Aggressive Retsuko/アグレッシブ烈子 von SainzDeRouse (Überstunden-téte-á-téte) ================================================================================ Kapitel 2: Nettes Essen neben Arbeitsakten ------------------------------------------ Nettes Essen neben Arbeitsakten   Retsuko hatte sich bereits an die Akten gemacht, sie in gleich große Haufen sortiert und den zweiten Stapel auf Haidas Platz gelegt. Bereits ganz auf die Arbeit fokusiert hatte sie Haida und das Essen kurzzeitig vergessen. Retsuko hatte schon so oft Überstunden machen müssen das ihr Gehirn bereits konditioniert zu sein schien um diese Uhrzeit schneller zu arbeiten. „Retsuko, bin wieder da, wir können essen“, erklang plötzlich eine Stimme neben ihr. „OH mein..... Haida... Gott, du hast mich erschreckt...haha.... ich hatte schon ganz vergessen das du auch da bist. Das ist ganz schön ungewohnt“, lachte sie. „Mhh, ja stimmt. Ich wurde glaube noch nie zu Überstunden verdonnert, außer bei den Quartalsabrechnungen und dem Jahresabschluss, aber das erwischt uns ja alle.“ Zusammen gingen sie in den Pausenraum und überrascht blickte Retsuko sich um. Von den Lampen der Decke war über die Hälfte ausgeschaltet, so das alles in einem dämmerigen Licht getaucht war. Aus der Küche der Buchhaltung - welche meist nur genutzt wurde um Tee und Kaffee zu kochen oder das mitgebrachte Pausenessen in den Kühlschrank zu stellen und aufzuwärmen - hatte Haida Teller und Besteck geholt um die Illusion eines richtigen Abendessens zu schaffen, ohne dabei aus einer Pappschachtel essen zu müssen. Näher an den Tisch gekommen staunte Retsuko nicht schlecht das ein kleines gelbes Teelicht auf dem Tisch stand. Sie wusste sehr wohl das es hier in der Küche keines gab, er musste es eben im Animart gekauft haben. „Lass es dir schmecken, ich hoffe es ist heiß genug“, sagte Haida, bot ihr einen Stuhl an und setzte sich. „Ich weiß das du nicht so gerne mit Kollegen essen gehst, ich dachte mir ich nutze es gleich aus und verbinde Privates mit der Arbeit, es ist ja sonst keiner mehr hier.“ „Das ist eine tolle Idee“, sagte Retsuko, noch immer ganz erstaunt und war selbst überrascht das es ihr ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Sie griff nach den Stäbchen, doch Haida hielt sie davon ab. „Willst du nicht ein Foto für Instagram machen?“ „Oh... ist das Ok für dich?“ „Egal was du tust, alles ist ok für mich.“ So ein einfacher kleiner, unbedeutender Satz, ganz schnell ausgesprochen, aber für Retsuko Balsam für die Seele. Jahrelang spielte sie in der Arbeit die perfekte, gewissenhafte Angestellte, welche ein Teil von ihr war, aber auch nur ein Teil. Der private Teil, der sich von den Kollegen abwendet, niemals auf den Umtrunk gehen möchte. Dieser Teich war tiefer als er vermuten ließ. Der Teil der allein in der kleinen Wohnung sitzt, den restlichen Abend nur ins Handy schaut, wenig Freunde hatte und in einem immer währenden Trott aus Arbeiten-Nach Hause gehen-Am Smartphone spielen-Schlafen festsaß. Nicht zu vergessen den wütenden, unzufriedenen, lauten und direkten Teil von ihr. Der mit einer furchterregenden Stimme, zu lauter, bass orientierten Musik sein Leid hinaus schreit. Eine Seite die sie immer vor jedem strikt geheim gehalten hatte, niemand wusste davon. Doch an dem Tag an dem sie sich entschieden hatte aus ihrem Trott auszubrechen, wenn auch aus den falschen Beweggründen und in dieses Yogastudio gegangen war, das hatte ihr Leben verändert. Seither war viel passiert, sehr viel. Wie der Butterfly-Effekt es beschrieb hatte diese Entscheidung den weiteren Verlauf ihres Leben verändert. Als Frau Washimi und Frau Gori sie das erste Mal unfreiwillig in ihre Stamm-Karaokebar geschleppt hatten und Frau Gori genau ihr Lied eingewählt hatte wurde es besiegelt. Mit dem ersten Ton ihres Lieblingsliedes war sie sofort wie verzaubert, hatte wie unter einem Bann stehend ihr Mikro aus der Tasche gezogen, ihre Schuhe ausgezogen und ihr wahres Ich hinausgeschrien. Wirklich realisiert hatte sie es erst danach, doch die zwei waren weder verschreckt, noch angewidert gewesen, sie hatten Retsuko sofort angenommen und sie für ihr Talent gelobt. Gori hatte ihr dann erzählt von wem sie den Zettel mit der Nummer erhalten hatte und von diesem Moment an sah Retsuko den Yoga-Lehrer, der immer nur „Protein“ sagte in einem anderen Licht. „Schmecken deine Gyoza?“ „Ja sehr lecker. Was schulde ich dir?“ „Wie? Ach schon gut, ich lad' dich ein.“ „Danke.“ „So sind Überstunden doch angenehm, auch wenn man arbeiten muss.“ „Ja aber für gewöhnlich bin ich allein.“ „Weil du dir nie helfen lassen wolltest.“ „Wie?“ „Ich hab dich oft gefragt ob ich dir zur Hand gehen soll, aber du hast immer abgelehnt. Irgendwann habe ich es gelassen.“ „Stimmt. Aber ich wollte niemanden mit hineinziehen.“ „Ich weiß, du willst es immer allen recht machen. Aber wenn ich dir in Zukunft etwas anbiete, dann ist es völlig in Ordnung wenn du es annimmst.“ „Ja aber....“ „Kein aber. Ich bin erwachsen und weiß selbst was ich anbiete und was nicht. Wenn ich dir anbiete etwas zu tun, dann kannst du davon ausgehen das ich es gerne mache.“ „Danke Haida. Danke für alles“, flüsterte sie kleinlaut vor sich hin, die Röte schoss ihr in die Wangen. Haida wusste genau was sie meinte. Bisher hatte sie sich nicht für ihre Rettung vor den verrückten Attentäter bedanken können, da sie sich seither nur in der Arbeit gesehen hatten, keine Gelegenheit ein privates Gespräch zu führen. Wenn er nicht gewesen wäre, läge sie wohl nun auf dem Friedhof nahe ihres Elternhauses. Es schauderte Retsuko bei dem Gedanken. Sie musste sich anstrengen den irren Blick dieses Verrückten zu verdrängen. „Retsuko?“ „Ich danke dir wirklich sehr, wenn du nicht gewesen wärst....ngh... schnief...“, unkontrolliert liefen die Tränen hinunter. „Äh.... schon gut. Das war doch selbstverständlich, haha“, lachte Haida verunsichert und legte eine Hand auf ihre Schulter. Retsuko nahm seine Hand von ihrer Schulter und er wollte sie schon wegziehen, weil er glaubte einen Schritt zu weit gegangen zu sein, doch hielt sie seine Hand in ihrem eisernen Griff. Sie blickte mit feuchten Augen seine Handinnenfläche an und betrachtete zum ersten Mal seine Narbe, die sich dort hässlich über die Innenfläche schlängelte. Ihre salzigen Tränen tropften von ihren Wangen und benetzten die Narbe. „Du bist der beste Freund den man haben kann. Ich weiß gar nicht wie ich das je wieder zurück geben kann.“ „Geh mit mir einen Trinken wenn ich dich darum bitte. Ich werde dich nicht in nächster Zeit fragen, aber wenn ich es tue, sage ja.“ „Einverstanden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)