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Late-Night Tea

von

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Chapter 1 - 3

„Ist alles in Ordnung?“ Jervis hatte die Worte ausgesprochen, ohne zuvor darüber nachzudenken. Was für eine dämliche Frage, ganz offensichtlich war nicht alles in Ordnung, wenn Crane – oder Scarecrow – nicht mehr in der Lage war sich seine Schmerzen nicht anmerken zu lassen war absolut gar nichts mehr in Ordnung. So wie Jervis nun nicht mehr dazu fähig war, seine Besorgnis mit mehr oder weniger amüsanten Bemerkungen zu überspielen.

Worin genau diese Besorgnis begründet lag vermochte er selbst nicht wirklich zu sagen. Crane und er waren keine Freunde. Sie hatten einige Male zusammengearbeitet, und anders als bei vielen anderen Kriminellen hatte Jervis bei diesen Gelegenheiten nicht ständig den Drang verspürt, ihn zu erschießen oder anderweitig zum Schweigen zu bringen. Crane war auch nicht so anstrengend wie ein Großteil der Insassen in Arkham, wenn sie beide zur gleichen Zeit dort waren spielten sie oft Schach gegeneinander oder sprachen über Bücher. Als Freundschaft aber konnte man diese Beziehung wohl kaum bezeichnen.

Er kniete sich neben seinen Besucher, sah dabei wie dieser die Augen zusammenkniff, hörte ihn zischend ein- und ausatmen. Die Erste-Hilfe-Tasche lag wenige Zentimeter entfernt, und Jervis griff danach, öffnete den Reisverschluss, während er Crane weiterhin im Auge behielt. Der Brustkorb der dürren Gestalt hob und senkte sich hektisch, ein großer Teil des braunen Stoffes seines Outfits war durchtränkt mit Blut; dermaßen viel dass Jervis ernsthaft Sorge hatte dass dieser Zustand nicht bald ein lebensbedrohliches Level erreichen würde.

Endlich ertastete er eine der in Plastik eingeschweißten Mullbindenrollen, gefolgt von einer verpackten Wundauflage. Er hatte noch immer nicht das gesamte Ausmaß von Cranes Verletzungen erfasst, doch die Wunde an seiner Seite sah definitiv so aus, als ob sie einer zeitnahen Versorgung bedurfte.

„Okay, lass mich mal sehen…“, murmelte er, streckte langsam eine Hand aus um den Stoff von eben dieser Wunde zurückzuschieben… es dauerte kaum mehr als zwei Sekunden, die Crane anscheinend benötigt hatte und Jervis‘ Worte zu verarbeiten, bevor sein Oberkörper in einer schnellen Bewegung nach vorne zuckte, begleitet von eines weiteren unterdrückten Stöhnen, und er Jervis‘ Hand beiseite schlug.

„Au!“, rief Jervis, eher aus Reflex als aus wirklichem Schmerz. Crane starrte ihn an, seine Augen funkelten hinter der Maske. Er klang eher wie eine aggressive Schlange als wie ein Mensch als er zischte: „He’ll go east, he’ll go west, he’ll go to the crow‘s nest!“

Unwillkürlich runzelte Jervis die Stirn. „Ähm… ja. Sicher.“ Er war sich nicht sicher, ob in in den Reimen, die Crane ab und an zitierte, insbesondere dann wenn sein Alter Ego die Kontrolle innezuhaben schien, irgendeine Logik oder ein Sinn zu finden war. Worüber er sich dafür umso deutlicher im Klaren war war die Tatsache, dass Crane nicht gewillt war, mehr Hilfe anzunehmen als unbedingt notwendig. Dass er zu stolz war um einzusehen, dass seine Verletzungen derart schwer waren dass es mehr als ein paar Verbände brauchen würde, um sie angemessen zu verarzten.

Darüber zu diskutieren wäre sinnlos, das wusste Jervis bereits aus Erfahrung. Wortlos legte er Mullbinden und Wundauflagen auf den Boden, schob sie zu seinem Besucher herüber, der mit zitternden Händen danach griff.

Dann stand er auf. „Dann kümmre dich alleine um deine Verletzungen. Aber lass mich dir doch trotzdem einen Tee anbieten.“ Nun musste er doch wieder grinsen, und dass Crane ihn zwar noch immer verärgert, doch nicht mehr aggressiv anblickte, ließ dieses Grinsen noch breiter werden. Schnell fügte er hinzu, um zu verhindern, dass sein Gegenüber ablehnte: „Ich habe da eine besondere Mischung, die sehr gut gegen Schmerzen hilft! Ich nehme doch an, das kommt dir sehr entgegen?“

Eine Antwort wartete er nicht ab, verließ stattdessen mit schnellen Schritten das Bad und begab sich hinter die winzige Kochzeile, die selbst für ihn mit seiner kleinen Gestalt reichlich beengt war.

Den Tee bewahrte er in einer Schublade neben dem Herd auf, und wiederum eine Schublade daneben das, was er in diesen Tee hineinzumischen gedachte.

Während das Wasser in dem uralten Wasserkocher vor sich hinbrodelte wandte er sich wieder in Richtung der noch immer geöffneten Badezimmertür.

Crane hockte noch immer auf dem Boden, an der Stelle an der Jervis ihn zurückgelassen hatte, schien keinerlei Versuch unternommen zu haben sich aufzurichten. Selbst aus dieser Entfernung konnte Jervis sehen, dass er am ganzen Körper zitterte, vermutlich aus einer Mischung aus Anstrengung und Schmerz, während er mit ungelenken Bewegungen versuchte, die Verletzung unterhalb seiner Rippen zu versorgen. Ohne viel Erfolg, immer wieder fiel ihm die Verbandrolle aus der Hand. Ein weiteres Mal konnte Jervis nicht umhin, leicht zu grinsen. Nicht dass ihn Cranes offenkundige Schmerzen amüsiert hätten, nein. Doch dieser Starrsinn, auf keinen Fall Hilfe anzunehmen, war dermaßen typisch für ihn…

Das Klicken des Wasserkochers lenkte Jervis‘ Aufmerksamkeit von seinem Besucher ab und zurück zu der Tasse, die er bereitgestellt und bereits mit einem Teebeutel und einigen Millilitern eben jener Flüssigkeit gefüllt hatte, die dafür sorgen würde dass Cranes Schmerzen vorerst verschwinden würden. Während er nun das Wasser in die Tasse füllte rief er über die Schulter: „Zucker oder Honig?“

Einige Sekunden Schweigen, dann, in einem Tonfall der erkennen ließ, dass das Hervorbringen dieses einen Wortes bereits große Anstrengung erforderte: „Nein“.

„Gut, wie du meinst.“ Während das Wasser sich rot färbte, die Farbe immer kräftiger wurde, beobachtete Jervis weiterhin Cranes von wenig Erfolg gekürte Versuche, den Verband um seinen Brustkorb zu legen. Es war beeindruckend, mit was für einer stoischen Entschlossenheit er die Mullbinde immer wieder aufhob, bloß um sie kurz darauf wieder fallenzulassen – nur half ihm diese Entschlossenheit absolut nicht weiter. Es machte den Eindruck, als sei er kaum mehr wirklich bei Bewusstsein, als liefen seine Bewegungen lediglich mechanisch ab, und wenn Jervis sich die Menge an Blut ansah, die sich in den letzten Minuten auf den Fliesen des Badezimmers angesammelt hatte, so war dieser Zustand wohl auch nicht wirklich verwunderlich.

Als der Tee endlich durchgezogen war warf Jervis den Beutel achtlos in die Spüle, griff die Tasse und stapfte mit schnellen Schritten zurück ins Bad. Kniete sich neben Crane und hielt ihm auffordernd die Tasse hin. „Da, Bitteschön.“

Zu seiner Überraschung kam keinerlei Widerspruch von seinem Gegenüber, offenbar war die Aussicht, den Schmerzen ein Ende bereiten und sich so besser auf das Verarzten konzentrieren zu können, äußerst verlockend. Mit einer weiterhin zitternden Hand griff Crane nach der Tasse, während er mit der anderen seine Maske gerade so weit nach oben zog, dass er in der Lage war zu trinken.

Jervis betrachtete derweil das Gewirr aus Verbandszeug, das bei dem Versuch des Verbindens entstanden war und das eher aussah, als hätte ein Kleinkind Arzt gespielt.

„Und, wie fühlst du dich?“, fragte er schließlich, nachdem Crane einige Schlucke des Tees zu sich genommen hatte, was ihm ebenfalls sichtlich schwer gefallen war. Wieder einmal schwieg er einige Sekunden, und als er dann schließlich sprach hatte seine Stimme wieder diesen seltsamen Unterton, der darauf schließen ließ, dass es nicht wirklich Jonathan war, der da sprach: „Needles and Pins, Needles and Pins. Jack fell down and broke his crown…“

„…ich vermute, das heißt, nicht gut.“ Erneut spürte Jervis das Bedürfnis in sich aufsteigen, zu Grinsen – es mochte verwirrend sein, aber dennoch fand er es recht erfreulich mit jemandem zu reden, der auf ähnliche Art in Reimen sprach wie er es oft tat – doch dieses Mal unterdrückte er es. Allgemein wollte er nichts tun, was Crane davon abhalten könnte seine Tasse zu leeren.

Als Crane dies schließlich getan hatte, überraschend schnell wenn man bedachte, wie sehr ihm selbst das Trinken Schmerzen bereitet zu haben schien, stellte er die Tasse neben sich auf den Boden, machte Anstalten, wieder nach dem Gewirr aus Verbandszeug zu greifen… doch noch in der Bewegung, die träge und wie in Zeitlupe abgelaufen war, hielt er inne. Starrte einige Sekunden lang auf seine Hände, so als könne er nicht ganz verarbeiten, was er dort sah, bevor er den Blick schließlich Jervis zuwandte. Seine Augen funkelten, und es war klar, dass er trotz seines Zustandes genau begriffen hatte, was geschehen war. Bloß -leider, aus seiner Sicht, und zur Freude von Jervis – zu spät.

„Du verdammter…“, begann er, mit einer Stimme die klang als wäre er grade aus einem Traum erwacht und noch immer im Halbschlaf. Und mehr Worte brachte er nicht mehr heraus, bevor er in sich zusammensackte, die Augen schloss, und das Schlafmittel, das Jervis in seinen Tee gemischt hatte, vollends seine Wirkung entfaltete.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Dollface-Quinn
2020-07-25T03:24:31+00:00 25.07.2020 05:24
Ha! Ich liebe es! :D
Das ist so cool mit den beiden. Du bringst Scarecrow richtig gut bedrohlich rüber und Jervis total hinterrücks-eigensinnig-harmlos. Kaum vorauszuahnen was die beiden noch anstellen werden. Abgesehen vom Ziel des Genres. ;P
Und wieder hat sich eine schlaflose Nacht gelohnt dank NovaRaptor.
Antwort von:  ReptarCrane
25.07.2020 10:22
Aww vielen lieben Dank, das freut mich! c: ich hab ja noch nie wirklich ne fanfiktion geschrieben und struggle bei jedem Kapitel wieder damit ob ich die Charaktere gut rüberbringe xD und in dem Genre habe ich sowieso noch nie wirklich was geschrieben, also es wird SEHR spannend...xD
Wie gesagt, freut mich dass es dir gefällt, und dass die Schlaflose Nacht gelohnt hat ehrt mich sehr!
Von:  Drachenprinz
2020-07-19T22:40:51+00:00 20.07.2020 00:40
Okay, ich vergesse so ungefähr jedes Mal das anzumerken, wenn ich irgendwo Tippfehler finde, aber ich glaube ja, du möchtest darauf aufmerksam gemacht werden, also sag ich das grad mal direkt zu Anfang, bevor ich es wieder vergesse - da steht 'Reisverschluss' statt 'Reißverschluss'. xD Und ich sehe gerade zum Beispiel auch noch "begleitet von eines weiteren" statt "eineM weiteren". Argh, ich mach das gar nicht gerne, deine Texte zu korrigieren, weil ich ja weiß, dass du dich da wohl eh nur vertippt hast oder die Autokorrektur irgendwas verbockt hat, aber ich komm mir dann so besserwisserisch und pingelig vor. :'D

Ich find's aber irgendwie schon süß, wie Jervis versucht sich um Jonny zu kümmern, obwohl die beiden seinen eigenen Gedanken zufolge nicht mal Freunde oder irgendwas sind... und wie Jonny eigentlich viel zu stolz ist, um sich helfen zu lassen. Hach ja. Du bist doch selbst dahingegangen, um Hilfe zu kriegen, also lass die auch zu!! x'D
Wie er da auch wieder irgendeinen Reim zitiert und Jervis darauf nur "Ähm, ja. Sicher" erwidert, das kann ich mir einfach so gut vorstellen. xDD Hat schon irgendwie alles was Lustiges an sich, obwohl die Szene an sich ja eigentlich ernst ist!

Natürlich, erst mal 'nen Tee machen! Bin gespannt, was er da reinmischen will... Opium?
Hm, der Tee verfärbt sich also rot... Vielleicht ist es auch Blut? Blut von Alice? Aber in diesem Universum ist Alice ja nicht seine Schwester und hat vermutlich auch nicht dieses besondere Blut, das er allen möglichen Leuten verabreichen will, schätze ich. XD

Ach, Schlafmittel! Ja, okay, das lindert Schmerzen sicherlich auch erst mal. XD Mann, ich finde das aber auch echt mitleiderregend, wie Jonny da auf dem Boden rumkrüppelt und immer wieder alles fallen lässt... so fühl ich mich auch oft. .___. Und wie Jervis sich immer noch über alles amüsiert. Hach ja. Die Zwei sind schon echt so'n Slapstick-Duo. X'DD
Antwort von:  ReptarCrane
20.07.2020 00:47
...wieso Bitteschön korrigiert mir die Autokorrektur eigentlich nich die Wörter Die ich falsch schreibe sondern nur irgendwelche die gar nicht falsch sind?! Sach mal ey! xD danke auf jeden Fall xD

Jaaa er wollte halt nur Verbandszeug, und nicht dass ihn gleich jemand verarztet! Geht ja gar nicht und so!xDD
Und ich fand das beim Schreiben ja auch sehr witzig...obwohl das durchlesen von diesen ganzen Nursery Rhymes ja echt nich gut für mein Hirn ist xDD

Opium is immer gut xD
Und Tee is nun mal oft rot, auch ohne Blut...xD

Jo, hilft auf jeden Fall erst mal gegen Schmerzen xDD
Und irgendwie is das in meinem Hirn einfach so dass Jervis nichts ernst nimmt...zumindest bisher nicht xD
Antwort von:  Drachenprinz
20.07.2020 00:57
Keine Ahnung, was die Autokorrektur sich immer denkt. X'D

Ja, okay, macht natürlich Sinn! :D
Und jaaaa, ich hab mir auch teilweise schon ganz bescheuerte Songs zwei Stunden auf Dauerschleife gegeben, um zu testen, was das mit meinem Hirn macht - ich kann's mir ungefähr vorstellen. X'D

Oh, okay. Da kenn ich mich wohl nicht gut genug mit Tee aus. XD

Ich finde das ja aber auch sehr passend für Jervis! :D Der Hutmacher, den ich in meiner Wunderland-Version geschrieben hab, war irgendwie auch so, muss wohl an der Rolle liegen. X'D
Antwort von:  ReptarCrane
20.07.2020 01:00
Mobbing. Einfach Mobbing. XD

Die sind teilweise aber auch echt dezent gestört...x‘D

Jaa...ich hab ja parallel auch beim Schreiben mein Alice im Wunderland-Buch daneben liegen um immer mal was nachzuschlagen, und dahingehen erscheint es mir auch passend...xDD (Nursery Rhymes und Alice im Wunderland; diese Fanfic zerstört mein Hirn einfach xDD)


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