Spiel ohne Limit von Lady_of_D ================================================================================ Kapitel 87: ------------ Die Welt war wie ausgelöscht, Drachenzerstörer-Schwertkämpfers Angriff glich dem einer Explosion, bei der zwei Welten aufeinander prallten, die eindeutig nicht zusammengehörten. Erst trat das Licht in Wellen über das Stadion aus, ein Lichtblitz oder zwei, mehr waren nicht nötig gewesen, um hunderttausend Zuschauern die Sicht auf das Geschehene zu nehmen. Auf das Licht folgte der Knall - die Soundeffekte waren verblüffend echt, selbst Kaiba war überrascht, wie heftig die Umsetzung gelungen war, welch Dynamik das Ganze angenommen hatte. Für einen Augenblick war man taub und blind, ein paar Millisekunden, mehr nicht, doch für die meisten reichte es, um sich für den Rest seines Lebens daran zu erinnern. Kleine Sterne flackerten bei denjenigen, die solch extreme Lichteffekte nicht gewohnt waren, ein Epiphänomen, das in der nächsten Holo-Generation dringend behoben werden musste. "Steht sie noch?", neben dem Älteren der Kaiba Brüder war Mokuba bis ans Gitter herangetreten. Die Sorge in seiner Stimme traf den jungen Firmenchef nicht mehr so wie zu Beginn des Worldcups, als er ihm wie der weinerliche Junge von sechs Jahren vorgekommen war. Dennoch hinterließ Mokubas Unsicherheit ein ungutes Gefühl, weswegen er nicht zum ersten Mal an die Ereignisse der letzten zehn Jahre zurückdenken musste. Dass er diesmal selbst kaum glauben konnte, was er da sah, hatte es tatsächlich nicht einkalkulieren können, die Momentaufnahme, nachdem Yoshihiko Tabas fulminantes Monster zum Vorschein gekommen war und Rin zum Schweigen gebracht hatte, war auch an dem jungen Firmenchef nicht spurlos vorbeigegangen, dass Mokubas Gefühlsausbruch mehr an ihm vorüberzog als dass er sich wirklich mit ihm befassen konnte. Nicht, weil Yamamori mit neunhundert Lebenspunkten am Scheideweg zwischen Sieg und Niederlage stand. DuelMonsters lebte von den knappen Entscheiden, den aussichtslosen Situationen und Rin Yamamori hatte es bisher stets hinbekommen, aus jedem ihrer Spiele einen Überraschungssieg zu zaubern. Diesmal fehlte jegliche Hoffnung. Es war der Blick, die Angst hinter der Fassade aus Kälte und Unnahbarkeit, welche ihn in Alarmbereitschaft versetzte. Die flackernden Seelenspiegel, in denen die Panik eingraviert worden war. Die Unabdingbarkeit einer unlösbaren Lage. Vielleicht sogar der Niederlage selbst. Ja, Buster Klingenkämpfer, Drachenzerstörer-Schwertkämpfer war ein mächtiges Geschöpf. Wer keinen Respekt vor DuelMonsters Elitekrieger hatte, hatte die Regeln des Spiels nicht verstanden. Nicht umsonst lag der Preis dieser seltenen Ghostrare Edition bei weit über einer Million - Dollar, wohlgemerkt. "Das kann doch nicht sein, Seto", raufte sich der Schwarzhaarige Wuschel durch seine Mähne. Die Überbleibsel seiner Nervosität hatten seine Frisur am meisten zu spüren bekommen. Strähnen hingen ihm ins Gesicht, das von kleinen Schweißperlen bedeckt war. Der Rest seiner Haare stand unnatürlich ab, die Schwerkraft schien nicht existent und so nützte es nichts, als der Jüngere mit Zeige- und Mittelfinger einen improvisierten Kamm schuf und damit in einzelnen Partien herum stocherte. Wäre Kaiba nicht so in das Duell vertieft, Mokubas Marotte hätte ihn sicherlich ebenfalls nervös gemacht. Weil Seto nicht sofort reagierte, wandte sich Mokuba ihm zu. "Wie ist Yoshi an diese Karte gekommen? Ich kann mit Sicherheit sagen, dass er letzte Woche noch keinen ultra aufgeboosterten Fusions-Buster in seinem Deck hatte." Hatte er auch nicht. "Die Karte ist rechtmäßig erworben worden", entgegnete Seto trocken. Er verschränkte die Arme vor der Brust und schaute grimmig auf das Spielfeld. "Ein Sammler aus den Staaten hat ihm die Karte für einen unverschämten Preis verkauft, aber wie man sieht ist Taba jedes Mittel recht gewesen, um an seine ultimative Vernichtungsmaschine zu kommen." "Du meinst jede Summe", knurrte Mokuba, "mit übertrieben starken Karten spielen und sein Geld zum Fenster rauswerfen - mehr hat er nicht drauf dieser…dieser-" Mokuba schlug auf die Metallstäbe der Absperrung ein, "das ist nicht fair." "Doch ist es, Mokuba. Und das weißt du. Solange die Karte nicht auf die Banned-Liste gesetzt ist, kann Yoshihiko meinetwegen auch drei Drachenzerstörer-Schwertkämpfer spielen. DuelMonsters lebt schließlich von dem Ungleichgewicht einzelner Decks." Wenn es so einfach wäre, wenn der Preis eines Decks den Sieg über das Spiel entscheiden würde, wäre er noch immer die ungeschlagene Nummer eins und kein bunthaariger Winzling mit einer abnormalen Affinität zu Zuckerwatte- und Staubwedeln-Monstern. Nein, die Welt war nicht fair, und ein von Pegasus J. Crawford erfundenes Kartenspiel erst recht nicht. Man konnte nur das Beste aus sich herausholen - oder Mittelklasse-Spieler durch ihre Rare-Sammlung zur Besinnungslosigkeit prügeln. "Es ist völlig egal", entgegnete Kaiba, "wie viele seltene Karten Yoshi noch kaufen wird, wenn Yamamori ihn nicht besiegen kann-" "Stehst du jetzt etwa auf seiner Seite?", fiel ihm der Jüngere ins Wort. Etwas, das Seto überhaupt nicht von ihm kannte. Mokubas Wangen glühten, ob vor Zorn oder Verzweiflung konnte Seto nicht sagen, aber es zwang den jungen Firmenchef, seinem Bruder ins Gesicht zu sehen. Seine braunen, warmen Augen sahen den Älteren herausfordernd an, dass Seto versucht war, eine Augenbraue zu heben. Lediglich Mokubas Miene hielt den jungen Firmenchef davon ab, herablassende Bemerkungen zu machen. Auch ein wütender Mokuba Kaiba konnte zuweilen anstrengend sein und seinen Ärger wollte er nicht unbedingt provozieren. "Du kannst mir doch nicht weismachen, dass es dir egal ist, wer gewinnt?" Manchmal hatte der Schwarzhaarige eine Art an sich, die Seto daran zweifeln ließ, dass der kleine Bruder über die traumatischen Ereignisse der letzten acht Jahre hinweg gekommen war. Irgendwas sagte ihm, dass Mokuba nicht allein Rin dort oben stehen sah. Dass er weit mehr in die Duelle hineininterpretierte als Seto lieb war. Das Spiel gegen Yugi im Colosseum hatte den Jüngeren der Kaiba Brüder weitaus mehr verletzt, als Seto Kaiba sich vorstellen konnte. Seto wusste das, konnte nur nicht sagen, was er dabei empfinden oder gar darauf reagieren sollte. Gut möglich, dass Mokuba Parallelen entdeckte, die der Chef der Kaiba Corporation nicht einmal denken würde. Warum der Jüngere damals so niedergeschlagen und resigniert gewesen war, konnte sich Seto bis heute nicht erklären. Dabei hatte sich der junge Firmenchef nichts von der Schmach anmerken lassen. Er hatte nach vorne geblickt, so wie es seinem Naturell entsprach, und eigentlich sollte Mokuba wissen, wie Seto tickte. Er wusste, dass sein großer Bruder nicht ewig an der Vergangenheit hing und dass eine Niederlage nicht das Ende bedeutete - nicht, solange die Möglichkeit einer Revanche bestand. Die Augen zusammengezogen, sah er den Schwarzhaarigen an. Seto Kaiba war nicht gerade geübt, wenn es darum ging, Gefühle richtig zu deuten oder entsprechend darauf zu reagieren. Er tat, was er in einer Situation wie dieser immer machte - vom eigentlichen Problem ablenken. "Du tust so, als wäre der Ausgang entscheidend, Mokuba. Aber Tatsache ist, dass ein Duellant der Kaiba Corporation in die Finalen Spiele einziehen wird. Alles andere interessiert mich nicht - dasselbe sollte auch für dich gelten. Das ist immer noch ein Wettkampf, nur die Stärksten überleben und wenn Tabas Fusionsmonster Rins Lebenspunkte auslöscht, ist das Spiel vorbei. So einfach ist das." Eine Lüge. Niemand geringeres als Seto Kaiba selbst wusste, dass Stärke auf viele Arten demonstriert werden konnte, und dass Kaibas langjähriger Tobduellant nicht die ehrenvollste Art gewählt hatte, um Rin seine Überlegenheit zu demonstrieren. "Das glaube ich dir nicht, Seto", Mokubas Stimme konnte kaum überzeugter klingen, "ich weiß, dass du eigentlich Rin als Gewinner da oben sehen willst. Und soll ich dir sagen, woher ich das weiß?" Den Arm ausgestreckt, zeigte er auf die Bühne, zeigte auf die braunhaarige Duellantin, die weder ein noch aus wusste. "Mokuba, es reicht!" Jetzt war nicht der passende Zeitpunkt, um Tacheles zu reden. Es war das Finale der Endrunden! Hundertausend verkaufte Sitzplätze, Ausstrahlung in fünfundzwanzig Ländern, fünfhundert Public Viewings, allein in Domino und Umgebung. Das war kein Duell, das war die verdammte High-End-Class! Und ja, zum Teufel, Seto wollte nicht dass dieser grünhaarige Schlumpf den Titel einsackte, und seit dem neuestem Stand wollte er noch viel weniger, dass Yoshihiko Taba die Kaiba Corporation in Kairo vertrat. Wie ich Taba kenne, glaubt er, das Spiel ist gelaufen. Aber was denkst du, Rin? "Nein, Seto, ich hab die Schnauze voll. Denkst du, ich lasse mich noch weiter von dir verarschen?" Kaibas Blick schweifte ab. Sein Drachenzerstörer-Schwertkämpfer mag kaum zu schlagen sein, aber auch er hat eine Schwachstelle. Sobald Rin die Monster ausgehen, kann Drachenzerstörer-Schwertkämpfer keinen Angriff deklarieren. Die Frage ist, wie sie Reese vom Feld bekommen will "...denkst du, ich weiß nicht, was Sache ist?" Rin würde wohl kaum ihre Monster verstecken und abwarten, dass einen von beiden die Karten ausgehen. Nein, das ist nicht dein Stil. Aber- "...deinen heimlichen Treffen mit ihr? Ihr zwei arbeitet zusammen, schon seit Wochen…" Im Moment weiß ich nicht, was sie tun wird. Rin ist völlig verstört. Wegen Yoshihikos Monster? Wohl kaum. Das kann nicht der einzige Grund sein Ihr eigener Blick - hilflos und verzweifelt - brannte sich in seinen Kopf ein. Weil sie am Verlieren war? Sein Gefühl sagte ihm, dass Rin nicht der Niederlage selbst hinterher trauerte. Vielleicht eine Begleiterscheinung ihrer beiden DuelDiscs, dass er neuerdings zu Empathie neigte? Wie auch immer, er wusste, dass Rin nicht der Typ war, der mitten im Spiel das Handtuch warf. Wie die Augen über die einzelnen Karten wanderten, vergeblich nach einer Lösung suchten - die Rin, die er kennengelernt hatte, würde nicht so schnell aufgeben. Ihre Augen waren stets fokussiert und durchdringend gewesen. Die junge Frau hatte immer und immer wieder bewiesen, zu was sie fähig war. Dass sie mehr drauf hatte, als ein Standardrepertoire an Monster- und Zauberkombinationen herunter zu rattern. Sie war definitiv mehr als Yoshihiko ihr einzureden versuchte - oder die ganze Welt glauben mochte. Er wusste es einfach. Ist es wegen deiner kleinen Freundin? Egal wie er es drehte und wendete, er konnte nicht verstehen, wie die Worte eines Außenstehenden so eine Wirkung haben konnten. »"Sie ist wie eine Schwester"« War dem so? Hatte er die Gefühle der jungen Frau unterschätzt? Schließlich hatte er mit eigenen Augen gesehen, wie Rin für ihre Freundin eingestanden, ihr eigenes Leben riskiert hatte, um das der anderen zu schützen. Es fiel ihm schwer, die Bilder aus der virtuellen Welt abzustellen. Eine demolierte Rin, die nur knapp einer Horde Vergewaltigern entkommen war. Die alles gegeben hatte, um ihrer Freundin zur Seite zu stehen, ja, sich sogar selbst dafür geopfert hätte. Oder hatte sie ein derartiges Vertrauen in die Schwarzhaarige? Seto hatte ähnliche Bilder aus der Vergangenheit. Bilder mit seinem Bruder, wie er ihn vor den Schlägern des Kinderheimes gerettet hatte. Wie Seto selbst eine Schelte nach der anderen erduldet hatte. Unter den Armen ballten sich die Hände zu Fäusten. Er war wütend. Weniger auf Rin als auf ihre kleine Freundin. Sie war der Grund für Rins Rückschlag. Sie war schuld, dass seine Duellantin nicht mehr an sich glaubte. Und sie war schuld, dass er sich mit seiner Vergangenheit konfrontiert sah. "...also hör auf zu behaupten, dass dir der Ausgang des Duells egal wäre, wenn du doch eigentlich schon fest damit gerechnet hast, dass Rin das Ticket bekommen wird…Seto…? Hey, hörst du mir eigentlich zu?" Nur am Rande bekam der junge Firmenchef den verdutzten Ausdruck auf Mokubas Gesicht mit, als er sich wortlos abwandte und aus der Halle marschierte. "Wo willst du hin…? Seto…? Seto!" Mit weit aufgerissenen Augen starrte ihm Mokuba hinterher. Der weiße Mantel hob und senkte sich, er streifte ein paar seiner Securitymänner, die ihm augenblicklich Platz machten. Sie alle verstanden nicht, was mit dem mächtigen CEO los war, stellten jedoch keine Fragen, als er den VIP-Bereich verließ. Er musste etwas unternehmen. Wenn nicht als Duellant, dann wenigstens als Verantwortlicher des Abends. Aus den Augenwinkeln bemerkte Kaiba die Zuschauer, welche vor wenigen Minuten die Seite gewechselt hatten. Zu Beginn hatte Yamamoris Name das gesamte Stadion vereinnahmt, jetzt redeten sie über die junge Frau als wäre das Spiel von Anfang an aussichtslos gewesen. "Keine Chance, dass sich das Blatt für sie wendet", redete irgendein Wicht in Reihe drei. "Yoshi ist eben ein Champion", entgegnete ein anderer, "seine Krieger sind einfach die stärksten." Ein Schnauben entfuhr dem jungen Firmenchef. Die Menschen waren alle gleich. Dumm und blind für das wahre Spiel. "Warum hat sie nur Drachen in ihrem Deck?", sprach ein anderer am Rande der Zuschauerreihen. "Sie sollte doch wissen, dass sein Buster Blader ihrem Weißen haushoch überlegen ist." Hören sich diese Spatzenhirne eigentlich selbst zu? Natürlich spielt Rin ihre Drachenmonster. Alles andere wäre feige und unehrenhaft. Nein, Rin würde ihr Deck nie aufgeben, und seit der kleinen Auseinandersetzung mit Wong würde sie wohl kaum ihre eigenen Prinzipien verraten. "Es ist schon so, wie Yoshi sagt: Yamamori hat ihn unterschätzt", sagte eine krächzende Stimme, die Kaiba irgendwo schon einmal gehört hatte. "Tja, dumm gelaufen, würde ich sagen." Das Absperrband zur Seite geschoben drängte sich Seto Kaiba durch die hinterste Reihe, direkt in den Sicherheitsbereich. Die Stahlführ war nur mir Augenscan zu öffnen, ein rotes Flackern durchleuchtete die Iris und mit einem tiefen Signalton wurde die Identifizierung bestätigt. Ein Klacken und schon öffnete sich die Tür. Sofort schossen einem die Bildschirme ins Auge. Hundertfünfzig Kameras bewachten das Stadion, sowie alles Außenliegende. Für den restlichen Teil der Insel hatte Kaiba einen weiteren separaten Raum, aber in seinem Fall brauchte er nur diesen. Überwacht wurde das Ganze von etwa vierzig Mitarbeitern. Alles graumeliertes oder blondiertes Personal in perfekt sitzenden, weißen Anzügen. In ihrem linken Ohr das Headset befestigt, saß auf dem anderen das neueste Modell in Sachen In-ear Kopfhörern, das die Kaiba Corporation (nein, die ganze Welt!) zu bieten hatte. Sie redeten nicht, lauschten den Gespräche und starrten wie Roboter auf die Überwachungsvideos. "Herr Kaiba", der Älteste von ihnen erhob sich und eilte auf seinen Chef zu. Seto wusste, dass er der Verantwortliche hier war, aber an seinen Namen konnte er sich nicht mehr erinnern. "Gibt es irgendein Problem?", stammelte der alte Herr und fasste sich durch seinen silbernen Bart. Ein paar Härchen erinnerten an die dunkelbraune Mähne von einst, an den Spitzen kräuselte sich der Bart in einem warmen Schokoton. Als er die Leitung übernommen hatte, war er noch nicht so grau gewesen, da war sich Seto sicher. "Nein", entgegnete der junge Firmenchef stoisch, dass sein Mitarbeiter entspannt ausatmete. Wenn der Boss persönlich aufkreuzte, war das nie ein gutes Zeichen, schließlich war Seto Kaiba dafür bekannt, Entscheidungen schnell und effizient zu erledigen, und selbstverständlich gehörten Kündigungen auch dazu. Im Hintergrund sah er die Techniker ihre Arbeit verrichten, niemand schien auf den Firmenchef zu achten, und wenn, dann versteckten es diejenigen hinter einer perfekten Maske aus Ignoranz und Teilnahmslosigkeit. Erst neulich hatte es wieder einmal einen ausführlichen Personencheck gegeben. Nicht, dass Kaiba jemals einen Mitarbeiter ohne gründliche Recherche einstellte, doch seit Dartz Kaibaland unbemerkt betreten und auch wieder verlassen hatte, ohne auch nur irgendein Spur zu hinterlassen, war Seto Kaiba noch vorsichtiger geworden. Paranoia war in seinem Leben zur Selbstverständlichkeit geworden, es gehörte einfach zu seinem Job, dass er diesen Charakterzug gar nicht mehr hinterfragte. "Ich brauche einen der Rechner", sagte Kaiba und schritt auch schon auf einen der Bürostühle zu. Ein junger Bursche zuckte zusammen, als ihn der junge Firmenchef aufforderte, aufzustehen. Das Headset fast vom Ohr gerissen, schaute er zu dem eins neunzig großen Mann hinauf. Trotz des Kopfhörers hatte er seinen Vorgesetzten sehr gut verstanden, die Miene war mehr als eindeutig und der Blick machte selbst den größten Deppen zum Gedankenleser. Er sprang regelrecht vom Stuhl, stammelte eine Entschuldigung und wartete scheinbar auf seine Entlassungspapiere. Als Kaiba jedoch den Platz in Anspruch nahm und einfach drauflos tippte, fühlte sich der junge Mann hilflos und vollkommen überfordert. Ein Couching in Sachen »Chef-verstehen« hätte dem Neuling nicht geschadet. "Gehen Sie einfach", winkte Kaiba mit der linken Hand, während die rechte eifrig am Tippen war. Den Burschen nicht weiter beachtend, fuhr er wortlos fort. Hier ein paar Zahlen eingegeben, ploppten nacheinander vier Fenster auf. Buchstaben, maximal Schriftgröße sechs, ließen nur vage erkennen, was Seto Kaiba vorhatte. Fest stand, dass er die Kontrolle des vor ihm befindenden Bildschirms übernommen hatte. Die Nahaufnahme von Rin Yamamori, die er beim Betreten ausgiebig, wenn auch kaum ersichtlich, betrachtet hatte, verschwand mit der Übernahme des Rechners. Noch in den letzten Augenblicken hatten seine Augen die drei Karten in ihrer Hand erfasst. Damit könnte sie die nächsten drei Züge durchkommen Sicher war er sich nicht, aber er nahm, was er kriegen konnte. Sobald das Bild verschwunden war, wurde es kurzzeitig durch einen einfachen Startbildschirm ersetzt. Kaiba kannte die Zahlencodes in- und auswendig, er wusste genau, welche Schritte nötig waren, um zu bekommen, was er wollte. In dem Fall wollte er Lösungen. Und wie es sich für einen Seto Kaiba gehörte, wurden diese schnell und rücksichtslosigkeit umgesetzt. Es dauerte nicht lang, da startete das gewünschte Programm. Er war kein großer Fan solcher Aktionen und eigentlich gehörten sie in die Schublade von Narzissten wie Zigfried oder seinem Idiotischen Stiefbruder, aber die Umstände machten es unmöglich, untätig sitzen zu bleiben. Also führte er das Hackingprogramm aus, verschaffte sich Zugriff auf Rins Mobiltelefon und suchte die passende Nummer heraus. Der zweite Teil war noch unkomplizierter, er musste lediglich einige Sicherheitslücken finden und das Ortungsprogramm seine Arbeit erledigen lassen. Nicht umsonst gehörten ihm einige der besten GPS-Tracking Softwares, sowie eine Reihe weiterer Spielereien, die das Leben und die Arbeit erleichterten. Schnell noch die Daten auf sein Zweittelefon übertragen und schon erhob sich der junge Firmenchef. Das Bild wechselte zurück zu seiner Duellantin, nichts erinnerte mehr an den kuriosen Besuch des jungen Firmenchefs, dass man auch hier keine weiteren Fragen stellte, sondern einfach seinen Job erledigte. "Mokuba", es hatte keine fünf Minuten gedauert, als Seto Kaiba wieder zurück an seinem Platz war. "Seto, wo zur Hölle warst du?", immer noch perplex starrte ihn der Kleinere an. "Hier", sagte der junge Firmenchef lediglich und überreichte seinem kleinen Bruder das Smartphone. "Dein Telefon?" "Rins kleine Freundin", raunte Seto und verschränkte wieder die Arme vor der Brust, "bring' sie her." "Wie soll ich denn-", der Jüngere brach mitten im Satz ab, die Lokalisierungsdaten waren eindeutig, "woher hast du…ach, vergiss die Frage", der Jüngere seufzte, dann hellte sich sein Gesicht ein wenig auf. "Also-", "Mokuba", zischte Seto, "wir haben jetzt wirklich keine Zeit." "Schon verstanden", Mokuba salutierte, dann sprintete er davon. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)