten. Auch erkannte er, dass ich nicht darüber reden wollte, weshalb er sich auf ein „Mein herzliches Beileid“ beschränkte, wofür ich mich kurz bedankte. Jetzt war die Stimmung noch mieser als davor. Der gleichen Meinung war Sam wohl auch, er fuhr sich kurz durchs Haar, wartete, bis ich wieder zu ihm hinübersah und begann zu lächeln. „Wir haben auch oft früher mit unserem Vater zusammen in einem Diner gegessen“, fing er an zu erzählen, Dean blickte kurz zu ihm hinüber, bevor er wieder anfing sich auf die Straße zu konzentrieren. „Da gibt’s viele lustige Geschichten dazu, aber ich denke mal, das hier ist die Beste. Mal sehen, an wie viel ich mich noch erinnern kann, ich war da wirklich noch sehr klein, musst du wissen.“ Ein weiteres Mal fuhr er sich durchs Haar, setzte sich ein wenig um, so dass er besser zu mir auf die Hinterbank gucken konnte. „Achja, jetzt habe ich es. Dean und ich waren gerade in einem Diner, und haben uns den Magen mit Spiegeleiern und Pancakes mit viel zu viel Sirup drauf vollgeschlagen. Unser Vater war auch mit dabei, und obwohl er mit uns geschimpft hat, hat er es durchgehen lassen. Damit wollte er uns wohl eine Lektion erteilen, denn danach sind wir in einem Freizeitpark gegangen und bei der Horrorachterbahn ist uns beiden dann so schlecht geworden, dass wir uns übergeben haben“, sagte er und begann zu kichern. „Ohje, das arme Frühstück, das war ja dann voll für die Katz“, sagte ich und zwang mich zu einem amüsierten Lächeln, dabei konnte ich mir nicht vorstellen, dass Papa Winchester die beiden mit auf den Jahrmarkt nehmen würde. Vermutlich haben sie ihn eher bei der Jagd beobachtet und irgendwas so Schreckliches gesehen, dass sie deshalb gekotzt hatten. Doch unser Theaterstück lief noch immer, unser Tanz wurde immer noch getanzt und so tanzte ich mit. „Oder weißt du noch, als wir das andere Mal in ein Diner gegangen sind, weil uns das empfohlen wurde, und dann sind wir wieder raus, weil Dad eine wütende Ex gesehen hat? Die hatte ihn doch auch gesehen und danach gabs erstmal einen sehr heftigen Streit. Weißt du noch?“, löcherte Sam seinen Bruder und wirkte nun wie ein typischer kleiner Bruder für mich. Zumindest wenn man nach den Klischees ging, mehr kannte ich als Einzelkind nicht. „Ja, ich erinnere mich, der Streit war wirklich … was Besonderes. Besonders, wie die Frau ihn angefangen hat. Aber am Ende hatte Dad die Hand oben …“, sagte er, doch an seiner Körperhaltung änderte sich nichts. Wieder konnte ich mir vorstellen, dass die Frau in Wirklichkeit ein Monster war, das ihn angefallen hatte, doch das war wieder etwas, was am besten nur in meinen Gedanken bleiben sollte. So erzählte mir Sam immer wieder irgendwelche seltsamen Anekdoten aus ihrer gemeinsamen Kindheit und obwohl sie nie wirklich der kompletten Wahrheit entsprechen konnte, wusste ich, dass sie ebenfalls nicht aussprechen konnten, was mit ihnen zu tun hatte. Sie waren in der gleichen Situation wie ich und doch munterte es mich recht schnell wieder auf. Dass sie mich so viel belogen, nahm ich ihnen dagegen alles andere als übel. Schade fand ich es trotzdem.   Schließlich, nach einer längeren Weile, erreichten wir eine Stadt und nachdem Dean durch mehrere Straßen, mal kurz, mal lang, gefahren war, erreichten wir auch schon unser Ziel. Und es sah wie ein typisches US-amerikanisches Krankenhaus aus, wie ich es aus meinen Urlauben von früher kannte. Irgendwie nach was und irgendwie auch nach nichts, da halfen auch die roten Backsteinmauern nichts. „Gut, wir sind da“, sagte Sam, als sein Bruder auf einer Zelle des Besucher-Parkplatzes das Auto zum Stehen brachte. Nun war die Zeit des Abschieds gekommen und ich hatte nicht das Gefühl, dass ich die Jungs wiedersehen würde. „Hast du alles bei dir?“, fragte er mich. Ich zog meine Tasche mit meinen Sachen näher an mich und nickte. „Und da drin sitzt euer alter Freund, in diesem … Krankenhaus?“, las ich von einem Schild in der Nähe ab und Sam bekam sofort ein schlechtes Gewissen, welches man ihm perfekt vom Gesicht ablesen konnte.“ „Verzeih mir die kleine Notlüge, aber wir machen uns einfach Sorgen um dich, dass irgendwas nicht stimmen kann. Wir denken nicht, dass du irre bist, aber lieber lässt du dich ansehen und es ist nichts, als wenn da etwas in dir heranreift und nicht behandelt wird“, sagte er und blickte mich eindringlich an. Vermutlich bat er auch mit seinen Blicken um Verzeihung. Zwar war ich nicht wirklich enttäuscht, aber dennoch fand ich es schade, dass sie mich wirklich zu einem Arzt bringen wollten. Doch ich konnte und wollte es den Jungs nicht übelnehmen. „Schon in Ordnung, ihr meint es doch nur gut“, sagte ich und zuckte mit den Schultern, mit einem Lächeln auf den Lippen. Zumindest versuche ich zu lächeln, doch der Versuch allein reichte Sam offenbar schon. „Gut, dann bringe ich dich kurz rein, helfe dir beim Anmelden und bezahle auch die Kosten im Voraus, damit du nicht so ganz allein da drin bist“, sagte er und ich war sehr dankbar, hatte jedoch Angst vor dem, was nun auf mich zukommen würde. Als wie wahnsinnig würden sich mich einstufen? So lange, bis das Geld alle war, dass Sam für mich ausgeben würde? Würden sie mich dann für immer einsperren? Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und man konnte es mir offenbar in meinem Gesicht ablesen, denn Sams Gesichtsausdruck wurde nun sanfter. „Keine Angst, ich habe mich extra nach einem guten Krankenhaus mit freundlichem Personal erkundigt, hier bist du wohl in guten Händen und hier kann dir auch geholfen werden“, sagte er und versuchte mir sein wärmstes Lächeln zu zeigen, dass er wohl draufhatte. Viel beruhigte es mich nicht, aber ein wenig und ich ließ ihn das mit einem leise „Danke“ auch wissen. „Siehst du, es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Wer weiß, vielleicht fühlst du dich dann auch viel besser und kannst dann auf deinen eigenen Beinen stehen“, sagte er und öffnete seine Tür. „Dann lass uns lieber gehen, den Parkplatz sollten wir auch nicht zu lange blockieren, bevor noch jemand kommt und uns abschleppen lässt“, sagte Sam amüsiert und auch ich begann, mich abzuschnallen und meine Tür zu öffnen. „Vielen Dank für alles, ihr Jungs seid echt die Wucht. Und viel Glück mit der Karen, dass die noch zu Vernunft kommt und euch in Ruhe lässt“, sagte ich in das Auto hinein. Doch kaum waren Sam und ich dabei, unseren ersten Fuß aus dem Auto zu setzen, als das Auto auf einmal anfing zu fahren. Dean trat wohl so heftig er konnte aufs Gaspedal, sowohl Sam als auch ich wurden in das Auto zurückgeworfen und zogen im gleichen Zug die Türen mit zu, da wir diese gerade in den Händen hatten. „Dean, was zum Henker, was sollte das?“, fragte Sam, während sein Bruder immer weiter aufs Gaspedal drückte und uns so in die Sitze schleuderte. So schnell es mir möglich war, schnallte ich mich wieder an und legte meine Tasche vorsichtshalber zu meinen Füßen herunter. Kaum sah ich wieder hoch, hatte sich Sam auch wieder angeschnallt und sah seinen Bruder immer noch fassungslos an. Dann sah er in den Rückspiegel und seine Miene verfinsterte sich, bevor er sich wieder um einen neutralen Gesichtsausdruck bemühte. Ich dagegen konnte nichts erkennen, wusste aber auch nicht, wohin ich gucken sollte. Selbst, als ich einen Blick aus der Heckscheibe war, konnte ich nicht erkennen, warum Dean auf einmal so schnell aus dem Parkplatzbereich und vom Krankenhaus weggefahren war. Dann fiel mein Blick zur Seite auf die Seite, zu Andy hinüber und jetzt tat er mir noch mehr leid als schon bisher. Andy schien keine Reaktion zu zeigen, noch immer starrte er aus dem Fenster heraus, doch seine Haltung wirkte alles andere als bequem. Verkrampft krallte er sich mit seinen Händen in seine Jeans hinein und überhaupt sah sein Körper unbeweglich und steif aus. „Sie ist dort, nicht wahr, die Frau ist dort“, sagte er tonlos und ich hatte das Gefühl, dass ein weiterer Zusammenbruch nicht mehr weit weg wäre. Doch Sam schüttelte nur energisch mit dem Kopf. „Nein, nein, das war nicht die Frau … das war … nur ein ‚alter‘ Freund von uns, das ist alles, und auf den haben wir gerade nicht so richtig Lust. Es ist kompliziert, das mit ihm, Dean und mir“, sagte er und drehte sich wieder nach vorne, während Dean noch immer schaute, dass wir die Stadt so schnell wie möglich hinter uns ließen, nahm dieses Mal jedoch eine andere Route und einen anderen Ortsausgang als den, den ich vorhin gesehen hatte. Schnell ging ich in Gedanken die „Freunde“ durch, auf die sie „keine Lust“ hätten. Crowley? Oder Castiel? Ne, vor dem würden sie ja nicht so schnell wegfahren, im Gegenteil, wie komme ich jetzt überhaupt auf den? …Luzifer? Oder eher einer der Leviathane, vielleicht sogar Dick Roman selbst? Doch ich kam zu keinem Ergebnis und hoffte, ich würde die Lösung zu all dem bald finden, ob sie es mir direkt sagen würde oder ob ich sie wieder belauschen musste. Und auch wenn mir die Situation langsam ein wenig Angst machte, so freute ich mich, mehr Zeit mit den Brüdern verbringen zu können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)