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Late-Night Tea

von

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Chapter 1 - 2

Sofort verengten Cranes Augen sich unter der Maske, ein Zeichen der Frustration. „Der Name ist Scarecrow!“, wies er Jervis zurecht, welcher daraufhin lediglich nickte. Er kannte Situationen wie diese, hatte schon mehrere davon durchlebt. Es war immer Scarecrow, zumindest zu Anfang. Vielleicht weil mit Jonathan zu reden bedeutete, sich verwundbar zu machen. So war zumindest Jervis‘ Vermutung.

„Okay, Scarecrow“, korrigierte er sich, wobei er ein Lächeln aufsetzte um zu zeigen, dass diese ganze Situation ihn keinesfalls nervös oder dergleichen machte. „Also, schlechten Tag gehabt, Scarecrow?“

„Hatte schon bessere.“ Crane blickte an Jervis vorbei, hinein in die spartanisch eingerichtete Wohnung, wirkte dabei irgendwie, als würde er etwas suchen.

Fragend musterte Jervis ihn. „Ich nehme an, du kommst mich nicht ohne Grund besuchen. Ich würde vorschlagen, du verrätst mir dein Anliegen, damit ich dir sagen kann, ob ich dir helfen kann…“

Einige Sekunden lang schwieg Crane. Unter der Maske war, bis auf seine Augen, nichts von seinem Gesicht zu sehen, dennoch wirkte er, als müsse er abwägen, wie viel er Jervis erzählen wollte. Schließlich antwortete er: „Verbandszeug. Du hast doch sicher was da, oder? Ich brauche nur ein paar Minuten… will nicht, dass sich irgendwas entzündet.“

„Nun…sicherlich…“ Jervis nickte, und seine Aufmerksamkeit lag nun ganz bei der Hand, die Crane weiterhin fest an seine Seite unterhalb der Rippen presste. Jetzt, wo mehr Licht hinauf auf den Flur fiel, war das Blut zu erkennen; ein großer Fleck der sich auf dem Stoff ausgebreitet hatte der an einigen Stellen zerfetzt war und den Blick freigab auf weitere Schnitte, die allesamt frisch wirkten. Auch wenn er offensichtlich Wert darauf legte, sich nichts davon anmerken zu lassen, so war es doch offensichtlich, dass Crane Schmerzen hatte.

„Komm rein“. Mit einer einladenden Handbewegung trat Jervis einen Schritt zur Seite, um Platz zu machen damit sein Überraschungsgast seine bescheidene Wohnung betreten konnte.

Einen Augenblick noch zögerte Crane – wie typisch, erst um Hilfe bitten und dann überlegen ob er sie wirklich annehmen sollte – bevor er schließlich seinen Stolz überwand und eintrat.

Sofort fiel Jervis sein Gang auf. Nicht bloß die Verletzung an seiner Seite schien ihm Schmerzen zu bereiten, auch an seinem rechten Bein war unter zerfetztem Stoff eine tiefe Wunde zu erkennen, aus der eine nicht zu verachtende Menge Blut heraustropfte.

Ja. Ganz offensichtlich war es ein verdammt schlechter Tag gewesen.

„Setz dich doch“, forderte Jervis seinen Gast auf, deutete auf den Hocker der gegenüber seines Sessels stand.

Crane zögerte, blieb wenige Schritte davor stehen, schien zu überlegen ob er die Einladung annehmen sollte, dann schüttelte er den Kopf. „Danke, nein. Ich brauch nur Verbandszeug.“

„Sicher?“ Überraschenderweise musste Jervis feststellen, dass er enttäuscht war. Wie lange war es her, dass er das letzte Mal Tee in Gesellschaft getrunken hatte? Irgendwann vor Arkham, es musste Monate her sein! Und auch da war seine Begleitung eher… anstrengender Natur gewesen. Es wäre eine willkommene Abwechslung gewesen wieder einmal mit jemandem zu sprechen der nicht entweder vor Angst im sein Leben zitterte oder unter Gedankenkontrolle stand…

„Ja, sicher!“, bestätigte Crane seine zuvor getätigte Aussage.

Resigniert zuckte Jervis mit den Schultern. Eine Diskussion würde sich kaum lohnen, und zudem war das ganze nicht seine Angelegenheit, und so wandte er sich der einzigen anderen Tür zu, die seine Wohnung abgesehen von jener, die nach draußen auf den Tür führte, besaß. Er hatte das Badezimmer bereits betreten, die Tür des Schrankes geöffnet und griff grade nach der roten Tasche mit dem Aufdruck „Erste Hilfe“, die er aus irgendeiner medizinischen Einrichtung entwendet hatte, als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss, der ihm eigentlich auch schon hätte früher kommen können.

„Wie kommt es, dass du Hilfe benötigst, um deine Wunden zu versorgen?“, hakte er nach, drehte sich dabei um und hätte beinahe aufgeschrien, hatte er doch nicht erwartet dass Crane derart dicht hinter ihm stand. Bemüht, sich sein Erschrecken sich anmerken zu lassen – dem Herrn der Angst zu zeigen, dass man sich fürchtete, erschien ihm nicht sonderlich klug – fügte er hinzu: „Ganz davon abgesehen dass es mir ein Rätsel ist, wie du mich gefunden hast: Ich würde dich doch für eine der letzten Personen halten, die Hilfe in Bezug auf medizinische Versorgung benötigen!“

Er hatte erwartet, dass Crane genervt reagieren würde. Ihn ungeduldig auffordern würde, ihm die Tasche zu überreichen und ihn allein zu lassen, damit er sich um seine Verletzungen kümmern konnte, wobei Jervis sich bisher den Kommentar verkniffen hatte dass er nicht den Eindruck hatte, dass Crane wirklich all seine Wunden würde selbst behandeln können. Jedes Mal, wenn er seinen Besucher musterte, schien da mehr Blut zu sein, mehr Schnitte, mehr Wunden die teils derart tief aussahen, dass ein einfacher Verband wohl kaum ausreichen würde, um sie zu versorgen.

Aber Crane schien nicht genervt. Einige Sekunden lang schwieg er, und dabei starrte er mit leerem Blick an einen unbestimmten Fleck an der Wand, als wäre er gar nicht wirklich da, irgendwo tief in Gedanken versunken. Unmittelbar musste Jervis an jemanden denken, der unter Hypnose stand.

Als Crane schließlich aus seinem Trance-ähnlichen Zustand erwachte klang seine Stimme seltsam, obgleich Jervis nicht wirklich zu sagen vermochte, woran dies lag, besaß einen nicht greifbaren finsteren Unterton als er, scheinbar ohne jeglichen Kontext, murmelte: „Ladybird, ladybird, fly away home, your house is on fire, your children shall burn!“

Dies war nicht unbedingt die Reaktion, die Jervis erwartet hatte. Ein wenig argwöhnisch betrachtete er Crane, der dermaßen starr dastand und weiterhin mit leeren Augen ins Nichts blickte, dass man ihn ohne weiteres für eine echte Vogelscheuche hätte halten können. Oder eine unechte. Was auch immer in diesem Kontext die richtige Formulierung sein mochte.

Einfach, um irgendetwas zu sagen und die unangenehme Stille zu durchbrechen, ergriff Jervis wieder das Wort: „Für gewöhnlich bin ich hier derjenige, der Reime rezitiert! Aber bitte, es sei dir gegönnt. Beantwortet meine Frage nun allerdings nicht wirklich… Wenn du Hilfe benötigst, dann muss es wirklich ernst sein!“

Er bewegte sich auf dünnem Eis, das war ihm klar. Doch genau das amüsierte ihn irgendwie.

Cranes Blick wurde ein wenig klarer. Er wirkte, als erwache er grade aus einem Traum, müsse sich erst wieder in der Realität orientieren; mit einer Mischung aus Verwirrung und Ungeduld sah er Jervis an, und nun klang seine Stimme wieder normal, als er entgegnete: „Was soll die ganze Fragerei?“

„Nun, ich versuche einfach, ein guter Gastgeber zu sein!“ Jervis konnte nicht verhindern, dass sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. Offensichtlich hatte ihm das Alleine sein, die Tatsache dass er seit Wochen niemanden mehr gehabt hatte, mit dem er hatte reden können, doch mehr gestört als er es sich eingestehen wollte, und so genoss er es sichtlich sich endlich einmal mit jemandem unterhalten zu können, auch wenn die Umstände dieser Situation wohl reichlich eigenartig waren. Allerdings machte Crane nicht den Eindruck, als teile er diese Begeisterung für eine unnötig ausschweifende Konversation.

„Nicht, dass es mir dermaßen schlecht geht“, begann er, und nun hatte sich in seine Stimme ein Zittern geschlichen, das weniger auf Angst als vielmehr auf Erschöpfung hinzudeuten schien, was Jervis zu der Annahme veranlasste, dass das Gesagte nicht wirklich der Wahrheit entsprach. „Aber wenn du noch lange wartest, bis du mir das Verbandszeug gibst, breche ich vielleicht doch noch zusammen!“

Nichts an dieser Aussage war amüsant gewesen, dennoch wurde Jervis‘ Grinsen noch ein wenig breiter. „Nun, das wäre in der Tat unerfreulich! Du hast ja ohnehin schon auf dem Weg ins Bad alles vollgeblutet, ich hoffe doch, dass ich das wieder aus den Dielen bekomme, sonst bekomme ich womöglich die Kaution nicht zurück…“ Während seiner letzten Worte hatte er mit der Hand, in der er die Erste-Hilfe-Tasche hielt, ausgeholt, warf sie nun in Richtung seines Besuchers, der mit dieser Aktion scheinbar absolut nicht gerechnet hatte.

In einer ruckartigen Bewegung griff Crane nach der Tasche, löst dafür seine Hand von der Wunde an seiner Seite, und augenblicklich stieß er einen schmerzerfüllten Schrei aus, krümmte sich zusammen und sank in einer zusammengekauerten Haltung zu Boden. Weiteres Blut spritzte zu Boden, und schnell drückte Crane seine Hand wieder auf die augenscheinlich wirklich tiefe Wunde, wobei er erneut, wenn auch diesmal bemüht gedämpft, vor Schmerzen aufschrie.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Dollface-Quinn
2020-07-25T03:06:22+00:00 25.07.2020 05:06
Toll wie du beide mit ihren Spleens darstellst ohne dass es aufgesetzt wirkt. :D
Wie gemein Jervis den Armen auch noch quält. Er will ihn doch nur da behalten für die Gesellschaft. Mistkerl! XD
Ich frage mich allerdings auch schon seit letztem Kapitel wie er Jervis eigentlich aufspürte.
Antwort von:  Dollface-Quinn
25.07.2020 05:08
Die Bemerkung mit der Kaution hat mich instant zum Lachen gebracht. XD
Antwort von:  ReptarCrane
25.07.2020 10:20
Jaa ich habe auch sehr viel Spaß dabei xDD
Und das wird auch noch geklärt :D


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