Ein unerwartetes Wiedersehen von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Garrick rannte. Er rannte wie noch nie in seinem Leben. Die langen blonden Haare klatschten ihm immer wieder ins Gesicht. Der Schreck saß ihm noch in Mark und Bein. Das was er gesehen hatte musste eine Täuschung sein. Es konnte nicht anders sein, es durfte nicht anders sein. Er stolperte im Halbdunkel den ausgetrampelten Pfad entlang, der zu einer schaurigen Destination führte: Einer Krypta. Das Grabmal wurde vom fahlen Licht des Mondes beschienen. Die grauen Ziegelsteine wirkten aschfahl, sauber aufeinandergeschichtet. Gespenstisch quietschte das gusseiserne Tor, das den Zugang versperrte. Spinnweben glitzerten im Mondschein auf dem Metall und in der Ferne war das Heulen eines Wolfes zu hören. Garrick riss das Tor auf und schnappte sich eine Fackel vom Eingang, die er mit einem Zunderstein, den er an der Wand entlang zog, entzündete. Der Spuk würde gleich ein Ende haben. Er musste nur noch nach unten gelangen, sich versichern, dass alles beim Alten war und schon hatte er seine Ruhe. Wahrscheinlich war der Wein schlecht gewesen, oder das Essen und er hatte Halluzinationen. Die Schuld trieb ihn wohl ein wenig in den Wahnsinn, aber davon würde er sich nicht unterkriegen lassen. Sagte er sich zumindest um seine zitternden Knie zu beruhigen. Je tiefer er in das Gemäuer stieg, desto kälter wurde es. Schatten tanzten an den Wänden entlang. Schaurige Monster bäumten sich auf nur um einen Moment später, wenn die Fackel günstig fiel, vom Mauerwerk zu verschwinden. Unruhig zitterte die Fackel in Garricks Fingern, die allmählich steif wurden. Nur unter Aufbietung all seiner Willenskräfte setzten seine schwankenden Füße ihren Weg fort. Das Herz schlug ihm bis zum Hals während er sich der Grabkammer näherte. Irgendwo schabte Metall über Stein. Der Blondschopf glaubte das Quietschen des Tores erneut zu vernehmen. Schritte, die immer lauter wurden. Schwere Stiefel welche über den Boden gezogen wurden. Dazu ein unheiliges Stöhnen, schmerzerfüllt und schaurig. „Ich erfühle dich. Ich kann das Schlagen deines warmen lebendigen Herzens spüren“, säuselte eine ihm wohlbekannte Stimme. Fast hätte Garrick die Fackel fallen gelassen. Panisch hielt er sie in alle Richtungen und brachte sie damit beinahe zum Erlöschen. Mit jeder Sekunde die verging wurde es kälter und kälter. Reif zeichnete sich auf den Steinen und dem Fackelgriff ab, wie auch auf seinen Fingern. Er suchte im Halbdunkel nach etwas oder nach jemandem, fand jedoch nichts. „Ja, ich kann es spüren. Wie sich deine Muskeln verkrampfen, dir das Atmen immer schwerer fällt. Du bekommst nicht genügend Luft, oder? Wie du zitterst – Espenlaub raschelt nicht so sehr wie dein Körper es gerade tut. Garrick, Garrick, Garrick… “, meldete sich die Stimme erneut zu Wort, vermischt mit dem schabenden Laut der Stiefel, die immer näherkamen. Der junge Mann war vor Angst gelähmt. Er wollte fliehen, davonlaufen, konnte aber nicht. Das hier war kein Alptraum, es war die bittere Realität. Sein Körper wollte ihm nicht mehr gehorchen. Es war so schrecklich kalt und dunkel. Das Licht der Fackel wurde immer kleiner, obwohl die Flamme gleichmäßig vor sich hin loderte. Sie vermochte keine Wärme zu spenden, die unnatürliche Kälte nicht zu bekämpfen. „Die lähmende Angst, die deinen Körper durchzuckt. Ich kann das Weiße in deinen Augen sehen, wie es gegen die Pupillen ankämpft, sie zurückdrängt. Dein Atem geht immer rasselnder, hallt an den Wänden wider. Der Herzschlag wird immer schneller. Welch herrliches Gefühl deinen Schrecken kosten zu dürfen, Garrick.“ Innerlich mobilisierte er sämtliche Energie und Willenskraft, die ihm noch zur Verfügung stand, um sich aus dem lähmenden Bann zu ziehen und taumelte die letzten Schritte bis zur Holztür entlang, die morsch und verfaulend in den Angeln hing. Er musste nur noch nach dem Griff greifen, sie aufziehen und dann würde dieser Wahnsinn zu Ende sein. „Na los, Garrick. Mach auf die Tür. Was soll dahinter schon großartig lauern?“, spottete die Stimme, die direkt seinem Kopf zu entspringen schien. „Das kann unmöglich sein. Du hast Recht. Wie denn auch?“ Hastig umschlossen seine Finger den eiskalten Metallgriff und zogen daran. Er stolperte in die Grabkammer hinein und hielt die Fackel in Richtung des großen Steinsockels auf dem gähnende Leere herrschte. Nein! Das konnte nicht sein! Vor dem Steinquader brach er zusammen. Die Fackel rollte über den Boden und tauchte den Raum in Dunkelheit. Verzweifelt kratzten die Finger am kalten, glattpolierten Stein entlang. Wie war das möglich? Es musste dafür eine rationale Erklärung geben. Grabräuber, Leichenschänder! Ja, das musste es sein. Weitere Überlegungen konnte er nicht anstellen, denn da wurde auch schon die Tür aus der Halterung gerissen. Aus dem Nichts heraus wurden die restlichen Fackeln im Raum entzündet. Kalte blaue Flammen leckten gierig an der Decke und Garrick wagte es kaum zum Eingang zu schauen. Jetzt, da er wieder sehen konnte, da schauderte es ihn. Vorsichtig drehte er sich um. Sein Puls raste, ihm schlug das Herz bis zum Hals. Die Haarsträhnen klebten ihm ins Gesicht während kalter Schweiß seine Kleidung durchtränkte. „Ich habe lange auf diesen Moment gewartet“, murmelte die Stimme, die nun auch ein Äußeres bekam. In der Tür stand eine gepanzerte Gestalt. Die Rüstung war aus einem roten Metall gedengelt worden. In die Schulterplatten hatte man schwarze Stacheln getrieben, die den grün leuchtenden Augen und Mündern der Totenschädelfratzen Hörnern verliehen. Die Gürtelschnalle zierte ebenfalls ein Totenkopf der schaurig auf den knienden Garrick hinabzugrinsen schien. Ein zerfetzter, pechschwarzer Umhang bedeckte die Schultern und lenkte kaum vom Helm ab, der dem Blondschopf das Blut in den Adern gefrieren ließ. Eisblaue Augen ragten aus den Sehschlitzen hervor. Die gleichen Flammen wie bei den Fackeln flackerten über die Aussparungen des Helmes. Spitz zulaufend war die Mundpartie freigelassen worden, aus der zerfetztes Fleisch herausragte, das nicht mehr in der Lage war die Zähne zu bedecken. Aus dem Helm ragten zwei Hörner, ähnlich denen eines Stiers, hervor. Die schwarzen Zähne verformten sich zu einem breiten Grinsen. „Wie schön einen alten Freund hier begrüßen zu dürfen.“ Langsam kam die Gestalt näher, während Garrick nach hinten rutschte, bis er kalten Stein auf seiner Haut spüren durfte. Das unregelmäßig geformte Ziegelwerk bohrte sich in seinen Rücken und er wünschte sich mit der Mauer verschmelzen zu dürfen. Er schnappte nach Luft, hatte das Gefühl zu ersticken. Seine Fingernägel kratzten über den Steinboden auf der verzweifelten Suche nach Halt, einem Ankerpunkt, der ihn vor dem Wahnsinn bewahrte. In seinem Kopf tobte ein Wirrwar an Stimmen, ein Flüstern, das tausendfach widerhallte und mit jedem Schritt, den der gepanzerte Ritter näherkam, wurden sie lauter und eindringlicher. „Aber Garrick“, seufzte der Ritter mit gespieltem Bedauern. „Du warst doch sonst immer so mutig, so stolz, so erhaben, so…verräterisch.“ Das letzte Wort wurde geringschätzig betont. Vor ihm stehend hielt der Mann inne und griff nach hinten. Ein Schwert wurde aus einer Scheide gezogen, quälend langsam. Der Laut, den es dabei machte, raubte Garrick beinahe den Verstand. Er wollte die Augen schließen, wie ein kleines Kind, in der Hoffnung, dass das, was er nicht sehen konnte, auch nicht real war, um diesem Horror zu entfliehen, aber er konnte nicht. Gebannt starrte er auf die Klinge, die vor seinem Gesicht ruhte. In den blauen Schwertkörper waren Runen eingelassen worden. Die Schneide rechts und links jeweils hatte zackenartige Fortsätze, die wirkten, als würden sie ihrem Opfer das Fleisch von den Knochen reißen wollen. Zum Griff hin verlief die Klinge schmal und war mit einem echten Totenschädel besetzt worden, in dessen Augen zwei blaue Juwelen glitzerten. Knochen schälten sich aus dem Schädel hervor, zwei jeweils auf einer Seite. Der strafende Blick, den ihm das Konstrukt dabei zuwarf, ließ Garrick in sich zusammensinken. Am Griffende befand sich ebenfalls ein blauer Saphir. „Bitte nicht“, wimmerte der Blondschopf. „Dafür ist es zu spät, alter Freund“, lächelte der Ritter. „Zu spät“, hallte es in der Grabkammer wider. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)