Know Your Darkness von stone0902 (Sasuke x Sakura) ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Ihr so nah zu sein war nicht so unangenehm, wie er zuerst befürchtet hatte. Womöglich lag es daran, dass sie trotz der geringen Distanz einen gewissen Abstand hielt und im Augenblick professionell ihrer Arbeit nachging. Ganz anders als Karin, die sich bei jeder ihr bietenden Gelegenheit an ihn klammerte und mit ihrer Aufdringlichkeit keine Rücksicht auf seine Privatsphäre nahm. Dennoch, mit geschlossenen Augen und völlig unbewaffnet fühlte er sich praktisch wehrlos in seiner Haut. Seine empfindlichen Ohren achteten auf jedes trügerische Geräusch einer unerwarteten Bewegung oder eines unvorhergesehenen Angriffs. Sasuke glaubte nicht an Zufälle. Es war einfach nur ungeheures Pech, dass er sie und nicht die Hokage erwischt hatte. Was für eine Ironie. Die letzten drei Jahre hatte er mit Mühe und Not versucht Sakura von sich fernzuhalten und jetzt stand sie ihm gegenüber, mitten in einem der geheimen und inzwischen verlassenen Verstecke von Orochimaru. Ebenso wie Naruto und Kakashi gehörte sie zu seinem ehemaligen Team, das sich im Laufe der gemeinsamen Zeit zu einer Art zweiter Familie für ihn entwickelt hatte. Doch mit dem Wort Familie verband er inzwischen nur noch Schmerz … In seinem Herzen gab es keinen Platz für so etwas wie Freundschaft oder Liebe. Nur Dunkelheit, die ihn umhüllte, von innen, wie nun auch von außen, sowie eine unerträgliche Leere, die den Gedanken an die Rache ersetzte, der ihn all die Jahre zuvor begleitet hatte. Itachi, das ist alles bloß deine Schuld, dachte Sasuke bitter. Selbst in deinem Tod noch schaffst du es mich zu quälen und gönnst mir keinen Frieden. Ohne ihn hätte er nie das Mangekyō Sharingan erweckt. Ohne ihn wäre er jetzt kein nutzloser Shinobi, der die Welt um sich herum verschwinden sah. Trotz allem, was sein Bruder ihm und seinem Clan angetan hatte, war er immer die Person gewesen, die ihm am nächsten gestanden hatte. Die einzige Person, die sein Denken erfüllt und der er seine Zukunft gewidmet hatte. Wieso musste nur das Erreichen seines Ziels solch einen bitteren Beigeschmack haben? Seinetwegen war Sasuke nun fast blind. Die einzigen Personen, die ihm zwar nicht gerade viel bedeuteten, aber auch nicht egal waren, waren die anderen Mitglieder aus Team Hebi: Suigetsu, Karin und Jūgo. Diese drei sollten zu Beginn seiner Rekrutierung eigentlich nur Mittel zum Zweck sein, doch ebenso wie Team Sieben war es ihnen gelungen, schleichend ein Band mit ihrem Anführer zu knüpfen. Dieses Band war zwar nicht sehr dick, aber es war da. Sasuke fühlte sich ihnen gegenüber verantwortlich. Im Gegensatz dazu konnte er ihnen vertrauen. Team Hebi, dessen Parallelen zu Team Sieben an manchen Tagen völlig logisch erschienen und an manchen Tagen wiederum vollkommen abwegig. Vor allem über Jūgo machte Sasuke sich in letzter Zeit Gedanken. Sein Sharingan war die einzige Möglichkeit, die den sonst so friedlichen Naturchakra-Nutzer davon abhielt den Verstand zu verlieren und wie eine wildgewordene Bestie Amok zu laufen. Bei ihrer ersten Begegnung hatte Sasuke ihm das Versprechen gegeben sein Käfig zu sein und ihn unter Kontrolle zu halten. Und wenn Sasuke ein Versprechen gab, dann hielt er sich auch daran. Er wusste, dass Jūgo sich auf ihn verließ und wie sehr er unter diesen unkontrollierten Mordgedanken litt. Aber ohne sein Sharingan würde er ihm nicht helfen können. Das Chakra, das durch Sakuras Hände in seinen Körper strömte, fühlte sich nicht unangenehm an. Es war weder warm noch kalt, aber die Präsenz war deutlich zu spüren. Es wirkte seltsam vertraut. Sasuke kannte es noch von früher, aus seinen Tagen als Genin. Die Erinnerungen, die dadurch an die Oberfläche kamen, versuchte er wieder zu verdrängen. An diesem düsteren Ort gab es keinen Platz für sie. Diese Untersuchung dauerte ihm sichtlich zu lange. Sakuras Schweigen schien an einem gewissen Punkt unerträglich. Er wollte endlich Gewissheit. Hoffentlich war sie fähig genug ein Urteil ziehen zu können. Was wusste er denn schon über sie? Sie war vielleicht eine Medic-Nin, aber ob sie kompetent genug war konnte er nicht beurteilen. Vielleicht befand sie sich erst am Anfang ihrer Ausbildung. Sie selbst hatte zugegeben, dass sie auf diesem Gebiet keine Erfahrung besaß. Würde doch bloß Tsunade vor ihm stehen und nicht sie. Trotz seiner inneren Unruhe spürte Sasuke deutlich, wie sie sich vor ihm anspannte. Das Chakra hörte auf durch seine Augen zu fließen und ihre Hände entfernten sich wieder von ihm. Als er seine Augen öffnete sah er sie undeutlich vor sich stehen. Sakura bestand aus den Farben Rosa, Beige, Rot und Grün. Ihre Gesichtszüge waren unscharf, doch sein Verstand ergänzte die fehlenden Informationen mit Erinnerungen aus seiner Vergangenheit. Nachdem sie nichts sagte fragte er ungeduldig: „Und?“ Er ließ sie nicht aus den Augen, achtete auf jedes einzelne Wort und versuchte aus ihren Sätzen herauszuhören, ob sie eventuell Informationen für sich behielt oder ob er eine Lüge entlarvte. Ihre Stimme klang bedrückt, aber ehrlich. Sie bemühte sich um eine distanzierte professionelle Tonlage, die ihr allerdings nicht gelang. Bei dem Wort irreparabel erlosch seine letzte Hoffnung. „Verstehe.“ Er hatte genug gehört. Schon fast ruckartig wandte Sasuke sich von ihr ab und öffnete die Tür. Während er hindurchschritt hörte er noch dumpf wie sie seinen Namen rief, als wäre sie endlos weit weg und nicht direkt hinter ihm. Er bemühte sich die Fassung vor ihr zu bewahren, was ihm nicht recht gelang, denn er hörte, dass er die Tür lauter zu knallte, als beabsichtigt. Mit schnellen Schritten eilte er den langen Korridor entlang. Verdammt! Die Sicht schien an ihren Enden plötzlich noch dunkler zu werden, als ohnehin schon. Seine Atmung beschleunigte sich und er spürte, wie die Emotionen ihn überfielen. Nicht hier! Nicht jetzt! Sasukes Schritte wurden noch schneller, glichen schon fast einem Laufschritt. Auf halbem Wege kam ihm Suigetsu entgegen. Der Weißhaarige öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen, doch Sasuke ging ohne ihn eines Blickes zu würdigen an ihm vorbei. Seine Zähne bissen aufeinander und er spürte, wie sein Kiefer sich schmerzhaft verkrampfte. Er wollte jetzt nicht reden. Geräuschvoll atmete er durch die Nase ein und aus. Als er sein Zimmer erreichte, schloss er die Tür hinter sich und lehnte sich mit der Stirn dagegen. Dabei bemerkte er, dass seine Hände zitterten. Seine Atmung ging immer schneller. Er schnappte nach Luft, da ihn das Gefühl überkam, zu ersticken. Langsam schienen ihn seine Kräfte zu verlassen und er rutschte an der Tür hinunter, bis er sich davor auf seinen Knien wiederfand. Er lehnte seinen Oberkörper soweit nach vorne, sodass seine Stirn beinahe den Boden berührte. „Verdammt!“, zischte er und schlug mit der Faust auf den Boden. „Verdammt! Verdammt! Verdammt!“ Sakuras Worte echoten durch seinen Kopf. Hatte er es nicht irgendwie geahnt? Natürlich hatte er diese Möglichkeit in Betracht gezogen. Sasuke war schließlich weder dumm, noch naiv. Es gab nur eine Fivty-fivty-Chance auf eine Heilung. Ein simples Ja oder Nein. Und dennoch war da die Hoffnung gewesen… Auf der die bittere Enttäuschung folgte … Ihre Heilkünste konnten einen solch mächtigen Blutfluch letztendlich nicht bezwingen. „Auge und Netzhaut scheinen unbeschadet zu sein. Aber dein visuelles Nervensystem ist fast komplett zerstört. Die Verbindung zwischen Sehnerv und Gehirn ist schon fast komplett unterbrochen. Der Schaden ist bei deinem rechten Auge schwerwiegender.“ Übelkeit stieg in ihm hoch und er hielt sich den Magen. Ihm wurde plötzlich so schlecht, dass er befürchtete sich jeden Moment übergeben zu müssen. Sasuke rang nach Luft, immer und immer wieder. Stets beherrschte er die Kontrolle über seine Emotionen, doch in diesem Augenblick überströmten sie ihn wie ein gigantischer, alles zerstörender Tsunami. Was war hier nur los? Was geschah mit ihm? Er fand keine Erklärung, denn das Denken fiel ihm schwer. Als es ihm das letzte Mal so schlecht gegangen war hatte er sich in Itachis Tsukuyomi befunden, in dessen illusionärer Gedankenwelt er die Nacht, in der er seine Eltern gefunden hatte, wieder und wieder erleben musste. Er konnte es nicht verhindern, dass bei der Erinnerung daran Bilder in seinem Kopf erschienen – die ausdruckslosen Gesichter seiner Eltern, ihre regungslosen und blutverschmierten Körper auf dem Boden. Plötzlich befand Sasuke sich wieder im Uchiha-Viertel, in jener verhängnisvollen Nacht. Nein, jetzt bloß nicht daran denken … Ein weiterer Schmerz durchfuhr seine Brust, bei der Erinnerung an seinen Verlust und die Qualen, die er damals durchlebt hatte. In seinem aufgewühlten Zustand hörte er nicht einmal die Schritte vor der Tür. Er bemerkte die Person erst, als es klopfte. Suigetsu. „Verschwinde!“, brüllte Sasuke schon beinahe. „Hau ab!“ Er versuchte sich soweit zu beruhigen, bis er die sich entfernenden Schritte hören konnte, um sicherzugehen, dass er wieder allein war. Der Gedanke, dass ihn jemand so sah … Das konnte er nicht zulassen. Zwischen all diesen unkontrollierten Gefühlsausbrüchen steckte immer noch sein Stolz. Angst schnürte ihm die Kehle zu. In ihm tat alles weh, doch es handelte sich nicht um körperlichen Schmerz. Seine Seele litt unaussprechliche Qualen. Dabei war er doch immer so schmerzresistent. Nur dass ihn diese psychische Qual momentan völlig überforderte. Itachis Gesicht blitzte vor ihm auf. „Mangekyō Sharingan … Diese Augen sind sehr speziell“, flüsterte ihm Itachi ins Ohr. Bilder ihres Kampfes erschienen vor seinem inneren Auge. Sein Bruder, wie er versuchte, seine Augen zu nehmen, da ihn dasselbe tragische Schicksal ereilt hatte. Seine ausgestreckten, blutigen Finger. Und wie er ihm in einem weiteren Tsukuyomi sein linkes Auge gewaltsam entriss. „Vom Moment ihrer Erweckung an schreiten sie gen Finsternis. Je mehr man sie benutzt, desto fester werden sie versiegelt. Mangekyō verlieren irgendwann das Sehvermögen.“ Itachis Augen. Die blutroten Augen des Mangekyō Sharingan bohrten sich in ihn. Klar und deutlich sah er sie in seinen Gedanken vor sich. Die einzige Chance, die ihm noch blieb, der völligen Erblindung zu entgehen. Die Augen seines Bruders … Nein!, dachte Sasuke bitter. Endlich war er seinem Bruder und dem jahrelangen Alptraum, in dem er gelebt hatte, entflohen, und hatte seine Eltern und seinen Clan gerächt! Und nun sollte er seine Augen nehmen? Itachi würde dadurch für immer ein Teil von ihm sein. Ihm wurde erneut übel. Doch was war die Alternative? Trotz der Warnung war Sasuke nicht vorsichtig genug gewesen. In seiner endlosen Arroganz hatte er seine neue Macht austesten wollen und ein Teil von ihm hatte sich schlichtweg geweigert, Itachis Erzählung zu glauben, schließlich war sein Bruder schon früher ein guter Lügner gewesen. Und als er die ersten Anzeichen bemerkte und er sich darum bemühte vorsichtiger zu sein und die erweiterte Form seines Kekkei Genkai weniger, wenn nicht sogar überhaupt nicht mehr zu gebrauchen, war es bereits zu spät gewesen. Was sollte er denn jetzt tun? Er wollte nicht erblinden und sein Sharingan verlieren. Selbst wenn er nur sein Bluterbe verlieren würde, wäre er immer noch in der Lage etwas zu sehen und ein halbwegs ordentlicher Shinobi zu sein. Denn auch ohne Sharingan überragten seine Fähigkeiten noch die der meisten Ninja. Aber ganz ohne Augenlicht wäre selbst er mächtig eingeschränkt. Er könnte es versuchen, sich auf seine anderen Sinne zu verlassen, aber Sasuke wusste, dass es eines Tages sein Todesurteil bedeuten würde. Schon früher hatte er immer zu den Besten gehört, doch war es nie genug gewesen. Inzwischen war er nah dran an der Perfektion, aber im Moment machte er gewaltige Rückschritte. Was würde nur sein Vater von ihm denken? Ein blinder Uchiha? Ohne Sharingan? Er wäre nutzlos … Wertlos … „Eigentlich sollte es funktionieren. Aber … es tut mir leid, Sasuke-kun, aber mein Chakra und meine Heilkräfte scheinen nichts zu bewirken. Die Nerven wollen sich einfach nicht miteinander verbinden. Sie reagieren gar nicht auf meine Heilkünste. So etwas habe ich noch nie erlebt.“ Ein Wimmern entfuhr ihm. Allmählich ebbte die Panikattacke ab, doch dann durchzuckte ihn ein neuer Schmerz. Er fuhr hoch und presste sich die Handballen gegen die Augen. Wieso genau jetzt? Hatte ihre Untersuchung das etwa bei ihm ausgelöst? Oder gaukelte ihm seine labile Psyche nur etwas vor? Sasuke nahm die Hände hinunter und versuchte seine Atmung zu kontrollieren, als er spürte, wie etwas langsam seine Wangen herablief. Seine Finger betasteten zitternd sein Gesicht und berührten die träge Flüssigkeit. Weinte er etwa? Seine Augen öffneten sich und selbst verschwommen konnte er die dunkelrote Farbe erkennen, die sich so deutlich von seinen blassen Fingern abzeichnete. Schlagartig war er ruhig, hörte auf zu hyperventilieren, vergaß fast das Atmen. Sein Kopf schien merkwürdig leer. Seine zittrigen Finger wanderten vorsichtig zurück zu seinem Gesicht und er berührte erneut die klebrige Flüssigkeit und verschmierte sie dabei. Dann verbarg er das Gesicht in seinen blutigen Händen und lehnte sich wieder vorne über, bis sein Kopf auf den kalten Steinboden traf. „Irreparabel …“ Er versank in einem tiefen Abgrund, aus dem es kein Entkommen gab. Alles um ihn herum wurde schwarz und er versank in der Dunkelheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)