Nachhilfe von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 22: ------------ Ich schreckte hoch als ich ein Klopfen an meiner Zimmertür hörte. Rasch wischte ich mir über Nase und Augen und rückte dann vom Bett um aufzumachen. Es hätte auch Caleb sein können, aber das war mir gerade herzlich egal. Ich riss die Tür auf, knipste das Licht an und ließ mich wieder aufs Bett plumpsen, ohne nachzusehen wer es ist. „Danny?“ Das war eindeutig Connor. „Mach die Tür zu“, murmelte ich und wartete einfach, während ich an die Decke starrte. Es tat noch immer so unfassbar weh und ich war wütend, richtig sauer auf Connor, aber da war noch was anderes. Nicky meinte er hätte sich in mich verliebt, so wie ich in Nicky. „Danny, was ist los?“, fragte er besorgt und drückte die Tür zu. „Du weinst ja.“ „Sehr scharfsinnig“, fauchte ich und rutschte zum Kopfende, wo ich mir wieder das Kissen schnappte. „Was ist los?“ Ich rechnete damit, dass er sich zu mir setzen würde, damit ich ihn gleich anfahren konnte, nur tat er mir den Gefallen nicht. Er stand einfach nur da, in schwarzen Jogginghosen und einer schwarz-gelben Collegejacke. Seine Hände hatte er in die Hosentaschen geschoben. „Das weißt du genau“, giftete ich ihn an. „Du warst bei Nicky.“ Connors Gesichtszüge entgleisten für einen Moment. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Da war eine Mischung aus Wut, Hass, Jähzorn und etwas, das ich als Trauer identifizieren konnte. Ich konnte eine Bewegung in seinen Hosentaschen registrieren und er versteifte sich. „Hast du was zu sagen?“ Ich krallte meine Finger ins Kissen und zog die Knie an den Körper. „Möchtest du es denn hören?“, fragte er leise und schlug die Augen nieder. Wollte ich? Eigentlich wollte ich Connor anschreien, ihn beschimpfen, mir meinen Kummer aus der Seele brüllen. Warum ich es nicht tat konnte ich nicht sagen. Nur ein einfaches „Warum“ kam mir über meine Lippen. Leise. Kaum hörbar. „Weil ich dich liebe, Danny.“ Connor lehnte sich gegen die Tür und starrte mich traurig an. „Du hast mir das mit Nicky kaputt gemacht!“ „Habe ich.“ Ich stutzte, denn ich hatte damit gerechnet, er würde es abstreiten. „Du gibst es also zu?“ „Ja Danny, ich gebe es zu. Ich habe dir das mit Nicky kaputt gemacht, aber nicht, weil ich zu ihm gegangen bin, sondern, weil ich mich in dich verliebt habe.“ Connor bog seine Arme ein wenig nach außen und biss sich auf die Unterlippe. „Hättest du nichts gesagt, dann hätte Nicky heute sicher mit mir geschlafen!“ „Hätte er nicht.“ Mein Gegenüber schüttelte den Kopf. „Woher willst du das wissen?“ „Nicky ist auf Abenteuer aus. Er geht mit deinem Bruder. Ich wollte dich vor so etwas beschützen.“ „Ich brauche aber keinen Aufpasser“, schrie ich und warf mein Kissen nach Connor, das ihn meilenweit verfehlte. „Ich bin kein kleines Kind.“ „Das habe ich dir auch nicht unterstellt“, entgegnete Connor ruhig. „Ich wollte nur nicht, dass er dir weh tut, oder ich. Wenn wir aber schon dabei sind, muss ich mich nicht mehr verstellen.“ Ich blies die Backen auf. Das war doch wohl die Höhe. Connor tat geradeso als wäre ich ein zartes Pflänzchen, das man pflegen musste. Ich war schon fast 16 und erwachsen genug, dass ich meine Probleme selbst lösen konnte. „Ich hätte es dir wirklich gerne gesagt, sehr oft sogar, aber ich war zu feige.“ Connor blinzelte mehrmals und vermied es mich anzusehen. „Danny, das erste Mal als dich gesehen habe war als würde ich in das Antlitz der Sonne selbst blicken. Alles blieb stehen um mich herum. Etwas in mir setzte aus. Du warst so wunderschön, so bezaubernd und so süß. Ich erinnere mich noch als du mir die Hand gegeben hast – wie Stromstöße, die meinen Körper durchzuckten. Mein Herz schlug mir fast bis zum Hals und ich musste meine Gedanken sortieren, überlegen was ich sagen sollte.“ Er stoppte kurz und schluckte hörbar. „Ich habe dich nicht mehr aus meinem Kopf gebracht. Von da an hast du mein Leben beherrscht, meine Gedanken, mein ganzes Sein.“ Connors Lippen zitterten. „Ich habe alles versucht. Du bist der erste Junge mit dem ich wirklich schlafen wollte.“ „Und warum hast du dich dann so dagegen gewehrt?“, flüsterte ich. „Weil ich…“ Connor nahm die Hände aus den Hosentaschen und fuhr sich durch die Haare. „Mit dir sollte der Sex besonders sein, einzigartig. Ich hätte dich nicht rangelassen, weil ich gewusst habe, dass so etwas herauskommt, aber ich konnte nicht. Da war nicht nur die Angst, dass du dir jemand anderen suchen würdest, sondern auch, dass ich es selbst wollte. Ich wollte dein Erster sein.“ Connors Stimme zitterte mit jedem Wort mehr. „Das alles was ich gesagt habe ist wahr. Ich musste die Wahrheit immer wieder kaschieren und biegen, aber ich habe dich nie belogen, Danny. Ich bin dir Antworten schuldig geblieben und deinen Fragen ausgewichen, aber war ich immer ehrlich zu dir.“ Ich atmete tief durch und versuchte mich zu beruhigen; ich war noch immer sauer auf Connor, aber er tat mir auch leid. Er wirkte wie ein Häufchen Elend. „Ich liebe dich so sehr, dass ich sogar bereit war dir beizubringen was du wissen wolltest. Ich habe mit dir geschlafen obwohl es mich innerlich zerfressen hat. Deine ganze Welt dreht sich nur um diesen Nick. Ich konnte machen was ich wollte. Als ich dich ins Bett getragen habe, war dein letztes Wort Nicky, wenn wir geredet haben war es Nicky, nach dem Aufstehen war es Nicky.“ „Warum hast du mich dann nicht einfach nicht mehr besucht?“ „Denkst du das hätte ich nicht versucht? Wir hatten mal weniger Kontakt, nur übers Handy, und das hat mich schon an den Rand der Verzweiflung getrieben.“ Connor stieß sich von der Tür ab und kam zu mir herüber. Er hockte sich vor mich hin und nahm meine Hände in seine. Ich wollte sie schon wegziehen, aber er hielt mich fest. „Danny, ich weiß, ich werde niemals Nicky sein. Das kann ich nicht. Dafür sind wir zu verschieden. Ich hätte aber mit ihm getauscht, wenn es dir geholfen hätte. Das habe ich dir gesagt, damals, als ich dir die Geschichte von Lang Tsai Ho erzählt habe. Ich wäre gerne für eine Stunde Nicky gewesen. Für ein „Ich liebe dich“ hätte ich tausend Jahre Gefängnis auf mich genommen.“ Sanft strich er mir mit den Daumen über den Handrücken. „Ich habe alles versucht, aber nichts wollte fruchten. Mir tat es weh dich im Arm zu halten, dich zu küssen, mehr als das mit dir zu machen und doch wollte ich. Ich konnte nicht aufhören. Es war wunderschön.“ Er löste eine seiner Hände und legte sie auf meine Wange. „Ich mache mir solche Vorwürfe, dass ich im Club damals nicht früher bei dir gewesen bin. David hat dich gesehen, genauso wie ich, doch ich habe gezögert. Wäre ich nur eine Sekunde schneller gewesen, früher da…“ Sein Daumen wanderte über meine Wange und wischte die Tränen weg. „Danny, ich brauche dich. Mein Leben ist ohne dich sinnlos. Ich muss nun nicht mehr herumdrucksen. Ja, ich liebe dich, mehr als alles andere auf dieser Welt. Ich würde alles werden was du willst. Wenn ich könnte, ich würde Nicky zwingen, dass er dich liebt, auch wenn ich daran zerbrechen würde. Ich würde alles wegwerfen was ich bin und sein könnte, sofern es dich glücklich macht. Ich habe mich so vor diesem Moment gefürchtet, Danny, denn ich weiß nicht was ich sagen soll. Meine Entscheidung war falsch und hat dir Kummer und Schmerz gebracht und macht mich beinahe rasend. Bitte verzeih mir. Ich verstehe, wenn du nichts mehr mit mir zu tun haben willst, aber…“ Connor richtete sich ein wenig auf und legte seine Stirn auf meine. Ich konnte seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren, das zärtliche Streicheln meiner Wange, genauso wie mich seine eisblauen Augen schmerzerfüllt anschauten. „Bitte stoß mich nicht von dir. Ich flehe dich an, Danny, geh nicht. Zum ersten Mal in meinem Leben fange ich an zu begreifen, dass diese Geschichten von früher, diese Legenden, einen wahren Kern haben. Ich verstehe wie Guan Yu sich gefühlt haben muss, wenn er an Liu Bei dachte, Achilles, der für Briseis sogar seinen Ruhm geopfert hätte, Odysseus der so sehr nach Ithaka und zu seiner Frau wollte, dass er Unsterblichkeit und Reichtum ausgeschlagen hat. Verstehst du? Das sind keine Märchen, denn ich empfinde genauso. Nichts ist so wichtig wie du. Zeit, Raum, Körper, Geist, alles ist bedeutungslos, wenn ich bei dir sein kann. Bitte, Danny…“ Connor beugte sich ein wenig nach vorne und ließ seine Lippen knapp über meinen ruhen. „Ich mache alles. Du darfst alles. Ich schlafe mit dir und verspreche den Mund zu halten. Ich werde auch nicht weinen oder mich beklagen. Ich werde auch nicht mehr eifersüchtig auf Nicky sein. Verlange was du willst, aber bitte…“ Seine Finger krallten sich in mein Shirt und er presste sein Gesicht in meine Halsbeuge. „Geh nicht.“ Die letzten zwei Worte waren nicht mehr zittrig oder brüchig hervorgepresst, sie waren ein Flehen. Ich hatte so etwas noch nie gehört. Connor klang so traurig, so schmerzerfüllt, dass mein Ärger verrauchte. Hilflos wie ich war legte ich ihm die Arme um den Nacken und hielt ihn einfach fest. Er weinte hörbar, lauter als ich in der Zeit, in der ich alleine in meinem Zimmer gewesen war. Mein Shirt war im Nu feucht und ich fühlte mich mit einem Mal schuldig. Warum hatte ich es denn nicht früher geschnallt? Begriffen, dass er sich in mich verliebt hatte? Diese ganzen zärtlichen Gesten, wie er sich um mich gekümmert hatte, diese eisblauen Augen, die mich so traurig angestarrt haben. Jetzt wusste ich auch, woher ich diesen Blick kannte: Von mir selbst. Wenn ich an Nicky dachte und dabei in den Spiegel schaute, war da dieser gleiche Gesichtsausdruck, dieser gleiche Schmerz. Connor löste sich von mir und wischte sich mit dem Jackenärmel über die Augen. „Den Tai Kui kann wohl niemand besiegen.“ Seine Mundwinkel zuckten dabei schwach. „Ich…“ Ja, was ich? Was sollte ich jetzt sagen oder tun? Ich war überfordert. „Connor, ich weiß nicht was ich sagen soll. Eigentlich bin ich wütend, aber auch traurig und keine Ahnung was. Ich brauche Zeit, denke ich.“ Connor nickte leicht und richtete sich auf. „Ich verstehe schon.“ Er atmete hörbar durch. „Wenn etwas ist, ruf mich an, ja? Du kannst noch immer bei mir schlafen. Ich penne dann auf dem Sofa und sehe zu, dass ich tagsüber außer Haus bin.“ „Ist… ist gut“, nuschelte ich. „Dann – dann machs gut, Danny.“ „Du auch, Connor.“ Mein ehemaliger bester Freund (ich wusste nicht wie ich ihn jetzt hätte bezeichnen sollen) ging nach draußen, geknickt. Er sah schlimm aus. Schlimmer als ich nach meiner unfreiwilligen Kotznacht nach dem Club. Als die Tür ins Schloss fiel seufzte ich traurig und starrte an die Decke. Das musste ich erst einmal sacken lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)