Einsamkeit von Niomie ================================================================================ Kapitel 9: Untergang -------------------- Die Sekunden schien zähflüssig wie Honig zu sein, während Feilong wartete. Unnatürlich intensiv spürte er die Blicke der drei Männer in seinem Rücken. Die es anscheinend nicht fassen konnten das er den Älteren vor ihnen beschützte. Doch es war ihm egal. Er wusste das er Yan Tsui verlieren würde. Diesmal hatte dieser sich mit den Falschen angelegt und würde den furchtbaren Preis für sein Vergehen zahlen müssen. Wenn Feilong wirklich ehrlich zu sich war, so war dieser Preis schon lange fällig. Immerhin hatte der Ältere ihren Vater erschossen. Der Jüngere wusste all das und konnte doch nicht anders. Geräusche die von Schüssen herzurühren schienen wurden immer lauter. Laute Rufe und Schreie kamen immer näher. Fragend sah Yan Tsui von Feilong zu Asami. Seine eben noch gezeigte Großspurigkeit war wie weggeblasen. Auf Asamis Lippen zeigte sich jetzt ein sadistisches Grinsen. „Hast du wirklich geglaubt ich würde nur hier her kommen um zu reden?“ Feilongs Lippen fühlten sich taub an, während er zu den Männern auf den Sesseln rüber sah. Sein Blick glitt über die anwesenden Leibwächter, während ihm dämmerte was ihm im ersten Moment entgangen war. „Wo sind Yoh, Suoh und Kirishima?“ Die drei wichtigsten Männer nach den Mafiagrößen waren nicht da. Feilong wusste was das bedeutete, wollte es jedoch nicht glauben. Goldene Augen richteten sich unerbittlich auf ihn. Hatte der Chinese ihn damals in der Kneipe schon für wahnsinnig vor Trauer gehalten, so wurde er jetzt eines besseren belehrt. Das Gold des Älteren schien regelrecht zu glühen, als er antwortete. „Dir dürfte der Aufbau der Bamboo Union recht vertraut sein. Anders als bei uns reicht es nicht einfach einen da ge umzubringen um eine Division auszulöschen. Aus diesem Grund habe ich meine Männer ausgesandt um jede einzelne Gruppierung die auch nur im entferntesten mit Yan Tsui zu tun hat, auszulöschen.“ Deutlich konnte der Chinese spüren wie sein Bruder sich verspannte. Die Informationen zusammen mit den Geräuschen vor der Tür zeigten ihm nur zu deutlich den Untergang des Imperiums, welches er in den letzten sieben Jahren aufgebaut hatte. Die Stimme Feilongs war tonlos, als er weiter fragte. „Wieviele deiner Männer hast du hier?“ „Alle.“ Wieder war es still im Raum, während man den Kampfgeräuschen lauschen konnte. Hilflos sah Feilong zu dem Älteren rauf, der seine Finger fest um die Kette in seiner Hand geschlungen hatte. Nun wurde auch Yan Tsui bewusst, welcher Übermacht er vor sich hatte. Asami hatte diesmal wirklich alles aufgeboten was in seiner Macht stand. Er hatte jeden einzelnen seiner Männer nach Taiwan geschafft um dieses in Brand zu stecken. Sein eigenes Territorium ließ er somit vollkommen ungeschützt zurück. Es polterte laut auf dem Flur und wieder hörte man Männer schreien. „Dann ist es vorbei.“ Die Stimme Yan Tsuis war unnatürlich ruhig, während er den Mann musterte der alles vernichtete, was er sich aufgebaut hatte. „Nein.“ Diesmal war es Eury der antwortete. Noch immer saß der Russe vollkommen ruhig neben Asami. Seine Hand lag wie selbstverständlich auf der Schulter des Japaners und er schien keinen Grund zu sehen sie wegzunehmen. Doch was Feilong am meisten überraschte was, das Asami diese Berührung duldete. „Nein?“ „Denkst du wirklich das wir dir einen einfachen Tod gewähren? Akihito hat drei Tage gelitten. Drei Tage hat er um sein Leben gekämpft. Es ist nur fair wenn du seinen Schmerz nachempfindest, auch wenn es bei dir länger dauern wird. Sehr viel länger und deutlich mehr Schmerzen.“ Feilongs Finger zitterten, als er nach der Hand seines Bruders griff. Ganz langsam erhob er sich und nahm so Yan Tsui den Blick auf die drei Mafiagrößen vor ihm. Ohne auf die Männer in seinem Rücken zu achten, strich er sanft mit der freien Hand durch das weiche Haar des Älteren, welches er auch an seinen Sohn vererbt hatte. Es sah beinahe so aus als würde er seinen Bruder küssen wollen, als er sich nach vorne beugte bis seine Lippen die Ohrmuschel des Anderen berührten. „Es wird niemals vorbei sein, Yan. Du wirst in deinem Sohn weiter leben und er wird ein besserer Mann werden als wir beide zusammen es jemals gewesen sind.“ Die Stimme Feilongs war so leise das selbst der Ältere ihn nur mit Mühe verstehen konnte. Der Chinese konnte die Überraschung seines Bruders mehr als deutlich spüren, lagen ihre Hände doch noch immer aufeinander. Er musste keinen Namen nennen. Yan Tsui erkannte sofort wen der Jüngere meinte. Noch während er versuchte seine Überraschung zu verbergen, drehte Feilong sich zu Asami herum. Die Kette an seinem Hals klirrte leise als sie sich straffte und den Jüngeren in seiner Bewegungsfreiheit einschränkte. Der Chinese hatte das Gefühl die Zeit würde still stehen als er in die goldenen Augen des Älteren blickte. Äußerlich mochte Asami wieder vollkommen ruhig sein, doch seine Augen verrieten die Gefühle die in ihm tobten. Nur zu deutlich sah Feilong wie er seinen Bruder in Stücke reißen wollte für das was er ihm angetan hatte. Das Zerstören seines Imperiums war da nur der erste Schritt. Im Bruchteil einer Sekunde traf der Triaden-Führer seine Entscheidung. Leicht neigte er seinen Kopf vor dem Yakuza und auch vor dem Älteren der beiden Russen. „Es tut mir leid niisan.“ Asami war der Erste der die Worte des Chinesen begriff, doch er saß zu weit weg und auch wenn er direkt neben ihm gestanden hätte, hätte er es nicht mehr verhindern können. In dem Moment in dem Feilong die Worte ausgesprochen hatte, wurden seine Augen hart. Bevor einer der Anwesenden reagieren konnte war Feilong hinter seinen Bruder getreten und umfasste sein Genick. Ein Schuss löste sich und überraschte alle, während der Triaden-Führer sich nur einmal kurz anspannte. Ein hässliches Knacken war zu hören, dann sank der Kopf Yan Tsuis auf die Seite, nur noch gehalten von Feilongs Armen. Die Kette löste sich aus der Hand des Älteren und fiel klirrend zu Boden. Mit einem tiefen Knurren in der Kehle erhob Eury sich. „Feilong!“ Er war gerade einen Schritt auf den Chinesen zugetreten, als dieser den Kopf hob. Glühender Hass sah ihm entgegen. Nur zu deutlich war zu sehen das niemand in diesem Moment an ihn herankommen würde. Seine Arme lagen noch immer um den Hals Yan Tsuis als er den Russen vor sich musterte. Der Hass der in den Adern Feilongs tobte konnte es mühelos mit der Wut Eurys aufnehmen. Ohne sich von seinem Bruder zu lösen, schrie er die Männer vor sich an. „Raus!“ „Fei.“ Die Stimme Michels war leise fast bittend, doch sie erreichte den bebenden Mann nicht. Langsam löste sich der Chinese von dem Toten und richtete sich wieder voll auf. Noch bevor Eury wusste wie ihm geschah, war Feilong schon nach vorne geschossen und trat dem deutlich schwereren Russen mit aller Kraft direkt unter die Rippen. Normalerweise konnte jemand wie Feilong dem deutlich schwereren und größeren Eury nicht wirklich gefährlich werden, weshalb der Russe den Tritt ohne Gegenwehr entgegennahm. Womit er nicht gerechnet hatte, war das der Chinese mit aller Kraft den Solar Plexus attackieren würde. Ohne Vorwarnung ging der Blonde zu Boden. Für etliche Sekunden hatte der Russe das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, während er sich durch die unerträglichen Schmerzen hilflos auf dem Boden krümmte. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen wie Michel zu ihm stürzte und es gerade noch verhindern konnte selber angegriffen zu werden. Gerade als er glaubte wieder Luft zu bekommen, landete Feilong den nächsten Tritt in seine Seite. Er hatte anscheinend gut gezielt, denn wieder raste ein unglaublicher Schmerz durch Eurys Körper und ließ ihn laut aufschreien. Genau in diesem Moment tauchte Asami in seinem Blickfeld auf. Ohne sich um die Gegenwehr des Chinesen zu kümmern steckte er etliche Treffer ein, bevor es ihm gelang seine Arme um ihn zu schlingen. Für einen Moment sah es so aus, als würde Feilong sich nicht beruhigen lassen, doch dann sank der Jüngere an der Brust des Yakuzas zusammen. Laute die eher an ein verletztes Tier erinnerten hallten durch den Raum und ließen den Russen immer wieder zusammen zucken. Dankbar ließ er sich schließlich von Michel auf die Beine helfen und zur Tür führen. Erst jetzt bemerkte der Russe das Huang bereits den Raum verlassen hatte. Überrascht sah der Russe sich um. Sein Bruder schien zu ahnen was er fragen wollte, denn er kam seiner Frage zuvor. „Huang ist schon vor etlichen Minuten raus und wir sollten auch langsam verschwinden.“ Überrascht bemerkte Eury das flackern von Polizeiblaulicht, während er auf seinen Bruder gestützt den Raum verließ. Er hatte nicht wirklich ein Bedürfnis auf die örtlichen Behörden zu treffen, wusste er doch keine Erklärung für das vollkommen verwüstete Anwesen und die zahlreichen Leichen. Dabei war es auch nicht hilfreich das den ganzen Abend schon Nachrichten von etlichen Anschlägen bekannt geworden waren. Eury warf einen letzten Blick auf Asami, der noch immer Feilong in seinen Armen hielt, gab dann jedoch seinem Bruder nach und hastete nach draußen, weg von den Sirenen. Für Asami schien die Zeit still zu stehen. Noch immer hielt er den Jüngeren in seinen Armen, während an ihnen vorbei Polizeibeamte den Raum stürmten. Huang schien Wort zu halten, denn niemand kümmerte sich um die beiden Männer die mitten im Raum standen. Jeder von ihnen war gerade gefangen in seinen Gefühlen und auch wenn sie sich gegenseitig hielten, trennten sie Welten. Alles in Asami schien sich, in dem Moment wo Yan Tsuis Genick brach, in Asche zu verwandeln. Zum ersten Mal seit Tagen hatte er kein Ziel mehr. Seine Rache der er sein Leben gewidmet hatte, gab es nicht mehr. Sie war ihm genommen worden. Nie wieder würde er den Schmerzenslauten des Mannes lauschen der ihm das Wertvollste genommen hatte. Niemals würde er Akihito rächen können. Das machte ihm nur noch deutlicher klar, dass der Fotograf endgültig fort war. Selbst wenn er Yan Tsui mit seinen eigenen Händen getötet hätte, wäre Akihito nicht mehr da. Niemals wieder würde er in diese blauen Augen sehen, in denen ein Feuer brannte das noch nicht einmal er hatte ersticken können. Nach allem was dem Kleinen widerfahren war, hatte er tatsächlich geglaubt es gäbe nichts mehr was ihn und Akihito trennen könnte. Doch eines gab es immer. Den Tod. Es dauerte bis Asami es schaffte dem Jüngeren in seinen Armen in die Augen zu sehen. Grenzenlose Einsamkeit sah ihm entgegen und spiegelte in diesem Augenblick nur zu gut seine eigenen Gefühle. Eine Hand legte sich auf die Schulter des Yakuzas. Nur leicht wandte Asami den Kopf und sah zu seinem Sekretär. „Wir sollten gehen, Asami-sama.“ Der Oyabun nickte nur leicht und bemerkte in diesem Moment wie die Hände des Chinesen herabsanken und das Gewicht in seinen Armen zunahm. In der Annahme das der Jüngere eingeschlafen sei, sah er auf ihn herab und bemerkte erst jetzt das Blut, welches sich zu ihren Füßen gesammelt hatte. Anscheinend hatte der Schuss, dem er keine weitere Aufmerksamkeit hatte zukommen lassen, ein Ziel getroffen. Noch während sich seine Gedanken überschlugen, sah er wie einer der Ermittler auf den Toten im Sessel zutrat. Erst in diesem Moment sah er die Waffe die Yan Tsui in seiner freien Hand gehalten hatte. Diese hatte sich anscheinend gelöst, als Feilong ihm das Genick gebrochen hatte. Ein leiser Fluch kam über Asamis Lippen. Er hielt es für ausgeschlossen das der Chinese den Treffer nicht bemerkt hatte. Trotzdem hatte der Jüngere nichts gesagt oder unternommen. Ohne Mühe hob er den leichteren Chinesen auf seine Arme und verließ zusammen mit Kirishima das Anwesen, vor welchem bereits Suoh mit der Limousine wartete. Anders als geplant würden sie jetzt allerdings nicht sofort zum Flughafen fahren, sondern in die nächste Notaufnahme. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)